View
216
Download
0
Category
Preview:
Citation preview
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 0+
BACHELORARBEIT
Keith Johnstones Statuslehre und ihr Potential für den Unterricht in der Schule.
Verfasserin
Silvia Hagler
in den Fächern
Humanwissenschaften Fachwissenschaften
angestrebter akademischer Grad
Bachelor of Education (BEd)
Betreuer/in 1: Dr. Markus Vorauer
Betreuer/in 2: Maximilian Egger, MA
Studienkennzahl: e121333594
Studienrichtung: BachStud LA Neue Mittelschulen;
Deutsch; Technisches und textiles Werken
Matrikelnummer: 1287342
Linz, am 24. Juni 2015
++
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 1+
Eidesstattliche Erklärung
„Ich%erkläre,%dass%ich%die%vorliegende%Bachelorarbeit%selbst%verfasst%habe%und%dass%ich%
dazu%keine%anderen%als%die%angeführten%Behelfe%verwendet%habe.%Ich%bin%darüber%
informiert,%dass%seitens%der%Pädagogischen%Hochschule%Plagiats@Prüfungen%durchgeführt%
werden.%Außerdem%habe%ich%die%Reinschrift%der%Bachelorarbeit%einer%Korrektur%
unterzogen%und%ein%Belegexemplar%verwahrt.“%
%
Linz,%am%24.%Juni%2015,%%%%%%%………………………………………%
% Unterschrift% %
++
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 2+
Abstract
Obwohl viele Lehrkräfte intensiv um gelingende Beziehungen zu ihren
Schülerinnen und Schülern bemüht sind, gestaltet sich der Aufbau ebendieser in
Verbindung mit der Vermittlung von Lehrinhalten zunehmend schwieriger.
Da die Jugendlichen den früher geltenden gesellschaftlichen Hochstatus von
Lehrkräften nicht mehr akzeptieren, stellt sich die Frage, wie Lehrerinnen und
Lehrer im gegenwärtigen, hochkomplexen Berufsalltag einerseits vertrauensvolle
Beziehungen zu den Schülerinnen und Schülern aufbauen und trotzdem das
Unterrichtsgeschehen professionell leiten können.
Diese Arbeit versucht einen neuen Weg hinsichtlich dieser Fragestellung zu finden
und beschäftigt sich daher intensiv mit Keith Johnstone, dem Begründer des
Theatersports, der in seinem Buch „Improvisation und Theater“ beschreibt, wie wir
mittels verbaler und nonverbaler Signale permanent unseren Status an unserem
Gegenüber ausrichtend zu scheinbar instinktiven Reaktionen gezwungen werden,
aus denen wir uns allerdings befreien können, um folglich Kommunikation bewusst
zu steuern.
Maike Plath, Expertin für Status im Unterricht, zeigt, wie die Regeln der
Statuslehre auf Unterricht und Schule zu übertragen sind und damit einhergehend
eine neue Kultur des Unterrichtens etabliert werden kann: die Kommunikation der
Begegnung.
++
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 3+
Abstract
Despite the fact that many teachers are intensely trying to build and maintain
successful relationships with their students and pupils, keeping up and
establishing a stable rapport and at the same time conveying learning content
seems increasingly challenging.
As adolescents do not accept teachers’ high status in society any more, the
question arises, how teachers can on the one hand establish trust-based
relationships with students and at the other hand guide and teach classes
professionally. This is specifically relevant against the background of the current
highly complex daily working life situation.
This paper suggests a new way of answering this question and consequently
intensely deals with Keith Johnstone, the founder of theatre sports. In his book
‘Impro – Improvisation and the Theatre’ he describes how we are forced into
instinctive reactions via verbal and non-verbal signals, permanently adjusting our
status to our counterparts. However, we can free ourselves and thus consciously
regulate communication.
Maike Plath, expert on ‘status’ in the classroom, shows how rules from
‘Statuslehre’ (status teachings) can be implemented in schools and teaching.
Hence, a new culture of teaching can be created: ‘The Communication of
Encounter’.
++
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 4+
Inhaltsverzeichnis
+Was beabsichtige ich mit dieser Arbeit? ...................................................................... 1 Forschungsfrage .......................................................................................................... 2 Einleitung ..................................................................................................................... 3 1 Keith Johnstone ..................................................................................................... 5
1.1 Biographie ....................................................................................................... 5 1.2 Johnstones Statuslehre ................................................................................. 15
1.2.1 Definition .................................................................................................. 16 1.2.2 Die Statuslehre und ihre Regeln .............................................................. 19
2 Maike Plath .......................................................................................................... 40 2.1 Ihr Weg .......................................................................................................... 40 2.2 Status im Unterricht ....................................................................................... 43
2.2.1 Die Wippe im Unterricht ............................................................................. 43 2.2.2 Lehrer-Statustypologie ............................................................................... 49 2.2.3 Statuskomfortzone ..................................................................................... 52 2.2.4 Statusexperte ............................................................................................. 54 2.2.5 Status und das Klassenzimmer .................................................................. 60
2.3 Status lehren .................................................................................................... 63 2.3.1 Statusseminare .......................................................................................... 63 2.3.2 Feedback .................................................................................................... 65
3 Die Statuslehre im Deutschunterricht ................................................................... 66 3.1 Missbräuchliche Anwendung ......................................................................... 66 3.2 Statusübung mit Spielfeld .............................................................................. 68 3.3 Statusübungen ohne Spielfeld ....................................................................... 71 3.4 Lehrplanbezug ............................................................................................... 77
4 Ausblick ................................................................................................................ 80 4.1 Teamteaching ................................................................................................ 80 4.2 Resümee ....................................................................................................... 84
5 Literaturverzeichnis .............................................................................................. 85 6 Abbildungsverzeichnis ......................................................................................... 87 7 Tabellenverzeichnis ............................................................................................. 87 8 Anhang ................................................................................................................. 87 +++++++++++++++
++
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ 1+
Was beabsichtige ich mit dieser Arbeit?
Die Gesellschaft fordert Veränderungen im Schulsystem, die Politik kürzt
beständig die Ausgaben für Bildung, die Medien übertreffen sich gegenseitig im
Lehrer-Bashing. Scheinbar wissen alle, worum und wie es geht. Nur die Gruppe
der Lehrkräfte wird kaum zu Rate gezogen.
Die vorliegende Arbeit soll allerdings nicht die aktuelle Bildungsdebatte mit ihren
Kern- und Randthemen erörtern, vielmehr habe ich nach einem Konzept gesucht,
welches die heutige Lehrkraft im Schulalltag in der Kommunikation mit den
Schülerinnen und Schülern unterstützt und ihr dadurch zu Beziehungen, deren
Basis Kooperation ist, verhilft. Denn letztlich, so konnte auch John Hattie (2015)1
in seiner aktuellen Studie nachweisen, ist erfolgreicher Unterricht nicht so sehr
abhängig von der Größe der Schülerzahl, auch nicht, ob Schülerinnen und Schüler
eine Reformschule besuchen oder nicht, wohl aber von der Lehrkraft, die nach wie
vor die zentrale Figur des Unterrichts ist. Erfolgreicher Unterricht steht und fällt mit
den Lehrerinnen und Lehrern.
Viele Lehrkräfte fühlen sich aufgrund unzähliger neuer Aufgabenfelder auf
verlorenem Posten. Dazu gehören unter anderem wesentliche erzieherische und
psychologische Aufgaben zu leisten, jedes einzelne Kind individuell zu fördern und
viele Kinder und Jugendliche mit größeren Verhaltensauffälligkeiten als noch vor
einigen Jahrzehnten zu unterrichten.
Burn-out ist kein Modewort im Leben vieler Lehrerinnen und Lehrer, sondern
bittere Realität.
Diese Arbeit soll einen konstruktiven Beitrag für Lehrerinnen und Lehrer in der
Kommunikation mit Schülerinnen und Schülern darstellen und in weiterer Folge
den Aufbau gelingender Beziehungen zu diesen unterstützen, um letztendlich
fernab von Sparprogrammen und politischen Machterhaltungskämpfen innerhalb
eines undurchsichtigen Proporzsystems den „Pessimismus-Modus“ zu
durchbrechen und weiterführend die Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern
wieder als bereichernd empfinden zu können.
++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++1 Hattie hat in 15-jähriger Forschungsarbeit Untersuchungen von mehr als 80 Millionen Menschen zusammengetragen, ausgewertet und basierend auf diesen Ergebnissen 138 Einflussfaktoren für den schulischen Lernerfolg bestimmt. Die Studie wurde 2009 unter dem Titel „Visible Learning“ veröffentlicht.
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 2+
Forschungsfrage
Kann die nach Keith Johnstone entwickelte Statuslehre Lehrerinnen und Lehrer in
der Kommunikation mit Schülerinnen und Schülern befähigen, gelingende
Beziehungen zu diesen aufzubauen?
Ist dies auch Lehrerinnen und Lehrern möglich, die bisher noch keine
Theatererfahrungen gemacht haben?
Wenn dieses Konzept der Statuslehre die kommunikativen Fähigkeiten von
Lehrerinnen und Lehrern in großem Maß erweitern würde, inwieweit wäre dieses
Konzept, außer im Sinne einer guten Beziehung zwischen Lehrkraft und
Lernendem, für die Schülerinnen und Schüler im Deutschunterricht profitabel?
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 3+
Einleitung
„Die Bühne ist ein Ort äußerster verbaler Präsenz
und äußerster körperlich-realer Präsenz.“
(Beckett in einem Brief an Keith Johnstone)
(Johnstone, 1998, S. 33)
Beckett sprach in seinem Schreiben natürlich von der Theaterbühne, das
Klassenzimmer als Bühne des Lehrers ist dieser aber nicht unähnlich:
Sie ist der Raum, wo Lehrkräfte in Erscheinung treten, unter Beobachtung stehen,
verbal mehr oder weniger wahrgenommen werden und sich körperlich nicht
verstecken können. Alles ist vorhanden: Requisiten, Bühnenbild, Publikum. Nur
eines fällt bei näherer Betrachtung ins Auge: Das Publikum ist nicht freiwillig in der
Vorstellung und muss dieser auch bei Nichtgefallen beiwohnen. Applaus für
gelungene Aufführungen gibt es nicht, wohl aber bösartige Einfälle, wie die fünfzig
Minuten etwas vergnüglicher gestaltet werden können.
Warum einige Lehrkräfte absolute Disziplin und Respekt erhalten, einige wenige
wirkliche Sympathie gekoppelt mit Lernmotivation ernten und viele Tag für Tag
scheitern, soll im ersten Kapitel beleuchtet werden. Hierfür richten wir unseren
Blick auf Keith Johnstone, der nicht nur am Theater arbeitete, sondern zuvor auch
Erfahrungen als Lehrer gesammelt hatte und im Laufe seiner Karriere seine in
Theaterkreisen weithin bekannte Statuslehre entwickelte.
Schauspielstudentinnen und Schauspielstudenten lernen während ihrer
Ausbildung, wie Status sowohl verbal als auch körperlich signalisiert und
ausgedrückt und in Folge dessen das Verhalten des Gegenübers beeinflusst wird.
Lehrerinnen und Lehrer erhalten dieses Wissen nicht.
Vor einigen Jahrzehnten wurde der von der Gesellschaft breit akzeptierte
Hochstatus der Lehrkraft nicht in Frage gestellt, heute werden starke
Veränderungen in der Gesellschaft vor allem in Hinblick auf tradierte Rollenbilder
sichtbar. Dadurch wird es für Lehrkräfte zunehmends schwieriger, tatsächliche
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 4+
Unterrichtsarbeit zu leisten. Es ist die Frage zu stellen, ob und inwieweit Keith
Johnstones Statuslehre Bedeutung für angehende Lehrerinnen und Lehrer haben
könnte.
Das zweite Kapitel widmet sich der Erkundung bezüglich der Auswirkungen der
Konzeption von Johnstone. Gibt es bereits Umsetzungen, die uns auf der Suche
nach einem neuen Konzept für Lehrerinnen und Lehrer von gelungenen
Erfahrungen berichten können?
Maike Plath wird uns auf diesem Weg begegnen und mit ihr die schwierige
Situation an einer Schule in Berlin/Neukölln. Ihr Wille, nicht nur den schulischen
Alltag zu „überleben“, sondern konstruktiv mit den Schülerinnen und Schülern zu
arbeiten, lässt sie ihre alten Systeme über Bord werfen und Ausschau halten nach
Neuem: der Statuslehre von Johnstone, von ihr übertragen auf die Situation von
Lehrerinnen und Lehrern. Ihre Erfahrungen und Einsichten sollen dem bis dato
noch unerforschten Raum Rechnung tragen. Dabei zeigt sie auch auf, wie sich
durch die Anwendung der Statuslehre die Beziehungsebene zwischen Lehrkräften
und Lernenden verbessern kann.
Die Vermittlung von Johnstones Statuslehre im Deutschunterricht wird in Kapitel
drei erläutert, wobei neben dem möglichen missbräuchlichen Umgang auch auf
die vielen positiven Einsatzmöglichkeiten hingewiesen wird. Aufbauend auf vier
Schulstufen wird gezeigt, wie vielfältig und kreativ sich unzählige Lehrplaninhalte
mittels der Statuslehre umsetzen lassen.
Der Schluss wird von einem persönlichen Resümee gekennzeichnet sein, welches
rückblickend zusammenfasst, Erkenntnisse sowie Erfahrungen einfließen lässt
und vorausschauend auf die neue Bühne des Lehrers blickt: Teamteaching. Ein
neues Kapitel des heutigen Lehrers, das letzte dieser Arbeit.
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 5+
1 Keith Johnstone
+„Ich haue die Knoten durch.“
(Johnstone, 1998, S. 42)
Betrachtet man Ereignisse aus Keith Johnstones Leben und seine Reaktionen
darauf, so erscheint seine Konzeption der Statuslehre als natürliche Folge. In
Keith Johnstone begegnet uns ein Mensch, der seine Erziehung und die Rolle
seiner Lehrer darin kritisch hinterfragt, ein Mensch auf der Suche nach seiner
verloren gegangenen Phantasie und dem Erforschen von Spontanität und echter
Autorität. Johnstone befreite sich selbst, indem er andere befreite (vgl. Wardle in
Johnstone, 1998, S. 8).
1.1 Biographie
„I was a misfit.“
(Johnstone, 1979, zit. n. Dudeck, 2013, p. 512)
Daten
Donald Keith Johnstone wird am 21. Februar 1933 in Brixham, einer kleinen
Fischerstadt im Südwesten von England, geboren. Die Johnstones gehören zur
unteren Mittelklasse. Sein Vater, Richard Donald Johnstone, ist Pharmazeut und
Sohn eines Regimentsfeldwebels, seine Mutter Linda Georgina Carter kümmert
sich um die Kinder und den Haushalt (vgl. Dudeck, 2013, p. 538).
Schulzeit
Im Vorschulalter, Keith besucht die Miss Veyey´s School, bringt er sich selbst das
Lesen bei, um die Comics „The Dandy“ lesen zu können (vgl. Dudeck, 2013, p.
555). Als Keith aufgrund des Zweiten Weltkrieges zu seinen Großeltern nach
Glastonbury gebracht wird, besucht er dort die St. John´s Church School, einen
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 6+
Ort des Horrors, wo Kinder verprügelt werden. Keith erinnert sich auch daran, wie
ein Junge, nachdem dieser ein Comicbuch gelesen hatte, nach draußen gebracht
wurde. Keith denkt: „That´s how I learned to read. There´s something wrong here“
(Dudeck, 2013, p. 580).
Im Alter von 9 Jahren entwickelt er eine sehr spezielle Methode die Welt zu
betrachten: „[...] niemals etwas zu glauben, nur weil es bequem war. Ich begann,
jede Behauptung umzukehren, um zu sehen, ob auch das Gegenteil wahr war“
(Johnstone, 1998, S. 16).
Diese Art des Denkens behält sich Johnstone auch später beim Unterrichten
sowohl in der Schule als auch im Theater bei (vgl. Johnstone, 1998, S. 16).
Bis zum Alter von 11 Jahren scheint Keith außerordentlich intelligent zu sein, dies
zeigt sich unter anderem auch in den unzähligen Preisen, die er bis dahin
gewonnen hat (vgl. Johnstone, 1998, S. 29).
Alle Schülerinnen und Schüler mussten nach der Grundschule, um zu sehen,
welche Schule die geeignetste für sie war, die 11+ Prüfung, (basierend auf einem
IQ-Test) absolvieren. Keith gelingt nicht nur dies mit Auszeichnung, sondern er
besteht auch einen von der Grammar School Totnes ausgehenden zweiten Test
mit Bravour. Er wird dort in den A-Zug zu den sogenannten „future scholar“
aufgenommen. Aber bereits am Ende des ersten Schuljahres, Keith weiß nicht,
was mit ihm passiert ist, fallen seine Leistungen ab und er kann sich gerade noch
im B-Zug halten (vgl. Dudeck, 2013, p. 593). Sein Direktor bezeichnet Keith als
„Teil des Bodensatzes“ (vgl. Johnstone, 1998, S. 29).
Keith wird zunehmend gehemmter. Er entwickelt einige schwere Sprachfehler,
derentwegen er auch in Behandlung kommt. Seine Lehrer scheinen sich für die
immer stärker auftretenden Beschwerden nicht zu interessieren, nur ob jemand
ein „Gewinner“ ist oder eben nicht. Dabei leidet Keith unter seiner zunehmend
gehemmten Atmung, seiner schlechten Stimme, seiner inkorrekten Körperhaltung
und seiner nicht mehr funktionierenden Phantasie (vgl. Johnstone, 1998, S. 19).
Keith schreibt über sich: „[...] ich begann zu erkennen, dass ich verkrüppelt war im
Gebrauch meiner selbst“ (Johnstone, 1998, S. 19). Aber er gab nicht auf und
kämpfte gegen seine Erziehung an. Wo die Interessen von Schule und
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 7+
Persönlichkeit sich am meisten deckten, sieht Keith rückblickend den größten
angerichteten Schaden. Als Beispiel erwähnt er das Schreiben und seine
Versuche, alles aufs Neue zu überarbeiten. Er will es richtig machen. Doch je
mehr er dieses Ziel anstrebt, umso frustrierter und unproduktiver wird er, bis er
sich weigert, überhaupt noch etwas zu versuchen, aus Angst zu versagen. Mit
dem Wunsch, es richtig zu tun, untergräbt er jede Inspiration (vgl. Johnstone,
1998, S. 21).
Auch im bildnerischen Bereich blockiert ihn zusätzliches Wissen. Wissen über
Perspektive, Ausgewogenheit und Komposition eines Bildes bringt ihn nicht weiter.
Im Gegenteil, er fühlt sich durch diese Informationen aufgefordert, seine Bilder
noch einmal zu entwerfen (vgl. Johnstone, 1998, S. 15), „damit ich das sah, was
da sein sollte, und das ist natürlich dem, was da ist, weit unterlegen“ (Johnstone,
1998, S. 15).
Keith reflektiert seine Bildungskarriere: Obwohl der Staat sehr viel Geld in seine
Erziehung investiert hat, verschlechtert sich seine physische wie auch psychische
Konstitution zunehmends (vgl. Johnstone, 1998, S. 19f.).
„[...] ich glaubte, das Abstumpfen der Wahrnehmung sei eine unvermeidliche
Folge des Älterwerdens – so wie das Sehvermögen auch immer schwächer wird“
(Johnstone, 1998, S. 13).
Nur manchmal gewinnt er noch den einen oder anderen Preis. Der Direktor von
Totnes, der zu Beginn große Erwartungen in Keith gesetzt hat und ihm nun seine
jahrelange Position als Klassenletzter nicht verzeiht, begleitet diese
Auszeichnungen mit den Worten: „Johnstone nimmt diesen Preis den Jungen
weg, die ihn verdienen“ (Johnstone, 1998, S. 29).
Im Alter von 18 Jahren erlebt Johnstone die emotionale Kraft eines Buches. Er
beginnt, da es ihn so sehr berührt, zu weinen. Über den tiefen Eindruck von
Literatur war er überrascht, hat er dies bis dato noch nie erlebt und in selbigem
Moment wird ihm bewusst, dass dies das Ergebnis seiner Erziehung war: nicht zu
reagieren (vgl. Johnstone, 1998, S. 20).
Johnstone konstituiert: „Die Stumpfheit war nicht eine unvermeidliche Folge des
Älterwerdens, sondern die Folge der Erziehung“ (Johnstone, 1998, S. 15).
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 8+
Studium
Im Alter von 18 Jahren, im Jahr 1951, beginnt Keith, nachdem er die
Aufnahmeprüfung für die Hauptuniversität in Englisch nicht geschafft hat, eine 2-
jährige Lehrerausbildung am St. Luke´s College in Exeter (vgl. Dudeck, 2013, p.
621).
Johnstone schreibt: „Weil ich mich verkrüppelt fühlte und >lebensuntauglich<,
beschloß ich, Lehrer zu werden“ (Johnstone, 1998, S. 22).
Einerseits braucht er Zeit, um zu reflektieren und andererseits hofft er in Bezug auf
die Ausbildung zum Lehrer, die Genesung seines untergrabenen
Selbstwertgefühls sowie Verbesserungen hinsichtlich seiner körperlichen Defizite
zu erfahren.
Allerdings war die Lehrerausbildung daraufhin nicht ausgerichtet.
Nichtsdestotrotz öffnet sich für Johnstone in seinem Studium eine Tür. Ein einziger
Pädagoge wird für ihn zum Vorbild für all seine weiteren Entdeckungen und
Entwicklungen. Der Kunsterzieher Anthony Stirling zieht ihn in seinen Bann (vgl.
Johnstone, 1998, S. 22f.). „Es war nicht so sehr das, was er lehrte, sondern das,
was er tat“, schildert Johnstone seine Erfahrungen (Johnstone, 1998, S. 23).
Stirlings erste Unterrichtsstunde ist für Johnstone unvergesslich. Auf mehreren
Seiten seines Buches „Improvisation und Theater“ schildert er, wie Stirlings erste
Aufgabe, die Spuren eines Fahrrad fahrenden Clowns zu malen, ihn verwirrt.
Johnstone will es richtig machen, aber er scheitert an den Reifenspuren. Stirling
fordert die Studenten auf, den Clown auch Kunststücke ausführen zu lassen,
obwohl der Clown weiterhin nur durch die Reifenspuren sichtbar wird. Danach will
Stirling, dass seine Studierenden die entstandenen Formen mit Farben ausmalen.
Keith möchte wissen, welche Stirling wünscht. Aber der Pädagoge antwortet, er
solle irgendwelche nehmen, schöne, scheußliche Farben, was er wolle. Später
verlangt der Pädagoge, Muster auf die Farbflächen zu malen. Keith will wiederum
genauere Vorgaben, denn wie solle er diese Aufgabe im besten Sinne erfüllen,
wenn er nicht genau wisse, wie der Lehrer es haben wolle. Stirling verweigert
nähere Angaben, er weist die Studenten an, eigene Entscheidungen zu treffen.
Nachdem die Gruppe auf die schwarz-durchweichten Blätter gesehen hat, holt
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 9+
Stirling gemalte Bilder zu diesem Thema hervor. Johnstone staunt über die
Schönheit jener Blätter, aber er staunt noch mehr, als er die krakeligen Schriften
darunter erkennt und feststellt, dass Kinder die Künstler dieser Bilder waren.
Johnstone ist überzeugt, seine Erziehung ist Ursache seiner fehlgeschlagenen
Entwicklung.
Umso mehr ist er nun bereit, alles von Stirling zu lernen. Stirling vertritt die
Ansicht, dass Kunst einem Kind nicht aufgedrängt werden könne, da die Kunst
bereits im Kind sei. Dadurch sei die Lehrkraft dem Kind nicht überlegen und solle
keine Urteile wie zum Beispiel „Das ist schlecht! Das ist gelungen!“, abgeben.
Weiters erörtert Stirling seine Ansichten darüber, dass ein Kind niemals die
Erfahrung des Scheiterns machen solle - darin würde die Begabung einer
Lehrkraft liegen, Wissen so darzubieten, dass Schüler erfolgreich sein müssen. In
weiterer Folge legt Stirling Keith das Tao-te-king ans Herz (vgl. Johnstone, 1998,
S 23ff.).
„Ich pflege das Nicht-Tun,/ und die Menschen wandeln sich von selbst;/ ich gebe
der Stille den Vorzug,/ und die Menschen kommen von selbst in Ordnung; [...]“
(Laotse, 1990, zit. n. Johnstone, 1998, S. 26).
Die Suche nach Spontanität wird zu Keith Johnstones Leitmotiv (vgl. Johnstone,
1998, S. 16).
Lehrer
Keith schafft die Abschlussprüfung seiner 2-jährigen Lehrerausbildung im Fach
Wirtschaft nicht. Der für Keith verantwortliche Lehrer will jedoch unbedingt, dass
Keith als Lehrer arbeiten kann, da dieser vom Direktor jener Grundschule, wo
Keith sein dreiwöchiges Praktikum absolviert hat, eine exzellente Evaluierung
erhalten hat. Daher darf Keith seine letzte Prüfung anstatt im Fach Wirtschaft nun
in Englisch absolvieren (vgl. Dudeck, 2013, p. 651).
1953 geht Keith nach Battersea, einem Arbeiterstadtteil, den viele meiden. Seine
neuen Kolleginnen und Kollegen warnen ihn, jemandem mitzuteilen, er sei Lehrer.
Damals in den 1950ern wird Bildung der Mittelschicht zugeordnet und das
Verhältnis der Arbeiterklasse zu Schule wird als etwas gewaltsam
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 10+
Aufgezwungenes empfunden. Sein Kollegium unterrichtet sehr autoritär, sie
bezeichnen die Kinder als „schlechtes Material“. Dass ein schöpferisches Kind
schwieriger zu beaufsichtigen sei als ein unterdrücktes, war Keith verständlich,
aber deswegen ein Kind nicht zu mögen, kam ihm nicht in den Sinn.
Keith sieht sich damals einer Klasse gegenüber, deren Größe bei weitem unsere
heutigen gesetzlichen Vorgaben übersteigt. Er bekommt die Klasse, die keiner
will. 26 „durchschnittlich begabte“ Achtjährige und 20 „zurückgebliebene“
Zehnjährige, die das Schulsystem bereits als nicht erziehbar abgestempelt hat.
Johnstone akzeptiert die negative Bewertung seiner Kollegenschaft nicht, vielmehr
glaubt er, es sei Widerstand, den diese Kinder leisten, denn er sieht rückblickend
in der Reflexion über den dramatischen Rückgang seiner eigenen Leistungen die
Ursache dafür begründet. Nur in Ausnahmefällen - wenn er in Totnes einen Lehrer
gern gehabt hat - hat er sich angestrengt und wieder einen Preis gewonnen. Die
restliche Zeit hat er sich widersetzt.
Keith kann so gut mit diesen Kindern mitfühlen, da er weiß, wie es gewesen ist,
abgestempelt zu werden. Als „Teil des Bodensatzes“ ist Johnstone damals mit
Jugendlichen befreundet gewesen, die ebenso wie er als Versager bezeichnet
worden sind; seine Freunde als „nutzlos“ oder „nicht erziehbar“ abzuschreiben, ist
ihm nicht in den Sinn gekommen.
Keith darf Recht behalten, denn sobald er den Kindern seiner Klasse Aufgaben
überträgt, die nichts mit Lernen im herkömmlichen Sinn zu tun haben, erstrahlen
die Gesichter jener Kinder, die kurz davor noch stumpfsinnig und eingeschüchtert
gewirkt haben (vgl. Johnstone, 1998, S. 28).
Johnstone (ebd., S. 28) schreibt hierzu: „Wenn sie das Aquarium säuberten,
sahen sie großartig aus. Wenn sie einen Satz schrieben, sahen sie betäubt und
besiegt aus.“
Für Keith ist es wichtig, kein langweiliger Lehrer zu sein. Daher versucht er alles,
um Bewegung in die ganze Angelegenheit zu bringen. Das ist einerseits
aufregend für die Kinder, andererseits der Disziplin nicht zuträglich. Keith weiß,
will er diese Situation in den Griff bekommen, kann er entweder autoritär
unterrichten oder er muss eine ganz andere Beziehung zu den Kindern aufbauen,
„denn erst dann konnte ich hoffen, ihre Kreativität zu befreien, die immer dann
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 11+
offenbar wurde, wenn sie glaubten, sie würden jetzt nicht >erzogen<“ (Johnstone,
1998, S. 30).
Johnstone begreift schon damals, was erst in den letzten Jahren wissenschaftlich
nachgewiesen werden konnte, nämlich die Bedeutung sozialer Anerkennung und
persönlicher Wertschätzung, wodurch das Gehirn die seelischen Empfindungen in
biologische Signale umwandelt. Es hat sich gezeigt, dass Isolation und soziale
Ausgrenzung die menschlichen Motivationssysteme inaktiviert, umgekehrt regt
alleine die Aussicht auf Anerkennung und Wertschätzung diese Systeme an (vgl.
Bauer, 2008, S21f.).
„Um Bedeutsamkeit zu erleben, Motivation aufzubauen und die dazu notwendigen
neurobiologischen Prozesse in Gang zu bringen, brauchen Kinder gute,
verbindliche Beziehungen“ (Bauer 2008, S 22).
Keith arbeitet mit den Kindern nach Stirlings Methode des „Nicht-Einmischens“. Er
überlegt sich für jeden Gegenstand prozessorientierte Aufgaben und ermutigt die
Kinder spielerisch die Dinge selbst zu lösen (vgl. Johnstone, 1998, S. 33).
Am 21. Februar 1954 wird Johnstones Kurzgeschichte „The Monastery“ auf BBC`s
Third Programme, einem führenden Kulturrradiosender, gelesen (vgl. Dudeck,
2013, p. 654).
Er beendet seine Lehrertätigkeit nach nur drei Jahren und strebt Ende 1954 eine
Karriere als Maler an. Bis dahin hat Keith kein gutes Verhältnis zum Theater. Das
ändert sich schlagartig, als seine Freunde ihn zu einer Aufführung von Becketts
„Warten auf Godot“ mitnehmen.
Erste Theatererfahrungen
„Waiting for Godot connected to Keith on another level, too. He had been waiting
for 11 years, half of his life, to outgrow his awkwardness and to figure out what he
was waiting for. [...] Moreover, he was part of a generation who grew up during
World War II but never fought; a generation who were promised (but didn´t get) a
future with no slums, no social problems [...]“ (Dudeck, 2013, p. 699).
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 12+
1956 kann Johnstone für das Royal Court Theatre (RCT) ein Stück schreiben.
Durch glückliche Umstände wird damals auf einen noch unbekannten Autor
gesetzt: Keith Johnstone.
Auch am Theater vertritt Johnstone Stirlings Methode des Nicht-Einmischens.
Viele Menschen meinten, Johnstone wäre ein schweigsamer Mensch, aber sie
verstanden nicht, dass er der Überzeugung war, ein Regisseur dürfe einem
Schauspieler niemals etwas zeigen, da dieser seine eigenen Entdeckungen
machen müsse und letztendlich solle der Schauspieler glauben, er habe die ganze
Arbeit geleistet.
Johnstone hält auch nichts von Gängen und Positionen auf der Bühne, er erklärt,
dass Hamlet auf russisch bestimmt so beachtenswert sein könne wie in Englisch.
Daraus folgert er, dass die Bedeutung von Worten zu hinterfragen sei. Genauso
denkt er auch über das Bühnenbild. Er ordnet dessen Bedeutung nicht höher als
Geräte im Zirkus ein.
Johnstone avanciert zum besten Stückeleser des RCT. Dabei hat Johnstone mit
großen Schwierigkeiten bei der Auswahl gerechnet, aber dem ist nicht so
gewesen. Johnstone erkennt, dass er 99 von 100 eingereichten Stücken als
Pseudo-Pinter, nachgeahmten Osborne oder gefälschten Beckett klassifizieren
kann. Die Stücke sind laut Johnstone unaufführbar. Die Ursache findet er aber
nicht in fehlendem Talent, sondern er ortet sie in falscher Erziehung, denn die
Autoren der Pseudo-Stücke meinten, die Basis für ihr Geschriebenes sei von
anderen Geschriebenes und nicht das Leben selbst.
Erste Regieerfahrungen
Da es auch Stücke gibt, die Johnstone als aufführenswert erachtet, niemand diese
aber inszenieren will, erhält er von seinem Vorgesetzten die Möglichkeit diese
Stücke selbst zu inszenieren (vgl. Johnstone, 1998, S. 34ff.).
Nun fühlt er sich verpflichtet dieses Handwerk zu lernen, aber schon wie damals in
Totnes, ergeht es ihm auch diesmal: „[...] aber je besser ich verstand, wie man es
machen sollte, desto langweiliger wurden meine Inszenierungen. Damals galt, was
heute gilt: Bin ich inspiriert, geht alles gut, doch versuche ich, es richtig zu
machen, gibt es ein Desaster“ (Johnstone, 1998, S. 36).
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 13+
Die Autorengruppe
Da das RCT zu dem damaligen Zeitpunkt ein Theater der Autoren sein will, diese
aber kaum Mitbestimmungsrecht haben, wird eine Autorengruppe einberufen.
Hierzu wird Johnstone befragt, wie er diese Gruppe leiten würde. Er äußert seine
Bedenken über die viel zu langen Diskussionen. In unzähligen Gesprächen
würden die Mitwirkenden ohnehin hauptsächlich die meiste Zeit damit zubringen,
Status-Kämpfe auszufechten. Daraufhin wurde vereinbart, dass über nichts
diskutiert werden dürfe, was nicht auch dargestellt werden könne (vgl. Johnstone,
1998, S. 37f.).
Edward Bond (zit. n. Johnstone, 1998) sagt: „In der Autorengruppe habe ich
gelernt, dass es in einem Drama nicht um Charaktere, sondern um Beziehungen
geht“ (S. 37).
„The Theatre Machine“
George Devine, der künstlerische Leiter des Royal Court Theatre, richtet nach der
Einberufung der Autorengruppe auch ein zum Theater gehörendes
Schauspielstudio ein. Da Johnstone zum Personal des RCT gehört, wird er
gefragt, ob er nicht auch dort lehren wolle. Johnstone hat keine Ahnung von
Schauspielunterricht und befürchtet, dass die Profis, viele sind von der Royal
Shakespeare Company und einige andere, die kurze Zeit darauf zum Ensemble
des National Theatre gehören, weit mehr wissen als er. Daher beginnt Johnstone
über Erzähltechniken, hier fühlt er sich sicher, zu sprechen. Seine Abneigung
gegenüber Diskussionen findet auch hier Ausdruck und es muss wie in der
Autorengruppe alles dargestellt werden. Die Schauspielerinnen und Schauspieler
fordern genaue Anweisungen zu ihrem Spiel. Die detaillierte Beschreibung der
Umstände (Wer? Was? Wo?) auf die Stanislawski größten Wert gelegt hat, hält
Johnstone für eine dramatische Beschränkung. Allerdings braucht er eine Lösung,
um mit den Schauspielerinnen und Schauspielern kreativ und produktiv arbeiten
zu können (vgl. Johnstone, 1998, S. 38f.).
Johnstone schreibt darüber in seinem Buch „Improvisation und Theater“:
Was habe ich gemacht? Ich konzentrierte mich auf Beziehungen zwischen
Fremden und darauf, die Vorstellungskraft zweier Menschen so zu
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 14+
verbinden, dass sie gesteigert und nicht geschmälert wird. Ich entwickelte
Status-Spiele und Spiele, bei denen immer nur ein Wort gesagt werden darf
[...] (Johnstone, 1998, S. 39).
Die Schauspielerinnen und Schauspieler meinten, Sprechszenen seien langweilig.
Johnstone nahm das als Anlass, dieses Metier genauer zu ergründen. Bei einer
Produktion des Moskauer Künstlertheaters fällt bei Johnstone der sprichwörtliche
Groschen. Er hält bei der theatralisch wirkenden Aufführung nicht wie die
beteiligten Schauspielerinnen und Schauspieler Ausschau nach dem stärksten
Motiv des Einzelnen, sondern forscht zum ersten Mal nach dem denkbar
schwächsten. Zurück in seinem Studio formuliert er seine erste Status-Aufgabe
(vgl. Johnstone, 1998, S. 51):
„Versucht, euren Status nur ein wenig über oder ein wenig unter den eures
Partners zu bringen“ (Johnstone, 1998, S. 52).
Sind die Schauspielerinnen und Schauspieler zuvor unfähig gewesen zu
improvisieren, da sie nicht wussten, wie sie Menschen verkörpern sollten, die
nichts Bestimmtes zu tun haben, so scheint nun jede und jeder Einzelne seine
Aufgabe zu kennen. Keith erkennt, dass Menschen im echten Leben – sei die
Situation auch noch so unspektakulär wie zum Beispiel an einer Bushaltestelle zu
warten - permanent und unbewusst ständig um Positionen ringen. Dieses
bewusste Erkennen verändert die improvisierten Szenen sofort. Sie werden
authentisch und wirken dem wirklichen Leben entnommen. Johnstone hat auf
seiner Suche nach Spontanität und Kreativität seine Lösung im Status gefunden.
Jede Bewegung und jeder Tonfall vermittelt Status. Handlungen sind niemals
zufällig oder grundlos (vgl. Johnstone, 1998, S. 52).
„Chaplin and Keaton had a very good understanding of it. Shakespeare
understood it. Everybody understands it. It´s intuitive. I don´t know why anyone
didn´t put it into practice before“ (Johnstone, 1979, zit. n. Dudeck, 2013, p. 1455).
Die Arbeit wird nun aber nicht nur authentischer, sondern die Spontanität reißt alle
mit sich. Die für langweilig erklärten Sprechszenen weichen unglaublich
authentischen und lustigen. Um einerseits zu erfahren, ob die einfallsreichen und
witzigen Stunden nur für die Gruppe, da sie sich kennen, erheiternd sind oder ob
die Übungen auch deren Reiz vor fremdem Publikum entfalten können, und
andererseits, weil Johnstone sich an Stirlings Ablehnung gegenüber Künstlern, die
gerne „Selbstbeweihräucherungsgruppen“ bilden, erinnert, arbeitet er mit seiner
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 15+
Theaterklasse am Morley College an seiner ersten öffentlichen Aufführung. Die
Schauspielerinnen und Schauspieler sind extrem nervös, denn es gibt in dieser
Form der Arbeit kein festes Gerüst wie einen auswendig gelernten Text, an dem
sie sich festhalten können. Schon nach der ersten aufgeführten Übung lacht das
Publikum mehr, als seine Gruppe zuvor im Studio. Daraufhin schreibt Johnstone
an mehrere Londoner Colleges und bietet diesen seine Lehrübungen kostenlos
an. In weiterer Folge verkleinert Johnstone die Gruppe auf vier bis fünf
Darstellerinnen und Darsteller, wodurch sie Unterstützung von Seiten des
Unterrichtsministeriums für zahlreiche weitere Auftritte an Schulen und
Universitäten erhalten. Sie nennen sich „The Theatre Machine“ (vgl. Johnstone,
1998, S. 39f.). Damit ist der uns heute weltweit bekannte Theatersport begründet.
Nach vielen Aufführungen beginnt Johnstone die Techniken zu verstehen, die
beim improvisierenden Spiel Kreativität freisetzen. Er überträgt diese auf seine
eigenen schriftstellerischen Arbeiten und erkennt, dass seine unter Zeitdruck
entstandenen Arbeiten um nichts schlechter sind als jene, die jahrelang in ihm
gewachsen sind.
„Ich haue die Knoten durch, statt mühsam zu versuchen, sie aufzuknüpfen – so
sehen mich andere Menschen; doch sie haben keine Ahnung davon, in was für
einem verworrenen Zustand ich mich früher befand und aus welchem Morast ich
mich immer noch befreie“ (Johnstone, 1998, S. 42f.).
1.2 Johnstones Statuslehre
„Wie an den Früchten den Baum,
so erkennt man eine Lehre an der Wirkung.“
(Herder, o.E., zit. n. Schefter, 2015)
Als Johnstone 1963 seine schauspielerische Lehrtätigkeit am Royal Court Theatre
begonnen hat, kann er noch nicht ahnen, welche Wellen seine Theaterarbeit
schlagen wird. Nicht nur das Theater im Allgemeinen und das
Improvisationstheater im Besonderen bedienen sich der erforschten und von ihm
sowohl schriftlich als auch bis heute in Kursen von ihm weitergegebenen Status-
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 16+
Methode, sondern Menschen aus dem Theater- und Filmbereich geben ihr
erlangtes Wissen über Status-Spiele unter anderem auch in
Managementseminaren weiter.
„Ohne die Status-Arbeit hätte meine Improvisationsgruppe „The Theatre Machine“
nie erfolgreich in Europa Tourneen machen können“ (Johnstone, 1998, S. 76).
Was ist Status? Und warum scheint er so wichtig zu sein?
1.2.1 Definition
„Der Beginn der Weisheit ist die Definition der Begriffe.“
(Sokrates, o.E., zit. n. Schefter, 2015)
Allgemein
Im Duden (Bibliografisches Institut GmbH, 2013) werden dem Wort mehrere
unterschiedliche Bedeutungen zugesprochen:
1. Lage, Situation
Gebrauch bildungssprachlich Beispiel der wirtschaftliche Status eines Landes
2. a. Stand, Stellung in der Gesellschaft, innerhalb einer Gruppe Beispiel der gesellschaftliche Status
b. Rechtsstellung
Beispiel Rechtssprache 3. Zustand, Befinden
Gebrauch Medizin 4. durch die Anlage bedingte Neigung zu einer bestimmten Krankheit
Gebrauch Medizin
Im digitalen Online-Wörterbuch der Berlin-Brandenburgischen Akademie der
Wissenschaften findet sich zu Status folgender Eintrag:
Status m. ‘(Familien)stand, Stellung, Zustand, Vermögensstand,
Rechtslage’, Entlehnung von lat. status ‘das Stehen, Stand, Wuchs,
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 17+
Zustand, Umstände, Lage, (durch die Geburt bedingte) Stellung, fester
Bestand, Wohlstand’, zu lat. stāre (statum) ‘stehen’. Anfangs (1. Hälfte 16.
Jh.) in einem dem frühen Gebrauch des (daraus entlehnten) Wortes Staat
(s. d.) entsprechenden Sinne (vgl. auch die lat. Fügung status in statu ‘Staat
im Staate’, 18. Jh.), seit Mitte des 16. Jhs. vornehmlich in der oben
angegebenen Bedeutung; dann (18. Jh.) auch als medizinischer Terminus
für ‘Gesundheits- oder Krankheitszustand, Untersuchungsergebnis,
klinischer Befund’, vgl. Blutstatus. – Statussymbol n. ‘Besitz oder
Verhalten, die das soziale Prestige eines Menschen in den Augen seiner
Umwelt ausmachen’ (Mitte 20. Jh.), nach amerik.-engl. status symbol; vgl.
auch sozialer Status (Ende 19. Jh.) Status quo m. ‘der gegenwärtige
(rechtliche) Zustand’ (Anfang 19. Jh.), Schlagwort im Völkerrecht, wörtlich
‘Zustand, in dem’ (ergänze: ‘sich etw. befindet’); nach lat. in statu quo (ante)
‘im früheren, bisherigen Zustand’ (18. Jh.) (DWDS, o.E.).
Sozialer Status
In unserem täglichen Sprachgebrauch verbinden Menschen mit dem Begriff Status
meist „die Stellung eines (Berufs-)Positionsinhabers auf den Abstufungen von
Qualifikationen, Erwerbstätigkeit, Einkommen, Prestige oder Macht [...]“ (Hradil,
2008, S. 216). Die Soziologie spricht hier auch vom sozialen Status, den Bock-
Rosenthal folgendermaßen definiert:
Wird eine Position, die jemand im jeweils betrachteten Zusammenhang
(oder System) inne hat, mit der anderer Gesellschaftsmitglieder verglichen
und vor dem Hintergrund von Hierarchien und sozialer Wertschätzung
verortet, so spricht man von Status. Dabei wird dem Berufsstatus in unserer
Gesellschaft besondere Bedeutung beigemessen, er fungiert als eine Art
„Leitstatus“. In bezug auf Einkommen, Ansehen und Qualifikation können
jedoch auch sehr unterschiedliche Status (lat.: Mehrzahl statūs)
eingenommen werden (Bock-Rosenthal, 1996, S. 175).
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 18+
Persönlicher Status
Der persönliche Status ist nicht der soziale Status. Während der soziale Status
etwas ist, das wir haben, ist der persönliche Status eine Frage des Verhaltens
(vgl. Posner, 2013, S. 17).
„Status als interaktives Verhältnis, als Spiel“ (Posner, 2013, S. 16) zu betrachten,
beschreibt das Statuskonzept von Keith Johnstone sehr treffend.
In der Begegnung mit anderen Menschen drücken wir durch jede Bewegung,
jeden Tonfall, jedes Gespräch, jede scheinbar noch so zufällige Handlung unsere
Position im Verhältnis zu unserem Gegenüber aus. Diese Position kann höher
oder tiefer sein, folglich ist unser Status flexibel und kann in jeder neuen
Lebenssituation neu verhandelt werden (vgl. Posner, 2013, S. 16f.), sofern wir uns
der Gesetzmäßigkeiten von Status bewusst sind. Denn unbewusst senden wir
permanent Statussignale an unsere Umwelt, die ihrerseits Reaktionen bei
unserem Gegenüber auslösen. Aber solange wir uns dessen nicht bewusst sind
und die Funktionsweise von Status nicht kennen, können wir dieses
Kommunikationsmittel für uns nicht nutzen (vgl. Plath, 2010, S. 52).
! Der natürliche Status
+Plath (2010) definiert folgendermaßen: „Der natürliche Status ist nach Johnstone
also der Status, den wir meistens einnehmen, ohne darüber nachzudenken“ (S.
56).
Johnstone schreibt hierzu (1998):
Heute bin ich sicher, dass jeder Mensch einen bevorzugten Status hat; der
eine will tief sein, der andere hoch. Jeder versucht, sich in die bevorzugte
Position zu bringen. Ein Mensch, der Hochstatus spielt, signalisiert: „Komm
mir nicht näher, ich beiße.“ Jemand, der Tiefstatus spielt, signalisiert: „Beiß
mich nicht, ich bin der Mühe nicht wert“ (S. 71).
Der Status fungiert in beiden Fällen als Abwehr, die für gewöhnlich gelingen wird.
Johnstone zieht in Betracht, dass wir möglicherweise im Laufe unseres Lebens
auf jenen Status konditioniert werden, der sich für uns als effiziente Abwehr
erwiesen hat (vgl Johnstone, 1998, S. 71).
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 19+
! Der gespielte Status
Der gespielte Status ist nach Plath die hohe Kunst, unabhängig von
gesellschaftlichem oder natürlichem Status in allen Situationen bewusst den
Status auszuwählen und zu verkörpern, der die Situation zu den eigenen Gunsten
verändern kann (vgl. Plath, 2010, S. 40).
1.2.2 Die Statuslehre und ihre Regeln
„Alles, was die Natur selbst anordnet, ist zu irgendeiner Absicht gut.
Die ganze Natur überhaupt ist eigentlich nichts anderes, als ein Zusammenhang
von Erscheinungen nach Regeln; und es gibt überall keine Regellosigkeit.“
(Kant, o.E., zit. n. Schefter, 2015)
Niemand ist ohne Status
Es gibt keinen Zustand ohne Status (vgl. Schmitt & Esser, 2014, S. 11).
Als Johnstone und seine Schauspielgruppe entdecken, dass jede kleinste
Bewegung und jeder Tonfall Status vermittelt und dass es keine Handlung gibt, die
zufällig oder unbegründet ist, erforschen sie jedes Gespräch, indem sie zum
Beispiel eine Frage nicht mehr beantworten, sondern nach dem eigentlichen
Grund für diese Frage suchen. Sie nehmen in allem Status-Handlungen wahr.
Selbst beobachtete Enten im Park halten, wenn diese sich gerade nicht streiten,
sehr sorgfältig den Abstand zu den übrigen Enten aufrecht (vgl. Johnstone, 1998,
S. 52). Posner (2013) beschreibt dies so: „Wir können dem Statusspiel ebenso
wenig entkommen, wie wir es verhindern können, denn wir stellen immer ein
Verhältnis zu allem her, was uns umgibt“ (S. 17).
Der äußere Status
Unser äußerer Status drückt sich durch unsere Mimik, Gestik, unsere Stimme und
unsere Körperhaltung aus. Nachfolgende Tabelle zeigt, woran wir unseren
äußeren Hoch- oder Tiefstatus erkennen können.
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 20+
Äußerer Status
AUSSEN HOCH AUSSEN TIEF
kreiert Distanz durch Körpersprache und
grenzt sich häufiger durch
Körpersprache ab
sucht Nähe durch Körpersprache
beansprucht mehr Raum überlässt dem anderen mehr Raum
sucht Mittelpunktspositionen und setzt
sich beispielsweise an den
prominentesten Platz am Tisch
fühlt sich in Randpositionen wohler
sucht und hält Blickkontakt bzw.
verweigert ihn bewusst und demonstrativ
vermeidet zu viel und zu langen
Blickkontakt, empfindet zu langen
Blickkontakt als taxieren und als
unangenehm
aufrechte Körperhaltung, gerade
Kopfhaltung
asymmetrische oder leicht gekrümmte
Körperhaltung, seitlich geneigte
Kopfhaltung
sicherer, hüftbreiter Stand, entspannter
Schultergürtel, geschmeidige Bewegung
unruhigere, ruckartigere
Körperbewegung, z.B. bewegtes Hin-
und-Herpendeln, hochgezogene
Schultern
offensive, Raum greifende Gestik, keine
selbstberührenden Gesten
zurückhaltendere, andere einbeziehende
Gestik, selbstberührende Gesten: z.B.
Kneten der Hände, Berühren des
Gesichts, Spiel mit den Haaren
bestimmt Thema und Timing in einer
Situation
folgt Thema und Timing in einer
Situation
unterbricht andere lässt andere aussprechen
reichlich bewusste Sprechpausen, um
den eigenen Worten Gewicht zu geben
weniger bewusste Sprechpausen, um
nicht zu viel Aufmerksamkeit auf sich zu
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 21+
ziehen
setzt sich durch, unter Zuhilfenahme der
eigenen Körpersprache
passt sich eher an und rechtfertigt sich
häufiger in Mimik, Gestik und Stimme
klare, feste Stimme, häufig auch lauter,
viel Stimmmodulation
weniger Stimmmodulation, leises,
zurückgenommenes Sprechen
spricht und wendet sich vorwiegend zur
wichtigsten Person im Raum
spricht und wendet sich vorwiegend zur
Gruppe
ignoriert Menschen, Situationen und
Inhalte, wenn es ihm nutzt
bezieht Menschen, Situationen und
Inhalte ein, auch zu den eigenen
Ungunsten
Distanz durch Anrede mit Sie Nähe durch Anrede mit Du
Distanz durch den Gebrauch von
Fremdwörtern
Nähe durch das Einlassen auf die
Sprachebene des Gegenüber
übertritt Grenzen respektiert Grenzen
erzählt Gutes von sich, macht sich
wichtig
gibt Persönliches oder Missgeschicke
preis
Tabelle 1: Kennzeichen von äußerem höheren und tieferen Status (Posner, 2013, S. 22ff.)
Weder bedeutet Hochstatus „gut“, noch Tiefstatus „schlecht“. Status drückt immer
ein Verhältnis zu unserem Gegenüber aus (vgl. Posner, 2013, S. 24).
Sehr deutlich offenbart sich die Körperhaltung bei der Beobachtung einer Szene
zwischen einem König und seinen Dienern. Selbst wenn auf der Bühne keine
Kostüme getragen werden würden, würden wir trotzdem erkennen, welche der
Figuren sich im Hoch- und welche sich im Tiefstatus befänden. Ohne langes
Zuschauen würden wir Diener und König ausmachen können. Wir sehen den
König mit seinen wenigen, langsamen Bewegungen, den Raum beherrschend und
die Diener im Vergleich dazu mit ihren unzähligen kleinen und unauffälligen
Bewegungen, immer körperlich sich so verhaltend, als dürften sie nicht in diesem
Raum sein (vgl. Plath, 2010, S. 37).
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 22+
Johnstone erforscht mit seinen Schülerinnen und Schülern intensiv die
Auswirkungen des Körpers auf den Status (vgl. Johnstone, 1998, S. 69):
An anderer Stelle bemerkt Johnstone, wie sehr sich die Körper der
Schauspielerinnen und Schauspieler vor allem in den Pausen fortlaufend
aneinander ausrichten. Verändert nur einer seine Haltung, so ändern auch alle
anderen Personen ihre Körper. Im Spiel auf der Bühne scheint es zwar oft so, als
gingen die einzelnen Schauspielerinnen und Schauspieler aufeinander ein, doch
ihre Bewegungen beziehen sich nur auf sich selbst (vgl. Johnstone, 1998, S. 95f.).
Übung: Er fordert die Gruppe auf, während sie im Kreis herumgehen, sich mit
„Hallo“ zu begrüßen. Die einzelnen Mitglieder fühlen sich unwohl, da die
Situation nicht wirklich ist. Sie haben keine Ahnung, welchen Status sie
einnehmen sollen. Danach bestimmt Johnstone einen Teil der Gruppe dazu,
alle Blickkontakte zu halten, während der Rest der Gruppe den Blickkontakt
herstellen, unterbrechen und kurz darauf zurückschielen solle.
Ergebnis: Die Gruppe wirkt plötzlich mehr wie eine „echte“ Gruppe. Ein Teil
erscheint dominant, der andere unterwürfig. Die Erfahrungen der einzelnen
Schüler spiegeln diese Bilder sehr genau wider: Die Schüler, die den
Blickkontakt halten sollen, erzählen davon, dass sie sich stark gefühlt haben –
sie haben auch so gewirkt. Die anderen, deren Aufgabe vor allem im
Unterbrechen und Zurückschielen liegt, sprechen davon, wie schwach sie sich
erlebt haben. Ihre Erscheinung habe dies widergespiegelt.
Übung (vgl. Johnstone, 1998, S. 105): Die Schülerinnen und Schüler werden
aufgefordert, Menschen in einem Café zu beobachten und dabei die
Veränderung in deren Haltung wahrzunehmen, wenn zum Beispiel eine Person
weggeht oder jemand neu dazukommt.
Ergebnis: Beobachtet man zwei Personen während einer Unterredung so
lange, bis einer weggeht, so kann man an der zurückbleibenden Person
erkennen, wie sie ihren Körper neu ausrichtet, denn die Bewegungen des einen
haben sich auf die Bewegungen des anderen bezogen.
Fazit: Bleibt einer alleine zurück, kann er nicht umhin, seine Haltung zu
verändern, um nun eine Beziehung zu den anderen Personen im Café
auszudrücken.
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 23+
Auch in Bezug zu verschiedensten Sprechvarianten erlebt Johnstone, wie sehr
sich diese auf den gesamten Körper auswirken und den Status einer Person
verändern (vgl. Johnstone, 1998, S. 71).
Übung (vgl. Johnstone, 1998, S. 69): Johnstone beginnt jeden seiner Sätze mit
einem sehr zögerlichen „Äh“. Seine Schülerinnen und Schüler erfahren dazu
am Anfang nichts. Nachdem Johnstone gesprochen hat, befragt er die Gruppe,
ob sie eine Veränderung an ihm wahrnehmen konnten. Die Antwort: Er wirke
hilflos und schwach. Allerdings können die Schülerinnen und Schüler nicht
feststellen, warum sie ihn so erlebt haben.
Danach verlegt er das „Äh“ in die Mitte der Sätze. Nun lautet die Antwort, er
wirke etwas stärker. Danach dehnt er das „Äh“ und stellt es an den Anfang
zurück.
Darauf antworten sie, er erscheine wichtiger und selbstsicherer.++Johnstone erklärt, dass ein kurzes „Äh“ zu Beginn eine Art Einladung für andere
Menschen sei, einen zu unterbrechen, hingegen das gedehnte „Äh“ bedeute,
dass, auch wenn jemand noch nicht wüsste, was er sagen wolle, darauf
hinwies, ihn nicht zu unterbrechen. Danach verändert Johnstone wieder sein
Verhalten. Er wird gebieterisch. Auf die Frage nach dem Grund hierfür suchen
die Schülerinnen und Schüler nach einer sichtbaren Veränderung und sagen, er
halte einen festen Blickkontakt und er sitze aufrechter.
Johnstone zeigt den Schülerinnen und Schülern, dass es nicht am Blickkontakt
und an der aufrechten Haltung läge, daher gibt er beides bewusst auf. Die
wahrgenommene Veränderung bleibt trotzdem bestehen.
Das Einzige, das Johnstone tat, war, seinen Kopf während er sprach,
stillzuhalten.
Fazit: Hält man beim Sprechen den Kopf still, ergeben sich wie von selbst viele
andere Dinge, die ebenso zum Hochstatus gehören. Man beginnt in ganzen
Sätzen zu sprechen, den Blickkontakt zu halten, die Bewegungen werden
gleichmäßiger, und man nimmt mehr Raum ein. Wird mit nach innen
gewendeten Füßen gesprochen, so ist es sehr wahrscheinlich, dass jeder Satz
mit einem zögerlichen und kurzen „Äh“ begonnen wird (vgl. Johnstone 1998, S
71f.).
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 24+
Die Veränderung des Körpers bewirkt unweigerlich eine starke Veränderung des
Status (vgl. Johnstone, 1998, S. 71).
! Status gegenüber Gegenständen
+
Der Mensch nimmt aber nicht nur beständig eine bestimmte Position anderen
Menschen gegenüber ein, sondern genauso positioniert er sich auch gegenüber
Gegenständen. Johnstone arbeitete auch zu diesem Thema mit seinen
Schülerinnen und Schülern.
Übung (vgl. Johnstone, 1998, S. 83): Eine Schülerin oder ein Schüler soll
gegenüber einer im Raum befindlichen Bank Tiefstatus spielen.
Ergebnis: Sofort begann der Schüler verängstigt um sich zu blicken. Er
erweckte den Eindruck, sich in einem privaten Park aufzuhalten. Danach sah
der Schüler eine Taube.
Weitere Anweisung (vgl. Johnstone, 1998, S. 83f.): Johnstone forderte den
Schüler auf, auch der Taube gegenüber Tiefstatus zu spielen.
Ergebnis: Immer mehr Tauben flogen herbei und fingen an, am Brot des
Schülers zu picken. Eine Taube setzte sich auf seinen Arm und beschmutzte
ihn. Sehr diskret säuberte der Schüler seine Jacke.
Fazit: „Status wird allem gegenüber gespielt, gegenüber Gegenständen wie
gegenüber Menschen“ (Johnstone, 1998, S. 83).
„Es ist erstaunlich, daß scheinbar unzusammenhängende Dinge einen so
starken Einfluß aufeinander haben; es scheint unsinnig, daß die Fußstellung
einen Einfluß haben sollte auf den Satzbau und den Blickkontakt; doch so ist
es (Johnstone, 1998, S. 72).
Weitere Übungen (vgl. Johnstone, 1998, S. 71): Die Schülerinnen und
Schüler werden aufgefordert, Gespräche miteinander zu führen und hierbei
unterschiedlichste Methoden, die ihren Status heben oder senken,
auszuprobieren. Immer zwei Jugendliche arbeiten zusammen. Zum Beispiel:
• Person A bewegt sich geschmeidig (Hochstatus), Person B ruckartig
(Tiefstatus).
• Person A hält sich die Hände vor das Gesicht, während sie spricht
(Tiefstatus), Person B bemüht sich, die Hände vom Gesicht
fernzuhalten (Hochstatus).
• Person A dreht die Füße nach innen (Tiefstatus), während Person B
sich zurücklehnt und auf dem Sessel breitmacht (Hochstatus).
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 25+
Dabei darf ein weiterer Faktor nicht unbeachtet bleiben: Maßgeblich wird Status
auch vom Raum selbst bestimmt (vgl. Johnstone, 1998, S.95).
! Status gegenüber Raum
Wie Raum auf Menschen wirkt, ist sehr gut in folgendem Beispiel ersichtlich:
Johnstone berichtet von den vielen kleinen Stränden in seiner Heimat England.
Eine erste Familie kommt an einen dieser Strände und kann sich den Platz frei
wählen. Sie wird sich wahrscheinlich eine Stelle vor eventuellen Felsen
aussuchen, falls es keine geben sollte, wird sie sich im ersten Drittel des Strands
hinlegen. Kommt eine zweite Familie zu einem solchen kleinen Strand hinzu, wird
sie vermutlich weiterziehen, da dieser als „besetzt“ eingestuft wird. Bleibt die
Familie aber doch, wird sie sehr wahrscheinlich ihren Bereich abstecken und in
einem einigermaßen großen Abstand zur ersten Familie bleiben. Würde die
Familie sich in der Nähe der ersten Familie ansiedeln, müssten diese sich
„anfreunden“, da ansonsten die erste Familie in Unruhe versetzt werden würde.
Die „Nähe“ wird von dem Raum, der gerade zur Verfügung steht, bestimmt. Je
voller ein Strand ist, umso näher kann man sich setzen, denn der Raum wird für
den Einzelnen umso kleiner, je mehr Menschen anwesend sind. Ist der Strand
überfüllt, liegen die Menschen wie Sardinen nebeneinander und starren in den
Himmel oder bedecken ihr Gesicht mit einem Hut.
Klettern wir auf Berge, genießen wir die Aussicht und die Ausweitung unseres
Raumes (vgl. Johnstone, 1998, S.101).
Übung (vgl. Johnstone, 1998, S. 98): Zwei Schülerinnen oder Schüler stehen
im Abstand von dreißig Zentimeter einander gegenüber.
Ergebnis: Sofort werden sie ihre Position verändern wollen. Dürfen sie sich
nicht von der Stelle rühren, beginnen sie entweder sich zu lieben oder zu
hassen, denn der Raum des einen strömt in den Raum des anderen und
umgekehrt.
Dürfen sie ihre Stellung verändern, werden sie dies solange tun, bis ihr Raum
sie wieder relativ ungehindert umfließen kann. Oder sie weichen zurück, um
weniger dem Einfluss des anderen ausgesetzt zu sein.
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 26+
Hochstatus-Spieler lassen ihren Raum in andere hineinfließen, Tiefstatus-Spieler
hingegen vermeiden dies. Es gibt ritualisierte Tiefstatus-Methoden, um zumindest
den eigenen Raum abzugrenzen. Dazu gehören unter anderem das Hinknien, die
Verbeugung und der Fußfall. Hat ein Hochstatus-Spieler die Absicht einen
Tiefstatus-Spieler zu demütigen, so muss er dem Tiefstatus-Spieler nur seiner
Möglichkeit berauben, seinen Raum abzusichern (vgl. Johnstone, 1998, S. 98).
Herr-und Knecht-Szenen zeigen sehr gut, welchen Status Menschen gegenüber
einem bestimmten Raum einnehmen.
Der gesamte Raum gehört dem Herrn und somit muss der Knecht dem Raum
gegenüber Tiefstatus spielen. Haben Schauspielerinnen und Schauspieler dieses
Gesetz verinnerlicht, so kann ein Diener sogar seinen Herrn erwürgen und
trotzdem bleibt der Diener als solcher sichtbar.
Wie wird Tiefstatus dem Raum gegenüber sichtbar? Zum Beispiel darf ein Diener
sich nicht an die Wand lehnen, da diese dem Herrn gehört. Er darf keine
überflüssigen Geräusche von sich geben, denn auch die Luft, die dabei verbraucht
wird, gehört dem Herrn (vgl. Johnstone, 1998, S. 105ff.). „Der beste Platz für einen
Diener ist am Rand des den Herrn parabelförmig umgebenden Raums, so daß der
Herr jederzeit sich ihm gegenüberstellen und ihn dominieren kann“ (Johnstone,
1998, S. 107).
Eine interessante Situation ergibt sich immer, wenn der Herr seinen Diener aus
der Rolle locken möchte. In nachfolgendem Beispiel möchte der Herr seinen
Diener aus der Reserve locken, indem er ihn auffordert, mehr Raum einzunehmen
(Johnstone, 1998, S. 108):
„Ach, Perkins, setzen Sie sich doch.“
„In ... in Ihren Sessel, Sir?
„Gewiss doch, was wollen Sie trinken?“
„Äh ... äh ...“
„Whisky? Soda?“
„Was Sie wollen, Sir.“
„Ach Mann, kommen Sie, irgendwas mögen Sie doch besonders gern.
Sitzen Sie doch nicht auf dem äußersten Stuhlrand, Perkins, machen Sie
sich`s bequem. Ich brauche Ihren Rat, ja wirklich.“
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 27+
Der innere Status
Der innere Status wird von den Gedanken, Gefühlen und Einstellungen eines
Menschen, sowohl ihm selbst als auch anderen gegenüber, bestimmt.
Der innere Status kann mit Gedanken wie zum Beispiel „Das ist ja kinderleicht“
gehoben oder „Das schaffe ich bestimmt nie“ auch gesenkt werden.
Aber unsere Gedanken können den eigenen Status ebenso in Bezug zu anderen
Menschen heben beziehungsweise senken.
Ein Beispiel: Eine Schülerin oder ein Schüler hält gerade ein Referat. Die Person
kann nun denken: „Wie mich die anderen schon wieder anschauen.
Wahrscheinlich langweile ich sie. Es ist ja wirklich schlecht, was ich da mache.“
Oder sie denkt sich: „Langweilige Gesichter. Wie immer. Mit mir hat das sicher
nichts zu tun. Ich weiß, dass mein Referat hervorragend ist.“
Im zweiten Gedankengang schafft die Person eine innere Distanz zu den anderen.
Innere Distanz ist abhängig von zwei Faktoren:
• Beziehe ich eine Einschätzung oder einen Gedanken auf mich selbst?
• Wie viel Wert gebe ich der Einschätzung oder dem Gedanken? (vgl.
Posner, 2013, S. 26f.).
Nachfolgende Tabelle zeigt, welche Gedanken, Gefühle und Einstellungen eher
einen höheren oder tieferen, inneren Status kennzeichnen.
Innerer Status
INNEN HOCH INNEN TIEF
Ich-bezogen
Eigene Perspektive hat am meisten
Gewicht
Du- oder Wir-bezogen
Perspektive des Gegenüber oder
gemeinsame Perspektive hat am
meisten Gewicht
Starker Wunsch nach Respekt und
Anerkennung
Starker Wunsch nach Zugehörigkeit
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 28+
Innere selbstbestärkende Gedanken
wie: Ich bin wichtig, ich kann das, ich
bin es mir wert, ich werde gesehen
Innere selbstrelativierende Gedanken
wie: Andere sind genauso wichtig oder
wichtiger, können genauso viel oder
sogar mehr, sind genauso viel wert,
wenn nicht gar mehr wert als ich
Gedanken, die den Status des anderen
in Bezug zum eigenen senken: Die
anderen haben weniger Ahnung. Die
anderen sollen erst einmal meinen
Erfahrungsschatz aufweisen. Die
anderen sollen funktionieren, und zwar
in meinem Sinne.
Gedanken, die den Status des anderen
über den eigenen heben: Der andere ist
mir wahrscheinlich überlegen, der
andere bewertet mich, er weiß genau,
wo meine Achillesferse ist, er/sie ist
besser ausgebildet, er/ sie respektiert
meine Grenzen sowieso nicht.
Setzt sich durch Lässt sich ein
Regeln gelten für andere, nicht für mich Grenzen/Regeln anderer sollte ich
respektieren
Hauptaugenmerk liegt auf der eigenen
Sichtbarkeit: Vielleicht wurde schon
alles gesagt, aber noch nicht von mir.
Hauptaugenmerk liegt auf
Zugehörigkeit und damit auf dem Du
oder Wir: Es muss nicht alles von
jedem gesagt werden.
Tabelle 2: Kennzeichen von innerem höheren und tieferen Status (Posner, 2013, S. 29)
Sowohl der äußere als auch der innere Status handelt immer von einem Verhältnis
zu unserem Gegenüber. Dabei gibt es, wie schon erwähnt, keine Wertung in gut
oder schlecht (vgl. Posner, 2013, S. 30).
Übung (vgl. Posner, 2013, S. 30): Die Augen schließen und bewusst ein- und
ausatmen. Dabei an das eigene Leben denken und etwas finden, wofür man
dankbar ist: die Gesundheit, bestimmte Chancen im Leben, erfüllende
Begegnungen und Ähnliches. Ziel ist es, das Gefühl von Dankbarkeit so tief wie
möglich im Körper zu empfinden.
Ergebnis: Der Status wurde dem eigenen Leben gegenüber gesenkt.
Fazit: Auch ein innerer Tiefstatus kann sich sehr gut anfühlen.
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 29+
Das Zusammenwirken von Innen und Außen
„An Freiheit des Menschen im philosophischen Sinne glaube ich keineswegs.
Jeder handelt nicht nur unter äußerem Zwang,
sondern auch gemäß innerer Notwendigkeit.“
(Einstein, o.E., zit. n. Posner, 2013, S. 31)
Wir unterscheiden zwischen äußerem und innerem, höherem und tieferem Status.
Daraus ergeben sich 4 unterschiedliche Möglichkeiten:
Abbildung 1: Die vier möglichen Statusfelder (Posner, 2013, S. 42)
Was meinen die vier Felder?
Jedes Feld stellt einen bestimmten Statustyp dar. Dabei gilt für jeden Typ, dass er
nicht „ein bisschen“ hoch oder tief ist, sondern immer im Verhältnis zur jeweils
anderen Person steht. Den gleichen Status, die sogenannte Kommunikation auf
Augenhöhe, gibt es nicht, denn immer besteht ein mehr oder weniger großes
Gefälle.
Welche vier Typen ergeben sich nun?
Jeder Statustyp wird über den inneren und äußeren Status definiert: Wie fühle ich
innen und wie zeige ich das im Außen? Jedes dieser Felder hat eine
unterschiedliche Wirkung auf das Gegenüber.
• Der Macher oder das Alpha-Verhalten: o Ich fühle innen hoch und stelle mich außen ebenso hoch dar.
Dieser Typ distanziert sich innerlich und äußerlich. Er bestimmt jede
+ Der Macher Innerer Status: höher
Äußerer Status: höher
Der Charismatiker Innerer Status: höher
Äußerer Status: tiefer
Der Arrogante Innerer Status: tiefer
Äußerer Status: höher
Der Teamplayer Innerer Status: tiefer
Äußerer Status: tiefer
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 30+
Situation. Seine Ansichten und Meinungen sind die einzig wichtigen. Das
Gegenüber mit seinen Bedürfnissen, Meinungen, und Einstellungen wird im
besten Fall nur am Rande wahrgenommen. Durchsetzung und die eigene
Sichtbarkeit sind typische Kennzeichen.
o Zwar erzielt dieser Statustyp auf jeden Fall Respekt, wirkt dabei aber
nicht sympathisch.
• Der Charismatiker oder das diplomatische Verhalten: o Ich fühle innen hoch und zeige mich außen tief.
Innerlich wird Distanz zum Geschehen gehalten, im Außen wird
Kooperationsbereitschaft gezeigt und somit immer eine Lösung angestrebt,
ohne sich dabei dominant zu verhalten.
o Dies ist jene Form, mit der es gelingt, respektiert zu werden und
dabei sympathisch zu wirken.
• Der Arrogante, der Kläffer oder das trotzige Zicken- oder Machoverhalten:
o Ich fühle innen tief und präsentiere mich außen hoch.
Dieser Statustyp fühlt sich innerlich machtlos und ist der Situation erlegen,
allerdings will die Person durch ihr Verhalten doch noch die Oberhand
gewinnen. Es wird mittels Körpersprache, Mimik, Gestik und Stimme alles
unternommen um die Situation für sich zu entscheiden.
o Weder Respekt noch Sympathie ist mit dieser Form zu erzielen.
• Der Teamplayer oder das empathische Verhalten: o Ich fühle innen und außen tief.
Zugehörigkeit, Nähe und Harmonie stehen hier im Mittelpunkt. Dieser
Statustyp lässt sich von den Meinungen und dem Verhalten seines
Gegenübers sehr stark beeinflussen und wird als Teamplayer gerne im
eigenen Team gesehen, da von diesem Typ Unterstützung ohne Widerrede
zu erwarten ist. Ein wirksames Verhalten, wenn es nicht die einzige
Variante im Statusspiel ist, die eingenommen wird.
o Dieser Typ bringt hohe Sympathiewerte, jedoch keinerlei Respekt
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 31+
Jede Situation kann in uns einen anderen Status hervorrufen, im Kern allerdings
hat jeder eine Präferenz für einen bestimmten Status und tendiert auch dazu,
diesen immer wieder hervorzurufen. Solange wir uns dieses Statuskonzept nicht
bewusst machen, sind wir an den einen wiederkehrenden, unbewussten Typ
gebunden, der in schwierigen Situationen permanent das Steuer an sich reißt (vgl.
Posner, 2013, S. 43; Schmitt & Esser, 2014, S. 23f.).
Bei den einzelnen Feldern ist außerdem zu bedenken, dass nicht was wir sagen,
sondern wie wir es sagen, darüber bestimmt, in welchem der vier Felder wir
wahrgenommen werden.
Um das Ganze besser zu verdeutlichen, soll folgendes Beispiel dienen:
Tabea und Jan möchten sich einen angenehmen Abend machen, sie kochen
Gemüse im Wok mit Hühnchen. Jan schneidet das Geflügel klein, Tabea das
Gemüse (vgl. Posner, 2013, S. 44).
• Statuskombination 1: Innen höher – außen höher JAN (genervt, legt das Messer zur Seite): „Du weißt doch, ich mag das
Gemüse lieber fein geschnitten, das schmeckt einfach besser.“
TABEA (provokant, den Blickkontakt haltend): „Du, dann schneide es doch
einfach selbst!“
JAN (erwidert die Provokation, fühlt sich im Recht und wird lauter): „Ist das
dein Ernst?“
TABEA (fühlt sich ebenfalls im Recht und ist um keinen Preis bereit,
nachzugeben, mit fester Stimme): „Ja!“
(Posner, 2013, S. 44)
Jan begegnet Tabea innerlich und äußerlich distanziert, er ist genervt, denn aus
seiner Sicht meint er, Tabea wolle ihn mit dem Gemüse provozieren. Wie oft habe
er ihr schon gesagt, dass er das Gemüse fein geschnitten haben möchte?
Tabea wiederum mag nach einem anstrengenden Arbeitstag privat keine
Anweisungen mehr entgegennehmen. Auch Tabea gibt sich innerlich und
äußerlich distanziert.
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 32+
Hier zeigt sich:
Der doppelte Hochstatus (innen und außen höher) tritt immer für die eigenen
Belange ein. Wenn zwei Menschen auf ihren doppelten Hochstatus bestehen
bleiben, kommt es unweigerlich zu Machtkämpfen, denn es wird permanent eine
Botschaft gesendet: „Ich bin richtig, und du bist falsch“.
Wird der Hochstatus nur ab und zu eingesetzt, um etwa eine Grenze zu ziehen,
kann dies durchaus eine günstige Variante sein. Ist dies allerdings der bevorzugte
und ständig eingesetzte Status eines Menschen, so wird dieser über kurz oder
lang permanent anecken. Zwar wird dieser Mensch Respekt erhalten, aber immer
auf Kosten der Sympathie (vgl. Posner, 2013, S. 45).
• Statuskombination 2: Innen höher – außen tiefer
JAN (gelassen, ohne Vorwurf oder Angriff): „Du weißt doch, ich mag das
Gemüse lieber fein geschnitten ... (geht auf sie zu und umarmt sie von
hinten), das schmeckt einfach besser.“
TABEA (wechselt den Platz und fängt an, das Hühnchen zu schneiden,
verschmitzt): „Du, dann schneide es doch einfach selbst!“ (zwinkert ihm zu
und signalisiert damit, die Nachricht ist angekommen)
JAN (kippt das bereits geschnittene Gemüse aus der Schüssel auf das
Schneidebrett, spielerisch verzweifelt): „Ist das (zeigt aufs Gemüse) dein
Ernst?“
TABEA (lacht ebenfalls und geht mit zwei Gläsern Wein auf ihn zu): „Ja!“
(gibt ihm ein Glas und einen liebevollen Klaps)
(Posner, 2013, S. 46)
In diesem Fall bleibt Jan innerlich ebenso distanziert wie zuvor, allerdings versucht
er, über seinen äußeren Status Nähe herzustellen. Dadurch ist sein äußerer
Status tiefer. Tabea fühlt sich innerlich nicht angegriffen, auch sie bleibt bei sich
und distanziert sich mit ihrem inneren höheren Status vom Geschehen. Zudem
offeriert auch sie Nähe-Angebote, die dem äußeren Tiefstatus entsprechen.
Dadurch kann es zu einem echten Kontakt kommen. Im diplomatischen Feld
betrachtet man sich niemals als Opfer der Umstände, viele Sätze beginnen mit:
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 33+
„Ich entscheide mich für“. Einerseits wird dem Gegenüber Raum gegeben,
andererseits fühlen sie sich nicht unter Druck gesetzt, sollte das Gegenüber
anderer Meinung sein. Wer es schafft auch in unangenehmen Situationen seinen
inneren Status hoch zu halten und ihn unabhängig von seinem äußeren Status
verhandeln kann, wirkt selbstbewusst und souverän.
Charismatische Menschen sind in diesem Statusfeld zu finden: Innerlich
erscheinen sie in ihrer Haltung stark, wirken im Umgang mit anderen aber als sehr
angenehm, da sie ihre Haltung dem anderen nicht aufzwingen. Persönlichkeiten
wie zum Beispiel Nelson Mandela oder Mutter Teresa sind hier zu nennen (vgl.
Posner, 2013, S. 46f.).
• Statuskombination 3: Innen tiefer – außen höher
JAN (getroffen, Tabea zur Rede stellend): „Du weißt doch, ich mag das
Gemüse lieber fein geschnitten, das schmeckt einfach besser!“
TABEA (fühlt sich missverstanden und angegriffen, mit angespannt
erhöhtem Tonfall): „Du, dann schneide es doch einfach selbst!“ (hackt wie
wild auf das Gemüse ein: Schmeckt doch eh alles gleich!)
JAN (enttäuscht, erhöht den Druck, das Gemüse wird zum
Entscheidungsfall über die Beziehung): „Ist das (zeigt aufs Gemüse) dein
Ernst?“ (reißt sich die Schürze unbeholfen runter)
TABEA (ebenso hilflos, mit fester Stimme die Oberhand behalten wollend):
„Ja!“
(Posner, 2013, S. 48)
In dieser Situation geschieht Folgendes: Jan erlebt sich als vollkommen
ohnmächtig, dadurch ist sein innerer Status tief. Er kann sich innerlich vom
Geschehen nicht distanzieren, sondern er bezieht Tabeas Verhalten auf sich und
fühlt sich von ihr schlecht behandelt. Er sieht sich als Opfer und empfindet Tabeas
Verhalten ihm gegenüber als achtlos. Wie kann er wieder mehr Raum
einnehmen? Jan versucht über einen äußeren Hochstatus diese Situation zu
klären. Tabea allerdings kann nicht verstehen, was Jan von ihr möchte. Nicht
absichtlich, sondern in Gedanken versunken, passiert es ihr, dass sie das
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 34+
Gemüse zu grob geschnitten hat. Tabea bezieht Jans Verhalten ebenso auf sich,
daher kann sie keine innere Distanz zu dem Geschehen wahren (innerer
Tiefstatus). Aufgrund des plötzlich dominanten Auftretens von Jan, entscheidet
auch sie sich für einen äußeren Hochstatus und versucht, sich diese
Zurechtweisung nicht gefallen zu lassen.
Obwohl diese Statusvariante einen meist trotzig oder zickig wirken lässt und man
zudem Gefahr läuft, unterlegen zu wirken, kann diese Variante zum Beispiel in der
Verhandlung mit einer Versicherung den nötigen Druck aufbauen, um damit die
eigenen Interessen durchzusetzen: „Haben Sie eine Ahnung, was Sie mir damit
antun? So wollen Sie mich hängenlassen? Jahrelang habe ich eingezahlt und
dann brauche ich einmal etwas von Ihnen! Wissen Sie was: Wenn Sie mir jetzt
nicht weiterhelfen, dann kündige ich noch heute!“ (vgl. Posner, 2013, S. 49f.).
Statuskombination 4
Innen tiefer – außen tiefer
Jan (skeptisch, mit weicher Stimme): „Hm, ... du weißt doch ... (stellt sich
neben sie und hilft ihr, das Gemüse zu schneiden), ich mag das Gemüse
lieber fein geschnitten ... (schneidet konzentriert), das schmeckt einfach
besser.“
TABEA (mit schlechtem Gewissen, irgendwie gelingt ihr grad aber auch gar
nichts): „Du, dann ... (resigniert) schneide es doch einfach selbst.“
JAN (ungläubig aufmunternd): „Hey ... ist das dein Ernst?“
TABEA (signalisiert: Heute habe ich keine Kraft mehr für Perfektionismus):
„Ja!“ (setzt sich, nimmt sich ein Glas Wein und schaut ihm beim Zerkleinern
zu, während sie ihm ihr Glas Wein reicht)
(Posner, 2013, S. 50)
Hier steht die Nähe und Harmonie über allem. Kein Streit soll diesen Abend
trüben, daher hilft er Tabea, das Gemüse zu schneiden (außen tieferer Status).
Innerlich ist er ebenso an dem Geschehen beteiligt (innen tieferer Status). Tabea
räumt das Feld und lässt Jan das Gemüseschneiden über (außen Tiefstatus).
Dabei distanziert sie sich innerlich nicht von Jan, sie ist nicht eingeschnappt und
macht zudem ein weiteres Nähe-Angebot.
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 35+
Der doppelte Tiefstatus ist für das Gegenüber sehr angenehm. Harmonie und
Nähe sind die zentralen Themen. Eine unendliche Kompromissbereitschaft wird
hier signalisiert, was dazu führt, dass diese Menschen einerseits als wahre
Teamplayer gelten, aber andererseits, sofern dieser Statustyp der einzige ist, der
bedient wird, als nicht durchsetzungsfähig wahrgenommen werden. Dadurch läuft
man hier Gefahr, unterschätzt zu werden (vgl. Posner, 2013, S. 50f.).
Dieses Beispiel verdeutlicht die einzelnen Statusmodi:
Der Tiefstatus mit Blick auf die anderen, der Hochstatus, der die eigenen
Interessen verfolgt. Zunächst ist weder das eine gut, noch das andere schlecht.
Anzustreben ist, je nach Situation individuell seinen Status verändern zu können.
Um diesem Ziel einen Schritt näherzukommen, muss nicht nur der eigene Status
entziffert und bewusst variiert werden können, sondern es muss auch die Dynamik
des Statusmodells verstanden werden (vgl. Posner, 2013, S. 51).
Das Prinzip der Wippe
„Das Leben gleicht einer Achterbahn
wenn es bergab geht
fangen wir an zu schreien
wenn es hinauf geht
bewundern wir die Aussicht.“
(Maggauer-Kirsche, o.E., zit. n. Schefter, 2015)
Johnstone spricht in diesem Zusammenhang vom „Prinzip der Wippe“, welches
besagt: Wenn ich raufgehe, gehst du runter - und umgekehrt (vgl. Johnstone,
1998, S. 60).
Plath erläutert:
Das Prinzip der Statuswippe geht davon aus, dass Hochstatus automatisch
Tiefstatus beim Gegenüber erzeugt: Ich gehe rauf, du gehst runter.
Umgekehrt gilt natürlich dasselbe: Setze ich meinen Status selbst herab,
fühlt sich mein Gegenüber nach oben in den Hochstatus „verfrachtet“: Ich
gehe runter, du gehst rauf. Wer unfreiwillig im Status herabgesetzt wird, will
wieder noch [sic!] oben. Also wird er sofort etwas tun, um den Hochstatus
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 36+
seines Gegenübers zu senken. So geht es hin und her – wie auf einer
Wippe (Plath, 2010, S. 117).
Folgendes Beispiel von Johnstone soll dieses Gesetz veranschaulichen:
Einige Schauspielstudenten befinden sich gerade bei einem Casting. Einer, der
gerade das Casting absolviert hat, kommt in die Garderobe zu den anderen und
sagt: „Hey, ich hab die Rolle bekommen!“ Daraufhin gratulieren ihm zwar seine
Kollegen, allerdings fühlen sich diese im Status herabgesetzt. Kommt dieser
Student aber in die Garderobe und spricht: „Sie meinen, ich sei zu alt für diese
Rolle“, bemitleiden ihn seine Kollegen, sind aber insgeheim erfreut und in ihrem
Status gehoben (vgl. Johnstone, 1998, S. 60).
In diesem Beispiel agiert der Schauspielstudent unbewusst, je nachdem, ob er die
Rolle erhalten hat oder nicht. Er könnte allerdings auch dann, wenn er die Rolle
ergattert hat, die Sympathie auf seiner Seite haben. Dazu müsste er es schaffen,
den Status seiner Kollegen zu heben. Dies gelingt ihm durch das Senken seines
eigenen.
Er sagt: „Ich hab´ die Rolle bekommen, aber ich weiß gar nicht, ob ich das alles
umsetzen kann, was die da fordern.“
Der Schauspielstudent senkt nun ganz bewusst seinen Status. Er nimmt im Außen
einen tieferen Status als seine Kollegen ein und katapultiert damit diese auf der
Wippe nach oben. Wahrscheinlich werden sie antworten: „Du schaffst das
bestimmt. Die haben doch gesehen, was du kannst, sonst hätten sie dich doch gar
nicht ausgewählt.“
Umgekehrt funktioniert dies ebenso:
Der Schauspielstudent erhält die Rolle nicht, will sich aber nicht als Verlierer
geschlagen geben. Somit entscheidet er sich, nicht in den Tiefstatus zu gehen. Er
hebt seinen eigenen Status und befördert damit seine Kollegen auf der Wippe
nach unten. Er sagt: „Sie meinen, ich sei zu alt für diese Rolle. Bin ich froh, dass
ich mich nicht mit diesem arroganten Regisseur herumschlagen muss. Viel Spaß
mit ihm.“
Versucht man vergeblich, seine Seite der Wippe nach unten zu bekommen, da
einem nichts einfällt, wie sie zu senken wäre, kann man dieselbe Wirkung
erzielen, indem man die andere Seite der Wippe nach oben bringt. Johnstone führt
hierzu folgendes Beispiel an: „Ich rieche gut“ (hebt den eigenen Status) oder „Du
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 37+
stinkst“ (senkt den Status des anderen) erzielt in beiden Fällen die gleiche
Wirkung (vgl. Johnstone, 1998, S. 61).
Gute Theaterstücke basieren auf demselben Modell. Johnstone verdeutlicht dies
anhand einer Szene von Molières Stück „Der Arzt wider Willen“ indem er diese mit
Status-Anmerkungen ergänzt:
SGANARELL: (Hebt sich selbst.) Nein, sag´ ich dir, nein, ich will nicht! Ich
bin der Herr, und ich tu´, was mir paßt.
MARTINE: (Senkt Sganarell, hebt sich selbst.) Und ich sag´ dir, daß du
nach meinem Willen zu leben hast, weil ich dich nicht geheiratet hab´, um
deine Narreteien zu ertragen.
SGANARELL: (Senkt Martine.) Ach, es ist bitter, ein Weib zu haben! Der
alte Aristoteles hat schon ganz recht, wenn er sagt, daß die Frauen
schlimmer sind als die Dämonen.
MARTINE: (Senkt Sganarell und Aristoteles.) Seht doch diesen klugen
Mann – jetzt kommt er mit seinem blöden Aristoteles daher!
SGANARELL: (Hebt sich.) Ja, ja, kluger Mann. – Das stimmt schon. Zeig
mir doch einen anderen Holzhacker, der so bewandert ist wie ich – der
sechs Jahre bei einem berühmten Arzt im Dienst war und der schon als
Kind die Lateinfibel seitenweise auswendig gekonnt hat!
MARTINE: (Senkt Sganarell.) Der Teufel soll dich holen, närrischer Tropf!
SGANARELL: (Senkt Martine.) Dich soll er holen, du Hexe!
MARTINE: (Senkt den Hochzeitstag.) Der Tag soll verflucht sein, an dem
ich so wahnsinnig war, dir jazusagen!
SGANARELL: (Senkt den Notar.) Verflucht soll der alte Schwachkopf von
einem Notar sein, der mir mein Todesurteil zur Unterschrift hingehalten hat!
MARTINE: (Hebt sich.) Du willst dich beklagen, du? Jeden Augenblick, den
Gott gibt, solltest du auf den Knien danken, daß du mich zur Frau hast.
Verdienst du denn so etwas wie mich? (Molière, zit. nach Johnstone, 1998,
S. 62).
Sowohl Komödien als auch Tragödien arbeiten mit dem Prinzip der Wippe.
In der Komödie ist es die Aufgabe des Komikers, den eigenen oder den Status der
anderen zu senken (vgl. Johnstone, 1998, S. 62).
In der Tragödie geht es darum, ein sogenanntes Hochstatus-Tier aus dem Rudel
zu verdrängen (vgl. Johnstone, 1998, S. 64).
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 38+
Johnstone erläutert: „Wird ein Mensch mit sehr hohem Status abgesetzt, freuen
sich alle, weil sie das Gefühl haben, selbst eine Stufe höher zu steigen“
(Johnstone, 1998, S. 65).
War es in vergangener Zeit die Freude des Volkes, einen König fallen zu sehen,
zumindest in einem Theaterstück, so verhält sich die Situation heute ähnlich, allein
Bühne und Darsteller haben gewechselt.
Befand sich die Lehrkraft noch vor einigen Jahrzehnten im gesellschaftlichen
Hochstatus, so wird dieser von den Jugendlichen heute im Allgemeinen nicht mehr
anerkannt (vgl. Plath, 2010, S. 10). Posner erörtert die Problematik von
Lehrerinnen und Lehrern, die von der Gesellschaft eine bestimmte Rolle und damit
einhergehend einen höheren Status (sozialer Status) zugewiesen bekommen
haben, dass davon nicht unbedingt abzuleiten ist, die Lehrkraft könne diesen vor
der Klasse ausfüllen beziehungsweise durchsetzen (persönlicher Status) (vgl.
Posner, 2013, S. 17).
Die Schülerinnen und Schüler beobachten und werten instinktiv die Lehrkraft auf
Statussignale hin aus. Schon bei Betreten der Klasse beginnt der Scan. Die
instinktive Reaktion, die von den Schülerinnen und Schülern als Antwort darauf
gegeben wird, ist eine Spiegelung der persönlichen Verhaltensweisen der
Lehrkraft. Obwohl die Bedeutung von nonverbalen Signalen weithin bekannt ist,
wird in modernen Ausbildungsinstituten für angehende Lehrerinnen und Lehrer
kein Wert auf die Vermittlung dieser wichtigen Fähigkeiten gelegt. Klassen werden
immer heterogener, die inklusive Schule wird angestrebt, aber ohne
entsprechendes Wissen über die Wirkung von Körpersprache, Mimik, Gestik und
innerer Haltung wird es auch für Lehrerinnen und Lehrer, die sich in vielen
Bereichen ein fachliches Wissen angeeignet haben, sehr schwierig sein, eine
Klasse zu führen. Aussagen über „den geborenen Pädagogen“ verleugnen die
Profession einer ganzen Lehrerschaft (vgl. Plath, 2010, S. 13).
Kann das Wissen um Keith Johnstones Statuskonzept nun auch Lehrerinnen und
Lehrern weiterhelfen? Welches Potential birgt es tatsächlich in sich?
Johnstone erinnert sich in seinem Buch „Improvisation und Theater“ an drei Lehrer
aus seiner Schulzeit:
Ich erinnere mich an einen Lehrer, den wir mochten, der aber die Disziplin
nicht aufrechthalten konnte. Der Schulleiter ließ durchblicken, daß er ihn
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 39+
gerne entlassen würde. Wir beschlossen, uns besser zu benehmen. In der
nächsten Stunde saßen wir etwa fünf Minuten lang mucksmäuschenstill,
dann fing einer nach dem andern an, Blödsinn zu treiben – die Jungen
sprangen über die Tische, Acetylengas explodierte im Waschbecken und so
weiter. Am Ende bekam unser Lehrer ein exzellentes Zeugnis, nur um ihn
loszuwerden, und er wurde Schulleiter am anderen Ende der Grafschaft.
Uns blieb die paradoxe Tatsache, daß unser Verhalten mit unserer
bewußten Absicht nichts zu tun hatte.
Ein anderer Lehrer war allgemein unbeliebt, er strafte nie und führte
trotzdem ein unbarmherziges Regime. Auf der Straße lief er zielstrebig
ausschreitend, die Leute mit Blicken durchbohrend. Obwohl er keine
Strafen verhängte oder auch nur androhte, hatten wir schreckliche Angst
vor ihm. Scheu malten wir uns aus, wie furchtbar das Leben seiner eigenen
Kinder erst sein müsse.
Der dritte Lehrer, der sehr beliebt war, strafte nie und hielt dennoch die
Disziplin ausgezeichnet aufrecht. Dabei blieb er sehr menschlich. Er trieb
Späße mit uns und stellte gleich darauf auf unerklärliche Weise die Ruhe
wieder her. Auf der Straße ging er aufrecht, doch locker, und er lächelte oft
(Johnstone, 1998, S. 55f.).
Für Johnstone war die Ursache der unterschiedlichen Wirkung dieser drei Lehrer
lange nicht ersichtlich. Heute in der Reflexion begründet er diese mit den von den
Lehrern unterschiedlich eingenommenen Status.
Der unfähige Lehrer spielte Tiefstatus: Durch viele nervöse und überflüssige
Bewegungen wirkte der Lehrer, dessen Gesicht beim geringsten Ärger rot anlief,
wie ein Eindringling im Klassenzimmer. Der zweite Lehrer, der die Schülerinnen
und Schüler in Angst versetzte, war ein zwanghafter Hochstatusspieler. Den
dritten könnte man als Status-Experten bezeichnen: Er variierte mit großem
Können seinen Status. Er hob und senkte diesen je nach Situation (vgl.
Johnstone, 1998, S 56).
Die Reflexion vermag Analysen über Vergangenes zu erstellen, trotzdem bleibt die
Frage offen, ob und inwieweit Johnstones Statuslehre den Lehrerinnen und
Lehrern im heutigen Schulalltag in der Begegnung mit Schülerinnen und Schülern
dienlich sein kann, gelingende Beziehungen zu diesen aufzubauen?
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 40+
2 Maike Plath
„Wenn man ins Wasser kommt, lernt man schwimmen.“
(Goethe, o.E., zit. n. Schefter, 2015)
2.1 Ihr Weg
Um eine befriedigende Antwort auf diese Frage zu erhalten, ist es unabdingbar,
die Statuslehre selbst im Unterricht zur Anwendung zu bringen, die Ergebnisse zu
evaluieren und die sich daraus ergebenden Schlüsse zu ziehen.
Dachte ich. Inmitten meiner Recherche allerdings begegnet mir Maike Plath. Ist
sie zunächst Lehrerin an einer integrierten Gesamtschule in Bad Oldesloe
gewesen, zu deren Kennzeichen die musikalische und theatrale Ausrichtung
gehört, deren Schülerinnen und Schüler meist aus einem sehr heilen Umfeld
kommen und deren Direktor Frau Plath eine dreijährige Theaterausbildung
ermöglicht hat, so drängen sie einerseits private Gründe und andererseits die Lust
nach neuen Herausforderungen dazu, ihren bisher gegangenen Weg zu verlassen
und nach Berlin zu übersiedeln. Nach einigen Aufnahmegesprächen an von ihr
ausgesuchten Schulen hätte sie aufgrund ihres Profils an mehreren sofort zu
arbeiten beginnen können, wäre da nicht im damaligen Sommer 2004 der
„berühmte Einstellungsstopp“ in Berlin verordnet worden. Es sieht zunächst so
aus, als würde sie keine Anstellung mehr erhalten (vgl. Plath, 2015, S. 1f.). Am
vorletzten Ferientag lädt das Bezirksamt Neukölln sie zu einem Gespräch ein: „Wir
können Ihnen was anbieten, weil da keiner hin will und wenn Sie bereit sind, die
Stelle anzutreten, dann können Sie übermorgen anfangen“ (Plath, 2015, S. 2).
Eigentlich ist es nicht ihr Ansinnen gewesen, an eine Hauptschule zu gehen, aber
unter den gegebenen Umständen antwortet sie: „Tja, dann mach ich das wohl“
(Plath, 2015, S. 2).
Die Hauptschule Berlin-Neukölln ist der neue Ort, an dem Frau Plath zu
unterrichten beginnt. Auf die Frage, ob sie gewusst habe, auf welches Abenteuer
sie sich hierbei einlasse, antwortet sie, dass sie von den Meinungen anderer über
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 41+
Berlin-Neukölln sehr beeinflusst gewesen sei, denn jeder habe gemeint, Berlin-
Neukölln wäre die absolute Katastrophe.
Mit einem mulmigen Gefühl betritt Sie daher am ersten Tag das Schulgebäude,
das sie zunächst erschrecken lässt: Tafel, Holzstühle, abgeschlossene Lehrer-
und Schülertoiletten entsprechen nicht dem Bild, welches sie von ihrer vorherigen
Schule gewohnt ist. Sie beschreibt die Zustände als „rückwärtsgewandt“ und beim
Betreten der Klasse ist sie zunächst erleichtert, denn ihre aufgebauten Vorurteile
verschwinden schlagartig, als sie keine „Monster“, sondern eben doch Kinder
vorfindet. Innerhalb weniger Minuten erkennt sie trotz allem, dass Unterricht hier
anders gelebt wird, als sie es bisher verstanden hat (vgl. Plath, 2015, S. 2f.).
Während einige Schülerinnen und Schüler sie plötzlich permanent zu sich rufen,
klauen andere Jugendliche einige Sachen aus ihrer Tasche. Frau Plath
entscheidet sich, nachdem sie das Verhalten der Jugendlichen als klares
Rollenspiel durchschaut hat, das diese wahrscheinlich mit jeder neuen Lehrkraft
durchführen, den Raum mit den Schülerinnen und Schülern zu verlassen. Sie
begibt sich nach draußen und beginnt ein offenes Gespräch mit jenen, die mit ihr
kommunizieren wollen. Die anderen versuchen, sie in der Zwischenzeit zu ärgern,
allerdings ignoriert Frau Plath diese und letztlich sitzen alle um sie und sind bereit,
mit ihr zu reden (vgl. Plath, 2015, S. 3). „Okay, man kann es irgendwie schaffen“,
ist ihr Resümee an diesem ersten Tag (Plath, 2015, S. 3).
Aber das zweite Problem war dann das, dass man auch Unterricht machen
sollte, und dass man in diesen Kontext Klassenraum ja auch irgendwann
wieder zurückkehren musste [...] und das war dann das nächste Problem
(Plath, 2015, S. 3f.).
Zunächst beginnt sie, um Ruhe herzustellen, die Jugendlichen mit Arbeitsblättern
zu beschäftigen. Sie merkt jedoch nach dem ersten Test, dass die Schülerinnen
und Schüler nichts gelernt haben. Die Jugendlichen beschreiben diesen Unterricht
selbst als „Unterricht für die Wand“ (vgl. Plath, 2010, S. 10).
Daher entscheidet sich Maike Plath, einen anderen Weg einzuschlagen. Sie
möchte auf alle Fälle die Zeit mit den Schülerinnen und Schülern sinnvoll
verbringen. Da sie ihren Beruf aus innerer Überzeugung ausübt, ist es
unbedingtes Anliegen von ihr, die ihr anvertrauten Jugendlichen weiterzubringen,
denn wozu sonst sollte sie täglich diese Schule betreten, wenn kein Wachstum
passiere? Sie erinnert sich an ihre theaterpädagogische Ausbildung und weiß
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 42+
auch aus ihrer jahrelangen Erfahrung als Lehrerin, wie viel möglich sein kann. Den
Unterricht mit Bewegung zu gestalten, war demnach ihr nächstes Vorhaben (vgl.
Plath, 2015, S. 5).
Sowohl Plath als auch Johnstone, dem es während seiner Tätigkeit als
Grundschullehrer ebenso Anliegen war, bewegten Unterricht zu machen, musste
sich daraufhin mit dem Problem der Disziplin auseinandersetzen (vgl. Johnstone,
1998, S. 29; Plath, 2015, S. 4).
Ab diesem Zeitpunkt ist nicht nur die Lehrkraft gefordert, sondern auch die
Schülerinnen und Schüler, denn Unterricht, der Jugendliche direkt anspricht, der
das Verstecken hinter Tischen unmöglich macht, führt unweigerlich auch dazu,
dass diese erst einmal auch in ihrem ganzen Verhaltensspektrum sichtbarer
werden und zunächst Grenzen austesten (vgl. Plath, 2015, S. 5).
Plath konstituiert:
Bringt man seine Schüler/innen aber in Bewegung, dann braucht man als
Lehrer/in mehr als gut gemeinte Tipps in der Art von „Stellen Sie sich vorne
hin und warten Sie, bis es ruhig ist“ – man kann mitunter bis Weihnachten
warten. Oder: „Nur der spricht, der den Stein in der Hand hat“ – niemand
spricht, alle schreien und der Stein fliegt durch die Gegend (Plath, 2010, S.
10f.).
Johnstone begegnet dieser Herausforderung, indem er sich Gedanken über den
Aufbau gelingender Beziehungen zu den Kindern macht und die Methode des
Nicht-Einmischens von Stirling auf alle Gebiete, insbesondere des Schreibens
anwendet (vgl. Johnstone, 1998, S. 30).
Auch Plath diagnostiziert, dass es sich bei dieser unendlichen Anzahl von
entstehenden Situationen, die durch diesen bewegten Unterricht entstanden sind,
eigentlich um Beziehungssituationen handelt (vgl. Plath, 2010, S. 11). Um nun im
Klassenzimmer tatsächlich den Unterricht zu steuern und nicht von den
Schülerinnen und Schülern gesteuert zu werden, bezieht sich Plath nicht mehr auf
ihre Lehrerausbildung, sondern auf die in der Theaterausbildung kennengelernte
Statuslehre von Johnstone, die eigentlich Handwerkszeug von Schauspielerinnen
und Schauspielern ist, aber auf den Alltag und die Kommunikation mit Menschen
absolut übertragbar ist, da alle Menschen in ihrem täglichen Leben permanent und
unbewusst ihren Status an anderen Menschen ausrichten (vgl. Johnstone, 1998,
S. 96; vgl. Plath, 2015, S. 5).
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 43+
2.2 Status im Unterricht
„Überall lernt man nur von dem, den man liebt.“
(Goethe, o.E., zit. n. Schefter, 2015)
Plath erzählt: „Mir war total klar, dass die Schüler mich lesen, mich also einordnen
und im Grunde genommen mit mir Statusspiele spielen“ (Plath, 2015, S. 5).
Weiters führt sie die Wichtigkeit der Bewusstmachung diesbezüglich aus, denn
solange die Existenz von Statusspielen nicht erkannt wird, kann ein Mensch stets
nur reagieren. Wird man sich darüber bewusst, wie man welchen Status sendet,
wird es möglich, selbst zu agieren und von seinem Gegenüber entsprechende
instinktive Reaktionen darauf zu erhalten.
Als Beispiel: Werden wir im Straßenverkehr von jemandem aufgehalten, der uns in
einer sehr fordernden und lauten Weise auf falsches Verhalten unsererseits
aufmerksam macht, dann tendieren wir dazu, in den Tiefstatus zu gehen und zu
sagen: „Ja, Entschuldigung, es ist nur ganz kurz und ähm.“ Das ist instinktives
Verhalten. Bei Johnstones Statuslehre wird zunächst von Hoch- und Tiefstatus
ausgegangen. Allerdings handelt es sich hierbei um eine Skala, deren äußerste
Enden hoch beziehungsweise tief sind, dazwischen ist alles möglich.
Um erfolgreich das Unterrichtsgeschehen leiten zu können, bedarf es des
Wissens um die im vorhergehenden Kapitel bereits besprochenen Wippe (vgl.
Plath, 2015, S. 6).
2.2.1 Die Wippe im Unterricht
„Zwischen Weinen und Lachen schwingt die Schaukel des Lebens,
zwischen Weinen und Lachen fliegt in ihr der Mensch.“
(Morgenstern, o.E., zit. n. Schefter, 2015)
Die Provokation von Schülern hat oft das Ziel, meinen Status zu senken,
wenn ich aber selber das weiß, wie ich das machen möchte und ich nicht
das tue, was die Schüler erwarten, sondern umgekehrt, sie in ihrem Status
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 44+
nach oben schicke, dann fühlen sie sich gut und dann ist sozusagen die
Provokation umsonst. Das ist die sogenannte Statuswippe (Plath, 2015, S.
5f.).
Nachfolgendes Beispiel schildert, wie Maike Plath mit der Statuswippe im
Unterricht bewusst umgegangen ist: Der einzige tolle, lichtdurchflutete Raum der
Hauptschule Berlin-Neukölln ist die Aula. Nach unzähligen Diskussionen darf
Maike Plath diesen Raum, der einerseits unter Denkmalschutz steht und
andererseits viele technische Geräte beherbergt, für ihren Unterricht verwenden.
Plath steht mit ihren Schülerinnen und Schülern vor der Aula. Sie schließt den
Raum auf, alle stürmen hinein. Die Jugendlichen benehmen sich tatsächlich so,
wie es ihre Kollegen ihr prophezeit haben: Einer, der die Aufmerksamkeit der
anderen haben möchte, schiebt alle Regler nach oben, es folgen eine
unglaubliche Übersteuerung und großes Chaos. Alle Schülerinnen und Schüler
lachen sich kaputt und beobachten, wie ihre Lehrerin Frau Plath darauf reagiert.
Normalerweise müsste sie nun eine Sanktion erteilen und den Schüler
zurechtweisen. Das ist, was Lehrkräfte als Erstes tun würden, aber dies wäre eine
Reaktion (vgl. Plath, 2015, S. 4f.). Wenn die Lehrperson sich allerdings überlegte,
was das eigentlich solle und warum der Schüler das gemacht habe, dann, so
erklärt Plath:
[...] liegt das natürlich daran, dass der seinen Status erheben möchte und
es gibt kein besseres Mittel seinen eigenen Status als Schüler zu heben,
als das, den Status des Lehrers herabzusetzen, weil das ist ´ne
Statuswippe. Wenn er im Raum etwas macht, was mich besorgt, dann setzt
er mich herab und macht mich lächerlich vor den anderen, dann lachen alle,
dann gewinnt er an Status. Das ist das Ziel der Aktion (Plath, 2015, S. 6).
Hier stellt sich die Frage, wie als Lehrkraft vorgegangen werden könne: Plath
denkt nicht daran, schneller zu gehen, nur weil der Schüler an der Anlage ist,
sondern sie behält weiterhin ihr Tempo bei (innerer Hochstatus) und spricht ihn
freundlich an (äußerer Tiefstatus) (vgl. Plath, 2015, S. 4):
Ist ja super Mehmet. Du interessierst dich für die Technik. Ich brauche
dringend jemanden, der mich dabei unterstützt. Das Problem an der Sache
ist, du musst jetzt ganz genau zuhören, weil es ein bisschen kompliziert ist.
Ich nehme an, das schaffst du wahrscheinlich nicht, aber pass auf, ich
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 45+
erzähl dir mal ein paar Tricks, dann kannst du mal gucken. Das erste ist so
[...] (Plath, 2015, S. 6).
Danach erklärt sie ihm das Mischpult, jedoch nur kurz. Sie übergibt ihm die
Verantwortung, schon beginnt die erste Übung und er muss sich nun beweisen.
Maike Plath wendet sich zur Gruppe und sagt, Mehmet sei nun der Tontechniker,
der sie von nun an unterstütze. Sie beginnt mit der ersten Übung: „Mehmet,
kannst du bitte [...]?“
Im Interview erklärt Plath, der Witz an der ganzen Sache sei, dass man diese
Vorgänge auch absolut spüre, wie der Schüler in dem Moment einen hohen Status
von ihr bekommen habe und die gesamte Provokation von vorhin plötzlich
verschwunden sei und sich seine Situation in Stress umwandle: „Ach du scheiße,
jetzt muss ich das hinbekommen!“
Der Schüler hört seiner Lehrerin aufmerksam zu, sie sind nun Verbündete, denn
er fühlt sich durch sie enorm aufgewertet und möchte im Gegenzug auch ihre
Erwartungen erfüllen (vgl. Plath, 2015, S. 6).
Dieses Beispiel ist typisch für eine Statuswippe und lässt sich auf jegliche
Kommunikation mit Schülerinnen und Schülern auch in anderen Situationen
übertragen, denn, so Plath, die Grundgeschichte sei immer die gleiche:
Wer stört denn eigentlich im Unterricht? [...] Und das sind eigentlich die, die
Aufmerksamkeit brauchen. [...] wenn man halt als Schüler die
Aufmerksamkeit vom Lehrer nicht über gute Noten oder über gute
Leistungen kriegen kann, dann ist es immer noch besser, wenn die ganze
Klasse über einen lacht und wenn man dann in der Klasse der Coole ist
(Plath, 2015, S. 7).
Letztendlich – und hier kommt man zu äußerem und innerem Status – spielen
Schülerinnen und Schüler, die Aufmerksamkeit brauchen, nach außen ganz hoch
im Sinne von: „Hey, ich bin der dicke Macker“, aber nach innen sind diese ganz
tief, da sie in ihrem Leben schon unzählige Demütigungen erlebt haben. Aus
diesem Grund kämpfen diese Jugendlichen um Aufmerksamkeit und wollen
eigentlich gesehen und geliebt werden. Das heißt in weiterer Folge, wenn die
Lehrperson es schaffen kann, den inneren Tiefstatus der Jugendlichen nach oben
zu bringen, dann erübrigt sich im Grunde das vorhergehende provozierende
Verhalten von diesen. Besonders bei Anfangssituationen mit einer neuen Klasse,
sagt Plath, sei dies sehr entscheidend und sei unter Lehrkräften insofern bekannt,
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 46+
indem man schon sehr früh lerne: Den, der am meisten störe oder den, der in der
Klasse den höchsten Status habe, müsse man für sich gewinnen. Die Frage ist
nur wie? Immer wieder wird Lehrerinnen und Lehrern mitgeteilt, diese Schülerin
oder dieser Schüler sei zunächst ganz klein zu machen, denn an dieser Person
müsse ein Exempel statuiert werden. Allerdings zieht sich die Lehrkraft, wenn sie
diese Schülerin oder diesen Schüler mit dem höchsten Status demütigt, auch den
Groll der anderen zu. Daraufhin steigt der „Ich-bin-der-Chef“-Level, denn nun
muss die Lehrkraft auch den anderen gegenüber im Hochstatus verbleiben und
mit Sanktionen bei Nichtbefolgen von Anweisungen agieren. Auf Seite der
Jugendlichen wird es nun von Mal zu Mal attraktiver, den Status der Lehrperson
zu senken, denn schafft man dies, wird man selbst auf der Wippe nun ganz weit
nach oben befördert.
FAZIT: Es ist viel günstiger, den sogenannten Klassenkasper zu verstehen und
ihn zu seinem Verbündeten zu machen, insofern aber, dass er auch wirklich Liebe
und Wertschätzung erfährt (vgl. Plath, 2015, S. 7).
Ob diese Methode nun Erfolg hat oder nicht, hängt zusätzlich noch von einem
weiteren kleinen, aber sehr wesentlichen Punkt ab:
All das funktioniert nur, wenn die Lehrkraft einen inneren, hohen Status hat. Denn
es nützt nichts, nur zu jemandem freundlich zu sein, wenn man innerhalb einer
Gruppe den niedrigsten Status hat. Plath erklärt dies anhand eines Beispiels:
Erinnern wir uns an die Zeit, als wir selbst noch in die Schule gegangen sind.
Wenn der mit dem geringsten Status hinter uns herrennt und die ganze Zeit
freundlich zu uns ist, ist das aus unserer damaligen Sicht nichts wert gewesen. Ist
es allerdings der coolste Kerl, der hinter uns her ist und der sich plötzlich
freundlich zeigt und aufmacht, dann ist man total beglückt gewesen.
Plaths Vorgehensweise stellt sich als äußerst erfolgreich heraus. Nun mag eine in
Sachen Status noch unerfahrene Lehrkraft einwenden, diese Methode verlange
Das heißt, die Lehrkraft muss den höchsten inneren Status haben, damit dieses
nach außen transportierte Tiefstatusverhalten und die Wippe funktionieren.
Dadurch verzichtet die Lehrkraft bewusst auf den institutionell verabredeten
Hochstatus und erreicht damit, dass ihr die Jugendlichen vertrauen. Plath
bezeichnet dies als Status-Paradoxon (vgl. Plath, 2010, S. 123).
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 47+
sehr viel Übung und sei für den gerade aktuellen und schwierigen Fall daher nicht
einsetzbar. Aber welches einfache Rezept, das von heute auf morgen zu
verstehen, zu lernen und anzuwenden sei, gibt es, um gerade mit schwierigen
Situationen zurechtzukommen?
Keith Johnstones Statuslehre ist mehr als ein Zurechtkommen und „Überleben“ im
Schulalltag. Es handelt sich bei dieser Methode weder um Erfundenes oder
Erdachtes, aber sehr wohl von ihm Entdecktes. Er macht damit sichtbar, warum
wir wie reagieren und er ermöglicht uns den Blick über den Tellerrand hinaus, da
es anhand von Johnstones beschriebener Statuslehre möglich wird, erlebte
(Beziehungs-)Situationen reflektierend zu verstehen, aktuelle Begegnungen
aufgrund von Einsichten in menschliches Verhalten in eine positive Richtung zu
lenken und im eigenen Verstehen weiterzuwachsen. Eine Lehrkraft, die sich
eigentlich permanent in Beziehungssituationen befindet, muss Experte für
menschliches Verhalten und Kommunikation sein, um den Anforderungen, die
heute an sie gestellt werden, gerecht zu werden.
Weiters mag angeführt werden, Lehrkräfte seien keine Schauspieler und
Verhalten, das aufgrund von Beobachtungen bewusst eingenommen werde, sei
nicht authentisch und daher abzulehnen.
Was genau bedeutet „innerer Hochstatus verbunden mit äußerem Tiefstatus“, also
jener Status, den Plath uns zuvor als gute Möglichkeit im Unterricht zu agieren
vorgestellt hat?
Innerer Hochstatus ist eng verbunden mit dem Wissen darüber, dass man sich
seiner sicher ist. Das meint, einerseits fachlich kompetent und gut vorbereitet zu
sein und sich in der Klasse nicht so zu bewegen, als wäre man ein Eindringling,
sondern in einer Art und Weise, die Selbstsicherheit ausstrahlt.
Plath ergänzt hierzu, dass der Bereich der Körperwahrnehmung jenes Element
der Statuslehre sei, das die Brücke zur Schauspielerei schlage, denn
Schauspielerinnen und Schauspieler lernten während ihrer Ausbildung sehr viel
über Körpersprache und dies sowohl theoretisch als auch praktisch.
Für den Bereich der Statuslehre im Unterricht geht es darum zu wissen, dass es
einen Unterschied macht, ob man sich ruhig oder hektisch bewegt, Letzteres führt
dazu, vom Gegenüber als tief wahrgenommen zu werden. Wenn man alles
verlangsamt, nur sehr wenige Bewegungen macht, sehr aufrecht ist, langsam
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 48+
spricht, bewusste Blickkontakte setzt, dann wird man im Hochstatus
wahrgenommen. Der erste Schritt zu einer inneren Hochstatushaltung ist,
zunächst diese körperlichen Möglichkeiten einfach umzusetzen, denn das
Unglaubliche offenbart sich im Einfachen: Die Schülerinnen und Schüler reagieren
auf die neuen körperlichen Signale und ändern ihr Verhalten (vgl. Plath, 2015, S.
8).
Äußerer Tiefstatus meint freundliches Verhalten, Plath bezeichnet dies als
„Kommunikation der Begegnung“: den Schülerinnen und Schülern zuhören und
nicht nur stur das vorbereitete Programm den einzelnen Punkten nach
durchziehen, sondern Interesse an der Lebensrealität der Jugendlichen zeigen
und diese vor allem nicht beschämen und demütigen.
Sie ergänzt, sowohl Gehirnforschung als auch Lerntheorien seien sich einig, dass
es zunächst diese Kommunikation der Begegnung brauche, ansonsten könne es
zu keiner Öffnung auf Seiten der Schülerinnen und Schüler kommen und in
weiterer Folge nichts gelernt werden, da die meisten Lernenden sich nicht mit dem
Stoff beschäftigten, sondern mit ihrem Status und damit, wie sie eine erlittene
Demütigung wieder kompensieren könnten.
Um die Sicht der Schülerinnen und Schüler besser verstehen zu können, spricht
Plath im Interview von einer Situation, die uns allen sehr bekannt ist: Nach einem
Streit steigen wir aufgebracht in unser Auto, fahren los, um rechtzeitig in der
Schule anzukommen. Woran denken wir die nächsten zehn Minuten, während wir
im Auto sitzen? Mit Sicherheit nicht daran, was für eine großartige
Unterrichtsstunde wir heute machen werden, sondern wir führen im Auto
Selbstgespräche und verarbeiten die erlittene Demütigung.
Sehr viele Schülerinnen und Schüler verwenden die ganze Zeit des Unterrichts,
um diese Demütigungen zu verarbeiten. Dabei halten sie Ausschau nach
Situationen (vor allem mit Lehrkräften), die ihnen dienlich sein könnten, ihren
Status wieder zu heben, um letztlich die Demütigungen kompensieren zu können
(vgl. Plath, 2015, S. 11). „Wenn ich das für sie machen kann, dann kommen wir
schneller zu einer fruchtbaren Auseinandersetzung über Inhalte“ (Plath, 2015, S.
11). Damit bezieht sich Plath auf das bewusste Senken des eigenen Status, um
die Jugendlichen in deren Status nach oben zu bringen, damit unbewusstes
Statusgerangel der tatsächlichen Unterrichtsarbeit weichen kann.
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 49+
Aus meiner Sicht wird allein durch das Verstehen der Statuslehre der
Handlungsspielraum von Lehrpersonen erweitert, denn es ermöglicht, Situationen
zu begreifen und lädt ein, nicht permanent auf Verhalten zu reagieren, sondern
bewusst aus seinen persönlichen Befindlichkeiten auszusteigen. Dass dies nicht
immer und sofort auf Anhieb funktioniert, mag der Realität entsprechen, die
Statuslehre möglicherweise deswegen abzulehnen, erachte ich nicht als sinnvoll.
Johnstone drückt es sehr gut aus: „Chaplin and Keaton had a very good
understanding of it. Shakespeare understood it. Everybody understands it. It´s
intuitive” (Johnstone, 1979, zit. n. Dudeck, 2013, p. 1455). Das heißt, die
Statuslehre ist etwas, das uns auf einer sehr intuitiven Ebene vertraut ist, daher
können uns Einblicke darin immer wieder sogenannte „Aha“-Erlebnisse
bescheren. Die Statuslehre ist verständlich und begreifbar, sie ist uns eigen. „I
don´t know why anyone didn´t put it into practice before“ (Johnstone, 1979, zit. n.
Dudeck, 2013, p. 1455). Johnstone verdanken wir, sie ans Licht gebracht zu
haben.
+2.2.2 Lehrer-Statustypologie
„Status, Status? Was war das noch mal gleich?
Ach ja, der Platz, den man sich selber macht.“
(Blanck, o.E., zit. n. Schefter, 2015)
Plath orientiert sich an Johnstones Statustypologie und erörtert, wie sich diese im
Kontext Schule zeigt:
1. Die Rampensau (außen hoch / innen hoch)
Hier handelt es sich um den absolut autoritären Lehrer, vor dem alle Angst haben.
Die Eltern sagen über diesen Lehrertyp: „Ja, das ist ein ganz toller Lehrer, da lernt
mein Kind so viel.“ Allerdings findet bei diesem Lehrertyp nicht oder kaum die
Kommunikation der Begegnung statt, deswegen kommt es hier zum
Auswendiglernen auf Tests hin. Die gelernten Informationen werden schon bald
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 50+
wieder vergessen sein, da dieses Wissen nicht emotional verankert wird (vgl.
Plath, 2015, S. 13f.).
2. Der Charismatiker (außen tief / innen hoch)
Dies ist jener Status, der zuvor schon als idealer Statustyp definiert worden ist.
Innen hoch und außen tief bedeutet innen hoch und außen alles. Damit ist
gemeint, dass außen alles möglich ist. Äußeres Tiefstatusverhalten führt im
Unterrichtsalltag meistens zu einer gelungenen Kommunikation, jedoch nur, wenn
die Lehrkraft einen inneren Hochstatus hat, denn ansonsten verliert der äußere
Tiefstatus seinen Wert (vgl. Plath, 2015, S. 14).
3. Der Kläffer (außen hoch / innen tief)
Dies ist jener Typ, der, obwohl er innen tief ist, trotzdem das Gefühl hat,
grandiosen Unterricht zu machen, nur irgendwie sind die Umstände nie günstig:
Die Schüler sind ungezogen, die Eltern kümmern sich nicht, die Räume sind nicht
ideal und so weiter. Innerlich fühlt sich der Kläffer als Opfer seiner Umstände,
äußerlich möchte er Respekt erzeugen und es scheint, das einzige Mittel, das er
noch zur Verfügung hat, ist zu schreien. Daraufhin verstummen die Schülerinnen
und Schüler kurz, nachdem er aber die Klasse verlassen hat, lachen sich alle
darüber kaputt und lästern über diese Lehrperson. Kurzfristig mag er für Ruhe
sorgen, jedoch ohne langfristigen Effekt, da ihn die Jugendlichen weder
respektieren noch mögen (vgl. Plath, 2015, S. 14).
4. Der Teamplayer (außen tief / innen tief)
Der Teamplayer, sowohl außen als auch innen tief, ist der Typ, der ungemein
beliebt ist, sich aber nicht durchzusetzen vermag. Alle lieben den Teamplayer
aufgrund seiner ewigwährenden Beteuerungen und Zusprüche sehr (vgl. Plath,
2015, S. 14).
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 51+
Nähe versus Distanz +
„Nähe und Distanz – das wohl älteste Spiel der Welt,
das immer noch die wenigsten spielen können.“
(Pomes, o.E., zit. n. Schefter, 2015)
Die vier Grundtypen erwirken je ein unterschiedliches Maß an Sympathie
einhergehend mit Nähe, während Respekt an Distanz gekoppelt ist.
• Innerer Tiefstatus kann keinen Respekt herstellen. Hierzu gehören: Der
Teamplayer, der keine Grenzen setzen kann, wird gemocht, der Kläffer
jedoch, der ebenso keinen Respekt erzeugen kann, wird zudem auch nicht
als sympathisch empfunden.
• Die Rampensau ist auf beiden Ebenen im Hochstatus. Dadurch kann diese
Person großen Respekt erzeugen, wird aber von den Jugendlichen nicht
gemocht.
• Der Charismatiker schafft es, durch den äußeren Tiefstatus Nähe
herzustellen, mithilfe des inneren Hochstatus´ allerdings auch Respekt zu
erzeugen (vgl. Plath, 2015, S. 14).
Es gibt Menschen, die sich gegen eine solche Einteilung wehren und darauf
bestehen, als individuelle Persönlichkeiten angesehen zu werden. Plath schreibt in
ihrem Buch „Spielend unterrichten“ hierzu:
Es ist zwecklos, diese Mechanismen zu leugnen, denn sie finden überall
statt, wo Menschen in Gruppen zusammen sind. Und jeder Mensch weiß
instinktiv, wann er einer anderen Person gegenüber im Hoch- oder im
Tiefstatus ist. Sie brauchen sich nur an Ihre eigene Kindheit und Jugend zu
erinnern: Welche Klassenkameraden hatten Hochstatus? Welchen Status
hatten Sie selbst in Ihrer Klasse? Wem gegenüber fühlten Sie sich
überlegen und wem gegenüber unterlegen? (Plath, 2010, S.38).
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 52+
Im Interview mit Frau Plath führt sie ergänzend aus:
Niemand kann Hochstatus gleich „spielen“. Bei dir wäre Hochstatus anders
als bei mir, aber das Prinzip ist halt das Entscheidende, dass wir uns mit
der Idee verkoppeln und mit diesem instinktiven Wissen, das wir alle haben
(Plath, 2015, S. 17).
So wie Edward Bond, der als Mitglied der Autorengruppe des RCT durch
Johnstone erkennt, dass sich die Gestaltung von dramaturgischen Texten nicht
um Charaktere dreht, sondern um Beziehungen, so dürfen wir diese Einsicht auf
unseren Schulalltag übertragen: Die Gestaltung von Unterricht wird nicht mittels
der perfekten Methode umgesetzt, sondern ist abhängig von der Fähigkeit
Beziehung zu gestalten (vgl. Bond zit. n. Johnstone, 1998, S. 37). Dazu bedarf es,
die eigene Statuskomfortzone zu verlassen und ein sogenannter Statusexperte zu
werden. Was dies bedeutet, wird nachfolgend erläutert.
2.2.3 Statuskomfortzone
+“I’m continually trying to make choices that put me against my own comfort zone.
As long as you’re uncomfortable, it means you’re growing.”
(Kutcher, o.E., zit. n. AZQuotes, 2015)
Plath erklärt, die Statuskomfortzone sei jener Bereich, in dem eine Person sich
hinsichtlich von Status normalerweise bewege und die nie verlassen werde, da
man Angst habe, mit anderem Verhalten zu viel Aufmerksamkeit auf sich zu
ziehen und sich lächerlich zu machen. Das bedeutet: Bin ich jemand, der eher auf
Nähe (Teamplayer, Charismatiker) oder auf Distanz (Kläffer, Rampensau) spielt?
Möchte ich tendenziell andere Leute meinem Willen unterwerfen und mich
durchsetzen oder bin ich harmoniebedürftig, sprich, auch in Konfliktsituationen
strebe ich durchwegs Harmonie an.
Die meisten Menschen sind aufgrund unserer anerzogenen Höflichkeitskultur
tendenziell eher Tiefstatusspieler, im Sinne von „Bitte, nach Ihnen“. Die Frage ist
jetzt: Wie schaffe ich es, einen anderen Status einfach anzunehmen, der nicht auf
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 53+
einer Reaktion basiert, sondern den eine spezielle Situation eigentlich verlangt,
um Unterricht gelingend gestalten zu können. Schauspielerinnen und
Schauspieler lernen, ihr Verhalten auszuweiten, das eigene Handelsspektrum zu
erweitern und sowohl ganz tief als auch ganz hoch spielen zu können. Weiters
lernen sie, in jeder Situation den Status spielen zu können, den sie sich
vorgenommen haben, was bedeutet, dass diese es beherrschen, sich innerhalb
von einer Sekunde komplett lächerlich machen zu können, sodass sich alle
kaputtlachen und auch, ohne ein Wort zu sagen, aufzustehen, und plötzlich als
König zu agieren.
Würden Lehrpersonen dies können, dann wäre die eigene persönliche
Komfortzone kein Thema mehr, da sie jedem Lernenden das Statusverhalten
geben könnten, das für jede Schülerin und jeden Schüler wichtig und richtig wäre
(vgl. Plath, 2015, S. 12f.).
Das heißt, die Schnittmenge zwischen Lehrkraft und Schauspieler ist, dass beide
wissen, was sie tun. Es ist auch für die Lehrperson nicht dienlich, einfach
loszugehen und irgendwie zu improvisieren ganz nach dem Motto: Der Tag wird
schon irgendwie laufen. Vielmehr sollte man die „Handwerkskiste“ von
Schauspielerinnen und Schauspielern für sich öffnen und Gesten, die Hoch- und
Tiefstatus erzeugen, erproben und erlernen und im Anschluss daran, diese
gewinnbringend im Schulalltag einsetzen mit dem Ziel, effektiver kommunizieren
zu können, um den Bildungs- und Erziehungsauftrag professioneller erfüllen zu
können (vgl. Plath, 2010, S. 62f.). Wichtig, um mit der Statuslehre erfolgreich zu
sein, ist es, Hoch- und Tiefstatus als gleichwertig anzunehmen.
Bei ihr selbst habe das sehr lange gedauert, da sie nach dem Prinzip „trial end
error“ vorgehen musste, schildert Plath ihren Weg. Aufgrund der äußerst geringen
Frustrationstoleranz von Hauptschülern, sind diese, sofort nachdem sie etwas
„falsch“ gemacht habe, total ausgerastet.
Trotzdem hat sie nicht aufgegeben und ist nach dem Motto „Und täglich grüßt das
Murmeltier“ wieder hingegangen:
Ah, heute hab ich schon zehn Minuten geschafft, dann ist alles
kaputtgegangen und am nächsten Tag geht man wieder rein und dann
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 54+
wieder. Heute in Minute acht schon und nächsten Tag wieder rein und
wieder rein und wieder rein, immer, so kam mir das auch vor und jeden Tag
überlegt man halt: Du gehst wieder ins Schlachtfeld und jetzt machst du an
der Stelle was anders und jetzt mal gucken (Plath, 2015, S. 43).
Mit Hauptschülern, so Plath, könne man, aufgrund deren Ehrlichkeit, äußerst gut
pädagogisches Verhalten erlernen, denn sobald diesen etwas nicht passe,
agierten diese emotional authentisch („Ey, ist langweilig!“ Plath, 2015, S. 43) im
Gegensatz zu Gymnasialschülern, die einen als Lehrkraft bestimmt auch nicht
immer leiden könnten, verhalten sich diese trotzdem immer nett, erst nach
Verlassen der Klasse lästerten sie über einen (vgl. Plath, 2015, S. 43).
2.2.4 Statusexperte
„Niemand kann dir die Brücke bauen, auf der gerade du über den Fluss
des Lebens schreiten musst, niemand außer dir allein.“
(Nietzsche, o.E., zit. n. Posner, 2013, S. 191)
Einerseits ist es wichtig zu wissen, welches Ziel ich inhaltlich mit den Schülerinnen
und Schülern anstrebe, andererseits muss ich meinen Status je den
Anfordernissen nach senken und heben können, um die Jugendlichen
entsprechend führen zu können. Plath ergänzt: „Kein Kind will, dass das Schiff
irgendwie führerlos durch die Gegend schippert“ (Plath, 2015, S. 25).
Erst wenn ich mir anderes, neues Verhalten zutraue, komme ich aus meiner
Statuskomfortzone heraus und kann zu einem Statusspezialisten werden.
Meist ist das zielführendste Verhalten jenes, das dem des Charismatikers
entspricht. Um sich davon ein gutes Bild machen zu können, erklärt Plath dies
anhand des Beispiels Columbo. Da dieser immer eine Strategie verfolgt,
verkörpert er diesen Status so unglaublich gut und genau aus diesem Grund ist er
auch allen anderen voraus, denn die anderen können immer nur reagieren, da sie
um ihren Status besorgt sind.
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 55+
Die Person, die sich nicht um ihren Status sorgt, sondern die sich mit ihrem Ziel
verbindet und Schritte setzt, um ans Ziel zu gelangen, wird letztlich erfolgreich
sein (vgl. Plath, 2015, S. 20f.).
Beim Lesen des Buches von Maike Plath „Spielend unterrichten“, sticht mir ein
Punkt ins Auge. Sie listet in einer Tabelle verschiedenste Möglichkeiten auf, wie
im Unterricht Tiefstatus hergestellt werden kann, unter anderem schreibt sie: „Sich
beim Sprechen vor die Schüler/innen hinknien, sodass dies [sic!] beim Sprechen
auf den Lehrer hinabschauen können“ (Plath, 2010, S.66). Da für mich dieses
Verhalten zum Zeitpunkt des Interviews nicht vorstellbar ist, frage ich Maike Plath,
ob sie diesen Punkt nur als weitere Möglichkeit, um den äußeren Status zu
senken, erachte, oder ob sie dazu auch eine Erfahrung habe. Daraufhin schildert
sie mir folgende Szene:
Einen Schüler habe sie einmal angesungen und sich dabei vor ihn hingekniet. Der
Schüler sei mit finsterem Gesicht im Unterricht gesessen, nicht mitarbeitend und
irgendwie gangstermäßig aussehend. Dadurch habe er einen ungemeinen
Hochstatus ausgestrahlt. Nach mehrmaligem und persönlichem Ansprechen
entscheidet sich seine Klassenlehrerin Plath, sich vor ihn hinzuknien und ihn mit
„Yesterday“ anzusingen (vgl. Plath, 2015, S. 15f.).
Plath über ihre Erfahrung dazu:
Die erste Strophe ist ziemlich schwierig durchzuhalten, weil es natürlich
komplett lächerlich ist und weil man innerlich auch zittert, geht das jetzt gut,
deswegen mein ich, man muss innen sehr hoch sein, um das
durchzuziehen, weil dann auch alle anderen im Klassenzimmer aufhören zu
reden und einen anstarren (Plath, 2015, S. 16).
Ich werfe ein: „Man stelle sich nur vor, es komme ein anderer Lehrer herein.“
Plaths Antwort: Ja und dann singt man aber weiter und man merkt auch,
dass man sicherer wird und dann hab ich ihn auch noch so angelächelt,
angeflirtet und dann [...] fing es an irgendwie so zu zucken und irgendwann
hat er seinen Kopf so zum Fenster gerissen, um zu entkommen, da war
aber schon klar, dass er gelacht hat, [...] und ich hab immer
weitergesungen. Er hat dann den Kopf so rumgerissen und meinte: „Jetzt
hören Sie auf zu singen, Frau Plath! Das ist ja voll peinlich!“ Dann ist das
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 56+
aber witzig, weil dann lacht man eben schon zusammen und dann gab es
später auch schon den Spruch: „Pass auf, ich sing dich wieder an“ (Plath,
2015, S. 16).
Plath erklärt, dass es zwei Reaktionen auf Demütigungen gibt, nämlich die
Aggression und die Emigration. Jener Schüler ist in einer totalen inneren
Emigration gewesen und somit innerlich in einem unglaublichen, inneren
Tiefstatus gesteckt. Sie muss daher, um diesen Schüler auf der Statuswippe nach
oben zu bringen, außen noch tiefer spielen, als dieser Schüler es gewesen ist.
Daher unternimmt sie diesen Schritt und kniet sich vor ihn hin. Durch das
Ansingen macht sie sich äußerlich zusätzlich klein, da sie den anderen gegenüber
total lächerlich erscheint. Jedoch weiß sie, dass gerade bei Burschen Humor eine
große Wirkung erzielen kann.
Das Schwierige an solchen Situationen ist natürlich, dass man sich absolut
außerhalb seiner Statuskomfortzone befindet und dass der Schüler ausstrahlt: „Ich
bin ein Gangster, lass mich in Ruhe.“ Dadurch ist nicht sofort sichtbar, dass hier
ein verletzter Mensch sitzt, der gefunden werden will (vgl. Plath, 2015, S. 16).
Als Statusexperte ist es möglich, das Verhalten von Jugendlichen zu verstehen
und produktiv darauf zu reagieren. Wenn man jeden Status spielen kann, ist man
in der Lage, seinen Status etwas unter den eines Jugendlichen zu bringen oder
etwas darüber, um jemanden aus einer rollenspezifischen Verhaltensstarre zu
befreien. Durch bewusste Statuswechsel beendet man die Situation von
Statuskämpfen. Man selbst übernimmt die Verantwortung für die Entwicklung
einer Situation. Als Beispiel, wie diese Haltung in der Praxis aussehen kann, führt
Plath in ihrem Buch Folgendes an: Ein Schüler klaut aus ihrer Federtasche einen
Stift und läuft davon. Seine Blicke sind provozierend. Sein Ziel ist es, den Status
der Lehrkraft zu senken und somit seinen Status innerhalb der Gruppe zu heben.
Die Lehrkraft senkt ihren Status selbst, indem sie ruft: „Den schenke ich dir!“ (vgl.
Plath, 2010, S. 82f.).
Eine andere Situation kann auch das Heben des Status erfordern. Ein Beispiel:
Wenn Schülerinnen und Schüler merken, sie können den Unterricht steuern,
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 57+
indem sie wissen: „So jetzt fragen wir was wegen unserer Klassenfahrt und dann,
hahaha, dann reden wir sicher die ganze Stunde drüber“, dann wird diese
Lehrkraft oft sehr gemocht, allerdings ist diese Lehrperson in ihrem inneren Status
zu tief. Hier muss eine größere Distanz hergestellt werden, indem die Lehrkraft
ihren Unterricht durchzieht. Die Jugendlichen werden daraufhin eventuell beleidigt
sein, da sie einerseits ihr Vorhaben nicht umsetzen konnten und andererseits nicht
mit dieser Grenze gerechnet haben. Nun aber steigt wieder der Respekt der
Lehrkraft gegenüber (vgl. Plath, 2015, S. 12f.).
Die Statuslehre im Unterricht anzuwenden, heißt daher auf keinen Fall,
Kuschelpädagogik zu betreiben.
Man muss in der Lage sein, komplette Distanz zu denen herzustellen von
einer Sekunde zur nächsten, ihnen muss klar sein, dass ich nicht Tag und
Nacht an sie denke, also ihnen muss klar sein, dass es tatsächlich möglich
ist, mich zu verlieren, ich bin nicht die Mutti (Plath, 2015, S. 40).
Auf meine Frage hin, wie man sich das vorstellen könne, erzählt sie mir, dass bei
einem Schreibauftrag ein Schüler „Isch ficke Theater.“ auf seine Karte
geschrieben hat. Daraufhin passierte Folgendes:
Dann sage ich doch nicht: „Waaaas?“, sondern dann muss er diese
Performance jetzt durchziehen. [...] Er muss dann mit seinem Schild halt,
die arbeiten danach ja mit ihren Texten und das ist sein Beitrag irgendwie
und er muss dann im weiteren Verlauf [...] ans Mikro [...] muss er diesen
Satz sagen, so und mit der Zeit – also ich reagiere darauf gar nicht, ich
sage dann: „Es ist alles erlaubt. Ich habs euch gesagt.“ An dieser Stelle gibt
es irgendwie keine: „Das musst du oder nicht.“ Wenn du das sagst oder
wenn du das vertrittst, dann sag ich auch, wenn du den Satz „Isch ficke
Theater“ vertrittst, dann folg ich dir. Dann ist das in Ordnung. Dann sieht
man schon die Enttäuschung, das war nicht gemeint, sondern der schreibt
das da hin, weil er von mir ne Aufregung haben möchte, wenn er die nicht
kriegt – so und dann muss er sich mit dem Satz tatsächlich beschäftigen,
was es heißt [...] es führt dazu, dass er irgendwann ankommt und sagt:
„Kann ich noch ne andere Karte haben? (Plath, 2015, S. 41).
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 58+
Als weiteres Beispiel führt Plath hier an, wenn es darum gehe, Gruppen zu bilden.
Sie zähle den Jugendlichen auf, welche Varianten es gäbe zu einer
Gruppeneinteilung zu kommen und sagt auch, dass die Einteilung von ihnen
selbst innerhalb eines definierten Zeitfensters durchgeführt werden kann. Sie
erklärt den Jugendlichen nach Ablauf der Zeit, wenn es nicht geklappt hat:
Ihr habt jetzt zwanzig Minuten gestritten, seid völlig durch den Wind, nehme
ich wahr und deswegen werde ich für heute das jetzt anders machen und
ich sage euch jetzt die Gruppe so und so und nächstes Mal habt ihr die
nächste Chance [...] Tausend Situationen im Prozess, wo es
unverantwortlich wäre, die alleine zu lassen, die würden sich ja totschlagen.
[...] Und wenn ich sie dann schützen muss, treff´ ich auch ganz schnell eine
Entscheidung und wenn dann einer ausflippt und mich anmacht, dann
merkt der, dass er damit nicht weiterkommt [...] das ist aber nicht mit einer
Befindlichkeit verkoppelt, dass ich sauer auf den Schüler bin, sondern, das
wäre so wie ein Schiedsrichter auf dem Spielfeld [...] Der Schiedsrichter
regt sich ja auch nicht darüber auf (Plath, 2015, S. 42f.).
Ein Statusexperte hat eine ganz klare, innere Ausrichtung. Damit ist gemeint, die
eigene Profession anzuerkennen und nicht in unbewusstes Tiefstatusverhalten
angesichts der vielen Probleme zu verfallen und sich als Opfer der Umstände zu
sehen und allen anderen die Schuld an der Misere zu geben: „Ich kann hier so
nicht unterrichten. Was die hier alle machen, diese schlimmen Kinder mit ihren
Eltern, die sich heutzutage nicht mehr entsprechend um sie kümmern.“ Diese
Opferhaltung führt zu einer Dauerschleife an Problemen. Das Gegenteil dazu ist
die Expertenhaltung, die sagt: „Ich habe mir diesen Job ausgesucht und ich liebe
diesen Beruf. Ja, es gibt viele Probleme, aber packen wir sie an! Auch traue ich
mir das zu, das zu machen. Jede Stunde sehe ich als Lernerfahrung und wenn
jetzt etwas schief geht, dann frage ich mich, was ich daraus lernen kann und wie
ich dieses oder jenes in der Zukunft besser umsetzen kann.“ Diese
Expertenhaltung führt zu einem sehr hohen inneren Status. Dadurch kommt eine
Lehrkraft zu einer Kommunikation der Begegnung und nicht zu einer
Kommunikation der Abgrenzung, die sich zum Beispiel in Aussagen wie diesen
darstellt: „Nimm du bitte den leichtesten Arbeitsbogen.“ Das ist keine
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 59+
Kommunikation der Begegnung, sondern stellt klar, dass du als Schülerin oder
Schüler an dieser Stelle stehst und Weiteres nicht kannst. Ist es das Ansinnen der
Lehrkraft, eine Kommunikation der Begegnung zu führen, versucht sie über den
anderen etwas rauszufinden. Hier verweist Plath wieder auf Keith Johnstone, der
festhält, dass nicht die Schauspielerinnen und Schauspieler die besten seien, die
versuchten ihr Ding durchzuziehen, sondern jene, die Angebote annehmen
würden. Das bedeutet, übertragen auf den Unterricht, zu erkennen, wie wichtig es
ist, kleinste Veränderungen des anderen mitzubekommen und dementsprechend
den eigenen Status selbst dahingehend zu verändern, um dadurch Statuskämpfe
zu vermeiden (vgl. Plath, 2015, S. 10).
Wenn Plath zu Beginn eines neuen Schuljahres eine Klasse betritt, beginnt sie
ihren Unterricht, indem sie zunächst die Tische an die Wand rückt, sich mit den
Schülerinnen und Schülern im Kreis hinsetzt und zu ihnen dieselben Worte
spricht, die Johnstone damals in seiner Grundschulklasse verwendet hat. Plath
sagt: „Wenn irgendwas schief geht, ist das alles meine Schuld“ (Plath, 2015, S.
44). Der Status dieses Satzes lässt sich wie folgt analysieren: Äußerlich stellt
Plath durch das Sitzen bei den Jugendlichen einen Tiefstatus her, innerlich ist sie
jedoch absolut hoch, denn nur jemand, der innerlich ganz hoch ist, kann diese
Aussage machen. Menschen, die unter Minderwertigkeitskomplexen leiden und
Fehler verstecken möchten, sind innerlich in einem sehr tiefen Status und treten
äußerlich mit sehr hohem Status auf, um ihre Fehler verstecken zu können (vgl.
Plath, 2015, S. 24).
Plath sieht die Statuslehre nicht losgelöst von anderem Unterricht an, sondern als
Kultur, die etabliert und vorgelebt werden muss.
Wenn sie in ihren Statusseminaren erklärt, Lehrer müssten eine dienende Haltung
einnehmen, dann würden sich genau jene Lehrkräfte aufregen, die einen inneren
Tiefstatus hätten: „Nein, sicher nicht, der soll mich zuerst grüßen!“
Plath schildert ihre Gedanken dazu:
Nein, nein, nein. Wenn du innen hoch bist, dann grüßt du einen Schüler
hundertmal, so wie du nämlich willst, dass er dich grüßt. Woher soll er das
denn wissen? Wir können doch nicht verlangen, das Verhalten, was wir
nicht selbst, absolut selbstsicher leben (Plath, 2015, S. 16f.).
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 60+
Daher verweist sie in diesem Zusammenhang auch darauf, dass sie von
Sanktionierungen gegenüber Jugendlichen nichts halte, denn diese bewirkten das
Gegenteil von dem, was sie erreichen möchte. Sie sagt:
Es bewirkt Demütigung und ich verliere den Schüler ein Stück weit auf dem
Weg, wo ich ihn ja haben will. Ich will ja nicht, dass der unten bei der
Schulleitung sitzt, sondern ich möchte ja, dass der durch meinen Unterricht
im besten Fall wächst und dass der seine Lernschritte machen kann (Plath,
2015, S. 9).
2.2.5 Status und das Klassenzimmer
„Aber wir stellen uns eben die Zukunft
wie einen in einen leeren Raum projizierten Reflex der Gegenwart vor,
während sie oft das bereits ganz nahe Ergebnis von Ursachen ist,
die uns zum größten Teil entgehen.“
(Proust, o.E., zit. n. Schefter, 2015)
Aufgrund ihrer dreijährigen Theaterausbildung, die Plath sowohl Theorie, als auch
Praxis der Statuslehre vermittelt hat, erkennt sie, dass allein die Sitzordnung
schon Lernen verhindern kann.
Johnstone (1998) schreibt: „Status ist im Grunde räumlich bestimmt“ (S. 95).
Plath (2015) konstituiert auch: „Die rollenspezifischen Zuschreibungen entstehen
durch Pult, Tafel und die Tischanordnung. [...] In dem Moment, wo ich die Möbel
wegstelle, begeben wir uns alle in einen komplett neuen Raum“ (S. 44). Weiters
erklärt sie, dass dadurch die Rollen neu definiert werden müssen. Das
Wegschieben der Tische ist wie bei einem technischen Gerät, den Reset-Knopf zu
drücken. Nun kann eine neue Kultur mit neuen Rollenzuschreibungen etabliert
werden. Sie sagt: „[...] wenn ich in einen Raum reinkomm´, wie der normalerweise
ist, dann ist man ja nicht bei null, dann hat man ja schon so viel Schreckliches auf
dem Konto, gegen das man erst mal anarbeiten muss“ (Plath, 2015, S. 45).
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 61+
Lehrerinnen und Lehrer, die das lesen, werden sofort entgegenhalten, wie denn
das bei einer Unterrichtsdauer von fünfzig Minuten zu bewerkstelligen sei. Jedes
Mal die Tische wegzuschieben und dann anschließend den Raum wieder zu
richten, könne nicht ihr Ernst sein. Auf meine Frage hin, wie sie diesbezüglich mit
ihren Lehrerkolleginnen und Lehrerkollegen umgegangen sei, antwortet Plath,
dass man das natürlich mit den Schülerinnen und Schülern einüben muss, damit
das ganz schnell geht. Natürlich, so erzählt sie weiter, gibt es Kollegen, die das
strikt abgelehnt hätten, wieder andere seien offen und neugierig gewesen und
diese hätten auch begonnen, es ihr gleichzutun.
Ich glaube, am besten ist es, im Kollegium sich mit denen zu verkoppeln,
die auch was machen, damit man nicht allein ist und damit man das eben
auch vertreten kann und dass das nicht eben Hokuspokus von mir ist, weil
ich grad Bock hab, das zu tun, sondern, dass man das transparent macht.
[...] Und es ist natürlich schwierig und einige regen sich immer auf, [...] das
ist, glaub´ ich, überall so (Plath, 2015, S. 39).
Dies als pädagogisches Konzept zu vertreten und nicht als kleine Macke, ist Plath
sehr wichtig (vgl. Plath, 2015, S. 39).
Ein traditionell eingerichtetes Klassenzimmer führt dazu, dass Schülerinnen und
Schüler sich gegenüber der Lehrkraft immer im Tiefstatus befinden.
Einige Beispiele:
• Die Lehrkraft nimmt mehr Raum ein, als jeder Schüler. Dazu Johnstone:
Hochstatus-Spieler [...] lassen es zu, daß ihr Raum in andere hineinströmt
(Johnstone, 1998, S. 98).
• Die Lehrperson geht freier und selbstbewusster mit dem Raum um als die
Schülerinnen und Schüler – einerseits durch ihre Bewegungen,
andererseits benutzt sie Gegenstände im Raum, während die Jugendlichen
erst fragen müssen.
• Die Lehrkraft steht meistens, die Schülerinnen und Schüler sitzen und
schauen fast ständig zur Lehrkraft auf.
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 62+
• Weiters kann die Lehrkraft jederzeit in den privaten Raum eines
Jugendlichen eindringen, was leider auch permanent geschieht: Das ist
zum Beispiel dann der Fall, wenn die Lehrkraft sich schreibenden
Jugendlichen von hinten nähert, ohne dass diese es merken (vgl. Plath,
2010, S. 77).
Die Jugendlichen versuchen aus der traditionellen Raumordnung heraus, ihren
Raum doch noch abzusichern, indem sie sich anderweitig beschäftigen und auch
danach trachten die Lehrkraft in ihrem Status herabzusenken, um selbst höher zu
steigen, denn durch das Eindringen der Lehrkraft in deren Raum, tritt zutage, was
auch schon bei Johnstone zu lesen ist:
Johnstone schreibt: „Wer einen Tiefstatus-Spieler demütigen und herabsetzen will,
greift ihn an und läßt ihm keine Möglichkeit, seinen Raum abzusichern“
(Johnstone, 1998, S. 98).
Der Raum, der oft auch als dritter Pädagoge beschrieben wird, verhindert durch
die traditionelle Raumordnung den Aufbau einer positiven Beziehungsebene
zwischen Lehrkräften und den Jugendlichen. Die Schülerinnen und Schüler
kämpfen nun innerhalb der Gruppe um den besten Platz in der Hierarchie, der
durch den gesellschaftlich definierten und vom Raum unterstützten Lehrer-
Hochstatus vorgegeben ist: Sie müssen sich entscheiden: Rebelliere ich gegen
die Lehrkraft, ordne ich mich unter, halte ich zur Gruppe oder zur Lehrkraft? Dies
führt zu permanentem Stress unter den Jugendlichen, der sie auch davon abhält,
sich für die Inhalte zu interessieren. Dadurch wird Lernen im Allgemeinen
ineffektiv, in manchen Fällen sogar unmöglich gemacht.
Eine neue Raumgestaltung führt zu einem produktiven Aufbrechen von erstarrtem
Rollenverhalten. Die Qualität der Kommunikation verbessert sich entscheidend
(vgl. Plath, 2010, S. 78f.).
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 63+
2.3 Status lehren
„Die Jahre lehren viel, was die Tage niemals wissen.“
(Emerson, o.E., zit. n. Schefter, 2015)
Die Statuslehre umfasst alle Bereiche des beruflichen wie auch privaten Lebens,
da Status immer und überall ist (vgl. Johnstone, 1998, S. 52). Und, wie wir
gesehen haben, nicht nur auf Personen begrenzt ist, sondern auch gegenüber
Raum und Gegenständen eingenommen wird. Eine Verankerung der Statuslehre
in Studienplänen für angehende Lehrerinnen und Lehrer ist nach wie vor nicht
Realität. Um sowohl dem großen, inhaltlichen Rahmen als auch der körperlichen
Erfahrung, die es braucht, damit Status begriffen werden kann, gerecht zu werden,
plädiert Plath für eine intensive Auseinandersetzung während der Ausbildung zur
Lehrperson.
Definitiv müssten in der Lehrerausbildung große Anteile der Statuslehre
oder vergleichbarer – ich weiß noch nicht, was vergleichbar ist – ich würde
sagen, man müsste definitiv mindestens ein halbes Jahr regelmäßig mit der
Statuslehre arbeiten. Nicht nur ein Buch lesen, sondern tatsächlich richtig
arbeiten. Mit andern Leuten arbeiten, mit ´ner Gruppe, die geschützt ist
Situationen durchspielen, Elternabende durchspielen, Kommunikation mit
der Schulleitung (Plath, 2015, S. 22).
2.3.1 Statusseminare
„Wir lehren nicht bloß durch Worte,
wir lehren auch weit eindringlicher durch unser Beispiel.“
(Fichte, o.E., zit. n. Schefter, 2015)
Um ihr Wissen und ihre Erfahrungen anderen zugänglich zu machen, hat Plath
einerseits ihr Buch „Spielend unterrichten“ geschrieben, andererseits hält sie auch
Statusseminare, die sie speziell für Lehrerinnen und Lehrer konzipiert hat.
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 64+
Sie beginnt stets mit einer theoretischen Einführung, danach arbeitet sie mit den
Lehrkräften auf der körperlichen Ebene, sanft und niedrigschwellig, da es gerade
zu Beginn große Hemmungen zu überwinden gilt. Hierfür hat Plath ein Konzept
entwickelt, das den Lehrpersonen das Gefühl gibt, ähnlich wie bei ihrem
partizipativen Unterricht mit den Jugendlichen auch, dass man alles darf, aber
nichts muss. Das heißt, man kann sich jederzeit zurücknehmen und sagen: „Das
ist mir jetzt zu viel.“
In ihren Seminaren geht es vorrangig um das Erleben der eigenen Status-
Komfortzone. Dabei wird es den Teilnehmenden ermöglicht, sich in einem
geschützten Rahmen immer einen Schritt weiter hinaus zu bewegen. Die Übungen
sind schrittweise aufgebaut, erlauben immer sozusagen ein Stück mehr, bis im
letzten Teil der Seminare individuelle Statussettings entwickelt werden.
Stichwortartig schreibt man eine Situation auf, bei der man tatsächlich einmal eine
Niederlage erhalten oder sich gedemütigt gefühlt hat. Danach wird von der Gruppe
dafür eine Überschrift gefunden und es werden alle Karten mit den Überschriften
im Raum aufgelegt. Alle Lehrpersonen ordnen sich einem Thema zu, danach
erarbeiten die einzelnen Gruppen jeweils zu ihrem Kärtchen ein Statussetting, das
heißt, die Gruppe entwickelt zum vorhin Gehörten eine Szene, die danach von der
Gruppe gespielt wird. Im Anschluss daran wird die Hauptperson ausgetauscht und
eine andere Person spielt nun verschiedene Statusvarianten dieser Geschichte
durch. Diese unterschiedlichen Szenen werden schlussendlich vor der gesamten
Gruppe vorgespielt. Die Person, die diese Geschichte erlebt hat, darf sich das
zunächst ansehen und mitreflektieren, der letzte Schritt ist aber, dass man selbst
die Position der Hauptperson einnimmt. Das heißt, man geht in sein eigenes
Statussetting hinein. Diese Form, so Plath, sei ein Gewinn für alle Beteiligten, da
man viele Situationen mit unterschiedlich eingenommenen Status ansehen könne
(vgl. Plath, S. 29f.).
Plath ergänzt:
Und dann kann man das jetzt spielen und da gibt es verschiedene
Möglichkeiten wie bei Keith Johnstone, also wenn man dann sozusagen in
sein altes Muster verfällt, dann machen alle „wääääh“ und das ist halt alles
auch so ein bisschen lustig, wie auch in der Improvisation und das ist halt
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 65+
Wahnsinn. Danach macht man das nie wieder. Danach ist einem das so
was von klar (Plath, 2015, S. 30).
Besonders Anfang und Ende eines Statusseminares, das prinzipiell zwei Tage
lang dauert, sind spannend, denn am ersten Tag, so erzählt sie, würden sich die
Lehrkräfte nur hinter ihren Tischen verstecken wollen und darauf hoffen, nur ja
nichts im Raum machen zu müssen (vgl. Plath, 2015, S. 29).
Plath erzählt:
[...] als Lehrer denken wir uns ja auch immer nur bis hier, also bis zum Hals
und sind ganz überrascht, dass die Schüler uns aber die ganze Zeit
vollständig wahrnehmen. Gutes Beispiel dafür ist auch, wenn man als
Lehrer gefilmt wird, dann beobachtet man ja ganz oft, wenn die Lehrer sich
selber sehen, sich so wegdrehen [...] Dann denk ich immer: „Ja, aber die
andern sehen dich die ganze Zeit so.“ Also die Frage ist: Will man sich
damit auseinandersetzen und sich das auch bewusst machen und sich
auch bewusst vornehmen, anders im Raum zu agieren oder will man das
einfach wegblenden. Das ist also sozusagen die Bewusstmachung der
Körpersprache, [...] (Plath, 2015, S. 9).
Am Ende eines solchen Seminars, so Plath, seien alle fast albern und total
kindisch, da das Ganze auch großen Spaß mache und durch dieses Spielerische
merkten die Teilnehmenden auch, dass man seine Situationen mit Abstand und
Humor betrachten könne (vgl. Plath, 2015, S. 30).
2.3.2 Feedback +
„Aufrichtigkeit ist die erste Pflicht des Kritikers.“
(Reich-Ranicki, o.E., zit. n. Melzer, 2014)
Plath selbst hat noch keine Feedbackbögen zu ihren Seminaren ausgeteilt, wohl
aber ihr Verlag, der ihre Bücher vertreibt. Auf die Frage, welche Rückmeldungen
sie darüber erhalten habe, antwortet Plath:
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 66+
Ja, dass die halt sich selber ganz anders wahrnehmen, nicht nur im
Schulkontext, auch im Alltag und auch lustige Sachen, dass sie halt im
Lehrerzimmer sitzen und dass sie das jetzt alles sehen und das es halt
super interessant ist, dass man so eine gewisse Leichtigkeit im Alltag
gewinnt, weil wenn einen dann der Hausmeister anbrüllt: „Hier findet heute
gar nichts statt“, dann weiß man halt, das ist jetzt ein Kläffer, da müssen wir
mal eine kleine Statusübung machen, [...] das ist für Lehrer sehr
ermächtigend. Und diese Rückmeldung gibt es total, denn es gibt keinen
Einzigen, der jetzt gesagt hätte, er hätte damit nichts anfangen können,
sondern die Rückmeldung ist immer die, dass man danach mit anderen
Augen auf den Schulalltag schaut und dass man sich besser fühlt, weil man
das Gefühl hat, mehr zu verstehen und natürlich auch bewusster agieren zu
können (Plath, 2015, S. 31).
3 Die Statuslehre im Deutschunterricht ++3.1 Missbräuchliche Anwendung +
„Gebrauch schließt Missbrauch nicht aus.“
(Hopfensberger, o.E., zit. n. Schefter, 2015)
+Die Statuslehre kann missbraucht werden und dessen muss man sich bewusst
sein, gerade im Einsatz mit Schülerinnen und Schülern.
Plath weiß darum und erklärt ihren Umgang damit:
[...], wofür setzt man das denn ein, weil jemand, der das extrem gut kann,
kann auch das extremst furchtbar einsetzen. Bei Schülern geht´s mir eben
um den Aspekt der Selbstermächtigung und deswegen kann man dann
auch in dem Bereich thematisieren: Wie gehen wir miteinander um in der
Klasse, denn das könnte auch ein Machtinstrument sein, das zu Mobbing
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 67+
führt, logischerweise, also Hierarchien in der Klasse und so und deswegen
ist auch ganz klar, dass das nicht losgelöst vermittelt werden darf, [...],
sondern sie muss eingebettet sein in eine totale Kultur der Wertschätzung
und da komme ich wieder zu diesem Vorbildcharakter: Nicht Regeln an die
Wand schreiben, sondern die ganze Zeit leben, wie sich das anfühlt, dass
man halt Rücksicht in der Gruppe auf andere nimmt, wie das eben ist, wenn
man zusammen etwas erarbeitet, [...] also, dass man im Grunde
genommen auch zu einem besseren und qualitativen Ergebnis kommt,
wenn man zusammenarbeitet, als wenn man gegen die anderen arbeitet
und das ist aber eben eine richtige Kultur, die man eben installieren muss,
um dann die Statuslehre [...] innerhalb dieses Raumes der Wertschätzung
zu erproben. Sonst kann es auch nach hinten losgehen (Plath, 2015, S.
27f.).
Obwohl die Gefahr des Missbrauchs besteht, kann gerade die bewusste
Auseinandersetzung mit dieser Thematik zu einer Kultur der Wertschätzung
führen, besonders, wenn auch Lehrkräfte als Vorbild vorangehen.
Auch im Lehrplan ist dies als Zielsetzung formuliert:
Der Deutschunterricht soll Urteils- und Kritikfähigkeit, Entscheidungs- und
Handlungskompetenzen weiterentwickeln. Er soll die Auseinandersetzung
mit Werten im Hinblick auf ein ethisch vertretbares Menschen- und Weltbild
fördern (BMBF, 2012, S. 25).
Nachdem dieser Punkt in der Klasse klar thematisiert worden ist, stellt sich nun die
Frage, wie die Statuslehre den Jugendlichen vermittelt werden kann und welche
Zielvorgaben des Lehrplans damit angestrebt werden können.
Plaths Einführung der Statuslehre beginnt zunächst mit einem kurzen,
theoretischen Input. Damit die Jugendlichen dieses Wissen emotional abspeichern
können, verknüpft sie die Theorie mit praktischen Übungen.
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 68+
3.2 Statusübung mit Spielfeld +
„Lernen ist Erfahrung. Alles andere ist einfach nur Information.“
(Einstein, o.E., zit. n. Schefter, 2015)
+Die erste Übung, die von der ersten bis zur vierten Klasse eingesetzt werden
kann, stammt nicht von Maike Plath, sondern aus meiner eigenen
Schauspielausbildung. Hierzu werden die Tische an die Seite gestellt und der
Raum mit breitem Klebeband in ein „Statusspielfeld“ verwandelt.
Es gibt in der Regel zwei Personen, die das Spielfeld betreten. Jede Person
positioniert sich auf einem Kreuzungspunkt. Es wird weder eine Situation, noch
eine Geschichte vorgegeben. Es geht darum zu fühlen, wie nonverbale
Botschaften vermittelt und entziffert werden.
Person A beginnt und darf sich nun von ihrem Startpunkt auf einer von dort
ausgehenden Linie bis zum nächsten Kreuzungspunkt weiterbewegen und eine
neue Haltung einnehmen. (Zum Beispiel: Der anderen Person zugewandt, der
anderen Person abgewandt, sitzend, kniend, stehend, die Hände vor sich haltend,
et cetera).
Nun passieren zwei Dinge:
Person B, die noch keinen Zug gesetzt hat, reagiert auf Person A mit ihrem
Körper, danach setzt Person B ihren Zug. Dann reagiert Person A zuerst wieder
auf B, erst danach setzt Person A ihren zweiten Zug. Dabei ist es besonders
wichtig, dass alles ohne Worte geschieht. Im Anschluss daran teilen die beiden
Personen der Gruppe mit, wie es ihnen dabei ergangen ist und welche
Beobachtungen sie gemacht haben. Nun erzählt die Gruppe, was sie wahrnehmen
konnte.
Waren es einzelne emotionale Bilder, hat sich eine Geschichte entwickelt oder ist
nichts passiert?
Danach werden die zwei Personen ausgewechselt und zwei neue Spieler dürfen
das Spielfeld betreten.
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 69+
Abbildung 2: Statusspielfeld
Nach dem bewussten Setzen eines Spielzuges muss die andere Person zunächst
reagieren und darf erst dann einen neuen Zug machen. Einerseits wird den
Kindern dadurch Orientierung gegeben und andererseits wird hier etwas
Entscheidendes verhindert, das sehr oft beim Improvisieren ohne Spielfeld
geschieht, nämlich, dass einem der Kopf in die Quere kommt und man dadurch
handelt, ohne die vorhergehenden Gedanken wahrzunehmen, die eigentlich die
Handlung bedingen. Zum Beispiel: Ich kenne mich bei meiner Hausübung nicht
aus und deswegen gehe ich ins Zimmer zu meiner Schwester. Meine Schwester
hört mich und denkt: „Nicht schon wieder!“ Dabei ignoriert die Schwester nun das
Eintreten der anderen. Die einfach unterstrichenen Satzteile sind die Gedanken,
Empfindungen und Gefühle, die Ausgangspunkt für die körperliche Handlung sind.
Die wellenförmig unterstrichenen Teile sind die körperliche Handlung darauf. Beim
Improvisieren wird oft auf die vorhergehenden Wahrnehmungen vergessen.
Dadurch wirkt das Spiel nicht authentisch und es kommt zu keiner emotionalen
Änderung im Befinden. Das hat aber nichts damit zu tun, dass eine Wahrnehmung
nun groß dargestellt werden soll. Denn eine Wahrnehmung ist eine Wahrnehmung
und führt zu einer bestimmten Reaktion. Ist keine Wahrnehmung im Innern
vorhanden, kann es zu keiner authentischen Handlung kommen. Das Spielfeld
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 70+
splittet die einzelnen Schritte auf und hilft dadurch Empfindungen im Innern
wahrzunehmen, um sie anschließend körperlich umsetzen zu können.
Mithilfe des Statusspielfeldes ist es leichter, körperliche Haltungen emotional zu
empfinden. Haben die Kinder erste Erfahrungen damit gesammelt, wären weitere
mögliche Schritte:
• Die Lehrkraft gibt die Startpunkte, die körperliche Haltung oder beides vor.
• Die Lehrkraft gibt eine Situation vor und die Kinder suchen
dementsprechend ihre Startpositionen und ihre körperlichen Haltungen.
• Die Kinder erarbeiten selbst Ideen, die anschließend umgesetzt werden.
• Die Klasse teilt sich in zwei Gruppen, von jeder Gruppe betritt ein Kind das
Spielfeld. Die Gruppe gibt dem Spieler Anweisungen, welche Haltung und
welcher Punkt eingenommen werden soll.
• Was passiert, wenn eine dritte Person das Spielfeld betritt?
• Der Rest der Klasse notiert Beobachtungen.
Ab der 2. Klasse
• Den Kindern sind mittlerweile Begriffe wie Hoch- und Tiefstatus vertraut:
• Die Klasse verwendet diese Begriffe, um die Tendenz des nächsten
Spielzuges vorzugeben. Die Spieler müssen die Begriffe körperlich
umsetzen.
• Nun können einzelne Szenen oder kurze Geschichten vorgegeben
werden. Die zwei Spieler sollen versuchen die Geschichte nonverbal auf
dem Spielfeld darzustellen. Es kann auch erlaubt werden, dass bei
jedem Zug ein Wort gesagt werden darf.
Ab der 3. Klasse
• Mögliche Streitsituationen werden auf dem Spielfeld umgesetzt.
• Schreiben einfacher Dialoge mit Kennzeichnung der einzelnen
Statuswechsel. Dialoge werden mit grafischen Elementen (↑,↓) in einen
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 71+
Status-Fahrplan übersetzt. Der Fahrplan wird an die Tafel geschrieben.
Person A und B nehmen die Fahrt auf dem Spielfeld auf.
• Der Beginn einer Geschichte wird vorgegeben, es wird weitergespielt.
• Umsetzen eines Bildimpulses
• Filmanalyse: Eine Szene wird bezüglich von Hoch- und Tiefstatus
analysiert: nachspielen, eventuell auch bereits mit Worten
Anschließende Diskussion darüber: Welche Fragen ergeben sich?
• Thema: Zeitungsbericht; Darstellen eines Unfalls auf dem Spielfeld, ein
Arzt kommt, viele Schaulustige stehen und schauen zu. (Die
Schaulustigen stehen hierbei neben dem Spielfeld und blicken alle
gemeinsam zum Unfall hin. Wie fühlt sich der Verunglückte?)
• Eigene kreative Umsetzungen zwischenmenschlicher Beziehungen
Ab der 4. Klasse Arbeitet man seit der ersten Klasse zu diesem Thema, empfiehlt es sich, das
Spielfeld zu verlassen und in die freie Improvisation zu gehen. Ansonsten kann
auch in der vierten Klasse mit dem Spielfeld gearbeitet werden.
3.3 Statusübungen ohne Spielfeld +
„Die Quelle alles Guten liegt im Spiel.“
(Fröbel, o.E., zit. n. Schefter, 2015)
Ab der 2. Klasse
Übung: Wie Sprache verändert (vgl. Johnstone, 1998, S. 69):
• Die Lehrkraft beginnt jeden ihrer Sätze mit einem sehr zögerlichen „Äh“. Die
Schülerinnen und Schüler erfahren dazu am Anfang nichts. Nachdem sie
gesprochen hat, befragt sie die Klasse, ob diese eine Veränderung an ihr
wahrnehmen konnten.
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 72+
• Danach verlegt sie das „Äh“ in die Mitte der Sätze. Wie wirkt sie nun?
• Daraufhin dehnt sie das „Äh“ und stellt es an den Anfang zurück. Was
können die Schülerinnen und Schüler für Veränderungen erkennen?
Partnerarbeit (nachdem die Kinder wissen, was die Lehrkraft zuvor verändert hat):
• Experimentiert zu zweit: Eine Person erzählt ein Erlebnis. Zunächst beginnt
sie jeden Satz mit einem zögerlichen „Äh“ – Wie wirkt das? Austausch
untereinander.
• Danach erzählt die Person dieselbe Geschichte noch einmal und versucht
nun die „Ähs“ in die Mitte der Sätze zu verlegen. – Wie ist nun die Wirkung?
Austausch untereinander.
• Noch einmal erzählt die Person ihre Geschichte und dehnt nun die „Ähs“
und stellt sie an den Anfang zurück. Wie ist die Wirkung? Austausch
untereinander. Danach erzählt die andere Person eine Geschichte in allen
drei Variationen.
Erklärung: Johnstone erläutert, dass ein kurzes „Äh“ zu Beginn eine Art Einladung
für andere Menschen ist, einen zu unterbrechen, hingegen das gedehnte „Äh“
bedeutet, dass, auch wenn jemand noch nicht weiß, was er sagen will, darauf
hinweist, ihn nicht zu unterbrechen.
Variation 1 der Übung: Wie Sprache verändert +Die Lehrkraft verändert nun wieder ihr Verhalten. Sie spricht über ein Thema ihrer
Wahl. Das Einzige, worauf sie nun achtet, ist, ihren Kopf stillzuhalten.
Die Schülerinnen und Schüler werden eine Veränderung wahrnehmen können.
Aber woran liegt es? Können sie den Grund ausfindig machen? Es ist nicht
einfach, denn hält man beim Sprechen den Kopf still, ergeben sich wie von selbst
viele andere Dinge, die ebenso zum Hochstatus gehören. Man beginnt in ganzen
Sätzen zu sprechen, den Blickkontakt zu halten, die Bewegungen werden
gleichmäßiger und man nimmt mehr Raum ein.
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 73+
Variation 2 der Übung: Wie Sprache verändert +Die Lehrkraft spricht wieder über etwas. Nun konzentriert sie sich darauf, dass ihre
Füße nach innen gedreht sind. Dadurch wird sich wieder vieles mitverändern,
auch die Sprechweise wird allein dadurch beeinflusst.
Es sei sehr wahrscheinlich, so Johnstone, dass jeder Satz dann mit einem
zögerlichen und kurzen „Äh“ beginnen werde (vgl. Johnstone 1998, S 71f.).
Erklärung: Scheinbar unzusammenhängende Dinge beeinflussen sich
gegenseitig, obwohl nicht erkennbar ist, warum die Fußstellung einen Einfluss auf
den Satzbau und den Blickkontakt haben könnte; doch genau so verhält es sich
(vgl. Johnstone, 1998, S. 72).
Ab 3. Klasse
Übung: Blickkontakte +Die Schülerinnen und Schüler bewegen sich im Raum. Dabei sollen sie sich mit
„Hallo“ begrüßen. Die Situation wird wahrscheinlich unecht wirken und
möglicherweise fühlen sich einige Schülerinnen und Schüler nicht wohl.
Die Lehrkraft teilt die Gruppe in 2 kleinere Gruppen auf:
• Eine Gruppe, die alle Blickkontakte hält.
• Eine Gruppe, die Blickkontakte herstellt, unterbricht und kurz darauf noch
einmal zurückschielt.
Danach erfolgt ein Austausch darüber, wie es den Beteiligten dabei ergangen ist.
Experimentelles Ausprobieren (vgl. Johnstone, 1998, S. 71):
Die Schülerinnen und Schüler werden aufgefordert, Gespräche miteinander zu
führen und hierbei unterschiedlichste Methoden, die ihren Status heben oder
senken, auszuprobieren. Es arbeiten immer zwei Jugendliche zusammen.
• Eine Person bewegt sich geschmeidig (Hochstatus), die andere Person
bewegt sich ruckartig (Tiefstatus). Danach werden die Rollen getauscht.
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 74+
• Eine Person hält sich die Hände vor das Gesicht, während sie spricht
(Tiefstatus), die andere Person bemüht sich, die Hände vom Gesicht
fernzuhalten (Hochstatus). Danach werden die Rollen getauscht.
• Eine Person dreht die Füße nach innen (Tiefstatus), während die andere
Person sich zurücklehnt und auf dem Sessel breitmacht (Hochstatus).
Danach werden die Rollen getauscht.
• Gespräch im Anschluss: Beobachtung, Reflexion
Status gegenüber Gegenständen (vgl. Johnstone, 1998, S. 83):
Eine Schülerin oder ein Schüler soll gegenüber einem im Raum befindlichen Stuhl
Tiefstatus spielen.
Das Ziel ist eine weitere Sensibilisierung der Jugendlichen für Status.
Status gegenüber Schularbeiten
Die Augen schließen und bewusst ein- und ausatmen. Dabei an eine
bevorstehende Schularbeit denken. Wie fühle ich mich dabei? Fühle ich
Sicherheit? Freue ich mich darauf, mein Wissen zu zeigen? Dann befinde ich mich
innerlich in einem Hochstatus gegenüber der Schularbeit.
Macht mir diese Vorstellung jedoch Angst und Sorge? Dann versetzt mich dies
sofort in einen inneren Tiefstatus.
Stell dir nun vor, du bekommst die Schularbeit zurück und darauf steht die Note
Sehr gut. Nun steigt dein innerer Status.
Ergebnis: Allein mit Gedanken lässt sich ein bestimmter innerer Status verändern.
Status gegenüber Raum (vgl. Johnstone, 1998, S. 98):
+Zwei Schülerinnen oder Schüler stehen im Abstand von dreißig Zentimeter
einander gegenüber. (Unbedingt zwei auswählen, die sich gut verstehen!)
• Zunächst müssen sie dort stehenbleiben, ihre Position dürfen sie nicht
verändern. Wie fühlt sich das an?
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 75+
• Nach einiger Zeit dürfen sie ihre Position verändern. Treten sie näher
zusammen, wird ihr Raum miteinander verschmelzen, weichen sie zurück,
möchte jeder dem Einfluss des anderen weniger ausgesetzt sein.
Status gegenüber Raum: Café (vgl. Johnstone, 1998, S. 105):
Die Schülerinnen und Schüler werden aufgefordert, Menschen in einem Café zu
beobachten und dabei die Veränderung in deren Haltung wahrzunehmen, wenn
zum Beispiel eine Person weggeht oder jemand neu dazukommt.
Ab der 4. Klasse:
• Witze und Texte nach Status hin analysieren
• Filmszenen analysieren und nachspielen, Status verändern und so den
Ausgang einer Szene abwandeln
• Komplexe Dialoggestaltung mit zusätzlicher emotionaler Statuslandkarte
• Berufsorientierung: Rollenspiele: Chef und Lehrlingsanwärter/in
o In unterschiedlichsten Variationen: Chef: Hochstatus, Lehrling:
Tiefstatus, umgekehrt, beide im Hochstatus, beide im Tiefstatus
Die Möglichkeiten, wie Status im Unterricht eingesetzt werden kann, sind
mannigfaltig und können vielfältig variiert werden. Grundsätzlich eignet sich zu
Beginn ein nonverbaler Weg, wie beschrieben mittels des beschriebenen
Statusspielfeldes, danach oder auch abwechselnd erprobt man, wie sich die
Körper aneinander im Raum ausrichten. Nun wird der Raum verkleinert und man
geht über zu Improvisationen mit Fantasiesprache, freier Rede und später auch zu
textgebundenen Formen. Dadurch werden die Schülerinnen und Schüler in
zunehmendem Maße für Status sensibilisiert und können dieses Wissen in das
Schreiben von Dialogen, analysieren von Medien wie Bild, Text und Film
einfließen lassen. Die Übungen werden über lange Zeiträume hinweg
durchgeführt, wobei Plath anführt, dass sie dazwischen auch immer wieder
zusätzliches theoretisches Wissen vermittelt. Danach werden diese neu
erworbenen Informationen in Übungen umgesetzt, um so das Wissen mit einer
Erfahrung abzuspeichern.
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 76+
Plath sagt hierzu:
[...], wenn sie zum ersten Mal Hochstatus durchgesetzt haben, dann rennen
die erst mal so durch den Raum. Und dann sag ich, jetzt hast du grad das
Gefühl von Macht. So fühlt sich das nämlich an [...] das führt natürlich zu
einem viel diffizileren Reflexionsverhalten, was die eigene Person angeht
und die eigenen Handlungsmöglichkeiten und das ist natürlich dann super
interessant (Plath, 2015, S. 25).
Zum Abschluss in der vierten Klasse steht das Üben von realen
Bewerbungsgesprächen im Vordergrund.
Plath dazu:
Das kann man [...] wochenlang machen von morgens bis abends, also weil
die wertvolle Erfahrung dabei ist ja, es ist ein riesiger Unterschied, ob ich
das theoretisch verstehe oder ob ich jemandem gegenübersitze der mich
wirklich in so eine Situation verfrachtet, weil man fühlt sich ja wirklich
tatsächlich gedemütigt, wenn jemand im Hochstatus so mit einem spricht.
Und dem nachzugehen und das zu thematisieren, das ist jetzt ganz normal,
was du da gerade empfindest, das ist jetzt Folgendes: Jetzt passiert gerade
dies. Und alleine der Gedanke, dass das zu analysieren ist und dass man
das auf einer Reflexionsebene ganz klar erklären kann und ändern kann,
das ist eben das, was sich nur im tatsächlichen Üben herstellen lässt. [...]
Traut man sich das wirklich? Und deswegen glaube ich, man muss das
machen, und erst mal im geschützten Raum, dass man das dann wirklich
einsetzen kann [...] (Plath, 2015, S. 27).
Das heißt, man muss das Verlassen der eigenen Statuskomfortzone verinnerlicht
haben, um in Stresssituationen, wie dies eben Bewerbungsgespräche für
Jugendliche darstellen, das Wissen abrufen und umsetzen zu können.
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 77+
3.4 Lehrplanbezug
„Nicht der Plan ist der Stolz des Betriebes, sondern seine Erfüllung.“
(unbekannt, o.E., zit. n. Schefter, 2015)
Der Lehrplan für NMS im Unterrichtsfach Deutsch unterstreicht den Einsatz der
Statuslehre. Folgende Lehrinhalte werden durch die Vermittlung und Übung damit
umgesetzt:
• Der Deutschunterricht hat die Aufgabe, die Kommunikations- und
Handlungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler durch Lernen mit und
über Sprache zu fördern. [...]
• Die Schülerinnen und Schüler sollen Einblicke in Struktur und Funktion von
Sprache gewinnen. [...]
• Beiträge zu den Bildungsbereichen:
o Sprache und Kommunikation:
Der Deutschunterricht soll beitragen, die Schülerinnen und Schüler zu
befähigen, ihre kognitiven, emotionalen und kreativen Möglichkeiten zu
nutzen und zu erweitern. Der kritische Umgang mit und die konstruktive
Nutzung von Medien ist eine wichtige Aufgabe. [...]
o Kreativität und Gestaltung:
Die Schülerinnen und Schüler sollen Gestaltungserfahrungen mit Sprache
machen und sinnliche Zugänge mit kognitiven Erkenntniswegen verbinden.
Sprechen: In geeigneten Gesprächs- (Partner-, Kleingruppen-,
Klassengespräch) und Redeformen (spontanes, vorbereitetes und
textgebundenes Sprechen) sollen die Schülerinnen und Schüler die
Wirkungsweise verschiedener verbaler und nonverbaler Ausdrucksmittel
erleben. [...]
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 78+
Einfache Methoden der Beobachtung und Aufzeichnung sollen helfen das
Gesprächsverhalten zu beschreiben und damit bewusst zu machen.
Das Verfassen von Texten ist als mehrschichtiger Prozess zu sehen, der
vom Schreibvorhaben bis zum fertigen Text reicht. Je nach der
Schreibentwicklung und den Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler sind
geeignete Methoden und technische Hilfsmittel (zB [sic!] Computer) gezielt
einzusetzen, um diesen Schreibprozess zu unterstützen. (Plath tippt wie
Johnstone die Texte der Jugendlichen ab, damit diese mit fehlerfreien
Texten arbeiten. Anm.) (vgl. Plath, 2015, S. 23) Durch die regelmäßige
Beschäftigung mit eigenen und fremden schriftlichen Arbeiten sollen die
Schülerinnen und Schüler lernen, Texte einzuschätzen, zu beurteilen und
zu optimieren. [...]
o Hörverstehen:
Hören soll dabei kein passiver Vorgang sein, sondern eingebunden werden
in kommunikative Situationen, die es den Schülerinnen und Schülern
ermöglichen, verbal oder nonverbal zu reagieren. [...]
o 1. bis 4. Klasse
Sprache als Gestaltungsmittel: Ausdrucksformen in verschiedenen Medien
kennen lernen: Verstehen, wie in Medien Themen und Inhalte gezielt
aufbereitet und gestaltet werden (auch durch eigenes Erproben).
Kreative sprachliche Gestaltungsmittel kennen lernen: Schriftlich und
mündlich erzählen; erzählerische Mittel einsetzen, um Texte bewusst zu
gestalten. [...]
o 1. und 2. Klasse:
Ausdrucksformen in verschiedenen Medien kennen lernen: Einfache
Möglichkeiten kennen lernen, wie in Medien Themen und Inhalte gezielt
aufbereitet und gestaltet werden (auch durch eigenes Erproben). Deren
Wirkung auf sich und andere wahrnehmen und beschreiben. [...]
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 79+
o 3. und 4. Klasse
Beziehungen aufnehmen, ausbauen und gemeinsames Handeln
ermöglichen: Den Gesprächsverlauf bewusst wahrnehmen und zunehmend
eigenständig auf Partner/innen und Situationen eingehen. In verschiedenen
Gesprächsformen den Gesprächsverlauf beobachten und beschreiben um
ihn beeinflussen zu können. In vielfältigen Situationen und unter
verschiedenen Bedingungen ausdrucksvoll und verständlich sprechen. [...]
o 4. Klasse:
Interessen wahrnehmen: Verschiedene, auch versteckte Absichten
erkennen und zuordnen; entsprechend reagieren. Anliegen sprachlich
differenziert vorbringen; auch mit Anforderungen im öffentlichen und
institutionellen Bereich vertraut werden.
Informationen für bestimmte Zwecke bearbeiten sowie schriftlich und
mündlich vermitteln: Das Wesentliche aus Gehörtem, Gesehenem und
Gelesenem wirkungsvoll und anschaulich mündlich und schriftlich
präsentieren und erklären [...] (BMBF, 2012, S. 24-33).
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 80+
4 Ausblick ++4.1 Teamteaching
„Ein Team ist so gut wie sein schwächster Individualist,
vielleicht aber auch wie der fähigste.“
(Walden, o.E., zit. n. Schefter, 2015)
Im Zuge der Umstellung von der Hauptschule zur Neuen Mittelschule hat sich
auch die Arbeit der Lehrkraft verändert. Ist eine Lehrperson in den
Hauptgegenständen zuvor alleine in der Klasse mit der jeweiligen
Leistungsgruppe gewesen, so stellt das Unterrichten in der NMS viele Lehrerinnen
und Lehrer vor ganz neue Herausforderungen. Auf der einen Seite gibt es keine
Leistungsgruppen mehr und es muss in der Klasse stark differenziert werden und
auf der anderen Seite darf beziehungsweise muss der Unterricht nun mit einer
zweiten Lehrperson gestaltet und durchgeführt werden. Das kann bereichernd,
aber auch als erschwerend empfunden werden.
Kann Johnstones Statuslehre auch hier dienlich sein?
Es gibt zwei Punkte, die es zu betrachten gilt: Mittels der Statuslehre ist es
einerseits wahrscheinlich einfacher mit einer zweiten Lehrkraft umzugehen, da
man ein besseres Verständnis für Menschen entwickelt, Gespräche besser
gestalten und eine gelingende Beziehungsebene aufbauen kann. Andererseits
aber kann es in der Klasse in der Anwendung der Statuslehre zu Konflikten
kommen. Im Interview frage ich Maike Plath, ob sie sich das Ansingen und
Hinknien vor den Schüler auch getraut hätte, wäre eine zweite Lehrperson in der
Klasse gewesen.
Ihre Antwort dazu:
Das ist auch oft so gewesen. In vielen Deutschstunden sind wir ja auch
doppelt gesteckt gewesen, aber natürlich muss man im Team das vorher
kommunizieren. Also ich kann nicht selber irgendwas machen, das sorgt
dann für Irritation, außerdem geht es ja auch oft darum, dass das dann
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 81+
irgend so eine Eifersucht ist, wer bei den Schülern beliebter ist und so. Also
muss man [...] sehr transparent vorher darüber sprechen und dann hat man
erst mal ein Gespräch mit jemandem, der einen roten Kopf hat und sagt:
„Das stimmt gar nicht!“ Da muss man halt durch und sagen: „Doch, doch.
Das ist schon irgendwie so, dass wir darüber reden sollten.“ Dann hab ich
das natürlich offen gelegt, was ich da mache. Was nicht jetzt unbedingt
heißt, dass das bei allen Kollegen funktioniert. Ich hatte eine Kollegin bei
der das sehr gut funktioniert hat und eine andere dann später auch, aber es
ist irgendwie so, dass das natürlich nicht mit allen funktioniert und natürlich
gibt’s total Ärger, wenn man mit jemandem anderen zusammen unterrichtet,
der ein ganz anderes Konzept fährt, der die halt gerne auch mal
zusammenscheißt, dann funktioniert das überhaupt nicht. „So what?“ Das
wäre dann in einem anderen Kontext genau dasselbe, da wären nur die
Konflikte nicht ausgesprochen, aber sie hätten genauso eine destruktive
Wirkung. Das geht dann einfach nicht (Plath, 2015, S. 18).
Plath ergänzt zum Thema Statuslehre und Teamteaching:
[...] im schlechtesten Fall würde es mir natürlich helfen, mich
durchzusetzen, aber der beste Fall wäre ja [...] dass beide dasselbe Wissen
haben und uns im Grunde fast coachen, [...] dass wir uns im Grunde auch
gegenseitig helfen, besser zu werden, also im Team würde das eine riesige
Qualität aufmachen (Plath, 2015, S. 39).
Weiters sagt sie, dass es einen großen Unterschied mache, ob es im Rahmen der
Statuslehre um die Lernenden oder die Lehrenden gehe.
Hierzu meint sie:
[...], weil bei Schülern ist auch das Rollenfeld auch noch ein anderes, weil
ich auch noch die Verantwortung hab und ich kann halt, also wenn ich das
so sehe, dass ich sie an die Hand nehme die Kinder und Jugendlichen und
dann versuche, ihnen die Situation zu geben, die sie zum Lernen brauchen,
ist das was ganz Anderes, als wenn ich einem Kollegen eben halt erklären
will, wie er vielleicht auch besser klar kommt. Das ist auch gefährlich. Das
geht nur bei jemandem, der offen ist (Plath, 2015, S. 19).
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 82+
Lehrerkonferenzen seien für sie eine besonders große Herausforderung gewesen.
Bei dauerhaften Konflikten, Plath bezieht sich hier wieder auf Johnstone, gewinnt
immer der Charismatiker, weil er die Rampensau „niederkuschelt“. Der
Charismatiker kann nämlich auch eine Niederlage aushalten, da es ihm nicht um
das eigene Ego geht. Allerdings kann dies sehr lange dauern und es stellt sich die
Frage, ob man das will (vgl. Plath, 2015, S. 20).
Für Lehrerseminare, so Plath, werde sie sehr oft von der Schweiz angefordert, wo
im Rahmen der individuellen Statussettings Konflikte der Lehrkräfte untereinander
behandelt werden würden. Im Gegensatz dazu, erzählt sie, werde sie in Berlin
kaum wegen Statusseminaren, vielmehr wegen ihres zweiten Programms, dem
„partizipativen Theaterunterricht“ zu Seminaren angefragt (vgl. Plath, 2015, S. 21).
Maike Plath erklärt:
Die Kontexte in der Schule sind sehr hierarchisch, also auf
gesellschaftlichen Status bezogen und grundsätzlich auch das Ganze, was
ich überhaupt gemacht habe, also eigenmächtig auch Unterricht
umzustellen und Dinge zu entwickeln. Ich wurde ja mehrfach sozusagen
herzitiert [...]: „Wenn Sie Karriere machen wollen, dann bewerben Sie sich
doch auf eine Funktionsstelle.“ Also, dass man [...] inhaltlich an der Sache
arbeiten möchte und sich professionalisieren möchte, das ist halt auf ganz
starke Widerstände gestoßen, wobei man aber auch sagen muss, dass ich
natürlich das Herz auch hatte für die bildungsbenachteiligten Jugendlichen
und ich glaube, das ist ja das nächste Drama, dass die Schulbedingungen
und die Kommunikation schlechter werden, je schlechter auch die
Voraussetzungen der Schüler sind. Also, wenn ich jetzt zum Beispiel an ein
Elitegymnasium gegangen wäre, hätte ich es besser gehabt, weil da auch
der Grad der Reflexion viel höher ist, auch im Kollegium und auch die
Schulleitung ist dann auch ausgebildeter. Aber dann, dann hab ich eben
überlegt, wenn ich halt dableibe, wo die Jugendlichen sind, die es am
nötigsten haben, dann bin ich halt mit einem System und einer Struktur
konfrontiert, die mich total klein macht. Und je stärker ich werde, umso
schlimmer wird’s, weil ich dann, das wird dann nämlich erwartet, dass man
dann Schulleitung ist oder eine Leitungsposition hat. [...] aber ich hatte
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 83+
irgendwie gedacht: „Ich kann die Zeit nicht mehr zurückdrehen. Die ganzen
Erlebnisse, die ich habe, das geht nicht. Ich möchte irgendwie an der Stelle
weiter wirksam sein und was bewegen und wie kann ich denn weiter was
bewegen?“ Jedenfalls nicht in diesem Kollegium und auch nicht an
vergleichbaren Kollegien, sondern ich muss auf ´ne andere Ebene und auf
´ner anderen Ebene versuchen ´ne Wirkung zu entfalten. Denn je mehr
Menschen sozusagen denken: „Ich hab Bock was zu lernen. Das ist ja
irgendwie eine sinnvolle Sache“, desto mehr verändert sich halt. Aber das
ist halt eben so flächendeckend und das passiert ja auch total. Deshalb
denke ich, das war genau der richtige Schritt. Ich hätte mich dort tot
gemacht (Plath, 2015, S. 21f.).
Maike Plath ist seit 2013 freiberufliche Theaterpädagogin und Autorin. Sie hält Workshops, Seminare und Vorträge zum Biografischen und Partizipativen Theaterunterricht und zur Statuslehre (nach Keith Johnstone). Seit 2014: Konzeption und Durchführung des BMBF Weiterbildungsprogramms „LernKünste“ in Kooperation mit der Alice Salomon Hochschule Berlin für Künstler_innen und Kulturschaffende. Seit 2013: Im Vorstand von „Mitspielgelegenheit e.V.“. Seit 2011: Künstlerische Leitung der Jugendtheaterprojekte am Heimathafen Neukölln. 2008-2012: Vorstandsmitglied im Bundesverband Theater in Schulen (BVTS). Seit 2008 in der Jury für das Theatertreffen der Jugend (ttj, Berliner Festspiele). Seit 2004 Entwicklung und Realisierung zahlreicher Theaterproduktionen in Schulen und außerschulischen Kontexten. 1998-2013: Lehrerin für Deutsch und Darstellendes Spiel. Publikationen: »Biografisches Theater in der Schule«, Beltz 2009. »Spielend unterrichten und Kommunikation gestalten”«, Beltz 2010. »Freeze & Blick ins Publikum – Das Methodenrepertoire für den Theaterunterricht«, Beltz 2011, „Freak out mit Engel-Stopp – Das Erweiterungsset zum Methodenrepertoire für Theaterunterricht“. Beltz 2014, „Schreibwerkstatt – Vom biografischen Text zum Theaterstück“, Beltz 2014. „Partizipativer Theaterunterricht mit Jugendlichen“, Beltz 2014 (Plath, 2015, S. 46).
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 84+
4.2 Resümee +
„Unser Leben ist ein Spiel mit ganz bestimmten Regeln.
Alle spielen das Spiel mit, aber wer die Regeln kennt, hat klare Vorteile.“+(Herdt, o.E., zit. n. Schefter, 2015)
Die intensive Beschäftigung mit der Statuslehre im Allgemeinen, übertragen auf
den Schulalltag im Besonderen, ließ mich erkennen, wie tief das Wissen darum in
uns allen verankert ist. Daher verstehen wir die Gesetzmäßigkeiten und
Zusammenhänge sehr schnell. Dies mag als erster Schritt hilfreich sein,
Beziehungssituationen unterschiedlichster Art mit einer gewissen Leichtigkeit zu
betrachten, dennoch, um langfristige Auswirkungen zu erzielen, ist es von
entscheidender Bedeutung fokussiert bleiben zu können, um nicht mit dem Strudel
der Unbewusstheit mitgerissen zu werden. Die alten Verhaltensmuster lauern
hinter jeder Ecke, sich daher mit anderen im Kollegium zu verbinden, sich
auszutauschen, gemeinsam Verhaltensmuster reflektierend zu betrachten, mit
dem Ziel, Schule neu zu gestalten, nicht nur um die eigene psychische
Gesundheit zu erhalten, sondern die Schule als fruchtbaren Ort des Wachsens
neu zu schaffen, muss angestrebt werden. Blockierer wird es immer geben und
auch das Jammern mag Kennzeichen einiger Lehrkräfte sein. Orientieren wir uns
nicht daran, sondern entscheiden wir uns, ein Leuchtturm auf menschlicher Ebene
zu sein: Verbindungsglied zwischen Festland und Meer. Wenn wir es wagen,
unsere Komfortzone zu verlassen, erste Schritte, wie Segel zu setzen, steuern wir
unserem Ziel entgegen.
S: Ist es daher richtig zu sagen, dass Johnstones Statuslehre Lehrerinnen
und Lehrer befähigen kann, gelingende Beziehungen zu den Schülerinnen
und Schülern aufzubauen?
M: Definitiv, denn es geht ja um das Errichten einer Kommunikation der
Begegnung (Plath, 2015, S. 26).
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 85+
5 Literaturverzeichnis
AZQuotes. (2015). AZQuotes. Abgerufen von:
http://www.azquotes.com/quote/164754
Bauer, J. (2008). Lob der Schule. Sieben Perspektiven für Schüler, Lehrer und
Eltern. München: Wilhelm Heyne Verlag.
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften. (Hrsg). (o.J.). Digitales
Wörterbuch der deutschen Sprache. Abgerufen von:
http://www.dwds.de/?qu=status
Bibliographisches Institut GmbH. (2015). Duden. Abgerufen von:
http://www.duden.de/rechtschreibung/Status
Bock-Rosenthal, E. (1994). Soziale Ungleichheit und sozialer Konflikt. In B.
Biermann, E. Bock-Rosenthal, M. Doehlemann, K. Grohall, D. Kühn, Soziologie.
Gesellschaftliche Probleme und sozialberufliches Handeln (173-228). Neuwied:
Luchterhand Verlag GmbH.
Bundesministerium für Bildung und Frauen. (2015). Sechster Teil. Lehrpläne der
einzelnen Unterrichtsgegenstände a. Pflichtgegenstände. Deutsch. (2012). (S. 24-
33). Abgerufen von:
https://www.bmbf.gv.at/schulen/recht/erk/bgbla_2012_ii_185_anl1_22513.pdf?4dzi
3h
Dudeck, T. R. (2013). Keith Johnstone. A Critical Biography. (1. Aufl.). [Kindle DX
Version] doi:10.1017/S0266464X14000815
Hattie, J., Beywl, W., Zierer, K. (2015). Lernen sichtbar machen: Überarbeitete
deutschsprachige Ausgabe von „Visible Learning“. Hohengehren: Schneider-
Verlag.
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 86+
Hradil, S. (2010). Soziale Ungleichheit, soziale Schichtung und Mobilität. In Korte,
H. & Schäfers, B. (Hrsg.) Einführung in Hauptbegriffe der Soziologie. Lehrbuch.
Einführungskurs Soziologie. (S. 211-235). Wiesbaden: GWV Fachverlage GmbH.
Johnstone, K. (1998). Improvisation und Theater. Berlin: Alexander Verlag.
Melzer, G. (2014). Zitate. Abgerufen von: http://www.zitate-
online.de/sprueche/allgemein/17842/aufrichtigkeit-ist-die-erste-pflicht-des-
kritikers.html
Plath, M. (2010). „Spielend“ unterrichten und Kommunikation gestalten. Warum
jeder Lehrer ein Schauspieler ist. Weinheim: Beltz Verlag.
Plath, M. (2015). Persönliche Kommunikation. Interview: 2. April 2015. Berlin.
(Im Anhang der digitalen Version).
Posner, A. (2013). Die smarte Art, sich durchzusetzen. Status-Spiele erkennen
und für sich entscheiden. München: Kösel Verlag.
Schefter, T. (2015). Aphorismen.de. Aphorismen Zitate Sprüche und Gedichte.
Abgerufen von: http://www.aphorismen.de
Schmitt, T. & Esser, M. (2014). Status Spiele. Wie ich in jeder Situation die
Oberhand behalte. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag.
BACHELORARBEIT+von+Silvia+Hagler+ + 87+
6 Abbildungsverzeichnis +Abbildung 1: Die vier möglichen Statusfelder (Posner, 2013, S. 42) ..................... 29
Abbildung 2: Statusspielfeld .................................................................................. 69
7 Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Kennzeichen von äußerem höheren und tieferen Status
(Posner, 2013, S. 22ff.) ......................................................................... 21
Tabelle 2: Kennzeichen von innerem höheren und tieferen Status
(Posner, 2013, S. 29) ............................................................................ 28
8 Anhang
Plath, M. (2015). Persönliche Kommunikation. Interview: 2. April 2015. Berlin.
(Nur in der digitalen Version enthalten).
Recommended