1 Highway to Hellas Sprengt Griechenland die Europäische Währungsunion? Hanno Beck

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Highwayto Hellas

Sprengt Griechenlanddie Europäische Währungsunion?

Hanno Beck

„Es ist lächerlich anzunehmen, der Euro-Beitritt Griechenlands könne die Gemein-schaftswährung in Gefahr bringen.Griechenlands Volkswirtschaft ist wiediejenige Irlands oder Portugals viel zu klein, um die gesamteuropäische Ökonomie nachhaltig beeinflussen zu können.“

(Wim Duisenberg; Präsident der EZB; 2000)

Mit der Festlegung der Wechselkurse entfälltdie Möglichkeit, daß unterschiedlichewirtschaftliche Entwicklungen sich überPreise, Zinsen und Wechselkurse auspen-deln. Dadurch wird zum politischen Streit,was zuvor durch Marktmechanismen geräuschlos kanalisiert und geregelt wurde. Eine derart konfliktbeladene Währungsunion wird sich als Sprengsatz für die Gemeinschaft erweisen.

(Klage der Euro-Kritiker; aus der Entscheidung des BVerfG, 2 BvR 1877/97 vom 31.3.1998)

• Ziele der WWU:– Schaffung eines einheitlichen

Binnenmarktes– Politische Stabilität– Senkung der Transaktionskosten– Vermeidung erratischer

Kursschwankungen– Vermeidung spekulativer Attacken

• Eintrittskarte: Konvergenzkritierien– Begrenzung der Neuverschuldung– Grenze für den Schuldenstand– niedrige Inflationsraten

Die Union

• Konvergenzkriterien und Euro machen Staatsverschuldung billiger–Aussicht auf solidere Staatsfinanzen–Aussicht auf geringere Inflationsraten–niedrigere Zinsen reduzieren

Schuldendienst–Konvergenzspekulation auf Beitritt–Euro: kein Abwertungsrisiko

• EWU-Beitritt als Konjunkturprogramm

Der Weg in die Währungsunion

1992 1995 2000 2005 20090.00

2.00

4.00

6.00

8.00

10.00

12.00

14.00

16.00

Zinsabstand langfristige Zinsen zwischen Griechenland und Euro-Raum in Prozentpunkten

7Quelle: FAZ

„... Das Ergebnis ist ein inflatorisches Wirtschaftswunder in den Ländernder Peripherie wie Irland und Portugal.Die Regierungen dort werden mitniedrigen Zinsen zu einer infla-torischen Politik verführt und hinterher wegen zu großzügiger Haushaltspolitik mit blauen Briefen aus Brüssel bestraft.“(Starbatty, 2001)

• Innenpolitische Sünden– fehlende Steuermoral–Korruption–Vetternwirtschaft im öffentlichen

Dienst–zu hohe Löhne, zu geringe

Produktivität im Vergleich zur Restunion

• Folgen–Leistungsbilanzdefizit–Haushaltsdefizit

Der Euro-Kater

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Lohnstückkosten und Arbeitsproduktivität 1986 - 2006Quelle: IMF

1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2008

-16.0

-14.0

-12.0

-10.0

- 8.0

- 6.0

- 4.0

- 2.0

0.0

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Saldo der Leistungsbilanz in Prozent des BIP

12Quelle: FAZ

13

1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008

-10

-8

-6

-4

-2

0

2

Europäische Union

Euro-Währungsgebiet

Griechenland

Nettoneuverschuldung in Prozent des BIP

• Abwertung: geht nicht mehr• Geldpolitik: macht die EZB• Wanderung der Arbeitskräfte• Geringere Lohnkosten, mehr

Produktivität: nichts für Wahljahre• Folgen:

–mehr Arbeitslosigkeit, mehr Transfers;LB-Defizit

–Schulden; aber: Konvergenzkriterien

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Der Euro-Kater: Nach dem Beitritt

• Vertragsverletzungsverfahren gegen Griechenland wegen falscher Budgetzahlen wurde 2007 eingestellt

• Zahlungen „vergessen“• Verbindlichkeiten zu niedrig

berechnet• Zu hoch geschätzte

Steuereinnahmen• „Vorsätzliche Meldung falscher

Zahlen“

Immer Ärger mit den Zahlen

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„Der Euro ist schlicht nichtlebensfähig, die angeblicheEinhaltung der Konvergenzkri-terien beruht auf Manipulation und Schönfärberei.“

Wilhelm Nölling, Ex-Notenbanker und Senator in Hamburg, 1998

• Exporte: die griechische Nachfrage fällt aus

• Banken: ausländische Banken haben viele griechische Staatsanleihen gekauft

• Erwartungen: geht ein Staat pleite, könnte das der Auftakt zu weiteren Pleiten sein– Zinsen steigen; Staatsverschuldung

wird teurer– Euro wertet ab– weitere Pleiten als Folge

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Ansteckungseffekte

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• EZB kann Inflationsrate erhöhen und dadurch die Schulden entwerten

• z.B. Ankauf von Staatsanleihen• Folge: Abwertung des Euro• Wer zahlt die Zeche? Gläubiger,

Sparer, Steuerzahler• Gewinner: Schuldner (Regierungen)• Pro: lautlos; billig?• Contra: Anstieg der Realzinsen und

der Inflationserwartungen; Lohn-Preis-Spirale

Die lautlose Option: Inflation

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• Wer soll helfen? IWF versus EWF• Mit Auflagen?

Insolvenzverwalter?• Rückzahlung der Hilfen?• Pro: Stabilisiert den Euro; verhindert

Domino-Effekte• Contra:

–„ausländische Bevormundung“–Zahlungswille der Geberländer?–Austritte der Geberländer?–bail-out führt zu Fehlanreizen

Die politische Option: Bail out

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• Bail-out: Solide Staaten haften für die Schulden anderer Staaten und zahlen höhere Zinsen

• Ist eine no-bail-out-Klausel glaubhaft? Siehe Stabilitätspakt

• Folge: Zeitinkonsistenzproblem–Staaten: verschulden sich übermäßig–Finanzmärkte: hohe Zinsen ohne Risiko

• Elementarer Webfehler der EWU

Der eigentliche Fehler

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„ Deutschland könnten dereinsthohe Transferzahlungen fürschwache Euro-Länder drohen“

Edmund Stoiber; bayerischer Ministerpräsident 1998

„Transferleistungen sind so absurd wie eine Hungersnot in Bayern.“

Replik von Jean Claude Juncker; luxemburgischer

Ministerpräsident 1998

„Die Union haftet nicht für die Verbindlichkeiten der Zentralregierungen, der regionalen oder lokalen Gebietskörperschaften oder anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, sonstiger Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder öffentlicher Unternehmen von Mitgliedstaaten und tritt nicht für derartige Verbindlichkeiten ein.“

Artikel 125 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)

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• Pro: – Inflationssteuer machbar–Abwertung reduziert LB-Defizit

• Contra:–Weitere Austritte? Nord / Süd-

Währungsunion?–Kapitalflucht, höhere Zinsen auf

Auslandsverschuldung–Auslandsschulden steigen

Die nukleare Option: Rückzug

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„Ich gebe dem Euro keinezehn Jahre“

(Milton Friedman, Wirtschaftsnobelpreisträger 1999)

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• Schulden (teilweise) streichen• Einstellung des Schuldendienstes• Pro: schnell, ehrlich• Contra:

–massive Folgen für Schuldner–Domino-Effekt–stabilisiert das den Euro?–Spätere Rückkehr auf den

Kapitalmarkt?

Die finale Option: Staatsbankrott

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• Sparen, Reformen, Innovationen• Rasenmähermethode?• Zukünftige Generationen

beteiligen?• Pro: ursachenadäquat• Contra: dauert (zu?) lange;

politischer Widerstand sehr hoch

Die konservative Option: Sparen

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