Bücher! Bücher?–alles dreht sich um Bücher

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Bucher! Bucher? - Alles dreht sich urn Bucher

Alte Bucher, Erstausgaben, In- kunabeln, Wiegendruck: Alles, alles will ich haben; nicht zum Lesen, nur zum Guck!

Wir auf dem Karussell wollen weniger gesamnielt, ,,doch fleifli- ger gelesen scin“. Dies ist jcdcn- falls dcr erste Wunsch, den Auto- ren seit Lessing haben, auch wis- senschaftliche. Und was fleiRiges (Noten)lcscn und Uben bcwir- ken, hiiren wir schlieRlich bei den superperfekten Tonaufzeich- nungen, die den Komponisten ers t crkennen lassen, was cr ei- gentlich komponieren wollte.

N u n , wiswnschaftliche Bucher und Zeitgchriften sind keinc Sphirenmusik, sondern dienen einem ganz praktischen Zwcck, namlich Wissen festzuhalten, weiterzugeben urid - als kom- pos(i)torisches Material fur neue Erkenntnis ~ 7,u nurzen. Dabci unterscheidet man von alters her Lehrbucher (Codices), Monogra- phicn (Tractatus), Fortschrittsbe- richte (Commentarii) und Zeit- schriften (Annales) - in der Rei- henfolgc xunchmcnder Aktualitat. Das Lehrbuch bringt das klas- sisch-Vereinfachte - mit allen Fehlern der Klassik: nimlich in kuhlcni Marmor der Buntheit zu entbehren, die vormals auf den Dingen gelegen hat. Die didak- tisch notwendige Simplifizierung geht zuwcilen so weit, daR sich der typische Lehrbuch-Irrtum von Auflage x u Auflage, i a von Lehrer- zu Schiilergeneration fortpflanzt. nur von Zcit 7u Zeit von kritischen, eifrigen und um das Wohl der Studierenden be- inuhten Lehrcrn entdeckt, aufge- spicBt und, wenn es gut gcht, fur eine spatere Auflage korrigiert. Das hat nichts mit den unver- meidlichen Druckfehlern und ausdriicklichen Schiefheiten zu tun, die aus voreileiidcr odcr auch naiver Verallgemeinerung unterlaufen; manchmal auch des- halb, wcil das Einfache mcrkba- rer ist als die Surnme der Aus- nahtnen, ahnlich wie eine Fabel anstelle der komplexen Wirklich- keit - nur, dall manchmal das Gririsen der Katxe im Raum ste- henbleibt.

Fin gutes Lehrbuch soll nach Miiglichkeit aus einem GuR sein: von eineni oder schr wenigen, dann abcr strikt geyiigelten und loyal 7usanimenwirkenden Auto- ren unter einem gemeinsarnen Konzcpt ~ nicht ein Salonkon- zcrt, bei dem ieder seine Virtuo- sitat vorfuhren will. Ein gutes Lehrbuch sol1 attraktiv uiid klar, abcr nicht wie ein Comic illu- striert sein - ein Student ist kein Analphabet. Ein gutes Lehrbuch soll auch nicht zu viele Auflagen haben, denn der Fortschritt des Winbaren ist zu schnell, als daB die gleichen Autoren uber viele Jahre hinweg niithaltcn konnen. Selbst wenn sie das Material brin- gen, indern sich die Perspektiven. Eine Frage: Sol1 c i n 1.chrbuch Original-I .iteratur 7..itieren? Ich meine: ja, aber niit Magen. Was sind es doch fur luftige, fur jede Parole anfalligc Ixutc, die nicht wisscn, wo die Wur7eln liegen! Es ware auch bedauerlich, wenn der intcrcssierte Student nicht die Miiglichkeit hitte, sich mit der Literatur vertraut zu machen, die ihm vielleicht Fragcn, die wah- rend Ixkture und Lernen kom- men, beantworten und in Proble- me eindringen hilft. Das ist kein sentinicntalcr Historkismus und kcine elitire Uberforderung, son- dern gehdrt zur Allgemeinbil- dung und dem Standortverstand- nis eines angchcndcn und gestan- denen I’rofessionals, eines ( k - steswissenschaftlers sowieso, aber auch eines Natur-, Ingenieur- und Wirtschaftswisscnschaftlers. Solche Zusammenfassungen be- stimmter Forschungsgebiete fin- det man in den immcr beliebter, abcr auch notwendiger werden- den, aktualisierenden Wissen- schaftsmagazinen, die sich an ei- ne nicht ganz eng spc7ialisierte, auch gerade jungere Leserschaft wenden, und in den eigentlichen Monographien. Kei den Referier- zeitschriften kann der Interessent den neuen Stand eines groReren Gebiets auf wenigen Seiten und die zugehorige Literatur im An- schiiitt crfahrcn; cr kann aber auch die bestimmte Meinung ei- nes Forschers zu bestimmren Ar- beitsgcbictcn (mcist dcm eigencn) hbren oder an Kontroversen teil-

nehmcn, die heute allerdings in ;.iemlich sedierter Form abzulau- fen pflegen - und im allgemei- nen Extremstandpunkte fixieren wollen, wihrend es die Wirklich- keit nicht so ernst wie die Profes- soren nimmt.

Fast alle diese Zeitschriften habcn auch so etwas wie einen Gesell- schaftsteil mit Seufxerspalte und gehobcnem Klatsch, mit wissen- schafts- und forschungspoliti- schcn Ihrstellungen - oft von ausgezeichnet unterrichteter und schreibkundiger Seitc, mit prakti- schem Rat und mit Hinweiscn auf Kiicher! So etwa, wie es zum Feuilleton bei Kongressen und Nachsitzungen gehiirt.

Hei den besonders fur Studieren- de zur Fortbildung gcdachtcii Zcitschriften hat man oft den Eindruck, daR sie ihr Publikum nicht treffen. Nicht nur, dal3 fast jede von ihncn die Tcndcii7. hat, immer hijheren Anspruchen ge- nugen zu wollen, also ihrem Ziel- publikuin zii entschweben, ohne cs in die luftige Hohe esoteri- schcr Wissenschaft mitzunehmen, sondern daR bereits vorher die Abonnenten abschalten: Eigcnbe- sitz von Buchern und Zeitschrif- ten wird aIs Relikt burgerlicher SeBhaftigkeit und Bildungsphili- sterei angesehen, man will sich hicr cbcnsowcnig binden wic an- derswo, vielleicht wellt die Woge aber auch hier wieder zii gr8Bc- rer Sentimentalitat? Es ist jedoch zu fragen, ob das Erscheinen in Zeitschriften-ahnlichen Heften, auch wenn die Bilder bunt sind, nicht cin Widcrspruchsgefuhl an- derer Art weckt: dein SpieBer gleich zii sein, der sich regelmi- Big unter rkckblatt sein Magazin voll Hame und Lustschau kom- men IaRt. Oh cs attraktiver ware, solche I’roduktionen in mittlerem Taschenbuchformat, wie von ei- ner Buchgemeinschaft, einspaltig gedruckt, bucherspindschmuk- kend, nicht unmittelbar altpapier- fahig an7ubieten? Tch hiire Em- piirung, frage ja nur!

Die Monographien im stretigeren Sinn haben, im Gegensatx zu den allgenieinbildenden Monatsheften etwas, wie der Namen anklingen l a k , Monornanisches, Monokula- res: Mit FleiR und, wcnn cs gut geht, mit (souveranem) Uber- blick, wenn es hervorragend i s t , rnit (begriindender) Kritik wird ein cngcs Gcbict dcs Fachs auf seinem derxeitigen Stand darge- stellt. Monographien geben dann den Status vor ein paar Jahren wiedcr, dcnn trotz allcr Mcdicn- geschwindigkeit liegt im Gegen- satz zu den Geschwindigkeiten in der Bestsellerproduktion -- es sind eben keine! - zwischen Ab- gabe eines Manuskripts und Er- scheinen des Buchs eine Spanne von cin his zwciJahrcn. Eiiic cch- te Monographie ist darum immer etwas abgesetzt, eine gute fur den Spezialisten nutzlich; fur den Be- ginner ~ gute und schlechte uii- unterscheidbar - verwirrenti. Aber der Fortgeschrittene sollte fleiBig von ihnen Gebrauch ma- chen, wenn er wissen will, wic dieses oder jenes Arbeitsgebiet zur Zeit und in der Perspektive ungefahr ausschaut. Doch Monographien sind, d a sic nur in kleiner Auflage erscheinen, bald obsolet. und da sie ein Mo- nopol darstellen, teuer ~ also tiur etwas fur Steuerzahler-subventio- nierte Bibliotheken.

Bibliothckarc ~ die Lcutc, fur die die Welt aus Regalen besteht und daher allcs Buch ist, was ZII

Druckcrschwirzc gcrinncn kann, vom 1.exikon his 7um Kursbuch, vom Zeitungsausschnitt bis zuni Dissertations-Tiuschcxcmplar - sind es auch, die dafur sorgen, daR Kongrell- und Forschungsbe- richte, graue und fast farblose Li- teratur angcschafft, rubrifiTicrt, katalogisiert, aber ja nicht maga- ziniert oder gar recyclisiert wer- den. Fur sie gilt das Buch erst in der MehrzahI und in der langen Reihe, mhglichst vom ersten Jahr der Erfindung der Druckkunst und vorn ersten Jahrgang ab. Und was titen wir, wenn es die - jetzt allerdings oTt schon durch die Such- und Referatedienste, den P C uiid den Terminal abgcln- sten - Kibliothekarinnen nicht gabe, geduldig, flink, lilug und findig? Sie sind die am weiiigstcn gedankten Verwalter, Ordner und Finder von Literatur. Es ist eben mit ihnen wic auch sonst 7uwci- len: Sie helfen einen in Gelegen- heiten, in die man ohne sie nicht gekommen ware. Wo findet man je unter allen den vielen Dank- sagungen am Ende einer Arbeit einen Dank fur die Aibliotheka- rin? Ihr sei gedankt, denn w a s ware das Bucherkarusscll ohnc die Bucherkartei? L. Jzcnicke, Kuln

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