Beiträge zur Chemie des Schwefels. XXXVII. Über die Darstellung und Eigenschaften der Chlorsulfane...

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Beitrage zur Chemie des Schwefels. XXXVII l)

Uber die Darstellung und Eigenschaften der Chlorsulfane S3C12, S,CI,, SsC12 und S,CI,

Von F. FEHER, K. NAUSED und HE. W E B E R ~ )

Mit 7 Abbildungen

Inhaltsubersicht Wie bereits mitgeteilt, kann man die Kondensationsreaktion zwischen Sulfanen und

Chlorsulfanen durch Anwendung eines sehr groBen Uberschusses des einen Partners unter geeigneten Bedingungen so lenken, daB eine Sekundarreaktion des gebildeten Konden- sationsproduktes weitgehend vermieden wird und dadurch selektiv nur die nach der Primarreaktion :

C I S n ~ ~ S , ~ t C 1 / S n C I + CISzn+,Cl + 2 HC1 zu erwartende Verbindung entsteht.

Im folgenden wird gezeigt, daO dieses Reaktionsprinzip zur Gewinnung formel- reiner Chlorsulfaue allgemein anwendbar ist. SO erhalt man durch Reaktion der Sulfane HzS, H2S,, H2S3 und H2S4 mit SCl, im groBen UberschuO bei etwa -80" C und langsamer Reaktionsfuhrung uber die bereits seit langem bekannten Chlorschwefelverbindungen SCl, und S2C1, hinaus weitere definierte Stoffe. Im einzelnen wird die Darstellung der formelreinen Substanzen S,cI,, s,cI,, s5cI, und S&I, beschrieben. Die RAMAN-Spektrerl sowie das streng gesetzmaBige Anwachsen der Werte fur das Molvolumen, die Molrefrak- tiou und die Viskositat zeigen, daB es sich um wohldefinierte und gut charakterisierte Einzelglieder einer homologen Reihe kettenformiger Verbindungen handelt.

Durch Umsetzung yon Chlorsulfanen nach folgenden Gleichungen :

(R z= p-Tolyl-) 1 RS0,Na + ClS,CI + Na0,SR --f (RSO,),S, + 2 NaCl

RSOzNa + ClS,CI + Na0,SR + (RS02),S4 + 2 NaCl CzH5SH + CIS3CI + HSCZH, -+ (CZHJZS, -t 2 HCl

SnClz + Hg(SCN)z + Sn+z (CN), + HgCI, gelangt man in glatter Reaktion und quantitativer Ausbeute zu z. T. bereits auf anderem Wege gewonnenen Sulfanderivaten. Dadurch ist die Konstitution und die Individualitat der Verbindungen auch auf chemischem Wege sichergestellt.

Alle Chlorsulfane sind relativ stabil. Sie lassen sich bei -80" unbegrenzt, bei Zimmer- temperatur wochenlang bei nur geringer Zersetzung aufbewahren. S3CI, ist im Hoch- rakuum unzersetzt destillierbar, wahrend sich S&l, bei der Destillation bereits teilweise zersetzt. Die Substanzen sind im LaboratoriumsmaDstab in groDeren Mengen erhaltlich.

1) XXXVI. Mittlg. F. FEHI~R u. R . BERTHOLD, Z. anorg. allg. Chem. 290, 251

2) Dissertation K. NAUSED, Koln 1957; Dissertation HE. WEBER, Koln 1957. (1957).

304 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 290. 1957

Ihre Anwendungsmoglichkeit in der anorganisch- und organisch-praparativen Chemie zum Aufbau neuer, langkettiger Schwefelverbindungen durfte sehr vielseitig und interessant sein.

Wie wir bereits fruher berichteten3-’), fuhrt die unter HC1-Ab- spaltung verlaufende Kondensationsreaktion zwischen Sulfanen H,S, und Chlorsulfanen S,C1, im allgemeinen wegen des bifunktionellen Charakters der Reaktionspartner und Reaktionsprodukte zu einem Gemisch hoherer Homologen H,S, bzw. S,Cl,, unter geeigneten Be- dingungen aber zu nahezu formelreinen Produkten. Die Reaktion ver- lauft unter Verwendung eines grol3en Oberschusses an Chlorsulfan, dessen nicht umgesetzter Anteil nach der Reaktion durch Destillation entfernt wird, praktisch nach dem einfachen Schema:

C I S n p -__ dS,b ___ + C1 IS,Cl +- C1S2,+:mC1 + 2 HC1.

Diese Arbeitsweise zur Gewinnung definierter Verbindungen wurde erstmalig in unserem Institut von L. M E Y E R ~ ) am Beispiel des S,CI, und S,Cl, realisiert. Da die Reproduktion der Ergebnisse bei der Synthese des uns vom praparativen Standpunkte zuniichst besonders interessant erscheinenden S,Cl, nach :

C l S F q S p l ~ SC1 --f ClS3C1 + 2 HC1

anfanglich gewisse Schwierigkeiten bereitete, wurden in der vorliegen- den Arbeit weitere experimentelle Untersuchungen angestellt und eine zweckmaljige Arbeitstechnik ausgearbeitet. Unter Ausnutzung der dabei gewonnenen Erfahrungen konnte dann gezeigt werden, dalj das Prinzip ganz allgemein auch zur Synthese hoherer Homologen anwendbar ist.

Eine weitere Aufgabe dieser Arbeit war die Charakterisierung der dargestellten Stoffe durch ihre physikalisch-chemischen Konstanten und RAMAN- Spektren sowie durch einige chemische Umsetzungen.

~~

I. Experimentelle Durchfiihrung der Synthesen Als geeignete fluchtige und daher leicht abdestillierbare Chlor-

sulfankomponente erwies sich Schwefeldichlorid fur alle durchgefuhrten Synthesen s).

3) F. F E H ~ R u. J. KRAEMER, Z. Naturforsch. 8b, 687 (1953). 4, F. FEHER, W. LAUE u. J. KRAEYER, Z. Naturforsch. 7b, 574 (1952); Z. anorg.

6, F. F E H ~ R u. W. LAUE, Z. anorg. allg. Chem. 287, 45 (1956). 6, F. F E H ~ R u. L. MEYER, Z. Naturforsch. I lk , 605 (1956). 7) F. F E H ~ R u. G. WINKHAUS, Z. anorg. allg. Chem. 288, 123 (1956). 8) Wie z. Z. laufende Untersuchungen zeigen, Iassen sich auch unter Verwendung

allg. Chem. 281, 151 (1955).

von S,CI, als iiberschussiger Komponente definierte hohere Chlorsulfane darstellen.

FEHER, NAUSED u. WEBER, Darstellung und Eigenschaften der CUorsulfane 305

scl , wurde nach einer Vorschrift von JONAS und STOHR~) dargestellt. In etwa 1 1 frisch destilliertes S,C1, wird bei Zimmertemperatur und unter Zusatz von etwas Eisen- pulver reines, sorgfaltig getrocknetes Chlor bis zur Sattigung eingeleitet. Nach Zusatz von einigen ml PCl, wird das entstandene Reaktionsprodukt uber eine etwa 50 cm hohe, mit RAScHIGringen gefiillte Kolonne rektifiziert. Das gewonnene SCl, wird nach noch- maligem Zusatz von wenig PCI, im Kiihlschrank bei etwa 0' C aufbewahrt. Vor jedem Versuch wird das SCI, frisch destilliert und zwar die Fraktion von 59,6" C bis 60" C direkt in den Umsatzkolben. Die nach der Umsetzung zuruckgewonnenen Anteile an sc lZ konnen nach nochmaliger Destillation erneut verwendet werden.

Die gleichfalls zu den Synthesen verwendeten formelreinen Sulfane HzS2, H,S, und H,S, wurden unter Anwendung der von FEHER und Mitarbeitern ausgearbeiteten und bereits an anderer Stelle lo) ausfuhrlich mitgeteilten Verfahren gewonnen.

Zur Darstellung von reinem Schwefelwasserstoff zersetzten wir eine konzentrierte waBrige Losung von Na,S 9 HzO p. a. mit 20-30proz. Phosphorsaure p. a. Das ent- wickelte Gas wurde nach sorgfaltiger Trocknung uber Calciumchlorid und Phosphor- pentoxyd in einer Kiihlfalle bei -80' C kondensiert.

a) Darstellung des Dichlortrisulfans Zu Beginn des Versuches beschickt man einen mit KPG-Ruhrwerk

versehenen Dreihalskolben A (s. Abb. 1) mit der erforderlichen Menge

G f

'. + Pumpe

lbb. 1. Apparatur zur Darstellung hoherer Chlorsulfane

9) H. JONAS u. H. STOHR, vgl. G. BRAUER, Handb. d. prap. anorg. Chemie 1954,

10) XXX. Mittlg. F. FEHER, W. LAUE u. G . WINKHAUS, Z. anorg. allg. Chem. 288, S . 288.

113 (1956).

8. anorg. allg. Chemie. Rd. 290. 20a

306 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 290. 1957

SC1, (s. Vers.-Beispiel Tab. 1) und kuhlt unter Ruhren in einem groLIen DEWARgefafi rnit Methanol-C0,-Kaltemischung auf etwa -80" C ab.

Der Kolben wird so befestigt, dalj er wihrend der gesamten Reaktionsdauer voll- standig in das Kuhlbad eintaucht. Nur so kann man sich vor Verlusten an Schwefel- wasserstoff und unerwunschten Nebenreaktionen schutzen, die sich zwischen hochspritzen- den SC1,-Tropfchen und gasformigem H,S bei hoheren Temperaturen an der Glaswand abspielen. Ein groBes, auf den zweiten Schliff aufgesetztes Calciumchloridrohr B ver- hindert wahrend der relativ langen Reaktionsdauer das Eindringen von Luftfeuchtigkeit. Wenn die Priparate anschlieBend zur ramanspektroskopischen Uutersuchung verwendet werden sollen, so empfiehlt es sich, die Beruhrung mit gewohnlichem Hahnfett zu ver- meiden, da die Spektren dann stets einen verstarkten Untergrund aufweisen. Wir haben samtliche Schliffverbindungen daher rnit Siliconfett gedichtet, welches diese Erscheinung nicht verursacht.

Der vorkondensierte Schwefelwasserstoff wird mit dem als Losungs- mittel und Reaktionspartner dienenden SC1, bei etwa -80" C vereinigt. Wegen der grol3en Empfindlichkeit des SCI, gegen Feuchtigkeitsspuren ist schnelles Arbeiten dringend erforderlich.

Man geht dabei zweckmaBig so vor, dalj man die mit flussigem H,S beschickte Falle direkt auf den dritten, etwas geneigten Schliff C des Umsetzungskolbens aufsetzt (s. Abb. 1) und durch Drehen um den Schliffkern langsam entleert. Von Beginn des EingieBens au bis zur Beendigung des Umsatzes halt man die Mischung unter standigem Riihren auf etwa -8OO.C

Da die Reaktionsgeschwindigkeit bei dieser tiefen Temperatur noch recht gering ist, beobachtet man auch Stunden nach Reaktionsbeginn auljer einem kaum merklichen Aufschaumen des C0,-Methanolbades keinerlei Veranderungen, zumal der wahrend der Umsetzung abgespaltene Chlorwasserstoff bei -80" C quantitativ in SCI, loslich ist. Ein Ansatz von einem Mol Schwefelwasserstoff und mindestens 20 Molen SCl, benotigt bei der angegebenen Temperatur erfahrungsgemaI3 eine Reaktionzeit von etwa 12-14 Stunden. Bei unseren Kondensationsreaktionen zwischen Sulfanen und Chlorsulfanen haben wir die Reaktionstemperatur von etwa -80" C allgemein eingehalten. Diese erlaubt die ent- sprechend langsame Reaktionsfuhrung, durch die allein ein kontrollierbarer Ablauf der gewunschten Reaktion gewahrleistet wird. Speziell im Falle des S&l, ergibt sich dadurch auljerdem noch die Moglichkeit, im fliissigen, einphasigen System (SC1,-H,S) zu arbeiten. Eine Steigerung der relativ geringen Reaktionsgeschwindigkeit zwischen SCl, und H,S durch Erhohung der Reaktionstemperatur ist fur praparative Zwecke unvorteilhaft, weil H,S wegen seines niedrigen Siedepunktes nicht mehr in flussiger Form zugefiihrt werden kann. Dann aber entweicht wegen der geringen Loslichkeit ein groljer Teil der Sulfankomponente unumgesetzt und fuhrt im Gasraum uber dem Losungsmittel zu un- kontrollierbaren Nebenreaktionen ll).

*I) Zur eventuellen technischen Darstellung des S&I, wird man die Reaktion zweck- maljiger wohl bei wesentlich hoheren Temperaturen unter Anwendung hoherer Drucke durchfuhren, wobei man die geringere, fur technische Zwecke meist ausreichende Rein- heit der Produkte zugunsten einer hohen Umsetzungsgeschwindigkeit in Kauf nehmen kann. AuBerdem ist es erforderlichenfalls leicht moglich, durch Destillation aus dem Reak- tiongemisch kontinuierlich reines S,Cl, zu gewinnen.

FEII~R, NAUSED u. WEBER, Darstellung und Eigenschaften der Chlorsulfane 307

Nach Ablauf der Umsetzung entfernt man zunachst das Kuhlbad und laBt die Lijsung unter standigem Ruhren langsam auf etwa 0°C erwarmen. Dabei entweichen durch das Calciumchloridrohr zunehmend grol3ere Mengen Chlorwasserstoff.

Die in Abb. 1 veranschaulichte Apparatur gestattet es, auch groBere Mengen des Ihsungsmittels in relativ kurzer Zeit kontinuierlich abzu- ziehen. Nachdem der Hauptteil des gelosten HC1 freigeworden ist, setzt man auf den mittleren Schliff D des ReaktionsgefaBes (s. Abb. 1) ein genau passendes Steigrohr, das mit Hilfe eines kurzen Gummischlauches mit dem Einsaugrohr des Destillationskolbens E verbunden wird. Durch den Hahn F reguliert man den ZufluB des Reaktionsgemisches in den Destillationskolben, den man im Verlaufe der Destillation zweckmaI3ig nur etwa zur Halfte fullt. Die zur Verdampfung des SCl, benotigte Warmeenergie wird dem Kolben mit Hilfe eines Warmluftstromes zugef uhr t .

Zur Unterstiitzung des Siedens leitet man durch die Kapillare G gereinigten Stick- stoff. Die Falle H hat einen Inhalt von etwa 500 mI und ILBt sich mit Hilfe eines einge- schmolzenen Hebers durch kurzes Unterbrechen des Wasserstrahlvakuums von Zeit zu Zeit in den Kolben J entleeren. Als Kiihlmittel dient zerkleinertes Trockeneis, welches rnit Methanol befeuchtet ist. Das Absaugen von 1,5 bis 2 Litern Schwefeldichlorid dauert auf diese Weise etwa 2 Stunden.

Abb. 2. Destillationsapparatur

Sobald die Hauptmenge des iiberschiissigen SC1, abgetrennt ist, iiberfuhrt man das Produkt in den Zweihalskolben der Hochvakuumappa- ratur (Abb. 2) und saugt die letzten Anteile des SCI, sowie etwa gebildete Spuren S,Cl, innerhalb weniger Minuten ab. Diese konden- sieren sich in den mit flussiger Luft gekuhlten Fallen des Pumpenvor-

20*

308 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 290. 1957

' SC1, I g

stoljes, wahrend die Kiihlfallen Fl und F, noch nicht gekuhlt werden. Hierbei ist der eingezeichnete Tropftrichter durch einen Schliffstopfen zu ersetzen.

Trotz sorgfaltiger Durchfuhrung des Versuches ist das, so gewonnene S3Cl, immer mit einigen Prozenten hoherer Homologen verunreinigt. Die jodometrische Titration liefert fur die Zusammensetzung der Roh- produkte Werte zwischen S3,,C1, und S3,,Cl,.

Selbst nach der Theorie5) ist eine groBere Reinheit des Produktes kaum zu erwarten. Die Kondensation von H,S und SCl, sollte zu einem Gemisch von S3C12 und hoheren Homo- logen rnit einer mittleren Zusammensetzung von S3,,lC12 fuhren, wenn man das bei unseren Umsetzungen meist angewandte Molverhaltnis Schwefeldichlorid zu Schwefelwasser- stoff von 20: 1 den Berechnungen zugrunde legt. Durch den Umstand, da13 beim Abziehen des Schwefeldichlorids ein merklicher Teil des S3C12 mitdestilliert und so eine Anreicherung der nichtfluchtigen hoheren Homologen im Riickstand eintritt,-wird die mittlere Zusammen- setzung noch weiter zu hoheren Werten hin verschoben.

Die' Reindarstellung des S3C1, ist jedoch einfach, weil sich das Produkt leicht und unzersetzt im Hochvakuum destillieren und so von den entstandenen, hoheren Homologen trennen lalj t.

Zur Hochvakuum-Destillation umgibt man die Kuhlfalle F, (Abb. 2) rnit einem Eis-Wasser-, die Kfihlfalle F, mit einem C0,-Methanol-Ge- misch ausreichender Kaltekapazitat. Erwarmt man das Wasserbad um den Kolben auf etwa 40-50°C, so destilliert S3C1, langsam und gleich- maljig ab und kondensiert sich zum weitaus groljten Teil in der Falle F, sowie zu einem kleineren Teil, mit Spuren von S,Cl, verunreinigt, in der Falle F,. Unter den angegebenen Bedingungen lassen sich 100 g S3Cl, in etwa 5 Stunden destillieren. Das so erhaltene Produkt ist formelrein und laljt sich ohne Zersetzung wiederholt im Hochvakuum destillieren.

Auf Grund von Kontrollversuchen mit Gemischen von SCl,, S;,C1, und S3Cl, konnten wir feststellen, dalj mit der oben angegebenen ein- fachen Versuchsanordnung das S,Ci, sich vollstandig von niederen Homologen trennen laljt.

Bei einem Druck von etwa 104mm Hg geht das reine S,Cl, kon- stant bei +30,5" C uber.

Tab. 1 bringt die Daten von zwei Versuchsbeispielen zur Dar- stellung des S,Cl,.

Tabelle 1

Ausbeute vor d. Dest. nach d. Dest.

vor d. Dest. ~ nachd.Dest. lGew.-%I lGew. -% Analytische Zusammense tzung I H,S

(fliissig)

2260 45ml ' 2260 1 32ml s3,38c12 S,,mCl, 160 84 110 58 s3,45C1 2 S2,&1, 100 1 70 1 63 I 47

FEHI~R, NAUSED u. WEBER, Darstellung und Eigenschaften der Chlorsulfane 309

1 s:, ~ Sulfan Analytische Zusammen- g

I * 900 19,l H,S, S5,"*Cb 550 19,O H,S, S,,MCl*

setzung des Produktes _ _ _ _

1200 26,5 H,S, s4,Wc12

I-

b) Synthese der Chlorsulfane S4C12, d&12 und S&12 Die Darstellung der hoheren Chlorsulfane wird in der gleichen Appzra-

tur durchgefuhrt und unterscheidet sich von der des S,C1, nur in der Art der Zugabe der Sulfankomponente. Da die zur Verwendung kom- menden Schwefelwasserstoffe H,S,, H,S, und H,S, bei Zimmcrtem- paratur flussig sind, werden abgewogene Mengen mit Hilfe eines spitz ausgezogenen Tropftrichters langsam im Verlauf von etwa 1-2 Stunden (pro Mol) dem auf -80" C vorgekuhlten SCl, unter intensivem Ruhren zugesetzt.

Vor allem bei der Darstellung des S4Cl, unter Verwendung von Disulfan mu13 fur gute Kiihlung durch einen groBen OberschuB an Trockeneis gesorgt werden, da die Reaktion selbst bei -80' C noch stiirmisch und unter starker WarmeentwickIung verlauft. Deshalb ist speziell bei Einsatz von H,S, die Reaktionszeit erheblich kiirzer, so da13 ein Ansatz von etwa 0,5 Mol Disulfan schon nach etwa 3 Stunden aufgearbeitet werden kann. Die Reaktionsgeschwindigkeit yon H,S8 und H,S, ist wieder betrachtlich kleiner. Daher empfiehlt es sich bei letzteren, das iiberschiissige SCl, friihestens nach etwa 10-12 Stunden a bzudestillieren.

Wie im Falle des S,C1, erhalt man auch hier nach vollstandigem Entfernen des SCl, vollig klare, orangerobe Flussigkeiten, deren Zu- sammensetzung bei sorgfaltiger Reaktionsfuhrung nur unerheblich uber den jeweiligen theoretischen Werten liegt. In der Tab. 2 sind einige Ver- suchsbeispiele zusammengestellt.

Tabelle 2

Aus beute g 1 Gew.-%

36 34 1 92

-

Wie aus der Tabelle ersichtlich, kommt die analytische Zusammen- setzung der Produkte der theoretischen Zusammensetzung des Haupt- produktes naher, a.ls dies beim S,Cl, der Fall war. Man kann dies auf folgende Weise erklaren :

Bei der Ableitung der Verteilungsfunktion 5, ist die Voraussetzung gemacht worden, da13 eine weitere HC1-Abspaltung zwischen den hoheren Homologen S,Cl,, S5C1,, S,C1, usw. und H,S, mit der gleichen Wahr- scheinlichkeit eintritt wie zwischen SC1, und Has,. Diese Annahme scheint zwar bei der Umsetzung des Schwefelwasserstoffes mit Schwefel- dichlorid zu Dichlortrisulfan teilweise zuzutreffen, bei der Darstellung hoherer Chlorsulfane hingegen scheint die Primar- vor der Sekundar- reaktion bevorzugt zu sein.

310 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 290. 1957

Da wir bemuht waren, zur spektroskopischen Untersuchung mog- lichst reine, untergrundfreie Substanzen zu erhalten, haben wir ver- sucht, auch das S4C1, im Hochvakuum in Temperaturbereichen, in denen noch keine schnelle Zersetzung eintritt, zu destillieren.

Zur Destillation des S4C1, benutzt man die in Abb. 2 gezeigte Appa- ratur.

Das Produkt wird zunachst in den Tropftrichter eingefiillt und langsam durch die ausgezogene Spitze in den Kolben eingetropft. Die Warmezufuhr erfolgt durch ein auf etwa 75" C gehaltenes Wasserbad. Halt man Fl auf Zimmertemperatur, so kondensiert im Laufe der Destillation in dieser Falle reines S,Cl, in etwa 10proz. Ausbeute. Die Ur- sache dieser gedngen Ausbeute ist offensichtlich in einem Krackvorgang zu sehen, denn in der Kuhlfalle F, (-80" C ) sammelt sich wenig S,C1, neben betrachtlichen Mengen S,Cl,. Der Destillationsriickstand hingegen besteht aus sehr hochmolekularen Chlor-Schwefel- den , die erst nach und nach in Schwefel und Dischwefeldichlorid zerfallen.

c) Analytische Charakterisierung der Chlorsulfane

Die in der Literatur beschriebenen Verfahren zur analytischen Be- stimmung von Chlor- Schwefelverbindungen 4, 12) 1 7 wurden bezuglich ihrer Anwendbarkeit uberpruft und haben sich im allgemeinen als brauch- bar erwiesen. Zur Analyse der hoheren Chlorsulfane haben wir jedoch ausschlieljlich die jodometrische Titration des Chlorgehalts nach BOWME und SCHNEIDER~~) verwendet. Gegenuber den oben erwahnten Methoden hat diese den Vorteil der besonders grogen Genauigkeit sowie der schnellen und leichten Durchfuhrbarkeit. Von grundsatzlicher Bedeutung fur die Wahl dieser Analysenmethode war augerdem die Tatsache, da13 bei den hoheren Chlorsulfanen der Chlorgehalt mit wachsender Kettenlange betrachtlich abnimmt, so dalS bei der Bestimmung des kleineren Anteils (Chlor) ein relativer Fehler sich im Schwefelgehalt, nur sehr gering aus- wirkt.

D u r c h f u h r u n g d e r T i t r a t i o n :

Etwa 0,3 g der Substanz werden in diinnwandige Glasainpullen genau eingewogen und diese in einem Gemisch von 10 ml Schwefelkohlenstoff und 3 g Kaliumjodid in 20 ml Wasser zertrummert. Man schiittelt gut durch und titriert das ausgeschiedene Jod nach eincr Wartezeit von etwa 5-10 Minuten mit n/10 Natriumthiosulfat.

Die Titration mu13 rasch durchgefiihrt werden (etwa 10 Minuten) und ist beendet, wenn der Schwefelkohlenstoff die gelbe Farbe der Schwefellosung angenommen hat und die wiiiWrige Phase die Jodstarke-Reaktion nicht mehr zeigt. Die folgenden Versuchs- beispiele geben AufschluR iiber die erzielte Genauigkeit (s. Tab. 3).

12) H. KREKELER, Angew. Chem. 50, 337 (1937); J. KRAEMER, Diplomarbeit, Koln

9 B. WURZSCHMITT, Fortschr. d. Chem. Forschg. 1, 1949/50. 15) H. BOHME u. E. SCHNEIDER, Ber. dtsch. chem. Ges. 76, 483 (1943).

1953.

FEH$R, NAUSED u. WEBER, Darstellung und Eigenschaften der Chlorsulfane 311

Diese Methode ist zur Analyse der Chlorsulfane allgemein anwendbar. Eine Ausnahme bildet lediglich das SCI,, welches infolge seiner groljen Fliichtigkeit und hohen Empfindlichkeit gegen Wasser keine reprodu- zierbaren Werte liefert.

Tabelle 3 J o d o m e t r i s c h e T i t r a t i o n d e r Chlorsu l fane

Substanz Einwaage g

0,3364 0,1238

0,3283 0,3467

0,1756 0,1626

0,4284 0,4300

0,2343 0,3310

~ _ _

Verbrauch ml n/10 Na,S,O,

50,23 18,47

39,39 41,57

17,49 16,29

37,06 37,19

17,40 25,05

Gew.-% Chlor

52,8 52,8

42,49 42,55

35,4 35,6

30,73 30,69

26,79 26,83

Anal ytische Zusammense tZunK

11. Physikalisch-chemische Konstaiiten und Konstitution der Chlorsulfane a) Molvolumen, Molrefraktion und Viskositat

Zur naheren Charakterisierung der einzelnen Chlorsulfane sowie zur Durchfuhrung einer abschlieljenden Konstitutionsdiskussion haben wir die Dichten d,, Brechungsindices n'$' und Viskositaten vz0 der einzelnen Verbindungen gemessen (vgl. auch 4)).

Samtliche den Messungen zugrunde gelegten Praparate waren frei von physikalisch gelostem Schwefel. Dies geht eindeutig aus den RAMAN-Spektren, die die charakteristi- schen Linien des gelosten S, nicht enthalten, sowie aus der Tatsache hervor, dalj bei der Synthese stets Produkte mit nur sehr geringer Abweichung von der theoretischen Zu- sammensetzung entstehen. Entstiinde bei der Reaktion elementarer Schwefel, so muljten die Produkte nach Abdampfen des iiberschussigen SCl, einen wesentlich hoheren analy- tischen Schwefelgehalt haben, als fur die reinen Chlorsulfane zu erwarten ist.

Die Dichten wurden jeweils in Pyknometern von 5 resp. 10 ml gemessen. Die Werte von verschiedenen Praparaten gleicher Zusammensetzung differieren um weniger als 0,05%.

Die Brechungsindices der Chlorsulfane SCl,, S2Cl, und S,Cl, wurden mit einem ge- brauchlichen ABBEschen Refraktometer mit einem Meljbereich bis n = 1,7 bestimmt. Bei den hoheren Gliedcrn liegt der Brechungsindex weit uber diesem Wert. Daher haben wir in diesen Fillen die Messungen mit Hilfe eines Goniometers und eines spitzwinkligen Hohlprismas nach der Methode der Minimalablenkung durchgefuhrt. Bei dicscr Versuchs- anordnung konnte eine Temperaturkonstanz von 20" C nicht exakt eingehaltcn wcrden. Die durch die minimalen Schwankungen der Ranmtemperatur hervorgerufenen Abweichun-

312 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 290. 1957

gen iibersteigen jedoch in keinem Falle O , l % . Fur die Berechnung der Molrefraktion spielen Fehler dieser GroBenordnung keine Rolle.

Zur Bestimmung der Viskositaten wurden in einem OSTWALD-Viskosimeter 15) die kinematischen Zahigkeiten vz0 ermittelt und aus diesen durch Multiplikation mit der Dichte die dynamischen Viskositaten qz0 berechnet. Die Durchlaufzeiten wurden mit einer Stoppuhr auf etwa 0,l see genau gemessen.

Tab. 4 enthalt die MeBwerte sowie die daraus berechneten Mol- volumina V20, Molrefraktionen (nach LORENTZ-LORENZ) R$ und die dynamischen Viskositaten T~~ der Chlorsulfane SCl, bis S,Cl,.

Tabelle 4 K o n s t a n t e n d e r Chlorsu l fane S,U2

Substanz I - dzo -__

1,621 1,6773 1,7441 1,7774

1,8219 1,8018

65,52 80,47 95,9

112,5 128,2 144,5

1,5332 1,6519 1,7109 1,7671 1,8131 1,8419

RE (cm3)

19,72 29,43 37,60 46,62 55,52 64,11

I rzo (c. P.)

0,548 0,978 1,949 3,780 7,424

~ 12,94

In Abb. 3 und 4 sind die Molvolumina und Molrefraktionen der Chlorsulfane in Abhangigkeit von der Zahl der gebundenen Schwefel- atome graphisch dargestellt.

20 Rn

vi 150

100

50

Abb. 3. Molvolumina der Abb. 4. Molrefraktionen der Chlorsulfane Chlorsulfane

15) F. KOHLRAUSCH, Praktische Physik; G. V. SCHULZ, Z. Elektrochem. angew. physik. Chem. 43, 479 (1937).

FEHLR, NAUSED u. WEBER, Darstellung und Eigenschaften cler Chlorsulfane 313

Wie ersichtlich, liegen die Einzelwerte mit groljer Genauigkeit jeweils auf einer Geraden, fur die sich folgende Gleichungen aufstellen lassen :

VgGclz = n . 16,2 + 2 . 23,65 20 RDsnclZ = 11 . 8,88 + 2 . 5,425.

Die Koeffizienten 16,2 bzw. 8,88 geben die mittleren Inkremente fur ein Schwefelatom an, wahrend die GroRen 23,65 und 5,425 die ent- sprechenden Werte fur die Inkremente des homoopolar gebundenen Chlors in diesen Verbindungen darstellen 16). Vergleichswerte zu den bei anderen Sulfanabkommlingen beobachteten Inkrementen sind aus Tab. 5 zu ersehen.

Tabclle 5 I n k r e m e n t e d e r R a u m b e a n s p r u c h u n g d e s g e b u n d e n e n Schwefels i n S u l f a n -

d e r i va t e n

~~ ~

Sulfarie H-S,-H ~ 16,416) Diathylsulfane C2H,--Sn-C2H, 16,317) Trichlormcthylsulfane C1,C-S,-CCI,

8 , 6 9 8,917) 8,5618)

Alkalisulfide ~lel--Sn-Mel

16) Wihrend man bei den Sulfanen die endstan- digen S-Atome gesondert behandeln muB, da man keine plausiblen Wcrtc fur die Inkrcmente des Wasser- stoffs erhillt, ist dies bei den Chlorsulfanen nicht not- wendig. Dieser Sachverhalt ist zweifellos auf die Besondcrheit des Protons ais Bindungspartner zuriick- zufuhren. Vgl. F. F E H ~ R , W. T.AUE u. G . WINKHAUS, Z. anorg. allg. Chem. 290, 52 (lY57).

17) XXXVIII. Mittlg. F. F E H ~ R , G. KRAUSE u. K. VOGELBRUCH, Chem. Ber. im Druck.

18) F. F E H ~ R U . H. J. BERTHOLD, Chem. Ber. 88,

etwa lS1Q) ctwa Y,819)

I :_j~, -05

+I5 - kettenfdrmiger Struktur darstellen. Die Viskositatswerte liefern weiteres

Material zur Konstitutionsfrage. In Abb. 5 + ~ ~ . ~. P P P P

/ / O

I SCh +Cl2 S,Ch S& s54 s,a, 1634 (1955).

19) F. FEHER 11. H. J. BERTHOLD, Z. anorg. allg. Chem. 275, 241 (1954); F. F E H ~ R u. K. NAUSED, Z. anorg. allg. Chem. 283, 79 (1956).

8. anorg. allp. Chemie. Bd. 290.

Abb. 5. Viskositaten der Chlor- sulfJne

20b

314 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 290. 1957

sind die Logarithmen der dynamischen Viskosita ten in Abhangigkeit von der Zahl der Schwefelatome aufgetragen.

Auch hier lassen sich jeweils die einzelrien MeBpunkte durch eine lineare Beziehung darstellen :

lg Gncl, = n . 0,277 - 0,645.

Dies liefert eine weitere Stutze fur unsere Strukturauffassung. Auch bei den Anfangsgliedern der homologen Reihen der n-Paraffine, der Sulfane u. a., die mit Sicherheit kettenformig aufgebaut sind, lassen sich die Logarithmen der Viskositiiten in gleicher Weise linear darstellen (vgl. auch20)).

b) Die fLAnIAX-Hpektren Von allen dargestellten Produkten wurden RAMAN- Spektren auf-

Diese stellen ein hervorragendes Hilfsmittel sowohl zur Identifizierung der einzelnen Glieder als

H 9 Hgb Hsa auch zur Strukturdiskussion dar.

genommen.

I \ / Die RAMAN-Spektreri wurden an einem ,,HI~GER"-RA~AN-Spcktrographen mit Registrier- vorrichtung aufgcnommen. Die Anregung erfolgte mit der griinen Quecksilberlinie Hg, (5461 A). Bei dsr photographischen Aufnahme der Spek- tren mit dem gleichen Spcktrographen wurdcn ,,II,FORD, HPS-Platten" (Ilford Meter 37") je iiach der jcwciligen Farbtiefe der verschiedenen Verbindungen 0,s bis etwa 2 Stunden belichtct.

;"c';" s: CI2

sg C62

Abb. 6 zeigt eine Zusammenstellung der vergrooerten Originalaufnahmen der

5gC1z Spektren voi7 S,Cl,, S,Cl,, S,Cl,, S,Cl, und S,Cl,. Abb. 7 gibt die mit der , , H ~ ~ , ~ ~ ~ " - A n o r d n u n g aufgenommenen

s6 cL2 Registrierkurven dieser Verbindungen sowie die Kurve einer physikalischen

I I / / \ Liisung von Schwefel in Schwefelchlorur H i l , Hg 4 Hqb H!lQ wieder. In Tab. 6 sind die Frequenz-

werte allcr Chlorsulfanspektren zusam- mengestellt. Die Werte fur SC1, wurden einer Arbeit von STAMMREICH und Mit-

arbeitern 21) entnommen. Diesen Autoren ist es gelungen, durch An- regung mit den roten Heliumlinien 66782 A, 70652 A und 72814 a auch von tiefrot gefsrbten Substanzen RAMAN- Spektren z i i crhalten.

S 4 C b

Abb. 6. RAhfAx-Spektren der Chlorsulfane

.~ .. ~

z " ) 14'. KRUSE, Diplomarbeit, Kiiln 1956, noch nicht veriiffcntlicht. 21) 11. STAMMREICH, R. FORNRRIS u. K. SONET, J . chem. Physics 83, 972 (1955).

F E H ~ R , NAUSED u. WEBER, Darstellung und Eigenschnften der Chlorsulface 315

Wenn auch im Rahmen dieser Arbeit keine nahere Diskussion der RAMAN- Spektren durchgefuhrt werden soll, so lassen sich doch durch vergleichende Betrachtung der Spektren folgende Feststellungen treffen :

m o o m o o o - - - e

m 60a 300 0

a 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 . rn 600 300 0

S,Cl,t$S- I

a w o m o o 0 m s - - -

m finn 3o1) 0

0 0 00 00000 . - - - - in 800 300 0

0 O M 0 0 0 0 0 - - - - m 600 300 0

Abb. 7 . 0 RAMAN-Frequenz der Chlorsulfane, 0 RAMAN-Frequenz des physik. ge- losten Schwefels, Erregerfrequenz Hg, (5461 8) (im Spektrum mit Schwarzfilter

gedampft), a Quecksilberfrequenz

1. Samtliche RAMAN-Spektren sind frei von den Linien des physi- kalisch gelosten Schwefels (vgl. Abb. 7, gesattigte Losung von Schwefel in S,Cl,).

316 Zeitscbrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 290. 1957

.~

SCl, -- -

208 (5)

514 (10) 535(1) -__

Tabelle 6 Die RAMAN-Frequenzen d e r Ch!orsulfane (in cm-l)

llO(6)

208 (8) 240 (4)

444 (10)

541 (2)

144 (3) 172(1)

208 (2) 240 (1)

446 (3) 4 78 (10) 499(1)

533 (0 ?)

S*Ch

lOO(2) 157(1)

212(3b) 241 (1)

404 (10)

467 (10) 504 ( 3 )

444 (2 ?)

543 (1 ?)

s,c1, 136(2) 175(2)

214(2 ) 241 (1)

406(3) 444 (10) 470(8) 4 93 (5)

562 (0 ?)

132 (2)

211 (3) 240 ( I ) 267(1)

409(7) 450 (3) 470(10) 500(4)

535 (0)

151 (8) 184 (1)

216(8) 238 (2)

440 (3) 476 (8) 519(2)

___-

2. Jedes Chlorsulfan hat ein bezuglich der Anzahl der Linien, deren Intensitat und Frequenzlage charakteristisches Spektrum.

3. In allen Spektren der Chlorsulfane - ausschliel3lich des Schwefel- dichlorids - finden sich im Bereich von 400-500 em-l mehrere sehr intensive Liriieri. Diese sind charakteristisch fur kettenformige Schwefel- verbindungen und finden sich fast an der gleichen Stelle in den Spektren der Sulfane und ihrer Derivate.

4. Die Freyuenzen um etwa 540 em-l, die bereits beim SClZ2') und S,Cl, sehr schwach sind, und die bei vereinfachter Betrachtungsweise der S-Cl-Bindung zugeordnet werden konnen, lassen sich bei den hoheren Gliedern kauni noch beobachten.

5. Die im Bereich von 100-270 cm-l liegenden Frequenzen sind ebenfalls charakteristisch fur kettenformige Schwefelverbindungen. Sie entsprechen Deformationsschwingungen der S-S- und S-C1- Bindungen. Ihre Intensita t nimmt mit wachsender Zahl der Schwefelatome in der Molekel rasch ah.

6. In samtlichen Spektren der Chlorsulfane treten ausschliefilich Frcqueiizen auf, die sich eindeutig der S-S-Einfachbindung uiid der S-C1-Bindung ziiordnen lassen und welche die bereits auf Grund der gemessenm physikalisch-chemischen Konstanten zu fordernde ketten- formige Struktur der Chlorsulfane bestatigen.

111. Beispiele ZUY priiparath en Anwendbarkeit a ) Eigenschaften und Rtabilitat

Bev-or an einigen Beispielen die vielfaltigen praparativen Moglich- keiten angedeutet werden sollen, die sich durch die Synthese der hoheren

F E H ~ R , NAUSED u. WEBER, Darstellung und Eigenschaften der Chlorsulfane 31 7

Chlorsulfane in der anorganisch- und organisch-praparativen Chemie ergeben, ist es zunachst erforderlich, einige Angaben uber Eigenschaften und Stabilitat der neuen Verbindungen zu machen.

Die hoheren Chlorsulfane sind orangerote, olige Flussigkeiten von hohem Lichtbrechungsvermogen. Sie besitzen den vom S,Cl, her be- kannten eigentumlichen Geruch, der jedoch mit zunehmendem Mole- kulargewicht schnell abklingt. So zeigt z. B. das S,Cl, infolge seines sehr niedrigen Dampfdruckes nur noch einen sehr schwachen Geruch, der weder stechend noch unangenehm ist. Gut gereinigte GlasgefaBe werden von allen Substanzen nur sehr wenig benetzt. Die Farbtiefe nimmt vom S,C1, an standig zu. Untersuchungen uber die Absorp- tionsspektren sind in Vorbereitung. Chlorsulfane sind in wasserfreiem Chloroform, Athylbromid, Schwefelkohlenstoff, Tet(rach1orkohlenstoff und Petrolather sehr gut loslich. Die mehr oder weniger groI3e Loslich- keit in anderen indifferenten organischen Losungsmitteln, wie Benzol, Toluol sowie Athylather nimmt mit zunehmender Kettenlange ab. Samt- liche Verbindungen sind gegen Luftfeuchtigkeit relativ bestandig. Bei -20" C konnen die Substanzen einige Wochen unter nur geringfugiger Zersetzung aufbewahrt werden. Unter diesen Bedingungen konnte selbst nach Jahresfrist keine Abscheidung von elementarem Schwefel beobachtet werden. Nach unseren Erfahrungen kann man hohere Chlor- sulfane in reiner Form bei etwa -80" C unbegrenzt aufbewahren.

Urn eine erste Orientierung uber die Stabilitat der hijheren Chlor- sulfane zu erhalteri, haben wir speziell am S,Cl, den Zerfall bei Zimmer- temperatur messend verfolgt :

Das beim Zerfall entstehende Homologengemisch liil3t sich durch Destillation derart trennen, daB S,C1, und S,Cl, sich in der Vorlage kondensieren, wahrend die hoheren Homologen (ab S,Cl,) und eventuell entstandener elenientarer Schwefel im Ruckstand verbleiben.

Zur Durchfiihrung der Zerfallsbestimmung wird einc groljere Menge frisch destil- lierten Dichlortrisulfans bei Zimmertemperatur unter Wuchtigkeitsabschlufi aufbcwahrt. In1 Abstand von jeweils einigen Tagen wird eirrc: Probc von etwa 8 g entnommen und in oiticn lrlciiicn Destillationskolben genau eingcwogeri. Man destilliert, unter den Bedin- giitigcri iind un tc:r Vcrwcndntig der gleichen Apparatur, wie bei der Reindarstellung des S,CI, bcschriebcn wordcn ist. Aus der Einwaage an S,Cl,, der Mcnge des Dcstillatioiis- riickstandes und nus dem durch Titration bestimmten Chlorgehalt dieses Riickstandes liI3t sich der Prozcntsatz des zcrfallenen S,Cl, berechnen.

In Tab. 7 sind die Ergebnisse dieser Untersuchung zusammen- ges tellt .

Als vorlaufiges Ergebnis resultiert, daB S,Cl, bei Zimmertemperatur nach etwa 3 Wochen zur Halfte zerfallen ist. Die Moglichkeit zur Sta-

318 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 290. 195?

Einwaage I

l g Tabelle 7

Ruckstand i Verlustan

g 1 (Gew.-%) , (Gew.-%) Menge Chlorgehalt 1 S,Cl,

i

1- 571 h (23,8 Tage) I 6,9236 1,4931 837 h (34,9 Tage) 8,0802 2,1245

1-

Zei t h

26,42 55,98 25,43 70,57

___-

bilisierung der Chlorsulfane, unter anderem mit Phosphorhalogeniden, sowie die Zerfallsreaktion und deren Kinetik werden weiterhin eingehend untersucht.

b) Einige Umsetzungsreaktionen der hiihoren Chlorsulfane An Hand von 3 Beispielen sol1 die praparative Anwendbarkeit der

hoheren Chlorsulfane erlautert werden. Wir haben zunachst Umsetzungen durchgefuhrt, die bekannte

Verbindungen ergeben. Durch Reaktion von S,Cl, oder S,Cl, mit p- tolylsulfinsaurem Natrium in indifferenten Losungsmitteln gelingt es beispielsweise, das di-p-Tolylsulfonyltrisulfid resp. das di-p-Tolyl- sulfonyltetrasulfid in glatter Reaktion und quantitativer Ausbeute zu erhalten ,) :

~ __- RSO,~a-+lCI_ISSS~Cl L- + 1 Na SO,R + RSOzSSSSOzR + 2 NaCl

RSO,INa -__ + C l / S S S S r + X 1 S O , R ~- + RSO,SSSSSO,R + 2 NaCI. _ _ ~ -

Diese Produkte sind bereits seit langerer Zeit bekannt und von TROECER und HORNUNG 22) &us p-Tolylthiosulfonsaurem Natrium und SC1, bzw. S&1, erhalten worden:

RSO,SPa ~~ + CI/SICY+ - - - Na'SSO,H +- RSO,SSSSO,R + 2 NaCl

RSO,SFT+ITlSS1Cl ~ - _ _ + q S S O , R + RSO,SSSSSO,R + 2 NaCl. _ -

Weiterhin ist unter anderem das Diathylpentasulfid, das bisher nur durch ,,Aufschwefeln" niederer Diathylsulfeiie jn geringer Ausbeute erhdtlich war, in einfachcr Weise durch Umsetzung von Athylmercaptan mit S,C1, in guter Ausbeute synthetisiert worden 17) :

C211,SH + ClSSSCl + HSC,H, + C,IT,SSSSSC,H, 4- 2 HCI.

22) J. TROEGEK. u. V. HORNIJNG, J . prakt. Chem. 5, 113 (1899).

FEHER, NAUSED u. WEBER, Darstellung und Eigenschaften der Chlorsnlfane 319

Durch Umsetzung von Quecksilber( 11)-rhodanid mit den Chlor- sulfanen kann man uber die bereits bekannten Cyansulfane bis zur Kettenlange 4 hinaus auch noch weitere definierte, zum Teil bei Zimmer- temperatur kristallisierte Cyansulfane 23) bis zu 8 Schwefelatomen in der Kette arhalten. Diese Verbindungen entstehen nach der allgemeinen Gleichung :

S,Clz + Hg(SCN), + S,+g(CN)z + HgCl,.

Sie haben unterschiedliche RAMAN- Spektren und weisen ebenfalls alle charakteristischen Merkmale einer homologen Reihe auf. Diese und andere Beispiele zeigen, dal3 die Chlorsulfane als hohere Homologe des Dischwefeldichlorids sich bei chemischen Reaktionen im allgemeinen analog zu diesem umsetzen. So kann man alle bekannten Reaktionen des Dischwefeldichlorids auch mit den hoheren Chlorsulfanen durch- fiihren und so eine groBe Zahl neuer definierter anorganischer und or- ganischer Schwefelverbindungen mit langeren Schwefelketten aufbauen.

Der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Verband der Chemischen Industrie (,,Fonds der Chemie") sind wir fur die Unterstutzung dieser Arbeit sehr zu Dank ver- pflichtet.

F. FEHER u. HE. WEBER, Angew. Chem. 67, 231 (1955). Vgl. auch HE. WEBER, Dissertation, Koln 1957.

Kiiln, Anorgonische itnd Analytische Abteilung des Chemischen Instituts der Universittit.

Bei cler Redaktion eingegangen am 15. April 1957.

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