Beiträge zur Kenntnis der schwefligen Säure und ihrer Salze. V. Das Verhalten der Pyrosulfite in...

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Fi Poerster und G. Eampecht. Verhalten dw Pyrosulfite in der Hitxe. 27'1

Beitriige zur Kenntnis der schwefligen Saure und ihrer Salze. V.

Das Verhalten der Pyrosulfite in der Hitze. Von F. FOERSTER und Q. HAYPBECHT.')

Mit 4 Fignren im Text.

1. Einleitung. Im AnschluB an die Untersuchungen des einen von uns und

I(. KWEL 2, aber die Zersetzung der gesattigten schwefligsauren Salze in der Qluhhitze wurden bereits einige Vorvermche uber das Verhalten des Kaliumpyrosulfits bei hijherer Temperatur ausgefuhrt. Sie sind von uns weitergefiihrt worden; uber die dabei gewonnenen Ergebnisse sol1 im folgenden berichtet werden.

Wie von dem einen von uns, A. BBOSCHE und CUR. NORBERG- SCHULZ~) dargetan ist, sind die Pyrosulfite M\II,S205 die einzige Form, in der die sauren Alkalisalze der schwefligen Saure i n fester Form auftreten. Da von diesen das wasserfreie Kaliumpyrosulfit besonders leicht in hoher Reinheit darzustellen ist, wurden die folgenden Ver- suche im wesentlichen an ihm durchgefiihrt.

J. SH. &JSPRATT'), der das Salz Z<,S,06 zuerst beschrieben hat, findet, daB es, in einer Rahre erhitzt, neben groBen Mengen von Schwefeldioxyd freien Schwefel abgibt, wahrend im Riickstande Kaliumsulfat hinterbleibt. Diese nur qualitativen Beobachtungen wurden durch die nbhste, erst im Jahre 1884 vorgenommene Unter- suchung von M. BERT HELOT^) bestatigt und erweitert. Er stellte fest, daB aus Kaliumpyrosulfit selbst bei 150° noch kein Schwefel- dioxyd frei wird, da6 dies aber bei dunkler Rotglut geschieht, je- doch ohne daB dabei in irgendeinem Stadium Sulfit auftritt; viel- mehr verliiuft diese Zersetzung, wie er ngher feststellte, im Sinne der Gleichung:

2K,S,O, -* ZK,SO, + SO, + 8. I) Nmh der Diseertation von G. H~MPBECHT, Dresden 1925. p, 2. morg. u. allg. Ch. 139 (1924), 261. 3 2. pkys. Chem. 110 (19241, 435. ') Lieb. Ann. 60 (1844), 259.

Ann. de Chim. et ds Phys. VI (1884), 1, 88; Compl. red . 96 (1884), 208.

278 F. Poeoerstev und G. Eawprec7~t.

Dies gilt freilich nur, wenn die Erhitzung in einem fast vollstiindig von dem Salz ausgefullten Rohre, also in der Umgebung des abgespaltenen Schwefeldioxyds , vorgenommen wird. Erhitzt man es aber in einem weiten, einen grogen Gassaum bietenden Gefa6e im Strome eines indifferenten Gases, 2;. B. von Stickstoff, so disso- ziiert das Salz in Schwefeldioxyd und neutrales Sulfit, welches dann bei Rotglut in bekannter Weise nach 4K,SO, ---+ 3K,SO, + K,S teilweise zerfiillt, wahrend zugleich freiwerdender Schwefel auch zum Teil nach 2K&30, + 2s --f K,S + 2 SO, auf Sulfat reduzierend wirken soll.

Fast zur gleichen Zeit teilt GEUTHEB l) das Ergebnis seiner Untersuchungen mit, nach denen K2S20, bei 190° Schwefeldioxyd abspaltet und in Thiosulfat und Sulfat ubergeht; von diesen Salzen gibt das erstere bei hiiherer Temperatur, wie schon bekannt war, Polysulfid, Schwefel und Sulfat.

Diese soheinbar widerspruchsvollen Beobachtungen zeigen die groBe Temperaturbestiindigkeit des Kaliumpyrosulfits und lehren, da6 der zunacichst zu erwartende Eintritt des Dissoziationsgleich- gewichtes $8,0, 2 2 KaSO, + SO, nach den Ergebnissen von BERTHELOT sich hbchstens dann einstellt, wenn er durch Tiefhalten des Partialdruckes des Schwefeldioxyds begiinstigt wird, und da6 auch dies nach den Beobachtungen von GEUTHE jedenfalls nicht anders geschieht, als da8 gleichzeitig betrachtliche Anteile des Salzes in anderer Richtung zerfallen.

Urn in diese offenbar recht verwickelten Verhaltnisse einen tieferen Einblick zu gewinnen, war es niitig, die Zersetzung des Kaliumpyrosulfits systematisch bei verschiedenen Temperaturen zu verfolgen und dabei tunlichst alle Reaktionsprodukte quantitativ zu bestimmen.

2. Auegangamaterial und Versnchaanordnnng. Das fiir die grol3e Mehrzahl der Versuche benotigte Kalium-

pyrosulfit wurde durch Siittigen einer 43 O/,,igen K2C0, enthaltenden,

) Lieb. A m . 224 (1884), 220. - Naeh einer Angabe im Handbuche von GMELIN-KBAUT, 7. Aufl., Ed. I, Abt. I, S. 470 soll DIVEBS [Jour. Chem. Soc. 47 (1885), 2091 die Angaben von GEUTEER widerlegt haben. In Wirklichkeit hat er aber ohne eigene Versuche ausgefuhrt zu haben, die Ergebnisse von BEB- TEELOT gegeniiber denen von GEUTEEB als die wahrscheinlicheren erkltirt , da sie quantitativ durchgefuhrt waren. Er beaehtet dabei aber nicht, daS die Ergebnisse dieeer beiden Forscher uberhaupt nicht vergleichbar sind , da sie bei gane verschiedenen Temperaturen gewonnen wurden.

Vevhaltelz der Pyrosulfite in der Hitxe. 279

luftfreien Losung mit SO, in der friiher l) beschriebenen Anordnung hergestellt. Die durch die Reaktionswarme heiB gewordene und noch klare Liisung wurde wahrend des Erkaltens nur durch einen langsam hindurchperlenden Wasserstoffstrom bewegt, die Anwendung eines mechanischen Riihrwerks hierbei aber unterlassen , urn nicht zu feine Kristalle zu erhalten, da sonst die Gefahr einer geringen Oxydation wiihrend des Filtrierens, Waschens und Trocknens schwer hinreichend zu vermeiden ist. Auf solche Weise wurden stets recht gleichmLBige Kristalle von einigen Millimetern &%Be in befriedigen- der Reinheit gewonnen. Die Analyse ergab :

gef. ber. fiir K,S,06 K,O 42,21 42,08°/0 SO, 57,59 57,61°/,

Fur einige Qersuche wurde auch das Hydrat K8S205, z/3H80 sowie das Natriumpyrosulfit Na,S,O, hergestellt , wobei ganz nach den friiheren Erfahrungen z, gearbuitet wurde.

Zum Erhitzen der Salze diente im wesentlichen ein elektrisch zu heizendes Porzellanrohr, wie es bei den Versuchen von KUBEL 3,

benutzt worden war. Da die Temperaturen, denen das PyrosuXt ausgesetzt wurde, meistens weit tiefer lagen als bei jenen Versuchen, wurden sie, so weit angangig, durch ein geeignet gestaltetes Queck- silberthermometer gemessen, dessen Kugel dicht iiber dem das Salz enthaltenden Schiffchen angeordnet war; nur fur die Temperaturen iiber 300° wurde ein Kupfer-Konstantan-Thermoelement und fur die iiber 500° liegenden ein Platin-Platin-Rhodium-Thermoelement be- nutzt. Da die Versuche bei den niederen Temperaturen zum Teil iiber ziemlich lange Zeiten ausgedehnt werden muBten, wurde dano, um die Konstanz der Temperatur mSglichst zu sichern, a ls Strom- quelle eine Akkumulatorenbatterie benutzt, was fiir diese Tempe- raturen ja ganz unbedenklich ist.

Die zu untersuchende Salzmenge, meist 3-4 g, wurde in ein Porzellanschiffchen eingewogen , oft auch, urn Verluste durch Ver- stauben zu vermeiden, in einem weiten, offenen Glasrohrchen in das Schiffchen gebracht ; dann wurde die Apparatur zusammengestellt, und alsdann in der Yehrzahl der Falle ein Strom von Stickstoff durch sie hindnrchgeleitet , der durch Uberleiten iiber gliihendes Kupfer vom Sanerstoff, iiber Chlorcalcium von Feuchtigkeit befreit

I) 2. pbys. Chem. 110 (1924), 436 flg., 476. z, 2. phys. C h . 110 (1924X 460.

1. e. S. 262.

280 E . FOMS~~Y zcnd Q. Hamprechl.

wurde und nach Durchtritt durch das Erhitzungsrohr wieder in eh Chlorcalciumrohr und dann in eine zur Aufnahme mitgefiihrter Zer- setzungsprodukte, vor allem von SO,, dienende Vorlage trat, um schlieBlich durch ein kurzes, enges Bremsrohr ins Freie zu gelangen. War der Apparat mit StickstofY gefiillt, so wurde der StickstoE- strom auf eine geringe, nur etwa einer Blase in der Sekunde (etwa 100 cm3 in der Minute) entsprechende Qeschwindigkeit eingestellt und die Temperatur tunlichst rasch auf die gewiinschte Hohe ge- bracht; von dem Zeitpunkte, in dem dies erreicht war, wurde die Versuchszeit gerechnet. Nach deren Ablauf wurde die Apparatur im Stickstoffstrom erkalten galassen, die Gewichtsanderung des Inhalts des Schiffchens bestimmt, und dieser sowie der Inhalt der Vorlage der Analyse unterworfen.

3. Die benntzten Analysenverfahren. Wie schon die alteren Beobachtungen lehren, kommen als fliich-

tige Zersetzungsprodukte der Alkalipyrosulfite Schwefeldioxyd und je nach der Temperatur freier Schwefel, als salzartige Zersetzungs- produkte Sulfat, Sulfit, Thiosulfat, Sulfid, Polysnlfid in Betracht, neben denen auch etwa unzersetztes Pyrosulfit zu bestimmen ist; neben dieaen Salzen kann bei nicht zu hoher Temperatur sich auch ein mehr oder weniger groSer Teil des freien Schwefels im festen Riickstand befinden; hierzu kommt, daS nach unseren Ergebnissen als Umsetzungsprodukt auch Trithionat unter Umstanden auftritt. Die analytiache Verfolgung der Zersetzung ist also keine einfache; sie wird aber erleichtert dadurch, daB niemals alle angefiihrten Salze gleichzeitig auftreten, sondern bald nur die einen, bald die anderen.

Von den fliichtigen Produkten wurde das Schwefeldioxyd in der Vorlage durch eine Kaliumcarbonatliisung aufgenommen. Unter Umstanden werden kleine Mengen freien Schwefels als Nebel bis in die Vorlage gefuhrt; sie schlagen sich nieder und lassen sich leicht abfiltrieren. Das in der Losung entstandene SuEt wurde durch Brom in sulfat verwandelt, und dimes nach dem RAscHm’schenl) Benzidinverfahren bestimmt.

Im Schiffcheninhalt sind oft Pyrosulfit, Sulfit, Thiosulfat und Sulfat , unter Urnstinden auch Polythionat nebeneinander zu be- stimmen. Zur Trennung des Sulfitschwefels vom Thiosulfatschwefel wurde das treffliche Verfahren von A. KIJRTENACKER~) benutzt. E’tir

1) 2. angew. Chem. 1903, 617 u. 818. 2. aamg. u. allg. Chem. 134 (1924), 265.

Vi&ulten hsr py9.oseslji2e ira cler Ritxe. 281

eine Probe des Salzes wurde der gesamte Jodverbrauch, fiir eine zweite Probe nach Zugabe von Essigsaure und Formaldehyd der dem Thiosulfat entsprechende Jodverbrauch ermittelt. Da in der ersteren Probe Pyrosulfit und Sulfit nach

I. S,O,“+ 25, + 3H20 -+ 2HS0,’ + 4 H + 45’ 11. SO,” + J, + H,O -* SO,” + 2 H -t 25’

oxydiert werden, entspricht im Fall I der Verbrauch von 2 J fur Sulfitschwefel drei Xquivalenten, im Fall I1 aber nur zwei Aqui- valenten Saure. Titriert man diese mit l/,,-HOH, so ergibt sich aus deren Verbrauch im Vergleich zum Jodverbrauch des Sulfit- schwefels das Verh%ltnis von S,O,” zu SO3”. Wird dann in der neutralisierten Losung nach dem Benzidinverfahren das SO,” be- stimmt und von dem gefundenen Wert der dem Sulfitschwefel ent- sprechende abgezogen, so findet man den Sulfatgehalt der an- gewandten Salzprobe. SchlieBlich kann eine dritte Probe nach Oxydation mit Brom zur Ermittlung des nun als SO,” vorliegenden Besamtschwefels benutzt werden. Sein Uberechu6 gegen Sulfit-, Thiosulfat- und Sulfatschwefel ergibt den als Polythionat vorhan- denen Schwefel. Dieser besteht, wo er auftritt, aus Trithionat; der Nachweis hierfiir wird spater besprochen werden.

Ein weiterer Fall ist das gleichzeitige Vorkommen von Sulfit, Sulfat, Thiosulfat und Sulfid bzw. Polysulfid. Auch fur die Untersuchung eines solchen Qemisches haben uns die Arbeiten von A. KURTE- NACKER und K. BITTNER~) wertvolle Dienste geleistet. Man ver- ffihrt danach so, daB man zunachst die Losung der Salzprobe in uberschiissige , angesauerte Jodlijsung einflie6en laBt und dadurch den gesamten Jodverbrauch von Sulfit-, Sulfid- und Thiosulfat- schwefel zusammen bestimmt. Dann wird eine zweite Probe mit Zinkacetat versetzt, nun Essigsaure und Formaldehyd zur Bindung des Sulfits zugegeben, und wieder, und zwar unter lebhaftem Schtitteln, ein ~berschu6 von Jodliisung hinzugefugt und, wie auch vorher, die nnverbrauchte Jodmenge zuriicktitriert. Jetzt hat das Jod sowohl mit Thiosulfat wie mit dem Zinksulfid reagiert. Wird schlieBlich aus einer dritten Probe mit Zinkacetat das Sulfid aus- gef iillt, jetzt aber abfiltriert, und zum Filtrat EssigsLure und Form- aldehyd zugesetzt, so entspricht der nunmehr gefundene Jodverbrauch nur dem Thiosulfat.

l) 2. anwg. a. allg. Chem. 141 (1925), 303; 142 (1925), 116. Z. anorg. U. allg. Chem. Bd. 168. 19

282 E: Foemter und G. Humprccht.

GrijBere Mengen Sulfit und Polysulfid schlieBen sich aus; letzteres tritt praktisch nur neben Sulfid, Thiosulfat und Sulfat auf. Verfahrt man zunachst wie oben angegeben, so findet man den Thiosulfat- und den Monosulfidschwefel. Wird nun eine neue Probe bei 50° mit Sulfit bis zur EntfArbung erwarmt, so entsteht nach

Na,S1 + ,, + nNa$O, -+ Na,S + n Na,S,O,

eine neue , dem Polysulfidschwefel entsprechende Menge von Thio- sulfat, die man, zusammen mit der urspriinglich vorhandenen, wieder nach Zugabe von Zinkacetat, Abfiltrieren des Schwefelzinks und Zu- satz von Essigsaure und Formaldehyd, durch Titration mit Jod- lBsung ermittelt.

Fur die Bestimmung des Sulfats werden in beiden Fallen in einer besonderen Probe Sulfit, Sulfid , Polysalfid und Thiosulfat durch luftfreie Sslzsaure zerstart; dann wird die Losung neutralisiert und das Sulfat nach dem Benzidinverfahren ermittelt.

Besondere Schwierigkeiten bereite te die Bestimmung des ele- mentaren Schwefels. Wie oben erwahnt, findet er sich teils im Schiffcheninhalt, teils sublimiert e r an die Wande des Heizrohres, teils wird er vom Gasstrom in das der Vorlage vorgeschaltete Chlor- calciumrohr gefiihrt. Die letzteren, vom Gasstrom mitgefiihrten An- te& durch eine Filtriervorrichtung zurlickzuhalten, gelingt nur un- vollkommen; auch die Entfernung aus dem Heizrohre ist unsicher, zumal das Sublimst nur teilweise in Schwefelkohlenstoff lSslich ist. Unmittelbar bestimmt werden konnte also nur der beim Auflosen des Schiffcheninhalts zuriickbleibende Schmefel, wobei ein Jenaer Glasfiltertiegel gute Dienste leistete. Da aber die Gewichtsabnahme des Schiffcheninhalts sich aus dem Gewicht des abgegebenen Schwefel- dioxyds und des verfliichtigten Schwefels zusammensetzt , ersteres aber genau bestimmt wurde, konnte die Menge des verfliich- tigten Schwefels mittelbar gefunden werden und gab mit der im Schiffchenriickstande ermittelten die Gesamtmenge des freien Schwefels.

Urn einen iibersichtlichen Vergleich der verschiedenen Reak- tionsprodukte untereinander und mit dem Ausgangssalze zu ge- winnen, wurden die Anteile der verschiedenen Schwefelverbindungen in den ihnen entsprechenden Schwefelmengen und diem in Hundert- teilen des angewandten Pyrosulfitschwefels berechnet und in diesen Werten im folgenden stets angegeben.

4. Die erhaltenen Ergebnisse.

a) D e r Z e r f a l l d e s Ka l iumpyrosu l f i t s be i 220° u n d im S t i c k s t o ff s t r o m e.

8 1 s eine fur die Verfolgung des Zerfalls des Kaliumpyrosulfits recht geeignete Temperatur erwies sich die von etwa 220O; sie liegt der von GEUTHEB angewandten Temperatur von 190° nahe and wurde auch schon bei den orientierenden Versuchen von KUBEL be- nutzt. In Bestitigung des GEuTmR’schen Befundes ergab sich

qualitativ, daB bei 220° Schwefeldioxyd entweicht, und im Schiff- cheninhalt als Zersetzungsprodukte Sulfat und ‘Ihiosulfat und nach laingerer Versuchsdauer aucli neutrales Sulfit sich finden. Freier Schwefel trat nur spurenweise, Sulfid gar nicht auf. Diese Um- setzungen verlaufen ohne merkliche Volumeniinderung des Salzes; der Rackstand zeigt stets noch die Form der urspriinglich angewandten Pyrosulfitkristalle, nur haben diese ibren Glanz verloren und sind matt geworden. Die quantitativen Ergebnisse bei zeitlich fort- schreitender Zersetzung sind in Tab. 1 zusammengestellt und werden durch die Kurvenzeichnung Fig. 1 veranschaulicht.

19*

Ver- such Nr.

Die Versuche Is und 5 0 wurden von RUBEL ausgaftihrt.

Versuchs-1 SO,-S 1 Thiosulfat-S 1 Sulfat-S 1 Pyrosulfit-S I Sul6t.S dauer 1

in O i 0 des angewandten Pyrosulfit-S in Stdn. I

2 3

-3 i,5

4

6 1 6 5 4 4

24,5 22,o 22,4 1 31,4 0,7

38,O 25,l j 24,8 1 j y?;

25,2 23,3 22,9 29,5 - 22,l 23,2 21,o 610

30 7 24,3 24,9 13,L 6,5 33,9 25,2 26,6 2,5 10,7

27,6

36,9 25,3 26,5 11,7

35,3 25,4 27,9 -

284 F. Fosrster und #. Hampreeht.

Tabelle 1. Zersetzunv van K A . 0 . hei 220'3 im Sticketoffstrome.

Man erkennt, daf3 schon in der ersten Stunde der grtiI3ere Tea, etwa 3/4, des Pyrosulfits in Schwefeldioxyd, Thiosulfat und Sulfat zerfallen ist, und daf3 die Schwefelmengen, die diesen Verbindungen entsprechen, untereinander fast die gleichen sind, man also diese Umsetzung in die Gleichung:

zusammenfassen kann. Im weiteren Verlaufe der Umsetzung nehmen Sulfat und Thiosulfat nur noch langsam und immer noch im gleichen MaBe zu, ein Zeichen, da6 der Vorgang (1) nur noch mit geringer Geschwindigkeit fortschreitet. Dagegen steigen die SO,-Mengen stark weiter an, und zugleich tritt immer mehr Sulfit auf, bis schlieB- lich nach 4 Stunden alles Pyrosulfit verschwundan und die Um- setzung beendet ist. Der UberschuB des SO,-Schwefels iiber den Thiosulfat- bzw. Sulfatschwefel ist dem entstandenen Sulfitschwefel etwa gleich; daraus folgt, daB der im spateren Teile des Versuchs vorherrschende Vorgang der Gleichung :

(2) entspricht Das Zusammenwirken der Vorgange (1) und (2) ergibt die beobachteten Zersetzungsprodukte des Kaliumpyrosnlfits und deren zeitliche Xnderung.

Vorgang (2) ist ein Dissoziationsvorgang; er mu8 bei gegebener Temperatur zu dem fur diese nur durch den Druck des SO, be- stimmten Gleichgewichte :

fiihren, sofern eine gegenseitige Laslichkeit von Sulfit und Pyro- sulfit ausgeschlossen ist , was wohl als wahraoheinlich gelten darf.

3K,S,O, -+ 2K,SO, + K2S,03 + 2S0, (1)

K,S20, ---t K2S03 + SO,

KoS20, K,SOs + SO, (2 a)

Die Verauche is und 5 0 wurden von KUBEL ausgeftibrt.

Vwhalten der Pgi~~s~llfite in der Hitxe. 285

Die Vermutuag liegt nahe, daf3 iler im Anfange der Umsetzung durch Vorgang (1) erzeugte Partialdruck des SO, iiber den Gleich- gewichtsdruck des K,S,O, hinausstieg, und dadurch Vorgang (2) zu- nachst verhinderte. Da aber im Anfange der Umsetzung noch kein SO, vorhanden war, mu6 der Gleichgewichtsdruck des SO, im Gleichgewicht ( 2 4 sehr klein seia, damit ihm sofort von dem nach (1) entwickelten Schwefeldioxyd die Wage gehalten werden kann. Man kann ihn schatzungsweise nach der aus dem NEmST’schen Wkmeeats sich ergebenden Nhherungsgleichung ‘ - + 1,75 log T + C 4,571 - T log p = - ermitteln ; die chemische Konstante C des Schwefeldioxyds betriigt 3,3, die Dissoziationswarme Q findet man aus den vorliegenden thermochernischen Daten ; sie ergibt sich nach

K,SO, + SO, = K,S,05 + 26800 cal. Hiernach ware bei 220° C, also T = (273 + 220°), der Gleichgewichts- druck p von der GrBBenordnung Atmospharen, also sicher so gering, daB zunachst Vorgang (1) ganz in den Vordergrund treten kann. Wenn aber durch ihn der grogere Teil des Pyrosulfits zerstort ist, und durch die Zwischenlagerung der dabei aufgetretenen Zersetzungsprodukte fur die noch ubrigen Teile des Pyrosulfits die Moglichkeit sehr eingeschrankt ist, daB sich die fur Vorgang (1) zur Wechselwirkung erforderlichen 3 S205” erreichen, geht dessen Geschwindigkeit stark zuruck, und nun kann der dauernd durch die Apparatur striimende Stickstoff einen hinreichend kleinen SO,-Druck uber dem Salze herstellen und damit Vorgang (2) beenstigen. Da seine Geschwindigkeit einerseits nicht von der Wechselwirkung mehrerer S,O,” abhangt und andererseits um so gr56er werden mug, je mehr der Abstand des Gleichgewichtsdrucks vom herr- schenden Partialdruck des SO, zunimmt, je mehr also Vorgang (1) sich verlangsamt, mu6 dieser schlieblich von Vorgang (2) uberholt werden; dabei rnii6te freilich nach der benutzten StrSmungs- geschwindigkeit des Stickstoffs und nach den angewandten Pyrosulfit- mengen der Partiddruck des SO, in diesem Teile der Zersetzung mindestens von der GroBenordnung at gewesen sein. Wird der SO,-Druck nun aber durch Steigerung der Strijmungs- geschwindigkeit des Stickstoffs noch vie1 s tkker herabgesetzt, so mu8 das Verhhltnis, in dem beide Vorgange an der Zersetznng des Pyrosulfits sich beteiligen, zugunsten der einfachen Dissoziation des Pyrosulfits verschoben werden.

286 F. Faerskr wad G. Hampecht.

Um dies zu priifen, wurde Versuch 1 in der Weiee wiederholt (Versuch 7), daB der Stickstoff statt wie dort mit etwa 100 cmg/Xnute jetzt mit 2 Liter/Minute durch die Apparatur stromte. Dabei wurde durch Vorwarmung des Stickstoffs auf 220° dafiir ge- sorgt, da% der schnelle Gasstrom die Temperatur des Schiffchens nicht stiirend beein0u8te. Das Ergebnis entsprach der Erwartung: Das Pyrosulfit war jetzt schon nach 1 Stunde vollstandig zersetzt, also seine Zerfallsgeschwindigkeit sehr gesteigert, andererseits w aren von seinem Schwefelgehalt iibergegangen in :

SO,-S 40,1°/, Sulfit-S 21,8°/0

Thiosulfat-S 18,2O/, Sulfat-S 19,0°/o,

d. h. es waren jetzt etwa 44O/, des Pyrosulfits nach Vorgang (2) und 56 O/, nach Vorgang (1) umgesetzt, waihrend bei vollstiindiger Umsetzung im langsamen Stickstoffstrome bei Versuch 5 etwa 23O/, nach Vorgang (2) und 77O/, nach (1) sich zersetzt hatten. Immer- hin aber zeigt auch Versuch 7, da6 Vorgang (1) den groBeren Teil des Pyrosulfits ergriffen hat selbst da, wo fur (2) besonders gunstige Bedingungen vorlagen, daS also der denkbar einfachsten Zersetzung des Kaliumpyrosulfits anscheinend auch groge Reaktionswiderstande entgegenstehen, eine Erscheinung, die im folgenden noch mehrfach bestitigt werden wird.

Es wurde auch nicht unterlassen, der Umkehrung von (Z), dem Vorgange K2S0, + SO, -+ K,S,O, durch einige Verauche nachzugahen. Wird sehs reines, 99,8 O l i o I(,SO, enthaltendes Kaliumsulfit, dessen Gewinnung fiiiher be- schrieben wiirdel), im Strome von Schwefeldioxyd 1 Stunde auf 220° erhitzt (Versuch 81, so entsteht kein Pyrosulfit, sondern das Salz geht nur zu 1,3O/, in Thiosulfat und Sulfat iiber. Auch bei 300°, wobei der SO,-Druck auch noch als weit unter 1 Atmosphare liegend sich ergibt (Versuch Sa), waren in 4 Stunden unter diesen Um- stinden noch SOo/, des Sulfits unverhdert, der Rest in Thiosulfat und Sulfat umgewandelt, eine Reaktion, die, sofern Pyrosulfit ent- steht, angesichts der grogen Geschwindigkeit von Vorgang (l), nur zu erwarten war.

Gegeniiber der schon hervorgetretenen Wagheit des Pyro- sulfitzerfalls erscheint die der Pyrosulfitbildung nach (2 b) noch

I) 2. phya. Chenz. 110 (1924), 471ff.

Perhalten der Pyosulfite in d w %itre. 287

weit grober. Das darf nicht uberraschen, sondern ist nur eine viel- fach beobachtete Eigenheit der Gleichgewichte von der Art des Gleichgewichts (2a). Bekannt ist die Erscheinung bei der Disso- ziation der Carbonate M”C0, -2 MO + CO,, bei der ebenfalls die Gleichgewichtseinstellung von links nach rechts weit schneller als die von rechts nach links verlauft, wie es M. CENTNEESZWER und B. B R U ~ S 1) kiirzlich fur die Dissoxiation des Silbercarbooats messend verfolgt haben. Der Grund liegt darin, daB das Gleichgewicht VOII

linke nach rechts sich unter Diffusion eines Gases aus einem Kri- stall in den Gasraum herstellt, dem keine erheblichen raumlichen Schwierigkeiten entgegenstehen , da dabei das Kristallgitter aich offnet. Der Vorgang von rechts nach links aber verlangt Diffusion aus dem Gasraum in das Kristallgitter; ihm stellen sich alsbald sehr starke raumliche Hemmungen entgegen, da er unter SchlieBung, Verstopfung des Kristallgitters vor sich geht. Ganz entsprechendes liegt fiir die Einstellung von Qleichgewicht (2a) vor, da S,O,” jeden- falls mehr Ranm als SO,“ beansprucht.

b) D e r Z e r f a l l des Ka l iumpyrosu l f i t s b e i 220° und im S t rome von Schwefeldioxyd.

Wenn nur die weitgehende Entfernung des Schwefeldioxyds durch den Stickstoffstrom die Dissoziation des Pyrosulfits in Sulfit und Schweldioxyd starker hervortreten lafit, so war zu erwarten, dal3, wenn der Strom des Stickstoffs durch einen solchen von Schwefeldioxyd ersetzt wird, die Entstehung des Sulfits weitgehend hintangehalten oder ganz unterdruckt werden kann. D a m muate das Pyrosulfit ganz der Umsetzung in Sulfat, Thiosulfat und Schwefel- dioxyd anheimfallen. Um dies xu prufen, wurden die Versuche der Tab. 1 in einem langsamen, aus fliissigem Schwefeldioxyd entwickelten Strome dieses Gases wiederholt. Dabei zeigte sich, daB die Er- wartung insofern erfiillt war, als die Entstehung des neutralen Sul- fits ganz unterblieb. Dagegen trat jetzt neben den Produkten der ersten Umsetzung im Verlaufe der Umsetzung freier Schwefel auf. Von ihm konnte nur der im Ruckstand verbleibende Anteil be- stimmt werden, da das aus dem Salz entweichende Schwefel- dioxyd neben den weit tiberwiegenden durchgeleiteten Mengen dieses Gases nicht ermittelt werden konnte. Die Zusammensetzung des Salzriickstandes im Verlaufe der Zersetzung und dessen dern ab-

2. p@. ohem. 1% (1926), 111.

288 l? Ebwstw m d G. Hmpeoht .

gegebenen SO, und dem verfliichtigten freien S entsprechende Ge- wichtsabnahme sind in der Tab. 2 angegeben.

Tabelle 2.

I freier s Versnchs- Thiosulfat-S im

Riickst. dauer

- __

Ver- such Nr.

als SO, u. s verfliicht.

S

- - 9

10 11 12

in Stdn. -___

1 2 3 6

in O/,, vom angewsndten Pyrosulfit-S

25,7 30,s 34,4 43,7

23,3 25,6 25,4 22,5 34,s 610 10,s 44,7 071 975

196 48,8

Diese Versuche zeigen, daB im Anfange die Zersetzung des Pyrosulfits annlhernd so verliiuft wie im Stickstoffstrome, da6 aber dann der ersten Umsetzung eine weitere folgt, durch die das bei jener gebildete Thiosulfat zerstiirt und in Sulfat und freien Schwefel verwandelt wird.

Ein tieferer Einblick in diese Reaktion konnte erst gewonnen werden, wenn auch die bei ihr auftretenden Mengen an Schwefel- dioxyd und freiem Schwefel bestimmt wurden. Das ist miiglich, wenn man von der Zuleitung von Schwefeldioxyd absieht und dessen Wirkung durch das bei der Reaktion selbst entstehende Schwefel- dioxyd ausiiben lafit, dieses also wahrend der Reaktion nicht aus der Apparatur entfernt.

Zu diesem Zwecke wurde bei den folgenden Versuchen das $chiffchen mit dem Pyrosulfit in den elektrischen Ofen in einem Glasrohr eingebracht, dm einerseits durch einen sehr gut schliden- den Hahn mit einer Wasserstrahlpumpe, andererseits mit einem Quecksilbermanometer verbunden werden konnte. Nachdem das Rohr rnit Stickstoff gefullt war, wurde dieser mittela der Wasser- strahlpumpe bis auf einen Druck von 17 mm Quecksilber wieder entfernt, der Hahn geschlossen und mit dem Erhitzen begonnen. Nachdem die Temperatur 220° erreicht hatte, zeigte das Manometer, dessen zeitlicher Gang durch die Kurvenzeichnung Fig. 2 wieder- gegeben wird, daB der Druck im Apparat sehr rasch bis auf fast eine Atmosphiire Uberdruck stieg. Dann aber begann er, erst schneller, d a m langsamer, wieder zu sinken, ohne daS aber der Uberdruck im Apparat verschwand. Daraus ergibt sich, daS im spateren Teile des Versuches, in welchem das Thiosulfat verschwindet, ein Teil des zunticbst entstandenen Schwefeldioxyds wieder verbraucht wird, das

Verhalten d w Pyrosulfits in der I%txe. 289

also der obergang von Thiosulfat in Sulfat und Schwefel auf einer Wechselwirkung des Thiosulfats mit Schwefeldioxyd beruht.

Um die 8chlieBlich verbleibenden Mengen der Reaktionsprodukte zu bestimmen, wurde nach Beendigung des Versuchs

+700

und Erkalten

- Zeit in Minuten --+ Fig. 2.

der Apparatur das noch unter Uberdruck stehende Schwefeldioxyd in eine Vorlage mit Kaliumcarbonatlosung treten gelassen und der Rest d i e m Gases durch Stickstoff ebenfalls in diese ilbergespiilt. Aas dem Gewichtsverluste des Schiffchens und der aufgefangenen SO,-Menge ergab sich die Menge des verfluchtigten Schwefels. Die hierbei und bei der Analyse des Schiffcheninhalts gefundenen Werte sind in Tab. 3 angegeben.

290 F. Foerstw und 6. Rarnpved&.

Tabelle 3. Zeraebuw von K,S,O, bei 220-225O irn geschlossenen, anfangs stark

= Ves- such Nr.

~ ~ _ _ __ 13 14

- ~~

evakuierten GefaSe.

_I.__-- -

18,7 5,1 45,5 - 2 23,3 811 3 I 2312 I 1,l I 49,3 I - I 19,9 j 4,5

Die Tab. 3 bestatigt die Ergebnisse der Tab. 2 , nur ist unter dem Uberdrucke des SO, und bei der ein wenig hoheren Tempe- ratur die Zersetzung des Thiosulfats schneller vor sich gegangen, und da kein Gasstrom die Verfluchtigung des freien Schwefels be- farderte, sind groBere Anteile von ihm im Ruckstande geblieben.

Man erkennt auch, daB die Ergebnisse der Versuche 13 und 14, verglichen zumal mit Versuch 7, die Beobachtung von BERTHELOT l)

bestatigen, nach der der Verlauf der Zersetzung des Pyrosulfits in seinem ganzen Geprage j e nach dem Partialdrucke des SO, ein ganz verschiedenartiger sein kann.

W d e bei Versuch 13 und 14 alles Pyrosulfit nach Vorgang (1) zerfallen, so hatten j e 33,3O/,, an Sulfat-, Thiosulfat- und SO,. Schwefel entstehen mussen. Bei Versuch 14 sind 16*/, mehr an Sulfatschwefel entstanden, wiihrend 32 an Thiosulfatschwefel und loo/, an SO,-Schweftrl verschwanden, dafiir aber 25*/, an freiem Schwefel entstanden sind. Zieht man in Betracht, da8 die ver- schwundene SO,-Menge leicht etwas zu hoch gefunden werden konnte, so ergibt sich, da6 die Wechselwirkung zwischen Thiosulfwt und Schwefeldioxyd im Sime der Gleichung :

(3) verlaufen ist.

Dieses Ergebnis fand seine Bestatigung durch einen Ver- such 14a, bei dem gut entwiissertes Natriumthiosulfat im Strome von Schwefeldioxyd 3 Stunden auf 213-218O erhitzt wurde.

Von 100 Teilen des angewandten Thiosulfatschwefels waren uoch 44,4 Teile uuverilndert, und 26,9 Teile Sulfatschwefel waren entstanden, wahrend 14,O Teile freier Schwefel im Riickstande ver- blieben. Es war also sehr nahe die Hhlfte des verschwundenen Thiodfatschwefels in Sulfatschwefel ubergegangen.

2KzS,0, -+ SO, -+ 2KzS0, + 3s

1) 1. c.

Verhalten der Pyrosdjite in der Eitxe. 29 1

I m geschlossenen GefaBe verlauft also die Zersetzung des Kaliumpyrosulfits in der Weise, da8 zunlchst die anfangs sehr schnell vor sich gehende Umsetzuog:

3K,S,O, --f 2K,SO, + K,S,O, + 2S0, (1) in erheblichem Umfange sich abspielt, und dal3 dam, wahrend sie sich allmahlich verlangsamt, die ihrerseits tragere Folgereaktion:

2K,S,O, + SO, -+ 2K2S0, + 35 (3) einsetzt und mit der Zeit alles anfangs entstandene Thiosulfat wieder vernichtet und zugleich 'I4 des zuerst entstandenen Schwefeldioxyds zum Wiederverschwinden briugt. Das Endergebnis der Zersetzung des Pyrosulfits unter diesen Bedingungen ist danach durch die Gleiohung :

zusammenzufassen. Hiernach muBten 50°10 vom angewandten Pyro- sulfitschwefel in Sulfat, und je 25O/, in Schwefeldioxyd und in freien Schwefel iibergehen. In der Tat €anden sich am Schlusse der Ver- suchc 12 und 14, bei denen fast alles Thiosulfat verschwunden war, nahe 50°/, vom angewandten Pyrosulfitschwefel als Sulfat, und auch fiir die beiden anderen Reaktionsprodukte bestiitigt Versuch 14 die Gleichung (4) so weit, als es die Genauigkeit, die erreicht werden konnte, zuYa@t.

Das durch die Umsetzung (1) entwickelte Schwefeldioxyd spielt also fur den weiteren Verlttuf der Reaktionen zwei Rollen: es ver- hindert die Entstehung neutralen Sulfite und bewirkt die nachtriig- liche Zerstorung des Thiosulfats unter Bildung freien Schwefels. Wird es durch einen Strom von Stickstoff fortgefiihrt, so entsteht Sulfit und bleibt das Thiosulfat erhalten, und der freie Schwefel fehlt unter den Reaktionsprodukten.

Wenn aber bei langsam stromendem Stickstoff das SO, vor- ubergehend sich so weit anreichert, da8 Yorgang (3) nicht ganz verhindert wird, so kann auch etwas Schwefel entstehen, und der Sulfatschwefel den Thiosulfatschwefel an Menge ein wenig uber- treffen. Beides war bei den Versuchen der Tab. 1 in freilich ganz geringfilgigem MaBe der Fall.

Die Gleichung (4) ist die von BERTHELOT fiir den Zerfall des Kaliumpyrosulfits bei dunkler Rotglut ermittelte. Unsere Versuche lehren, da6 fur diesen Zerfall dunkle Rotglut nicht erforderlich ist, und daB der im Sinne von (4) vor sich gehende Zerfall nur auf dem Zusammenwirken eines prjmaren und eines sekundiiren Voganges

2KzS,0, -+ 2K2S0, f SO, + S (4)

292

beruht. Da bei GEUTHER’S Versuchen der letztere noch nicht erheb- lich wirksam war, fand er Thiosulfat als Zersetzungsprodukt; so e r k l i t sich der Widerspruch in den Angaben beider Forscher, die Beide, jeder fur seine Arbeitsbedingungen, Recht haben.

Die hier bei 220 beobachteten Umsetzungen der trockenen Pyrosulfite stehen zu denen der Bisulfite in der wagrigen Losung in bemerkenswerter Beziehung. Das Endergebnis der Selbstzerset- zung einer waI3rigen Bisulfitlosung:

3 HS0,‘-+ 2 SO,” + S + H + H,O (a) ist im Grunde das gleiche, wie das durch die Bleichung (4) aus- gedriickte 2S20,”-+ 2so; f s + so,, (4) wenn man erwagt, da8 das nach (a) freiwerdende H nach

HSO,’ + H t;l H,SO, 7 1 SO, + H,O (b) freies Schwefeldioxyd den Endprodukten zufugen miiBte, wenn solches nicht im Wasser mit HSO,’ im Cileichgewicht sfande, und dadurch nach (a) weiter zerfiele.

Die Gleichung (a) stellt aber, wie fruher dargetan l), keine un- mittelbare Umsetzung dar, sondern diese fiihrt auch in der waBrigen Lasung iiber Thiosulfat zu den Endprodukten:

F. Fowstey und G. Ramprocht.

2HSO,’---t- SO,” + SO,” + 2 H 2S0,“ + 2 H --f S,O,” + H20

4HSO,’---+ 250,” + S,O,”+ 2 H + H F (4 eine Umsetzung, die - wieder in Beriicksichtigung des Unterschiedes im chemischen Verhalten des trockenen und dea mit Wasser in Be- riihrung befindlichen Schwefeldioxyds - mit (b) vereinigt, in voller Analogie zur Umsetzung (1)

erscheint. In der wiiSrigen Liisung gibt S,O,” mit HSO,‘ sehr leicht Trithionat, und dieses wird durch Wasser langsamer zu Sulfat und Thiosulfat verseift, so dal3 jetzt das Trithionat als das haupt- sachlich nachweisbare Zwischenprodukt anftritt und Thiosulfat nur in geringer Konzentration ubrigbleibt.

Es erschien von Interesse, auch fur den Zerfall des PyrosuEts nach etwa auftretenden, weiteren Zmischenprodukten zu suchen. Unter den Umsetzungsprodukten bei 220 O waren solche nicht nach- weisbar; es war aber zu erwarten, daB, wenn sie auftraten, sie bei niederer Temperatur uber eine gewisse Zeit bestehen bleiben wiirden. Deshalb wurde die Zersetzung des Pyrosulfits bei mijglichst niederer Temperatur verfolgt.

3 S,@,” -+ 2 SO,” + S,O,” + 2 so, (1)

I) 2. morg. u. allg. Chm. 128 (1923), 268, 300.

c) D e r Zer fa l l d e s K a l i u m p y r o s u l f i t s be i 150° und bei 180° im S t i c k s t o f f s tr om 8.

Wenig iiber 1000 ist Kaliumpyrosulfit noch recht bestandig. Selbst bei 160 Stunden fortgesetzter Erhitzung auf 105-1 12 O fiihrte der Stickstoffstrom nur eine Spur von Schwefeldioxyd mit sich fort, und im erkalteten Salz fanden sich auf 100 Teile angewandten Pyro- sulfitschwefels 2 Teile Thiosulfat- und 1,4 Teile Sulfatschwefel.

2H,O auf sein Verhalten bei hoherer Temperatur untersucht. Es halt sein Kristallwasser recht fest und gibt erst bei mehrstundigem Erhitzen auf 90" etwa 90°/, von diesem ab. Um auch die letzten Anteile zu vertreiben, muB man es iiber loOD erhitzen. Dabei be- ginnt aber schon die Zersetzung des Pyrosulfits selbst, ohne indes merklich anders zu verlaufen ale die des von vornherein wasser- freien Salzes.

Bei 150 O fand BERTHELOT das wasserfreie Pyrosulfit unverander- lich. Das mag bei kurzer Erhitzung der Fall sein. Aber schon nach einer Stunde ist eine Zersetzung von ahnlichem Umfange wie bei 105-112* nach 160 Stunden zu bemerken, und nacb 4 Stunden ist schon etwa 'I4 des Pyrosulfits zersetzt, und zugleich haben die Pyrosulfitkristalle auf ihrer Oberflache einen schwefelgelben Anflug erhalten. Wendet man feingepulvertes Salz an, so zeigt dieses nach mehrstiindigem Erhitzen eine schwach gelbliche Farbung, die bei weiter fortgesetzter Erhitzung wieder verschwindet. Zugleich ent- weichen zunehmende Mengen von Schwefeldioxyd, und im Schiffchen- inhalt finden sich die schon bei der haheren Temperatur beob- achteten Zersetzungsprodukte Thiosulfat und Sulfat, aber kein SuEt , dafur aber tritt freier Schwefel in reichlicher Menge auf. Von diesem aber riihrt die Gelbfarbung nicht her, denn einerseits tritt sie schon deatlich auf, bevor mehr als Spuren von freiem Schwefel entstanden sind, andererseits sind von diesem die gr66ten Mengen vorhanden, wenn der Schiffcbeninhalt wieder farblos geworden ist ; auch bleibt der freie Schwefel beim Losen des Salzes stets als weiBliches Pulver zuriick.

Bei der quantitativen Untersuchung des zersetzten Salzes zeigte sich nun, daS die gefundenen Mengen von noch vorhandenem Pyro- sulfitschwefel nnd von entstandenem Sulfat-, Thiosulfatschwefel und freiem Schwefel und von entwichenem SO,-Schwefel erheblich, bis zu 25 hinter der angewandten Menge von Pyrosulfitschwefel zuruckblieben, und daB die Hohe des Fehlbetrags bei den am deut-

Im Zusammenhang hiermit wurde auch das Hydrat 3K2S2O,

294

lichsten gelb gefarbten Ruckstanden am gr;rSBten war. Die nahere Untersuchung lehrte, da6 diese Fehlbetriige im duftreten von Poly- thionatschwefel ihre Ursache hatten, und dafi von den Polythionaten Trithionat vorlag. Denn nach der ZerstSrung des Pyrosulfits und Thiosulfats durch Schwefelsiiurel), und nach Neutralisieren der Losung trat beim Erwarmen mit Kupfersulfat sofort eine starke Abscheidung von Kupfersulfid auf. Da andererseits die waBrige Lijsung des Salz- rilckstands nach einstiindigem Kochen mit Sodalosung stets einen Zuwachs an Thiosulfat zeigte, der 213 des Polythionatschwefels ent- sprach, aber in ihrem Sulfitgehalt keine h d e r u n g erfuhr, wie es im Sinne der Gleichung

nur fur Trithionat der Fall i s t 3 darf der gefundene Polythionat- schwefel seinem vollen Betrage nach als Trithionatschwefel an- gesehen worden. Das Trithionat ist freilich nicht gelb gefiirbt und wird auch bei laingerem Erhitzen auf 150° nicht gelb. Die gelb- liche Farbe des Salzriickstands wie der gelbe Anflug auf etwas gr6Seren Kristallen verschwinden aber sofort beim LSsen in Wasser. Das Ergebnis unserer Bestimmungen des vorliegenclen Polythionat- schwefels kann also dahin zusammengefdt werden, daB die bei 150 O auftretenden Zersetzungsprodukte des Pyrosulfits neben Thio- sulfat , Sulkt, Schwefel und Pyrosulfit noch Trithionat enthalten bzw. eine Verbindung, die beim LSsen in Wasser sofort in Trithionat iibergeht. Auf die Natur der gelben Verbindung wird spkter noch zuriickzukommen sein.

Im einzelnen sind die bei 150° gewonnenen Ergebnisse in Tab. 4 zusammengestellt und durch Kurvenzeichnung Fig. 3 veran- achaulicht.

Diese Versuche zeigen, wie trlge bei etwa 150° das Pyrosnlfit zorfallt; selbst nach 24 Stunden ist die Zersetzung noch nicbt voll- endet. Ihrem Verlaufe nach ist sie nicht nur nach der Art der entstehenden Zersetzungsprodukte von der bei 220 O im Stickstoff-

El E”OeTSt6r m d G. Humpec~~t .

S30[ + H,O -* so: -I- s,o,” + 2H’

I) Benutzt man an Stelle der Schwefelsiiure SalzsLure zur Zersetzung von Pyrosulfit und Thiosulfat, so kann die Kupferreaktion des Trithionats stark be- hindert werdeu, ja ganz ausbleiben. Dies riihrt von den C1’ her uud der Neigung des Cu“, mit ihnen das griine, komplexe Anion CuClc zu bilden. Z. B. erhglt man in einer Losung von 0,16 g K,S,O, und 0,4? g NaCl in 15-20 cms Wasser beim Koehen mit 1 g Kupfervitriol nach 2 Miuuten nur eine ganz unbedeutende Trubung von CuS, wiihrend in Abweeenheit von Cl’ in der gleichen Zeit reich- lich CuS abgeschieden wird.

%) Vgl. F. RASCHIO, Schwefel- und Stickstoffstudien S. 206.

Zerse t zui

_ _ _ _ _ _ . - 8,B 13,4 Spur

___ - 153-155 1,4 1 3 , ~

153--157 36,4 132 4 2

153-157 9,s 10,4 22,3 25,3 1,0 153-157

Kl;: 1 it$ 1 31,9 11,G 2,7

?!=!!??

Ver- such

Nr.

15 16 17 1s

. _ _ 7%,2 31,8 14,8 736

- - Ver-

dauer in Std.

4 8 16 24

40

36

32

suchs-

~-

28

t 24 %S20

I '6 12

a +

0 4 8 12 16 20 24

Fig. 3.

strome sich vollziehenden Urnwandlung wesentlich verschiedee, sondern auch nach den Mengenverh'iltnissen der Stoffe, die bei beiden Tempe- rnturen sich bilden. In den ersten 8 Stunden herrscht unter den neuentstandenen Schwefelverbindungen das Trithionat vor; aber im weiteren Verlaufe der Reaktion verschwindet es wieder fast voll- stindig, alle ubrigen Zersetzungsprodukte nehmen dauernd zu. Wahrend aber von diesen bei 220 0 Sulfat- und Thiosulfatschwefel im gleichen MaBe sich bilden, iiberwiegt hier stets sehr stark der Sulfatschwefel, und zwar auch gegeniiber dem als SO, abgegebenen Schwefel. Daneben tritt, und zwar etwa von der Zeit ab, in der das Trithionat zuriickzugehen beginnt, in verhiltnismM3ig kleiner Menge freier Schwefel auf. Seine Menge ist hier sehr nahe gleich

&it in Stunderj - -- -.

298 El Fwster ulad G. Hmnprecht.

derjenigen, die im Schiffchenriickstand verblieb, da der Gewichts- verlust des Schiffchens fast mit dem Gewicht des aufgefangenen Schwefeldioxyds in nbereinstimmung gefunden wurde.

Angesichts des auffallenden Unterschieds im Verlaufe der Zer- setznng des Pyrosulfits bei 150° und bei 220° war es notwendig, die Erscheinungen noch bei einer zwischen beiden liegenden Tempe- ratur zu untersuchen. Fur diese wurde 180° gewahlt. Qualitativ waren die Ergebnisse denen bei 150° illhnlich, insofern auch hier Trithionat und freier Schwefel neben Schwefeldioxyd, Sulfst und Thiosulfat auftreten. Nur zeigte sich hier niemals eine Gelbfarbung des Salzriickstandes. Die Ergebnisse der quantitativen Untersuchung sind in Tab. 5 zusammengestellt nnd in Kurvenzeichnung Fig. 4 ver- anschaulicht.

Tabelle 5. Zersetzung des Ealiumpyrosulfits bei etwa 180° im Stickstoffstrome.

1 2 i 8

I 16

Nr. ~ - -_

19 20 21 22 83

180-184 153-187 180-185 180-190

12,9 14,8 23,s 27,9 32,l

in o/o vom angewandten Pyrosulfat-S

12,8 15,9 22,4 26,2 26,6

__ . - _ _ _ _ _ _ _ ~ 19,0 10,l 0,7 42,7 1 - 19,7 12,O 0,s 36,7 - 24,l 8,s 1,8 21,l

35,6 - 3,O 1 - Die Erscheinungen bei 180° ordnen sich gut zwischen die bei

150° und 220° ein; denn die Zersetzung ist hier nach 16 Stnnden vollendet, der Hijchstwert des Trithionats ist weit kleiner als bei 150° und wird entsprechend friihzeitiger erreicht, die Menge des freien Schwefels im Ruckstande, die wieder sehr nahe als dessen Gesamtmenge gelten darf, ist nur etwa die Halfte von der bei 150° auftretenden, und die Mengen des freiwerdenden Schwefeldioxyd- schwefels und des Thiosulfatschwefels nahern sich einander und der des Sulfatschwefels mehr, wenn auch letzterer im Endergebnis noch uberwiegt.

Der hiernach recht verwickelte Verlauf des Zerfalls des Pyro- sulfits fuhrt also zunachst zu Trithionat und Sulfat. Die Menge des ersteren nimmt zunillchst ziemlich rasch zu; nachdem sie sber einen bestimmten Hochstbetrag erreicht hat, fallt sie auffallend schnell wieder, indem das Trithionat Zersetznng erleidet, durch die es noch vor dem Verbrrtuche des letzten Pyrosulfits wieder ganz

Verhaltm dw Pyrosulfibe in h r H&e. 297

verschwindet. J e hoher die Temperatur liegt, urn so fruher tntt naoh dem Ergebnis der Versuohe der Wiederzerfall des Trithionats ein, so daS bei den friiheren Versuchen bei 220° auch im ersten Teile der Zersetzung kein Trithionat mehr nachweisbar war. Da gegen Ende der Zersetzung die Menge des freien Schwefels um 80

gro8er ist, j e mehr Trithionat in ihrem ersten Stadium entstanden war, und da er unter den Zersetzungsprodukten aufzutreten beginnt,

36

32

28

24

20

%s 16

12

8

4

0

- M I in Stunden - Fig. 4.

wenn der Trithionatzerfrtll stlirker einsetzt, so htingt sein Auftreten mit dem des Trithionats zusammen. Zugleich ist bemerkenswert, daB auch das Sulfat urn so starker unter den Reaktionsprodukten vorwiegt, j e groBer im Anfrrnge der Zersetzung die Trithionatbil- dung war.

Ein naheres Eingehen auf diese Zusammenhange ist ohne genauere Kenntnis des Verha l t ens d e s T r i t h i o n a t s i n d e r H i t ze nicht moglich. I m Schrifttum findet sicb die von

2. anorg. u. allg. Chem. Ed. 168. 20

298 J'. Poerster und G. Bmprecht.

A. LANGLOIS I), dem Entdecker des Trithionats, herruhrende und durch quantitative Untersuchung gestiitzte Angabe, daB bei Rotglut das Kaliuintrithionat glatt im Sinne der Gleichung

K,9,0, -+ K,SO, + SO, + S (5) zerfallt. Fur unsere UntersuchuDg kam es darauf an, den zeit- lichen Verlauf der Trithionatzersetzung bei verschiedenen Tempe- raturen zu verfolgen, urn zit ermitteln, in welcher Weise die bei 150° und 180° bei der Zersetzung des Pyrosulfits schliel3lich auf- tretenden Produkte von dem Zerfall des anfangs entstandenen Trithionats herruhren.

Das far die Versuche benotigte Kaliumtrithionat wurde durch Einleiten von Schwefeldioxyd in starke Kaliumthiosulfatlosung her- gestellt und durch dreimaliges Umkristallisieren aus 35 * warmem Wasser gereinigt. Die Analyse ergab

Gef. Ber. W r K,S,O, K 28,79 28,60°/0 28,92 'I,, s 35,35 35,52 35,57

Das Salz war frei von Sulfat und von Jo3 verbrawhenden Stoffen. Proben dieses Salzes wurden in der gleichen Weise wie die

des Pyrosulfits im Stickstoffsirome erhitzt, und die Beaktionsprodukte nach den oben beschriebenen Verfahren bestimmt. Dabei trat eine Nebenerscheinung auf, die, so gering sie an Umfang war, doch zu- n&chst, ehe sie ihrer Nat8ur nach erkannt war, recht stijrend wirkte, cla sie bei der Sulfatbcstimmung nach dem Benzidinverfahren das Absetzen des Benzidinsulfats sehr verzogerte und Teile dieses Salzes leicht durch das Filter geheu lie8. Es entstanden niimlich kleine Xengen von SO,, die teils mit dum SO, entweichen, teils von dem schon entstandenen Sulfat als Pyrosulfat gebunden wurden. Urn erstere Anteile zu bestimmen, wurden die aus dem Ofen austreten- den Gase ohne weiteres in die Absorptionsvorlage geleitet. Nit Rucksicht nuf den mitverdampfenden Schwefel durfte dies unbedenk- lich geschehen, da dieser sich fast vollstandig an den kalteren Teilen des Reaktionsrohres niederschlagt, und die geringen, noch bis in die Vorlage gelangenden Schwefelmengen leicht abfiltriert werden konnten. Hierbei, wie uberhaupt im ganzen Verlauf dieser Ver- suche, war der Luftsauerstoff vom Inhalt der Vorlage auf das sorg- faltigste fernzuhalten. Zu seiner Analyse wurde zunachst mit Jod der aufgenommene Sulfitschwefel und dann in der so oxydierten

') Lieb. Atam 40 (1841), 108.

VeVerhaEtelz der Pyroseclfite in der Hitse. 299

Liisung nach dem Benzidinverfahren der Sulfatschmefel bestimmt ; seine Menge war stets etwas grofier als die des Sulfitschwefels, der Unterschied entsprach dem ubergangenen SO,.

Durch seinen Gehalt an Pyrosulfat gab der Salzriickstand im Schiffchen mit Wasser eine sauer reagierende Losung. Stellt man sich aus festem Pyrosulfat eine cerdiinnte w9Brige Losung her, so beobachtet man bei ihrer Neutralisation mit Alkalilauge und rnit PhenolphthaleYn als Indicator, da8, nachdem die Rotung eingetreten ist, sie immer schnell wieder verschwindet, bis sie schlieBlich uber einige Minuten bestehen bleibt. Jetzt erst ist das Pyrosulfat neu- tralisiert. Diese Erucheinung hat ihre Ursache darin, daS die Hydrolyse deu Pyrosulfats S,O,” + H,O -F aHSO,” nicht momentan verliiinft. Wird nun eine Losung, die noch unzersetztes Pyrosulfat enthiilt, mit Benzidinchlorhydrnt versetzt, so fallen die letzten Teile des Benzidinsulfats Iangsam und in schwer filtrierbarer Form aus. Hat man a.ber die Liisnng in der Weise zuvor neutralisiert, da3 die Botfiirbung von Phenolpbthslern eine Minute bestehen bleibt, so ist diese Stiirung verschwunden. Die Gegenwart v’on Trithionat stort bei derartiges Durchfiihrung der Neutralisierung iibrigens nicht, da es fur eine verdiinnte Losung dieses Salzes mehrere Minuten dauert, bis ein kleiner AlkaliuberschuB durch Verseifung des Trithionats wieder verschwindet.

Da bci vielen dieser Versuche die Lage cfer Temperatur be- trachtliches Verdampfen von freiem Schwefel zur Folge hatte, wurde seine Menge aus der im Riickstande sich findenden und aus der um die aufgefangenen (SO, + SO,). Mengen verminderten Gewichts- abnahme des Schiffcheninhalts bestimmt. Die erwahnten Neben- erscheinungen wurden freilich erst im Laufe der Untersuchung erkannt; die Versuche, bei denen aie noch nicht beriicksichtigt wurden, sind in der folgenden Tab. 6 (S. 300) rnit * bezeichnet.

Diese Versuche zeigen, daB Kaliumtrithionat in der Tat bereits bei 150’ sich zu zersetzen beginnt, sein Zerfall bei dieser Tempe- ratur aber ao langssm vor sich geht, daB selbat nach 8 Stunden erst 7 des Tritliionats zerstort sind.

Auch bei 180-185O ist nach 6 Stunden nur wenig mehr als ‘1, des Trithionats verschwunden, wiihrend bei einer 20 O hiiheren Temperatur rler Zerfall nach 5 Stunden schon 9l0/, erreicht hat und bei 250’ in einer Stunde bereits vollstHndig ist. Vergleicht man diese Werte rnit der Geschwindigkeit, mit der bei der Zar- setzung des E’yrosulfits nach den vorangelienden Untersuchuugen bei

20”

300 El Foerster m d G. Hamprecht.

Tabelle 6. Zerseteung des Kaliumtrithionats bei verscbiedenen Temperaturen

- so,. s Freier 8

Ruck- fliichtig Ruck- fliichtig

___._____

YO,-s SOi’-S im Ver- such

Nr. .~ -

24* 25* 26* 27 28 29 30

, $ .d r E l b .2

__

Tempe- ratur

OC

150 150

150- 185 200

200 - 205 200-205

___ __-

250

stand 1 1 s:Id 1 2 -

150, und 180° das

Ver- suchs- dauer inStd.

1 8 6 1 3 5 1

____

Trithionat spater wieder zerfallt , so erscheinen diese auffallend gr5Ber als die, mit der anfangs reines Trithionat sich zersetzt ; denn von dem bei 150, nach 8 Stunden entstandenen Trithionat zersetzte sich in den nachsten 8 Stunden die Hiilfte, und der bei 180 O nach einer Stunde erreichte Htichstwert des Trithionats ging in den nachsten 7 Stunden um S O o / , herab.

Als Zersetzungsprodukte des Trithionats wurden bei allen Temperatnren nur diejenigen gefunden, welche schon LANOLOIS fest- stellte : Sulfat, Schwefel und Schwefeldioxyd. Als Nebenprodukt tritt nur in ganz untergeordnetem Ma6e Schwefeltrioxyd auf. &Ian darf annehmen, da3 hier aus Grunden, die nicht ermittelt merden konnten, ein bleiner Teil des Schwefeldioxyds sich nach

350, -+ 2S0, + S

zersetzt. Rechnet man demgemaI3 3/2 vom gesamten gefundenen SO,-Schwefel dem SO,-Schwefel zu und von jenem vom freien Schwefel ab, so ergibt sich, da6 die Zersetzung des Trithionats recht genau, also ausschliefilich, nach

(5 ) vor sich geht, d. h. in der Weise, dab sich der Trithionatschwefel zu je 1/3 auf jedes seiner Zersetzungsprodukte verteilt. Vor allem wichtig ist es, da6 unter den Zersetzuogsprodukten niemals auch nur eine Spur von Thiosulfat sich bemerkbar machte. Wenn in waBriger LBsung das Thiosulfat neben dem Sulfat das alleinige primare Zersetzungsprodukt des Trithionats ist, so beruht dies, wie wir wissen, nur aiif der hydrolytischen Wirkung des Wassers.

K2S30, -+ K,SO, + SO, + S

??&-haltem der Pyrosulfite in der Hitxs. 30 1

Am Verhalten des Trithionats in der Hitze, sowohl am zeit- lichen Verlauf seines Zerfalls, als auch an der Art und Menge seiner Zerfallsproduktc, iindert sich nichts, wenn man die Zersetzung statt im Strome von Stickstoff im Strome von Schwefeldioxyd oder im geschlossenen Apparat in der vom Salze selbst erzeugten Schwefel- dioxydatmosphare vornimmt, oder wenn man 1 Mol Trithionat von vornherein auf das Innigste mit 1 Mol Sulfat oder mit 1 Mol Pyro- sulfit mischt. Da vor allem im letzteren Falle eine Moglichkeit ILU bestehen schien, fiir den Unterschied im Verhalten des reinen und des aus Pyrosulfit entstehenden Trithionats eine Deutung zu finden, da eine Umsetzung im Sinne der Gleichung K,S,O, + K,S,O, --f K,SO, + K,S,O, + 250, denkbar ist, seien die fur die Priifung dieser Moglichkeit ausgefuhrten Versuche nach ihren Ergebnissen in der Tab. 7 angegeben.

Tabelle 7. Zersetzung eines sehr innigen Gemischee von 1 Mol K,S,O, f 1 Mol KIS,O, (vom Gesamtschwefd COO,!, a18 Pyrosulfit-S und 60° / , als Trithionat-S)

im Stickstoffstrome.

I __ -

Nr. 1 OC 1 in Std. I-' in vom Gesamtsehwefel

31 32 1 iE: 1 ? 1 2:: 1 8,5 1

-- ~ - ~ _ _ _ _ _ _ - - - --

l ,8 --I 34,4 0,3 I 3:; I ?;$ 1 1 2 ;

Von diesen Verauchen ist Nr. 31 vergleichbar mit Versuch Nr. 15 und (zum Teil) mit Nr. 25, Nr. 32 rnit Versuch Nr. 1 und (zum Teil) mit Nr. 21 und 30. Bei 150° zeigte sich reines Trithionat nach 8 Stunden nur zu 7 O l O zerfallen, in 4 Stunden mug also ein noch kleinerer Teil zersetzt sein. Aus reinem Pyrosulfit waren dagegen in Versuch 15 nach 4 Stunden 13O/, seines Schwefels in Trithionat ubergegangen, wahrend noch 72 O l 0 des Pyrosulfits erhalten ge- blieben waren. Man hatte also bei Versuch 31 ein geringes An- wachsen des Trithionatschwefels erwarten sollen. Tatsachlich wurde ein kleiner Ruckgang von 5 O I 0 in seiner Menge gefunden, wBhrend vorn angewandten Pyrosulfitschwefel 86 unverzndert blieben ; die eingetretene Umsetzung war zu geringfugig, um sichere Schliisse zu erlanben, jedoch scheint eine gegenseitige Einwirkung beider Salze bei 150° nicht einzutreten. Bei 220° sind nach einer Stunde noch 29 o/o vom angemandten Trithionat-S iibrig. Das Pyrosulfit aber, das, wenn es allein unter diesen Bedingungen erhitzt wird, zu 69O/,

302 F. Foerstw m d G. Hamprecht.

zedallt, ist fast ganz verschwunden, und da die Menge freien Schwefels statt der dem Verbrauch an Trithionat entsprechenden von 14,Z0/, den Betrag von 18,2 O/,, aufweist, hat jetzt auch die Wechsel- wirkung zwischen Thiosulfat und Schwe feldioxyd stattgefunden, die sonst bei 220° im Stickstoffstrome ausbleibt, aber hier durch die von der Trithionatzersetzuag herriihrende Steigerung des Partial- druckes des SO, begiinstigt war. Wenn somit der Zerfall des Pyro- sulfits durch die Gegenwart des Trithionats hier begiinstigt ist, so lehren die Versuche doch, worauf es bei ihnen allein ankommt, dab die Zersetzung des Trithionats durch eine Wechselwirkung mit dem Pyrosulfit nicht gefardert w i d , auch wenn man zugibt, da6 ein noch so sorgfaltig hergestelltes Salzgemisch an Innigkeit der gegen- seitigen Beriihrung seiner Bestandteile hinter einem durch Zersetzung eines einheitlichen Salzes entstandenen Gemisches von molekularer Durchdringung weit zuriicksteht.

Wenn aber z. B. das Ausbleiben des Trithionats bei der Zer- setzung des Pyrosulfits 'bei 220° darauf beruhen sollte, daB es mit diesem in sehr schnelle Wechselwirkung tritt, so hatte doch bei uuseren Versuchen eine weitgehende Steigerung der Zersetzungs- geschwindigkeit des Trithionats gegeniiber der am reinen Salz nicht so weit ausbleiben diirfen, wie es der Fall ist.

Nach diesen Erfahrungen mu6 man es also als ausgeschlossen ansehen, daB das Trithionat ganz allgemein als Z w i s c h e n produkt beim Zerfall des Pyrosulfits auftritt, sondern darf jenes Salz nur als das Erzeugnis eines Ne benvorganges bei diesem Zerfall an- sprechen. Dieser Zerfall verlauft demnach bei der tiefsten Tempe- ratur, bei der er merkliche Geschwindigkeit besitzt, gleichzeitig nach zwei Richtungen : einerseits im Sinne von Gleichung (1)

andererseits unter Bildung von Trithionat. Fur diese ist es die einfachste Annahme, daB sie im Sinne der Gleichung

vor sich geht. Dem entspricht es, daB beim Auftreten von Tri- thionat die Sulfatmenge weit griiSer ist, als sie im Sinne von Glei- chung (1) nach dem entstandenen Thiosulfat sein sollte. Das Tri- thionat zerfallt dam, nachdem es sich bis au einem gewissen Grade angereichert hat, nach:

3K2S,0, -+ K,SO, + K2S,0, + 2SO,,

2 K2S,05 -+ K2S,0, + K2S0,

(1 1

(6)

I<,S,O, -* K,SO, + SO, + S. (51 Unter Zugrundelegung die~ler Gleichungen kann man nach den

Verhalten der Pyrosdfi te irC dm Hitxe. 303

Versuchsergebnissen z. €5. bei 150° (Tabelle 4) aus der Menge des entstandenen Thiosulfats den nach (1) zerfallenen Anteil des Pyrosul- fits ermitteln; da andererseits der yon letzterem verbliebene Anteil bekannt ist, so ergibt sich der von ihm naeh (6) umgesetzte Anteil und ftus dem gefundenen Trithionat bzw. dem freien Schwefel der Teil des Trithionats, der nach (5) weiter verwandelt ist. Danach kann man die Betrage der einzelnen Reaktionsprodukte bexechnen und mit den gefundenen vergleichen. I m folgenden ist der nach (1) umgesetzte Teil des Pyrosulfitschwefels mit A, der nach (6) insgesamt umgesetzte mit B und der von B nach (5) weiter zersetzte Teil mit C bezeichnet, uud zwar stets wieder in Hundertteilen dea an- gewandton Pyrosulfitschwefels. So gewinnt man den folgenden Ver- gleich :

Versuch 16 Versuch 17 A = 3 0 B=38, C=4 A=AO,B=QA, G = 1 5

~~-~ 1 -_--’ 1 ber. I gcf. I ber. I gef.

Versuch 18

ber. 1 gef. A = 6 0 , B - 3 3 , C ~ 3 3 ______-

Diese Gegeniiberstellung lehrt, dab, soweit es bei dem verwickel- ten Gange der Andysen m6glich ist, in der Tat im Sinne der vor- stehenden nberlegungen die bei 150° entstandenen Zersetzungs- produkte des Pyrosulfits st6chiometrisch durch das Zusammenwirlren dsr Vorgange (l), (6) und (5 ) zustande gekommen sind.

xhnliches gilt auch fur 180°, nur da6 hierbei Vorgang (6) friiher zuriick- und Vorgang (5) friiher hervortritt.

Besonderes Interesse bietet die Entstehung des Trithionats. Es ist sehr auffallend, da6, w&hrend der nach Vorgang (1) zerfallende Anteil A des Pyrosulfits mit der Reaktionsdauer fortschreitet, der zur Trithionatbildung dienende Gesamtteil R des Pyrosulfits im spiiteren Verlaufe der Zersetzung iiicht mehr ansteigt, eondern da8 das im ersten Teile des Zerfalls ziemlich rasch entstandene Tri- thionat, sobald sein eigener Zerfall begonnen hat, aufhiirt aus dem Pyrosulfit weiter zu entstehen, und von nun an nur noch zerfallt. Schon der scharf ausgepragte HSchstwert in den Kurven der Figuren 3 und 4 deutet auf diesen Sschverhalt hin. Als Grund dafur wurde vermutet, daB Vorgang (6) in einem der entstehenden

304 I? Foerster wnd G. Harnprecht.

Stoffe ein Hemmnis, einen negativen Kahlysator, findet. Das konnte nur der freie Schwefel sein. Deshalb wurde Pyrosulfit auf4 Teile seines Schwefelgehalts mit einem Teil reinstern, gefilltem Schwefel innigst gemischt, und diese Mischung 4 und 8 Stunden im Stickstoffstrome auf 150° erhitzt. Die Vermutung bestitigte sich aber nicht, denn die Trithionatbildung blieb jetzt keineswegs aus, ja erschien kaum beeintrachtigt gegeniiber der bei Anwendung von reinem Pyrosulfit gefundenen. Die Ursache dafur, da6 das Trithionat, nachdem sein Zerfall eingesetzt hat, zu entstehen aufhtirt, konnte somit durch die Versuche nicht gefunden werden.

d) Theore t i s che E r o r t e r u n g d e r vorangehenden Versuche. Da bei allen Zerfallsvorgangeu des Pyrosulfits und seiner Urn-

wandlungsprodukte Sulfat entsteht, ist die Neigung der das Anion S,O," bildenden Atome, die symmetrische Anordnung des SO," an- zunehmen, iiberall als die Triebkraft der Urnwandlungen anzusehen. In einfachster Weise kann S,O," dieser Triebkraft folgen, wenn es SO abspaltet. Diese hochst unbestiindige Verbindung mu6 aber als- bald zu weiteren Urnwandlungen AnlaB geben. Stellt man sich vor, daB sie zanachst von einem zweiten S,O," gebunden wurde, so entc stiinde ein Anion, das die Zusammensetzung des Trithionatanions hitte, dieses selbst aber noch nicht wiire, sondern nur die Miiglich- keit hltte, in das normale Trithionatanion iiberzugehen.

S,O," --f so," + so (6a) (6 b) so + S,O," --f (S,O, . . . SO)" -+ S,O,".

Diese Vorstellung wird dadurch nahegelegt, da6 auch bei der Selbst- zersetzung der w5Brigen Losungen des Bisulfits und der schwefligen Sauren mannigfache Erscheinungen auf da.s vorubergehende Auf- treten von SO hindenten.

Ein Auion (S,O, ... SO)" erinnert in seiner Natur an das An- ion (S,O, . . . SO,)", denn in beiden liegen koordinative Verbindungen der beiden Oxydationsstufen SO und SO, vor. (S,O, . ,.SO,)" ist gelb gefarbt.l) Es liegt nahe, a1s Ursache fur die mit dem Ent- stehen des Trithionats bei 150 O auftretende Gelbfarbung das An- ion (S,O, . . . SO)" zu vermuten. Da6 diese Clelbfarbung beim Auf- losen der Substanz in Wasser sofort verschwindet, zeigt, daJ3 es nicht etwa das Anion (S,O, ... SO,)" ist, das sie hervorruft, da dessen

l) 2. anorg. 26. allg. Chm. 166 (1926), 155, 1SSK

V'rhalten dw Pyrostdfite in dm Hitxe. 305

Gelbfarbung beim Lasen in Wasser beetehen bleibt. Gelangt aber (S,O, .. . SO)" in Wasser, so kann das zunachst vermutlich ein- tretende Gleichgewicht

nicht bestehen bleiben, da sofort die Vorgange: (S,O, . . . soy S,O," + so (6 c)

S,O," + H,O 2HS0,' (6 d) 2HS0,' + SO t- S,O," + H,O (6 e)

eintreten und alles (S,O, . . . SO)" zum Zerfall bringen miissen. Daher muB auch ein im festen Zersetzungsprodukte auftretendes Anion (S,O, , . . SO)", wenn jenes zum Zwecke der Analyse gelost werden mufite, als S,O," erscheinen. Man kann daher, streng genommen, nicht sagen, daB beim Pyrosulfitzerfall bei 150° wirklich das ge- wohnliche Trithionat entsteht ; in der gelben Verbindung liegt es sicher nicht vor. Welchen Teil der im festen Salzgemisch auf- tretenden S,-Anionen sie ausmacht, ist nicht zu beurteilen. Bei 180° ist die gelbe Verbindung, wie oben erwahnt, im festen Zer- setzungsprodukt nicht mehr zu erkennen. Abef auch hier zeigte sich die iiberraschende Tatsache, da8 das aus Pyrosulfit entstandene Trithionat weit schneller in Sulfat, Schwefel und Schwefeldioxyd zerallt als das aus wilSriger Losung hergestellte. Es ist denkbar,

daB zu der Atomanordnung (S,O, .. . SO)" and S<s08: noch eine

oder mehrere andere isomere auftrilten, die in Wasser ebenfalls die in diesem bestbdige Anordnung des normalen Trithionats annilhmen und im festen Salze schneller als jene in die stabileren Zersetzungs- produkte zerfielen. Ein Weg zur experimentellen Verfolgung dieser Vermutungen ist zunachst nicht zu sehen.

Fiir das bei Vorgang (Sa) vermutlich abgespaltene SO ist nun aber auBer Vorgang (6 b) noch die weitere Folgereaktion

denkbar , die zum Anhydrid der Thioschwefelshre fiihren wurde. Wenn dieses am dem Pyrosulfit das Anhydrid der schwefligen Sauren austriebe:

(7 a) so ware, da die Summe der Gleichungen (Sa), (7) und (7a) zu der G1eichung 3 K,S,O, -+ 2K,SO, + K,S,03 + 2 SO, fuhrt, Vorgang (1) auf den gleichen Qrundvorgang wie Vorgang (6), den der Bildung des Trithionats oder eines Isomeren von ihm, zuriick-

so3

2 so --f s,o, (7)

E2S205 + S,O, --f K,S,O, + 2 SO,,

306 F. Foerstev und G'. Hnapecht .

gefiihrt. Irgendein Stoff, welcher die Polymerisation von SO zu S,O, so beschleunigte, daB SO den Vorgang (6b) nicht mehr merk- lich durchfuhren konnte, bildete dann fur diesen Vorgang das Hemmnis, das, wie wir sahen, auftreten muf3, sobald der freiwillige Zerfall des aus Pyrosulfit entstandenen Trithionats eingesetzt hat.

Da rnit steigender Temperatur dieser Zerfall schon nach Bildung immer kleinerer Mengen von Trithionat merklichen Umfang annimmt, so versteht man, daB bei 180 O die Trithionatbildung gegenuber 150* stark zuriicktritt, und da8 sie bei 220° unmerklich geworden ist. Es mu6te also mit steigender Temperatur, gegebenenfab unter Be- forderung durch einen Katalysator, die Polymerisation von SO zu S,O, begunstigt werden, was wohl als moglich angesehen werden kann.

Entstehung und Zerfall von Trithionat fiihren im Endergebnis :

(6) (51

2K2Sz05 -+ KzS306 + K,SO, R2S,06 -+ K,SOI + SO, + S

2$S205 -* 2K,S04 + SO, + S (4) zu der gleichen Biuttogleichung, zu der man auch, wie oben dar- getan, fur die Wechselwirkung von Thiosulfat und Schwefeldioxyd unter den nach Vorgang (1) entstehenden Umsetzungsprodukten ge- langt. Das kann -nicht uberraschen, da in beiden Fallen die Umsetzung zwischen den Oxydationsstufen SO und SO, den Vorgang vermittelt, der sich offenbar unmittelbar nicht abspielen kann, sondern nnterhalb von 220° das Trithionat oder ein Isomeres von ihm, bei 220° aber das Thiosulfat als Vermittler braucht. Indem jenes mit von 150° an steigender Temperatur immer mehr in seiner Ent- stehung gehemmt wird, tritt der freie Schwefel unter den Zer- setzungsprodukten des Pyrosulfits rnit steigender Temperatur zuruck, um bei 220° unter den Versuchsbedingungen, unter denen er bei 150° und 180° entstand, praktisch zu verschwinden und hier nur dann wieder aufzutreten, wenn die Versuchsbedingungen dahin ge- andert wurden, da8 das Schwefeldioxyd iibcr den Zersetzungs- produkten des Pyrosulfits auf hoheren Partialdruck gelangen konnte.

Es war zu erwarten , daB bei weiter gesteigerter Temperatur der Vorgang

(3) 2K,S,O, + SO, --f 2K,SO, + 3s

auch bei kleinerem SO,-Druck xu grijberer Geschwindigkeit gelangen wiirde, daB also auch bei der Durchfuhrung der Pyrosulfitzersetzung im Stickstoffstrome mit fortgesetzt steigender Temperatur fieier

Verhalten dey Pposulfite in der Hitze. 307

Schwefel in zunehmendem MaBe unter den Reaktionsprodukten wieder auftreten wurde, nachdem sein Anteil an diesen bei 220° durch einen sehr nahe bei Null gelegenen Mindestwert gegangen war.

Vor allem unter diesem Gesichtspunkte wurden die folgenden Versuche unternommen, bei denen die Zersetzung des Pyrosulfits bei Temperaturen uber 220 O im Stickstoffstrome untersucht wurde.

e) Die Ze r se t zung des Ka l iumpyrosu l f i t s bei T e m p e r a t u r e n u b e r 220O.

Ton den bei 220° entstehenden Zersetzungsprodukten des Kaliumpyrosulfits konnen, wie oben erortert, Thiosulfat und Schwefel- dioxyd unter Umstanden schon bei 220 O unter gegenseitiger Wechsel- wirkung wieder verschwinden. AuSerdem kann Thiosulfat sich fur sich zersetzen, doch tritt nach den Untersuchungen von M. BEE- THELOT ') dies erst von 400 O ab merklich ein. SchlieDlich kann auch das im Stickst6ffstrome bei 220 O unter den Reaktionsprodukten auf- tretende Sulfit fiir sich allein in Sulfat und Sulfid ubergehen; aber dieser Vorgang nimmt erst von etwa 550° ab eine etwas gr5Bere Geschwindigkeit an. Im Temperaturiutervall von 220-400 O ist hiernach ein durch die Wechselwirkung zwischen Thiosulfat und Schwefeldioxyd besonders gekennzeichneter Verlauf der Zersetzung des Pyrosulfits zu erwarten, wahrend oberhalb 400 O mit neuen, durch das Auftreten des Sulfids ausgezeichneten Zerfallsvorgaagen zu rechnen ist.

Bei den Versuchen bei 220° zeigte sich schon eine recht be- trachtliche Zersetzungsgeschwindigkeit des Pyrosulfits; es ist also nicht zu vermeiden, daB schon erhebliche Mengen dieses Salzes sich zersetzt haben, menu eine oberhalb von 220° liegende Reaktions- temperatur erreicht wird. Um moglichst groBe, noch unzersetzte Mengen des Pyrosulfits der gewunschten Reaktionstemperatur aus- zusetzen, wurde das Anheizen des Ofens durch geeignete Regulie- rung der Stromstirke tunlichst schnell durchgefuhrt ; die Tempera- turen von 250--350° gelang es, in 10-12 Minuten zu erreichen. F u r die hbheren Temperaturen von 500-700° betrug die Anheiz- zeit 20-30 Minuten.

ZunLchst seien die Ergebnisse der Versuche bis 400° in der Tab. 8 zusammengestellt.

l) Compt. rertd. 96 (1883), 146. 2. alzorg. u. allg. Ohm. 139 (1924), 275ff.

308 F. Toerster tcrad G. Hamprecht.

Ver- such Nr.

38 34 35 36

~ - ~~ -

Tabelle 8. Zereeteung von Kaliumpyrosulfit bei Temperaturen zwischen 2800 und 400

und im Stickstoffutrorne.

Tempe- ratur OC

250 300

350-360 400-410

. -

Die Versuche bestat#igen die Erwartung. Die Zersetzung des Pyrosulfits ist in allen Fallen nach einer Stunde, wahrscheinlich schon in immer kleineren Bruchteilen dieser Zeit, beendet. Die rasche SO,-Entwicklung unterdriickt immer mehr die Dissoziation K,S,05 -+ K,SO, + SO,, und zugleich reagiert das Schwefeldioxyd immer lebhafter mit dem Thiosulfat,, so daB mit steigender Tempe- ratur diese beiden Stoffe immer mehr unter den Reaktionsprodukten zuruck- und dafur Sulfat und freier Schwefel hervortreten. Bei 400° sind schon etwa 60°/, des Pyrosulfits im Sinne von Gleichung (3) umgesetzt und nur 40°/0 im Sinne von Gleichung (l), wahrend bei 220° in letzterer Art etwa 75O/,, in ersterer Art noch gar kein Pyrosulfit verschwand, dafur 25 unter Sulfitbildung, die ihrerseits bei 400, ganz unterdruckt ist.

Oberhalb von 400° tritt nach dem schon erwahnten Befunde von M. BERTHELOT der Selbstzerfall des Thiosulfats ein. Dieser ver- lauft, wie BERTHELOT, in Bestatigung fruherer, qualitativer Versuche von C. RAMMELSBEBQ l), durch Vergleich des Jodverbrauchs vor und nach der Reaktion feststellte, im Sinne der Gleichung

Einige systematische Versuche iiber diese Zersetzung schienen nicht uberfliissig, um fur die am Pyrosulfit auszufiihrenden Ver- suche eine gesicherte Grundlage zu gewinnen. DaB hierfur benotigte Haliumthiosulfat wurde durch Wechselwirkung von Sulfhydrat und Bisulfit dargestellt und, nach Vorentwasserung im Vakuum iiber Schwefelsaure, bei 120-150 O vollig entwassert. Die Analyse zeigte,

l) Pogg. Ann. 66 (1842), 297. *) F. FOEBSTEE u. E. MOUSEN, Ber. 67 (1924), 258.

Verhalten dar Pyrosulfite in der Hit=. 309

da6 es sehr rein war. Proben des Salzes wurden in der gleichen Apparatur, wie sie fur das Pyrosulfit benutzt wurde, im Stickstoff- strome erhitzt. Die Erge bnisse dieser Versuche, deren analytische Durchfuhrung oben beschrieben ist, sind in der folgenden Tab. 9 zusammenges tellt.

Tabelle 9. Zersetzung des Kaliumthiosulfats bei jedesmal einstiindigem Erhitzen auf

verechiedene Temperaturen im Stickstoffstrome.

Ver- such

Nr.

37 38 39 40

Tempe- ratur

OC

400 450 500 600

2,2 1 11,7 0,9 12 3 - , 12,5

Bei einstindigem Erhitzen auf 400 O bleibt das Ealiumthiosulfat noch ganz unverandert. Es ist bemerkenswert, daB auch das bei der Pyrosulfitzersetzung entstehende Thiosulfat bei 400 O noch nicht irn geringsten zu Sulfid zerfdlt, wahrend oben gezeigt wurde, daB das aus Pyrosulfit entstehende Trithionat bei gegebener Temperatur erheblich schneller zerfallt als das gewohnliche Trithionat. Bei 450° ist die Zersetzung des Thiosulfats schon eine weitgehende, und wohl dadurch sehr begiinstigt, daB jetzt die ganze Salzmasse ge- schmolzen ist. Die Zersetzungsprodukte sind stets die gleichen: Sulfat und Polysulfid, niir daB mit steigender Temperatur die aus diesem verfluchtigten Schwefelmengen zunehmen. Wird das Poly- sulfid durch die Formel K,$ + b ausgedrlickt, so entspricht im Sinne der oben beschriebenen Bestimmungsweise der Wert b dem Poly- sulfidschwefel. Aus der letzten Spalte der Tab. 9 ergibt sich, daB b sehr nahe = 4 gefunden wurde. Unsere Versuche bestitigen also fur die Zersetzung des Thiosulfats die von BEBTHELOT ermittelte

35,6 1 9,2 I 36,6 28,7 18,s I 37,8 1 :3 ,9: 3,15 21,7 1 27,6 [ 35,4 1 1 : 3,9:2,9

Gleichung (S), nur mu6 der durch sie wiedergegebene Vorgang durch die Gleichgewichte

K,S, 72 K,S f 2 S, (9 a) 4 % Ir s, (9b)

ergiinzt werden, von denen (9a) durch Steigerung der Temperatur nach rechts, (9b) nach links verschoben wird. Der Zerfall dee Thio- sulfats verlauft also ganz analog dem des Sulfits:

4K2SO, -+ 3$S04 + $S 9 (10)

310 E: Foerstw tmd G. Harnprecht.

nur daB er bei erheblich niedrigerer Temperatur sich vollzieht als dieser.

Fur das Verhalten des Pyrosulfits beim Erhitzen auf hiihere Temperatur war hiernach xu erwarten, da6 von seinen schon wah- rend des Anheizens entstehenden Umsetzungsprodukten das Thio- sulfat nach Uberschreiten der Temperatur von 400° im Sinne von Gleichung (8) in Sulfat uud Polysulfid sich umwandeln wurde. Die in Tab. 10 zusammengestellten Versuche besatigen dies.

Tabelle 10. Verhalten des Kaliumpyrosulfits bei Tempersturen iiber 400 *

und im Stickstoffslrome.

Freier S

-. dnuer such

Bei einstundigem Erhitzen auf 500° ist praktisch schon alles Thiosulfai; verschwunden und, soweit es der Enwirkung des Schwefel- dioxyds entging, in Sulfat und Polysulfid ubergegangen. Die weitere Temperatursteigerung kann daher keine andere Wirkung mehr haben, als die Dissoziation des Polysulfids in Monosulfid und freien Schwefel zu fiirdern. Da aber, wie die Versuche der Tab. 8 lehren, schon wahrend des Anheizens ein Teil des Thiosulfats unter Abscheidung von freiem Schwefel sich zersetzt,

Das ist, wie man sieht, der Fall.

> 4 sein; in der Polysulfid-S + freier S Monosulfid-S muB hier das Verh%ltnis ------____

Tat ist es bei Versuch 42 und 44 etwa 5 ; bei Versuch 43 sogar 6,7. Da die Versuche der Tab. 8 des weitereu lehren, daB bei raschem Anheizen des Pyrosulfits sein Zerfftll kein Sulfit liefert, war bei den Versuchen 43 und 44 auch der oberhalb 550° magliche Zerfall des Sulfits ausgeschlossen.

Als aber in einem weiteren Versuch Nr. 45 so verfahren wurde, dab das Pyrosulfit zunachst durch vierstiindiges Erhitzen irn lang- eamen Stickstoffstrom auf 220 O unter teilweiser Sulfitbildung zersetzt und dann erst die Temperatur rasch auf 600° gesteigert und hier 1 Stunde gehalten wurde, waren von 100 Teilen Pyrosulfitschwefel 34,3 in SO,, 44,3 in Sulfat, 4,Q in Monosulfid, 13,2 in Polysulfid

Veerhaltan der PyYOSUlfit6 in dw H&%e. 31 1

und 2,7 in freien Schwefel iibergegangen. I m Vergleich zu Ver- such 43, bei dem die Temperatur von 600° so schnell wie maglich erreicht wurde, ist der Monosulfid-5 von 2,9 auf 4,9 gestiegen, und die gr6Bere Menge von ihm halt auch mehr S im Polysulfid zuriick. Da hier aber so gut wie koin freier Schwefel auf anderem Wege entsteht als aus dem Polysulfid, andererseits der Zerfall des Sulfits nach (10) nur Monosulfid liefert, mu6 jetzt das Verhaltnis Polysulfid-S + freier S

Nonosulfid-S -- < 4 sein, und betragt in der Tat 3,2.

Dieser Versuch lehrt, (la6 und mie der Verlauf der Zersetzung des Pyrosulfitv bei hoherer Temperatur auch von der Qeschwindig- keit abhiingig ist, mit der diese Temperatur erreicht wird. Wenn BERTHELOT unter Bedingungen, bei denen das Salz in Gegenwart des von ihm entwickelten SO, auf dunkle Rotglut gebracht wurde, nur glatte Umsetzung nach (4): 2 K,S:,O, --t 2 K,SO, + SO, + S fand, so kann das daran gelegen haben, daB hier wahrend des Anheizens alles Thiosulfat vom SO, zerstiirt wurde, bevor die Temperatur von 400° erreicht war.

f ) Das V e r h a l t e n dos Na t r iumpyrosu l f i t s i n d e r Hitze.

SchlieBlich erschien es wichtig, auch festzustellen, wie weit die Erscheinungen bei der Zersetzung des Kaliumpyrosulfits etwa durch dessen Kation mitbeoinflufit seien ; deshalb wurden auch einige Ver- suche mit dem Natriumpyrosulfit Na,S,O, durchgefiihrt. Da die Warmetihung des Vorganges Na,SO, + SO, = NqS,O, f 14900 cal zeigt , daB die Dissoziationswarme des Natriumpyrosulfits weit niedriger ist als die des Kaliumpyrosulfits, ist nach der NERNST’SChen Naherungsformel im Gleichgewicht Na,S,O, S Na,SO, + SO, ein weit hoherer Dissoziationsdruck zu erwarten, als fur das Kalium- a d z ; fur 150° C ( T = 273 + 150O) ergibt er sich schon hijher als 1 Atmosphke.

Fiir die Vntersuchung des Natriumpyrosulfits war die Arbeits- weise ganz die bisher benutzte: das Salz wurde im Iangsamen Stickstoflstrome zersetzt. Die Ergebnisse sind in der Tab. 11, S. 312, zusammengestellt.

Diese Versuche lehren, daB bei der Hitzezersetzung des Natrium- pyrosulfits qualitativ die gleichen Stoffe entstehen wie aus dem Kaliumsalz: Schweldioxyd, Trithionat, Sulfttt, Thiosulfat, Salfit und gegebenenfalls freier SchwefeL Dagegen ist quantitativ das Ver- haltnis tier einzelnen Produkte untereinander gegeniiber den aus

312 F. Foerster w d G. Humpwht.

Tabelle 11. Verhalten dts Natriumpyrosulfits Na$3,05 beim Erhitzen

im langsamen Stirkstoffstmme. - I_

Ver- such

Nr.

45 46 47 48 49

__. -

Tempe- ratur

OC

150 150 180 200 220

-~

dem Kaliumsalze entstehenden in der erwarteten Richtung wesentlich gelndert: bei allen Temperaturen wiegt das Schwefeldioxyd gegeniiber den anderen Zersetzungsprodukten stark vor, und der Salzriickstand besteht zu einem sehr erheblichen Teile aus Sulfit. Der Vorgang

uberwiegt hier infolge seiner hoheren Dissoziationsspannung durch- aus, so da6 ihm die Hauptmenge des zerfallenden Natriumsalzes schon bei 150° unterliegt, und die anderen Vorgange (6) und (1) in die Rolle von Nebenvorgangen zuruckgedrangt sind ; wenn sie uber- haupt noch auftreten, so beruht dies darauf, daB sie auch gegen- iiber dem stark begiinstigten, einfachen Dissoziationsvorgange noch recht merkliche Reaktionsgeschwicdigkeit besitzen.1) I m iibrigen aber gilt fur sie das gleiche wie beim Kaliumsalz, insofern bei den niederen Temperaturen die Trithionatbildung (6) vorwiegt, wenn- gleich Vorgang (2c) ihr so erhebliche Anteile des Pyrosulfits entzieht, daB sie weit geringeren Umfang annimmt als beim Kaliumsalz. Demgema6 war auch bei 150° keine Gelbfarbung des trithionathaltigen Salzruckstandes zu erkennen. Bei 200 O und 220 O

tritt aber die Trithioaatbildung zugunsten der Thiosulfatbildung wieder ganz zuriick. Wenn dies der Fall ist, wie bei Versuch 48 und 49, sind die Mengen Thiosulfat- und Sulfatschwefel wieder etwa gleich, und der SO,-Schwefel ist etwa um den Betrag des Thiosulfat- schwefels groBer als der verbleibende Sulfitschwefel. Befindet sich aber

Na,S,O, --t Na,SO, + SO, (2 c)

*) Auffallend ist es nach dieeem Befunde, daB E. DIVERS [Journ. Chem. SOC. 47 (1885), 2091 bei 10 Minuten Iangem Erhiteen von trockenem Na,SO, in einem SO,-Strorn auf 190° die Entstehung kleiner Mengen von Sulfat, Thio- solfat und Schwefel , also der Zersetzungsprodukte von Natriumpyrosulfit, be- obachtete. Diese Angabe wurde noch nicht nachgepriift.

Verhalttm der Pyosulfite in der Hitze. 313

Trithionat unter den Reaktionsprodukten, so uberwiegt wieder der Sulfatschwefel den Thiosulfatschwefel bei weitem. Da aber die Trithionatbildung beim Zerfall des Natriumsalzes tiberhaupt nur eine geringe Rolle spielt, so kiinnte auch die Bildung freien Schwefels unterhalb von 2200 nur in geringem MaBe im spiiteren Verlaufe des Zerfalls hervortreten, der aber hier nicht verfolgt wurde.

Bei Versuch 49 zeigte sich etwas freier Schwefel, ein Zeichen, daB die rasche und starke Entwicklung von SO, das Thiosulfat nach Vorgang (3) anzugreifen begann. Sie zeigte sich hier auch insofern wirksam, als Vorgang (2 c) gegenuber dem bei 200 O durchgefiihrten Versuch 48 deutlich zuriicktritt, also offenbar durch den raschen Anstieg des Partialdrucks des Schwefeldioxyds eine Verzogerung erladt. Bei weiter gesteigerter Temperatur konnte dies in erhijhtem MaBe der Fall sein, doch wurden die Versuche nach dieser Richtung nicht ausgedehnt.

5. SchlnR. Die wichtigsten der durch die vorstehenden Versuche ermittelten

Grgebnisse lassen sich in die folgenden Siitze zusammenfassen: 1. Die Zersetzung des kristallisierten Kaliumpyrosulfits K,S,O,

konnte von 150° aufwarts nach ihrem zeitlichen Verlaufe und der Art ihrer Zerfallsprodukte verfolgt werden.

2. Am Zerfall des Kaliumpyrosulfits, d. h. seines Anions S,O,", kiinnen folgende primaren Vorgange zusammenwirken:

2S,O," -* S,O," + SO," 3S20," -+ S,O," + 2Y0," + 2S0, s,o," &-r- SO," + so,

(1) (111

(111) 3. Vorgang (I) ist im Anfange der Zersetzung bei 150° der

Hauptvorgang ; mit steigender Temperatur tritt er auch im Anfange immer mehr zurilck, und ist bei 220° nicht mehr nachweisbar. Er liefert primar ein gelblich gefarbtes Produkt, das sich in Wasser sofort farblos zu Trithionat lost, diesem vermutlich koordinativ isomer ist.

4. Vorgang (11) erstreckt sich niit steigender Temperntur uber immer gr6Bere Anteile des Kaliumpyrosulfits und ist oberhalb 250" ausschlieBlich der primiire Zersetzungevorgang.

5. Vorgang (111) hat nach der hohen Dissoziationswiirme des Kaliumpyrosulfits nur geringe Neigung zur Abspaltung vom SO, ; er tritt beim Kaliumpyrosulfit erst oberhalb von 2U0° hervor und auch dann nur, wenn der Partialdruck des durch Vorgang (11)

Z. aaorg. R a. Chem. lid, 158. 21

314

erzeugten SO, niedrig gehalten wird. Er wird also durch ober- leiten eines indifferenten Gasstromes uber das Pyrosulfit um SO

mehr begiinstigt, j e griiBer dessen Strijmungsgrschwindigkeit ist, und wird andererseits verhindert, wenn das nach (11) erzeugte SO, iiber dem Salze verbleibt.

6 . An die Vorgange (I) bis (111) schlieBen sich Folgevorgang an:

lr'. 17oerster und G. Hmpreaht.

An (I): S306" --t SO," + so, + s (IV) An (11): 2S,O," + SO, --f 2S0," + 3s (V)

und 4S,03" -+ 3 SO," + S'I + 4 (VI) An (111): 4S0," -+ :tSO," + S" (W 7. Vorgang (IV) tritt ein, sobald die Menge des Trithionats

(bzw. seines Isomeren) einen gewissen Betrag erreicht hat, und bringt das im Anfange der Zersetzung entstandene S 0 " zum Verschwin- den, noch bevor das letzte Pgrosulfit zersetzt ist; j e hiiher die Tem- peratur, um 80 niederer liegt der Betrag an S308", bei dem (IV) einsetzt.

8. Vorgang (V) begleitet (11) um so erheblicher, je hoher der Bartialdruck an SO, durch (11) steigt, je weniger also SO, entfernt wird, oder je mehr durch Temperatursteigerung die Geschwindigkeit von (11) steigt. Bei 220° im geschlossenen Apparat, oder oberhalb von 250° bis 400° auch im langsamen Stickstoffstrome, beherrschen Vorgang (11) und (V) die Zersetzung des Kaliumpyrosulfits voll- standig.

9. Die Vereinigung der Gleichungen (I) und (IV), sowie (11) und (V) ergibt in beiden Fiillen:

6 .

2S,O," --f ZSO," + s + so,. (VIII) Der erst durch die Folgesorgiinge (IV) und (V) unter den Re-

aktionsprodukten auftretende freie Schwefel geht also seiner Menge nach zunachst zuriick, wenn die Temperatur von 150° an steigt und dadurch Vorgang (I) an Umfang abnimmt, erreicht bei 220° fast den Wert 0, soweit dort Vorgang (V) noch ausgeschlossen ist, und steigt, wenn mit weiter zunehmender Temperatur Vorgang (V) immer mehr hervortritt, stetig an, bis schlie6lich unter den Reaktions- produkten auch das Thiosulfat verschwindet, und diese ganz der Gleichung (VIII) entsprechen.

10. Bei hiiherem SO,-Druck tritt dieser Endzustand schon bei 220° eia.

11. Vorgang (VI) tritt erst oberhalb 400° ein und nur dam, wenn diese Tempera,tur erreicht wird, bevor Vorgang (V) alles Thio- sulfat zerstort hat.

Verhalten &r Pyrosulfite in. dw HiW. 315

12. Vorgang (VII) hat erst von 550° eice merkliche Geschwin- digkeit und kann sich nur dann bemerkbar rnachen, wenn durch die Art der bis zur Erreichung dieser Temperatur schon eingetretenen Zersetzung Sulfit eutstanden ist.

13. Die Zersetzung des Natriumpyrosulfits Na,S,O, liefert qualitativ die gleichen Produkte wie die des Kaliumsalzes; quanti- tativ ist sie aber von der dieses Salzes dadiirch sehr verschieden, daB die Dissoziationswarme fur (111) hier sehr viel kleiner, der Dissoziationsdruck das SO, demgema6 viel hijher ist als beim Kaliumsalz, so daB (III) schon von 150” an der Hauptzersetzungs- vorgang ist.

14. Der sehr vermickelte Verlauf der Zersetzung der Pyro- sulfite ist also veranlafit durch nbereinanderlagerung mehrerer VorgDnge , deren Umfang in wechselndem Xa6e bestimmt ist durch die Art der mit S,O,” verbundenen Kationen, durch die Art des primaren Vorganges, durch die Temperatur, die Schnellig- keit von deren Steigerung und durch den Partialdruck des Schwefel- dioxyds bzw. die auf diesen wirkenden Versuchsbedingungen. Die systematische Verfolgung der Zersetzung hat die Wirkung dieser einzelnen Einflusse so weit kennen gelehrt, daB der Gang der Zer- setzung fur gegebene Bedingungen in grol3en Zugen in Uberein- stimmung mit der Beobachtung vorausgesagt werden konnte.

15. In theoretischer Hinsicht wurde versucht die Vorgange (I) und (11) auf den gleichen Grundvorgang zuruckzufiihren und diesen in Zusammenhang mit dem fur den Zerfall des Bisulfits in wa6riger Liisung maBgebenden Grundvorgang zu bringen.

Dresden, Aaorganisch - chernisches Laboratorium der Technisohen Hochschule, 5. Ohdobey 1926.

Bei der Redaktion eingegangen am 11. Oktober 1926.

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