Darstellung und Schwingungsspektrum des ersten Fluoro-Chloro-Iridats(V), Cs[IrF5CI]

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Z. anorg. allg. Chem. 522 (1985) 7-10 J. A. Barth, Leipzig

Darstellung und Schwingungsspektrum des ersten Fluoro-Chloro-lridats(V), Cs[ IrF,CI]

W. PREETZ* und D. TENSFELDT

K i e 1, Institut fur Anorganische Chemie der Christian-Albrechts-Universitlt

I n h a l t s u b e r s i c h t . Bei der Umsetzung von [1rCIJ2- mit BrF, in flussigem HF entsteht das Komplexgemisch [IrFnCl,-n]-, n = 1-6, aus dem als erste C1-haltige Verbindung des fiinfwertigetl Iridiums das dunkelrote Cs[IrF,CI] in reiner Form isoliert wurde. Das IR- und Ramanspektrum lie13 sich vollstandig entsprechend der Punktgruppe C,, zuordnen. Die ilp Vergleich zum entsprechen- den IrIV-Komplex grofiere Bindungsfestigkeit zeigt sich in einer betrachtlichen Verschiebung der Schwingungen zu hoheren Wellenzahlen und der Zunahme der Valenzkraftkonstanten um etwa 20% an.

Preparation and Vibrational Spectrum of the First Fluoro-Chloro-Iridate (V), Cs [IrF&l] Abst rac t . On treatment of [IrC1,I2- with BrF, in liquid HF a mixture of the complexes

[IrFnCl,-n]-, n = 1-6, is formed from which as the first C1 containing compound of Iridium(V) the pure deep-red Cs[IrF,Cl] was isolated. The I R and Raman spectrum is completely assigned according to point group C4". The increased bonding strength compared with the corresponding IrIV complex is indicated by a significant shift t o higher waive numbers and the increase of the valence force con- stants by about 20%.

Einleitung Wahrend von allen funfwertigen Platinmetallen die Hexafluorokomplexe seit

lkngerem bekannt sind, ist bisher als einzige entsprechende Chloroverbindung nur [OsCl,]- dargestellt worden [ 1 - 41. Die bei der Umsetzung von [IrClJ- mit BrF, zu [IrFJ- beobachtbaren tieffarbigen Zwischenprodukte lassen vermuten, dalj es sich dabei um Fluoro-Chloro-Iridate(V) des Typs [IrFnCl6-n]-, n = 1-5, handelt. Diese sind Buljerst reaktiv und werden von den ublichen Losungsmitteln, insbesondere durch Wasser, sofort reduziert. Das ermoglichte kiirzlich die Iso- lierung aller gemischten Fluoro-Chloro-Iridate(IV), einschlieljlich der fur n = 2,3,4 existierenden Stereoisomeren [5]. Durch Verwendung von flussigem Fluorwasser- stoff, HFf",, als Losungs- und BrF, als Oxydationsmittel gelang jetzt die Darstel- lung des ersten C1-haltigen IrV-Komplexsalzes Cs[IrF,Cl], das durch sein IR- und Ramanspektrum charakterisiert wurde.

Darstellung und Eigenschaften Die IrIV-Komplexsalze Cs,[IrFnC1,-n] weisen in HF,, erhebliche Loslichkeits-

unterschiede auf. Wahrend die Spezies mit n = 0-2 praktisch unloslich sind,

* jeweils Korrespondenzautor

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wird ah n = 3 bis G eine extrem hohe Liislichkeit festgestellt. Da mit steigendem Fluorgehalt die Stabilitat der noch vorhandenen Ir-C1-Bindungen zunimmt, ent- steheri bei vorsichtiger Einwirkung von BrF, auf die Losungen der IrIV-Komplexe in HFli die entsprechenden Fluoro-Chloro-Iridate(V), ohne daB gleichzeitig die C1-Liganden oxydativ durch F ersetzt werden :

2 C ~ ~ [ l r l ? ~ C l ~ - ~ ] + BrF, +- 2 Cs[IrFnCl,-n] + 2 CsF + BrF.

Mit der Oxydation des Zentralions tritt eine Farbvertiefung auf. Aus den schwsch gelhen his farblosen IrIV-Komplexen entstehen dlinkelgrunes fae- [IrF',C&]-, violettes cis-[ IrF4C12]- bzw. dunkelrotes [IrF,Cl]-. Da die Cs-Salze dieser Ir"-Kornplese in HF,, ebenfalls sehr leicht lijslich sind, ist es schwierig, diese voii dem in gleicher molarer Menge entstehendem CsF ahzutrennen. Bisher ist die fraktionierte Fallung nur fur Cs[IrF5C1] gelungen, das bei Abkuhlung bis nahe an den Gefrierpunkt aus dem HFf, in tiefroten millimetergroBen Plattchen auskristallisiert. Das Komplexsalz ist in BrF, gesattigtem Frigen 113 unzersetzt etwas loslieh. Durch Feuchtigkeitsspuren wird es schnell zu einem blauvioletten Produkt hydrolysiert. Die chlorreicheren Iridate(V) sind in HFf, noch besser loslich und lieflen sich bisher nicht in reiner Form isolieren. Das durfte mit groSeren Kationen mijglich sein, die die Icristallisation begunstigen und die hohe Oxydationsstufe stabilisieren.

Schwingurigssi~ektriiiii Die Registrierung des vollstiindigen IR-Spektrums von Cs[IrF,Cl] ist schwie-

rig, weil es durch die ubliehen Einbettungsniaterialien sofort zum IrIV-Komplex reduziert wird. An PolyethylenpreBlingen lassen sich nur die IrC1-Valenz- und tieferliegendeii Deformationsschwingungen einwandfrei messen, wiihrend die im Bereich um 600 cm-l erwarteten sntisymmetrischen IrF-Valenzschwingungen durch die Eigenabsorption des Polyethylens verdeckt sind. Dagegen wird bei FeuchtigkeitsausschluB an dem reinen Komplexsalz das gesamte Ramanspektrum erfaBt. In den in Abb. 1 wiedergegebenen IR- und Ramanspektren von Cs[IrF,Cl] sind zum Vergleich die Valenzschwingungen der entsprechenden IrIV-Verbindung gestrichelt mit eingezeichnet. Die Zuordnung der Banden gelingt entsprechend der Punktgruppe C,, die Numerierung erfolgt gemaB der in [B, Tab. 1111 ge- gebenen Ubersicht.

Obwohl sich der Depolarisationsgrad der Ramanschwingungen an der emp- findlichen festen Substanz nur ungenau messen laBt, weisen die deutlichen Inten- sitatsunterschiede bei paralleler bzw. senkrechter Stellpng des Analysators darauf hin, dai3 die intensivsten Schwingungen v1 bis v4 zur Rasse A, gehbren. Die etwas niedrigere Lage von v3 und v4 im IR-Spektrum ist auf die unterschiedliche MeStemperatur (IR: 298 K, Ra: 80 'I() ZuriickzufLihren. Die sowohl im Raman- als auch im IR-Spektrum beobachtbare Aufspaltung von Y', um 8 hzw. 9 cm-l ist durch die Chlorisotope 35Cl und 37Cl verursacht. Das IntensitiitsverhBltnis ent- spricht etwa dem der naturlichen Isotopenhaufigkeit von 35Cl: 37Cl wie 3 : 1. Unter Vernachlassigung vonwechselwirkungen ergibt sich fur die OsC1-Valenzschwingung

TV. PREETZ u. D. TENSFELDT, Cs[IrF,Cl] 9

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Abb. 1 Cs,[IrF,Cl], gestrichelte Linien

IR- und Ramanspektrum von Cs[IrF,Cl], ausgezogene Kurven ; Valenzschwingungen von

eine Kraftkonstante von 2,74 Nicm. Das AusmaB der Aufspaltung von v3 wird damit richtig beschrieben. Auch bei dem entsprechenden Fluoro-Chloro-Iridat(1V) waren die Isotopenbanden im Ramanspektrum vollstandig aufgelost, wahrend im IR-Spektrum nur eine Schulter neben dem Hauptpeak auftrat, vi.

Die bei der Oxydation des IrIV- zum Irv-Komplex beobachtete betriichtliche Verschiebung der Banden zu hoheren Wellenzahlen ist gleichbedeutend mit einer Bindungsfestigung. Die Zunahme der Valenzkraftkonstanten betragt fur die IrC1- und auch fur die IrF-Schwingungen etwa 20%. Die mit der Oxydationsstufe des Zentralions stark veranderten Intensitatsverhdtnisse der Ramanbanden vJv3 bzw. v;/vi sind eine Folge des Resonanz-Raman-Effekts. Die bei dem IrIv- Komplex im UV liegenden Charge-Transfer-Ubergange n(C1) -+ d(1r) werden bei der Erhohung der Oxydationsstufe des Zentralions in den sichtbaren Spektral- bereich verschoben, wie man an der Farbvertiefung erkennt [7]. Bei der Ein- strahlung in diesen Bereich kommt es daher zur Resonanzverstarkung der IrCl- Valenzschwingung v3. AuBer verschiedenen Kombinationstonen mit vl, v 2 und v p findet man auch den ersten Oberton 2 x v3 bei 788 bzw. 772 cm-I.

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Experimentelles Das als Ausgangssubstanz verwendete Cs,[IrF,CI] wird wie

friiher beschrieben dargestellt [5]. Zur Entfernung von Wasserspuren aus dem HF,, wird dieses in einer Teflonapparatur mit BrF, unter Argon rektifiziert. I n 8 ml des BrF,-haltigen Destillats lost sich bei 0°C 1 g Cs,[IrF,CI] sofort mit blutroter Farbe auf. Beim Abkiihlen auf unter - 60°C kristalli- sieren etwa 60% des entstandenen Cs[IrF,CI] als tiefrote Plattchen aus. Sie werden aus reinem HFf, umkristallisiert.

a) D a r s t e l l u n g v o n Cs[lrl!'5C1].

Analyse Cs[IrF,CI] %Cs %1r %Cl %F ber. 29,17 42,19 7,29 20,85 gef. 29,35 42,47 7,56 20,G2.

b) Spe k t r en. Die Registrierung des IR-Spektrums erfolgte mit einem FT-IR-Spektrometer NIC 7199 der Pa. Nicolet, Offenbach/M. an einem PolyethylenpreDling (4 mg Cs[IrF5Cl]/100 mg Polyethylen). Die Raman-Messungen wurden mit einem Cary 82 der Fa. Varian, Darmstadt, unter Verwendung cines Argon-Lasers an rotierenden Proben bei etwa 80 K durchgefdhrt [8]. Dazu wurden 15 mg des reinen Cs[IrF,CI] in der ringformigen Vertiefung ( 0 8 cm, 1,76 mm breit) einer geschwarzten Teflonscheibe unter getrocknetem Argon verpreDt.

Dem Fonds der Chemie danken wir fur die Unterstiitzung unserer Arbeit.

Literatur [I] PREETZ, W.; BRUNS, M.: Z. Naturforsch. 38b (1983) 680. [2] MAGNUSON, R. H. : Inorg. Chem. 23 (1984) 387. [3] KIM, E. E.; ERIKS, K. ; MAGNUSON, R.: Inorg. Chem. 23 (1984) 393. [4] KREBS, B. ; HENKEL, G. ; DARTMANN, M. ; PREETZ, W. ; BRUNS, M. : Z. Naturforsch. 39b (1984)

[j] TENSFELDT, D.; PREETZ, W.: Z. Naturforsch. 39b (1984) 1186. [6] PREETZ, W. ; RUF, D. ; TENSBELDT, D. : Z. Naturforsch. 39b (1984) 1100. [7] PREETZ, W.; TENSFELDT, D.: Z. Naturforsch. 39a (1984) 966. [8] HOMBORG, H.; PREETZ, W.: Spectrochim. Acta A 32 (1976) 709.

843.

Bei der Redaktion eingegangen am 13. Juni 1984.

Anschr. d. Verf.: Prof. Dr. W. PREETZ und Dr. D. TENSFELDT, Inst. f. Anorg. Chemie d. Univ., Olshausenstr. 40, D-2300 Kiel

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