Bestimmung der Stabilitätskonstanten gemischter Hexahalogenokomplexe von Osmium(IV)

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Z. anorg. allg. Chem. 426, 131-139 (1976) J. A. Barth, Leipzig

Bestimmung der Stabilitatskonstanten gemischter Hexahalogenokomplexe von Osmium(lV) Von W. PREETZ und K.-G. B~HRENS

I< i el, Jnstitut far Anorganische Chemie der Christian-Albrechts-Universitiit

Profesmr Bertold R e d e r zxm 60. Geburtslage am 30. Juli 1976 gewidmet

Iniial t s ubers ich t . Die individuellen und Gesamtstabilitatskonstanten der Komplexreihen [OSX,Y,-,]~-, S # Y = C1, Br, J; x = 0-6, merden durch radiometrisehe Messung der Gleichge- wichtskonzentrationen aller Komponenten bestimmt. Die thcrmodgnamische Shbilitat nimmt vom Hexahromo- iiber den Hcxa.chloro- zum Hexajodokomplex zu. Die Gesamtstabilit2,tskonstanten verhalten sicli wie 1 : 5,2 : 12%. Axit' den individuellen Konstanten werden Gleichgewichtsdiagramme bcrechnet. Uie photometrische Bestimmung der cis/trans-Verhaltnisse bei den Komplexen mit s = 2, 3, 4 ergibt die st,at,istische Verteilung der Liganden auf die Oktaederpliltze. Der Zusammen- hang zvischen tharniodynamisehen und kinetischen Dat.en wird diskutiert.

Deterininat8ioii of tthe StabiliQ Const,ants of Mixed Hexahaslogeno Complexes of 0 sininni (IT)

-1 b s t r a c t . The individual and t,otal stability constants of t,he complex series [0s&Y6,_J-; S # Y = CI, Br, I; x =: 0-6 are deterniined by radiomet.ric measurements of the equilibrium con- cent.rations of all compounds. The thermodynamical stabilit,y increases from t>he hexabromo- over the hexachloro- to the hexaiodo-complex. The total stability constants are in ratio of 1: S,2:1225. With the individual constant8s the equilibrium diagrams are calculated. The photometric determina- tion of the cisltrans rattio in complexes with x = 2, 3, 4 gives the statistical distribution of t,he ligands in the oet.ahedrons. The relationship between thermodynamical and kinet,ical data is dis- cussed.

1. Einleitung Gemischtligaiidkoinplexe vom Typ [MX,Y,_,]; 34 = Re, Os, Ir, P t ; X #

Y = C1, Rr, J ; x = 1-5 entstehen entwetler durch die Einstelluiig von Gleich- gewichten bei gleiehzeitigein Angebot der beideii einzahnig koordiiiatjonsfahigen Partner X und Y oder d s Zwischenprodukte bei der sukzessiveii Subst'itution der reinen Koinplexe [MXJ- bzw. [MY6I2- durch den jeweiligen anderen Liganden [l--41. In den let'zten Jahren wurde vor allem der letztere, kinetisch kontrollierte Weg zur Reindsrstellung cler einzelneii Spezies beschritten. Auf Grund des unter- schiedlichen trans-Effekts der Halogenide la& sich der Ligandenaustausch stereospezifisch fulzren, was in Verbindung niit ionophoretischen Trennmethoden [5] die Isolierung der fur x = 2, 3, 4 existierenden cisltrans-Isomeren ermoglicht. Durch Bestiininung aller denkbaren Substitutionsschritte der gemischten Chloro - Jodo-Komplexe voii Os(1V) laljt sich z. R. dieses System kinetisch quantitativ beschreibeii [6, 71.

132 W. PREETZ u. K.-G. B ~ I I R E X S

Ebenso interessaut ist die Frage nach der Zusarnmensetzurig einer im Gleich- gewicht befindlichen Losung in Abhangigkeit von vorgegebenen Gesamtkonzen- trationen der Partner. )Vie aus mehreren Arbeiten [I, 2, 8-11] bekannt, sind die relativen Mengenverhaltnisse zwischen den einzelneri Gemischtligandkomplexeii abhaiigig von den iiidividuellen Stabilitatskonstanten, durch die sich die stufen- weise Komplexbildung erfassen laBt.

Durch quantitative radiometrisehe Messungen der Gleichgewichtskonzentra- tionen der einzelnen Komponenten werden die erforderlichen Daten fur die Chloro-Brorno-, Chloro --Jodo- und Bromo- Jodo-Systerne voii Os(1V) ermittelt. Das Isomerenverhaltnis der mittleren Glieder la& sich spektrometrisch bestimmen. Der Zusainiiienhang zwischen den thermodynsmischen und kinetisclien Daten wird disliutiert.

2. Stabilitatskonstanten Die slufenweise Bildung der geinischteri Hexahalogenokomplexe von Os(1V)

wird durch folgende seehs voneinander abhangigen Gleichgewichte beschrieben.

Die Nengenverhalt'nisse zwischen den einzelnen Spezies sind durch die indivi- duellen Stabilitatskonstanten k, bjs k, festgelegt. Das Produkt aus diesen ergibt die Gesamtkonstante K,. Sie beschreibt das Gesamtgleichgewicht zwischen den beiden reinen Hexahalogenokomplexen :

Zur Berechnung der Einzelbestbndigkeitskonstanten sind jcweils vier Gleich- gewichtskonzentrationen erforderlich, namlich in jedein Fall die Konzentrationen der freien Liganden [X-] und [Y-] und auBerdem die zweier beiiachbarter Ge- mischtligandkomplexe. Da nach der Gleichgewichtseinstellung stets mehrere Komplexe eines Systems in nennenswerter Menge nebeneinander vorliegen, ist die direkte Konzentrationsbestimmung irn Geinisch nicht moglich. Die Gleich- gewichtc lassen sich bei diesen kinetisch stabilen Komplexen zwischen 0 und + 20°C so weit eirifrieren, daB wahrend der Trennurlg durch Hochspannungsiono- phorese praktisch keine Verschiebungen mehr eintreten. Um in den kleinen Proben auch die in sehr geringer Merige vorliegenden Komponenten noch quarititati 1- erfassen zu kBnnen, wird radioaktives 0s . kurz Os", eingesetzt (0s " bezeichnet ein durch Ncutronenaktivierung erhaltenes Isotopengemisch, das vorwiegend 1850s enthalt ein y-Strahler der inaximalen Energje 0,88 eV und der Halbwertszeit von 94 Tagen, spezifische Aktivitiit etwa 0,2 mCi/mg 0s).

Stabilitatskonstanten gemischter Halogenokomplexe von Osmium(1V) 133

Glcichgewic h t se ins t,elI ung. Die reinen radioaktiv ma,rkiert,en Komplexe K,[Os*CI,] bzw. K,[Os*Br,] bzw. K,[Os*J,] werden in verschiedenen, genaii definierten Gemischen aus HCI/HBr bzw. HCl/HJ bzw. HBr/HJ aufgelost, so daS die Komplexkonzentration 10k3 bis Mol/l betragt. Die Gesamtkonzentration der frciensauren wird einheitlich 5n gewkhlt. Lediglich in1 Chloro- Bromo-Sys- tem werden auch 1, 2, 3 und 411 Losungen untersucht. Zur Gleichgewichtseinstellung werden 1-2 ml der Losungen in abgesehmolzenen Rohrchen in thermostatisierten Wa rbadern bei 40, 60 und 80°C anfbewahrt. Wahrend sich in den Proben der Chloro-,Jodo- und Bromo-?Jodo-Komplexe schon nach wenigen Stunden des Tempcrns bei 80 "C keine Konzentrat~ionsandernngen mehr nachweisen lassen, ist das beim Chloro-Rromo-System erst nach einigen Tagen der Fall. In allen J- enthaltenden Losungen stellt, sich zusatzlich ein Gleichgewicht mit freiem Jod ein. Das vorgegebene Cl-/J---Ver- haltnis wird dadurch, wie die potentiometrische Oberpriifung zeigt, nicht meSbar verandert. Insbe- sondere bei niedrigeren Temperaturen wird das Tempern auf mehrere Wochen ausgedehnt. DaO danach tatslchlich ein definierter Gleichgewichtszustand erreicht ist, lafit sieh durch die Rildung identisch znsammengesetzter Gemische fur jedes HXIIW-Verhiiltnis zeigen, gleichgiiltig, ob von [OsXJZ- oder [OsYJ- ausgegangen wird. Die eingestellten dynamischen Glcichgewicht,e werderi durch Abschrecken niit fliissiger Luft eingefrorcn. Alle weit'eren 0perat.ionen sirid unter Bedingungen vorzunehmen, bei denen die gemischten Komplexe kinetisch stabil sind, so daB keine Gleicligewichts- verschiebungen mehr eintret-en konnen.

To no p h o r e t i s c he T r e n n u n ge n un d r a d i o me t'r i s c he K onze n t r a t i ons b e s t im m 11 ng e n. Die dcr Bestimmung der Einzelkomponcntcn vorangehcnde ionophoretische Auftrennung der Proben vereinfacht und verbessert sich, wenn zuvor der groI3e ElektrolybiiberschuB, den die freien Halogen- wasserstoffsauren darstellen, entfernt wird. Das ist durch Cefriertrocknung ohne Storungen moglich. Lediglich Geinischtligandkomplexe, die mehrere J-Liganden enthalten, z. B. [OsJjCIIz-, ~is-[OsJ,Cl,]~- und cis-[0sJ3C1,]"- reagieren mit H J , das sich beim Einengen der Proben anreichcrt, selbst bei 0°C mit Halbwertszeiten zwischen 111 und 31 RIinut,en zuni jerveils jodreicheren Komplex. Die Bromo-- Jodo-Osmate verhalten sich noch labiler. Bei diesen Systemen wTird daher auf die Gefriertrocknung rerzichtet und dafur die Trennung mit sehr kleinen, starker aktivierten Proben direkt durchgefuhrt. Die freien Halogenidionen wandern schnell aus dem Bereich der Koniplexe heraus und stijren dann nicht mehr. Unter den Ionophoresebedingangen sind dic meisten Komplexe vollig stabil. Lediglich die jodreichen Komponenten hydrolysieren teilweise, was durch eine Korrektur ausgeglichen werden muB.

Zur Konzentrationsbestimmung werden die Komplexe aus dcm Trcnnstreifen ausgeschnitten. Die visuelle Erkennung der Zonen wird verbessert, indem den radioaktiven Proben vor der Trennung ansreichende Mengen eines Gemisches mit allen nichtaktiven Gemischtligandkomplexen des betreffen- den Systems zngesetzt werden. In den einzelnen Zonen wird mit Hilfe eines ;r-Spektrometers die Akti- vitat gemessen, die der Konzentration der radioaktiv rnarkicrten Komplexe direkt proportional ist. Um den FehIer klein zu halten, wird die MeBzeit. so gewahlt, daB mindestens 10000 Impulse auf jede Romponente entfallen.

I somerenverhLl tn isse . Zur Bestimmung des cis-trans-Verhdtnisses eignen sich Gleich- gcwiditsrnisch~~ngen, in denen die Komplexe [OsX2Y,]*-, [OsX,V,]' - und [OsX,Y,]"- in moglichst holier Konzentration vorliegen. Die entsprechenden Zonen mehrerer Trennungen werden mit ver- diinnter H2S04 eluiert. Da die Absorptionsspektren der reinen cis- und trans-Komplexe bekannt sind, 12St sich durch Kurvenanalysen der Absorptionsspektren der Gemische das Isomerenverbaltnis be- rechnen [12]. Die fur die Chloro--Bromo- und Chloro -Jodo-Komplexe erhaltenen Werte sind in Tab. 1 zusammengestellt.

E inze l - u n d Gesamts tab i l i tL tskons tan ten . Die zur Berechnung der individuellen Sta- bilitiit,skonst'anten erforderlichen Konzentrationen der einzelnen Komplexe ergeben sich direkt aus den Aktivitatsmexsungen. Wegen der grol3en Gesamtkonzentration von 5 Mol/l an freien Liganden sind nur Rexahalogenokomplexe zu beriicksichtigen. Zumindest lassen sich experimentell keine meB- baren Mengen an Halogenoaquokomplexen nachweisen. Sie konnen jedoch als Zwischenprodukte oder Ubergangszustande beim Anst,auschmechanismus eine Rolle spielen.

134 TV. PREETZ u. K.-G. BUERENS

Tabelle 1 rsomerenverhaltnisse

cis "3,] trans [yo]

R,[OsCI,Br,] i s 22

ki,[OsCl,Br,] 80 20 K,[OsCl,J,] i 8 22 ~ , r o ~ c i g , ] 31 69 1C.J OsCI, J,] 70 30

K,[OsCl,Br,] 38 62

Tabelle 2 Individuelle und Gesamtstabilitatskonstanten

7,75 & 0,65 (8,4?&) 1,72 + 0,28 [5,90;,) 3,41 & 0,19 (5,696) 2,26 + 0,17 (T,6%) 1,15 -r 0,15 (13,0q0) 0,il (extrapol.) Ks(JICI): "30,O 1 3 3 , 4 (14,by;)

1 3 , E 1,19 (9,ly0)

4 4 8 0,37 (8,37,,) %,37 + 0,3i (15,60,&) 1,43 i 0,24 ( 1 7 , G O A )

0,87 (extrapol.) %(J/B~): 1226 _t 327 (%,F0)

7,03 0,38 (5,4y0)

Wie aim1 ytische Bestimmnngen zeigen, wird das bei jedem Versiich 1-orgegebene Verhaltnis der freien Liganden [X--]/[Y--] dnrch die Bildung tier geringen Mengen der Gemischtligandliomplexe nicht verandert. Ex wird innerhalb so weiter Grenzcn variiert ([Cl-1 :[&-I r o ~ i 2: 1 bis 1: 2; [Cl-] :[J-] von 6: 1 bis I: 1; [Br-] : [J-] von li: 1 bis 2: l), daB nioglichst alle Komplexe eines Systems zur Haupt- komponente im Gleichgen-icht, werden. Da die Konzentrationsbestimmungen mit abnehmenden Gehalten ungenaiier werden, sind bei den Rechnungen nur solche Komplexe beriicksichtigt worden, die z11 inehr als 501; vorliegen. Zur Fehlerabschiitzung sind jeweils mindestens fiinf Partlllclversuche dnrchgefuhrt worden.

Die rnit Hilfe der G1. (1 a, -f) errechnet'en Einzelbestandigkeitskoiistantcii und die sich daraus nach GI. (2) ergebenden Gesamtbestandigkeitskonstanten der drei untersuchten Geinischtligandkomplexsyst~eme sitid in Tab. 2 zusammenge- stelk.

3. Diskussion

f fber legungen z u r S t a t i s t i k Bei der Annahme vollig aquivalenter Koordinationsstellen in cinem Koinples

bilden die jndividuellen Stabilitatskonstanten charakteristische Zahlenverhlilt- nisse miteinander [13, 141. Tatsachlich ergeben sich fur die hier untersuchten Systeine irn Vergleich mit anderen nur geringe Abweichungen. Demnach spielen statistische Faktoren bei der Gleichgewichtseinstellung eine entscheidende Rolle. Das gilt insbesondere auch fur die Stereoisomeren.

Bei statistischer Verteilung der Liganden auf die Oktaederpliitze ergebeii sich cisltrans-Verhaltnisse, wie 80: 20 fur Komplexe vom Typ [0sX,Y.J2- und [OSX,Y,]~- Inzw. 40: 60 fur [OSX,Y,]~-. Wie Tab. 1 zeigt, liegen im Chloro--Brorno- System und bei [OsCl,J,]2- xiemlich genau diese Relationen vor.

Stabilitatskonstanten gernischter Halogenokomplexe von Osmiuni(TV) 135

Die Abweichungen bei den jodreiclieren Komplexen sind vermut,lich dara,uf zuruckzufuhren, da5 die kinetisch wesentlich instabileren cis-Komplexe bei der Gefriertrockniing bevorzugt mit HJ reagieren bzw. bei der ionophoretischen Trennung in stiirkerem Ma8e durch Hydrolysereaktionen aufgezehrt werden, wodurch sich der trans-Anteil relativ erhiiht. Die gleichen Isomerenverhdtnisse waren auch fruher bei der intramolekularen Isomerisierung [l?] nnd bei intermolekularen Liganden- austauschrealrtionen [16] in festm Komplexsalzen gefunden worden.

Die geringen Abweichungen VOM statistischen Isomerenverhaltnis sind zu- iiaclist uberraschend, unterscheiden sich doch die Liganden durch ihren Platz- bedarf und cbe BindungsstBrke. Let'ztere wird, wie kinetische Untersuchungen zum trans-Effekt zeigen, ganz entscheidend von der raumlichen Stelluiig der Liganden xueinander beeinflufit [S]. Trotzdern besit'zeii die St.ereoisomeren prak- tisch die gleiche thermodynamische Stabilitat.

Die Beschreibung der stufenweisen Koniplexbildung durch die Gl. (1 a -f) ist insofern unzulanglich, als nicht zwischen den bei den mittleren Gliedern vorhan- denen Stereoisomeren unterschieden wird, soridern diese init ihrer Gesamtkonzen- tration in die Rechnung eingehen. Die zusatzlichen Gleichgewichte zwischen deli drei cis/trans-Paaren wurden bisher weder bestimint noch diskutiert.

Bei logarithmischer Auftragung der individuellen Stabjlitatskonstanteri k, gegen n ergeben sich Geraden, Abb. 1. Dieser Zusaininenhang erinoglicht es, bei den jodhaltigen Systemen auf k, zu extrapolieren. Die Konzentrationsbestim- mungen Bind namlich loei den sehr labilen, jodreichen Koinplexen so ungenau, da13 sich bei der Berechnung der letzten individuellen Konstanten ein groBerer Fehler als durch diese ExtrapohtBion ergibt. I n Tab.2 sind die auf diese Weise :&us Abb. 1 ermittelten Werte fur k, aufgenominen worden.

eC - 2

t O 5

0

-0.5

Abb. 1 von n fur die Systeme [OSCI,B~,-,]~-, [OSCJ,J,-,]~- und [OSB~,J,-,]~-

Abhangigkeit des Logarithmus der individuellen Rtabilitatskonstanten k,

136 W. PREETZ 11. K . 4 . BUKREXS

Gle i c hge w i c h t s d i a g r a m me u n d t h e r m o d y n a 111 is c he S t a b i l i t a t Mit Hilfe eines Programms lassen sich unter Verwendung der individuellen

Stabilitiitskonstanten die in Abb. 2 - 4 wiedergegebeiien Gleichgesvichtscliagrarrlrrie berechnen. Der prozentuale Anteil der Komponenten im thermodynamischen Gleichgewicht ist in Ahhangigkeit der Molenbriiche der freien Ligznden X- und Y- aufgetragen. Deiniiach lBSt sich fur eineri speziellen Gemischtligandkomplex nur ein Gehalt voii maximal 26-35% crreiclieii. I n weiten Grenzen des Korizen- trationsverhaltnisses [X-] /[Y -3 sind alle Spezies gleichzeitig in nennenswerten Mengen vorhanden. Das gilt auch fur groRere Stabilit'atsunterschiede wie im Bromo - Jodo-System, nur ist dann die Lage der Maxima einseitig verschoben. Die Vorgabe bestinimter stochiometrischer Verhaltnisse der Reaktionspartner ist also keiri JT7eg, eineii bestiiniiiten Geiiiischtligaiidkoiiiplex rein herzustellen.

I Mo/enbruch C / - -0

Abb. 2

7oc Y O

1:: 70

60

50

40

30

20

70

0

/

Abb. 3

Abb. 2 Abb. 3

Gleichgewichtsdiagramrn cler Chloro- Brorno-Osmatc(1V) Gleicligewichtsdiigramm der Chloro - Jodo-Osmate(I17)

Die drei untersuchten Komplexspteiiie stehen miteinander im Zusammenhang Aus zwei Gesamtstabilitatskonstanten lal3t sich die mit den1 dritten Partner er- rechnen, z. B. :

(3)

Mit den Daten der Tab. 2 ergibt sich, da13 der Hexajodokomplex urn den Paktor 1185 stabiler ist als das Hexabromoosmat. Die tfbereiiistimmung mit dem direkt bestjmmten Wert 1225 ist zufriedenstellend, wenn man hedenkt, tleB iii die Rech- nurig zwolf iiidivjduelle Konstanten mit ihren Fehlern eingehen.

K~(J/cI) - %cI/B~) = %(J/B~) .

137

Die sich ergebende Reihenfolge der relativen thermodynamischen Stabilitat

Stabilitatskonstanten gemischter Halogenokoniplese voii Osmium(1V)

[OsBr,la- < [OsClJ- < [0sJ6]*-

700 %

1:: 70

60

7 Molenbruch Er- a- 0

Abb. 4 Gleiehgewichtfsdiagamm der Bromo- Jodo-Osmat~e(IV)

1813t8 keine Zuordnung von Os(1V) zur Gruppe der harten (A) bzw. weichen (B) Akzeptoren zu, fur die die Sequenzen C1- > Br- > J- kmw. die umgekehrte Reihenfolge gelten [ 161. Die gleichen Stakilitatsverhaltnisse sind auch fur die Hexahalogenoplatinate gefunden worden [ 171. Os(1V) ist demnach wie Pt(1V) in den Gbergangsbereich einzuordnen. Das kommt auch in den relativ geringen Sta- bilitatsunterschieden zuin Ausdruck. Das Chlorosystem ist init dem Faktor 5,2 iiur wenig stabiler als das Broinosystem. Bei den entspl'echenden Iridaten betragt der Unterschied das 170-fache zugunsten des Hexabromokoniplexes [ 21. Grol3ere Unterschiede sind von NEWMAN bei den vier€ach koordinierten Komplexen von Pd(I1) uiid Ni(I1) gefunden worden [8 - 111.

Der EinfIuB der Ionenstarke auf die Stabilitat wurde am Chloro --Bromo- System durch Variation der Gesamtsiiurekonzentration zwischen 1 und 5 Mol/l untersucht. Mit abnehniender Ionenst,arke wird der Bestandigkeitsunterschied zwischen dern Hexachloro- und dem Hexabromokomplex geringfiigig kleiner. Allerdings jst bei den Versuchen nicht nur die Konzentmtion der freien Liganden, sondern auch der pH-Wert geandert worden.

Der EinfluS der Temperatur auf die Stabilitiit ist wegen der groBen Pehler bei den jodhaltigen Komplexen nicht eindeutig festzustellen. Im Chloro-Bromo-System nimmt der StabilitBtsunter- schied mit fallcnder Temperatur geringfugig ab.

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T h e r m o d y n a m i s c he u n t i k i n e t is c he 6 t a bi l i t ii t Es ist immer wieder darauf hingewiesen worden, daB thermodynamisch sta-

bile Kornplexe sich nicht notwendigerwcise auch kinetisch inert verhalten rnus- sen [18]. Tatsachlichfindet man fur das am besten untersuchte System der Chloro - Jodo-Osinate einen gegenlaufigen Trend. Die thermodynamische Stabilitiit nimmt vom Hexachloro- zum Hexatjodokomplex hin zu, wiihrend in der gleichen Rich- tung die Komplexe zunehmend labiler werden. Wie Untersuchungen der Substi- tutionsreaktionen [6] und des Isotopenaustausches [I91 xeigen, wird als Folge der unterschiedlichen trans-Effekte der Halogenide in den Gemischtligandkornplexen ein sehr differenziertes kinetisches Verhalten der einzelnen Liganden je nach ilirer raumli chen Anordnung zueinander beobacht'et .

Die zunachst einxeln gemessenen Austauschschritte venlaufen bei Gegenwart aller Partner gleichzeitig nnd fuhren in ihrem Zusammenspiel schliel3lich zur Ein- stellung des dynamischen Gleichgewichtszustandes. Dieser sollte daher nicht nur durch einen Satz von 6 indivjduellen Stabilitatskonstanten sondern auch unter Beriicksichtgiung der Geschwindigkeit aller Einzelschritte (Hin-, Riick- und Parallelreaktionen, eventuell auch Umlagerungen) berechenbar

Die Rerechnung der Gleichgewichtskonzentrationen fur das Chloro - Jodo- System unter Verwendung der fruher bestimmten 18 Geschwindigkeitskonstanten [S] fuhrt tatsachlich zu einem Diagramm, das den Abb.3 iihnelt. Allerdings sind die Maxima der einzelnen Komponenten noch wesentlich stiirker auf die Seite des Hexajodokomplexes verschoben, d. h. fur die jodreichen Verbindungcn ergibt sich eine wesentlich hohere Stabilitat. Tatsachlich liegen in den Gleichgewichtsl6sun- gel1 die chlorreichen Komplexe in prol3eren Mengen vor, als auf Grund der kine- tischen Daten zu erwarten ist.

Wahrend sich der Substitutionsverlauf bei Gegenwart nur einer freien Ligan- denart uber eine ganze Reihe von Folgereaktionen gennu beschreiben laat, kommt es zu Abweichungen bei gleichzeitiger Snwesenheit zweier verschiedener Haloge- nide. Diese Diskrepam deutet auf einen komplizierteren als den fur die Substi- t,ution angenomrnenen Mechanismus hin. Urn zu einer besseren Korrelation zwi- schen thermodynainischen und kinetischen Daten zu kommen. ist es notwendig, die Substitutionsreaktionen im Hinblick auf angeregte Obergangszustiinde und Zwischenprodukte genauer zu untersuchen.

sein.

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Bei der Redaktion eiiigegangen am 26. September 1975.

Anschr. d. Verf.: Prof. Dr. \V. PREETZ und Dip1.-Chem. K.-G. BUHRENS, Inst. f. Anorg. Chemie d. Univ., D-2300 Kiel, Olshaiisenstr. 40-60

Chefredakteur: Professor Dr. Dr. h. c. Giinther RienZcker, DDR-1199 Berlin-Adlershof, Rudower Chauasee 5. Auzeigen Inland: DEWAG-Werbung Leipzig, DDR-701 Leipzig, Briihl 34 - 40, Ruf 7 9740. Ausland: Interwerbung GmbH, DDR-104 Berlin, Tucholskystr. 40, Ruf 425196. Fur die Anzeigenpreise gelten die Festlegungen gem80 Preiskatalog Kr. 28611 vom 1. i. 1976. Verlag Johann Ambrosius Barth, DDR-701 Leipzig, SalomonstraDc 18b, Ruf 295345. Veraffentlicht unter der Lizeuz-Kr- 1388 des Presseamtes beim Vorsitzenden des Xinisterrates der DDR. Druck: VEB Druckhaus Eilthen, DDR-437 Ebthen Printed in the German Democratic Republic Artikel-Nr. (EDV) 75 410

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