Beitrag zur Stickstoff-Lost-Behandlung von Hauttumoren

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Archly ftir Dermatologie u. Syphilis, Bd. 192, S. 144--163 (1951).

Aus der Universit~ts-Hautklinik Freiburg i. Br. (Direktor: Prof. Dr. A. S T i 2 ~ ) .

Beitrag zur Stickstoff-Lost-Behandlung yon Itauttumoren*.

Von W. SCHULZE und H. BRAUNER.

Mi~ 9 Tex~abbildungen.

(Eingegangen am 30. August 1950.)

Nachdera die Innere Medizin im Laufe der letzten Jahre dureh die Anwendung der cytostatischen Stoffe Urethan und Lost beaehtenswerte Erfo]ge in der Behandlung vor allera der Systeraerkrankungen der blut- bildenden Organe und des retikuloendothelialen Systems erzielen konnte, hat sich auch die Dermatologie dieser ~ i t t e l angenoraraen. Die bisher von dermatologischer Seite vor]iegenden Beobachtungen beziehen sich in erster Linie auf die ~ycosis fungoides, fiber deren Behandlung rait Urethan ira deutschen Sehrifttura F. K o c ~ sowie H. SCRV~nMANN und :BINDER und LEIDEL berichteten. Die ersten 2V[itteilungen fiber gfinstige Erfahrungen rait der Stickstofflostbehandlung bei Mycosis ]ungoides stararaen yon HENSTELL und TOBEI~, KIEtCLAND, WATKINS und SC~UL- L]~B]~GE~, denen weitere VerSffentlichungen yon P~ILeOTT und Kit- arbeitern, GOLDIffANN und )/[itarbeitern u. a. folgten. OSBO~N~ und ?¢[it- arbeiter berichteten fiber ,,draraatisehe Erfblge" der Lostbehandlung bei 2 Patienten mit ~ycosis fungoides, w~hrend bei einera Fall yon Sarcoma idiopath, multiplex haemorrhag, die Lostbehandlung versagte. Sehr gut sprach ein Lymphosarlcom der Hau t an, bei dem schon 12 Tage nach der Lostbehandlung klinisch und histologisch keine Krankheits- zeichen raehr naehgewiesen werden konnten. AuBerdem wurde yon ihnen auch ein chronisch disseminierter Erythematodes mit Stiekstoff- lost behandelt, der anfangs ffir eine Pr~raykose gehalten wurde. Der Pat ient erhielt etwa 3/4 der fibliehen Lostdosis rait dera Erfolg, dab nach 4 Wochen die Erscheinungen bis auf kleine i~estherde verschwun- den waren. Plasmazellmyelome verhalten sich nach CK. S P u ~ der Lost- behandlung gegenfiber refrakt/~r. F. J. EICHE~LAUB behandelte einen 80ji~hr. Pat ienten rait einera Retothelsarlcom der Haut , das auf I~Sntgen- strahlen nicht raehr reagierte, rait Stickstofflost. Der Pat ient verstarb nach dera 2. LoststoB unter den Zeichen einer schnell fortsehreitenden Leukopenie und Ani~raie. Die Autopsie ergab den vollst~ndigen Zerfall aller Tumorzellen. Eine gute Beeinflussung yon I t au tme ta s t a sen eines

* Kerrn Prof. A. ST(iH~R zu seinem 65. Geburtst~g~ gewidmet.

Beitrag zur Stickstoff-Lost-Behandlung yon IIauttumoren. 145

Retothelsarkoms dutch Stiekstofflostbehandlung sah aueh 1V[ERK. Von deutseher Seite sind fiber die Stiekstofflostbehandlung der Nyeosis fungoides Arbeiten yon SC~XFEa und L~t~z~E~ und Cm L~IDEL er- sehienen, deren Erfahrungen sieh mit denen der oben angeffihrten ameri- kanisehen Autoren deekten.

Theoretiseh betraehtet ist der mit der Anwendung der cytostatisehen Stoffe besehrittene Weg zur Behandlung maligner Tumoren als der- j enige anzusehen, der die b esten Erfolgsaussiehten bietet, da er erm6glieht, das wirksame Agens aueh dort an die Tumorzellen heranzubringen, wo sie auf Grund ihrer besonderen Lokalisation anderen therapeutisehen Ein- griffen nieht zuganglieh sind. Diese l~'berlegenheit in der Reiehweite kSnnte den eytostatisehen Stoffen gegeniiber der Strahlenbehandlung, die bisher auf diesem Gebiete souver~n das Feld beherrschte, einen entseheidenden Vorteil versehaffen.

Leider hat sieh abet herausgestellt - - und hieriiber seheinen alle Autoren gMeher l~{einung zu sein - - , dab es zwar in einer Anzahl yon Fgllen gelingt, mit den eytostatisehen Stoffen Urethan und Lost zu- weilen ganz fiberrasehende Erfolge zu erzielen, dab es abet in der l~egel nieht m6glieh ist, Rezidive zu verhindern. Die Ursaehe daffir, dab eine Dauerheilung mit den eytostatisehen Stoffen noeh nieht erreieht wird, dfirfte wohl in erster Linie darin zu sehen sein, dab die bisher zur Ver- fiigung stehenden Mittel in ihrer Wirkung nieht genfigend elektiv sind und eine Toxizit~t besitzen, die zwingt, sie sehr vorsiehtig zu dosieren und vor der endgfiltigen Iteilung abzusetzen 1. Wenn es m6glich ware, sie wie z. B. Penicillin ohne Gefahr in genfigend hoher Dosis fiber lange Zeitr~ume anzuwenden, sollte aueh eine vollkommene Heilung erreieh- bar sein. Es liegt in der Natur der Saehe, dal3 es leiehter ist, fiir die Beseitigung bakterieller Krankheitserreger ein elektiv wirkendes und gleiehzeitig gut vertr~tgliehes Therapeutikum zu finden als fiir die Ver- niehtung yon Tumorzellen, also von Gewebselementen, die vom K6rper selber gebildet werden und in ihren biologisehen Funktionen den nor- malen Gewebszellen sehr nahestehen. Als unl6sbar dfirfte abet dieses Problem keineswegs anzusehen sein. Die Auffindung eines solehen 5Iittels ist u. E. nut eine Frage der Zeit.

Vorerst wird man sieh mit den zeitlieh begrenzten Erfolgen be- gnfigen miissen. Da fiir die Behandlung mit Lost, yon der jetzt allein

1 Sem~z diskutiert bei der Frage, warum bei der Lymphogranulomatose und der Leuk/imie dutch die Chemotherapie keine Dauerheilung erzielt wird, die MSg- lichkeit, dag sieh die Wirkung nur auf eine oder einige wenige Glieder der malignen Zellgenerationen beschr~inkt, w~ihrend andere versehont bleiben oder dag es ver- sehiedene Funktionszustgmde sein k6nnten, welche die versehiedene Resis~enz der neoplastischen Zellen bedingen. Er weist ganz allgemein darauf hin, d~B eine mitotrope Wirkung Mlein nieht geniigt, um eine Dauerheilung zu erzielen, sondern dab auch eine ausreichende cytolytische Wirkung vorhanden sein mug.

Archiv f. Derma te log ie u. Syphilis. Bd. 192. 10

146 W. SCtIULZE uIld H. BRAUNER:

die Rede sein soll, in erster Linie nut solehe Krankheiten in Frage kommen, die eine infauste Prognose aufweisen, bedeutet fiir sie aueh eine voriibergehende und unvollst~ndige Beseitigung der Krankheits- erseheinungen sehon einen Erfolg: der besonders dann ins Gewieht f~tllt, wenn es sieh um strahlenrefrakt~r gewordene Krankheitsf~lle handelt, die naeh Beobaehtungen yon OSBOrnE und ~itarbeitern und SP~:RR u. a. sehr oft noeh auf Lostbehandlung anspreehen.

Abgesehen yon den therapeutisehen Gesiehtspunkten, welehe die Klinik mit der Lostanwendung verfolgt, gewinnen die sieh unter bzw. naeh der Behandlung ergebenden histologisehen und eytologisehen Be- funde aueh ffir das Gesamtproblem eine Bedeutung, insofern als sie einen Einbliek in die sieh unmittelbar am Wirkungsort abspielenden eellul/~ren Vorgiinge vermitteln, deren Kenntnis aueh ftir die experi- mentelle Forsehung yon Nutzen sein kann.

Nebenwirl~ungen der Stiekstofflostbehandlung wird man, sofern sie ein gewisses ~ g nieht iibersehreiten, in Kauf nehmen k6nnen. Die unter der Lostbehandlung so gut wie hie ausbleibenden intestinalen StSrungen (Appetitlosigkeit, Ubelkeit, Erbreehen) neben Kopfsehmerzen, Seh~vindel und Sehlaflosigkeit sind harmloser Natur. Unbedingt er- tbrderlieh sind sorgf~ltige Kontrollen des Blutbildes, um die Behand- lung abbreehen zu k6nnen, wenn die Gefahr einer ernsten Seh~digung der blutbildenden Gewebe besteht. Todesf~lle sind, wie das genaue Studium des amerikanisehen Sehrifttums (P~ILPOT~ und Mitarbeiter, OSbOrnE und Mitarbeiter) ergibt, naeh der Stickstofflostbehandlung der ~yeosis fungoides gar nieht so selten aufgetreten. Das mag wohl z. T. daran liegen, dag verh~ltnismiigig hohe Stiekstofflostdosen angewandt wurden und dab die Kranken sieh z. T. in einem sehr welt vorgesehritte- hen Krankheitsstadium und sehleehtem Allgemehazustand befunden Mben.

Unter den yon uns mit Stiekstofflost behandelten 3 Krankheits- f~llen befindet sich eine )'[veosis fungoides. Bei den beiden anderen Krankheitsfgllen handelt es sieh um in wenigen Einzelexemplaren auf- tretende Tumoren, auf deren Einordnung in das System der H~ut- tumoren an sp/iterer Stelle eingega.ngen werden soll.

Fall 1. Die jetzt 74 Jahre alte Patientin, l~rau M. }'., kam erstmMig am 14. 11.4:2 wegen eines Tumors am reehten Untersehenkel zur Auf- nahme.

Familien-Anamnese o. B. Eigen-Anamnese: Als Kind Ma.sern. 3 normale Geburten. 1937 wegen seniler

Keratome under re. Schl~fe, 1941 wegen eines Cancroids an der Nase r6ntgen- bestrahlt. Bei der Klinikaufnahme 1942 gab die Pat. gn, dM~ sieh aus einem bl~u- roten markstiickgrol~en Fleck ~n der Innenseite des re. Unterschenkels im Ver- laufe der letzten 1--1!.,~ Ja,hre ein Gesehwulstknoten entwiekel~ habe.

Beitrag zur Stiekstoff-Lost-Behandlung yon Hauttumoren. 147

Die Allgemeinuntersuchung ergab datums eine grofle retrosternMe Struma. Lungen o. :B. Geringe Linksdilata~ion des Herzens. Keine vergr6Berten Lymph- driisen. Blutbild o .B.

LokalbeJund (Abb. i ) : An der Innenseite des re. Untersehenkels land sich ein handtellergroger, seharf gegen die normMe Umgebung abgesetzter, bl/~uliehroter Tumor yon ingBig derber Konsistenz. Aul~erdem war an der Innenseite des re. Ober- schenke]s ein reiehlich ftinfmarkstiiekgroBer, blaurot durehscheinender gautbezirk ~orhanden, in dem man eine harte, plattenfSrmige Einlagerung ta.s~en konnte.

Die histologische Untersuchung er- gab ffir den Tumor des re. Unter- ~ehenkels folgenden Befund:

,,Sehr diehte Wueherung proto- plasmaarmer Elemente mit runden bis ovMen Kernen. Die Kerne sind im M1- gemeinen ziemlich dunkel. Hier und da stSl3t man auf Mitosen. Vereinzelt sind aueh Plasmazellen eingestreut. Immer wieder sieht man kleine Blutansamm- lungen und Retikulumzellen, welehe mi~ einem braunen, seholligen Pigment gespeiehert sind. Bei der Seltenheit yon Mitosen mSehten wir annehmen, dag ein Lymphosarkom nieht vorliegt. Ffir eine Mycosis fungoides ist das Bild zn einheitlieh. Dagegen haben wir starken Verdaeht auf eine leukgmisehe oder aIeukgmische Lymphadenose."

(Pathologisehes Institut.)

Der Tumor am re. Wnterschenke[ Abb. 1. Falll. Pat. M. F. Tumor am Unterschenkcl wurde in 14 t~gigen Abst/inden viermal 1943. mit 110 r 0,8 mm Cu. HWS, 165 kV rSntgenbestrahlt und war nach 2 Monaten verschwunden. Zuriiek blieb ein im I-[autniveau liegender pigmentierter, schuppender ttautbezirk yon braunroter Farbe.

A m 25. 3 . 4 9 w u r d e d ie Pa t . z u m 2. MM a u f g e n o m m e n , well sich

in den letzt~en M o n a t e n a m re. U n t e r s c h e n k e l e t w a 2 cm obe rha lb des

f r f ihe ren T u m o r s ein neue r b l a u r o t e r K n o t e n geb i lde t h a t t e .

Allgemeinuntersuchung: Kreislaufschwgche auf dem Boden einer Mlgemeinen Gef~sklerose mit geringem Stauungskatal'rh der Lunge. Herz bei einem Ityper- tonus yon 180/90 mm Hg, mgl]ig linkshypertrophiert und dilatiert. Aorta rSnt- genologisch sklerosiert. M~tchtige aul3ere Knotenstruma mit Kompression der Luft- rShre und resultierendem Lungenemphysem. Fiir spezffischen Lungenprozel~ keine AnhMtspunkte. Keine Tumormetastasen in den Lungen. Leber und Milz o .B. [nguinMdriisen beiderseits kirsehkerngroB, nicht druckschmerzhaft. BKS 16/38, Blurb. 7500 Leuko., 3 Eos., 3 Stabk., 69 Segment., 20 Lympho., 5 Mono., Eryth. 4,4 Mill., 95% Hb., Wa.R. negativ. Urin o. ]3.

Das Sternalpunktat zeigte aul]er einer diagnostiseh nicht verwertbaren ma]igen Vermehrung der Erytbropoese weder qualitativ noch quantitativ eine Abweiehung yon der Norm.

10"

148 W. SC~ULZE und H. B~AUNE~:

Lokalbe/und (Abb. 2): An der Innenseite des re. Unterschenkels sah man im mittleren Drittel einen groSen braurdividroten Tumor mit gl~nzender Oberfl~ehe, der das Hautniveau ha]bkugelig iiberragte und auf der Unterlage nur wenig ver- schieblieh war. Unterhalb dieses derb-elastischen Tumors, durch einen 2 cm breiten Streifen normaler Haut getrennt, war in einem dem bestrahlten Tumor entsprechen- den Bereieh die Haut braunrot verf~trbt, leieht atrophiseh und mit vereinzelten Sehuppen bedeckt. Symmetriseh dazu wurde am li. Unterschenkel ein etwa mark- stiickgrol]es seheibenfSrmiges Infi l trat yon blauvioletter Farbe festgestellt, das angeblich schon seit etwa einem Jahr unver~ndert bestand.

Im oberen Drittel des re. Oberschenkels war an der AuSenseite ein etwa htihnereigrol~er, rostfarbener Tumor yon derber Konsistenz vorhanden, der gut

Abb. 2. Abb. 3.

gbb. 2. Fall 1. 1949 neu aufgetreteIler Tumor, darunter braunpigmentierter Fleck als Restzustand nach I~6ntgenbehandlung des Tumors yon 1943 (Abb. 1).

Abb. 3. Fail 1. l%stzustand 6 Wochen nach Stickstoff-Lost-Behandlung.

verschieblich war. Durch die leicht gelappte Oberfl~che sah man teils frische blau- rote, teils ~ltere gelbrote bis linsengrol]e Blutungsherde sowie kleine blauviolette GefgBreiser hindurehseheinen. Auffallend war die wachsartige Oberflgchen- besehaffenheit dieses Tumors, der in den Jahren nach 1943 zu einem Zeitpunkt, den die Pat. nicht genau angeben konnte, entstanden war und sich seit Jahren nicht mehr vergndert hatte. - - An der Innenseite des re. Obersehenkels fanden wir in etwa gleicher HShe die ffinfmarkstfickgroBe, auf der Unterlage gut ver- schiebliche und gegen die Umgebung scharf abgegrenzte harte Plat te vor, die bereits 1942 festgestellt wurde. Die Haut fiber dieser Einlagerung war bis auf eine geringe Atrophic und blgulich-weiBliehe Verfarbung nicht verandert.

Als Nebenbefund stellten wir an den oberen Extremitgten eine Acrodermatitis atrophicans mittleren Grades lest. Dieser Befund ist insofern bemerkenswert, a]s er aueh bei unserer zweiten Pat. erhoben wurde.

Beitrag zur Stiekstoff-Lost-Behandlung yon Hauttumoren. 149

Histologischer Be/und (re. Untersehenkel) (Abb. 4): Es f inder sieh eine groBe Zellansammlung, die dieht unter der Epidermis beginnt und sich bis ins subeutane Fettgewebe ausdehnt. Die Zellen sind durehweg auffallend dieht gelagert. Man kann deutlieh 2 Zelltypen unterscheiden. Auf der einen Seite linden sich zahlreiehe kleinere Elemente, an denen ein Protoplasma kaum zu sehen ist und die durch kr~ftig gef/~rbte kleine runde, owle oder ~ueh bohnenf6rmige Kerne gekenn- zeichnet sind. Sie sind der Gruppe der Lymphoblasten zuzuordnen. Dazwisehen eingestreut finden sich zahlreiehe grol~e mesenehymMe Zellen mit ziemlieh breitem Protoplasmaleib und grogen KernkSrperehen. Die Kerne sind durch eine weir gr6Bere Helligkeit yon den Lymphoblasten untersehieden. Sie lassen eine reti- kulare Chromatinzeiehnung erkennen und enthalten vMfaeh intensiv gefarbte

Abb. 4. Fall 1. 2. Tag tier Stiekstoff-Lost-Behandlung. I-I.E. 1:1000. Polymorphes aus Iymphoiden und retikul/iren Elementen bestehenJes Tumorzellinfiltrat mit zahlreiehen ~'[itosen (Pfeile),

plumpe KernkSrperehen. Dabei lassen die KernkSrperchen nieht selten ausgespro- chene stabfSrmige Deformierungen erkennen. Die Kernform variiert stark yon einer runden zur ovMen und eingekerbten Form. Aul]erdem sieht man aber nicht selten aueh Kernlappungen. Stellenweise sind diese Elemente geh/tuft. In einzelnen I-Ierden beherrsehen sie v611ig das Bild. An vielen Stellen st6gt man auf Nitosen, wobei Chromosomenversprengungen oder mehrpolige IKitosen nieht zu beobaehten sind. Besonders reiehlieh sind die Mitosen an den gewueherten Zellherden. In einem Tell der Mesenehymzellen sieht man Eisen grobkSrnig gesloeieher~. Mehr- kernige Riesenzellen, insbesondere naeh Art der STERNBE•Gsehen Zellen, werden nieht beobaehtet. Ylasmazellen sind selten, eosinophile Leukocyten werden nieht gefunden. Zwisehen den Zellagen ist ein System yon sehmalen hyalinen B~lkehen entwiekelt. Die zentralen Teile der Zellwueherung sind ziemlieh gef~i/?arm, da- gegen sind in der Peripherie reiehlieh Gef~tl3e vorhanden. Dabei sind deutlieh hyaline Einseheidungen der Capillaren festzustellen. Bei dem ~¢orliegenden Herd kS~me ein a~etothelsarkom in Frage. Eine Lymphosarkomatose ist unwahr- scheinlieh, kann aber nicht ausgesehlossen werden. Naehtrag: Im GS~ORY-Pr/~- parat sieht man zwischen der Zellansammlung keine argentophilen Fasern bzw.

150 W. SC~ULZS und H. BRAU-~EI~:

keine Vermehrung der argentophilen Fasern. Danach ist das P~etothelsarkom sehr unwahrscheinlich. Histologisch ist das Bild als maligns anzusehen. Am wahr- scheinlichsten ware Mycosis fungoides (Pathologisches Institut).

Im Tumorpunktat (untersueht in der Med. Klinik, Dr. BEG~MA~- ) waren ,,an versehiedenen Stellen Rasen yon Retikulumzellen vorhanden. Die Zellen waren grSGtenteils nacktkernig. An einigen Stellen fie]en besonders grogs und poly- morphe Zellexemplare auf mit einem verhaltnism~fiig locker gelagerten Chro- matingertist und zuweilen KernkSrperchen, die grSBer waren, Ms sie sonst bei den Retikulumzellen fib]ich sind. An manchen Stellen fanden sieh aueh Plasma- zellen und lymphatische Elemente, doch treten sis welt in den Hintergrund. Nach dem vorliegenden eytologischen Befund dfirfte die Diagnose Retothelsarkom am wahrscheinliehsten sein."

Therapie: A m 22. 4. 49 begannen wir mi t den St icks toff los t in jek- t ionen. W i t gaben, mi t 2 mg beginnend, bis 5 mg pro Tag i. v. (jeweil l m g Sina-Lost in 5 cm 3 Per i s ton gelSst), insgesamt innerhalb yon 8 Tagen 29 mg.

Die ersten 3 Injektionen wurden obne Beschwerden vertragen. Nach der 4. In- jektion klagte die Pat. fiber Appetitlosigkeit. Sis erbrach naeh dem Abendessen und land nachts keinen Schlaf. Nach der 5. Injektion schalteten wir wegen der wieder aufgetretenen Beschwerden cinen behandlungsfreien Tag sin. Die letzten 2 Injektionen (je 5 mg Sina-Lost) wurden ohne Nebenerscheinungen vcrtragen. Subjektiv gab die Pat. nach AbschluB der Lostbehandlung sine groins Mfidigkeit an. Die BKS war wahrend der Behandlungszeit yon 16/39 auf 30/79 angestiegen. Die Leukoeyten fielen yon 7500 zu Beginn auf 3300 5 Tags nach der Beendigung der N/Lostzufuhr. Die Pat. erhielt t~glich Neohepatratgaben, Vit. C forte und Vit. B-Komplex-Injektionen sowie Ce-ferro-Drag6es. Nach 14 Tagen ergab das Blutbild: 4200 Leuko., 12 Stabk., 2 Jugendl., 59 Segmentk., 26 Lympho., 1 Mono., 4 Mill. Ery., 70% Hb., F. I. 0,9.

Schon un te r der Behand lung konn te m a n das E ins inken des Tumors am rech ten Unte rschenke l beobachten . Die Oberfl~tche wurde falt ig, die Tumorkons is tenz nahm ~b. 2 Wochen nach Beendigung des Losts toGes war der T u m o r verschwunden und an seiner Stel le nur noeh ein braun- ro ter F leck vo rhanden (Abb. 3). A n dem f lachen scheibenf6rmigen In- f i l t r a t des l inken Unterschenkels war keine merkl iche ~ n d e r u n g sin- getre ten. Bei dem ros tb raunen T u m o r an der Aul~enseite des rech ten Oberschenkels war wegen seiner andersa r t igen Beschaffenhei t - - e r be- s t and zum groGen Tell aus hy~l inis ier ten Massen - - keine wesent l iche Beeinf lussung zu e rwar ten und nat i i r l ich auch n icht bei der vorwiegend ~us K a l k m a s s e n bes tehenden Ein lagerung an der Innense i t e des Ober- schenkels.

Nach 1 ~ Mona ten ha t t e sich am Loka lbe fund p rak t i s ch n ichts ge~tndert, uuch das Al lgemeinbef inden war gut. Als sich die P a t i e n t i n aber 6 ~ o n a t e sp~ter zur his tologischen Kon t ro l l e e infand, zeigte sich, dab an einer Stelle, und zwar in der Umgebung des eben e rw~hn ten ros tb raunen Tumors am rech ten Oberschenkel ein aus bl~tulieh durch- scheinenden K n 6 t c h e n bes tehendes Tumorze l l in f f l t ra t neu en t s t anden war. Es War im wesent l ichen aus dem gleichen Zel lm~ter ia l zus~mmen- gesetzt wie der Tumor am rechten Unterschenkel vor der Los tbehundlung .

Peitrag zur Stickstoff-Lost-Behandtung von Hauttumoren. 151

Gle ichze i t ig w u r d e a u c h eine P r o b e e x e i s i o n an der S te l le des f r / i he ren

T u m o r s a m U n t e r s e h e n k e l (Abb. 5b) v o r g e n o m m e n , die fo lgendes E r -

gebnis h a t t e :

Die Epidermis ist atrophiseh, der PapillarkSrper verstriehen. An Stelle de r dichten Zellwucherung, die vor der Lostbehandlung das ganze Corium und Tell e des subeutanen Fettgewebes ausffillt, sieht man jetzt die Zellen weir verstreu t ]iegen. Lediglich in der Umgebung yon Gefiiflen und Sehweil3dr~sen und in den oberen Anteilen des Fettgewebes sind zuweilen kleine ZellanMufungen vorhanden. Es sind fast ausschliefilich dunkelgef/irbte lymphatisehe Zellen. Die hetlen mese~- chymcden Zellen, die friiher einen wesentliehen Bestandtcil des Zellinfilgrates aus-

Abb. 5 a. A b b . 5 b.

Abb. 5. Fal l 1. H.E. 1:100. a) vor , b) 7 Monatc nach der Los tbehandlung .

machten, sind nur noch ganz selten anzutre/]en. Hin und wieder finder man eosino- phile Leukocyten und stellenweise etwas reichlicher Plasmazellen.

Vom Bindegewebe sind in den oberen Gewebslagen nur noeh Reste vorhanden, die ein aus diinnen Pasern bestehendes Netzwerk bilden mit weiten leeren oder verstreute Infiltratzellen enthaltenden Maschen. Das Bindegewebe fgrbt sich bier nach v.am GiEsoh ~ gelb. Auffallend ist das Vorhandensein zahlreicher kleiner, meist blutleerer Gef£Be, deren Wandung hyalinisiert ist. Die elastischen Fasern sind im Vergleich zur klinisch normal erscheinenden Haut am Rande des Prgpara~es, wo sie a uch nur sp~rlich vorkommen, nicht wesen~lich verringert. Die Schweig- drtisen sind mehr oder weniger erhalten geblieben.

Fal l 2. F r a u M. Seh. 54 J . Aus der Fami l ienanamnese is t bemcrkens -

wer t , dab ein V e t t e r der P a t i e n t i n 1937 an e iner Mycosis fungo ides v e r s t o r b e n ist.

Eigenanamnese: Als Kind Masern. 2 normale Geburten. Im 25. Lebensjahr Driisenoperation an der li, Halsseite, seit Februar 48 PeriodenstSrungen. Ende 1947 bemerkte die P~t. eine kastaniengrol~e Drfise in der re. Leistenbeuge und seit Sommer 1948 eine Anschwellung am Gesag.

152 W. SC~LZE und H. BRAUNER:

AUgemeinbeJund: Die Pat . befand sieh in einem reduzierten E.- und K.Z. Blasse Hautfarbe, sehleeht durehblutete Sehleimh~ute, weiBlieher Belag der Zunge. Gebil3 s tark sanierungsbedfirftig. Tonsillen o. ]3. 1%aehen o. B. Die Lymph- drfisen waren in beiden Kieferwinkeln und hinter dem Muse. sternoeleidomastoideus

-erbsengrog. ,Lungenbefund normal, Abdomen o. B. Mflz und Leber nieht vergr6Bert. Die Leistendrtisen waren bis auf Kastaniengr61]e angesehwollen, hart , versehieb- lieh, nieht drueksehmerzhaft . Die Reflexe waren normal ausl6sbar. Ur in o .B. Wa.l%. negativ. BKS 29/60. Blutdruek 155/85 mm Hg. Blutbild: Leuko. 7400, Eos. 5, Stab. 2, Segment. 62, Lympho. 28, Mono. 3, Ery. 4, 3 Mill., Hb. 84%.

Abb. 6. Abb 7.

Abb. 6. Fall 2. Pat. 1~i. Sch. Tumoren am C~es~l~ vor der Lostbehantlung. Abb. 7. Zustand 6 3Ionate naeh Stiekstoff-Lostbehanglung.

Die Sternalpunktion (Med. Klinik) ha t te folgendes Ergebnis: ,,Das Knoehen- mark zeigt eine leiehte Vermehrung der Erythropoese, die vielleieht auf eine gesteigerte periphere H~molyse zur/iekzuffihren ist. Die naehweisbare Vermehrung plasmaeellul~rer Retikulumzellen beruht wahrseheinlieh auf dem vermehr ten Urn- satz grob disperser Eiweigk6rper. Eine lymphatische Infi l t r ierung des Knochen- markes finder sieh nieht. Auch sonstige Tumorzellen werden nieht beobaehte t ."

Lokalbe/und (Abb. 6): l )ber dem re. Sitzbeinh6eker erhebt sieh kMottenfSrmig ein derber, ziemlieh seharf begrenzter Tumor yon etwa ItandtellergrSBe, einen Querfinger breit naeh medial ein etwa ftinfmarkstiiekgrol3er, gleiehartiger Tumor. Die Hau t ist fiber beiden Tumoren rotviolett verfgrbt, leicht atrophisch und stellenweise yon einer feinen Sehuppung bedeekt. I m Bereieh beider Turnoren besteht Juekreiz. In der Lfieke zwisehen ihnen ist noch ein kleinerer Tumorknoten vorhanden, der das Hautn iveau nur wenig fiberragt. Auf der H6he des li. Sitzbein- h6ekers befindet sieh eine markstfiekgrol3e, flache Gesehwulst, fiber weleher die Hau t ebenfalls sehuppt und rStlieh gef/trbt ist, und an der Innensei te der li. Knie- kehle ein derber braunroter Knoten v o n d e r GrSge einer Kirsehe. An allen Extre- mit~ten Acrodermatit is chron, atrophic.

Beitrag zur Stiekstoff-Lost-Behandlung yon Hauttumoren. 153

Im Tumorpunktat (Med. Klinik) finden sigh ,,verschiedene Zelltypen, darunter zahlreiehe Zellen, die gr61]er als Lymphoeyten sind und ein dunkelbasophiles, hiufig leieht vakuolisiertes Protoplasma aufweisen. Sie zeigen e[uen perinucle~ren Hof um einen exzentriseh gelagerten Kern mit grol]em, manehmal radspeichen- fSrmig verteilten Chromatingerfist. Es handelt sieh offenbar um Plasmazellen, yon denen angenommen wird, dab es extramedullir gebildete, vom lymphatischen System abstammende Plasmazellen sind. Daneben sieht man viele erheblieh gr6gere Zellen mit lockeren Kernstrukturen und Nueleoli. Ihr Protoplasma ist hell- oder graublau. In zahlreiehen Inseln sind diese Zellen zu syneyt.ialen Ver- b~nden zusammengefal3t, so dag kein Zweifel dartiber bestehen kann, dal3 bier Tumorzellen vorliegen. Auffallend ist die morphologische Verwandtsehaft der Einzelzellen mit grol3en und jungen Lymphoeyten. Danach k6nnte es sieh bier mn ein Lymphosarkom handeln. Bemerkenswert ist aber die starke Vermehrung der Plasmazellen, die, wie das Sgernalpunktat zeigt, nieht aus dem Knochenmark stammen. Die Plasmazellen liegen an manehen Stellen so dieht zusammen, dab der Eindruck eines Myeloms entsteht. Naeh diesem Pr~tparat wiirde man an einen Ubergang yon einem Lymphosark, om zu einem extramedull?iren Myelo~m denken kSnnen.

Im Lymph/cnotenpun/ctat herrschten ebenfalls junge lymphoeyt~re Elemente vor, wobei wieder groBe Zellverb/~nde eharakteristiseh waren, so dab auch hier der Eindruek eines Lymphosar/coms entstand."

Histologischer BeJund (Tumor am GesiB vor 1X'-Lostbehandlung, vgl. Abb. 8). In der Epidermis sind, abgesehen yon den auffallend zahlreichen Mitosen, keine ~ennenswerten Ver/inderungen festzustellen. Fast die ganze Cutis und Teile des subeutanen Fettgewebes sind in breiter Ausdehnung yon einem massiven Zell- infiltrat eingenommen, das nut einen sehmalen Streifen unterhalb der Epidermis frei liBt. Nach den Seiten loekert sich das Zellinfiltrat auf und sehiebt sieh band- f6rmig in die Umgebung vor. Aueh in der iufterlieh unver/~nderten t Iaut sind vor allem um die Gef~ge herum mehr oder weniger breite Zellmintel vorhanden, die reiehlieh Plasmazellen enthalten. Das den Tumor bildende Zellmaterial setzt sieh im wesentliehen aus ch'ei Zellformen zusammen: Lymphoide, dunkelgef~rbte, protoplasmaarme Elemente mit meist rundlichen oder ovalen, gelegentlieh aueh unregelm~tl~ig gestalteten Kernen, gro6e Zellen mit heltem Kern und zarter netz- fSrmiger Struktur des Chromatins und kr/~ftig gefirbten KernkSrperchen (Reti- kulumzellen). Einzelne yon ihnen sind in besonders grogen Exemplaren vorhanden. Den dritten Zelltyp bilden vielfaeh mengenm~13ig stark tiberwiegende Zellen mit mehr oder weniger gut ausgebildeter gadspeiehensgruktur der runden his ovalen Kerne, aber oft nur geringeln Protoplasmagehalt. W/~hrend an manehen Stellen (tie typisehe Form der Plasmazellen deutlieh zu erkennen ist, maeht an anderen Stellen, vor allem dort, wo die Zellen dieht gelagert sind, ihre Abgrenzung gegen- iiber den anderen Zellformen Sehwierigkeiten. In einzelnen dieser Zellen sind aueh Xueleolen vorhanden. Mitosen kommen vor, sind aber nieht sehr hiufig.

In den zentralen Teilen einzelner Tumorabsehnitte beffllden sich massenhaft Zellen im Untergang. Sie haben ihre Firbbarkei t verloren, zeigen vakuolige De- generation ihrer Kerne und sind zmn Teil in kleine Fragmente zerfallen. Auch in diesen Zellzerfallsherden werden FIitosen beobachtet.

An den Gef~6en linden sieh Degenerationserseheinungen der versehiedensten Stadien. Das Bindegewebe ist zum grol3en Teil zerstSrt. Die noeh vorhandenen /~indegewebsfragmente sind hyalinisiert. Die Elastica ist im Tumorbereieh ebenfalls zugrunde gegangen. Die Sehweiftdriisen sind mehr oder weniger intakt geblieben.

Diagnose: Lymphosarkom ?

15~ W. SCRULZE and H. B ~ N E R :

Therapie: A b 3 . 3 . 4 9 erhiel t d ie Pa t . wie be im vorhergehenden Fa l l insgesamt 29 mg Sina-Lost .

Die ersten Injektionen vertrug die Pat. gut. Naeh der 3. und 4. Injektion klagte sie fiber SehlafstSrungen und fiber Kopfsehmerzen. Naeh der 5. Injektion (Gesamtdosis 19 mg) kam es abends zu Erbreehen und im Anschlug daran traten wieder starke Kopfschmerzen auf. Die Injektionen wurden trotzdem am anderen Tage fortgesetzt und ohne grSBere Besehwerden vertragen. Die Blut- senkung stieg yon 29/60 auf 41/80. Die Erythroeytenzahl sank auf 3,2 Mill. mit 80% IIb., die Leukoeytenzahl auf 3150 und die Lymphoeyten erreiehten 5 Tage

Abb. 8. Fall 2. H.E. 1:1000. Tumorabschnitt, der ¥orwiegend plasmacellulgre Elementc enth/ilt.

nach Absehlug der Behandlung mit 12)/0 ihren niedrigsten Wert. Der Urinbefund blieb o. B. - - 4 Woehen spgter war die Blutsenkung mit 25/66 wieder auf den Ausgangswert zuriickgekehrt. Das Blutbild zeigte 5600 Leuko., 2 Eos., 2 Jugendl., 10 Stab., 47 Segment., 37 Lympho., 3,6 Mill. Ery., 81°/o Hb. Subjektive Beschwer- den wurden yon der Pat. nicht mehr angegeben. Wit batten auch bei dieser Pat. nach Absetzen der Stiekstofflostbehandlung jeden 2. Tag Neohepatrat, Vit. C forte und Vit. B-Komplex gegeben.

Die Tumoren b i lde ten sich sehon anger der Behand lung zuri iek a n d waren 12 Tage naeh der Los tbehand lung fas t e ingeebnet . 4 Woehen nach der N-Losgbehandlung waren an der Stelle der frf iheren Tumoren leichte E insenkungen vorhanden (vgl. Abb . 7). Die dar i iber l iegende H a u t war bri*unliehrog verf i i rbt , z igare t tenpapie rdf inn und gefi~ltelt. Dri isen waren n ich t mehr t a s tba r . Die Pat iengin h a t t e sieh vori iber- gehend e twas miide gef fh l t , war nun abe t naeh eigenen A n g a b e n friseh und kri~fgig wie seit J ah ren n icht mehr.

Trotz der kl inisehen t~i iekbi ldang der Tumoren war im his tologisehen Pr/J, p a r a t noeh ein d ichtes Zel l inf i l t ra t naehweisbar . Da es aueh naeh 8 Mona ten niehg geringer geworden war, sondern eher an Dich te zu- genommen ha t te , le i te ten wit eine 2. Los tbehand lung ein.

Beitrag zur Stickstoff-Lost-Behandlung yon H~uttumoren. 155

Die Acrodermat i t i s a t rophicans war un te r der Loste inwirkung un-

veri~ndert geblieben. Sie wurde in der Zwischenzeit mi t 4 Mill. O.E. Penici l l in behandel t mi t dem Erfolg, d ~ eine deutliche Abblassung der

Abb. 9 a.

Abb. 9b.

Abb. 9. Fa l l 2: ]:I.E. 1 :100: a) vor , b) 1 Monat nach der Stickstoff-Lost-Behandlung.

vorher in tens iv b lauro ten Hau t fa rbe der un te ren Ex t remi t~ ten und auch des Ulnarstreifens eintrat .

Histologischer Be/und (Abb. 9b): Excision am Ges~tl~ 4 Wochen nach N.-Lost- behandlung. Die Epidermis zeigt im wesentlichen normale Verhiiltnisse. Das vor- her sehr massive Zellinfiltrat ist nicht mehr ganz so dicht, abet immer noch in

156 W. SCJ~VLZE und H. BR~_I:rNEI~:

breiter Ausdehnung vorhanden. Es erstreckt sich vom epidermisnahen Corium bis ins Fettgewebe und lockert sich sowohl nach oben als auch nach den Seiten hin etwas mehr auf, urn sieh schlieglich nur noch an den Verlauf der Gef~Be zu halten. Die Tumorzellen bestehen in der Hauptsache aus 2 Zellformen, die mengen- m~igig gleiche Anteile ausmaehen, aber ungleichm~i~ig verteilt sind. Es gibt Stellen, wo nur Zellelemente vorhanden sind mit plasmazell~hnlichen Kernen und solche, wo die lymphocyt~ren Zellen das Bild beherrsehen. Demgegentiber treten die hellen retikulgren Zellen mehr in den Hintergrund. Mitosen sind selten. Zellzerfatls- erscheinungen (Vakuolisierung der Zellkerne, Pyknose, Karyolyse, Karyorrhexis) werden verhMtnismgBig haufig gesehen. Hin und wieder findet man intra- und extracellul~r feink6rniges, gelbbraunes Pigment. Eosinophile Zellen kommen ver- einzelt vor. In den oberen Coriumabschnitten dieht unter der Epidermis, sieht man eine Anzahl erweiterter Lymphgef~Be mit homogenem Inhalt. Degenerative Ver/inderungen an den Blutgefi~gen, wie sic in den vorhergehenden Pr~paraten beobaehtet wurden, finden sieh auch hier. Die noeh erhMten gebliebenen Bindc- gewebsbestandteile sind in den subepidermalen Lagen gequollen, aber fiberall naeh vAx GIESO~ normM fitrbbar. Die Schweil]ch'tisen sind, wenigstens zum Teil, er- hMten.

Bei der 2. Excision, 8 Monate nach der N-Lostbehandlung schien das Zell- infiltrat eher wieder etwas zugenommen zu haben. In der Zellzusammensetzung bestand kein wesentlicher Unterschied gegentiber dem vorhergehenden Pr~parat.

Fall 3. P a t i e n t J . R . 58 J .

Bei der Klinikaufnahme im M~rz 1947 hot der Pat. das klassische Bild einer Mycosis fungoides im beginnenden Tumorstadium mit gleichzeitig vorhandenen pr~imycotisehen Herden. Nach einer RSntgenbestrahlungsserie bildeten sich die Hauterseheinungen weitgehend zurfiek. Als der Pat. 1 Jahr sparer (M~rz 1948) mit einem neuen Krankheitsschub wieder zur Behandlung kam, machten wir, veranlal~t durch die damals zur Ver6ffentlichung gekommenen Erfolge bei Leuk- ~mien, einen Versuch mit ~thylurethan. Wir gaben dem Pat. 10 Tage lang 2 g und 5 Tage lang 3 g, insgesamt 35 g Urethan. Da der Erfolg, der sich bei den Leuk~imien nach dieser Dosierung bereits einzustellen pflegt, ausblieb, setzten wit nach Riieksprache mit dem Internisten das Mittel ab - - zu frfih, denn wir wissen jetzt nach den Ver6ffentlichungen amerikaniseher Autoren und aueh yon SCKU~R- ~ A ~ und BI~DEa, Koc~ u.a. , dag,bei der Mycosis fungoides im allgemeinen erst naeh wesentlieh h5heren Dosen (einige 100 g) mit einer Wirkung zu reehnen ist.

Angeregt durch eine Mitteilung aus der Chirurgischen Klinik, dab es m6glich sei, durch Cyrenimplantation die Entstehung yon Melanosarkommetastasen zu verhindern, liel3en wir im M~irz 1949 bei dem Pat. in der Chirurgischen Klinik 100 mg Cyren unter die Bauchmuskulatur implantieren. Am I-Iautzustand trat bei deutlich ausgepr£gter Gyn~komastie keine Bcsserung, sondern eher eine Ver- schlechterung ein. Der Pat. fiihlte sich auch in seinem Allgemeinbefinden beein- tr~chtigt, war abgesehlagen und mil~mutig ~.

Im Juli 1949 sahen wir uns wegen der verstarkten Ausbreitung der Tumoren veranla~t, wieder eine l~6ntgenbestrahlung vorzunchmen und konnten dadurch eine wesentliche Besserung der Hauterseheinungen erzielen. Sic hielt aber nur einige Monate an. Als im Dezember 1949 dureh die Bildung zahlreicher Tumoren wieder

1 Das Cyren versagte iibrigens auch bei einem Pat. mit einem Melanosarkom, den wir etwa zur gleichen Zeit behandelten und bei dem sich nach einigen Monaten Metastasen zeigten. Wie wir sp~ter erfuhren, solIen sieh die anf£nglich gfinstigen Erfahrungen der Chirurgischen Klinik hinsichtlich der Cyrenbehandlung beim Melanosarkom nicht best~ttigt haben.

Beitrag zur Stiekstoff-Lost-Behandlung yon I-[auttumoren. 157

eine starke Verschlechterung des Krankheitszustandes eingetreten war, gingen wit zur Behandlung mit Stickslo/[lost fiber. Der Pat. erhielt innerhalb yon 8 Tagen insgesamt 34 mg Sinalost i.v. Die Behandlung wurde, abgesehen yon vorfiber- gehender Appetitlosigkeit, gut vertragen. Die Leukocytenzahl blieb im wesent- lichen unvergndert, w/~hrend bei den Lymphocyten ein AbfM1 auf 4°/0 erfolgte. Kliniseh trat nach der Stiekstofflostbehandlung zwar eine gewisse Besserung ein. Im ganzen gesehen war der Erfolg abet unbefriedigend. Eine 2. Lostbehandlung wurde yon dem Pat. abgelehnt.

Die eytologische Auswertung der vorund nach dem Loststog angefertigten Tumorausstriehpr~parate ergab ebenso wie die histologisehe Untersuchung keine wesentliehe Xnderung des Befundes.

Zur Abgrenzung der Indikationsbreite der Lostbehandlung ist ftir jeden Einzelfall die eindeutige Klarstellung der Diagnose eine unerlgB- liehe Voraussetzung. Die Praxis zeigt jedoch, dab gerade bei Haut- tumoren, wie sit bei den Patientinnen lV[. F. und ~{. Seh. vorliegen, die nosologisehe Einordnung aul~erordentlieh sehwierig sein kann.

Eine Entseheidung naeh rein klinisch morphologischen Gesiehts- punkten ist nieht immer mSglieh. Znweilen kSnnen der internistisehe und rSntgenologische Befund oder das Knoehenmarkpunktat nnd das periphere Blutbild die Diagnose klgren. Es bleibt aber eine groBe Anzahl yon F~llen, bei denen dem Histopathologen die Aufgabe zuf~llt, das Xrankheitsbild diagnostiseh zu klgren. Abet aueh dieser letzten Instanz sind in ihren diagnostisehen 1K6gliehkeiten Grenzen gesetzt. Daraus wird auch yon seiten des Pathologen kein Hehl gemaeht. So hebt HUECK die Grenzen der Gesehwulstmorphologie hervor, wenn er auf ,,die vSllige Unzul/~ngliehkeit unseres Wissens in der Frage der histiogenetischen Zusammenh/~nge" hinweist und die Sehwierigkeiten betont, die sieh aus dieser Tatsaehe ergeben, wenn eine Entseheidung darfiber getroffen werden soil, was ist , ,Parenehym des Tumors" und was ist , ,Stroma".

Die Sehwierigkeiten, denen die histologisehe Diagnostik infolge der Vieldeutigkeit des Gewebsbildes gegeniibersteht, zeigt sehr eindrueks- roll ein yon GoYL~ und Mitarbeiter angefiihrtes Beispiel. Bei einem unklaren Tall yon tIaut-Re~iknlose wurden yon 3 namhaften Patho- logen drei versehiedene Diagnosen gestellt: 1. Lymphosarkom; 2. Hodg- kin; 3. kein Hodgkin, sondern granulomatSse Wueherung yon reti- kuloendothelialem Typ.

Bei unserer Patientin M. F. wurde 1943 auf Grund der histologisehen Untersuehung dig Vermutungsdiagnose ,,aleuk/~misehe Lymphadenose" gestellt, die j e t z t eine Korrektur in dem Sinne erfuhr, dab nieht mehr eine Lymphadenosis, sondern eine maligne Tumorform, am ehesten eine FIyeosis fungoides angenommen wurde (die aber naeh dem klinisehen Befund nieht in Frage kommt). Von anderen Untersuehern wurde die Diagnose Retothelsarkom und I~undzellensarkom gestellt. Aueh bei der Patientin M. Sch. wurde auf Grund des eytoloy, isehen und histologisehen Befundes die ~6gliehkeit eines Sarkoms i n Erw~gung gezogen.

158 W. Sc~vr,z]~ und H. B~u~]~l~:

Die histologische Diagnose , ,Sarkom" setzt das Vorliegen yon Symptomen der Kalignit~it voraus: Verwilderung der Zellen und Kerne, vermehrtes Auftreten yon Mitosen (darunter such atypische Formen), destruierendes Wachstum. Aber diese Zeichen der Malignitgt, dig such in unseren F~llen mehr oder weniger ausgepr~gt vorhanden wsren, er- lauben nicht immer eine sichere Diagnose. Sie k6nnen such bei der Lymphadenosis angetroffen werden. Die fiir die Lymphsdenosis als chsrakteristisch angesehene Einheitlichkeit des Zellmsterisls kann bei den tumorbildenden F/illen fehlen und das Wachstum destruierend sein. Sic stellen dann m6glicherweise ~dbergangsfiille dar zum Lympho- sarkom. NAEe~SI ist der Ansieht, dug Lymphadenosis und Lympho- sarkom nur verschiedene Stadien der gleichen Krankhei t sind, und APITZ nimmt ebenfalls an, dall eine Umwandlung der lymphatischen Zelle in eine Sarkomzelle mit dem i~bergang yon Lymphadenosis i1-~ Lymphossrkom m6glich ist. Es wird hiernach versti~ndlich, dug die sichere histologische Abgrenzung der Lymphadenosis gegeniiber dem Lymphosarkom schwierig und in bestimrnten F~illen unm6glich sein karat.

Ferner gelingt es such nicht immer, dss Lymphosarkom, das nach It6ssL~ nut eine topographische Diagnose dsrstellt, vom getothel - sarkom mit Sicherheit zu unterscheiden. Schwierigkeiten entstehen dann, wenn bei den lymphatischen Tumoren durch )/[itreaktion des retikul~ren Gewebes neben lymphstischen bzw. lymphoiden Zellen such retiknli~re und endotheliale Zellelemente auftreten. Es entsteht dann ein vielgestaltiges Bfld, dss von dem eines Retothelsarkoms nur schwer zu unterseheiden ist. R6ssL~ empfiehlt in Zweifelsfgllen fiir die Differen- tialdiagnose die Darstellung der argyrophilen Yssern, aber such dann dtirfte die Diagnose nut dem in der Tumordiagnostik besondcrs er- fahrenen Itistopathologen mSglich sein.

Das Retothelsarkom ist ja in erster Linie eine Erkrankung der Lymphdrtisen und der lyrnphoiden Organe. Das primitre und isolierte Auftreten in der Hau t geh6rt, wie man wenigstens bisher sngenommen hat, zu den groIlen SeltenheitenL Sicherlich wird man aber der lcIaut, such welm sic nicht als retiknloendotheliales oder lymphoides Organ im eigeutlichen Sinne gelten kann, die Fiihigkeit nicht sbsprechen k6nnen, auf pathogene l~eize i~hnliche eelluliire und gewebliche Veriinderungen hervorzubringen, wie sis den lymphatischen Organen und den anderen

ZooN nimmt fiir sieh in Anspruch, den I. Fall eines primgren l~etothelsar- koms der Haut auf dem Internationalen Dermatologenkongrell in Budapest 1935 beschrieben zu haben. Es ist aber sehr wohl m6glich, dull man dieser Tumorform diagnostiseh nicht geniigende Beachtung geschenkt hat und dag muncher Fall als Lymphosarkom aufgefaBt wurde, der in Wirklichkeit ein Retothelsarkom gewesen is~.

Beitrag zur Stiekstoff-Lost-Behandlung von Ha,uttumoren. 159

Trggern regikuloendothelialen Gewebes eigen sind. Dafiir bietet die Y[yeosis fungoides ein greffendes Beispiel, die ja ebenso wie die Lympho- granulomatose als Retikuloendotheliose aufgefagt wird mad yon rein entzfindlieher Proliferation fiber das Stadium granulomat6ser Wucherung alle ~berggnge his zur Bildung yon neoplastisehen Tumoren dureh- laui?n kann. Als Ausgangspunkt dieser Wueherungen lymphoider, regi- kulgrer und endotheloider Zellelemente wird man ein Keimgewebe an- nehmen miissen, das in der Umgebung der gautcapi l laren (HuEcK) bzw. in der Adventit ia der kleinen Hautgef~fie zu suehen ist und sich hier als normaler Bestandteil der Haut anlagem~i~ig vorfindet. Ffir die prim/~ren Lympho- oder Retothelsarkome der tIaug liefie sieh aueh die Annahme ~ertreten, daft ihre Entsgehung yon Keimen ausgeht, die yon der Embryonalzeig her in der Hau t liegen geblieben sind, yon Keimen mig genera,given Potenzen zur Bildung lymlohoider oder regikulo-endo- theliMer Gewebselemente, die sieh unter geeigneten Umsti~nden zu neo- plastisehen Wueherungen entfalten kSnnen.

Was an der Diagnose Sarkom bei unseren beiden Krankheigsf~llen nieht befriedigt, ist der zu den histologiseh vorhandenen Zeiehen der :~Ialignit~;t im Gegensatz stehende gutartige Krankheitsverlauf und bei der Patientin F. aueh die auffallende Neigung zur spontanen Riiek- bildung der Tumoren. Bei dieser Patient in waren Tumoren in vier ver- sehiedenen Entwieklnngsstadien vorhanden: Ein waehsender Tumor, zwei Tumoren mit spontaner Riiekbildung, darunter einer mit Ver- kalkung und ein Krankheitsherd, der, ohne Waehstumstendenz zu zeigen, sehon lange Zeit als flaehes Tumorzellinfiltrat bestand.

Es erhebt sieh daher die Frage, ob es denn nieht aueh gutartige, dem Retothelsarkom im histologisehen Aufbau weitgehend ~hnliehe Tumoren gibt, die man wegen ihrer Gutartigkeit besser als Retotheliome bezeiehnen k6nnte. Von pathologiseher Seite wird die Existenz soleher gutartiger Tumoren des I~ES als sehr fraglieh angesehen. RSSSL~ hat das in seinem Schema der H/~matoblastosen zum Ausdruck gebraeht, und auch I-IEm- -~nYER sehliel3g sich vom h~tmatologisehen Standpunkt aus der Auf- fassung an, daft es gutartige Tumoren als AbkSmmlinge der undifferen- zierten Mesenehymzellen der blutbildenden Organe nicht gibt. Trotzdem ble.ibt abet/i~r das Hautorgan die au//allende Tatsache bestehen, daft histo- logisch als Lympho- oder RetotheIsarkome anzusprechende Tumoren sehr lange Zeit gutartig verlau/en kdnnen. Die Ursaehe hierffir wird man woh] in den besonderen anatomisehen und biologischen Verh/iltnissen der Kaut zu suehen haben.

BXFVERSTEDT hat in einer 1943 erschienenen Monographie eine Gruppe von benignen Haut tumoren, darunter einen Teil der als SPIEG- ~;E~-FnNDTsehe Sarkoide, als Lymphoeytome und als Tumorformen der chronisehen Lymphadenose verSffentliehten Krankbeitsf~tlle zu einer

160 W. ScmJLz~ und H. B~AV~nR:

Krankheitseinheit zusammengefagt, fiir die er die Bezeiehnung ,,Lym- phadenosis benigna cutis" w~hlge. Er hat damit den sehr verdienst- vollen Versueh gemaeht, eine Klassifizierung vorzunehmen, bei der die klinisehe Gutartigkeit als dominierendes Symptom der Begriffsbildung zugrunde gelegg wird. Unsere beiden Krankheitsf~lle ~I. F. und N. Seh. wfirden sieh bier zwanglos einordnen lassen. Uns seheint aber die Ein- heitliehkeig dieses Krankheitsbildes nieht hinreiehend gew~hrleisget zu sein, da neben Krankheitsf~llen mit vorwiegend solit~ren, dureh ihre besondere Lokalisation gekennzeichneten Tumoren aueh solehe mig ,,st~ndig neuen Aussaaten yon Tumoren fiber groBe Teile des KSrpers" und mig grogen flgehenhaften Infi l t raten aufgeffihrt werden. Aueh die Bezeichnung , ,Lymphadenosis" diirfte nieht sehr gl/icklieh sein, weil es ffir die unter dieser Diagnose zusammengefagten Tumoren gerade bezeiehnend ist, dab eine Beteiligung der Lymphdriisen bzw. der lym- phatischen Organe nicht oder nut sekund/~r im sp~teren Verlaufe erfolgt.

Kehren wit naeh diesen Ausffihrungen, die der Diagnose and einigen damit verbundenen grundsgtzliehen Fragen gewidmet waren, zum Pro- blem der Lostbehandlung zuriiek. Bei den beiden Patienten IV[. F. und M. Seh. ist naeh der Lostbehandlung sehr sehnell eine Rfiekbildung der Tumoren eingegreten. Schon 2--3 Woehen naeh der Lostbehandlung waren die Tumoren unter ]-[interlassung brgunlieh-rot gef~rbger atro- phiseher I-Iantbezirke vollkommen versehwunden. Als wit abet bei der Patientin Seh. einen bzw. 7 NonaGe sp/~ter an der Sgelle der friiheren Tumoren Probeexeisionen vornahmen, stellten wir fest, dab noeh diehge Infil trate yon Tumorzellen vorhanden waren. Es ist nieht wahrsehein- lieh, dag es sieh hier um Tumorresge handelt, yon denen man annehmen k6nnte, dag sie im Laufe der Zeit noeh ganz versehwinden wiirden. Dafiir lag zum Zeitpunkt der Probeexeision die Lostbehandlung sehon zu lange zurfiek. Aueh dutch eine zweite Stiekstofflostbehandlung konnte bei dieser Patientin das Zellinfiltrat nieht zum Versehwinden gebraeht werden. Bei der Patientin N. F. konnte 7 ~ o n a t e naeh der Stickstofflostbehandlung histologiseh einwandfrei das Auftreten neuer Tumorzellinfiltrate naehgewiesen werden, und einige Monate spgter haben sigh neue Tumoren an frfiher nieht befMlenen I-[autstellen gebildet.

Um einen Einbliek in die cytomorphologischen Verhiiltnisse unter der Lostanwendung zu gewinnen, haben wit bei dieser Patientin nach der 2. Lostinjektion yon 3 mg, der am Tage vorher eine Injektion yon 2 mg vorausgegangen war, eine Probeexeision vorgenommen. ZellzerfMls- erseheinungen in gr6gerem Umfange konnten nieht fesggestellt werden. Nitosen waren in reiehlieher 1V[enge vorhanden, abet keine patholo- gisehen Formen. Wit hat ten beabsiehtigt, noeh unter der Lostwirkung eine zweite Probeexeision zu maehen, mugten aber davon absehen, weil die Patientin sieh nieht dazu bereit erklgrte. Die dann spiiter, 7 ~¢[onate

Bei~rag zur Stickstoff-Lost=Behandlung yon tIauttumoren. 161

nach der Lostbehandlung, an der Stelle des friiheren Tumors erfolgte Probeexeision ergab den bereits oben (S. 15i) angefiihrten Befund. tIin- siehtlieh der Zusammensetzung des noeh vorhandenen geringen Tumor- zellinfiltrates war ein Untersehied gegeniiber den Verh/~ltnissen vor der Stiekstofflostbehandlung insofern feststellbar, als die hellen retiku- l~ren Zellen fast vollkommen fehlten. Aueh bei der Patientin 1~. Sch. (vgl. S. 156) sehien 8 ~ona te naeh der Lostbehandlung die Zahl der retikul/~ren Zellen im Vergleieh zu den lymphoiden reduziert zu sein. Dieser Befund kSnnte bier allerdings aueh dutch region/~re Sehwan- kmlgen der Zellzusammensetzung bedingt sein. Wit mSehten daher nieht so weir gehen, dal~ wir den Sehluff ziehen, aueh in diesem Falle sei eine der den Tumor aufbauenden Zellformen yon der Lostwirkung vorzugsweise betroffen worden.

Bei dem Patienten J. R. (~yeosis fungoides) war Bin gewisser Ein- fluff der Lostbehandlung nieht zu verkennen. Die vorher barren Tumoren wurden welk, sehrumpften ein und die neben den Tumoren noeh vor- handenen pr~mykotiseheu I-Ierde bildeten sieh teilweise zurtiek. Es kam aber keinesfalls zum vollstfi.ndigen Versehwinden der ttautersehei- nungen. Der hoehgradige Juekreiz wurde nach den Aul~erungen des Patienten nut wenig beeinflul]t. Ein Vergleieh der histologisehen und cytologischen Befunde vor und 10 gage naeh der Lostbehandlung lieff keine verwertbare "~nderung der Zellzusammensetzung und Zellmorpho- 1ogle erkennen. Es h~tte uns hier sehr interessiert, ob die yon I~.gAK bei der Urethanbehandlung der ~ycosis fungoides beobaehteten Xnde- rungen der Zellzusammensetzung aueh bei der Lostbehandlung festzu- stellen sind. t~E~K erhob bei Ausz/~hlung der Zellen in naeh MA¥- G~NWALD gef/~rbten histologisehen Sehnitten den sehr bemerkens- werten Befund, daff die ,,retikulgren ~[yeosiszellen" stark vermehrt waren (696o/00, start 116°/00), w/~hrend die ,,lymphoiden 3/[yeosiszellen" und die iibrigen Zellformen (auger den ~astzellen) vollkommen ver- sehwanden und dab ,,granulierte ~yeosiszellen", die vorher nicht vor- handen waren, naeh der Lostbehandlung in gr6fferer Zahl neu auftraten. Sie sind naeh Ansieht des Verf. m6glieherweise als ~bergangsform zwisehen lymphoiden und retikularen Xyeosiszellen aufzufassen. Die Bedeutung, die dieser Beobaehtung zukommt, lgfft es wtinsehenswer~ erseheinen, bei der Behandlung der ~yeosis fungoides mit Urethan und Lost den eytologischen Verh~ltnissen besondere Aufinerksamkeit zu sehenken, und zu sehen, wie weir sieh die yon REHAK erhobenen Befunde bestgtigen lassen.

Da die experimentell erzeugten Wirkungen yon Stiekstofflost den eytomorphologisehen I~6ntgenstrahleneffekten weitgehend gleiehen (ScI4r~z) und aueh kliniseh die Anspreehbarkeit der Tumoren auf N- Lost mit einer Sensibilitgt gegenfiber RSntgenstrahlen parallel geht,

Archiv f. Dermatologie u. Syphilis, Bd. 192. l 1

162 W. SCHULZE und H. B~.~v~-ER:

liegt die Annahme nahe, dab auch unter der Stickstofflosttherapie ~thn- liche Zellver~nderungen auftreten, wie naeh gSntgenbestrahlung. Bei einem Vergleieh wird man am ehesten an eine unterdosierte Langzeit; bestrahlung mit RSntgenstrahlen denken kSnnen, da auch die Lost- behandlung sieh fiber eine Anzahl yon Tagen erstreekt und keine vol|- stgndige I-[eilung, sondern nut ein paIliativer Effekt erzielt wird. Man wtirde dann nieht wie bei einer tumortSdliehen Einzelbestrahlung eine hoehgradige StSrung aller Funktionen derTumerzellen zu erwartenhaben, sondern vorwiegend eine Seh~tdigung der Fortpflanzungsvorg~nge, w~h- rend die Waehstumsvorgi~nge zwar gestfrt sind, aber dennoeh w e i t e r ablaufen. Das wfirde, wie es ESGLMAS~ fiir die fraktionierte t~fntgen- langzeitbestrahlung des Carcinoms zeigen konnte, eine betri~chtliehe Zu- nahme pathologiseher Kernteilungsfiguren und eine pathologisehe Zell- vergrfl3erung mi.t der Bildung aueh mehrkerniger l~iesenzellen zur Folge haben. Die yon E~GL~A~ beobaehtete ZeIlvergr6gerung kgnn noeh nach Monaten naehweisbar sein, so dab der Erfahrene in der Lage ist, aus einem selehen Befund eine friihere unzureiehende I~fntgenbestrahlung abzuleiten. Das geh~ufte Auftreten pathologiseher 3/fitosen f~llt dagegen zeitlieh mit der Einwirkung des zellsehgdigenden l~eizes zusammen.

W e n n man aueh den bier gezogenen Vergleieh zwisehen I~fntgen- strahlenwirkung und Lostwirkung wohl nieht zu weit ffihren darf, wird man doeh die 3£Sgliehkeit often lassen d[irfen, dag sieh unter der Lest- behandfung an den Tumorzellen im Prinzip ghnliehe eyto-morpholo- gisehe Vorggnge wie unter der Rfntgenbestrahlung abspielen, also aueh solehe, die Ms ~uta t ionen aufzufassen sind und vielleieht noeh lange naeh der Lostbehandlung feststellbar sein kfnnten.

Die im Experiment weitgehende ~hnliehkeit der eytomorpholo- gischen Effekte bei Stiekstofflost- und R5ntgenstrahlenanwendung (Sc~INz) besehr/~nkt sieh nieht nur auf die ihnen beiden gemeinsamen mutagenen und caneerieiden Wirkungen, sendern, wie die Rfntgen- straMen, besitzt das N-Lest daneben aueh morphogene und eaneerogene Eigensehaften (I-I~STO~, BOYLA~D und t{ORNrSG). Da wit yon den Rfntgenstrahlen wissen, dab eine Anbehandlung mit unzureiehender Desis znweilen ein verstKrktes Tumorwaehstum naeh sieh ziehen kann, liegt die Annahme nahe, dab aueh bei der N-Lostbehandlung die nicht tfdlieh geseh~digten Tumorzellen oder ihre Toehtergenerationen eine erhShte Aktivitgt entfMten kSnnen. Diese ffir die Bewertung der Lost- therapie wiehtige Frage hat sieh uns bei der Patientin M. F. aufgedr/~ngt, als bei ihr - - naeh dem bisherigen Verlauf unerwartet - - 7 Monate naeh der Stiekstofflostbehandlung Ansgtze zu neuer Tumorbildung fest- gestellt wurden. Wit glauben, dab man zumindest an solehe NIfglieh, keiten denken sollte.

]3eitrgg zur Stickstoff-Lost-Behandtung yon Hauttumorcn. 163

Zusammen/assung.

Die Anwendung yon Stickstofflost ftthrte bei einem Fal l ~-on Mycosis fungoides zu einer nu r unvol ls t~ndigen Ri ickbi ldung der Tumor e n u n d der pr~mykot isehen Hautersche inungen. Bei 2 P a t i e n t i n n e n mi t lympho- ret ikul~ren Hau tgumoren wurde durch die Stiekstofflost-Therapie ein kliniseh als Abhei lung anzusprechender Behandlungserfolg erzielt. Die histologisehe Unte r suchung ergab aber, dal3 an der Stelle der fri iheren Tumoren noeh teils geringere, tells gr613ere i~estinfi l trate yon Tumor- zellen vo rhanden waren. Bei der einen Pa t i en t in zeigten sich bei sonst durehaus gutar t igem Verlauf und histo!ogiseh nachgewiesener Tendenz zu spontaner Ri ickbi ldung 7 ~{onate nach der Los~behandlung Ansgtze zur Bi ldung eines neuen Tumors.

Die Sehwierigkeiten, die vorl iegenden Krankhei tsf~l le nach ihren kli- nischen Symptomen u n d histologisehen Befunden diagnostisch ein- deutig festzulegen, gaben Anlal3, diesen Fragenkomplex yon al lgemeinen Gesiehtspunkten aus eingehender zu er6rtern.

Der Dars te l lung der eigenen Beobaehtung sind Ausff ihrungen fiber die Bedeu tung der eytomorphologisehen Befunde ffir die Gesehwulst- pathologie und -therapie angesehlossen un d Vergleiehspunkte mi t der lgSntgenst rahlenwirkung hervorgehoben.

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Doz. Dr. Ing., Dr. reed. W. Sc~u~z~, Dr. I-I. B~v~]~n, Univ. Hautklinik Freiburg. 11"

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