Beiträge zur Chemie der Elemente Niob und Tantal. XXIII. Die Thermochemie der Niobchloride

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Beitrage zur Chernie der Elernente Niob und Tantal. XXIIIl)

Die Thermochemie der Wisbchloride

Von HARALD SCHAFER iind PRANZ KAHLENBERG

Mit 3 Abbildungen

Inhaltsubersieht Die Bildungsenthalpien der festen Chloride NbCl, und NbCI, wurden im Losungs-

calorimeter bestimmt. Anschliefiend ergaben sich auf Grund weiterer experimentekr Unterlagen auch AH-Werte fur &e gasformigen Verbindungen NbCI, und NbCl,, fur die obere und die untere Grenze der Trichloridphase NbCl,,,, und hTbC& und fur NbCI,.

Xormalentropien und Cp-Funktionen wurden fur alle Niobchloride abgeschatzt. Die so gewonnenen thermodynamischen Werte wurden an einem umfangreiohen ex-

perimentellen Material gepriift und bestiitigt : Erortert wurden die Rildungs- und Reak- tionsweisen von NbCl,, der thermische Zerfall von gasformigem NbCI,, die Bildungs- und Reaktionsweisen von KbCl,, die Disproportionierung von XbCl,, die Disproportionierunq von NbCI,,,, und NbCl,, die Reduktion von hJC1, mit H, unter Abscheidung von Tri- chlorid, die Fkduktion von NbCl,,,, und NbCl, mit H, und schliedlich die Umsetzung ron Kb mit HCl.

Summary The heats of formation of the solid chlorides NbCl, and NbCl, have been determined

from calorimetric incasurcments of the heats of solution. The AH-values for the gaseous compounds NbCl, and NbCl,, for the upper and lower

limits of the trichloride phase KbC13,13 and XbC1,,67, and for NbC1, were determined on the basis of further experimental investigations.

Normal entropies and Cp-functions have been estimated for all the niobium chlorides. The thermodynamic values thus calculated were checked against a large amount of cx- perimrntal information and confirmed.

The methods of formation and reactions of NbCl, and NbCla, the thermal decom- position of gaseous NbCI,, the disproportionation of NbCl,, XbCl,,,,, and KbCl,, the reduction of NbCl,,,, with H, to solid ,,NbCI,", the rrduction of P\TbC12,6, and KbCI, with H,, and finally the reaction of Nb with HC1 arc discussed.

Die Bildungsenthalpie des schon von H. ROSE dargestellten Niob(V)- chlorids war bis vor kurzem nicht einmal niiherungsweise bekannt. Wir haben die GroSen dH(NbC1,) und dH(NbC1,) durch Losungscalori-

l) Mitteilung XXTI: H. SCHLFEE u. F. KAHLENBERC, Z. anorg. dlg. Chem. 306, 178 (1960).

20*

292 Zeitsehrift fur anorganische und allgerneine Chemie. Band 305. 1960

metrie bestimmt und damit den Schlussel fur eine erste Gesamtbetrach- tung der Thermochemie aller Niobchloride gewoimen. Diese wird hiermit vorgelegt.

A. Calorimetrischc Restiininung der Bildungsenthalpie des Niob(V) - chlorids

Sowohl Niob als auch Niob(V)-chlorid wurden in FluIJsaure geliist. Alle Verdiinnungswiirmcn wurden beriiclisichtigt.

1. Yrlparate und Losungen K i o b m e t a l l I. Das als Stab vorhandene Metal1 wurde zu einer

Folie von -6 p Dicke a,ixsgewalzt 2). Die spektrographische Unter- suchung und Kontgenfluoreszenz-Analyse3) ergaben 0,07y0 Si ; 0,04yo Fe ; s O , O l % Ti, Ni, 'VV, Sn, Zr, hl. Der photometrisch mit Pyrogallol be- stimmte Ta,-Gehalt4) betxug 0,76%.

N i o b m e t a l l I15). Aucli dieses Niol:, wurde auf 6 p Dicke ausge- walzt2). Die wie oben ausgefuhrte Analyse ergab 0,057; Si; 0,06% Pe; 20,01% Ti, W, Sn, Zr, Cr, Mo, Ki, Al; 1,150/, Ta4).

Niob(V)-chlorid. Niob(V)-oxyd, clas frei von Eiseii und 14701fram war, aber noch 0,3% Tantal(V)-oxytl enthielt, wurdc bei 300 "C mit, CCl, in das Pentachlorid verwandelt.

Das zur Entfernung von Titanspurena) im Vakuum sub'limierte Chlorid wurde zur A b t r e n n u n g des T a n t a l s auf verschiedenen Wegen weiter umgesetzt:

a) Oxalsauremethode ' ) . Nach dcm AufWsen cles Chlorids in konzentrierter Salz- siiure wurde rnit waBriger OxalsaurelCisung verdiinnt. AnschlieBend wurde durch Zugabe von SO,-Wailser und Erwarmung ein Teil der Erdsaure gefallt und abfiltriert. Tantal war im Niederschlag angereiehert. Das Filtrat wurde eingedampft und der Ruckstand zu Nb,O, vergluht. Die Analyse4) ergub ~ O , l o , b Ta,O,.

b) NbC1,-Methodes). Das Pentachlorid wurdc im Temperaturgefalle (400/200 "C) niit eineni NiobunterschuB zum Tetrachlorid umgesetzt. ULtbci wurde Tantal praktisch

2, Fur das Auswalzen dcs Niobs sind wir Herrn Dr. H. SPEIDEL von der Firma Heraeus, Hanau, sehr dankbar.

3, Die Rontgenfluoreszenzanalyse verdanken wir den Herren Dr. SCHhUFELBERGEK.

und Dr. SCHELLER von der Firma Ciblt, Basel. Die Angabe 2 0,Ol% bedeutet zum Tei!, daB die Gehalte unter der O,Ol% betragenden Nachu eisbarkeitsgrenze liegen.

*) Den Ta-Gehalt bestimmte freundlicherweise Herr Dip1.-Chem. P. SCIIVLTE in unsercm Laboratorium mit einer modifizierten Pyrogallolmethode nach vorangelmder Ta-Estraktion.

5) Dieses Xiobblech verdanken wir Herrn Dr. MILLER von cler Firnla Nurex Ltd., Rainham, Essex, England.

6 ) H. SCHAFER, L. BAYER u. CII. PIETRUCK, Z. unorg. allg. Chem. 266, 140 (1951). 7 ) H. SCHLXER u. CH. PIFTRVCK, Z. anorg. aUg. Chem. 264, 106 (1961); zur Arbeits-

8 ) H. SCELLFER u. CII. PIETRUCK. Z . anorg. allg. Chem. 266, 151 (1951). weise vgl. 6. 113, Versuch 24.

H. SCH~FER u. F. KSHLENBERG, Die Thermochemie der Niobchloride 293

nicht in den PSbClcKristall aufgenommen. Das ‘Ietrachlorid wurde mit Salpetersaure eingedampft und zu Nb,O, vergliiht. Ta,O,-Gehalt < 0,l%.

Das nach a) oder b) gereinigte Nb,O5 wurde mit CCl, in NbC1, verwandelt. Dieses wurde im hschlul3 an cine Hochvakuumsublimation unter trockenem Stickstoff gepulvert und in gemogcne Quarzkirschen abgefiillt, die im Vakuum abgeschmolzen wurden.

Bei der Bestimmung des NbCl,-Gewichts wurde der Luftauftrieb und cine geringe Quarzverdampfung beriicksichtigt. Diese Rfadnahmen gelten bei uriscren Nessungen (TaCl,, TaCI,, NbCl,, NbCl,, NbOC1,) allgemein.

FluB s a ure. Analysenreine FluBsiiure wurde verdiinnt und in Polyathylenflaschen aufbewahrt. Zur Gehaltsbestimmung wurden abgcwogene Mengen der Saure titriert. Die Natronlauge war gegen Oxalsaure-Urtitersubstanz eingestellt. J ls Jnrlikator diente Brom- thpolblau-Phenolrot (PH = 7,5).

a) FluSsaure mit 40,79 -j= 0,04 Gew.-% HF; N = 1,61’2. b) Fldsaure mit 5,333 & 0,005 Gew.-q/, HF; N = 19,71. Salzsaure. Die Saure enthielt 0,3271 f 0,0003 Gem.-:/, HC1 (gravimetriseh iiber

AgCl bestimmt); N = 616,8.

2. Vorversuehe 1,5 g gepulvertes NbCl, losten sich in 350 g 5,s proz. FhxBsaure in

3 Minuten vollstandig. Wahrend sich Tantalfol ie in starker FluBsOure nach Zugabe von

H,PtCl, schnell losteg), machte die entsprechende Reaktion mit Ni ob, die wegen der komplizierten Vorgange in der Losung nur schematisch etwa gemaB

dargestellt werden kann, Schwierigkeiten. Die Reaktion setzte zwar heftig ein, wurde jedoch nach 1-2 Minuten iinmer schwacher. Das redu- zierte Platin war dam in Flocken in cler Losung verteilt. Durch Ver- besserung des Kontaktes voii Niob mit Platin konnte jedoch der Reak- tionsablauf wesentlich beschleunigt werden:

Niobfolie von 6 ,LA Dicke wurde zusainmen mit feinmaschigen Plstin- netzen straff auf eine Mikro-Netzelektrode aus Platin gewickelt, und zwar derart, daB die Reihenfolge Pt-Nb-Pt-Nb gewahrt blieb. Das auI3en befindliche Pt-Netz wurde mit Pt-Draht Fefestigt. Auf diese Weise hatte die Siiure yon allen Seiten Zutritt zur Niobfolie. Tauchte man die so hergerichtete Netzelektrode in 4Oproz. Fluhaure (die kein H,PtCl, enthielt), so wurde stiirmisch H, entwickelt, bis das Niob fast vollstandig gelost war. Die Reaktionsdauer betrug bei Verwendung von 0,5 g Niob 10 Minuten. Gegen Ende der Reaktion fielen kleine Niob- flitter (-1,4% des Niobs) durch die Maschen der Platinnetze. Sie blieben nun, da der Kontakt zum Platin fehlte, uber einige Stunden unverandert, wie besonders uberpriift wurde.

Nb + 5 H+ = Nb(V) + 5/* H,

~~

9, H. SCHLBER u. F. KAHLENBEBO, Z. anorg. allg. Chem. 894, 232 (1958).

294 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 306. 1960

Dies war wegen der notwendigen scharfen Begrenzung der calorimetrischen Haupt- periode wichtig. Auch koimte man dau ungeloste Niob von der Einwaage subtrahieren, so daB die unvollstandige Auflosung kcincn Fehler verursachte.

Das Ungeloste lieferte das DEBYE- SCHERRER-Diagrsmnl des rnctallischen Niobs, obn oh1 die Entstehung von Xiobhydridphasen l o ) denlcbar gewesen ware. Nach Erfah-

A 5 6

i

Abb. 1. 3fcssung dFr entwickclten H,-Menge bei Pmsetzung von h-b mit FhiRsaure. A ReaktionsgefLB (im Thermostatcn), B Gas- burette (temperiert), 1 Gaseinleitungsrohr, 2 Drehbare Pt-Ose, 3 Pt-Netz mit Nb-Folie, 4 Polyathj-lenhiilse mit FluBsilure, 5 Kapillare

rungen von BRAVER und MULLER cntz- steht jedoch Hydrid unter unseren Ver- siichshedingungen hochstens in minimaler Mcngcll).

Zur weiteren Kontrolle der Aufliisungsreaktion des Niobs wurde die entwickelte Wasser- stoffmenge gemessen.

Arbei tsweise a) (-4bb. 3 ) . Wahrend das Keakt,ionsgcfuS %-om Hahn 1 her mit Argon gespiilt wurde, hing die mit h h b - folie und Platinnetz bewickelte Platin- eIekt'rode iiber der FlulJsLure. Sie fie1 beiin Di-ehen der Platinose in die Saure und die durch den freiwerdenden Wasser- stoff verursachte Volumenvermchrunp wurde mit der Gasburette gemesscn. ReaktionsgefaR iind niiret,te waren auf 25,OO & O,O1 "C temperiert. Zum Auf- losen des Riobs dicnte 40,Sproz. Fliil3- saure, wahrend die iV1eSbiirett.e 20,4pproz. Sslzsiiure enthielt. ifber beiden Losinigen herrscht bci 25" der Satt'igungsdruck Z'P = 14 n 1 1 n ~ ~ ) ~ ~ ) .

Arbei tsweise b). Aus dcni init CO, gefiillten ReaktionsgefaO 9 konnte dcr ent,- wickeke Wasserstoff auch init CO, in eine mit 3Oproz. KOH gefiillte Biiret,te gexpiilt wmden In).

Bei Modellanalysen mit Aluminium lieferten beide Arbeitsweisen auf -& 0,676 genau die t,h eoretische Wasserstoffmenge.

Die bcim Auflosen des lu'iobs gemessenen Wasserstoffmengen waren - je naeh den spezielleren Versuclisbedingungen - um 2-37; kleiner als bei Beriicksichtigung des ge- ringen Ta- Gehalts des Niobs und der ungelost gebliebenen Nb-Rnteile berechnet war. Die an der H,-Menge fehlenden Reduktionsaiquivalente ivurden mal3analvtisch in der

'0) G. BRAUER u. H. M ~ ~ L L E K , Angew. Chem. 70, 53 (1958). 11) H e m Prof. Dr. G. BRACER, Freiburg, mochten uir fiir diese Auskunft bestens

12) Partialdniclie iiber Salzsaure : YAXNSKIS, ZEISBERG; nech LANDOLT-B~RNSTEIIT,

Partialdrucke iiber FluRsiitire: P. A. MUNTER, 0. T. A E P L ~ u. R. A. KOSSATZ,

14) PHI, iiber 3Oproz. KOH: I,. GATTXRMANN u. H. T $ 7 ~ ~ ~ ~ ~ ~ , Die Praxis des Or-

danken.

5. Aufl. (1927), Erg.-Rd. 7, S. 760.

Ind. Engng. Chem. 41, 1504 (1959).

ganischen Chemikew. Berlin 1953.

H. SCHAPER u. I?. KAHLENBERG, Die Thermochcmie der Niobchloride 295

Losung gefundenl5). Wir vermuten, daB in der schwach braungelben L6tmng Niob(T1I)- Komplexe vorlagen, die nur s e h r langsam unter H,-Entwicklung in ,Yb(V) iibegehen. Fur diese Nb(II1)-Bildung war eine Korrektnr anzubringen (vgl. spatiter).

3. Ergebnisse Das Losungscalorimeter und die Arbeitstechnik wurden bereits friiher

beschriebeng). Alle Angsben gelten fur 25,O “C. 1 cal entspricht 4,1840 Joule. Zur Ermittelung der Bildungsenthalpie des Niob(V)-chlorids wurden die folgenden Teilprozesse kombiniert.

Re ak t i on s s c h e m a z u r B i ld u ng s e n t h a1 p i e d e s K i o b ( V ) - c h lo r i d s

I Nb + (l70,4HP; 276H,O) ~ {NbF,; 165,4 HF; 275 H,O) + 5/’* H,

= (KbF,; 165,4 HF; 5 HC1; 3359 H20)

= NbCl,f + { 170.4 HI?; 3359 H,O)

= ( 5 HCI; 308-1 H,O)

= (lT0,4 HF; 275 H,O) + 3081 H,O

AH,

AH,,

AH111

d HI,

A H ,

11 (NbF,; 165,4 HJ?; 275 H,O) 4 (5 HCl; 3084 H,O)

111 (KbF,; 165,4 BF; 5 HCl; 3359 H,O)

TV s/, H, + 51, C1, + 3084 H,O

V (170,4 HF; 3359 H,O)

v

I Nb + 5 / , C1, = ShC1,f; AH = c ,1H

TeilprozeB I. duf l i i snng v o n S i o b in FluBsLure 0,5000 g Niob wurde in 45,OO g FluBsaure (N = 1,612; entsprechend

0,9173 Molen HF + 1,479 I\ilolen H,O) gelost. Auf 1g-Atom Niob (92,91 g) bezogen entspricht das der Gl. (I). Die Messungen ergaben die unkorrigierte GroBe -AHY :

Niobmetall I: 70,92; 70,15; 70,93; S0,3X kcal. Niobmetall IT: 70,60; 70,46 kcal. Beide Niobsorten lieferten also ubereinstimmende Ergebnisse :

AH;”’ = - ‘i0,57 & 0,13 kcd.

Hieran waren 4 K o r r e k t u r e n anzubringen. Die korrigierte GroBe be- tragt AH, = -73,l & 0,7 kcal.

Korr e lr t 11 re n a) Verdampf ung von H,O u n d HP. \Veil das Xetall nicht vollstgndig gelost wurde.

weil es Tantal enthielt und schlieolich, weil ein kleiner Teil des gel6sten Xobs in niedriger

l5) Zugabe von K Al(SO,), . 12 H,O 7,131 Maskierung eines groRen Teils dcs Fluorids; Zusatz von Fe(II1) ; Titration des cntstandcnen Fe(1I) mit K,Cr,07 gegen N-Methyl- diphenylamin-p-sulfosaure.

296 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 305. 1960

Oxydationsstufe vorlag, betrug die entwickelte Wasserstoffmenge im Mittel nur 95,5% derjenigen, die fur reines h% und vollstandigen Umsatz zu erwarten war. Der entwei- chende Wasserstoff war mit H,O iind HF gesattigt, so daB fur dcren Verdampfungs- enthalpie zu korrigieren war :

Aus hfeawerten von MUNTER, BEPLI und KOSSATZ~~) erhdt man clurch Interpolation uber HF; 1,612 H,O bei 25 "C die Teildrucke P(HF)=8,5mm; P(H,O)=8,6 mm. Bei einem Gesamtdruck von 760 mm nehmen die 2,5.0,955 illole H, 0,0276 Mole H,O und 0,0176 Mole H F mit. Die Kondensation ciieser Wassermenge, die Auflosung von HF-Gas darin und die Vermischung mit dcr Siiure im Calorimeter liefert 0,48 kcal. Somit wird

AH;' = --70,57 - 0,48 = - 71,05 & 0,15 kcal.

b) Unvolls tLndige Auflosung des Xiobs. Nach 7 Bestimmungen, die unter den Bedingungen der calorimetrischen Messungen ausgefiihrt wurdcn, betrug der ungeloste Anteil 1,44 f 0,150/, der Mctalleinwaage. Da die Losung in bezug auf das geliiste Niob als ,,unendlich verdiinnt" anzusehen ist, dad proportional umgerechnet werden:

72,09 & 0,2 kcal.

c) T a n t a l g e h a l t des Niobs. Die gemessenen Niobproben enthielten im 1Mittel 0,90 Gew.-yO Tantal. Niob und Tantal bilden eine liickcnlose Reihe yon MischkristaJlenlG). Die Mischungsenthalpie kann vernacblassigt werden.

92791 * o'oo9 - 0,00462 g-At. Tantal in FluRsaure (X = 3,008) Beim Auflken von

betragt AH = -99,66. 0,004@2 = -0,46 kcalg). Da es sich nur urn eine Korrektur- groSe handelt, stellt die mit HF; 3,008 H,O (stittt rnit HF; 1,612 H,O) bestimmte Auf- liisungsenthalpie fiir Ta eine gut,e Xaherung dar. Somit vcrblciben --T2,09 + 0,46 = -71,63 kcal fiir 0,991 g-At. Nh, oder fur 1 g-A4t. aufgelostes Nb

180,95 -~ -

AH; = - 72,28 f 0,2 kcal.

d) Kiob(II1)-Gehalt d e r Losung. Wurde das ungeloste Nb und auoh der Ta- Gehalt beriicksichtigt, so blieb die beim Losen des Metalls entwickelte H,-Menge noch um "6 0,237(, hinter der Erwartung zuriick, wie 5 Messungen ergabcn. Die entsprechenden Reduktionsaquivalente wurdcn als niedere Kb-Stufen (wohl Nb(II1)) in der Losung ge- funden. Die Korrektur hierfiir geschieht duroh Betrachtung der folgenden Umsetzungs- gleichungcn mit FluBsiiure:

a) Nb + 3 H+ = Nb(II1) + 3//2 H,; AHa; p) Nb(II1) + 2 H+ = Xb(V) + H,; AHb . Die pro A q u i v a l e n t frei werdende Waime wird bei a) prober sein als bei p) . Dies

ergibt sich mit den spater gcnannten Zahlenwerten fur dH(NbC1,) und AH(NbCl,,,) sowie rnit tberlegungen zur Auflosung diescr Chloride in FluSsaure.

Daraus folgt, daR die im Experiment pro Mol H, critwickelte Warmemenge groRer war, als wenn die Reaktion vollstiindig zu l\'b(V) gefuhrt hatte:

72,28 - AH, < -m ; -AH, < 74,2 kcal.

Andererrseits ist Reaktion exotherm:

-AH1 > 72,?8 kcal.

16) H. Bi ci<rAR, X. hletallkunde 37, 63 (1946).

H. SCW~FER 11. F. KAHLENBERG, Die Therrnochemie der Siobchloride 297

Unter Beriicksichtigung dieser Verhaltnisse setzen wir

,1HI = - 73,l 0,7 kcul. - Die durch den nnvollstiincliigen Cbergang in Nb(V) verursachte Unsicherheit miiBte durch Verbesserung des Experiments beseitigt werden, wenn eine groBere Genauigkeit gefordert wird. Bei einer Erstbestimmung schien uns diese Behlerbreite noch tragbar zu sein.

TeilprozeB IJ. Verdi inaung d e r vorangehenden R e a k t i o n s - losung m i t Sa lzsaure

Die nach der Reaktion I vorliegende Losung wurde mit 300,lg Salzsaure (N = 616,8; eritsprechend 0,0269 Molen HCl + 16,60 Molen H,O) verdiinnt. Die Verdunnungswgrme entspricht nach Umrechnung von 0,5 g Nb auf 1 g-Atom Niob dem Vorgang 11. 6 Messungen ergaben:

-JH;, = 94,59; 94,15; 94,92; 9451; 94,36; 9445 kcal. ,Wttelrvert AH;, = -94,5 kcal.

Die Reaktion I verlief nicht ganz vollstandig. Daher wurde bei I1 eine etwas starkere Saure verdiinnt, als unserem Schema entspricht. Die Korrektur hierfiir betrlgt 0,2 kcal. Damit erhalten wir

4HZ1 = -94,3 0,2 kcal. - Die Diskussion zeigt, da13 AHII sehr nahe der Verdiinnungsenthalpie der FluBsiiurc

:nit Wasser entspricht. Die relativ geringcn Gchalte an HCI und NbF, haben wenig Ein- fluB. Aus diesem Grunde ist auch die obige Korrektur zuverliissig. Bei ihrer Berechnung diente die entwickelte H,-Mcnge als MaB fur die bei der Reaktion 1 verbrauclite Sailre.

TeilprozeB 111. Xuflosung des Niob(V)-chlorids

Nach dem Reaktionsschema waren in 350 g FluSsaure (N = 19,7 ; entsprechend 0,933 Molen HE + 18,39 Molen H,O) 1,479gNbC1, zu losen. Da sich eine definierte NbCl,-Menge nur schwierig einwagen lafit, wurde die FluBsauremenge der jeweiligen NbCl,-Menge so angepafit, da13 das geforderte Verhaltnis vorlag. Nach Umrechnung auf 1 Mol NbC1, er- gaben sich die Einzelwerte :

AH,,,, kcal: 77,04 76,83 76,58 'i6,56 76,50 SbCI,-Priiparat: a a a b b SbC15-Nenge, g: 1,0286 1,2720 1,3218 1,3787 1,4864

Die NbC1,-Praparate gaben ubereinstimmende Werte. Es besteht jedoch ein geringer Gang mit der NbCl,-;VIenge. Dies ist im Mittelwert berucksichtigt :

AHIII = 76,6 0, l kcal.

NbCl, wurde in einer aul3en puraffinierten Quarzkirsche in clas Calorimeter eingefuhrt. Die nach dem Zertriimmern der Kirsche stattfindende Reaktion der Quarzkirschen- Innenwand mit der verdiinnten FluBsaure liefert keinen nennenswerten Wilrmeeffekt 9).

298 Zeitschrift fur anorganische und allgemcine Chemie. Band 305. 1960

TeilprozeB IV. Bi ldungsentha lp ie d e r Salzsi iure

Durch Interpolation erhalt man aus Literaturangsbenl') AH,, = -199,4 f 0,l kcal.

Tei lprozeB $7. Verdi innung d e r F l u o s a u r e

Die Messung lieferte die Einzelwerte 99.61: 99.95; 99,85; 99,'i4 kcal und den gewogenen Mittelwert

AH, = 9 9 3 f 0,l kcal.

A d d i t i o n der Tei lprozesse

Aus den gewonnenen EinzelgroBen AH, = - 73,l 5 0,7 kcal

AH,, - 91,3 f 0,2 kcal

A€TIrI = + 76,6 --L 0,1 kcal

AH,, = - 199,4 -j= 0,l kcal

AH, = + 99,8 & 0,l kcal ergibt sich

Xb 4 ~ 5 / 1 2 Clz = NbC1,f; AH(NbCl,, 298) = -l90,4 1 kcal.

Herrn Kollegen P. GROSS^^) verdaiiken wir die Mitteilung, daB in seinem Laboratorium durch Umsetzung voii Niob mit Chlor im Calori- meter AH(NbCl,, 298) = - 190,ti & 0,3 kcal gefuiiden wurde. Die Uber- einstimmung der auf so verschiedeneii Wegeii gewonnenen Werte ist ansgezeichnet. Wir verwenden fur die weiteren Recliiiungeii

AH(NbC1,f. 298) = -1 90,5 kcal.

B. Ciilorirnetrische Bestimmung der Bildungsenthalpic des Niob(1V) - chlorids

Niob(1V)-chlorid wixrde in FluQsaure geliist : Nb(1V) + H+ = h%(V) + ' I2 H,.

l7) F. D. ROSSINI, D. D. WAGMAS u. Xtarb., Seleutcd Values of Chemicd Thermo- dynamic Properties, M'ashington 19.2.

*8) Fulmer Research Institute, Stoke Pogeu, Buckinghamshire, England. Wir mochten nicht versaurnen auch an dieser Stelle H C I T ~ Dr. GROSS fur diese Mltteilung und fur die Erlaubnis, sein Ergebnis hier zu verwenden, besteris zu danken. Die entsprechende $b- handlung von P. GROSS. C. HAYM~N, D. L. TJ~v i n. G. L. WILSON w i d in ,,Trans. F'nraday Soc." erscheineii.

H. S C ~ B E R 11. F. KAHLFKRERG, Die Thermochemie der Niobchloride 299

1. Praparate und Losungen Niob(IV)-chlorid19). Im EinschluSrohr w-urden 230 mg Niob mit 4 g NbC1, irn

Temperaturgefalle von 400/20@ "C wahrend 10 Stundcn erhitzt. Danach war das Metal1 verbraucht. und NbCI, hatte sich bei mittleren Temperaturen in groBen, schwarzbraunen Nadeln abgeschieden. NbCI, wurde bei 20@je0' vom NbCI, abgetrennt. Wahrcnd der Umsetzung befand sich ein NbCl,-Uberschufi in fester Forni in der 200"-Zone. Er war besonders grofl gewahlt worden, weil dann Tantal-Verunreinigungen weitgehend im Pentachlorid blieben2U). Kach unseren Erfahruugen ist das so hergestellte Tetrachlorid rein. Dementsprechend lieferte die Bestimmumg der Keduktionsaquivalente (Wasser- stoffentwicklung) theoretisclie Wertc. Das NbCI,-PrLparat, wurde wie NbC1, gepulvert und im Vakuum in Qnarzkirschcn eingeschmolzen.

Die benotigten Losungen waren die gleichen wie bei der Bevtimmung dcr Bildungs- enthalpie des TaCl,]), namlich

Sa lzsLure-PluSsaure mit. dem Molt-erhaltnis HC1:HI?:HzO = 1:170,4:3359 und H,PtCI,-Losung mit R,64 f 0,0lO;, Pt; r\' = 275.

2. Losungsversuche mi NbCll 1,3 g gepulvertes NbCl, losten sich in 350 g 6,3proz. FluBsaure, die

8 . 10-5 Mole H,PtCl, enthielt, in 6 Minut'en vollstandig. Die Losung war im ersten Augenblick tiefblau. Nach wenigen Sekunden vollzog sich der Farbwechsel iiber schwachbraun nach farblos. Nach der Ent- ffrbung fand keine Wasserstoffentwicklurlg mehr stmatt.

Manchmal blieb die Liisung. durch feinstverteilt,es Platin dunkel gefarbt. Wenn man aber riihrte, so ballte sich das Platin zu grofleren Teilchen zusammen, und die Liisung hellte sich auf.

Die Messung der Wasserst)offentwicklung mit der fruher 21) beschrie- benen Anordnung lieferte innerhalb der MeBgenauigkeit (4 Analysen ; Abweichung der Einzelmessung & 0,5y0) die dem stiichiometxischen Umsatz

entsprechende Wasserstoffmenge.

N ~ ( I V ) + H+ = N ~ ( v ) + ' is H,

Der geringe Ve'erbrauch an Reduktionsaquivalenten beim Ubergang vorl H,PtCI, zu Pt murde beriicksichtigt. Uas feinverteilte Platin ist den geliivten niederen Xb-Stufen gegen- iiber katalyt,isch wirkeamer, als das im ,4bschnitt A vcrwendete kompakte Platin.

3. Ergebnisse Die Bildungsenthalpie des NbCI, wurde mit dem folgenden Schema

an die des NbCl, angeschlossen22). Alle angaben gelten fur 25,O" C.

19) H. SCH~FER, C. G&ER u. L. BAYER, Z. anorg. allg. Chem. 265, 258 (1951). 20) H. SCHLBER u. CH. PIETRUCK, Z. anorg. allg. Chem. 266, 151 (1951). Z1) Vgl. Abschnitt A, sowiel). 22) Das analoge Schema wurde bei der Bestimmung der Bildungsenthalpie des TaCI,

verwendetl). Die angegebenen Zahlen enthalten z. T. Rechenstelbn, die nieht abge- rundet mrden, weil sie das Erkenrien der benutzten Kombinationen crleiclitern.

300 Zeitschrift fiir anorganische und allgemdne Chemie. Band 305. 1960

Reakt ionsschcma zur Bildungsentha lp ie des Niob(1V)-chlorids 1 (XbF5; 165,s HF; 5 HC1; 3859 H,O)

SbC1,f + (l’i0,4 HF; HCI; 0,01212 H,PtCJ; 3363 H,O)

0,01412 Pt + (0,08472 HC1; 4,0 H,O)

1 +H, t 4 C1, + (170,4 HF; 3359 H,O)

5 (SbF,; 165,4 HF; 5,08472 HCl; 3363 H20)

45 (li0,4 HF; HCl; 3359 H,O) -f (0,01412 H,PiCI,; 4,U H,O)

= NbC1,f -+ (l70,4 HF; 33b9 H,O) AH, 2

= (SbF,; 165,4 HP; 5,08472 HCI; 3363H,O) + (0,5-0,C12824)H2+0,01412Pt AH, 3

= (0,01412 H,PtCI,; 4,0 H,O) + 0,02824 H,

= (170,4 HF; HCI; 3359 H,O)

= (NbF,; 165,4 HE’; 5 HC1; 3369 H,O) + (0.08472 HCI ; 1,0 H,O)

= (1 70,4 HF; HCI; 0,01412 H,PtC&; 3363 H,O)

AH,

AH4

A H j

3% 6

NbC14f + 4 (3% = NbCl,f; AH = A H

TeilprozeD 1. Auflosung des NbCI, JH, ist init der iin Abschnitt A ermitt,elten GroBe AHiIr identisch:

AH, = 76,6 5 0,l kcal

TeilprozeB 2. Auflosung des NbC1, In der normalen Reschickung des Calorimeters mit 350 g Saure

(0,9316 Mole HF; 0,005466 Mole HC1; 7,718 . Mole H2PtC1,; 18,38 Mole H20) waren 1,2830 g NbC1, zu losen. Den in den Quarz- kirschen enthaltenen unterschiedlichen Pu’bCI,-Mengen wurde die Sauremenge so angepafit, daB sich nach Urnrechnung auf 1 8101 NbC1, die Gl. ( 2 ) des Schemas ergab. -4uf I Mol KFCI’, bezogen wurden fol- p n d e Einzelwerte gemessen :

-AH;; kcal: 6‘?,60 63,61 (jd.90 8.2,83 XbCl,-Menge, g: 0,9824 1,1302 1,3214 1,3994 Mittehert: AH; = - 62,74 0.08 kcal.

Der entwickelte Wasserstoff verursachte die Verdampfung einer geringen Sanremenge. Der hierfiir korrigiertel) Wert bctragt

AH, = - 62.89 & 0,08 Ircal.

Die Tei lprozesse 3, 4, 3 und 6 Diese Reaktions- iind Mischungsenthalpien sind die glejchei1 wie bci

der Bestimmung v011 AH(TaC1,) : lH, = +0,99 5 0,04 kral

AH, = -39,2 0.1 keal -- JH5 - AH, = 0,00 kcal.

H. SCHHFEE 11. F. KAHLEKBEKC, Die Theimochemie deer Niobchloride 301

Addi t ion d e r Tei lprozesse 6

:Die Addition +AH liefert schliefilich

NbC1,f + 4 C1, = NbC1,f; AH,, -= -24,5 & 0,2 kcal.

nilit dH(NbC1, f , 298) = -190,S kcal wird dann dH(NbCl,f, 298) = -166,O kcal.

C. Die thermodynamischen Werte der Niobchloride Der Versuch, das thermodynamische Verhalten der Niobchloride

im Zusammenhang zu behandeln, war so lange wenig a,ussicht,sreich, wie selbst die Bildungsenthalpie der ,,Schlusselsubstanz" NbC1, geschiitzt werden muIjte 23) 24). Dagegen ist das uns jetzt zur Verfugung stehende experimentelle Materia'l so umfangreich, daB den daraus gewonnenen thermodynamischen T;lrert,en eine reelle Bedeuturig zuerkannt werdeii inul3, obwohl wir bei S- und Cp-Werten noch immer auf Schatzungen angewiesen sind.

Fiir die Sehatzung von S- und Cp-M'erten, die im dlgemeinen vie1 zuverlassiger ge- lingt als die von AH-Werten, gibt es verschiedene Moglichkeiten26). Wir gingen folgender- mal3en vor:

Norm a l e n t r o pie we I: t e f e s t e r S t of f c wurden mit Hilfe form xl e r R,e a k t i ons - gle ichungen gewonnen. Sucht man z. B. SARn, so formuliert man

ABn + CD = AD -!- CBn ; A S = SAD + SCBIl - S,, - SnBn. Da nur feste Stoffe beteiligt sind, set,zt man 4 S G Null und erhalt mit den bekanntcn GrOBen S,,, SAD, SCBn den gesuchten Wert fur SABn. Mit mijglichst vielen derartigen Gleichungcn gewinnt man schlicl3lich SABn als Mittelwert. Wir bevorzugen bei der Aufstelllung dei Gleichungcn solche Stoffe, die ABn im Formeltyp und im Bindungscharakter nahe stehen.

Normalent ropie iver te von Gasen. Hier ha.ben sich die von GEISELER*~) aufge- stellten empirischen Formeln hewahrt. Bei der Renutzung solcher Formeln ist es jedoclr zweckmlflig, diese an gemessenen, vergleichharen Substanzen zu prufen und gegebenen- falls mit Korrekturen zu veersehen. Dasselbe gilt fur Formeln zur Berechnung der Normal- entropie f e s t e r Stoffe.

Cp,T-Funkt ionen sind fur zahlreiche f e s t e und gasformige Stoffe gemessen worden28). Unhekannte Funktionen lassen sich gut abschatzen, wenn man Stoffe mit

z3) 81. E. SIBERT, A. J. KOLK u. M. A. STEINBERG, in B. W. GONSCR u. E. &I. SHER- WOOD, Technology of Columbium (Niobium); Symposium of the Electrochem. Soc., Washington 1958. J. Vliiley a. Sons, New York.

24) A. GLASSNER~~) schatzte dH(Pu'bC1,) = -115 kcal, statt -190.5 kcal! 25) A. GLASYNER, The thennochemical properties of the Oxides, Fluorides and Chlorides

26) Vgl. auch 0. I<UBASCHEWSKI u. LL. EVANS, Metallurgical Thermochemistry,

27) G. GEISELER, Z . physik. Chem. 202, 424 (1954). 2 8 ) K. K. KELLEY, Contr. Data Theor. Met., X. High-Temp. Heat-Content. Bur.

to 2500 OK. Report ANL-5750. Washington 1957.

London 1965.

Mines Bull. 476, (1949).

302 Zeitschrift fur anorga,nische nnd allgemeiiie Chemie. Band 305. 1960

gleich vie1 ,4tomen in der J;zolekel und, wcnn m6glich, mit iihnlicher Struktur und mit =\tomen iihnlichen Gewiclits eum Vergleich heranzieht.

In den folgenden Abschnitten werden die von uns fur die Niob- chloride ,,empfohlenen Werte'' zusammengestellt und begriindet.

1. NbCls Empfohlene Wer te :

a) dH(NbClf, 298) = - 19@,5 kcal, b) S(NbCl,f, 298) = 54 f 2 el, C) Cp(NbC1f) = 38 - 3 . 1oj . T-', d ) dH(NbCl,g, 298) = - 169,9 kcal, e) S(h\Cl,g, 298) = 93 3 el,

g) log P(h%Cl,f, at) = 8,@29 - 4370/T, h) log P(NbCl,fl, a t ) = 5,489 - 2870/T, i) log P(NbCl,fl, at) = 5,32@--2770/T (nahc beim Sdp.), k) Schmelzpunkt = 204,7 "C; Siedepunkt = 247,1 "C.

f ) Cp(NbCl5g) = 33,6 - 3,7 - 105. T-',

Begrundung: a) Xach calorimetrischen Messungen von uns und von GROSS (vgl. Abschnitt A). b) Schatzung in Anlehnung an die Entropiewerte von ZrCl,, HfCl,, UC1, und UCh. c) Schiitzung in Bnlehnung an Cp fur ZrC1, und HfCl,. d) Sublimationsdrucke des NbCI, wurden von OPICHTIN.4 und FLEISCHER~~)), von

'rARASENKOW und KOMANDIN 30) und von ,\LEXANDER und FA41RBROTHER3') gemessen. Die duswertung dieser Messungen3z) gab

AH(NbCI,, snbl. 460 'R) = 80,O kcal,

AS(SbCI,, subl. 460 "K) = 39,5 cl.

Nach Umrechnung mit den oben stehenden C~-\5~ert,en folgt

dH(PTbCI,, subl. 298) = 20,6 kcal,

dS(NbCI,, subl. 298) = 42,O cl,

AH(NbCl,g, 298) = - 169,9 kcal.

Dr+ relativ g r d e Wei-t fur die Sublimationsentropie deu NbCI, ist darauf zuriickzu-

"..Nb-Briicken

Diese Dimeren mussen beim tfbergang in den Gmzustand aufgespalten

c1 .. fiihren, (la13 die Verbindung im Kristall unter Bildung von Nb/

dimerisiert ist werden.

". c/

zs ) &I. ,i. OPICHTINA u. N. d. FLRTSCHER, XypHan O6ii[etl ?JBMMH [J. allg. Chem.]

30) D. N. TARASEKKOW u. A. W. KOX~NDIX, XypHa.? Obqet i X m i m [J. allg. Chem.]

31) K. M. ALEXANDER u. F. FAIRBROTHER, J. chcm. SOC. [London] Suppl. 1919, 223. s2) H. SCHAFER, L. B ~ Y E R u. H. LEIII~AXX, Z. anorg. allg. Chem. 266, 268 (1952). 33) A. ZALKIK u. D. E. SAKDS, Acta crystallogr. [Copenhagen] 11, 615 (1958).

7, (69) I, 2016 (1937).

10, 11, 1319 (1940).

H. SCHAFER u. F. KAHLEXBERG, Die Thermochemie der Niobchloride 303

e) ,%us S(NbCIf, 298) und AS (subl. 298) erhalt man S(NbCl,g, 298) = 54 + 43 = 96 cl. Die SchSitzung mit GEISELERS Formel liefert 9.55 rl. Sndererseits berechneten GAUNT und AIFSCOUGH 34) aus spekt,roskopischen Daten S(XbClg, 298) = 90,29 cl. Bei der $us- wertung waren Vereinfachungen und Annahmen notwendig, so da13 der obige spektro- skopische Wert nicht als eudgiiltig angesehen werden kann. Wir verwenden S(NbCl,g, 298) = 93 & 3 el. Eine genaucre Kenntnis dieser Griilje ist dringend erwunscht.

f ) Die Cp,T-Funktion fur NbC1,g entspricht den Cp-Werten zwischen 298 und 500 "K, die GAUNT und AINSCOUGH~~) aus spektroskopischen Beobachtungen gewonnen haben.

g) h) i) Die Ableitung cler Gleichungen fur die NbCl,-S&ttigungsdrucke aus Literatur- angaben"g-3l) findet man bei SCHAFER, BAYER und LEHMANXs2). Fur den Dampf- druck des f luesigen PITbCI, wird - beeonders in der Niihe des Siedepunkts - die von AINSCOUGH, HOLT und TROWSE ") gernessene G1. (i) vomuzichen sein.

k)-Der S c h m e l z p u n k t des KbC1, wurde in neuerer Zeit zu 204,7036) und 203,4 OC35) bestimmt. Wegen der nachgewiesenen UnabhLngigkeit des beobachteten Schmelzpunkts von der Vorreinigung des Praparats und der fiir die Richtigkeit, der Temperaturmessung gegebenen Belege meinen wir die Beobachtungen aus unserem Arbeitskreis s6) vorziehen zu diirfen.

Z u s a t z b e i d e r K o r r e k t u r : SHEKA, VOITOVICH und XISEL'SON S6a) fanden Biedepunktsangabe nuch ArsscovGIr, HOLT und TROWSE

inzwischen den NbCI,-Schmelzpunkt bei 204,5 'C.

E m p f o h l ene Wer t e :

a) dH(NbCl,f, 298) = -166,O kcal, b) S(XbCl,f, 298) = 44 (& 2) el, C) Cp(NbC1,f) = 31,9-2,9 106 - P2, d) dH(SbCl,g, 298) = -136.6 kcal, e) S(h%Cl,g, 298) = 85 & 3 el, f ) Cp(NbC1g) = 25,8-2 . 305 T-', g) log P(NbCl,f, at) = 8,081 - 6046/T.

Regrundung:

a) Nach calorimetrjscher Mesuung im Abschnitt B. b) RchiLtxung in Anlehnung an ZiCl,, HfCl, UC1,. r) Cp(NbC1f) wurde entsprechend Cp(ZrC1,f) 37) eingesetzt. d) Die XeuausTcertung f ~ h e r e r Yessungen des NbC1,-Sublimationscirucks3*) liefert

e) 8-Schatzung im A4nschlu13 an Pl'bC1,g mit GEISELERS Formel. f ) Cp-Schatzung in Anlehnung an SiCI, und TIC],.

AH(NbCl,, subl. 298) = 29,3 kcal; vgl. (g).

34) J. GAUNT u. J. B. SINSCOUGH, Spectrochim. Acta 10, 52 (1957). 35) J. 13. AIXSCOUGH, W. J. W. HOLT u. F. 1%'. TROWSE, J. chem. SOC. [London]

36) H. SCHAFER u. CH. PIETRUCK, Z. anorg. allg. Chem. 267, 174 (1951). 9 I. A. SHEKA, B. A. VOITOVICH u. L. A. NISEL'SON, XypHan HeopramiYecKon

37) J. P. COUGHLIN u. E. G. KIFG, J. -4mer. chcm. Soc. 72, 2262 (1950).

1957, 1034.

XHMHH [J. anorg. Chem.] 4, 1803 (1959).

38) H. &2H:4FER U. L. BAYER, z. anorg. d g . Chem. 877, 140 (1954).

304 Zeitschrift fur anorganische und allgemeirte Chemie. Band 305. 1960

g) Keuaumvertung friiherer Messimgen3a) : vgl. (d). Die mit den oben empfohlencn Werten fur S und Cp gewonnene Intcrpolationsforniel (g) gibt die MeBm erte erheblich besser wieder, a15 die friiher 3*) angegebene Gleichung.

3. NbC13,13

Die Niobtrich!oridphase hat bei 356 "C einen von KbCl,,,, bis NbCl,,, reichenden Homogenitatshereich 39) 40). Zuniichst befassen wir iins mit der oberen Phasengrenze.

Ern pf o 111 e n e JV e r t c' . a) 13H(NbC13,,,, 2918) = - 144 kcd, b) S(NbCI,,,, 298) = 3G,, (+ 3) el, C ) Cp(NbCl,,,,) = P i 1. 4 . 10 'T - 1,7 105 T-2.

Begrundung:

a) Fur das Gleichgewicht KbCl,,,,f + 0,87 KbC1,g = 1,87 KbCl,f ist bekannt40). daO dcr KbCl,-Druck bci 355 "C 7,5 & 0,8 a t betriigt. Dieser Wert gibt in Verbiriciung mit S(NbCI,,,,, 298) und Cp(NbCl,,,,, 298), sowie den fur WbCI, urid NbCI, enipfohlenen Zahlenwerten schlieBlich 3 H(KbC13,13, 298) = - 144 kcal.

Der benutete KbCI,-Druck wurde bei Transportexperimenten beobnchtet, so daB sehr wahirjcheinlich ist, daB sich der Bodenkiirper mit der Gasphnse im Gleichgewicht, befand.

Bls noch unbekarmt war, daB Kiobtrichlorid ein Homogenitiitsgebiet besitzt, wurde der Zerfall dcs festen Tet'rachlorids in Trichlorid und gavfiirmiges Pentachlorid mit einer Ta.upiinktsmethode geniessen32). H c d c miissen wir annehmen, da.D die Trichloridphase dabei nicht mit. der Gleichgewichtszusammensetzung vorlag. Die damals heobachteten Driicke sind daher niir in der GroBenordnung richtig. Vgl. noch Abschnitt D 4.

b) u. c) S- imd Cp-Schiitzung in Anlehnung a11 Trichloride der Obergangsmetalle nnt,er Beriicksichtigung der Abweichung von der Sttijchiomet,rie.

4. KbCls

Die stochiometrische Zusammensetzung NbCl,,, ist im Homogenitiits- gebiet der Niobtrichloridphase nicht durch eine besondere Stabilitat vor benachbarten Zusammensetzungen ausgezeichnet. Will man mit NbCS,, thermodynamische Rechnungen ausfuhren, so kann mail einst- weilen Werte benutzen, die durch lineare Interpolation aus denen der Phasengrenzen NbCl,,,, und NbCl,,, erhalten wurden :

dH(NbC'I,, 298) - 139 kcal.

S(NbC13, 298) = 35,2 el,

Cp(NbC1,) = 23 + 3.9. 10-3 T - 1,'i . 1@' T-2. ~-

39) H. ~CHAFER, Angew. Chem. 67 , 748 (1955). 40) H. SCIL~ER 11. K.-D. Dorra.m.rx, Z. anorg. allg. Chem. 300, 1 (1959).

H. SCHAFER u. F. KAHLENBERO, Die Thermochemie der Niobchloride 305

Fur thermodynamische Rechnungen i n n e r h a1 b der Trichloridphase

Uber die Existenz von gasformigem NbCl, weiB man YO gut wie sind die so erhaltenen Werte naturlich ungeeignet.

nichts : In Analogic zu anderen Trichloriden ware denkbar, daB NbC1,g bei Temperaturen um

1000" bereits in merklicher Konzentration auftreten kann4'). Die Beobachtung 4*), da13 in Quarzampullen rnit Trichlorid-Bodenkiirper oberhalb 600 "C eine blaue bis blaugrune Gasphase erscheint, kimnte man ab Hinweis dafiir ansehen.

Andererseits ist die wcnig ausgepragte Stabilitat der Nb(II1)-Stufe zu beachten, die in der Nichtexist,enz von Xb,O, und auch darin ihren Ausdruck findet, daB die Zusammen- setzung NbCl,,, innerhalb der Trichloridphase nicht bevorzugt ist. Da diese Stabilitats- verhaltnisse schon irn Gang der Ionisierungsspannungen des Kiobatoms 43) vorgezeichnet sind, spricht das fur eine nur geringe Bestandigkeit des gasformigen NbCI,. Vgl. ferner Abschnitt D 2c.

Hier konnen nur Expcrirnente wciterhelfen.

5. NbC12,87

Empfohlene Wer te : a) dH(NbCl,,,,, 298) = - 126 f 4 kcal, b) S(NbCl,,,,, 298) = 32,, (& 2) cl, C) Cp(NbC&,,,) 21 + 3,7 . lo-' T - 1,5 . 105 T-

Begri indung: a) Fur dH(NbCI,,,,) ist zuniichst eine Schatzung maglich, da wir fiir die folgenden

Umsetzungen zwischen f e s t e n S tof fen die Reaktionsrichtung kennen:

(a) 1,33 NbCI,,,, = 0,87 NbCIZ,,, + 0,46 NbCl, A S -= Null; AG positiv, folglich A H positiv und -AH (NbCl,,,,) < 132 kcal;

d S = Null; A 0 negativ, folglich AH negativ und --dH(NbCI,,,,) > 123 kcal.

Eine weitere Angabe fur AH(NbCl2,,,) liefern Reobachtungen von MC~NTOSH und BROADLEY 44). Die Autoren schickten ein NbC1,-H,-Gemisch mit hinreichend langer Verweilzeit durch ein auf 500 "C erhitztes Rohr und bestimmten die Ausbeute an (im Rohr verbliebenem) Trichlorid. Sie berechneten daraus die Gleichgewichtskonstante fur die Rcaktion

Einc gcnauere Bct,rachtung zeigte uns jedoch, daB der Auswertung das Gleichgewicht

(b) NbCl,,,, + 0,17 Bib = 1,17 KbC12,67

( y ) NbC1,g + H, = NbC1,f + 2 HC1.

(a) NbC1,g + 0,665 H, = NbCl,,,,f + 1,33 HC1

zugrunde gelegt werdcn mu13. ~______

4l) Vgl. dam L. BREWER in L. L. QUILL, The Chemistry and Metallurgy of Miscella- neous Materials, New York 1960, S. 193, 224.

42) H. SCRAPER u. C. GOSER, vgl.40), S. 16. 43) C. E. MOORE, Atomic Energy Levels, 11, Circ. 467, Nat. Bur. Standards 1962. 44) A. U. MCIKTOSII u. J. S. BROADLEY, Symposium on the Extraction Metallurgy

of some less common Metals, London, 1956; S. 272ff.

Z. anorg. aUg. Chemie. Bd. 305. 21

306 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 305. 1960

Nac h den von MC'IHTOSH und BROADLEY mitgetcilten Bnalysen hatte die Trichloricl- phase die Zusammenset,zung ISbC1,,6, und NbC12,7,45), so dalj es sinnvoil ist mit der unteren Phasengrenze NECI,,,, zu rechncn. Vor allem a,ber ergab sich, dan im Gleich- gewichtsznstand NbC1,g fast vollstandig zu NbCI,g reduziert ist 4'3). Mit den in den vorangehendcn Abschnitten genannten Zahlenuwtcn berechnet man fur

AH,, = 11,24 kcal; ASzo8 = 21,0, cl; ACp = --P,7, 4- O,T, . ( F ) NbC1,g + $ H, = NbC14g + HC1

T + l&. 105 T--2 und

Bei Wasserstoffiiberschul m u l die Kedukt,ion zu NbCI, also weitgehend sein. Ab- kiihlung des Gasstroms verschiebt das Gleichgcwicht ( E ) nach links, so dan das nicht a.ls KbCI,,,, abgeschiedene Niob am Ofenende als (sclieinbar unveriindertes) NbC1, er- scheint.

\Vir ermitteltcn aus den Angaben von NCINTOSH und BROADLEY den Wert, fur Kp(6) =

P~~i/PN,,clL P r , fiihrten die notwendigen AH-, 8- und Cp-Werte ein und berech- neten dH(NbCI,,,,, 298) = -121 kcal. Dieser Wert liegt etwas niedriger als erwartet,, was auf eine Ungenauigkeit in der Sublimationsenthalpie des NbCl, oder auf experimentelle Unsicherheiten bei den praparativen Versuchen von &!CINTOYH nnd BROADLEY hinweisen konnte; vgl. Abschnitt U 6.

b) c ) S(NbCl,,,,) und Cp(NbCJ,,,) wurdcn in Snlehnung an Trichloride iind Dichloride der Obergangsmetalle geschatzt.

Kp (773 OK) = 21,5.

6. i\bC,lz Empfohlene Wer te :

a) AH(?u'bCI,, 298) =: - 98 kcal, b) S(NbCl,, 298) = 28 & 2 cl, c) Cp(NbC1,) = 17,5 4- 3,2. l O P T - 1,'2 . l o 5 T-*.

Bcgri indung: a) 1. SCHAFER und HIRSCH 47) untersuchten die Reduktion der Niobtrichloridphase

mit Wasserstoff bei 540 "C. Dabei wurde das Tric,hlorid zunachst reduziert bis heterogcner Bodenkorper (NbCI,,,, + NbCl,) vorlag. Dann wurde bei bekanntem H,-Druck (-2,G at) in einer Ampulle wahrend 16 Stunden auf 540 "C erhitmt, abgeschreckt und der HC1- Geha.lt der Gaspliasc malanalytisch bestimmt :

NbCl,,,, + 0,335 H, = NbCl, + 0,67 HC1

Damit berechnet man AH(NbCI,,,,, 298) - AH(NbCl,, 298) = - 29,6 kcal

dH(NbCl,, 298) : - 96,, kcal. und

2. ECHAFER und DoHMANN4*) temrerten NbCI, und NbCl,,,, in Qnarzampullen bei 800 'C. Danach wurde abgcschreckt und der bei 2 W j 2 0 "C absublimierte NbC1,-Gehalt

45) Vgl. auch die Diskussionsbemerkung von 0. KUBASCHEWSHI zu 44), S. 303. 46) Auf die Bedeutung von NbC1,g fur die von MCINTOSH iind J. S. BROADLEY unter-

47) H. SCH~EER u. M. HIRSCH, 1952, unveroffentlicht. 48) H. ECHAFER u. K.-D. DOHMANN, Z. anorg. allg. Chem. 300, 1, 25 (1959).

suchte Reaktion wies bereits F. D. 8. 304 hin.

H. SCHAFER u. 3'. HAHLENBBXG, Die Thermochemie der Niobchloride 307

bestimmt. Hieraus und mit dem Ampullcnvolumen kann man fur die Versuchstemperatur einen NbCI,-Druck von 0,4 a t betechncn. Die jetzt verfugbaren thermochemisrhen Werte zeigen jedoch, daB das Gleichgcwicht NbCI,,,, = 0,667 hW1, - 0,333 NbC1,g zu be- trachten ist, d& die Gusphase im wesentlichen (>go%)) aus NbC1, bestandcn haben mull Wir nehmen deshalb an, daB dieses XbCI, barn ,,Abschrccken" oder bei der spateren 2VOjZO "C-Behandlung disproportionierte: 2 NbCI, = NbCI, + NbC1,g. Als Gleich- gcuichtsdruck uber XbCI, + NbCI,,,, ist &her P(KbC1,) = 0,8 at einzuset~en. Damit und mit den empfohlenen AH-, 8- und Cp-Werten berechnet man dH(h7JCl2, 298) = -99 kcal.

3. Zusatz bei der K o r r e k t u r : Von hefreundeter Seite wurden wir auf eine Gnter- suchung VOnAINSCOUCH4ss&) aufmerksam gemacht. Dieser Autor erhitzte ein Gemenge von NbQ,,6, und Nb auf Temperaturen um 1000 "K und bestimmte den sich einstellenden NbCI,-Druck mit einer statisclicn Mcthode. Nb und PU73C1,,,, sind nebeneinander nicht stabil, der Bodcnkorpcr mu6 aus XbC1, und Nb oder aus NbCI,,,, und NbCl, bestanden haben. Aus den gcmessenen Drucken ist zu schlirBen, da13 NbCI,,,, und NbCI, vorlagen. Die Beobachtungen entsprechen somlt der Reaktion

3 NbCl,,,,f = 2 SbC1,f + NbC1,g. Urn den EinfluS Ton Storungen - z. B. durch Renktion mit der Quarzwand - moglichst auszuschliehn, wertcn wir nicht die Temperaturabhangigkeit, sondern nur den Mlttelwert der Messungen &us. &ht den von AINSCOUCH genannten Werten berechnet man

log P(NbCI,, at, 1040 OK) = - 0,867. Fuhrt man unsere Werte fur S (298), Cp, dH(NbC14g, 298) und dH(NbCI,,,,, 298) ein, so erhalt man schlieBlich dH(hTbClz,a7, 298) = - 97,7 kcal, was innerhalb der expe- rimentellen Fchlergrenzen mit den Ergebnissen von l. und 2. iibereinstimmt.

b) S(NbC1,) wurde durch Vergleich mit anderen Dichloriden gewonnen. c) Cp(NbC4) schlieBt an Cp(NiC1,) an.

7. Vergleichende Rctrachtung der gewonnenen Bildungscnthalpien Die fur die Niobchloride ermittelten Bildungsenthalpien sollen mit-

einander und mit den Werten verwandter Verbindungen verglichen werden. Ein Anfang wurde in dieser Richtung schon frUhers) mit der Betrachtung der formalen Reaktionsgleichung

2 TaCl,f + RTb,05 = 2 NbC1,f + Ta,O,

gemacht. An Hand des BoRK-HABEitschen Kreisprozesses lie13 sich zeigen, daB die Enthalpie dieser Reaktion nicht weit von Null ver- schieden sein sollte. Mit AH E 0 ergab sich der damals noch unbe- kannte Wert fur AH(NbC1,) zu -188 kcal. Diese SchGtzung stimmt mit dem experimentellen Wert (-190,5 kcal) beachtlich gut iiberein49).

Einen weiteren Vergleich gestattet die Tab. 1, die die Bildungs- enthalpien von Chloriden solcher Kationen enthalt, deren s- und p-

&a) J. B. AINSCOUGH, The thermal decomposition of the socalled trichloride of niobium. United Kingdom Atomic Energy Authority, Industrial Group 1957. Herr Dr. AINSCOUGH stellte diese Druckschrift freundlicherweise zur Verfiigung.

49) Auf entsprechende Weise erhalt man mit der formalen Reaktionsgleichung ZrO, + HfCI, = HfO, + ZrC1, den bisher unbekannten Wert dH(HfC1,) = 237,6 kcal. Dieser Wert w i d in Tab. 1 verwendct.

21"

308 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 305. 1960

I KCl 1 CaCI, I ScCI, TiC1, i (VC1,) 9 2 214 26,2 >19,4

104,2 95,0 1 73,6 1 48,4 I (<29)

RbCl SrCI, I YCl, 1 ZrC1, 1 NbC15

Tabelle 1 -AH,, d e r f e s t e n Chloride pro A q u i v a l e n t i n kcal . -

___ -. (MOC4)

KCl

104,2

1 CaCI, I ScCI, TiC1, i (VC1,) 9 2 214 26,2 >19,4

95,0 1 73,6 1 48,4 I (<29)

SrCI, I YCl, 1 ZrC1, 1 NbC15 RbCl

102,9

-

___ -. (MOC4)

~ 1 CsCl 1 BaC1, 1 LaC1,

o,7 14,9

Lucl, HfC1, I TaCl, 1 WC1, ,

I_

16,G 18,4 24,5 76,0 I (59,4) 1 41,O 1 16,5

I

I

49,O 1 T:i6' 1 46,O 41,5 I 38,l I 1 TaCI,

43,5 I I

TaCl, j TaCI, 42,2 I 41,o

vo V,O, 49 49,4

NbO

1 NbO, m z o 7 1

_ ~ ~ _ ~ VO, V,O, 4 2 3 37,3

' 47,3 -

48.5

I 1 I

45,5 -1 Ta205 1

H. SCH~FER u. F. KAHLENBERG, Die Thermochemie der Niobchloride 309

1 ZrC1, 63,5

NbCl, 49,o

Tabelle 3 -A&98 pro Bquivalent i n kcal fur Chloride in der Waagerechten Zr, Nb, MO

ZrC1, ZrCI, 61,O 58,3

~- ~- ~

NbC12,t37 1 NbC13,%3 NbCl, NbCI, 47,2 46,O 41,5 38,l

r TiCl, 1 60,3 -~ ~~~

NbCI, 49,o

~~

WCI,

TiC1, TiC1,f 56,9 48,4

NhC12,67 1 NbC13,13 NbC1, NbCl, 47,2 46,O 41,5 38,l ' _ _ _ ~ __

WCl, WCI, WCl, 16,5

Her kunf t der W er t e : Ti- Chloride 5 0 ) ; Nb-Chloride vorliegende Abhandlung ; W-Chloride nach15).

17,s 1 _ _ 1 9 4 , I--

Niveaus voll besetzt sind. Man erkennt insbesondere aus den einge- tragenen AH-Differenzen nebeneinander stehender Stoffe, daB aich AH(NbC1,) glatt einfugt. Interessant ist auch, daB die AH-Werte der Paare YCI,-LuCI,, ZrC1,-HfC14, NbC1,-TaC1, und MoC1,-WCI, wegen der Lanthanidenkontraktion praktisch ubereinstimmen. Das gleiche Verhalten zeigen die AH-Werte der Oxyde.

Die Tab. 2 , 3 und 4 bringen schliel3lich den Ubergang zu den niederen Oxydationsstufen. Man sieht, daB sich die Bevorzugung der niederen Wertigkeiten sowohl bei den Chloriden als auch bei den Oxyden in der Reihe V, Nb, Ta immer mehr verliert. Auch in der waagerechten Reihe des Periodensystems Zr, Nb, Mo (Tab. 3) und in der Schriigreihe Ti-Nb-W (Tab. 4) liefern die AH-Werte der Chloride ein systematisches Bild.

D. Diskussion weiterer Beobachtungen Zahlreiche Experimente mit Niobchloriden sind in der Literatur

besehrieben worden. Daruber hinaus verfugen wir uber viele weitere, bisher unveroffentlichte Beobachtungen aus unserem Arbeitskreis. Alle

- 16,s ,

310 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 305. 1960

diese experimentellen Ergebnisse miissen sieh mit den i n d e n v o r a n - g e h e n d e n A b s c h n i t t e n empfohlenen W e r t e n sinnvoll inter- pretieren lassen. Dies ist im folgenden gepruft und bestiitigt worden.

1. Bildungs- und Reaktionsweisen von NbC15 Fur die in der Tab. 5 genannten Reaktionen wurde die Freic Enthalpie

fur den Normalzustand A G, berechnet und in Ubereinstimmung mit der experimentell ermittelten Rcalitionsrichtung gefunden.

Tabelle 6 d G T fiir R e a k t i o n e n m i t KbCl,

Reaktionsgleichung

__ _____________ 10 NbO, + 5 C1, = 4 Nb,O, + 2 NbCl,g Pl'b,O, + 6 PC1,g = 6 POCl,g + 2 NbC1,g Kb,O, + 5 CC1,g = 5 COCl,g + 2 NbC1,g

Nb,O, i 5 SOC1,g = 6 SO, + 2 KbCl5g 2 Nb,O, I 5 S1,C16g = 10 SlOC1 + 4Nb Cl,g Nb,O, + 10 HC1 = 5 H,Og + 2 KbCl,g

Nb,O, t 5 C i 5C1, 5 C 0 i- 2NbC15g

Nb,O,. x aq + 10 HC1, n aq = 5 H,O f l + (x - n) aq + 2 NbC15f _ _ ~ ___ __ ~

~

T "K

__ 673 473 573 623 573 543 673

298

-~

beob. Reak- tions-

richtung ~-

->

+ --f

--f

+ -+ f

c ~ ~~

AGT kca154) pro Mol NbCI,

-108 - 86 - 49 - 45 - 42 - 9 + 46

+ 63

itcratur- hinweis

55)

5 9

5b ) 6, 59)

6")

57) 5 8 ) 6)

61-63)

H e r k u n f t d e r verwendeten Zahlenwerte: Xebcn den von uns fur die Niohchloride enipfohlenen Werten wiirdeii folgende ver-

wc ndet : s(N~,o,, 298) = 32,8 ~165), S(SOCl,g, 298) = 71 cl (geschltzt),

54) Bei der Berechnung von d G , wurden die spezifischen WLrmeii vernachllssigt. 5 5 ) 1'. SUE, Bull. Soc. chim. France [5], A, 830 (1939). Die zu erwartende NbOCI,-

Bildung trat wohl deshalb nicht cin, mil das primSr gcbildete NbCI, vom Gasstrorn aus dem Reaktionsraum gespult wurde.

5 9 M. E. PENNINGTON, J. Amer. chem. Soc. 18, 38, 61 (1896). 5 ' ) E. DEMARCAY, C. R. hebd. Seances -4cad. Sci. 104,111 (1887). 5 9 0. R'TJFF u. F. THOMAS, Z. anorg. allg. Chem. 156, 213 (1926). 69) H. HECIIT, G. JAKDER u. H. SCHLAPMAKN, Z. anorg. Chein. %4, 255 (1947).

H. SCHIiFER, C. GBSER u. L. BAYER, z. anorg. allg. Chern. 268, 87, 96 (1960). 61) V. I. SY~TZIN u. N. A. PREOBRASCILENSKI, XypHaJr O64eCi X m ~ m [J. allg. Chem.]

s2) H. SCHLFER u. L. BAYER, 1948; unveriiffcntlicht. ti3) Bei 673 OK iat die Unxetzimg von Sb,O, mit HCI unter Bildung von NbOCl,g

64) Die NbCI,-Hydrolyse ist lunge bckannt. Bci dcr Berechnung wurde der AH-Wert

65) E. G. I<IKG~ J. Amer. chem. 8oc. 76, 3289 (1954).

10, 665 (1940).

noch sehr gering. Auch merkliche KbCl,-Mcngen treten nicht auf.

fur Nb203, statt fiir Sb,O,. x aq eingesetzt.

H. SCIIAFER u. F. KAHLENBER~, Die Thermochemie der Niobchloride 311

dH(Al&l,g, 298) = - 3092 lccal66); S(Al,Cl,g, 298) = 119,s ~ 1 6 6 ) ;

AH(AlOC1, 298) = - 190 kcal60); S(AlOC1, 298) = 13 ~ 1 6 6 ) .

Die nicht crwahnten Vl'erte stammen aus '7), 9,63387).

2. Der thcrmische Zerfall des gasformigen NbClb a) SCHAFER und KAHLENBERG~~) sattigten reines Argon bei 170 "C

mit NbC1, und schickten das Gas durch ein Quarzrohr, dessen Tem- peratur zwischen ,500 und 1000 "C variiert wurde. Die Abscheidung einer Substanz (z. B. NbC1,) in der heil3en Zone trat dabei nicht ein. Dagegen wurde von 600" ab am Ofenende neben vie1 NbC1, eine geringe Menge NbC1, beobachtet. Die NbC1,-Menge nahm rnit der Temperatur zu, blieb aber auch bei 1000 "C noch klein. Offenbar fand in der heiISen Zone ein gewisser Zerfall

statt und die beim Abkiihleri zu erwartende Ruckreaktion blieb unvoll- standig.

SCHAFER und S I B B I X G ~ ~ ) erhitzten reines NbCl, in einer Birne am Quarzglas und beobachteten den Druck in Abhangigkeit von der Tem- peratur. Dabei blieb die Molzahl bis 600 "C unverandert, nahm dann aber zwischen 600 und 950 "C zu. Bei 950 "C und einem NbC1,-Anfangsdruck P(NbCl,, Anf., 950 "C) = 0,770 at machte die Druckzunahme 0,118 at aus, ohne dal3 damit der Enddruck erreicht war. Diese Zunahme ist vor allem auf die i r revers ible Reaktion mit der Quarzwand - wahr- scheinlich 2 NbCl,g + Si0,f = 2 NbOC1,g + SiC1,g - zuruckzufuhren, wie die Druckmessung nach Abkuhlung auf 369 "C ergab. Die Reaktion mit der Quarzwand ist auch dafiir verantwortlich, daD dcr Druck mit der Zeit stetig anstieg. Der reversible Pentachloridzerfall NbC1,g = NbC1,g + +C12 kann nur einen Bruchteil der beobachteten Druckzu- iiahme verursacht haben. Dieser Versuch liefert eine obere Grenze fur den NbC1,-Zerfall.

Nan darf die Versuchsergebnisse dahingehend zusammenfassen, da13 der thermisclie NbC1,-Zerfall in NbCl, und C1, bei Temperaturen zwischen 600 und 1000 "C nachgewiesen ist, daI3 er jedoch nicht groD sein kann.

NbC15g = h%C14g + fr C1,

Berechnung des Zerfalls NbC1,g = NbC1,g + 0,5 C1, Die Rechnung geschieht fur reines NbC1, als Ausgangssubstanz, d. h.

66) 1%. SCHHFER, F. E. WITTIG u. W. WILBORN, Z. anorg. allg. Chem. 297, 48 (1958). K. K. KELLEY, Contr. Data. Theor. Met., XI. Entropies. Bur. Xines Bull. 477,

mit P(C1,) = frP(NbC1,).

(1950). 68) €1. SCHAFER u. F. KAHLENRERO, 1955. 6 g ) H. SCH~FBR u. E. SIBBIFG, 11159.

312 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 306. 1960

Ve r s u c h KAHLENBERG : Der Sattigungsdruck des NbC1,-Boden- korpers betragt bei 170 "C P(NbC1,) = 5,s . at. Setzt man diesen Wert zur Vereinfachung als Gleichgewichtsdruck bei der Versuchs- temperatur ein, so berechnet man bei 600 "C: P(NbC1,) = 2,5 . 10-4 at

und bei 1000 "C: P(NbC1,) = 1,3 . 10-2 at.

Der NbC1,-Zerfall betragt in diesem Falle also bei 600 "C 0,4% und bei 1000 "C 18%. Dieses Ergebnis entspricht den vorliegenden qualita- tiven Beobachtungen durchaus.

Versuch SIBBING: FurP(NbC1,) + I'(NbC1,) = 0,770 a t iind 960 "C berechnet man die GleichgewiohtsdruckeP(NbC1,) = 0,721 a t ; P(NbC1,) = 0,049 a t ; P(C1,) = 0,0245 at. Dieser Chlordruck entspricht der zu er-

Temperalur O C

1600 1800 2000 22002400 400 -1

0 Keine Nb - Abscheidq oder Angriff des Nb - Gluhdrahies

x Nb-dbscheidung am Gluhdraht

Abb. 2. Niob-Abscheidung durch NbC1,- Zersetaung. Experimente von BLOCHER und

CAMPBELL 72)

wartenden Druckzunahme bei einer statischen Messung. Auch hier ergibt sich also lrein Wider- spruch zum Experiment.

b) BURGERS und BASART'O)

erhielten Niob durch thermische Spaltung von NbCI, an einem Gluhdraht bei 1800 "C. DerNbC1,- Bodenkorper hatte -100 "C und das entstehende Chlor wurde laufend abgepumpt.

Berechnung. Der Xiitti- gungsdruck des NbC1, betragt bei 100 "C 0,82. 10-3 at. Fur ein geschlossenes S y s t e m be- rechnet man mit diesem NbC1,- Gleichgewichtsdruck fur die Reaktion

NbC15g = Nb + 6 C1

den Zerfallsdruck P(C1) = 6 . at71). Durch standiges Ab-

pumpen wird der Zerfall weiter gefordert. Die Rechnung zeigt, da13 die beobachtete Niobabscheidung mit unseren fur NbCl, empfohlenen thermo- dynamischen Werten vollig vertraglich ist. In Wirklichkeit sind die be- teiligten Gleichgewichte jedoch komplizierter ; vgl. c).

70) W. G. BURGERS u. J. C. M. BASART, Z. anorg. allg. Chem. 216, 223, 226 (1934). 7 l ) P(C1,) ist gegen P(C1) zu vernachlassigen.

H. S C ~ F E R u. F. KAIILENBERG, Die Thermochemie der Niobchloride 313

c) BLOCHER und CANPBELL~~) untersuchten im Verlauf einer in- teressanten Studie zur Bildung von Carbiddeckschichten auch die Ab- scheidung von metallischem Niob aus einer NbC1,-Gasphase bei 1617 bis 2427 "C in Abhangigkeit vom angewendeten NbCl,-Dmck. Dabei ergab sich, daB eine temperaturabhiingige Druckgrenze existiert (Abb. 2) : Bei kleinen Drucken schied sich Niob ab,

NbC1,g = A% + 5 a, (1)

bei grol3eren Drucken wurde dagegen Niob vorn Gluhdraht entfernt, was qualitativ z. B. mit den Reaktionen (a), (3) und (4) zu beschreiben ist.

Nb + 4 NbC1,g = 5 KbCl,g (2) 2 Nb + 3 NbClg = 5 NbCl,g (3) 3 Nb + 2 NbC1,g = 5 NbC1,g. (4)

Eine Bnderung in der Transportrichtung des Niobs trat auch mit C + h%C als Boden- korpr auf, wenn der NbCl,-Druck variiert wurde.

Derartigc U m k e h r p u n k t e in der Transportrichtung konnen thermo- dynamisch ausgewertet werden 73) 74). Wird, wie im vorliegenden Falle, eine reine Verbindung (NbC1,) eingefuhrt, so sprechen wir vom ,,kritischen Zersetzungspunkt" dieser Verbindung.

Unsere Berechnung hat ergeben, daB sich die Beobachtungen von BLOCHER und CAMPBELL mit den Gleichgewichten (1) und (2) beschreiben lassen :

Gleichgewicht (1): AHzw, = 318,3 kcal; AS,,,, = 116,7 cl log Kp.,= 25,492 - 69565/T (M 2073 OK)

Gleichgewicht ( 2 ) : = - 9,5kcal; AS,,,, = 39,7 cl log Kp., = 8,676 + 2069/T (w 2073 OK).

Am kritischen Zersetzungspunkt mussen sich die Niobabscheidung nach (1) und der Niobabtransport nach (2) kompensieren. Damit wird P(C1) = P(NbC1,). AuBerdem tritt der NbC1,-Gleichgewichtsdruck in (1) und (2) auf, so dal3 substituiert werden kann. Auf diese Weise er- gibt sich fur die kritische Zersetzungsbedingung

log P(C1) = log P(NbC1,) = 6,219 - 18689iT. (at) -

7 7 J. W. BLOCHER u. I. E. CAMPBELL, Zweite internationale Konferenz iiber die friedliche Anwendung der Atomenergie; Genf, September 1958. Veroffentlichung &us dem Battelle Memorial Institute, Columbus, Ohio.

7,) H. SCHAFER u. B. NORCHBR, Z. anorg. allg. Chem. 290, 279 (1957); System SijSi Jz/SiJ,/ Jz/ J.

74) H. SCHAFER u. H. WIEDEMEIER, Z. anorg. allg. Chem. 296, 241 (1958); System cjc s,/c s/ P,.

314 Zcitschrift fur anorganischc und allgemeine Chemie. Band 305. 1960

Da - wie die Rechnung weiter zeigt - in1 Cleichgewicht P(NbC1,) < P(NbCI,), entspricht die gewonnene Gleichung dem NbC1,- Anf a n g s d r u c k , wenn ein geschlossener Raurn auf Versuchstemperatur erhitzt wird. Dasselbe gilt, wenn cin inertes Gas - z. B. Argon - mit NbC1, beladen wird und am Gluhdraht vorbei stromt, vorausgesetzt, daB P(Ar) >> P(NbC1,) :

log P (h%CI,, Anf, at) = 6,219 - 18G89/T.

BLOCHER und CAMPBELL erhielten aus ihren Experimeiiten log P(NbCl,, -4nf, at) = 7," - 22750/T.

Die gute Ubereinstimmixng unserer Rechnung mit den Experimenten wird deutlich, wenn man Beispiele betrachtet,

t = 1800 O C : P(NbCl,, Anf) berechnet: 1,2 mm; von RLOCHEE und CAMPBELL beob. : 0,4 mm

t = 2200 "C: P(NbCl,, Bnf) berechnet : 35 mm von BLOCRER und ChnIPBELL beobachtet: 25 mm

oder wenn die berechneten Zersetzungspunkte in die Abbildung von RLOCHER und CAMPBELL eingetragen werden (hbb. 2).

Fur den Fall, daB bei den Experinlenten NbCJ, ohne Zumischung von Argon striimte, erhalt man eine JTerdoppelung des berechneten NbCI,-Anfangsdrucks :

ZP = P(NbCl,, h f ) : P(NbC1,) A P(C1) + P(NbC1,) 2 P(NbC1,).

Auch in diesem Falle ware die Ubereinstimniung von Rechnung und Experiment noch befriedigend.

In die Berechilung konnten noch ewei TTcIbcsserungen eingefuhrt werden: ItIan konnte die Diffusionseigenschaften der beteihg$en Molekeln erfassen und auf gasformige niedere Niobchloride (NbCl,, NbCl,) Rucksicht nehmen. k i d e K€€ekte wirken gegencinander. Ihre Rerncksichtigung ware verfruht.

mm. Gas- formiges Niob spielt a130 keine Rolle.

Der Shttigungsdruck des elementxcn Niobs betrggt hei 2200 "C niir 10

3. Bildungs- und Reaktionsweisen von fibbC14

In der Tab. 6 sind Reaktioiien zusanimengestellt worden, an denen NbC1, beteiligt ist. Sie enthalt eine ganze Reihe bisher iiiclit hekannt gewordener Bildungsweisen fur NbC1,. Man erkennt, dalJ die berechneten AG,-Werte der beobachteten Reaktionsrichtung entsprechen.

Beachtenswert ist die Reaktioii des Kiob(V)-chlorids mit Queck- sillner. Wach der Erhitzung lagen alle 4 Reaktionsteilnehmcr in erheb- licher Menge nebeneinsiider vor, wie das fur dC: M Null zu erwarten ist. Moglicherweise ist diese Reaktion fur Gleichgemichtsstudien geeignet.

H. SCHAFER u. F. KAHLENBERG. Die Thermochemie b r Niobchloride 315

Tabelle G 75)

R e a k t i o n e n mi t NLC!I, a 1 u T e i h ie h m e r un d i h re F r e i en 8 t,a ndar d cn t h a 1 pic n A 0,

Realrtionsgleichung

~ -~

3 KbC15g + A1 2 XbC1,g + Cd f = CdCI, + 4 NbC1,f 2 XbClSg - Pb f = PbC1, + 2 NbCl, f

0,h Al,Cl,g + 3 NbC1,f

KbCl,g + TaC1, f = TaC1,g + NbC1,f KbO, i A12C16g = 2 XiOCl + NbC1,f 2 PTbC1,g + Fe = FeCI, 1 2 n'bC1,g 5 KbC1,g + Ta = TaC1,g + 5 KbCl,g 2 PibC1,g + Ni = SICI, 4 2 NbC1,f NbCl,g + CU = CuClf + XbCl,f 4 PibC1,g + Nb = 5 NbC1,g KbC1,g + Ag = 4gC1 + NbC1,f 3 XbCl,g + 8b = 8b(:l,g + 3 NbC1,f 2 PibC1,g - H, = 2 HCL + 2 JSbC1,g 3 NbClg i -4s AsC1,q + 3 NbC1,f 3 NbC15g + Bi fl = BiCl,fl + 3 NbCl,f 2 NbC1,g - Hg fl = HgC1,g + 2 KbC1,f 2 NbC1,g A C,Cl,g = 2 CC1,g t 2 P\TbCl,f NbC1,g 4 FeCl, = FeC1,f + n'bC1,f

remp. "K

her.

643 593 693 603 563 673 (573 573 573 G'iR 573 593 ( - 3 623 6.33 623 563 573

")'

__ t

-31 -19 -16 -1 3 -13 -10 -10 - 9 - 8 - 7 - 6 - G - 4 - 4 - 4,5 - u,1 t 10 + 16

,i teratur - Iiinwcis

76)

77)

19)

19)

'6)

76)

76) 7G)

19) 76)

76)

7 6 )

19)

76)

19) 78 )

19) 76)

H e r k u n f t der v e r u e n d e t c n Zahlenwerte: dH(TaCl,g, 298) = - 182,7 kcall); S(TaCl,g, 298) = 100 c!'); dH(TaCl,f, 298) ~ -168,8 kcall), S(TaCl,f, 298) = 46 ell); dH(KiCl,, 298) = - 72,97 kcal7a); S(NiCl,, 29F) = 2 3 3 ~ 1 ' ~ ) : dH(FeCl,, 298) = - 81,86 kcaleo); dTT(FeCI,, 298) = - 95,7 kcalso); R(PeCl,f, 298) = 32,2 cl*l), S(C2C16g, 298) = 102 cl (gccscliatzt). Sonstigc Wertc nachl7) 67).

4. Disproportionierung von NhCl4 Die Untersuchung des Tetrachlorid-Zerfalls in festes Trichlorid und

gasformiges Pentachlorid mu0 auf den groDen Homogenitktsbereich des 75) AG, wurde unter Tcrnachlausigang der Cp-Werte berechnet. Mit uberschuss i -

gem Recluktionsmittel geht die Reduktion uegen der NbCI,-e)isproportiomerung bis zur Trichlonds tufe ,

76) H. SCHABFR u. U. GROZIYGER 1953, unveroffentlicht. Versiiche in EinschluB- iohrcn; ~bC15-f~Iif&~ng~diuck 2 at. Dauer der Erliitzung 10 Stunden. Qualitative Prufung der Fkaktionsprodukte.

77) H. SCHAFPH. u. L. GRAU, Z. anorg. allg. Chem. 275,148 (1954). lie) C. H. BRUBAKER u. R. C. YOUNG, J. Amer. chem. Soc. 74, 3690 (1952). 79) R. H. BrriEV 11. K. F. GIAUQUE, J. Aniei. chem. SOC. 75, 1791 (1953). 80) Xacb fre.undl:cbrr l'r1-i a t i~~ t t e i lung ron HeLm 9. I<. K r i , ~ ) 1

81) F S TCDD u J. P CGTTHLIX-. J Arne?. cliem

316 Zeitschrift fur anorganisehe und allgemeine Chemie. Band 305. 1960

Niobtrichlorids Riicksicht nehmen. Dieses Homogenitatsgebiet erstreckt sich bei 355 "C von NbCl,,,, bis NbC13,1339)40). Nach begriindeten Vor- stellungen entspricht die u n t e r e Phasengrenze NbCl,,,, einem voll- besetzten Kristallgitter (Nb,Cl,). Dies erklart auch die auffallende Kon- stanz dieser Yhasengrenze bei Anderung der Temperatur. An der o beren Phasengrenze NbCl,,, besitzt die Verbindung dagegen - soweit wir das heute wissen - ein luckenhaft besetztes Niobteilgitter. Dieses ist, im Gegensatz zur unteren Grenze, nicht durch eine besondere Stochio- metrie oder Struktur von benachbarten Zusammensetzungen unter- schieden. Die Schwierigkeiten in der quantitativen Beherrschung der NbC1,-Disproportionierung hingen ursachlich mit der .,Unscharfe" der oberen Grenze der Trichloridphase zusammen. Man inuB auch damit

+ 7

& 109

#bCl, iafl

- 7

-i

- .

- 1

; 27 29 2.1 23 70h Auf Nb-Blech wuchsenNbC1,-Kristalle3*)

0 NbCI, wurde nicht abgebautI9) [i NbCl, entstand aus ,,NbCI,"ls) A A ,,NbCl," entstand durch Abbau von NbCl,1s)40)

Abb. 3. Niobpentschloriddrucke iiber ,,Trichlorid" und Tetrachlorid. Gerade (5): berechnet fur die festen Phasen NbCl,,,, + NbC1,; Gerade (6): berech- net fur diefestenPhasenNbC1,,6, +NbCl,; Gerade(7): gemessen mit der Taupunktmethode3*). Die Punkte

geben die praparativcri Beobachtungen wieder

reehnen, daB besonders d ie obere Grenze t e m - p e r a t u r a b h a n g i g ist. Experimente hierzu fehlen noch.

Die recht liickenhafte Be- setzung der Gitterplatze in der Niihe der oberen Phasengrenze fuhrt anscheinend auch dazu, daB die Bildung von Trichlorid- kcimen erschwert ist. Hierauf deuten n b e r s c h r e i t u n g s e r - sche inungen hin82); anschei- nend ksnn die Ummandlung des Tetrachlorids in Trichlorid ge- hemmt sein. SchlieBlich sei noch erwiihnt, daB die Trichloridphase ihre Gleichgewichtszusammen- setzung nur sehr lsngsam an- nimmt, wcnn dies durch Umbau im festen Zustand gesehchen muB. Vie1 besser ist die Anwen- dung einer Transportreaktion, d. h. die lsngsanic Kristallisation des Rodenkorpers aus einer Gns- phasc 39) 10). Solche Experimente gaben bishcr die beste Bnnahe - rung an die Gleichgewichts- zusammensetzung der Trichlorid- phase.

82) Bemerkenswert ist z. B., daB sich bei -350 "C auf einem Niobblech bei Keaktion mit Pu'bC1,g nur NbCl,-Kristalle abscheiden, ohne daB zwischen Nb und NbC1, chlor- iirmeres Chlorid auskristnllisiert 39).

H. S C H ~ E R u. F. KAHLENBERG, Die Thermochemie der Kobchloride 317

Alle uber die Disproport ionierung des fes ten Tetrachlor ids vorlie genden Kenntnisse sind auf Abb. 3 dargestellt.

Fur die Disproportionierung

2,15 NbClf = 1,15 NbCl,,,,f + XbCl,g ( 5 ) gilt

log P(NbCl,, at) = 7,606--4227/T (nahe bei 355 "C).

Diese Interpolationsformel entspricht dem bei Transportversuchen beob- achteten NbCl5-Druck4O) bei 355 "C und den empfohlenen SZQ8- und Cp- Werten. Sie gibt die Phasengrenze Trichlorid/Tetrachlorid auch fur andere Temperaturen an unter der Voraussetzung, daB die Trichlorid- phase unabhangig von der Temperatur die Zusammensetzung NbCl,,, besitzt. 0 berhalb der entsprechenden log P(NbC1,)-l/T-Geraden (5) {Abb. 3 ) tritt - in Ubereinstimmung mit den praparativen Ergebnissen - nur NbCl, auf . U n t e r h a 1 b dieser Grenzgeraden sol1 nur die Trichlorid- phase stabil sein. Tatsachlich wurde aber in diesem Gebiet mehrfach beobachtet, daO die Umwandlung von NbC1, in Trichlorid ausblieb. Als Griinde fur diese Diskrepanz kommen sowohl Ubersattigungser- scheiriungen als auch die Abhangigkeit der oberen Grenzzusammen- setzung der Trichloridphase von der Temperatur in Frage. Eine Ent- scheidung hierzu 1aBt sich zur Zeit noch nicht treffen.

Man konnte schlieSlich auch daran denken, da13 die in die Berechnung der Neigung der Geraden eingehenden, geschatzten S- und CpWerte fehlerhaft sind. Fehler von der eur Deutung der abweichenden Experimente notwendigen GroBe sind jedoch ausgeschlossen.

Die auf der Abb. 3 am tiefsten liegende Gerade ( 6 ) wurde mit unseren thermodynamischen Werten fur die Reaktion (6) berechnet :

1,75 NbCl,f = 0,75 NbCl,,,, + NbC15g. (6)

Sie ist hypothetisch (und wegen der Ungenauigkeit von dH(NbCl,,,) einigermafien unsicher) und dient lediglich zur Diskussion der Messungen von SCHAFXR, BAYER und LEHMANN3'). Diese Autoren haben den uber Trichlorid und Tetrachlorid herrschenden Pentachloriddruck mit einer Taupunk tme thode bestimmt. Da der Homogenitatsbereich der Trichloridphase damals unbekannt war, wurde der Auswertung die G1. (7)

2 NbC1,f = NbCld A &%Cl,g (7)

zugrunde gelegt. Die ermittelte log P-1/T-Gerade (7) wurde in die Abb. 3 ebenfalls eingetragen. Sie sollte mit der oberen Geraden (6) zu- sammenfallen. DaB dies nicht so ist, konnte durch mefitechnische

318 Zeitschrift fur anorganische und allgcrneine Chemie. Band 305. 1960

Mangel der Taupunktmetliode bediiigt seins3). Es konnte jedoch auch eine mit der Temperatur veranderliche Zusammensetzung der oberen Trichloridgrenze die Ursache sein. EinfluB durfte schliefilich auch die Ungleichgewichtszusammensetzung des Trichloridbodenkorpers haben: Einmal aus dem Trichlorid abgespaltenes NbC1, wird bei Anderung der Bedingnngen nur sehr zogernd mieder auf geiiommen. Suf diese n'eise kann ein Gemenge von NbCl, mit NbCl,3,1, als m e t a s t a b i l e r Boden- korpcr entstehen. Die b eo b a c h t e t e Gerade (7) liegt dementsprechend zwischen den fiir NbCl,,,, + NbCl, und KbCl,,,, + NbC1, berechneten Geraden (5) und (6). Mit steigender Temperatur niihern sich die Werte der Taupunktmethode der Geraden (5). Dies entspricht der bei Tem- peraturerhohung zu erwarteiiden besseren Annaherung an die Gleich- gewichtszusammensetzung dcr Trichloridphase.

AbschlieIjend sei hervorgehoben, daW die Unsicherheit in bezug auf die Disproportionierung des NbCI, nicht zu erheblichen Fehlern in dH(NbCl,,,,) fiihrt. Sie gewinnt erst dann Bedeutnng, wenn man sich mit den Disproportionierungsgleichgewichten selbst befafit.

Hier sind neitere Experimente notwendig, bei denen der Nachweis, dal3 die Trichlorid- phase in der Gleichgewichtszusammensctzung vorliegt, entscheidend sein mird.

Ein wiclitiger Beitrag ware die experimentellc Ermittclung der Quadrupelpunkts- temperatur mit den Phasen NbCl,,, ; NbCl,; NbC1,fl; NbC1,g. Kach der Berechnung mit der Interpolationsformel (5) und deer fur den Sattigungsdruck des flussigen NbC1, giil- tigen Beziehung (Abschnitt C 1) sol1 die ~uadrnpelpunktstemperatur 364 "C betragen.

Die Z u s a m m e n s e t z u n g der G a s p h a s e uber NbC1,f und NbCl,,,, ist durch den NbC1,-Druck nach Gl. (5) und den Sattigungsdruck des NbCl, (vgl. Abschnitt C 2) gegeben. Der NbC1,-Druck uberwiegt bei weitem. Beispiele :

162 'C: P(NbC1,) = 0,002 . 10F a t ; P(NbC1,) = 8 - 355 "C: P(NbC1,) = 0,3 a t ; P(NbClj) = 7,5 at.

a t

Die D i s p r o p o r t i o n i e r u n g des gasformigen N i o b t e t r a - c h 1 o r i d s spielt beim Transport des Trichlorids im Temperaturgefalle eine maSgebende Rolle39)40). Fur den Vorgang

( 8) erhalten wir durch Kombination der fur fes tes NbCl, gultigen Be- ziehung (5) mit den NbCl,-Siittigungsdruck die Interpolationsformel

2,15 NbC1,g = 1,15 NbC13,,,f + KbC1,g

log Kp.s(at) = -9,768 + 8T72:T (w 350 "C).

83) In dcm nOtwcndib.cn Tcmperaturgefalle kiinnte deer gesamte Tetrachloridboden- korper EU einer Stelle mit etwas niedrigerer Ternperatur sublimiert sein. Freilich wurde diese SMrung durch Anwendung reichlicher NbC1,-Mengen und mehrfache Zuriicksubli- mation nach Moglichkcit ausgcschlossen.

H. SCHAFER u. F. KAHLENBERO. Die Thermochemie der Niobchloride 319

Die Reaktion verliiuft somit esotherm und liegt bei niedrigerer Tem- peratur (z. B. 150-300 "C) meit auf der rechten Seite. Daraus erklart sich, dal3 man nach Abkuhlung eines Reaktionsgases haufig auch dann NbCl, als leichtfliich tige Komponente beobachtet, wenn im heiaeren Reaktionsraum im wesentlichen gasformiges Tetrachlorid vorlag40).

5. Disproportionierung von SbC12,e7 und NbCI2

a ) B e r e c h n u n g d e r D i s p r o p o r t i o n i e r u n g von NbC12,6,.

Die Rechnnng liefert 3 NbCl,,,, = 2 KbCI, + KbC1,g - (9) log P(XbCl,,at) = 7,89 - 9000/T uber NbC1, + KbC12,6,

(w 800 "C)

4,s NbCI,,,, = 3,5 ISbCl, + NbCI, g (10) log P(NbCI,, at) = 8,05 - 10868iT iiber ISbCl, + NbCI,,,,.

( w 800 "C)

Dabei ist P(NbC1,) > P(NbCl,), wie die folgenden Beispiele zeigen: 600 "C: P(NbC1,) = 0,004 at; P(NbC1,) = 0,00004 at 800 O C : P(NbC1,) = 0,3 at;

Fur praktische Zwecke kann nian meist NbC1,g gegeniiber NbClg ver- nachlassigen.

P(NbC1,) = 0,008 at.

F) Berechnung d e r Dispropor t ion ierung von NbC1,

Man gewinnt die Beziehungen 2 KbC1, = Nb + NbC14g (11) log P(NbCI,, at) = 6,29 - 11770/T uber Nb + NbCI,

(w 800 "C)

2,5 NbQ, = 1,5 h'b + NbCl,g (12) - log P(NbCI,, at) = 5,54 - 14992/T (w 800 "C) iiber Nb 4- NbC1,.

Hier iibertrifft der NbC1,-Druck den des NbC1, bei weitem. Beispiele:

600 T: P(XbC1,) = G . 10-8 at; P(NbC1,) = 0,0002 * 10-8 at 800 "C: P(XbC1,) = 2 . 10-5 at; P(NbC1,) = 0,0004. lO-5at.

NbC1,g spielt neben NbC1,g also keine Rolle. Unbekannt ist jedoch, ob bei diesen Temperaturen bereits der NbC1,-Gehalt der Gasphase merklich wird; vgl. die Abschnitte C 4 und D 2c.

320 Zeitschrift fIir anorganische und allgemeine Chemie. Band 306. 1960

c) Exper imente

Wie die Berechnung gezeigt hat, besteht die Gasphase beim Er- hitzen von Nb und NbCl, oder von NbC1, und NbCl,,,, im wesentlichen aus NbC1,. Ihr Gehalt an NbC1, ist dagegen klein. Wird die Gasphase abgeschreckt, so findet man tatsachlich NbC1, auf dem Kuhlfinger (vgl. 6). Bei den meisten Experimenten kiihlte das Reaktionsgas jedoch so langsam ab, daIj NbC1,-Zerfall in ,,Trichlorid" und NbC1,g eintrat ; vgl. Abschnitt D 4. Dies fuhrte zu der mehrfach gemachten Beobachtung von NbC1, als Reaktionsprodukt .

Wir vergleichen nun die experimentellen Erfahrungen von BRU-

und D O H M A N N ~ ~ ) sowie von SCHAFER und ~ U C H S E 5 ) init der thermodyna- mischen Berechnung.

e) Wurden Gemenge von Nb und XbCl, in Quarzampullen auf 800 "C erhitzt, so konnten nach dem Abschrecken weder NbC1, noch NbC1, festgestcllt werdcn 84). Daraus ergab sich fur den uber Nb + NbCI, bestehenden Disproportionierungsdruck (NbCI,, NbCI,) ein oberer Grenzwert von < 0,Ol at. Dies entspricht der thermodynamischen Be- rechnung, denn diese l&Bt einen NbCI,-Druck Ton nur -10-5 a t emarten.

BAKER und YOUNG78) , von MCINTOSH und BROI~DLEP~~), von 8CH;iFER

p ) Ein Argonstrom wurde mit NbCl, (P(NbC15)-0,02at) bcladen und uber cine Strecke mit auf -700 "C erhitztem Niob geschickt 85). Erwartungsgemlifl schieden sich dabei NbC1,-KristaUe auf dem Niob ab. Jedoch war offenbar die Verweilxeit des Gases in der Reaktionszone zu kurz, denn neben NbCl, lag NbC12,,, vor und erhebliche NbC1,- Nengen gelangten als Gas in kaltere Zonen, wo dann eine teilweise Disproportionierung in NbCl,,, und NbCI, stattfand. Entsprechende Experimento unter Gleichgcwichtsbe- dingungen haben wir begnnnen.

y ) Bei 800 "C wurde der NbC1,-Gleichgewichtsdruck iiber NbCl, + NbCI,,,, zu etwa 0,8 at ermittelts'). Diese Peststellung diente unter anderem im ilbschnitt C 5 zur Ableitung von dH(NbC1,). In stromendem Tragergas war die Disproportionierung des Trichlorids auch bei 650 "C noch merklich44). Wurde jedoch Trichlorid (NbCl,,,,) in evakuierte oder mit N, gefullte Rohre eingeschmolzen und auf ,500 "C erhitzt, so schied sich in der oberen nicht erhitzten Rohrhiilfte kein NbC1, ab44). Es wurde also weder NbCl, noch NbCI, in merklicher Menge abgespalten. Dieses Ergebnis entspricht auch unseren Erfahrungen 86). Tatsachlich sind nach der Berechnung die h73C1,- (und NbC1,-) Drucke uber NbCl,,,, + NbCI, bei 500 "C noch klein, steigen jedoch mit der Tcmperatur bedeutcnd an.

Andererseits kann die Disproportionierung bei nur wenig hoheren Temperaturen, aber niedrigen Drucken bereits einen Riickstand von elementarem Niob liefern, wie die fnlgenden Eaperimente zeigen.

6) Wurde ,,Niobtrichlorid" an der Hochvakuumpumpe auf 600 bzw. 650 "C erhitzt, so entstand ein N i o b r u c k s t a n d und auf dem Kiihlfinger schlug sich T e t r a c h l o r i d nieder 78) 84).

81) H. SCHAPER u. K.-D. DOHNANN, Z. anorg. allg. Chem. 300, 1, 5, 21, 25 (1959). 86) H. SCH~FER u. E. FUCHS, vgl. bei 84), S. 27. 80) Vgl. 9, Tab. 1, Vewuch Nr. 8.

H. FCHAFER u. F. KAHLENBERG, Die Thcrmochemie der R'iokchloride 321

E ) Ein im Vakuum ahgeschniolzenes Rohr, das ,,KbCl,'' enthielt, nurde so erhitzt, dsI3 sich die Ausgangssuhstane bei 573 "C, die zuniiehst leere Rohrhalfte aber bei Raum- temperatur befsnd. Nsch 3 Tagen bestand der Ruckstand a.us Niobpulver87). In der kalten Rohrhalfte hatten sich ,,Trichlorid", Tetrachlorid und Pentachlorid abgeschieden. Offenbar wurde bei 573 'C Tor allcm XbC1,g abgespalten, das in der kalteren Zonc zurn Teil disproportionierte.

Vergleicht, man die experimentellen Ergebnisse mit. der Berechnung, so erkennt man, da13 hinsichtlich der Disproportionierung des , ,Tri- chlorids", insbesondere was die Temperaturabhangigkeit betrifft, Uber- einstimmung bestelit und daI3 auch der Abbau bis zum elementaren Niob verstandlich ist. T hermodynamisc h nicht erklarlich ist jedoch, daI3 bei den Experimenten zum praparativen Trichlorid- Abbau bis zurn Metal1 die Dichloridstufe nicht erkennbar wurde ; vgl. i n s b e s ~ n d e r e ~ ~ ) ~ ~ ) . Das muB kinetische Tirsachen haben.

M6glicherweise ist der Trichlorid-Zerfall gehemmt., so daB er erst linter Bcdingungen eintritt, unter denen auch NbCl, nicht mchr stabil ist. Es konnte jedoch uuch die Bildung von hTbCl,-Keimen verefigert sein. Auf Reaktionshemmungen mu8 auch die Feststellung zuriickgefuhrt werden, dal3 die Vmsetzung Nib0 + 2 Al2Cl6g = KbC1, + XlOCl bei L'W", 330" und 460 "C nicht gelingtaa)). Bei 400 "C betragt die Freie Htanda.rdenthalpie der Reaktion -16 kcal.

6. Reduktion von Pentachlorid mit WasserstoPP unter Abseheidung der Trichloridphase

Wird ein mit NbC1, beladener Wasserstoffstrom ciurch eine z. B. auf 500 "C erhitzte Rohrstrecke geschickt, so scheidet sich Niobtrichlorid ab. Diesen Weg, den wahrscheinlich schon ROSCOE ss) bei der ersten Darstel- lung des Trichlorids benutzte, haben auch spatere A~toren*)~~)44)~~)~~)~0)9~) beschritten.

Wir diskutieren zuniichst die Reaktion X'bC1,g + 4 H, = NhC1,g + HCl. -

Mit unseren Zahlenwerten berechnet man

87) Vgl. 84), Tab. 1, Versuch 9. 88) H. E. ROSCOE, Cheni. Kews 37, 25 (1878). '39) C. H. BRUBAKER u. R. C. YOUNQ, J. Amer. chcm. SOC. 73, 4179 (1951). 90) €1. SCHAF'RR u. F. KAHLENRERG, 1955. 91) H. SCll.4FF.R U . K.-D. DoHniAx-ru, 1957.

%. nnorg. allg. Cheniie. Bd. 305. 22

322 Zeitschrift fur anorganische und allgerneine Chemie Band 305, 1960

Das Gleichgewioht liegt also auf der rechten Xeite. E x p e r i m e n t e haben t.at,sSchlich gezeigt, daij NbCl, mit guter Ausbeute durch Redaktion von NbC1, mit H, (EinschluBrohr, 450 "Cj gewonnen werden l ~ a n n ~ ~ j .

Wegen der relativ hohen Temreratur schied sich vermut?lich aus der NbC1,-haltigen Gasphase zuniichst ,,Trichlorid" ab, das bcim Abkuhlen rnit dcm uberschusvigen NbCl, weiter untcr Bildung von NbC1,f reagierte.

Passiert ein NbCI,-hdtiger H,-Strom Iangsa,m ein erhitztes Rohr. so entsteht zwar festes Trichlorid, die Gasphase enthalt in der heil3en Zone jedoch vie1 NbCl,. Ein kleiner Teil davon entzieht sich nmnchmal der beim Abkiihlen eintretenden Disproportionieriing und scheidet sich am Ofenende ab 19) 90).

AnschlieIJend sollnun die Tr ich lor id-Dars te l lung erortert werden. Bei der rechnerischen Behandlung geht man vom Gleichgewicht(l4) aus :

(14) NECl,,I, + 0,87 HC1 = NbC1,g + 0,435 H,

Kp.,, = 2,2 . lo-'; 400 "C 500 "C 600 "C.

Kp.,, = 2 ,4 . lo-'; KIJ.,~ -= l , 6 . lo-'

Dies ist zweckmalXg, weil unter den praktisch benutzten Bedingungen der XbCl,-Gleich- gewichtsdruck 'den des NbCl, weit iibertrifft. Die Erorterung geschieht fur die obere Grenzzusammensetzung der Trichloridphase, obwold unter eutqrechenden Verhaltnissen auch chlorarmere Zusammensetzungen, ja selbst, die nntere Phascngrenze Pu1DCl1,,, beoh- acbtet werden 91). Das Bild wird dadurch nicht grundlcgcnd geiindert.

Eine von verschiedenen Autoren in den Reduktionsofen geschickte Gasmischung entsprach den. Anfangsdrucken P(NbCI,, Anf.) = 0,16 at und P(H,, Anf.) = 0,84 at. Ware die Umsetzung

NbC15g + 0,935 H, = NbCl,s,,f + 1,87 HC1

vollstandig, so ergiiben sich die Drucke P(H,) = 0,69 a t ; P(HCl)=0,30 at. Da die Urnsetzung tatsiichlich recht weitgehend ist, setzen wir zur Vereinfachung die genannten Drucke als Gleichgewichtsdrucke ein und berechnen dafur mit den oben genannten Interpolationsformeln die mit NbCl,,l,f im GIeichgewicht stehenden Drucke an NbC1, und NbCI, (Tab. 7) .

Danach nimmt die Trichloridabscheidung aus der Gasphase mit steigender Temperatur ab. Man sollte also bei moglichst niedriger Tem-

Tabelle 7 Cle ichgewichtsdrucke iiber NbCl,,,, i n a t . lo3

H. SCII~FER u. F. KAIILEHBERO, Die Thermochemie dzr Niohchloride 323

peratur arbeiten, jedoch setzt die Reaktionsgeschwindigkeit bei etwa 400 "C eine untere Grenze.

Man kann einen WasEerstoffst,rom z. B. bei 200" mit NbC& sattigen, ohne da13 eine riierklic,he Reduktion eintritt. MCIN'J'OSH untl BROADLEY r4) beobachteten, daB die Tri- chloridausbeute zwischen 400 nnd 500 "C mit der Temperatur ans te ig t . Lkucli hierfur ist die Real i t ' ionsgeschwindigkei t maBgebend. Das gleiche gilt fur die beim pra- pa rativen Brbciten (500 "C) beobachteten, niedrigen Trichloridausbeuten von nur 30-407(, w), bzw. 5876 g'), bezogen suf die eingefuhrt'c Pcntachloridmenge.

Nach unserer Rechnung sol1 bei Gleichgewichtseinstellung die Re- duktion des NbC1, zu NbCI,,, bei 400-500 "C praktisch quantitativ sein. Tatsachlich konnte SUE 55) bei 400-450 "C eine vollstandige Re- duktion erreichen. Auch schieden SCHAFER und YIETRUCK *) bei einem ihrer Versuche zur NblTa-Trennung das Niob aus einer NbCl,-TaCl,- H,-1\;Zischung bei 450 "C vollstandig als Trichlorid ab. In beiden Ab- handlungens)55) wird auf die notwendige, lange Verweilzeit des Gases im Reaktionsraum besonders hingewiesen.

Andererscits bcrichten MC~NTOSH und BROADLEY 44), daB die Trichlorideusbeute bei 500 "C durch Verlangerung der Reaktionsdaner nicht uber 74% (bzw. 79%) 92) gesteigert werden konnte. Der Unterschied gegenuber unserer Berechnung ist nicht schwerwiegend, Er ist jedocb nicht damit erkliirbar, daB wir mit NbCl,,,, gerechnet haben, wahrend sich bei MCTNTOSH und RROADLEY NbCl,,, abschied; vgl. noch Abschnitt C 5. Auf eine Be- recbnung fur die Entstehung yon NbC12,6, wird verzichtet, weil dessen Bildungsenthalpie noeh zu unsicher ist.

SchlieBlich b e t r a c h t e n wir noch die Ri ickreakt ion von Niobt r ich lor id m i t Chlorwassers toff .

Niobtrichlorid wurde mit Chlorwasserstoff (P(HCI) = 0,5 sowie 1 a t bei Raumtemperatur) in ein Rohr eingeschmolzen und auf 500 "C er- h i t , ~ t 4 ~ ) . Dabei schieden sich Pentachloridkristalle in der oberen, nicht erhitzten Zone des Rohres ab. Beriicksichtigt man die Gleichgewichts- drucke in Tab. 7, so ist das experimentelle Ergebnis verstandlich: Ein groljer Teil des Chlorwasserstoffs wurde mit Niobtrichlorid umgesetzt, da sich der groBe H,-Gleichgewichtsdruck einstellen muBte. Niobtri- chlorid wurde dabei in NbC1,g und NbC1,g verwandelt; NbC1,g dispro- portionierte beim Diffundieren in kaltere Zonen, so daB schlieBlich an den kaheren Stellen NbC1,-Kristalle abgeschieden wurden.

7. Die Keduktion von NbC12,67 und von NbClz mit Wasserstoff Zu diskutieren sind die Gleichgewichte (15) und (16).

NbCl,,,, 4- 0,335 H, = NbCl,f + 0,67 HCI. - (15)

92) Die Ausbeiite wurde durch Wiigung hestinimt und offenbar als NbCl,,, in Rech- nung gesetzt. J3ei Umrechnung auf NbCI,,,, als Reaktionsprodukt (wofur die Analysen sprcchen) erhbht sich die Ausbeute auf 797;.

22*

324 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 305. 1960

Mit den empfohlenen Werten berechnen wir

log Kp.,, = 2,902 - 2721/T ( ~ 9 0 0 O K )

(at)

und weiter be i 600 "C: P(H,) = 0,62 at ; P(HC1) = 0,38 at; P(NbC1,) = 0,004 at93);

P(NbC1,) = 0,00004 at 93) ;

P(NbC1,) 2 0,0008 atsS). bei 700 'C: P(H,) = 0,26 a t ; P(HC1) = 0,74 at; P(NbC1,) = 0,04 at gS);

Danach ist NbCl,,,, rnit Wasserstoff gut zu NbCl, reduzierbar. Tat- sachlich erhielten EMELECS und GUTMANN 84) bei der Reduktion von NbCl, mit, Wasserst,off bei 500 "C Substanzen, die nach der Analyse als Gemenge von NbC1, und NbC12,,, angesehen werden konnen. Ein bei uns auf ahnliche Weise bei 650 "C gewonnenes Praparat 1ieB sich ront- genographisch und rnikroskopisch als NbC1,-NbCl,,,,-Gemenge charak- terisieren 40).

Fur die Reaktion

liefert die Rechiiung NbC1,f + H, = Nb + 2 HCI (16) --

log Xp.1, = 7,087 - 11038/T ( ~ 0 0 0 OK). (at1

Daraus folgt bei 600 "C: P(H,) = 1 at ; P(HC1) = 2,E. at; P(NbC1,) = 6.10-8 at93)

P(NbC1,) = 2 . at93);

P(NbC1,) = 2 . 10-6 at93); P(NbC1,) = 1 - atg3).

bei 700 *C: P(H,) = 1 at ; P(HC1) = 0,007 at;

Bei dieser Rechnung blieb die bei 600-700 "C reoht erhebliche Loslichkeit von Wasserstoff im Niobgj) unbcrucksichtigt, die die Reduktion fordert. Da der Wasserstoff- gehalt spatcr in1 Vakuum entfernt merden kann, ist diesc Wasserstoffaufnahme fur die Praxis nicht unbedingt nachteilig.

Nach Vergleich der mit GI. (15) und (16) berechneten Drucke wird man erwarten, daQ die Reduktion von NbC12,6, mit Wasserstoff uber eine ausgepragte NbC1,-Stufe lauft, so daIj NbCI, auf diesem Wege leicht zu- ganglich sein sollte. Moglicherweise ist das bei Ianger dauernder Er- hitzung im EinschluBrohr der Fall. Die Reduktion im Wasserstoff- s t r o m fuhrte bisher stets zu elementarem Niob. Als erster stellte R O S C O E ~ ~ ) auf diesem Wege Niob her. Spiitere Autoren40) 4 4 ) bestatigten, da13 so aus Trichlorid bei 600-700 "C Metal1 erhalten werden kann. Von besonderem Interesse sind Versuche von MCINTOSH und BROADLEY 4 4 ) ,

g3) Aus dem entsprechenden Disproportionierungsgleichgewicht ; vgl. Abschnitt D 6. 94) H. J. EMEL~US u. V. GUTMANN, J. chem. Soc. [London] 1950, 2115. 95) A. SIEVERTS u. H. MORITZ, 2. anorg. allg. Chcm. 217, 124 (1941).

H. SCHAFER u. F. KAKLENBERQ, Die Thermochcmie der Niobchloride 325

wonach Niobtrichlorid bei 2 6 5 0 "C mit 800/, Ausbeute in Metal1 ver- wandelt werden konnte, wahrend der Rest als NbC1, (genauer wohl als NbCl,g, das beim Abkuhlen disproportionierte und so NbC1, lieferte) aus der Reaktionszone gespult wurde. Bei der Reduktion spielte die Kinetik eine wichtige Rolle. Forderlich war es, die Temperatur von Zeit zu Zeit urn 10" zu erhohen. Etwa 3-4% des angewendeten Wasser- stoffs wurden bei der Reduktion umgesetzt.

Vergleichen wir diese experimentellen Ergebnisse rnit den berechneten Gleichgewichtsdrucken, so erkennen wir, daI3 die Rechnung sowohl die Niobausbeute als auch die Wasserstoff-Ausnutzung in der GroBenordnung richtig wieder gibt. Mehr war unter den vorliegenden Umstanden nicht zu erwarten, insbesondere auch deshalb, weil die Rechnung die Bildung der NbC1,-Zwischenstufe voraussetzt, deren Entstehung aber anscheinend aus kinetischen Griinden ausbleiben kann4*) ; vgl. auch Abschnitt D 5.

8. Die Umsetzung von Niob rnit Chlorwasserutoff Wirkt Chlorwasserstoff bei hiiherer Temperatur auf einen UberschuB

von metallischem Niob ein, so hat man unter Gleichgewichtsbedingungen die Bildung von Niob(I1)-chlorid zu crwarten. In den im folgenden er- orterten S t r o m u n g s ver s u c h e n spielt dagegen die R e a k t i o n s - ges c h wi n dig ke i t eine wichtige Rolle.

Beobachtungen: SPITZIN und PREOBRASCHENSKI") erhielten bei 300" aus Nb im HC1-Strom NbCI, und NbC1,. Die gleichen Reaktions- produkte beobachteten BRUBAKER und YOUNG 89) zwischen 400 und 900 "C. SCHAFER und F U C H S ~ ~ ) schickten bei 800 "C HC1 uber Nb. Sie erhielten viel NbCl,,,,, wenig NbC1, und viel NbCI,; NbCl, trat nicht auf.

D e u t u n g : Die Reaktion des metallischen Niobs rnit Chlorwasser- stoff geht langsam. Das zunachst entstehende Reaktionsgas enthalt noch viel HC1, wenig H, und die dem entstandenen H, aquivalenten Mengen an NbCI, und NbCI,. Mit fortschreitender Reaktion des Metalls wird der H,-Gehalt des Gases grol3er und es scheidet sich Trichlorid ab. Geht man zu hoheren Temperaturen uber, so wird zwar die Reaktions- geschwindigkeit grooer, jedoch steigt der mit festem ,,NbCl," sowie H, und HC1 im Gleichgewicht stehende Anteil an NbC1,g ebenfalls mit der Temperatur an (vgl. Tab. 7). Dieses NbC1,g zerfBllt am Ofenende in ,,NbCl," und NbC1,g. Diese beiden Stoffe sind somit bei allen Versuchs- bedingungen die wesentlichen Produkte der Umsetzung von Nb mit stromendem HC1.

96) V.I. SPITZIN u. N.A.PREOBRASCHENSHI, ?€QPHZLJI OBqeB XUHHH [J. allg. Chem.]

97) H. SCHBFER u. E. FCCHS, 1968; unveroffentlichte Versuche. 10, (72) 785 (1940). Diirch Chem. Zbl. 1940, 11, 3315.

326 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 305. 1960

E. Schlnfibemerkung Die calorimetrische Bcstimmung der Bildungsenthalpie des Niob-

(V)-chlorids und des Niob(1V)-chlorids ermoglichte in Verbindung mit zahlreichen weiteren Messungen und Beobacht)ungen h i praparativen Versuchen eine erstc, umfassende Behandlung der Thermochemie der Niobchloride. Damit ist eine Grundlage fur thermodynamische Berech- nungen geschaffen. AuBerdern hat man von den Niobchlorideii ausgehend die Moglichkeit AH-Werte fur andere Niobverbindungen abzuschiitzen.

Freilich ist der Wert einer solchen Zusaminenstellung zeitlich be- grenzt, denn zweifellos werden viele der von uns einpfohleneii Zahlen schliefilich durch bessere ersetzt werden mussen. W7esentlich scheint uns gerade zu sein, da13 die zusammenfassende Bearbeitung Lucken und unsichere Stellen im Gesamtbild sichtbar niacht, die zu weiteren Unter- suchungen anregen. Hierbei sind von der Neuauswertung des vorhandcneii experimentellen Materials in Kombination mit etwas veriinderten Schiitz- werten fur S und Cp keine Fortschritte zu erwarten. Es sind vielmehr weitere Experimente notwendig. Als dringlich sehen wir die Bestimmung der Normalentropie des festen und gasfBrmigeii NbC1, an und ferner die unmittelbare Bestimmung der Bildungsenthalpieii der Verbindungen NbCl,,,, NbCl,,,, und NbC1,. -4uch sollten Gleichgewichte mit NbC1,g und NbC1,g untersucht werden. Damit ist die Richtung unserer Arbeiten auf diesem Gebiet angedeutet.

Der Deutschen Forschungsgemeinschaft sind wir fur die Cberlassung von Geraten und fur die Gewahning eines Rtipendiums (F. K.) rlankbnr. Auch die Forderung durch den Verband der Chernischen Industrie - Fonds der Chemie - rnochten wir mit nnnk anpi- kennen.

Munster, Anorganisch-Chemisches Institut der Univeraitat.

Rei der Redaktion eingegnngen am 1. Februar 1960.

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