Bestimmung von Thalliumspuren in menschlichen Haaren mittels Neutronen-Aktivierungsanalyse

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Arehiv Iiir Toxikologie, 18, 359---367 (i960)

B e s t i m m u n g y o n T h a l l i u m s p u r e n in m e n s c h l i c h e n H a a r e n mi t te l s i N e u t r o n e n - A k t i v i e r u n g s a n a l y s e

I. Mitteilung

Von

W. SPECHT und D. ROHNER

Mit 2 Text~bbildungen

(Eingegangen am 7. Juli 1960)

Obwohl fiber die chemisch-toxikologische Untersuchung yon Leichen- teilen mit Thalliumverbindungen (vorwiegend Th~lliumsulfat und -acet~t) vergifteter Personen umfangreiche Literatur~ng~ben vorliegen, war volle Klarheit fiber die Fr~ge, ob Thallium ~uch in die K6rper- haare wandert, bisher nicht zu schaffen. MVnLL~,~ vermerkt die M1- gemein vertretene Ansicht, dab Thallium nicht in die Havre geht; doch sollen Ausn~hmen vorkommen. Man wird daher immer auch einen Versuch zum Nachweis yon Thallium in den Haaren machen miissen.

Bekanntlich gesellt sich zu den vielgestMtigen St6rungen nach Auf- n~hme entsprechender Thalliumdosen der HaarausfM1, der ~uf Sch~di- gung der vegetativen Zentren des Zwischenhirns zurfickgeffihrt wird, als charukteristisches und spezifisches Symptom. Er beginnt 2 Wochen nach der Giftaufnahme, hs genau nach 3 Wochen. Der Haaraus- fall erstreckt sich nicht nur auf die Kopfha~re, sondern auf den ganzen KSrper. Bei den Augenbrauen wird meist nur der yore Sympathicus innervierte laterale Tail betroffen.

Einige Wochen sparer wachsen die ttaare wieder. Der ttaarwuchs pflegt sogar wieder kr~ftig zu warden. Bei chronischer Th~lliumver- giftung kann wiederholter Haarausfall beobaehtet werden.

Auch bei ThMliumvergiftungen von Tieren tritt Haarausfall und Verlust yon Federn ein. Nach V6LK~R verl~uft der HaarausfM1 bei Hunden h~ufig mit aus- gedehnter Furunkulose. Wenn es noeh nicht zu siehtbarem Itaarausfall gekommen ist, lassen sieh die Itaare ohne Schmerz~ugerung der Tiere biischelweise ausrupfen. Beim Schaf sind 8 mg/kg die minimMe zum Haarausfall fiihrende Dosis. Die gleiehen Dosen sollen fiir I~inder und Fohlen gelten (gegenteilige Meinung bei MVELL~R). Nach MVELL~R pflegen bei Federvieh naeh monatelangem Intervall die ~'edern in der Kolof-Nackengegend auszufallen und sp/~ter wieder zu wachsen.

Bei der Untersuehung eines 1/onkreten FMles einer ehronisehen Thal- liumvergiftung standen zwar keine Kopf-, wohl aber Brust- und Seham- haare ffir analytisehe Zwecke zur Verffigung, die weitbliekend vom Obduzenten bei der Sektion eines m/innliehen Torsos ffirsorglieh asser- viert worden waren.

360 W. SPECHT und D. ROg~ER:

Die vergleichsweise geringen Haarproben liel~en als Untersuchungs- methode der Wahl zun~chst nu t die Spektralanalyse (Q 24 und Fuess l l 0 M ) zu, zumal zur Ermi t t lung des Thall iumgehalts zugleich (lie Bes t immung einer Vielzahl yon weiterhin in Haaren zu erwartenden Elementen interessierte. Von unverkennbarem Vorteil ffir die spektro- ehemisehe Bes t immung kleinster Thal l iummengen erwies sich die Ver- wendung yon eloxierten Aluminiumelektroden anstelle yon Spektral- kohlen. Hierbei war unter anderem auf die Erfahrungen yon F . X . MAYER und L. I-IoLIK zurfickzugreifen.

Die von ~ul~eren Anhaf tungen sorgf'~ltig ges~uberten Brust- und Schamilaare (ohne Haarw-arzeln asserviert, dicht fiber der H a u t ab- gesehnitten) ha t t en sich fiber die ganzen L~ngen als thal l iumhalt ig er- ~ e s e n .

Es sehien angezeigt, zu prfifen, ob sich durch Neutronen-Akti - vierungs~nalyse, einem noeh reeht jungen Zweig tier analyt ischen Chemie, der in den letzten Jahren rasch an Bedeutung gewonnen hat, sehr geringe Thall iumspuren in Haaren wom6glich noch empfindlicher als dureh Spektralanalyse nachweisen und quant i ta t iv best immen lassen; denn jede Vermehrung und Verfeinerung der N~chweismethoden Sr~gt zur Absicherung forensisch-ehemiseher Aussagen bei, sofern dabei unwiderrufliche Ergebnisse erzielt werden.

Eine grundss Bet rach tung der Aktivierungsanalyse, ihrer M6glichkeiten und Grenzen mach t die sps Ausffihrungen ver- stgndlich, die sich mi t der Strahlungsmefiteehnik und der Thallium- bes t immung nach radiochemischer Aufarbei tung der akt ivier ten Haare beschaftigen.

Theoretisehe Grundlage Wird ein ehemisches Element, dessert Aufbau aus einer oder mehreren Kern-

arten in der ~egel bekann~ und koifstan~ ist, einem Neutronenflult ausgese~z~, kann unter Umst~nden zwischen Elementkernen und Neutronen ,,Kernreaktion" eintreten, die in sehr vielen FMlen zu einer radioaktiven Kernart ffihrt. Die ent- standene Radioaktivitgt dient in gfinstigen Fgllen dazu, das Element empfindlich und mehr oder weniger genau nachzuweisen.

Im allgemeinen werden fiir diese ,,Aktivierungs~nalyse" sog. ,,thermische" Neutronen benutzt, deren kinetische Energie dureh die Temperatur ihrer Umgebung bes~immt ist (etwa 0,025 eV). Man erh~lt sie ingenfigender Intensit~t, indem man die yon einem Urankernreaktor gelieferten ,,schnellen" Neutronen abbremst (in der ,,thermisehen S~ule" des Reaktors). Gegeniiber den geladenen Teilehen (z. B. Protonen) haben thermisehe Neutronen den Vortefl, dal~ sie mangels einer Coulomb- Abstol~ung mit bellebig kleiner Energle so n~he ~n einen Kern her~nkommen, dab die Anziehung duroh die Kernkr~fte wirksam wird. Dariiber hinaus besitzen thermisohe Neutronen gegeniiber schnellen den Vorzug, dal~ ffir sie die Re~ktions- wahrsoheinliehkeit vielfach um GrSBenordnungen hSher liegt und iiberdies konstant ist, da eine Verringerung ihrer Energie in der Probe nicht mehr mSglich ist.

Wenn die erzeugte Radioaktivit~t intensiv genug ist, daft eine nennenswerte ,,Selbstabsorption" im Probematerial nieht stSrt, und wenn ferner die zu messende

Thalliumspuren in menschlichen Haaren. I 361

Aktivit~t zu der in den Begleitstoffen erzeugten groi~ genug ausfgllt, kann die Akti- vierungsanalyse an Elementgemisehen ,,zerstSrungsfrei" erfolgen.

Es hat sich gezeigt, dab die Aktivierungsanalyse bei der Bestimmung spuren- halter Verunreinigungen die Mikroanalyse und sogar die Spektrographie bei man- chen Elementen an Empfindlichkeit weir hinter sich l~[lt. MEI~K~ gibt eine iiber- zeugende l~bersicht fiir einige Elemente hinsiehtlich ihrer Erfassungsgrenzen im Vergleich zu Mikroanalyse, Flammenspektrofotometrie usw.

Aber aueh wenn die BegMtaktivithten stSren und eine ehemische Abtrennung erfordern - - wie im vorliegenden Fall - - , sind die Vorteile der Aktivierungsanalyse uniibersehbar. Mikroanalysen erfordern oft grol3e Vorsicht gegeniiber Verlusten durch Absorption und MitfAllung usw. Dureh Zusatz yon inaktiven isotopen ,,Trggermengen" naeh der Bestrahlung werden diese Effekte bedeutungslos; die F~tllungen brauchen nieht quantitativ zu sein (wenn man zugesetzte und gefgllte Mengen kennt), selbst eingeschleppte Verum'einigungen stSren nicht.

Hatiirlich ist die Aktivierungsanalyse auf eine begrenzte Zahl yon Elementen beschr~nkt. Kriterien fiir die Eignung yon Elementen zur aktivierungsanalytischen Bestimmung sind prozentuale H~tufigkeit im natiirlichen Isotopengemiseh und ,,Einfangquerschnitt" ihrer Kernarten, die Halbwertzeit der entstehenden aktiven Isotope sowie Art (~-, fl-, y-Strahlung usw.) und Energie der ra~dioaktiven Strah- lung. Diese GrSl~en sehwanken je nach Kernart um Gr611enordnungen. AuBerdem ist die Aktivierungsanalyse bei makroskopisehen Mengen nieht mehr so genau wie andere Methoden; aueh die Meittechnik kann dann Sehwierigkeiten bereiten. Doeh ist sie auch in ~ l l en , bei denen ihre Erfassungsgrenze mit der her- kSmmlichen Methode vergleichbar wird, zur Sieherung yon Ergebnissen will- kommen.

Durchfiihrung der Thalliumbestimmung 1. Gang des Ver/ahrens

Es lagen 3 H a a r p r o b e n vor : Brust- und Schamhaare von einer Person, spekt rochemisch als thal-

l i umha l t ig erwiesen; tha l l iumfre ie Schamhaare einer Vergleichsperson als Kont ro l lp robe .

Auf Grund der Ergebnisse der spek t ra l ana ly t i schen Ana lyse 1 ent- h ie l ten die der Neu t ronen -Ak t iv i e rungsana lyse zuzuf i ihrenden 3 Haar - p roben folgende Spurene lemente (nach fal]enden K o n z e n t r a t i o n e n an- gegeben) :

Brusthaare (Tl-haltig) : Ca, Cu, Ag, Mg, Si, Ha, A1, Hi, Fe, Mn. Schamhaare (schw&her Tl.haltig) : Ca, Ba, Cu, Ag, Mg, Si, Fe, Pb, A1, Ha, Ni, Ti,

Mn, Zn, P. Schamhaare (Tl-/rei): Ca, Cu, Mg, Fe, Ha, A1, Mn, Ag, Zn, Sn.

D a un te r diesen U m s t ~ n d e n eine stSrungsfreie Akt iv ie rungsana lyse , d . h . eine solche, die ohne chemisc he Trennungsopera t ionen m6glich gewesen w~re, n ich t in F rage k o m m e n konn~e, war eine rudiochemische A b t r e n n u n g des Tha l l iums durchzufi ihren.

Zwecks Aktivierung wurden die 3 P roben ( insgesamt e twa 100 mg Haare) in Poly~t thylenbeutel eingeschlossen und e inem thermischen

1 Herrn Dipl.-Chemiker W. KATTE, Miinchen, sei an dieser Stelle fiir die Durch- fiihrung der spektralanalytischen Untersuchungen besonders gedankt.

362 W. SPECHT und D. I~OHIffER:

Neutronenflug yon 10 la cm -2 sec -1 am Kern ausgesetzt. Die Flul3schwan- kungen betragen je nach Position am Kern bis zu max. 15%. Die Bestrahlungsdauer betrug 2 Std. An der Oberflaehe der bestrahlten Proben wurde nach Bestrahlungsende eine y-Dosisleistung yon 2000mr/h gemessen.

Unmittelbar nach der Aktivierung der 3 Proben im Fl~M-Garehing wurde zun~chst die y-Strahlung tier Proben iibersiehtshalber in einem Einkanal-ImpulshShen- Spektrometer untersucht.

Zwecks Abtrennung yon StSraktivit~ten und Anreicherung des ge- suchten Thalliumisotops wurden die Haarproben mit einigen Tropfen konz. Salpeters/~ure und sehr wenig konz. Schwefels/ture verlustlos auf- geschlossen. Durch Zugabe eines Tropfens Perhydrol zum Aufsehluft- rtiekstand war dessert vSllige Entf~rbung zu erzielen. In 2--3 cm 3 dest. Wasser aufgenommen, wurdea die AnsKtze mit Calciumcarbonat neutralisiert und nach einigem Stehen daraus die unlSslich abgesehie- denen StSrprodukte (Gips, Calciumphosphat u.a.) durch scharfes Zentrifugieren Separiert (Fraktion I). In den klaren, sehr schwach mit EssigsKure anges/~uerten LSsungen wurde nach Zugabe yon 300 y Thal- lium (in Form w/~l~riger Thalliumsulfatl5sung) als inaktive Tragersub- stanz nach den Regeln der Mikrochemie in Gegenwart yon Natrium- thiosulfat die Jodidf~llung (Nachweisgrenze: 0,6y Thallium, Grenz- konzentration: 1:80000) vorgenommen, die durch Magnetriihrer in 15 rain gut zusammenballte, sich durch Zentrifugieren reinigen, auf kleinsten Raum vereinigen und yon da auf ein kleinstes Rundfilter (Durchmesser 25 ram) verbringen lies [tiefgelbes Thallium(I)-jodid zur Messung, Fraktion III]. Das Filtrat der Jodidfallung saint Waseh- fl~issigkeit wurde zur Troekene verdampft (Fraktion II).

Folgendes Schema verdeutlieht den Verfahrensgang:

I I R~176 I Frak io. I

I Optisehe I Radio- Chemische III Spektral- I s p e k t r o - Trennung (T1J)

analyse graph I I Fraktion II[

Die Thalliumjodid-F/~llungen (Fraktionen III) wurden ausgemessen und ihre Gehalte an Thallium bestimmt.

W/~hrend alas aus der Kontrollprobe gef/~llte Jodid inaktiv war, wiesen die Jodidf~llungen aus den Tatproben deutliehe Aktivit~ten auf.

Die Fraktionen II besagen keine Aktivit/~t.

Thalliumspuren in menschlichen Haaren. I 363

Die Frakt ionen I enthielten die Akt iv i ta ten der StSrkomponenten, die im Rahmen der Aufgabenstel lung zuns auger Bet raeht blieben.

2. Kernphysikalische Eigenscha/ten des Thalliums ])as nattirliehe Tl-Isotopengemiseh (Ordnungszahl 81, Massenzahl

204,39) setzt sieh zusammen aus 29,46% T1 203 und 70,54% T1 205. Bei Bestrahlung mit thermischen Neut ronen ents teht aus

T12~176 Einfangqnersehni t t ~ = 2,2 barn T12OS-->T1 ~06, Einfangquerschni~t a = 0,079 barn (a bezogen auf natiirliehes Isotopengemiseh)

jeweils durch (n, y)-Prozefi.

T1 ~~ besitzt eine Halbwertzei t v = 3,5 Jahre T12~ besitzt eine HMbwertzei t v = 4,23 rain.

Nur das erstere I so top interessiert megtechniseh. Es zeff~llt nach folgendem Schema :

9~% ~ j _ ~ Pb 2~

T12~ / / stabil 2%

Hg~O~

Davon wird die R6ntgens t rahlung durch K-Ein fang insbesondere wegen ihrer geringen Quantenausbeute (2%) nicht erfagt ; fiir die Messung steht also prakt isch die /~-Strahlung mit 0,77 MeV zur Verf/igung.

3. Mel3technilc und -ergebnis a) y-Spe]ctrographie. Die beiden in einem Abs tand yon etw~ 18 Std

aufgenommenen y-Spek t rogramme der Tl-positiven Brus thaar -Probe zeigen die Abb. 1 und 2. Die 0,85 MeV-Mn-Linie ist bei der 2. Messung ihrer geringen I ta lbwertzei t entspreehend bereits nieht mehr vorhanden.

b) Thallium-Bestimmung. Fiir die naeh der Akt ivierung auftretende spezifische Akt iv i ts eines Isotopes gilt:

Afpez ----- 1,63' 10 -8" ~2g a (1--e -~ [mc/g]

wobei: q~ = Neutronenf lug [cm-2sec -1] a = Einfangquersehni t t [barn~

M = Massenzahl des Ausgangsisotops t~ = Bestrahlungsdauer

= I ta lbwertzei t bedeuten.

Bei einem Neutronenflug ~b = 10 la cm -~ see -1 erh/~lt man speziell ftir T1204:

T1 Aspez [c/7 ] = v Q [d].10 -9 = 4,15.10 -n [h] 1 y = 10 -6 g.

364 W. SrEcHT und D. RO~ER:

Die T1-Menge I y besitzt nach einer Bestrahlungsdauer yon 2 Std die Aktivit/~t

A~I, = 8,3.10 -11 C.

iy

it. & Tt-halt/ffe$ Haa/" b Co6~163

--b

%-

~ ~ a J ~)u6nlenenerafe

Abb. 1. ~be r s i ch t s spek t rogramme zur i u f f i n d u n g yon Sp~renverunreinigungen. y-Spektro- g r a m m der ak t iv ie r ten Brus thaar-Probe , au fgenommen 30 rain naeh Best rahluagsende (Abszisse: y-Energie, Ordinate: Impuls ra te . Durchlaufzei t : 12,5 rain, Kana lbre i te : 1 V). P e a k 2,76 ~ e V = Natr i t tm, 1,37 ~V[eV = Na t r ium, 0,85 MeV = Mangan, 0,48 und 0,12 1VfeV = Backsea t te r ing lind Comptonkont inuum. Peak 1,33 lind 1,17 MeV = Co~~

< Na

- Na

2,:76

] ~uantenenerg/e

Abb. 2. y - S p e k t r o g r a m m der ak t iv ie r ten Brus thaar -Probe , a u f g e n o m m e n naeh 18 S td Abklingzeit . Mn-Peak ist g e m ~ Halbwer tsze i t abgeklungen. Die beiden Na-Peaks s ind

bereits leicht reduzier t

Die Bestrahlungsdauer wurde deswegen nur so kurz gew/~hlt, weil man zun~chst einen wesentlich hSheren T1-Gehalt annahm, als er sich dann tats/~chlich herausstellte.

T h a l l i u m s p u r e n in mensch l i chen Haa ren . I 365

Die T1J-F~llungen wurden in einem automatischen Probenwechsler (Philips) mit Zeitdrucker, der an einem grol]en Strahlungsmel~platz angesehlossen war, ausgemessen. Als Sonde wurde ein Geiger-Miiller- Z~hlrohr (Z~hlrohr 1506, Philips) mit geringer Fenster-Massenbelegung (etwa 2 rag/era e) verwendet. Die Mel]anordnung besaB zwar keine 2 ~-Geometrie, was aber wegen der gew~hlten Mel~daner nicht ent- scheidend ins Gewieht fiel. Zur Eichung standen zwei graduierte T12~ mit 10 -s C und 10 -9 C-Aktivit~t zur Verfiigung. Auf Selbstabsorpfion brauchte nieht korrigiert zu werden.

Bei einer MeBdauer yon etwa 33 Std erhielt man die Aktivit~ten (Gr513enordnung 10 -n C) mit einem statistisehen Fehler yon etwa 20% (Standardabweichung), denen unter Beriicksichtigung der Aktivierungs- Daten folgende Absolutmengen entspraehen:

Brusthaare : 0,05 y T1 auf 3,3 mg Haar Schamhaare: 0,09 y T1 auf 51,8 mg tIaar.

Die Gegeniiberstellung Aktivierungsanalyse-- Spektralanalyse ergab iolgendes Bild:

Unterschied Probe Spektrograph Akt.-Analyse (Faktor)

Brusthaare . . . . . Schamhaare . . . . .

0,67 • 10 -2 % 0,4 • 10-3%

0,15 • 10-e% 0,17 • 10-3%

e twa 4 e twa 2

Unter Berficksichtig~ng der Tatsache, dab die T1-Mengen an der Erfassungsgrenze des Spektrographen lagen und da6 der Neutronen- fluB geringen Schwankungen unterworfen isf, sind die Unterschiede in den MeSergebnissen als nicht erheblich zu bezeichnen.

Zusammenfassung Erste Ergebnisse yon Versuchen, don Thalliumgehalt in t{aaren

thalliumvergifteter Individuen durch Neutronen-Aktivierungsanalyse zu bestimmen, kSnnen als geglfickt bezeichnet werden. Die erhaltenen Werte stehen in verniinftiger Relation zu den approximativ quantitativ auf spektralanalytischem Wege ermittelten Thalliumgehalten der Haar- proben.

Die diesseitige Untersuchung unterscheidet sich yon einer bekannten Thalliumbestimmung, die auf der Fi~llung mit radioaktivem Jodid und Ausmessung der Aktiviti~t des jodmarkierten Thallinmjodids beruht insofern, als sie nach Art und Anlage der Versuche yon vornherein auf die Bedfirfnisse der chemiseh-toxikologischen Analyse, d .h . die Ab- trennung des toxischen Metallions yon einer Vielzahl stSrender Begleit- elemente, abgestellt war.

366 W. SPEC~T und D. I~O]~NE~:

In dem zur Untersuchung gelangten Fall einer chronischen Thallium- vergiftung war der Thalliumgehalt yon Brust- und Schamhaaren zu sichern. Die spektrographische Untersuchung hatte eine gleichm/~13ige Verteilung des Thalliums fiber die ganzen Haarl/~ngen ergeben. Es kann sonach nicht zweifelhaft sein, dab Thallium tats/~chlich auch in die KSrperhaare gelangt, wobei allerdings naeh dem derzeitigen Stand unserer Erkenntnisse die Voraussetzungen hierffir noah nicht bekannt sind.

Empfindliehkeit und Genauigkeit des Tha]liumnachweises durch Neutronen-Aktivierungsanalyse werden sich noch bedeutend steigern lassen (Empfindlichkeit um etwa den Faktor 100), wenn man die Be- strahlungsdauer der Objekte erhSht, eine Thalliumvergleichsprobe zweeks Eliminierung yon FluBschwankungen mit aktiviert und mit einem Methan-DurchfluBz/~hler in 2 ~- bzw. 4 ~-Geometrie, besser noch mit einem Antikoinzidenz-Z/thlrohr arbeitet, da des geringen Nulleffektes dieses Zghlrohres wegen eine betr/~chtliche Empfindlichkeitssteigerung erzielbar ist.

Im Falle der Brusthaarprobe wfirde dies bedeuten, dab zur Unter- suehung eine Haarmenge yon etwa 30 y ausreicht. Da nun ein 10 cm langes Haar etwa 100 ~ wiegt, kSnnte man nicht nur in einem einzelnen Haar den Thalliumgehalt bestimmen, sondern dureh Zersehneiden des- selben in einzelne Untersuehungsstfieke aueh grob die Verteilung der Aktivitgt fiber die ttaarlange feststellen, was ffir die Beurteilung der chronischen Thallinmvergiftung im ttinblick auf die Problematik der Thalliumeinwanderung und die Ermitt lung der Deponierungsbereiche in den Haaren sehr aufschluBreich sein diirfte.

Die Vorteile, die die Aktivierungsanalyse im Rahmen ehemisch- toxikologiseher Untersuchungen (auch beim Nachweis gewerblicher Ver- giftungen) zu bieten vermag, liegen auf der Hand. Von GRIFFON und BARBAUD is~ bereits Arsen im Haar aktivierungsanalytisch festgestellt worden. Indessen bietet die Bestimmung des Arsens auf Grund seiner Halbwertszeit, des Einfangquerschnitbs und gfinstiger Strahlung (harte fl- und y-Strahlung) wesentlich geringere Sehwierigkeiten als die des Thalliums.

Die Grenzen der Aktivierungsanalyse h~ngen allein yon den kern- physikalisehen Eigensehaften der Isotope des nachzuweisenden Elements und der Intensit/~t der verffigbaren Neutronenquelle ab. In Anbetracht dessen, dab jetzt aueh bei uns leistungsf/~hige Neu~ronenquellen (Kern- reaktoren) zur Verffigung stehen bzw. im Bau sind, dfirfte bereits diese Mitteflung ffir den Toxikologen riehtungsweisender Bedeutung nieht entbehren.

Wir danken tterrn Prof. Dr. MAIEg-LErmqITZ, 1Vfiinchen, fiir die Erlaubnis der Benfitzung von Geraten, insbesondere des y-Spektrometers, im Laboratorium des

Thallinmspuren in menschlichen Haarem I 367

FRM-Garching sowie den Herren Dr. KS~LER (FgM) und Dr. MARTE (FRM) fiir ihre freundliche Ur~terstiitzung und ihre Ratschliige. Nieht zuletzt sei den Opera- teuren des Reaktors fiir die Vornahme der Aktivierung und den Herren des Strah- lungsschutzes der Reaktorstation unser Dank abgestattet.

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