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B a u M a y r G m b H | R i e d e r s t r a ß e 6 | 4 9 2 4 W a l d z e l l | + 4 3 7 7 5 4 2 5 2 2 | o f f i c e @ b a u m a y r. a t
Festschr i f t 2012
Impressum
HerausgeberBau Mayr GmbHRiederstraße 64924 Waldzell
Autor: Ao. Univ.-Prof. Dr. Christian DirningerRedaktionelle Mitarbeit: Dr. Martin Sturmer, Mediaclub GmbHLayout/Gestaltung: Ferdinand LeitnerDruck: Digitales Druckzentrum SalzburgFotos: Eigenarchiv, Waldzeller Chronik
100 Jahre Bau Mayr: Innovation im Wandel der Zeit
Wenn ein Unternehmen, das in der Region der größte Arbeitgeber ist, 100 Jahre alt wird, dann ist das ein
gebührender Anlass, etwas Rückschau zu halten. Diese Rückschau zeigt, dass es oft schwierige Zeiten waren,
die es zu bewältigen galt, und dass es immer wieder unternehmerische Initiative und Mut zur Innovation
gewesen sind, die aus kleinen Anfängen betriebliches Wachstum und letztendlich dauerhaften Bestand
ermöglichten.
Eine Besonderheit in der Geschichte von Bau Mayr ist, dass es immer wieder starke Frauen waren, die in
indirekter und direkter Weise eine entscheidende Rolle für den Aufbau, den Fortbestand und den Erfolg der
Firma gespielt haben. Dies zeigt nicht zuletzt die heutige erfolgreiche Führung des Unternehmens durch Ing.
Birgit Mayr, die den Betrieb von ihrem Vater Ing. Jörg Mayr im Jahr 2000 übernommen hat. Die von Frau
Herta Mayr, der Mutter von Birgit Mayr, handschriftlich erstellte Chronik und einige Passagen in dem im Jahr
2000 erschienenen „Heimatbuch Waldzell“ ermöglichen es, die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte
der Firma in sechs Kapiteln nachzuzeichnen.
Säge von Georg Seeburger im Heimatmuseum Haag am Hausruck 3
Firmenbesitzerab 1903 Georg und Katharina Seeburger
1912–1949 Martin und Elisabeth Brandstätter
1950–1970 Franz und Theresia Mayr
1970–2000 Ing. Jörg Mayr
ab 2000 Ing. Birgit Mayr
Vorgeschichte: Die Pionierzeit mit Katharina Buchleitner-Seeburger
Die Geschichte von Bau Mayr ist eng mit
dem „Brandstätterhaus“ (Waldzell 29,
heute: Hofmark 12) verbunden: Im Jahr
1878 erwarben Katharina Buchleitner-
Seeburger und ihr Ehemann Albert
Buchleitner, ein Krämersohn aus Lohns-
burg, das Haus vom Kramer Penz.
Katharina Buchleitner-Seeburger (geb.
Moser, 1856) ist die Ururgroßmutter der
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heutigen Firmenchefin Birgit Mayr.
Nachdem Albert Buchleitner bereits im
jungen Alter von 34 Jahren 1884 an
einer Lungenkrankheit verstorben war,
führte Katharina Buchleitner die
Krämerei alleine weiter. Das war alles
andere als leicht, denn die Witwe hatte
für drei Kinder zu sorgen: Albert
(1879–1968), Elisabeth (1880–1957)
und Katharina (1884–1974). 1885
wurde das vierte Kind, Hermine,
geboren.
Im Jahre 1894 heiratete Katharina
Buchleitner den aus Pattigham
stammenden Baumeister Georg
Seeburger. 1895 kam ihre gemeinsame
Tochter Rosa Seeburger zur Welt. Aus
deren Erzählungen, so heißt es in der
Chronik von Herta Mayr, „erfahren wir
vieles über ihren Vater, den Baumeister
und ihre Mutter, die Krämerin“.
Bild links:Katharina Buchleitner-Seeburger mit ihren Kindern Hermine Moser, Elisabeth Buchleitner, Katharina Buchleitner und ihrem Ehemann Albert Buchleitner
Bild unten: Die Familie von Katharina Seeburger(„Moser-Verwandtschaft“) mit Georg Seeburger
Vordere Reihe (v.l.n.r.): Käthe Moser, Maria Moser,Katharina Seeburger, Großmutter Katharina Moser,
Theresia Birglechner, Amalie Klingesberger, Zäzilia Moser
Hintere Reihe: Franz Petermüller, Onkelwirt Birglechner,Herr Klingesberger, Georg Seeburger,
Josef Moser, Martin Moser, Rudolf Moser,Hans Petermüller
Bild links:Georg Seeburger
Vorgeschichte: Die Pionierzeit mit Katharina Buchleitner-Seeburger
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So beschreibt Rosa Seeburger ihren
Vater, den Baumeister Georg Seeburger,
als einen „großen stattlichen Mann“
und sehr aktiven Unternehmer. Das
Baugeschäft Seeburgers verfügte
zunächst noch über keinen eigenen
Bau- und Lagerplatz. Da damals die
Transportverhältnisse noch schwierig
waren, war es üblich, dass alle Arbeiten
direkt auf den Baustellen durchgeführt
wurden. Allerdings ging dabei immer
wieder Werkzeug verloren. Und es war
auch üblich, dass das Baumaterial – vor
allem Holz und Ziegeln – von den
Bauherren selbst besorgt wurde.
Immerhin aber verfügte Georg
Seeburger über eine Hütte auf dem
Grundstück, wo heute das „Schratten-
eckerhaus“ (Lifter-Poidl) steht. Vom
Schatzlwirt und vom Bauern Göttner
kaufte er dann einen an der Straße nach
Lohnsburg gelegenen Grund, wo er
einen Stall und eine Wohnung für die
Dirn baute. Die Innovationskraft von
Seeburger zeigte sich zum Beispiel an
der Anscha�ung einer Säge, die heute
im Heimatmuseum Haag am Hausruck
ausgestellt ist. Die Säge war damals
eine wirkliche Neuheit, mit der
Seeburger von der bisher üblichen
Methode der gehackten Dachstühle
abging.
Bild links:Georg Seeburger
Bild unten:Säge im Heimatmuseum Haag am Hausruck
Vorgeschichte: Die Pionierzeit mit Katharina Buchleitner-Seeburger
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Die Baustellen Seeburgers verteilten sich
bis nach Schneegattern und Ried, wo er
in der Bahnhofstraße die alte Molkerei
baute. Für die Baustellenfahrten nahm er
das Pferd und das Wagerl. Ein großes
und schwieriges Projekt war 1902/03
nach einem Brand des alten Schindelda-
ches die Errichtung eines neuen
Dachstuhles beim Gasthaus Schatzl
Bild oben:Diese Aufnahme vom Gasthaus Schatzl
(heute: Gasthaus Peter) entstand um 1900. Zirka zwei Jahre später brannten alle Dächer weg.
Nicht nur vom Gasthaus, sondern auch vom Stall und den Hütten, die mit Holzschindeln gedeckt waren.
(heute: Gasthaus Peter). Die Arbeiten
waren zum einen beschwerlich, weil das
Holz händisch antransportiert werden
musste, und zum anderen waren sie
wegen der Größe des Dachstuhles nicht
ungefährlich. Rosa Seeburger erinnerte
sich, wie sehr ihr Vater erleichtert
gewesen ist, dass die Arbeiten ohne
einen Unfall verlaufen sind.
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Das Baugeschäft wuchs rasch. Rosa
Seeburger glaubte sich zu erinnern,
dass ihr Vater bald an die 100 Leute
beschäftigte. Und sie berichtete, dass
die Stube des Brandstätterhauses
(Hofmark 12) zugleich die „Baukanzlei“
war. An Sonntagen wurden dort die
Auszahlung der Arbeiter und die Arbeits-
einteilung für die kommende Woche
vorgenommen. Während der Auszah-
lungen war auch die im Haus be�ndli-
che Krämerei geö�net, die neben der
Versorgung mit Waren des täglichen
Gebrauchs zugleich auch als lokale
Kommunikations- und Informations-
zentrale fungierte: Die Arbeiter
erfuhren dort Neuigkeiten oder
konnten solche loswerden.
Bild rechts:Gedenkstein für Georg Seeburger in Lohnsburg
Georg Seeburger war nicht nur viel
beschäftigter Baumeister, sondern er
war auch in besonderer Weise im
Gemeindeleben engagiert. So hatte er
die wichtige Funktion des Feuerwehr-
hauptmannes inne, die ihm allerdings
zum Verhängnis werden sollte. Denn
am 19. April 1903 schlug der Blitz beim
„Spieler “ in Schönberg (Gemeinde
Lohnsburg) ein und verursachte einen
Großbrand. Beim Feuerwehreinsatz
stürzte der aus der Verankerung gefal-
lene Rauchfang aus dem brennenden
Gebäude auf Georg Seeburger. Die
heißen Steine konnten nicht weggetra-
gen werden. Es wurde in der Folge
versucht, die Steine mit Wasser
abzukühlen. Allerdings verbrühte der
dabei entstandene heiße Dampf den
Baumeister hochgradig. Auf einem
rasch herbeigeholten Wagen mit einer
Strohunterlage wurde er nach Waldzell
gebracht und dort ins Haus getragen.
Der Arzt konnte nicht viel mehr
machen, als schmerzstillende Mittel zu
verabreichen. Seeburger lebte noch drei
Tage und verstarb am 21. April 1903.
Vorgeschichte: Die Pionierzeit mit Katharina Buchleitner-Seeburger
Katharina Seeburger war wieder
verwitwet. Vollauf mit der Krämerei
beschäftigt, war es ihr nicht möglich,
sich auch um das Baugeschäft zu
kümmern. Dies besorgte aushilfsweise
der Baumeister Doppler aus Pramet.
Dadurch konnte die erste schwierige
Zeit überbrückt werden.
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Bild links:Das älteste Foto des Brandstätterhauses, aufgenommen von Albert Buchleitner um 1900:Das Brandstätterhaus (Waldzell 29, heute: Hofmark 12) vor der Kirche hat noch einen hohen Dachstuhl. In der Bildmitte sieht man das alte Gemeindehaus, das früher dem Gemeindearzt Dr. Kröll gehörte. Im Vordergrund steht das Sägewerk der Lanzmühle.
Bild rechts:Waldzell um 1902 oder 1903
Bild unten:Waldzell um 1908. Die Kirche mit dem Brandstätterhaus
9
Im Jahr 1911 kam der Maurer- und
Zimmermeister Martin Brandstätter,
ein Bauernsohn vom Langerbauerngut
in Eitzing, nach Waldzell. Ein Vetter
seines Vaters Johann Brandstätter war
übrigens der bekannte Dombaumeister
Architekt Raimund Jeblinger (1853–1937).
Martin Brandstätter und die Geburtsstunde des Unternehmens im Jahr 1912
Bild links:Die Eltern des Martin Brandstätter
Bild unten:Martin Brandstätter am Zeichentisch
10
1912 gab Rosa Seeburger an Martin
Brandstätter den Auftrag, ein neues
Haus an der Straße nach Schildorn zu
errichten. Das war die Geburtsstunde
des heutigen Bauunternehmens. Das
„Seeburgerhaus“ entstand in den Jahren
1912–1914.
Bild links:Seeburgerhaus, erbaut 1912–1914 von Martin Brandstätter
Bild rechts:1912: Links vor dem Haus Rosa Seeburger und
rechts bei der Auslage Katharina Buchleitner-Seeburger. Man sieht auch die damalige Schotterstraße.
Bild rechts:Elisabeth Brandstätter mit
Frieda, Resi, Albert und der kleinen Else
Im Jahr 1913 heiratete Martin Brandstätter Elisabeth Buchleitner, die älteste Tochter von Katharina
Buchleitner-Seeburger, und zog in das später nach ihm benannte Brandstätterhaus nach Waldzell 29 um.
Aus der Ehe stammten vier Kinder: Friederike (geb. 1913), Theresia (geb. 1916), Albert (geb. 1918) und
Elisabeth (geb. 1919).
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Der im Sommer 1914 ausgebrochene
Erste Weltkrieg brachte für die
Bevölkerung und den Betrieb
schwere Zeiten. Im Jahr 1915
übernahmen Martin und Elisabeth
Brandstätter das Haus Waldzell 29
samt Anbau und der Krämerei. Die
Geschäfte liefen zunächst noch gut.
Ab dem Jahr 1916 verbreitete sich
Zeiten der Not: Der Erste Weltkrieg und die Nachkriegsjahre
Bilder unten:Vom Baubetrieb ist noch nichts zu sehen.
Wagnerhaus, Armenhaus und Janisch (Elektrizitätswerk)stehen alleine an der Kreuzung nach Lohnsburg.
Notgeldscheine (Vorder- und Rückseiten)
laut Pfarrchronik in der Region eine
große Armut. Die Nachfrage sank. Die
ersten Jahre nach dem Kriegsende
waren ebenfalls alles andere als
leicht. Die Pfarrchronik berichtet
über eine sehr prekäre wirtschaftli-
che Lage. Die Lebensmittelversor-
gung mit dem Bezugskartensystem
funktionierte äußerst schlecht. Viele
Nahrungsmittel gingen in Lagern
oder auf Transporten zugrunde. Die
Selbstversorgung der Gemeinde mit
Getreide war sehr begrenzt, da die
Bauern den Großteil der Ernte an
die Verteilungszentralen abliefern
mussten. Andererseits blühte der
Schwarzhandel. Die Löhne waren
sehr niedrig. Vielfach musste man
froh sein, für Kost und Logis arbeiten
zu können.
Ein weiteres großes Problem für das
tägliche Leben war die in den ersten
Nachkriegsjahren rasant zuneh-
mende In�ation. Für das Baugeschäft
sowie für die Krämerei war der
Währungsverfall insofern besonders
problematisch, weil die häu�g spät
beglichenen Rechnungen infolge des
raschen Geldwertverfalls nur mehr
einen Bruchteil des Materialwertes
einbrachten.
So wie überall in Österreich musste
auch die Gemeinde Waldzell 1920
für den täglichen Zahlungsverkehr
so genanntes „Notgeld“ ausgeben.
D iese in z wei S er ien aufgelegten
Notgeldscheine wurden von dem
Kunstmaler Engelbert Daringer aus
Wildenau entworfen und wurden
allseits als originell gestaltet
empfunden.
Auf und ab: Von 1920 bis zum Zweiten Weltkrieg
Im Herbst des Jahres 1922 erfolgte
die Währungsstabilisierung. Die
Teuerung ließ nach und kam bald
zum Stillstand. 1924 wurde als neue
Währung der stabile Schilling einge-
führt, der auf dem Goldwert basierte.
Mitte der 1920er Jahre beruhigte sich
die wirtschaftliche Lage und es
begann im von Martin und Elisabeth
12
Brandstätter geführten Baubetrieb
samt Krämerei wieder aufwärtszu
gehen. Eine kleine Sensation war die
Installation des ersten Telefons von
Waldzell im Betrieb: Der Apparat
hing an der Wand, man sprach in
einen kleinen Messingtrichter.
Der Bauplatz befand sich beim
„Lifterpoidl“, wo auch der als Lager
dienende „Moasterstadl“ stand. Dort
lagerten u. a. die Geräte zum
Schrauben von Holzhäusern, die so
genannten „Hebmandln“. Das Geräte
waren eine Neuerung, die sich aller-
dings erst im Laufe der Zeit durch-
setzten konnte: In ihrer Chronik
berichtet Herta Mayr, dass die
Menschen damals noch nicht viel
Bild rechts:Baumeister Martin Brandstätter auf der Baustelle beim Onkelwirt
Vertrauen zu geschnittenem Holz
hatten. Eine sehr bemerkenswerte
Technik war auch das Verschieben
von Holzhäusern, wie dies beim so
genannten Steinhofer-Schmied-Haus
der Fall gewesen ist, das zuvor beim
Tischler Öhlinger (Sattlegger)
gestanden hatte. Das Haus wurde
hochgeschraubt und mit der vollen
Dachdeckung auf Rollen aus
Holzprügeln über den Bach hinweg
bis zur heutigen Stelle verschoben.
Der Baumeister Martin Brandstätter
erwies sich auch dadurch einmal
mehr als innovativer Unternehmer,
dass er eine große Mischmaschine
anscha�te, für deren fachgerechte
Bedienung er eigens einen Betonkurs
in Attnang besuchte. Da auf den
Baustellen doppelt so viel Zimmerer
wie Maurer beschäftigt waren,
machte er auch noch die Zimmer-
meisterprüfung. Herta Mayr schreibt
in ihrer Chronik, dass Martin Brand-
stätter immer den Zollstab in der
Hand hatte und ständig die Maße auf
den Baustellen überprüfte.
In diesen Jahren waren im
Brandstätter’schen Baubetrieb vom
März bis zur Heuernte im Herbst 80
bis 100 Beschäftigte gemeldet. Ab
November wurden die Baumaßnah-
men über den Winter weitgehend
eingestellt. Die Arbeiter gingen
stempeln.
Bild links:Georg Seeburger
13
Bild links:Baumeister Brandstätter vor dem Doktorhaus. Später wurde das Haus noch einmal ein wenig umgebaut. Pfarrer Josef Mayr-Zweimüller kaufte es schließlich als Pfarrhof.
Bild rechts:Neubau des Viehstalls beim Feidlbauer:
in der Mitte Martin Brandstätter mit Überrock
Bild rechts:Altes Gemeindehaus. Dr. Mayerhofer
(hier mit Pferd und Wagen) wohnte einige Jahre dort,
danach der Gemeindesekretär Ludwig Bubestinger.1964 wurde es abgetragen und ein Parkplatz
mit Grünanlagen errichtet.1979 wurde an dieser Stelle von Baumeister
Jörg Mayr das neue Amtshaus erbaut.
Auf und ab: Von 1920 bis zum Zweiten Weltkrieg
Bild links:Georg Seeburger
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Bild links:Katharina Seeburger mit ihren Enkeln (1927 oder 1928)
Vorne: Konrad Dobler, Katharina Seeburger, Hermi Reif, Bertl Brandstätter
Hinten: Kathi Reif, Resi Brandstätter, Irma Reif, Frieda Brandstätter
Bild rechts:Tante Frieda und der kleine Konrad Dobler
auf dem Molkereiauto
Auf und ab: Von 1920 bis zum Zweiten Weltkrieg
15
Der Konkurrenzkampf hatte auch
seinen Grund in der sich mit Beginn
der 1930er Jahre deutlich verschlech-
ternden allgemeinen Wirtschaftslage
mit immer weniger Arbeitsmöglich-
keiten. Ein Situationsbericht in der
Pfarrchronik vom 15. Mai 1931 be-
schreibt die größer werdende Armut
aufgrund der trostlosen Situation am
Arbeitsmarkt. „Um Lichtmess waren
viele Knechte ohne Posten“, heißt es
dort. Wie anderswo auch hatte die
Misere politische Konsequenzen. Das
Heimatbuch gibt an, dass es in Wald-
zell o�ziell zwar nur wenige (damals
noch illegale) Nationalsozialisten
gegeben habe, die Dunkelzi�er
jedoch höher gewesen sein dürfte.
Die 1934 durchgeführte Volkszählung
wies für Waldzell eine Bevölke-
rungszahl von 1.964 sowie 389
Häuser und 444 Haushalte aus.
Ab dem Frühjahr 1937 besserte sich
die Wirtschaftslage sichtlich. Es gab
eine durchaus rege Bautätigkeit und
die Arbeitslosigkeit ging zurück. Im
Jahr 1939 heiratete die Tochter von
Martin und Elisabeth Brandstätter,
Theresia, den Buchhalter Franz Mayr
vom Kellerwirt in Waldzell.
Mit Ausbruch des Zweiten
Weltkrieges brachen erneut schwere
Zeiten an: Die Volksschule platzte aus
allen Nähten – der Neubau war
bereits in Planung. Zu diesem Zweck
wurde 1940 von der Gemeinde ein
Darlehen aufgenommen und vom
Landwirt Georg Maier ein ca. drei
Joch großes Grundstück südlich der
Molkerei angekauft. Im September
1941 wurde mit der Generalsanie-
rung des Pfarrhofes begonnen. Da
jedoch die baulichen Mängel weitaus
größer waren als ursprünglich
angenommen, zogen sich die Reno-
vierungsarbeiten bis Ende 1942 hin.
Im Februar 1945 kamen mitten im
ärgsten Winter ca. 1.000 Flüchtlinge
aus Oberschlesien und der Slowakei
nach Waldzell. Die Schule wurde
geschlossen und zu einem Flücht-
lingslager umfunktioniert. Die restli-
chen Flüchtlinge wurden im Gasthaus
Schachinger und in der Kobleder-
scheune untergebracht. Zudem
wurden Barackenlager errichtet. Im
März 1945 befanden sich an die 1.500
Flüchtlinge in Waldzell. Wie überall
wurde auch in Waldzell unter der
Devise „Jedes Dorf eine Festung“ ein
so genannter „Volkssturm“ als letztes
Aufgebot aufgestellt. Beim Leitner-
wirt und beim Gallnbrunner wurden
Panzersperren errichtet und die
Höhen um Waldzell wurden mit
Schützengräben versehen.
Auf und ab: Von 1920 bis zum Zweiten Weltkrieg
Kriegsende und Wiederaufbau
16
Am 4. Mai 1945 war der Zweite Weltkrieg zu Ende. Waldzell hatte insgesamt 63 Gefallene zu beklagen. Die
Zahl der Kriegsopfer erhöhte sich jedoch durch die Vermissten und die in Kriegsgefangenschaft Verstor-
benen auf 125. Nach der Zeit der Not begann ab 1947/48 der Wiederaufbau und damit auch jener des
Bauunternehmens. Symbolisch dafür war die am 13. Dezember 1948 durch die Kammer der Gewerblichen
Wirtschaft für Oberösterreich, Ried i. Innkreis, erfolgte Ausstellung des Konzessionsdekretes für Martin
Brandstätter. Dieses lautete:
„Dem am 1. Oktober 1885 geborenen, nach Eitzing, politischer Bezirk Ried zuständigen Herrn Martin
Brandstätter wird hiermit aufgrund des § 14 des Gesetzes vom 26. Dezember 1893 (R.G.Bl. Nr. 193) und des
§ 142 Gewerbeordnung die Konzession zum Betriebe des Zimmermeistergewerbes mit dem Standorte in
Waldzell Nr. 29, Gemeinde Waldzell, politischer Bezirk Ried i. Innkreis, Land Oberösterreich und mit dem im
§ 4 des erstangeführten Gesetzes bezeichneten Berechtigungsumfange verliehen.“
17
Allerdings verstarb Martin Brandstät-
ter bald darauf am 16. Juli 1949. Seine
Frau Elisabeth musste nun das
Unternehmen als „Witwenbetrieb“
weiterführen. Dazu stand ihr Johann
Kettl als Geschäftsführer zur Seite.
Nach Ablegung der Maurermeister-
prüfung übernahm ihr Schwieger-
sohn Franz Mayr 1950 den Betrieb,
Kriegsende und Wiederaufbau
Bild rechts:Ausheben der Baugrube für das Gemeindeamt.
Im Bild ein LKW der Firma Max Seifried
den er bis zu seinem Ableben 1970
erfolgreich führte und nachhaltig
vergrößerte.
Nachdem der Waldzeller Gemein-
derat am 17. Dezember 1952
beschlossen hatte, ein neues
Gemeindeamt zu bauen und darin
auch die Post und einige Wohnungen
unterzubringen, wurde die Bau�rma
Franz Mayr mit der Planung und
Durchführung des Vorhabens
beauftragt. Im Heimatbuch wird
berichtet, dass die Bauarbeiten zügig
vorangetrieben wurden, wobei auch
die Gemeindebevölkerung in Form
von Robotdiensten kräftig mithalf.
Das neue Amtsgebäude konnte am
3. Oktober 1954 in Anwesenheit von
Landeshauptmann Dr. Heinrich Gleißner
feierlich seiner Bestimmung überge-
ben werden. Bei der Aushebung der
Baugrube kam erstmals ein Bagger
zum Einsatz – der erste in der
Region.
Bild rechts:Das Gemeindeamt im Frühjahr 1954 im Rohbau
auf dem Platz der heutigen Rai�eisenbank
Enormer Aufschwung: Von 1960 bis heute
18
Die seit Beginn der 1960er Jahre stark zugenommene Wohnbautätigkeit machte die Errichtung einer
zeitgemäßen Abwasserentsorgung in der Gemeinde erforderlich. Zur Realisierung der Kanalisations-
anlage kam es in einem ersten Abschnitt allerdings erst in den 1970er Jahren. Im Oktober 1963
wurde der Fremdenverkehrsverband Waldzell gegründet. Darin wird die beginnende Bedeutung
des Fremdenverkehrs als Wirtschaftszweig deutlich, die durch Fremdenzimmervermietung für viele
„Häuslbauer“ auch eine zusätzliche Einkommens- bzw. nachträgliche Finanzierungsquelle wurde.
Neben dem Baubetrieb wurde bereits 1969 mit der Produktion von Fertigbeton in der Kiesgrube
Wolfersberg begonnen, die damals noch im Besitz der Rieder Bau�rma Kettl stand. In dieser Zeit
wurde mit einem gebrauchten Dreiachser der Firma Putz aus Bad Goisern auch der erste Mischwa-
gen angekauft.
Der in den 1950er Jahren begonnene wirtschaftliche Aufschwung in Waldzell setzte sich in den
1960er Jahren nachhaltig fort und wurde von der Bau�rma Franz Mayr wesentlich mitgestaltet. In
den Jahren 1964 und 1965 wurde das Freibad gebaut. Im Mai 1965 wurde der Probebetrieb
aufgenommen und am 20. Juni 1965 die feierliche Erö�nung durchgeführt. Im September 1968
begann die Bau�rma Mayr mit der Errichtung der neuen Hauptschule.
Die feierliche Erö�nung erfolgte am 13. September 1970.
Enormer Aufschwung: Von 1960 bis heute
19
Im Jahr 1970 übernahm der Sohn von Franz Mayr, Jörg Mayr (geb. 1939), den Betrieb. Jörg Mayr
gelang es, das Unternehmen als leistungsstarken und zuverlässigen Baupartner am Markt zu
etablieren. Bau Mayr wurde in diesen Jahren zum wichtigsten Arbeitgeber der Region: Jörg Mayr
konnte die Mitarbeiterzahl von anfangs 32 auf etwa 100 Beschäftigte aufstocken. Vor allem die
Ausbildung der Beschäftigten und die Besetzung von Führungspositionen durch �rmeneigene
Fachkräfte lagen ihm besonders am Herzen. Resultat der klugen Personalpolitik ist ein bis heute
hervorragendes Betriebsklima mit niedriger Mitarbeiter�uktuation.
Der zunehmende Markterfolg war auch eine Folge der Innovationsbereitschaft bei Bau Mayr: Der
Baubetrieb wurde durch den Ankauf einer Eisenschalung, von Baukränen, LKWs und Erdbauma-
schinen laufend modernisiert. Damit konnten nun auch Großbaustellen wie Schulen, Unterneh-
men und Kanalbauten rasch und in bester Qualität ausgeführt werden. Ein Beispiel macht die Lei-
stungssteigerung binnen weniger Jahre deutlich: Bei der Errichtung der Decke für die Pausenhalle
der neuen Hauptschule im Jahr 1969 musste mit einer Mischmaschine 36 Stunden lang durchge-
hend betoniert werden. Beim zweiten Bauabschnitt im Jahr 1974 wurde an derselben Decke mit
Fertigbeton nur mehr fünf Stunden gearbeitet.
Bilder links:Bau Mayr Grube um 1975
Enormer Aufschwung: Von 1960 bis heute
20
Das rapide Wachstum des Unternehmens forderte eine Konzentration auf das Kerngeschäft: Die aus der
seinerzeitigen Krämerei hervorgegangene Gemischtwarenhandlung wurde 1975 geschlossen.
Unter den vielen von der Bau�rma Mayr durchgeführten Projekten befand sich in den 1970er Jahren in
Verbindung mit dem Erweiterungsbau der Hauptschule die Errichtung des Kindergartens, der am 17. Okto-
ber 1976 eingeweiht wurde. In den 1980er Jahren baute die Firma Mayr die Kläranlage des im November
1978 gegründeten Reinhalteverbandes „Kobernaußerwald“. Ebenfalls in den 1980er Jahren führte das
Unternehmen die weiteren Arbeiten für die ersten beiden Bauabschnitte der neuen Abwasserentsor-
gungsanlage durch. Der dritte Bauabschnitt wurde im Winter 1997 begonnen und im Frühjahr 1999 abge-
schlossen, womit die Anlage in Betrieb genommen werden konnte.
Mit der Jahrtausendwende erfolgte die Übergabe der Betriebsführung an die Tochter Jörg Mayrs, Ing. Birgit
Mayr (geb. 1966). Die erfolgreiche Unternehmerin unterstreicht die hohe Bedeutung der Frauen in der
nunmehr 100-jährigen Geschichte von Bau Mayr. Birgit Mayr setzt seitdem den Kurs ihres Vaters fort – kom-
promisslose Qualität, hohe Innovationsbereitschaft und die Mitarbeiter kommen auch bei ihr an erster
Stelle. Der Personalstand liegt heute bei mehr als 100 Beschäftigten, zurzeit werden 13 Lehrlinge ausgebil-
det. 2000 wurde das Bürogebäude an der Riederstraße neu errichtet, im Jahr 2010 die neue Betonmischan-
lage eingeweiht. Die erfolgreiche Realisierung etlicher großer und kleiner Bauvorhaben bestätigt die Rich-
tung: Ob Häuslbauer, Gewerbe- oder Industriekunden – Bau Mayr steht für Zuverlässigkeit und Stabilität.
Seit nunmehr 100 Jahren.
Ing. Jörg Mayr Ing. Birgit Mayr
Keine Zukunft ohne Herkunft“
„Keine Zukunft ohne Herkunft“. Unter diesem Motto setzt Birgit Mayr auf die traditionellen Werte des
erfolgreichen Unternehmens. Bestes Beispiel: Vor wenigen Jahren hat sie das Brandstätterhaus mustergül-
tig renovieren lassen. Damit schließt sich der Kreis: Die ehemalige Baukanzlei neben der Kirche ist heute ein
Schmuckstück von Waldzell.
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”
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Gruppenbild oben: Familie Mayr
Gruppenbild unten (v. l. n. r.): Franz Strasser, Bmst. Ing. Johann Gaisbauer, Martin Seifried MBA MIB,
Andreas Haselgruber, Franz Wieser, Manuel Strasser, August Murauer, Zimmermeister Wolfgang Machl,
Johannes Rohrmoser-Hohensinn, Johannes Haginger, Rudolf Erlinger
Gruppenbild oben (v. l. n. r.): Manuela Spindler, Theresia Jöchtl, Franz Strasser, Andreas Haselgruber,
Andrea Weber-Haselberger, Bmst. Ing. Johann Gaisbauer, Martin Seifried MBA MIB, Manuel Strasser,
Sandra Wallerstorfer, Franz Wieser, August Murauer, Rudolf Erlinger, Irmgard Seyfried, Zimmermeister
Wolfgang Machl, Pauline Flotzinger, Johannes Haginger, Johannes Rohrmoser-Hohensinn
Gruppenbild unten: die gesamte Belegschaft 2009
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