Big is Beautiful

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Über die kleinen oder eben grossen Unterschiede zwischen Amerikaner und Europäer...

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Region 3Zürichsee-Zeitung Linth-Zeitung Donnerstag, 16. Oktober 2008

Big isbeautiful...

Tanya König*

Nun habe ich meine ersten Nord-atlantikflüge hinter mir und somitGelegenheit, das Land der unbe-grenzten Möglichkeiten kennen zulernen. Wobei sich die Unbegrenzt-heit wiederum vor allem auf dieGrössen begrenzt. Als ich in Bostonmein Hotelzimmer betrete, staune ichnicht schlecht. Ich habe tatsächlichein Doppelzimmer, das zwei Ehebet-ten aufweist. Meine Erklärung: In ei-nem Land, in dem big beautiful ist,passen halt nicht immer zwei Perso-nen in ein Doppelbett. Beim Mittag-essen in der Cheesecake Factory be-stelle ich mir einen gemischten Salatauf einer Tortilla. Etwas für den klei-nen Hunger, denke ich mir, bis dieKellnerin auftaucht. Auf meinem Tel-ler liegen zwei Salatberge, die michan die Oberweite von Pamela Ander-son erinnern. Die Salatberge sind sogross, dass ich nichts von der Tortillasehen kann. Ich beginne zu essenund habe das Gefühl, dass die Mengeeinfach nicht kleiner werden will.

Anderntags in New York gehe ichals Erstes zum Times Square. Aufdem Weg dorthin muss ich aufpas-sen, dass ich nicht stolpere, da ichständig nach dem Ende der Wolken-kratzer suche. Ich komme mir richtigwinzig vor. Ein riesiger Truck fährtan mir vorbei. Der Fahrer, ein riesigerKerl, ist gerade dabei, einen riesigenBagel zu verschlingen, dem er auchnoch einen Liter Cola aus einemPappbecher folgen lässt. Es regnet.Die Leute laufen mit grossen Schir-men herum, unter denen glatt eineganze Familie Platz hätte. Am TimesSquare kann ich meinen Augen fastnicht trauen. Da gibt es doch tatsäch-lich einen «m&m’s World Shop». Eindreistöckiger Laden, wo sich allesnur um eine Erdnuss im Schokoman-tel dreht. In den USA kann Schokola-de «in» sein. Hier wird alles ver- undgekauft, T-Shirts, Topflappen, Ta-schen, Pins, Schmuck, Bilderrahmenund nicht zuletzt die überteuertenm&m’s, die man an einer meterlan-gen Säule abzapfen kann. Am nächs-ten Morgen hole ich mir einen Cap-puccino. Der Latino an der Thekefragt mich: «Do you want it small,medium or large?» Ich frage ihn, ober mir den kleinen Becher zeigenkann. Als ich diesen sehe, kann ichnur noch staunen. Big is beautiful…aber nicht immer besser. Sometimesless is enough.

*Tanya König (21) ist Flugbegleiterin bei derSwiss und lebt in Rapperswil. Sie schreibt re-gelmässig eine Kolumne für die «ZSZ».

Zu Gast

Strompreise Der Strom wird teurer – je nach Elektrizitätswerk sind die Zuschläge aber unterschiedlich

«Könnte noch viel mehr kosten»Die meisten Haushalte rundum den Zürichsee werden ab2009 mit höheren Stromprei-sen leben müssen. Die Betrei-ber der lokalen Elektrizitäts-werke weisen jegliche Schuldvon sich.

Martin Steinegger

Liberalisierung des Marktes führt zufreier Wahl des Anbieter führt zur Scho-nung des Kunden-Portmonnaies: DieseGleichung wird häufig zitiert, wenn esdarum geht, die Folgen einer Marktöff-nung in der Wirtschaft aufzuzeigen. Zu-mindest in der Theorie ist das durchauskorrekt. Dass es aber in der Praxis nichtimmer so kommt, zeigt die Entwicklungauf dem Strommarkt.

Ab 2009 werden den Bewohnern derZürichseeregion Stromrechnungen indie Briefkästen flattern, die im Extrem-fall bis zu 20 Prozent höher sein werdenals heute. Allerdings werden die Preiseje nach Gemeinde und Elektrizitätswerkunterschiedlich stark steigen. DerGrund dafür: Die unabhängigen Elektri-zitätswerke in der Region können ihreTarife selber festlegen (siehe Kasten un-ten). Sie sind die sogenannten Endver-teiler. Das heisst, sie «verkaufen» denStrom, den sie aus dem nationalen Netzder Stromgesellschaft Swissgrid bezie-hen an ihre Kunden weiter: an Privat-haushalte und Wirtschaftsbetriebe.

Den schwarzen Peter wegen derPreiserhöhungen wollen sich die Elek-trizitätswerke aber nicht zuschiebenlassen. «Diese Entwicklung entsprichtden politischen Vorgaben», sagt ErnstGossweiler, Direktor des Elektrizitäts-werks Jona-Rapperswil. «Wir haben diePreisstrukturen den neuen gesetzlichenAnforderungen angepasst», beteuertChristoph Eberhard, Geschäftsführervon Energie und Wasser Meilen. UndWalter Pfyl, Geschäftsführer der EWHöfe, verweist auf höhere Kosten, dieden Werken aufgrund neuer Abgabenan den Bund und Swissgrid entstehen.«Der grösste Teil der Zuschläge wird da-durch verursacht», betont er.

Zuerst Industrie, dann PrivateDoch wie lassen sich die Preisauf-

schläge erklären? «Es liegt daran, dassein Systemwechsel vorgenommenwird», sagt Ernst Gossweiler. Zu Beginndes Jahrtausends beschlossen Parla-ment und Bundesrat, den SchweizerStrommarkt etappenweise zu öffnen.Das Kernziel dieser Liberalisierung, vonder zuerst die Industrie und später auchPrivathaushalte profitieren sollen, istdie Entflechtung von Netz und Energie.Künftig sollen die Konsumenten selberentscheiden können, von welchemElektrizitätswerk sie Energie beziehen.Nicht wählbar ist der Netzzugang – die-ser bleibt auf das nationale Netz be-schränkt. Ein Konsument kann also sei-nen Endverteiler auswählen; er darfaber seinen Strom nicht von einem an-deren Netz, zum Beispiel aus dem Aus-land, beziehen. Vor diesem System-

wechsel teilten sich sieben Gesellschaf-ten die Kontrolle über das SchweizerStromnetz – unter anderem die Nordost-schweizerischen Kraftwerke (NOK) unddie Elektrizitätswerke der Stadt Zürich(EWZ). Seit 2006 trägt nur noch ein Un-ternehmen die Verantwortung über dasNetz – die Swissgrid in Laufenburg. Diebisherigen Netzbetreiber sind «nur»noch Aktionäre der Swissgrid.

Umweltschutz kostet GeldFür die regionalen Elektrizitätswerke

hat diese Änderung Konsequenzen. Siedürfen das Stromnetz der Swissgridzwar benutzen; allerdings müssen sieder Gesellschaft im Gegenzug eine fi-nanzielle Entschädigung, die sogenann-te «Systemdienstleistung» (SDL), bezah-len. Diese wird jährlich von der Swiss-grid festgelegt. Für die meisten EWs inder Region entstehen so Mehrkostenvon 0,5 bis 1 Rappen pro Kilowattstun-de. Zusätzlich müssen die EWs noch ei-ne Gebühr an den Bund entrichten: die«Kostendeckende Einspeisevergütung»(KEV). Diese Gebühr wird jährlich vomBund neu festgelegt und bewegt sichebenfalls in einem Bereich zwischen 0,5und 1 Rappen pro Kilowattstunde. Mitdieser Gebühr subventioniert der Bunddie Erzeugung von Energie aus Wind-kraft, Solarkraft oder Geothermie.

Den Elektrizitätswerken entstehen al-leine durch diese Abgaben erheblicheZusatzkosten. Aus eigener Tasche be-rappen können und wollen sie diesenicht – also werden sie in Form vonPreiserhöhungen an die Kunden weiter-gegeben. «Glauben Sie ja nicht, dass wir

glücklich sind mit dieser Situation», be-teuert Toni Küng, Geschäftsführer desEW Schmerikon. In den Augen vielerKunden stünden die EWs als Sündenbö-cke da. «Dabei setzen wir nur das um,was uns verordnet wurde», beteuert er.

So wie Toni Küng sehen es die meis-ten EW-Betreiber rund um den Zürich-see. Sie werden demnach auch nichtmüde zu beteuern, dass die «Haupt-schuld» an der Preiserhöhung nicht beiihnen, sondern bei Swissgrid liege.

Es drohen noch höhere PreiseDie per 2009 drohenden Preiserhö-

hungen könnten aber erst der Anfangsein. Im europäischen Vergleich herr-schen in der Schweiz nämlich paradiesi-sche Zustände. «Wir sind noch weit wegvon Marktpreisen», betonen viele EW-Betreiber unisono. Und tatsächlich: InItalien zahlt ein Kunde fast doppelt soviel für den Strom wie in der preislich(noch) geschützten Schweiz.

Ernst Gossweiler dazu: «Wenn die Li-beralisierung weiter vorangeht, wirdman sich früher oder später auch anden europäischen Marktpreisen orien-tieren.» Und dann könnte der Stromnoch teurer werden. «Statt sich nun mitkurzfristigen Massnahmen um Scha-densbegrenzung zu bemühen, solltendie Politiker dafür sorgen, dass dieSchweiz auf ein solches Szenario vorbe-reitet ist», rät er. Oder konkret ausge-drückt: Die Grundversorgung soll überden Aufbau zusätzlicher Energiequellensichergestellt werden, damit der Importvon teurem Strom aus dem Ausland ver-hindert werden kann.

«Reine Pflästerchen-Politik»Nicht nur in der Bevölkerung, auch

in politischen Kreisen wächst der Un-mut über die Strompreiserhöhungen.Diverse Vertreter aus National- undStänderat haben bereits angekündigt,die Erhöhungen nicht einfach so hin-nehmen zu wollen.

Im Zentrum der Kritik steht die neugegründete Netzbetreiberin Swissgrid.Eine der Forderungen: Die Swissgridsoll die Systemdienstleistung (SDL),die sie den Endverteilern ab 2009 inRechnung stellt, reduzieren oder zu-rückziehen. Erzwingen könnte derarti-ge Forderungen die ebenfalls neu ge-schaffene Elektrizitätskommission des

Bundes, die ElCom. Sie überwacht denStrommarkt und damit auch die Preise.

Die regionalen EW-Betreiber unter-stützen die Forderungen, manche ha-ben sogar bereits gegen die SwissgridKlage eingereicht. Kaum jemand rech-net aber ernsthaft damit, dass inner-halb nützlicher Frist viel passierenwird. «Das ist reine Pflästerchen-Poli-tik», sagt der Betreiber eines lokalenElektrizitätswerks, der nicht nament-lich genannt werden möchte. Um wirk-lich etwas zu ändern, bräuchte es eineGesetzesrevision. Und eine solche lässtsich in der Regel nicht in ein paar Mo-naten umsetzen. (mst)

Die prozentualen Erhöhungen, mit denen ein durchschnittlicher Haushalt ab Januar 2009 zu rechnen hat. Die schraffierten Flächen erklären sich dadurch, dass invielen Gemeinden nebst lokalen Elektrizitätswerken auch Grossverteiler Strom zu eigenen Preisen verkaufen (Elektrizitätswerke Kanton Zürich, EKZ, und St. Gallisch-Appenzellische Kraftwerke, SAK). Die Karte ist nicht für einen direkten Vergleich zwischen den Werken geeignet, da sich die Grundtarife unterscheiden.

Werke passen die Tarife anVöllig hilflos sind die Elektrizitäts-

werke bei der Gestaltung ihrer Preisetrotz der Verteuerung nicht. Sie könnenihrer Kundschaft zum Beispiel die Mög-lichkeit geben, Strom zu sparen, indemsie das Preisverhältnis zwischen Hoch-tarif und Niedertarif verändern. Sokann ein EW seine Hochtarife herauf-schrauben; gleichzeitig kann es aberdie Niedertarife reduzieren und dieAnzahl Stunden pro Tag, an denen derNiedertarif gilt, erhöhen.

Mehrere EW in der Zürichseeregionversuchen, durch solche Rabatte diePreiserhöhungen abzufedern. DasElektrizitätswerk Herrliberg wird bei-

spielsweise seine Niedertarifzeiten ab2009 um 14 Stunden pro Woche erhö-hen. So gut wie alle Werke, die nur ge-ringe Preiserhöhungen ankündigen,verfahren auf vergleichbare Weise. Sieversuchen, ihre Kunden von den durchKEV und SDL anfallenden Kosten zuverschonen. Die Gemeindewerke Zolli-kon haben sogar angekündigt, dassihre Preise 2009 stabil bleiben werden.

Allerdings müssen die EW bei die-sem Vorgehen selber finanzielle Ein-bussen in Kauf nehmen. Möglich ist esvor allem für EW, die bisher eher tiefePreise hatten oder bei denen keine ho-hen Investitionen anstehen. (mst)

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