1600-1750 Definition: aus dem portugiesischen barucca (unregelmäßig geformte Perle) Zunächst...

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1600-1750

Definition:aus dem portugiesischen barucca (unregelmäßig geformte Perle)

Zunächst abfälliger Begriff der nachfolgenden Klassiker

Gegenreformatorische und absolutistische Tendenzen

Dreißigjähriger Krieg (1618-1648) in Deutschland verzögert Entwicklung

Kämpfe der Großmächte um das europäische Gleichgewicht

Neuorientierung der Naturwissenschaften an empirischem Denken (G. Galilei, J. Kepler, J. Newton)

Gedanken und Ideale dieser Zeit:

Das Herrscherlob: Preisung des Herrn

Die Aufforderung zum Lebensgenuss (Carpe diem)

Die Ermahnung des Todes und der Nichtigkeit alles Irdischen zu gedenken (Memento mori und Vanitas)

Spiel Ernst

Ewigkeit Vergänglichkeit

Schein Sein

Lebenslust Todesangst

Lustgarten Jammertal

Carpe Diem Memento Mori

Weltanschauung: Antithetik

Johann Michael Eder: Memento Mori

Kunstmerkmale

Einfühlsam Mythologien

und Religiöse Themen

Pathos, Monumentales, Repräsentation

Theatralik, Dramaturgie, Spannung

Kontrastreich Detailreich

Klare Strukturen Glaube durch Einfachheit lehren

(1563 Tridentiner Konzil)

Religiöse Kunst

Weltliche Kunst

Architektur

Zeitraum

1460 1500 1550 1600 1650 1700 1750

Bar ock von 1600 bis 1720

Dr eiß igjähr iger

Kr ieg 1618 - 1648

Reformation und Gegenreformation

Überfall und Plünderung eines Dorfes 1633

Bilder zum Dreißigjährigen Krieg (1618-1648)

Bilder zum Dreißigjährigen Krieg (1618-1648)

Belagerung Magdeburgs 1631

Bilder zum Dreißigjährigen Krieg (1618-1648)

Bilder zum Dreißigjährigen Krieg (1618-1648)

Schrecken des Dreißigjährigen Krieges: Bilder von Jacques Callot (1620-1687 )

Bilder zum Dreißigjährigen Krieg (1618-1648)

Schrecken des Dreißigjährigen Krieges: Bilder von Jacques Callot (1620-1687 )

Kriegsbedingter Bevölkerungsrückgang in den einzelnen Reichsteilen (in %)

Von 1618 bis 1648 verringerte sich die Bevölkerung im Deutschen Reich um ein Drittel von ca. 15 Millionen auf ca. 10 Millionen Einwohner.

Das 17. Jh. wurde sprachhistorisch geprägt durch:

Zunehmenden Einfluss verschiedener moderner Fremdsprachen, vor allem des Französischen (Französisch wurde als Staats- und Standessprache zur „Umgangssprache“ des Adels)

den 30 jährigen KriegWirtschaftlichen und politischen Verfallden territorial-fürstlichen Absolutismus

Deutschland entwickelt ein neues Sprachbewusstsein → deutscher KulturpatriotismusNotwendigkeit einer Sprachreform

von nationaler Geltung wächstSicherung einer Standardsprache

(Regelung der Orthographie)Streben nach überregionalen

NormierungsgrundsätzenBemühungen um Wörterbücher

Sprachgesellschaften des 17. Jahrhunderts

Gründung der ersten ‚Sprachgesellschaften‘

• „Aufrichtige Gesellschaft von der Tannen“ 1633• „Deutschgesinnte Genossenschaft“ 1643• „Pegnesischer Blumenorden“ 1644• „Elbschwanenorden“ 1658

• „Fruchtbringende Gesellschaft“ später „Palmenorden“ (1617-1680) bedeutendste Sprachgesellschaft, galt als nationale Akademie, deren Wirkungsbereich sich im ganzen Land erstreckte; 75% der Mitglieder waren adelig, es wurden allerdings auch Mitglieder aus anderen Schichten aufgenommen Bürgerliche, Protestanten ebenso wie (einige) Katholiken;die eigentliche Arbeit der Sprachpflege wurde von bürgerlichen Mitgliedern geleistet (Andreas Gryphius, Martin Opitz, Kaspar Stieler)

Die fruchtbringende Gesellschaft

g

Palmenbaum: Emblem der fruchtbringenden Gesellschaft

- 890 Mitglieder

- Gründungsmitglieder: Ludwig I. von Anhalt Köthen, Friedrich von Sachsen- Weimar, Johann Ernst d. J. von Sachsen Weimar, Wilhelm der IV. von Sachsen Weimar, Christoph von Krosigk

Ziel: Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung der alten deutschen Tugenden insbesondere der Sprache

- 1680 Tod Herzog August, Orden stirbt langsam aus

- Gegründet 24.8.1617 in Weimar

- 1680 Tod Herzog August, Orden stirbt langsam aus

Sprachgesellschaften des 17. Jahrhunderts

Die ‚Fruchtbringende Gesellschaft‘ hatte moralisch-sittliche, sowie politisch-gesellschaftliche Anliegen

• Streben nach „Reinheit der Sprache“ :‚rein von Fremdwörtern‘, ‚rein‘ im Sinne von ‚normgerecht‘, ‚richtig‘ im Sinne des Gebrauchs einer Standardsprache→ Sprachpurismus [spätlat. Purita - Reinheit]

Sprachgesellschaften des 17. JahrhundertsSprachgesellschaften richteten

sich vor allem gegen: • Überfremdung des Deutschen• Oberflächliche Übernahme von franz.

Sprache und Kultur• Sprachmengerei• Falsche Verwendung und fehlerhafte

Mischung mit dt. Formen

Sprachgesellschaften des 17. JahrhundertsVeredlung der Muttersprache durch:

Vermeidung von Fremdwörtern passende Neubildungen (die auch heute noch zum festen

Bestand unserer Gemeinsprache gehören; z.B. Verdeutschung lat. grammat. Termini „Einzahl, Fall, Geschlecht, Hauptwort, Mehrzahl, Sprachlehre, Wörterbuch, Wortforschung, Zahlwort…“)

Ersetzungen von Fremdwörtern durch Neuprägungen (Aufzug – Akt, beobachten – observieren);oft kam es zu Übertreibungen:Kloster > Jungfernzwinger, Grotte > Lusthöhle, Pistole > Reitpuffer

Das Deutsche soll als leistungsfähige Hochsprache etabliert werden;Das erste Mal, dass das Deutsche dem Lateinischen vorgezogen wird

Sprachgesellschaften des 17. Jahrhunderts

Ergebnisse:

→Die deutsche Sprache gewinnt an kommunikativer Bedeutung und sozialer Geltung

→Nahezu überall im Sprachsystem Tendenzen, die Herausbildung einer nationalen Norm der Literatursprache aufzeigen

→Zunehmend wird Latein durch die dt. Sprache ersetzt

→Deutsch wird ‚Vorlesungssprache‘ an Universitäten

Normierungsprozesse des 17. Jahrhunderts Abbau von morphologischen VariantenWandel in der Distribution der Suffixe

Polyfunktionales /-lich(en) gibt einen Teil seiner Funktion den Suffixen /-isch/, /-ig/ und /-bar/ abVerringerung des Gebrauchs von /-haftig/, /-barlich/, /-iglich)Einfachsuffixe übernehmen Funktion der Doppelsuffixe

Wandel in der Semantik

Normierungsprozesse des 17. Jahrhunderts

Dominanz umfangreicher SatzstrukturenZunahme hypotaktischer SatzstrukturenZunahme der Nutzung der Mittel zum

Ausdruck der logischen Verknüpfung von Haupt- und Nebensätzen, wie Konjunktionen, Relativpronomen und Satzgliedstellung

Tendenz zur Zunahme des Umfangs der Teilsätze, der sog. Elementarsätze

Normierungsprozesse des 17. Jahrhunderts Die dt. Satzfügung hat sich immer mehr den Fesseln des Latein entzogen,z.B. wurde die doppelte Verneinung („Das geht ja kein Kaiser, kein König nix an …“) beseitigt

Bemühungen um die Regelung der dt. Rechtschreibung;man war bemüht, homonyme Wörter durch die Schreibung auseinander zu haltenLärche > LerchenWeise > WaiseHinsichtlich der Schreibung mit e und ä strebte man danach, dass durch Umlaut des a entstandene e durch ä wiederzugeben, um so die Verwandtschaft der Wörter kenntlich zu machenelter – älter, vellen – fällen, trenken - tränken

Entwicklung des Wortschatzes und der Wortbildung I. Wortbildung:Neigung zur Komposition;

zunehmend werden Wörter zusammengesetzt, ohne dass vorher ein syntaktischer Zusammenhang bestanden haben muss;es kommt verstärkt zu Analogiebildungen

Entwicklung des Wortschatzes und der Wortbildung Auftretende Substantive,„-wesen, - zeug, -volk, -leute, -werk“

→ Backwerck, Spielwerck, Zauberwerck

Dominanz adjektivischer Komposita→ honigsüß, lilienweiß, rosen=roth …

Bildung von Ableitungendeverbale Adjektivableitungen auf –lich und -sam, -bar

Entwicklung des Wortschatzes und der Wortbildung Abbau bestehender Konkurrenzen

‚ohn-‘ bei Adj. Und Adv. tritt zurück, stattdessen wird ‚un-‘ benutzt

Suffixkombination ‚–keit‘→ Empfindlichkeit, Fröhlichkeit

Verstärktes Aufkommen von Kurzformen→ Auslesung > Auslese, Dürrung > Dürre

Entwicklung des Wortschatzes und der Wortbildung

Drei Möglichkeiten für die Schreibung der Komposita:

a) Getrenntschreiben ‚Back Ofen‘b) Schreibung mit doppeltem Bindestrich:

Kenn=zeichenc) Zusammenschreibung ‚Bauersleute‘

In der 2. Hälfte des 17.Jh. Ist auch die Zunahme von drei- (und mehr-) gliedrigen Zusammensetzungen zu beobachten

„Belladonnawurzel-Pulver“, „Beutelschneider=Leben“

Entwicklung des Wortschatzes und der WortbildungII. Wortschatz:

Erweiterung durch Eindeutschen fremden Wortguts :

Anpassung im Lautlichen: Einführung der ‚Erstbetonung‘ – „Bílliard“, „Támbus”, “égal”

Angleichung im Geschlecht und in der Flexion:Anpassung an Sinn- oder formverwandte heimische Ausdrückefrz. Le buste > die Büsteital. spalliera > das Spalier

Entwicklung des Wortschatzes und der Wortbildung Hinzufügung dt. Endungen

frz. Princesse > Prinzessin, lat. ‘–icus’ wird regelmäßig durch ‘-isch’ ersetzt (historisch, politisch …)

Verkürzung fremder Wörter‘fashionable > fesch’

Bedeutungsentwicklung und etymolog. Umdeutungfrz. Prince > Fürstensohn, parterre (Gartenbeet)>ebene Erde

Entwicklung des Wortschatzes und der WortbildungLehnwortbildung:

• Entlehnung aus dem Latein 42-54%(Rückgang auf 28% im 18.Jh.)

• Französische Entlehnung 37-40%(mit steigender Tendenz im 18.Jh.)

• Italienischer Lehneinfluss 20%(Rückgang Mitte des 17.Jh. auf 9%)

→ Abnahme lateinischer & italienischer Entlehnung, verbunden mit Zunahme französischer Entlehnung

Einfluss auf die deutsche Sprache• Verwaltungs- und Rechtssprache:

„Akte, Archiv, Klausel, Konferenz, Präzedenzfall, Subjekt, finanzieren, konsultieren …“

• Heerwesen:„Alarm, Armada, Artillerie, Attacke, Pistole…“

• Essen und Trinken:„Bankett, Biskuit, Bouillon, Delikatesse,…“

• Musik und Kunst:„Arie, Ballett, Dacapo, Konzert, Oper …“

Einfluss auf die deutsche Sprache• Kleidung und Schönheitspflege:

„Garderobe, Kostüm, Manschette…“• Bezeichnungen des Alamodewesens:

„Kompliment, Gala, galant, nett, nobel, Manier, …“

• Amtsbezeichnungen, Anredeformen, Titel:„Baron, Baronesse, Cousin, Cousine, Dame … „

Literatur

Nur bestimmte Stoffe und Themen galten als der Literatur würdig und wurden immer wieder bearbeitet.

Das Schicksal christlicher Märtyrer, die Taten antiker und ritterlicher Helden, das Lob des Herrschers, ländliche Idyllen und Schäferspiele, Frauenpreis und Liebe, die Aufforderung zum Lebensgenuss (Carpe diem) sowie das Gedenken des Todes und der Nichtigkeit alles Irdischen (Memento mori und Vanitas)

Die Aufgabe des Poeten bestand darin, diese Inhalte in ein möglichst brillantes, den Kunstverstand des Publikums ansprechendes sprachlich - rhetorisches Gewand zu kleiden.

Schriftstellergenerationen

Die Generation

von Opitz

Schriftsteller, deren Jugend noch in die Friedenszeit fiel, deren Werke aber haupt-sächlich in den ersten Jahrzehnten des Krieges entstehen

Weckherlin (1584-1653)

Martin Opitz (1597-1639)

Die Kriegs-

generation

Schriftsteller, die sich an die Friedenszeit nicht mehr erinnern können und von der Kriegszeit und Nachkriegs-misere am stärksten getroffen werden

Andreas Gryphius (1616-1664)

Hofmannswaldau (1616-1679)

Grimmelshausen (1621/22-1676)

Die Nachkriegs-generation

Schriftsteller, deren Schaffen in die Zeit des jähen wirtschaft-lichen Aufstiegs der 60er und 70er des 17. Jahrhunderts fällt

Lohenstein (1635-1683)

Christian Gryphius (1649-1706)

Epigonen und

Frühaufklärer

Schriftsteller, die Werke der älterer Autoren nachahmen oder bereits nicht mehr eindeutig dem Barock zuzuordnen sind

Johannes Beer (1655-1700)

Benjamin Neukirch (1665-1729)

Johann Chr. Günther (1695-1723)

Bilder von Autoren

Andreas Gryphius Martin Opitz Daniel Caspar von Lohenstein

Weitere Bilder von Lyrikern

Christian Hofman von Hofmannswaldau

Paul Fleming Paul Gerhardt

Literarische Zentren des Barock

Wichtige Autoren und Werke dieser Zeit:

Martin Opitz (1597-1639): Buch von der deutschen Poeterey

Andreas Gryphius (1616-1664): Sonette

Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen (1622-1676): Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch (Roman)

Hauptmotive des Barock

Alles was sich der Mensch im Diesseits ersehnt, ist eitel: Glück, Macht, Erfolg, Reichtum, Liebe und Lust. Der Vanitas-Gedanke beherrscht alle Lebensbereiche und wird in der Kunst thematisiert.

Das Streben nach Größe bedeutet schon den Fall, ist eitler Wahn.

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Vanitasmotiv

Typische Motive: verlöschende Kerzen, Totenkopf, Ungeziefer (Käfer, Würmer, …), verfaulendes Essen Hauptvertreter in der Literatur: Hauptvertreter in der Literatur:

Andreas GryphiusAndreas Gryphius

Gegenüberstellung von Gegenüberstellung von Leben und Tod in Bildern oder Leben und Tod in Bildern oder GedichtenGedichten

-> Menschen zum einen lebenshungrig, -> Menschen zum einen lebenshungrig, zum anderen ständige Bedrohung durch zum anderen ständige Bedrohung durch den Krieg, Krankheiten…den Krieg, Krankheiten…

Barocklyrik: Martin OpitzDichter und Begründer der schlesischen DichterschuleDichter und Begründer der schlesischen Dichterschule

*23.12.1597 in Bunzlau *23.12.1597 in Bunzlau

Ab 1605 Lateinschule seiner Vaterstadt Ab 1605 Lateinschule seiner Vaterstadt

1614 Wechsel zum Gymnasium in Breslau1614 Wechsel zum Gymnasium in Breslau

1618 als Hauslehrer tätig in Frankfurt (Oder)1618 als Hauslehrer tätig in Frankfurt (Oder)

17.6.1619 Universität Heidelberg17.6.1619 Universität Heidelberg

1620 als Hauslehrer in die Niederlande1620 als Hauslehrer in die Niederlande

1621 Akademisches Gymnasium für Philosophie 1621 Akademisches Gymnasium für Philosophie und schöne Wissenschaften in Weißenburgund schöne Wissenschaften in Weißenburg

1623 zurück nach Schlesien1623 zurück nach Schlesien

1626 Sekretär eines Gegenreformators, er wird Mitglied der >Fruchtbringenden Gesellschaft<

14.9.1628 wird in den 14.9.1628 wird in den Adelsstand gehobenAdelsstand gehoben

20.8.1636 Tod durch die Pest20.8.1636 Tod durch die Pest

Martin Opitz (1597 - 1639)

Dt. Dichter, setzte sich für die Schaffung einer dt. Nationalliteratur ein. Er schrieb Lehrgedichte und gab im Buch von der dt. Poeterey (1624) strenge Sprachregeln vor.

Er vertrat in seiner einflussreichen Poetik die Notwendigkeit einer lebendigen, ausdrucksvollen, regeltreuen dt. Dichtung. Er wies auf Vorbilder (Seneca, Petrarca, Ronsard) hin.

Die Dichtung, die Opitz schrieb, ist bedeutungsvoll: seine Lyrik (Lieder, Oden, Sonette) und seine Übersetzungen stellen der geistlichen eine weltliche Dichtung gegenüber.

Carpe Diem(1624) von Martin Opitz

Ich empfinde fast ein Grauen

dass Plato für und für

bin gesessen über dir.

Es ist Zeit hinauszuschauen

und sich bei den frischen Quellen

in dem Grünen zu ergehen

wo die schönen Blumen stehn

und die Fischer Netze stellen!

Wozu dienet das Studieren

als zu lauter Ungemach!

Unterdessen läuft die Bach

unseres Lebens, das wir führen,

ehe wir es inne werden,

auf ihr letztes hin,

dann kömmt ohne Geist und Sinn

dieses alles in die Erden.

Interpretation

Opitz weist in diesen beiden ersten Strophen auf die Vergänglichkeit des Menschen hin.

Er fordert die Menschen auf, ihr Leben zu genießen und den Tag zu nutzen, solange sie es noch können.

Sie sollen an den Tod (Memento mori) und an die Nichtigkeit alles Irdischen (Vanitas) denken.

Barocklyrik

Ach liebste laß uns eilenMartin Opitz Ach liebste laß uns eilen Wir haben Zeit Es

schadet das verweilen Uns beyderseit. Der Edlen Schönheit Gaben Fliehen fuß für fuß: Daß alles was wir haben Verschwinden muß. Der Wangen Ziehr verbleichet Das Haar wird greiß Der Augen Feuer weichet Die Brunst wird Eiß. Das Mündlein von Corallen Wird umgestalt Die Händ' als Schnee verfallen Und du wirst alt. Drumb laß uns jetzt geniessen Der Jugend Frucht Eh' wir folgen müssen Der Jahre Flucht. Wo du dich selber liebest So liebe mich Gieb mir das wann du giebest Verlier auch ich.

Andreas Gryphius

Geboren und gestorben in Schlesien, Glogau

Großer deutscher Barocklyriker

Geprägt von tiefem Pessimismus

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•Kindheit während des dreißigjährigen Krieges•Exil durch Verwüstung/Zerstörung seiner Heimat

„Threnen des Vatterlandes“ (1636, Gryphius)Wir sindt doch nuhmer gantz/ja mehr denn gantz

verheret! Der frechen völcker schaar/die rasende posaun Das vom blutt fette schwerdt/die donnernde CarthaunHatt aller schweis/vnd fleis/und vorraht auff gezehret.Die türme stehn in glutt/die Kirch ist vmbgekehret. Das Rahthaus ligt im graus/die starcken sind zerhawn. Die Jungfrawn sindt geschändt/vnd wo wir hin nur

schawnJst fewer/pest/vnd todt der hertz vndt geist durchfehret. Hier durch die schantz vnd Stadt/rint alzeit frisches blutt. Dreymall sindt schon sechs jahr als vnser ströme fluttVon so viel leichen schwer/sich langsam fortgedrungen.

Doch schweig ich noch von dem was ärger als der todt. Was grimmer den die pest/vndt glutt vndt hungers nothDas nun der Selen schatz/so vielen abgezwungen.

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Formale Auffälligkeiten in „Threnen des Vatterlandes“

Sonett (2 Quartette, zwei Terzette) Alexandriner (6-hebiger

Jambus,Mittelzäsur) Abba, abba, ccd, eed Lyrisches Ich: Ich-Form, beschreibend,

empfindend, nicht wertend Stilmittel: Allegorie, Metaphern,

Correctio, Hyperbel, Klimax, Antithetik,

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Interpretation

1.Quartett: Qualen und Nöte durch den Krieg

(Verpflegungsüberfälle, und Krieg selbst) Heimatverlust durch Zerstörung der Heimat durch Krieg

2.Quartett: Steigerung des ersten (Plünderung,

Brandschatzung), Hilflosigkeit, Trostlosigkeit, Fehlen von Ordnung durch die Institutionen Militär, Kirche, Staat. Unterdrückung,

Zwangskonversion, sonstige Nöte (Pest, Tod, Feuer)

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Interpretation

1.Terzett: Die Bevölkerung hat den Krieg ständig vor Augen. Hinweis auf 30-jährigen Krieg, Einteilung in Kriegsetappen

2.Terzett: Klimax mit inhaltlicher Zäsur, Hauptaussage: Der Krieg ist

nicht so schlimm wie die fehlende Religionsfreiheit

bzw. der Verlust des Glaubens „Cuius regio, eius religio“ Heimatverlust durch fehlenden Glauben.

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Vergleich verschiedener Gedichte aus der Zeit des Barock

Gryphius „Threnen…“: Heimatverlust durch Zerstörung seiner Heimat und Verlust des Glaubens.

v. Greiffenberg „ Auf die… edle Dicht-Kunst“: Sie selbst ist vertrieben und empfindet Freiheit nur in Verbindung mit Glaubensfreiheit, die sie nicht hatte.

Schaitberger „Ich bin ein armer Exulant“: Wird von der katholischen Obrigkeit vertrieben, keine Glaubensfreiheit.

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Hauptmotive

Bitte oder Verlangen nach freier Auslebung der eigenen Religion

Alles was jetzt ist ist unwichtig (eitel) nur das was man im Jenseits hat, darauf kommt es an. (Vanitas in jeder nur erdenklichen Form)

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Catharina Regina von Greiffenberg

Geboren 1633 auf dem niederösterreichischen Schloss Seisenegg

Nach einem mythischen Erlebnis in ihrer Kindheit wollte sie Kaiser Leopold den I zum Protestantismus bekehren. Da sie Lutheranerin war, musste sie auswandern

Gestorben 1694 in Nürnberg

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Catharina Regina von Greiffenberg: Subscriptio zu Nichts als Jesus

LEsch aus/die ganze Welt. Die Tafel der Gedankenrein wird gewischet ab. Nichts bleib/als JEsus Christ.Nichts will ich dulten sonst. Es soll nichts in den schrankender Ungedächtnis seyn/als der/ der Alles ist.Es mag die wiß=begier viel schönes wesen reitzen:mich labt mein JESUS nur/vor tausend-wissenschaft.Die Welt mag/wie nach Geld/nach Kunst und Weißheit

geitzen:ich will und weiß sonst nichts/als seine Creuzeskraft.Der Gall= und Essig=Schwamm lesch’ aus all Eitelkeiten:nur der Gekreuzigte bleib stehn in meinem Sinn.Wie weit/wann sie allein/die Allheit sich ausbreitenund alles wenden kann/das siht man klar hierinn.Die Allheit ich allein will im Gedächtnis haben:so hab ich alls/und sie gekreuzigt noch darzu.

Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen

Jakob Christoffel von Grimmelshausen: AbentheurlicherSimplicissimus Teutsch

Titelbild der Erstausgabe des Simplicissimus

Bilder

"Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch / Das ist: Die Beschreibung deß Lebens eines seltzamen Vaganten / genant Melchior Sternfels von Fuchshaim / wo und welcher gestalt Er nemlich in diese Welt kommen / was er darinn gesehen / gelernet / erfahren und außgestanden / auch warumb er solche wieder freywillig quittirt. Überauß lustig / und männiglich nutzlich zu lesen." (1668)

Biographie

- 1621 oder 1622 in Gelnhausen geboren

- 1676 gestorben in Rechen

Hans Jakob Christoffel von GrimmelshausenHans Jakob Christoffel von Grimmelshausen

Seine WerkeTITEL JAHR

GATTUNG

Der Abentheuerliche Simplicissimus Teutsch 1669 Roman

Trutz Simplex: Oder Ausführliche und wunderseltzame Lebensbeschreibung der Ertzbetrügerin und Landtörtzerin Courasche

1670 Roman

Der seltzame Springinsfeld 1670 Erzählung

Der ewig währende Kalender 1670 Kalender

Das wunderbarliche Vogel-Nest 1672 Erzählungen

Histori vom keuschen Joseph 1667 Roman

Dietwalts und Amelinden anmuthige Lieb und Leidesbeschreibung 1670 Roman

Proximus und Lympida 1672 Roman

Rathskübel Plutonis oder Kunst reich zu werden 1672 Roman

Bedeutung des Simplicissimus

Das Werk enthält autobiografische Züge Die Hauptfigur ist ein soldatischer

Glücksritter in Wirren des Dreißigjährigen Krieges

Entwicklungsroman/ Bildungsroman, „Nosce te ipsum“ (erkenne dich selbst)

Bedeutung des Simplicissimus

Leben und Treiben der Adligen, schlechte Manieren, Titelsucht, Verlogenheit und Lasterhaftigkeiten der Menschen

werden durch Witz und Humor, aber auch tiefem Ernst angeprangert

bedient sich satirischer Gestaltungselemente

in Ich-Form erzählte moralisch-satirische Allegorie des Lebens

Inhalt

- Simplicius Simplicissimus (der einfältigste der Einfältigen )

- wächst im Spessart auf - Überfall auf den Grundbesitz des

Ziehvaters - flüchtet, ein Einsiedler nimmt ihn auf - versucht ihm wesentliche Maxime des

Lebens beizubringen, Gesellschaft kritisch zu betrachten

- nach dem Tod des Einsiedlers zieht Simplicissimus in die Welt hinaus

- wird Soldat, Frauen- und Kriegsheld

Inhalt

- zieht sich in Paris eine Krankheit zu- verliert alles was ihm lieb und teuer ist

( Ehefrau, Freunde, Reichtum)- durchläuft unterschiedliche Phasen voll

Erniedrigung- erlangt Schritt für Schritt Erkenntnis: alles

sei eitel, oberflächlicher Luxus nicht nötig - zieht sich in Einsamkeit zurück

- Aufgrund des großen Erfolges bei den Lesern änderte Grimmelshausen den Schluss ab, lässt Simplicissimus noch weitere Abenteuer bestehen Simplicissimus lebt als Einsiedler auf einer Insel nach Schiffbruch

Leseprobe

Nach einer schlaflosen Nacht voller Angst trifft er auf einen freundlichen Einsiedler, der ihn mit zu sich nach Hause nimmt. Das 8. Kapitel

Wie Simplicius durch hohe Reden seine Vortrefflichkeit zu erkennen gibt Einsiedel: Wie heißest du? Simplicius: Ich heiße Bub. Eins.: Ich sehe wohl, daß du kein Mägdlein bist, wie hat dir aber dein

Vater und Mutter gerufen? Simpl.: Ich habe keinen Vater oder Mutter gehabt. Eins.: Wer hat dir denn das Hemd geben? Simpl.: Ei mein Meuder. Eins.: Wie heißet' dich denn dein Meuder? Simpl.: Sie hat mich Bub geheißen, auch Schelm, ungeschickter Tölpel

und Galgenvogel. Eins.: Wer ist denn deiner Mutter Mann gewesen? Simpl.: Niemand. Eins.: Bei wem hat denn dein Meuder des Nachts geschlafen? Simpl.: Bei meinem Knan. Eins.: Wie hat dich denn dein Knan geheißen?

Leseprobe

Simpl.: Er hat mich auch Bub genennet. Eins.: Wie hieß aber dein Knan? Simpl.: Er heißt Knan. Eins.: Wie hat ihm aber dein Meuder gerufen? Simpl.: Knan, und auch Meister. Eins.: Hat sie ihn niemals anders genennet? Simpl.: Ja, sie hat. Eins.: Wie denn? Simpl.: Rülp, grober Bengel, volle Sau, und noch wohl anders, wenn sie

haderte. Eins.: Du bist wohl ein unwissender Tropf, daß du weder deiner Eltern noch

deinen eignen Namen nicht weißt! Simpl.: Eia, weißt du´s doch auch nicht. Eins.: Kannst du auch beten? Simpl.: Nein, unser Ann und mein Meuder haben als das Bett gemacht. Eins.: Ich frage nicht hiernach, sondern ob du das Vaterunser kannst? Simpl.: Ja ich. Eins.: Nun so sprichs denn.

Friedrich von Logau

auch Salomon von Golaw (* Januar 1605 auf Gut Brockuth, poln. Brochocin bei Nimptsch, poln. Niemcza/Polen; † 24. oder 25. Juli 1655 in Liegnitz, poln. Legnica)

Logau entstammte einem alten schlesischem Adelsgeschlecht und war der Sohn des Gutsbesitzers Georg von Logau und dessen zweiter Ehefrau Anna von Reideburg. Seinen Vater verlor er im Jahr seiner Geburt (1605), seine Mutter verheiratete sich erneut und war 1632 noch am Leben.

Er besuchte vom 13. Oktober 1614 bis zum Sommer 1624 das Gymnasium zu Brieg (poln. Brzeg). Am 6. Juli 1625 immatrikulierte sich Logau an der Universität Altdorf bei Nürnberg und studierte dort zwei Jahre (eine für Adlige durchaus übliche Kurz-Studienzeit).

Mit 28 Jahren übernahm er 1633 das verschuldete und wenig ertragreiche Familiengut, das er jedoch auch in Zeiten der Kriegsnöte behielt, auch dann, als er 1644 in Hofdienste eintrat.

Er heiratete 1631 Magdalena Gruttschreiber von Rosenau und 1643 zum zweiten Mal: Helena von Knobelsdorff.

Am 29. September 1644 wurde Logau von Herzog Ludwig IV. von Schlesien an den Hof in Brieg berufen und folgte dem Herzog 1653 nach Liegnitz. Im Sommer 1654 avancierte er zum Regierungsrat und Hofmarschall.

Friedrich von Logau

Im Juli 1648 wurde Logau im Auftrag von Fürst Ludwig I. von Anhalt-Köthen in die Fruchtbringende Gesellschaft aufgenommen. Als Gesellschaftsname wurde Logau „der Verkleinernde“ zugedacht und als Devise „die geschwollene Milz“. Als Emblem wurde ihm „das Milzkraut Scolopendrium“ (Ceterach officinarum DC) zugedacht. Im Köthener Gesellschaftsbuch findet sich Logaus Eintrag unter der Nr. 510.

Friedrich von Logau

Als Verfasser von mehr als dreitausend Epigrammen und Sinngedichten tadelte er Untugenden, wie Putzsucht, Heuchelei und Habsucht sowie die „Ausländerei“ mit ihrer Sprachverwilderung und Nachäfferei an. Er beklagte den verheerenden Krieg und mahnte seine Landsleute zur Vaterlandsliebe.

Sein Pseudonym „Salomon von Golaw“ wählte Logau nach dem Sittenrichter des alten Testaments (Sprüche Salomos) sowie nach dem Gut Gohlau im Kreis Neumarkt, das als Anagramm des Familiennamens verstanden werden kann.

„Wiederentdeckt“ wurde Logau von Gotthold Ephraim Lessing.

Friedrich von Logau starb in der Nacht vom 24. auf den 25. Juli 1655 im Alter von 50 Jahren in Liegnitz. Er wurde am 22. August in der Fürstlichen Stiftskirche St. Johannis beigesetzt

Friedrich von Logau: Auf die alamodische Morinnam

Nach der mode Reden führenNach der mode Glieder rührenNach der mode Speise nehmenNach der mode Kleider bremenNach der mode Zucht verübenNach der mode Menschen liebenNach der mode Gott verehrenWill Morinna alle lehre.Ob sie, möchte ich gerne wissen,Nach der mode pflegt zu pissen?

Friedrich von Logau

Gesundheit ist der beste Schmuck, den wirft man über Haufen

Durch Geilheit, Mutwill, Müßiggang, durch Fressen und durch Saufen

Und meint, es sei dann wettgemacht durch schöner Kleider kaufen.

Benjamin Neukirch: An Sylvien

Was fluchst du/ Sylvia/ wenn meine schwartze handUm deinen busen spielet?

Sie war so weiß als du/ eh' sie der liebe brand/Und deine macht gefühlet.

Flöstu das feuer nun in meine glieder ein/So kan ja meine hand nicht schnee und marmel seyn.Du sprichst: Sie hat hier nichts zu suchen und zu thun.

Gar recht; Es soll auch bleiben.Sie suchet nichts als dich/ sie wünschet bloß zu ruhn

Und ihren schertz zu treiben.Was ursach hast du dann, daß du dich so beklagst?Da du doch diese gunst den flöhen nicht versagst.

Paul Gerhardt: Die güldne Sonne (Strophe 1 und 12)Die güldne Sonne / voll Freud und Wonne /

bringt unsern Grenzen / mit ihrem Glänzen / ein herzerquickendes liebliches Licht. // Mein Haupt und Glieder, / die lagen darnieder; / aber nun steh’ ich, / bin munter und fröhlich, / schaue den Himmel mit meinem Gesicht.

Kreuz und Elende, / das nimmt ein Ende; / nach Meeresbrausen / und Windessausen / leuchtet der Sonnen gewünschtes Gesicht. // Freude die Fülle / und selige Stille / wird mich erwarten / im himmlischen Garten; / dahin sind meine Gedanken gericht’.

Paul Fleming: An sich

Sei dennoch unverzagt! Gib dennoch unverloren!Weich keinem Glücke nicht, steh höher als der Neid,Vergnüge dich an dir, und acht es für kein Leid,Hat sich gleich wider dich Glück, Ort und Zeit verschworen.

Was dich betrübt und labt, halt alles für erkoren,Nimm dein Verhängnis an, lass alles unbereut.Tu, was gethan sein muss, und eh man dirs gebeut.Was du noch hoffen kannst das wird noch stets geboren.

Was klagt, was lobt man doch? Sein Unglück und sein GlückeIst ihm ein jeder selbst. Schau alle Sachen an:Dies alles ist in dir. Lass deinen eitlen Wahn,

Und eh du förder gehst, so geh in dich zurücke.Wer sein selbst Meister ist, und sich beherrschen kann,Dem ist die weite Welt und alles unterthan.

Entstehung und Anlass

1680: 1. Druck der Sophonisbe Entstehung vermutlich früher Bezugnahme auf die Ehe und

Hochzeit Kaiser Leopolds I. mit der spanischen Infantin Margareta Theresa am 2. April 1666

Aufführungspraxis

Aufführung durch ein Breslauer Schultheater („Schul-Actus“)

patrizisch-protestantisches Gelehrtenpublikum

Historischer Hintergrund 2. punischer Krieg im 2 Jahrhundert v. Chr. Sophonibe = Tochter des karthagischen

Feldherrn Hasdrubal, Verheiratet mit Syphax Syphax = westnumidischen König, mit

Karthago gegen Rom verbündet 203 v. Chr. Sieg Massinissas über Syphax,

Gefangennahme Sophonisbes Forderung Scipios, römischer Feldherr, nach

Gefangennahme Sophonisbe Selbstmord Sophonisbes durch Gift

Massinissas

Quellen

Titus Livius (59 v. Chr. – 17 n. Chr.): Römische Geschichte, Buch 29

Appian von Alexandria (2. Jhd. n. Chr.): Rhomaika

Literarische Bearbeitungen Insgesamt über 30 literarische Bearbeitungen

des Stoffes Erstmalige Umsetzung im 5. Buch von

Petrarcas Africa (1341) Im 15. Jahrhundert Versionen von Castellino,

Carretto und Trissino Zahlreiche französische Bearbeitungen im 17

Jahrhundert Ab dem 17. Jahrhundert: Verwendung des

Motivs auch in Deutschland

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