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Der Ochse auf dem Dach und andere VerboteMilhaud · Smit · Toch · Schönberg · Gál · Schulhoff
Klavierduo Friederike Haufe · Volker Ahmels
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Darius Milhaud (1892–1974)
1 Le bœuf sur le toît 19:37
Leo Smit (1900–1943)
Divertimento voor piano vierhandig
2 (I) Allegro ma non troppo 4:293 (II) Lento 4:364 (III) Allegro con fuoco 5:24
Ernst Toch (1887–1964)
Sonate op. 87 für Klavier vierhändig
5 (I) Allegretto 2:526 (II) Andante espressivo 3:007 (III) Allegretto amabile leggiero 2:05
Arnold Schönberg (1874–1951)
Sechs Stücke für Klavier zu vier Händen
8 (I) Andante grazioso 0:519 (II) Poco allegro 0:46bl (III) Rasch 0:49bm (IV) Andante 1:55bn (V) Lebhaft rasch 0:39bo (VI) Allegro molto 1:28
Hans Gál (1890–1987)
Three Marionettes
bp (I) Pantalone 3:08bq (II) Colombina 4:15br (III) Arlecchino 3:58
Erwin Schulhoff (1894–1942)
Three Marionettes
bs (I) Allegretto molto 1:39bt (II) Allegro agitato 2:01bu (III) Alla marcia militare 3:12cl (IV) Allegro ma non troppo 1:34cm (V) Allegro deciso 2:07cn (VI) Tempo di fox 2:34
Friederike Haufe und Volker Ahmels Klavier vierhändig
Der Ochse auf dem Dach und andere Verbote Eine musikalische Reise wider das Vergessen: Europäische Geschichtsschreibung zu „Vier Händen“
Die Erinnerung ist das einzige Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können.
Jean Paul, 1793
Mit delikatem Fingerspitzengefühl für die Thematik,
aber dennoch innovativ in seiner Zusammenstellung
stellt sich das deutsche Klavierduo Friederike Haufe und Volker Ahmels mit einem außergewöhnlichen
Programm vor: der musikalischen Aufarbeitung
des Verlustes an künstlerischer Kreativität durch
die „rassische“ Vertreibung und Vernichtung weiter
Teile der jüdischen Bevölkerung während der na-
tionalsozialistischen Herrschaft in allen besetzten
Ländern im Europa des 20. Jahrhunderts. Einem
Repertoire also, das wir heute als „Verfemte Musik“
bezeichnen. Und das noch dazu in einem Genre
der Klavierliteratur, das lange Zeit sowohl von Mu-
sikern als auch Zuhörern vernachlässigt wurde:
dem vierhändigen Klavierrepertoire, das während
der Jahre zwischen dem Wiener Kongress 1815
und der Revolution von 1848, bekannt als Zeit des
Biedermeier, besonders florierte und bis zum Ende
des 19. Jahrhunderts beliebt blieb. Es handelt sich
hier nicht nur um häusliche Kammermusik, sondern
um Werke, die – wie diese eindrucksvolle Produktion
bestätigt – nicht vergessen werden dürfen.
Kennengelernt haben sich Friederike Haufe und
Volker Ahmels bereits als Jugendliche während des
Klavierunterrichts bei dem bekannten Pianisten und
Pädagogen Bernhard Wambach in Hamburg. Der
für seine Interpretationen zeitgenössischer Musik
international renommierte Musiker – er unterrichtet
auch heute noch an der Folkwang Universität der
Künste in Essen – verstand es, in den beiden jungen
Pianist/innen ein außergewöhnlich tiefgehendes und
bleibendes Interesse für die Musik des 20. Jahrhun-
derts zu wecken.
In der Folge formierten sich die beiden 1997
als Klavierduo, dessen vielbeachtetes Debüt im
selben Jahr in Israel und in den palästinensischen
Autonomiegebieten folgte. Sie spielten damals in
beiden Teilen Jerusalems, in Tel Aviv und Haifa sowie
in Betlehem und Ramallah Werke der Romantik an
einem Klavier zu vier Händen. Schwerpunkt der
künstlerischen Arbeit des Duos Friederike Haufe
& Volker Ahmels liegt in dem vierhändigen Klavier-
repertoire, wenngleich sie auch Kompositionen für
zwei Klaviere zur Aufführung brachten, darunter
Wolfgang Amadeus Mozarts gesamtes Werk für
diese Besetzung oder auch Johann Sebastian
Bachs Klavierkonzert in C-Dur (BWV 1061) mit
dem Kammerorchester der Mecklenburgischen
Staatskapelle im Schweriner Theater.
Das Duo trat bei zahlreichen Musikfestivals in
Deutschland auf, darunter dem Schleswig-Holstein
Musikfestival und dem Musiksommer Mecklenburg-
Vorpommern. Es ist auch regelmäßig beim Festival
„Verfemte Musik“ in Schwerin und wiederholt beim
Kammermusik-Festival „Tons Voisins“ im südfranzö-
sischen Albi zu hören. Internationale Konzertreisen
führte es außerdem nach Dänemark, Frankreich,
Polen, Österreich, Spanien, in die Tschechische
Republik sowie in die US-amerikanischen Städte
Cleveland, San Diego, Washington D.C. und mehrfach
nach Philadelphia und Los Angeles.
Sein breitgefächertes Repertoire zeigt sich am
eindrucksvollsten an den Konzertabenden, die
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themenbezogen gestaltet werden und einen mu-
sikalisch-dramaturgischen wie auch erzählerischen
Aufbau haben. Hier soll das Programm „So pocht
das Schicksal an die Pforte“ exemplarisch erwähnt
werden, in dem sich die Pianist/innen im Laufe des
Abends auf die Spur des wohl bekanntesten Motivs
der Musikgeschichte – des sogenannten „Schick-
salsmotivs“ am Beginn von Ludwig van Beethovens
5. Symphonie – begeben, sei es etwa in Werken
Franz Schuberts oder Franz Liszts.
Anregung für die intensive Auseinandersetzung
mit der Thematik „Verfemte Musik“ erhielt das Kla-
vierduo durch eine schicksalhafte Begegnung mit der
Pianistin Edith Kraus 1998 in Jerusalem, einer der
bedeutendsten heute noch lebenden Künstler/innen
des Konzentrationslagers Theresienstadt. Die 1913
in Wien geborene Pianistin und Tochter jüdischer
Eltern aus der Umgebung der tschechischen Stadt
Jihlava (dem damaligen Iglau) war mit 14 Jahren
die jüngste Meisterschülerin bei Artur Schnabel in
Berlin.
Die Recherche und Wiederentdeckung jener
Komponist/innen, die vom NS-Regime verfolgt,
vertrieben oder ermordet und deren Werke verfemt
wurden, ist ein wesentlicher Schwerpunkt der gegen-
wärtigen künstlerischen Arbeit von Friederike Haufe
und Volker Ahmels – und führte auch zu diesem
Programm. Das Klavierduo geleitet durch die von
Verfolgung und Vertreibung gezeichnete Geschichte
des 20. Jahrhunderts. Doch den beiden Musiker/
innen ist dies offenbar keine Bürde, sondern vielmehr
ein „Paradies der Erinnerung“ im Sinne Jean Pauls –
denn die hier eingespielten Kompositionen stellen
eine eindrucksvolle Bereicherung des traditionellen
Repertoires dar.
Aufbruch in Wien: Arnold Schönberg (1874–1951) Sechs Stücke für Klavier zu vier Händen (1896)
Arnold Schönberg, 1874 in Wien geboren, muss
kaum noch vorgestellt werden. Sein entschei-
dender Beitrag zur Überwindung der Diatonik als
vorherrschendes kompositorisches Prinzip, der ihn
im frühen 20. Jahrhundert über die Atonalität hin
zur Dodekaphonie führte, ist durch seine eigenen
Werke einerseits sowie durch seine theoretischen
Schriften und Abhandlungen andererseits heute gut
dokumentiert. Nicht weniger entscheidend ist seine
Unterrichtstätigkeit – und damit der große Kreis seiner
Schüler/innen, die er in Wien, Berlin und schließlich
auch im Exil in den USA hatte. Von nicht minderer
Bedeutung ist Schönbergs eigenes bildnerisches
Werk und seine künstlerische Auseinandersetzung
mit dem Maler Wassily Kandinsky und der Münchener
Künstlergruppe „Der Blaue Reiter“. Kompositionen
wie „Das Buch der hängenden Gärten“ (1908/09),
„Erwartung“ (1909), „Pierrot Lunaire“ (1911), „Die
glückliche Hand“ (1910–1913) sind heute Klassiker
der Moderne und zeigen Schönbergs entscheidende
musikalische Entwicklung, hatten allerdings zur
Zeit der Uraufführung wegen der ungewohnten
musikalischen Sprache oftmals Skandale provoziert.
Die Machtergreifung durch die Nationalsozialisten
hat Schönberg 1933 in Berlin hautnah miterlebt,
wo er seit 1925 in Nachfolge von Ferruccio Busoni
als Leiter der Meisterklasse für Komposition an
der Berliner Akademie der Künste unterrichte-
te. Seiner Entlassung „aus rassischen Gründen“
folgte die Emigration in die USA über Paris, wo
er im Juli desselben Jahres, in Zeugenschaft von
Marc Chagall, wieder zum jüdischen Glauben
rekonvertierte – ein Bestreben, das sich bei ihm
bereits seit den frühen 1920er Jahren musikalisch
angekündigt hatte, als er mit der Komposition von
„Moses und Aaron“ (1923–1937) begann, einem
monumentalen Gesamtkunstwerk, das allerdings
in seiner Konzeption unvollendet blieb. Im Oktober
1933 erreichte Schönberg New York, übersiedelte
ein Jahr später schließlich nach Kalifornien, wo
er im Juli 1951 verstarb. Dieser Lebensabschnitt
Schönbergs war mehr denn je durch seine vielfältige
Unterrichtstätigkeit gekennzeichnet, brachte aber
auch wichtige Kompositionen hervor – wie die „Ode
to Napoleon Bonaparte“ (1942) oder „A Survivor from
Warsaw“ (1947); letztere eine unmittelbare Reaktion
auf das Grauen des Völkermordes an der jüdischen
Bevölkerung während der nationalsozialistischen
Herrschaft in Europa.
Die Sechs Stücke für Klavier zu vier Händen
ist ein sehr frühes Werk des Komponisten, das bisher
kaum Beachtung fand. Zahlreiche der frühen Kom-
positionen Schönbergs entstanden zweckgebunden
im Rahmen seiner Tätigkeit als Chordirigent oder
aus dem Bedürfnis des gemeinsamen Musizierens.
Letzteres dürfte hier der Fall gewesen sein, denn
die Widmungsträgerin Bella Cohn stammte aus
Schönbergs Bekanntenkreis. Angeregt wurden die
„Sechs Stücke“ durch den Wiener Musikkritiker und
Komponisten Richard Heuberger (1850–1914), der
Schönberg nach lobenden Worten über zwei seiner
Lieder riet, zur weiteren Übung Klavierstücke im Stile
Schuberts zu schreiben. Schönbergs Komposition
erweist sich als eine Folge von Charakterstücken
und Tanzsätzen, deren technisch einfache, dabei
musikalisch originelle und abwechslungsreiche
Machart damals einigen Anklang gefunden haben
dürfte.
Von Amsterdam ins Konzentrationslager: Leo Smit (1900–1943)Divertimento voor piano vierhandig (1940)
Wenig ist über den am 14. Mai 1900 in Amsterdam
in eine portugiesisch-jüdische Familie geborenen
niederländischen Komponisten Leo Smit bekannt.
Trotz spärlicher Quellen lässt sich eines mit Sicherheit
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sagen, wenn man sich seinen fragmentarischen
Werkskatalog ansieht, der rund zwei Dutzend
Kompositionen listet: Leo Smit dürfte zu den be-
gabtesten niederländischen Komponisten seiner
Generation gehört haben, dessen kreatives Schaffen
durch seine Ermordung in den Gaskammern des
Konzentrationslagers Sobibór ein entsetzliches
Ende fand. Smit studierte zunächst Klavier und
Komposition am Konservatorium in Amsterdam,
unter anderem bei dessen legendärem Leiter Sam
Dresden (1881–1957), einem Schüler Hans Pfitz-
ners. Nach seinem erfolgreichen Studienabschluss
1924 wurde Smit als Lehrer für Harmonielehre und
Analyse an dieselbe Institution berufen.
Es folgten seine ersten bedeutenden Komposi-
tionen, die dem Zeitgeist entsprechend stilistisch eine
Kombination von Jazzelementen mit klassischer Musik
suchten. Dazu zählt die Orchestersuite „Silhouetten“
für das renommierte Concertgebouw-Orchester
Amsterdam. Drei Jahre später, 1927, ging der junge
Komponist nach Paris, wo sich seine Musiksprache
grundlegend wandelte. Leo Smit war von der Musik
Maurice Ravels und Darius Milhauds fasziniert, und
er begann, sich verstärkt der Kammermusik als
Ausdrucksmittel zuzuwenden. Seine Klangfarben,
die sich vor allem in ungewöhnlichen Instrumentie-
rungen zeigen, sind stark französisch beeinflusst.
Aber auch der Neoklassizismus der 1930er Jahre
hat vor Leo Smit nicht Halt gemacht und wurde zu
einem bedeutenden Einfluss auf sein Komponieren.
Das dreisätzige Divertimento für Klavier zu vier Händen wurde 1940 komponiert und zählt zu
den vermutlich letzten Werken Leo Smits. Nichts
ist zu seiner Entstehungsgeschichte bekannt,
weder der Anlass zur Komposition noch mögliche
Aufführungen nach dessen Fertigstellung. In dieser
Komposition wendet sich Leo Smit der Gattung des
Divertimento zu, das vor allem im 18. Jahrhundert
als freie instrumentale Form weite Verbreitung fand.
Das Entstehungsjahr war jenes des Überfalls des
nationalsozialistischen Deutschland auf die Nieder-
lande am 10. Mai 1940. Bereits nach fünf Tagen
kapitulierten die niederländischen Streitkräfte, und per
29. Mai wurde der Österreicher Arthur Seyß-Inquart
zum Reichskommissar für die Niederlande ernannt.
Dieser trug damit die politische Verantwortung für
die Einführung der Rassengesetzgebung und damit
auch für die Deportation und Ermordung von rund
100.000 Juden des Landes. In der Folge wurde
auch Leo Smit verhaftet und zwischen März und
Juni 1943 in das neu errichtete Vernichtungslager
Sobibór überstellt. Ob er seinen 43. Geburtstag
noch erlebt hat, ist ungewiss. Seine letzte erhaltene
Komposition entstand Anfang des Jahres 1943,
eine Sonate für Flöte und Klavier.
Der Prager Avantgardist als kommunistischer Revolutionär: Erwin Schulhoff (1894–1942) „Ironien“ (1919)
Der Komponist und Pianist Erwin Schulhoff wurde
1894 in Prag in eine jüdische Familie geboren. Da sich
sein musikalisches Talent sehr früh zeigte, erhielt er
bereits als Siebenjähriger – auf Empfehlung Antonín
Dvořáks – Klavierunterricht. Drei Jahre später trat
Erwin Schulhoff dann ins Prager Konservatorium
ein. Neben seinen pianistischen Studien, die er auch
in Wien, Leipzig und Köln weiterführte, wurde ihm
auch schon früh Kompositionsunterricht von Max
Reger (von 1907 bis 1910) erteilt. Aufgrund seiner
exzellenten Studienleistungen erhielt Schulhoff 1913
den Wüllner-Preis. Außerdem gewann er zweimal
den Felix-Mendelssohn-Preis: als Pianist 1913 und
als Komponist 1918.
Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs – den
er als Angehöriger des österreichischen Heeres mit
Handverletzungen und Erfrierungen überstand –
übersiedelte Erwin Schulhoff 1919 zunächst nach
Dresden zu seiner Schwester Viola. Umgeben von
einem großen Kreis von Literat/innen, Maler/innen
und Musiker/innen betätigte er sich einerseits als
Aufführender seiner eigenen Kompositionen, aber
auch als Veranstalter sogenannter „Fortschritts-
konzerte“. Es war dem Musiker ein Bedürfnis, die
zeitgenössische Avantgarde zu fördern und zu
präsentieren, und galt zudem auch als Spezialist
für Alois Hábas (1893–1973) Vierteltonmusik.
Andererseits suchte Schulhoff Kontakt zur Berliner
Dada-Szene, die großes Interesse für die vom Jazz
beeinflusste Tanzmusik hegte. Die „Ironien“ stellen
gewissermaßen eine Synthese der beiden Tendenzen
dar, und erklären auch das einleitende dadaistische
Gedicht1, welches der Komposition voransteht.
__________________________________________
Lernt Dada
Es lebe! Suff, Ekstase! –
Foxtrott, – lieblichster Prinz und Hanswurst,
wenn Du Mädchen berührst, werden sie rasend
und sind unersättlich geworden!
Strumpfbänder schwirren und kokettieren
mit abgelegten Offiziersuniformen, die nach Laster
riechen!
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Ober, eine Citronenlimonade à la naturelle!
Ich liebe den Alkohol nicht mehr, dafür aber um so
mehr schöne Beine! –
Zigarrenreklame, – Berlin, Paris, London, New York!
Weiber sind exhibitionistisch!
Foxtrottkonkurrenz! Behebung aller Arten Insuffizi-
enzen
garantiert ohne Mittelchen! Strenge Diskretion in allen
Angelegenheiten – Detektivbüro »Argus« oder was
beißt mich? –
Bade zu Hause, bediene dich selbst, koche mit Knallgas! –
Lizzi, – Du, – unvergleichlich bist Du, wenn Du Fox-
trott tanzt,
Dein Hinterteil (streng ästhetisch!!) pendelt zart und erzählt
Bände von Erlebnissen!
»Jazz« ist nächste Devise! –
Ich werde für Dich einen Tango erfinden, den ich »Tango
perversiano« nenne
und den Du – »zum Weinen schön« tanzen wirst! Mit mir! –
Lizzi, ekstatische Foxtrottprinzessin und letztes Ereignis!!!
Erwin Schulhoff
__________________________________________
Erwin Schulhoff schrieb die sechs Tanzsätze der
„Ironien“ um den Jahreswechsel 1919/20, den er
wieder in Prag bei seinen Eltern verbrachte. Aufge-
führt wurden sie erstmals in Dresden am 20. April
1920 durch den Dresdner Komponisten, Pianisten
und Konzertveranstalter Paul Aron (1886–1955).
Wie als Reminiszenz an den Zusammenbruch der
österreichisch-ungarischen Monarchie 1918 klingen
in diesem Werk die übrig gebliebenen militärischen
Versatzstücke des Krieges an, etwa ein Blechblä-
sersignal, und werden gekonnt musikalisch mittels
Polytonalität verzerrt und ins Lächerliche gezogen.
Aber auch der Wiener Walzer wird hier, vor allem im
vierten Satz, vorgeführt, ironisiert. Und am Ende – dem
sechsten Satz, Tempo di Fox – bringen moderne
Tanzströmungen einen deutlichen Kontrast, wobei
in den Klavierstimmen klar ausgearbeitete Klang-
farben verschiedener jazzbezogener Instrumente
angedeutet sind, etwa des Saxophons.
In den 1930er Jahren wandte sich Erwin Schulhoff
als Komponist – ungleich seiner avantgardistischen
Experimentierfreudigkeit des vorangegangenen
Jahrzehnts – verstärkt traditionellen Musikformen
zu, um die politischen Tendenzen des Sozialismus
musikalisch zu unterstreichen. Das wird in seinen
späten Symphonien ebenso deutlich wie in der
kompositorischen Umsetzung des „Kommunisti-
schen Manifests“ (1932). Im Kontrast dazu steht
allerdings Schulhoffs Tätigkeit als Jazzpianist für
die Abteilung des Prager Rundfunks in Ostrava. Mit
seiner kompromisslosen politischen Einstellung und
seiner jüdischen Abstammung konnte er nach der
Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933
nicht mehr in Deutschland auftreten, die Uraufführung
seiner Oper „Flammen“ (1923/29, revidiert 1932)
in Berlin wurde behördlich abgesetzt. 1941 erhielt
Schulhoff die sowjetische Staatsbürgerschaft, wurde
aber in Folge der deutschen Kriegserklärung an die
Sowjetunion zum Bürger eines Feindstaates erklärt
und am 23. Juni desselben Jahres interniert. Es folgte
schließlich die Deportation in das Konzentrationslager
Wülzburg in Bayern, wo er am 18. August 1942 an
Tuberkulose starb.
Im englischen Exil: Hans Gál (1890–1987) „Three Marionettes“ (vermutlich 1958)
Im fortgeschrittenen Alter verfasste der Komponist
und Musikwissenschaftler Hans Gál die „Three Marionettes“, in denen er auf die ihm eigene Weise
drei Figuren der Commedia dell’arte porträtierte:
„Pantalone“, den alternden, geschäftstüchtigen, aber
auch geizigen Geck, eine elegante Erscheinung in
roter Jacke und enger roter Strumpfhose (pantalone =
italienisch für Hose, daher der Name); „Columbina“,
oftmals eine Magd oder Köchin, die sich kein Blatt
vor den Mund nimmt; und schließlich ihren Geliebten
„Arlecchino“, eine komödiantische Schelmenfigur,
die nie zur Ruhe kommt und traditionell in einem mit
vielen Flicken besetzten Kostüm auftritt.
Hans Gál, 1890 in Brunn am Gebirge bei Wien in
eine ungarischstämmige jüdische Familie geboren,
fand 1938 Zuflucht in Großbritannien, nachdem er
bereits fünf Jahre zuvor von seiner Position als Direktor
des Mainzer Konservatoriums abgesetzt worden
war und sich in der Folge mit seiner Familie wieder
in seine Heimatstadt Wien zurückgezogen hatte. In
seiner Jugend hatte Gál hier auch studiert – neben
Komposition bei dem Brahms-Schüler Eusebius
Mandyczewski auch Musikwissenschaft an der
Universität Wien – und nahm nach Abschluss seiner
Studien Lehrtätigkeiten wahr. Doch der Durchbruch
als Komponist erfolgte in Deutschland, als seine Oper
„Die heilige Ente“ (op. 15) nach der erfolgreichen
Uraufführung in Düsseldorf 1923 unter der Leitung
von George Szell in praktisch sämtlichen Theatern
mit Erfolg gespielt wurde. Gáls Rückkehr nach Wien
im Jahr 1933 als Folge der Machtergreifung der
Nationalsozialisten in Deutschland bedeutete nicht
nur das Ende seiner bisherigen Karriere; er war nun
auch gezwungen, mit dem Schreiben von Aufsätzen
und Büchern, dem Dirigieren lokaler Ensembles,
Aufführungen und vor allem als Privatlehrer seinen
Unterhalt zu verdienen, bevor er fünf Jahre später
nach Großbritannien fliehen musste.
Nach dem sogenannten Anschluss Österreichs
an das „Dritte Reich“ im März 1938 ließ Gál keinen
Moment ungenützt, um sich und seine Familie in
Sicherheit zu bringen. Mit dem Plan, in die USA
auszuwandern, verließen sie noch im März desselben
Jahres Wien, um zunächst nach Großbritannien
zu gelangen. Eine zufällige Begegnung mit dem
1 Gewidmet Lizzi [=Lucie (Alice) Libochowitz (Libochovičova),
1891–1939], der späteren ersten Gattin Schulhoffs
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renommierten englischen Musikwissenschaftler
Sir Donald Tovey im Sommer 1938 brachte Gál
erstmals nach Edinburgh, das in der Folge bis zu
seinem Tod im Jahr 1987 seine Heimat werden
sollte. Doch zunächst wurde Gál, wie zahlreiche
andere deutschsprachige Flüchtlinge auch, im Mai
1940 zeitgleich mit dem Fall Frankreichs als „Enemy
Alien“ in Huyton nahe Liverpool und schließlich auf
der Isle of Man für mehrere Monate interniert. Diese
traumatische Erfahrung ließ ihn eines seiner bewe-
gendsten Werke schaffen: die „Huyton Suite“ (op. 92,
1940). Die eigenwillige Besetzung dieses viersätzigen
Werkes – für eine Flöte und zwei Violinen – liegt
in der Tatsache begründet, daß dies die einzigen
Instrumente waren, die in dem Internierungslager
vorhanden waren. Neben seinem Tagebuch, das er in
dieser Zeit zum einzigen Mal in seinem Leben führte,
stellt es eines der berührendsten Musikdokumente
des Komponisten dar. [Enthalten auf der CD „Hans
Gál. The Right Tempo“, Gramola/exil.arte 98896]
Im Jahr 1945 erhielt Hans Gál eine Lehrstelle für
Musiktheorie, Kontrapunkt und Harmonielehre an
der Universität Edinburgh. Zwei Jahre später war er
an der Gründung des von Sir Rudolf Bing initiierten
Edinburgh Festivals beteiligt, dem er für viele Jahre
eng verbunden blieb. Nicht unerwähnt sollte auch
Gáls umfangreiche Forschungs- und Publikationstä-
tigkeit bleiben, die er vor allem in den 1960er Jahren
begann. Dazu zählen Monographien über Johannes
Brahms (1961) und Richard Wagner (1963) ebenso
wie Briefausgaben – etwa das Buch „Briefe großer
Komponisten“ (1965), wie auch ein Führer durch
die Orchesterwerke Robert Schumanns aus dem
Jahr 1979. Hans Gál verstarb am 3. Oktober 1987
im Alter von 97 Jahren in Edinburgh.
Als Österreicher in Amerika: Ernst Toch (1887–1964) Sonate op. 87 (1962)
Neben Arnold Schönberg und Ernst Krenek hat
kaum ein österreichischer Komponist des frühen
20. Jahrhunderts die Avantgarde so stark mitge-
prägt wie der 1887 in Wien geborene Ernst Toch.
Hervorzuheben ist vor allem eine Komposition: die
meist so genannte „Geographische Fuge“ (1930;
der genaue Titel lautete: „Fuge aus der Geographie
“ für Sprechchor), seit ihrer Uraufführung das wohl
bekannteste Werk des Komponisten und Grundstein
des Genres „Gesprochene Musik“. Zu dieser Zeit
war Toch in Deutschland einer der meistgespielten
zeitgenössischen Komponisten; er scheute keine
Experimente und provozierte damit das Publikum.
Dabei war er als angehender Musikschaffender rund
zwei Jahrzehnte zuvor selbst im Zweifel gewesen,
ob er trotz erster Erfolge – das Rosé-Quartett gab
1905 bekannt, Tochs Streichquartett Nr. 6 in a-Moll
(op. 12) aufführen zu wollen – diese Berufslaufbahn
wählen sollte.
„Ich hatte keinerlei Unterricht“, hält er in seinen
eigenen Lebensaufzeichnungen knapp vor seinem
Tod fest. „Ich war ganz mir selbst überlassen und
eignete mir das, was ich lernte, rein autodidaktisch
an …“, vor allem durch Studium der Streichquartette
Wolfgang Amadeus Mozarts. 1909 wurde Toch der
Mozart-Preis zuerkannt, der ein vierjähriges Stipen-
dium für weiterführende Studien am Konservatorium
in Frankfurt/Main beinhaltete. Iwan Knorr, damaliger
Leiter der Abteilung Komposition, empfing Toch mit
den Worten: „Sie wollen bei mir studieren? Ich wollte
gerade fragen, ob Sie mir vielleicht ein paar Lektio-
nen geben würden.“ Seine Zeit in Deutschland, die
bedingt durch den Ersten Weltkrieg und den damit
verbundenen Kriegsdienst unterbrochen wurde,
verhalf dem jungen Komponisten zum Durchbruch.
Die Erfahrung des Ersten Weltkriegs wandelte
den Stil Tochs grundlegend. Von den Kriegsgräueln
gezeichnet, gab er seinen Werken experimentellen
Charakter; darum auch die oft kontroversielle Re-
zeption. Waren bisher Genres der Kammermusik
im Vordergrund seines Schaffens gestanden, so
wandte er sich nun großen symphonischen Formen
zu. Der Mainzer Musikverlag Schott bot ihm 1923
einen Zehn-Jahres-Vertrag für die Herausgabe sei-
ner Werke an. Doch der wachsende Zulauf zu den
Nationalsozialisten bereitete auch Toch Unbehagen
und blieb für ihn nicht ohne Konsequenzen. Die
geplante Uraufführung seines 2. Klavierkonzertes
(op. 61, 1933) in Berlin wurde abgesagt, woraufhin
Schott dessen Veröffentlichung verweigerte und
den Vertrag nicht verlängerte. Anfang 1933, nach
der Machtergreifung Hitlers, beschloss Toch, das
Land zu verlassen. Nach der Teilnahme an einem
musikwissenschaftlichen Kongress in Florenz kehrte
er nicht mehr nach Berlin zurück, sondern flüchtete
nach Paris. Von dort aus telegraphierte er seiner
Frau: „Ich habe meinen Bleistift“ – das Codewort
dafür, dass sie ihm folgen solle. Von Paris ging es
über London schließlich nach New York.
1936 wurde Toch, vor allem durch die Vermittlung
George Gershwins, von Warner Brothers als Kom-
ponist von Filmmusik beschäftigt, was ihm auch die
Möglichkeit gab, aus New York wegzuziehen – wo
er zunächst, nämlich die ersten zwei Jahre, an der
New School of Social Research unterrichtet hatte.
Aber er fühlte sich in der Stadt nicht wohl. In den
folgenden Jahren komponierte Toch eine Reihe
von Filmmusiken und baute so seine Existenz
schrittweise wieder auf. Doch die Herrschaft der
Nationalsozialisten bedeutete auch für ihn, nicht
zuletzt seines eigenen Schicksals wegen, einen tiefen
Einschnitt in seinem Leben; auch seine Kreativität
wurde durch die bedrückenden Nachrichten vom
Krieg empfindlich gestört. Folglich komponierte Toch
in den Kriegsjahren wenig und arbeitete stattdes-
sen an dem Buch „The Shaping Forces in Music“
(1946). Erst nach Ende des Zweiten Weltkriegs und
nach einer fast tödlichen Herzattacke beendete
Toch sowohl seine Lehrtätigkeit an der University
of Southern California als auch die Filmarbeit, um
seine ausschließlich dem Komponieren gewidmete
frühere Laufbahn wieder aufzunehmen.
Gegen Ende seines Lebens fiel ihm offenbar
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das Komponieren leichter, denn in seinem letzten
Lebensjahrzehnt entstanden unter anderem sieben
Symphonien, wodurch die großorchestrale Form in
seinem kompositorischen Schaffen endgültig in den
Vordergrund trat. Dennoch sollte in dieser Zeit auch
die dreisätzige Sonate op. 87 für Klavier vierhändig
entstehen, die in der scheinbaren Leichtigkeit des
Charakters der Sätze 1 und 3 stilistisch an Mozart
angelehnt ist, dafür aber im langsamen und kon-
templativen zweiten Satz die Sehnsucht nach seinen
eigenen musikalischen Wurzeln andeutet. Allerdings
blieb das Genre des Streichquartetts wohl jenes, mit
dem Ernst Toch sich zeit seines Lebens am meisten
verbunden fühlte. Als er am 1. Oktober 1964 starb,
fand man Skizzen für ein neues Streichquartett auf
seinem Nachtkästchen liegen.
Zwischen den Welten: Darius Milhaud (1892–1974)»Le bœuf sur le toît« (1919)
Als Darius Milhaud Ende 1918 nach einem knapp
zweijährigen Aufenthalt in Brasilien wieder nach
Frankreich zurückkehrte, hatte der damals knapp
27-jährige Komponist eine Reihe Noten im Gepäck:
von Ausgaben folkloristischer Arrangements populärer
brasilianischer Melodien bis hin zu ausgefeilten
Kompositionen. Diese wollte Milhaud – wie er selbst
in seiner Autobiographie „Noten ohne Musik“ (1962)
schrieb – als ein „unprätentiöse[s] divertissement als
Andenken an brasilianische Rhythmen kreieren, die
meine Imagination eingefangen, aber mich keinesfalls
zum Lachen gereizt haben …!“ Es entstand die Idee
für „Le bœuf sur le toît“ (Der Ochse auf dem Dach),
welches Werk sich auch – so der Komponist – als
„Cinéma-Symphonie“, also etwa zur musikalischen
Untermalung eines Stummfilms von Charlie Cha-
plin, eignen würde. Der Titel ist übrigens einem
der populären Volkslieder Brasiliens entnommen.
Der französische Autor, Filmregisseur und Maler
Jean Cocteau aber, mit dem Milhaud befreundet
war, hatte eine andere Idee: Er schlug stattdessen
vor, dass er selbst ein Konzept für ein Ballett zu
Milhauds Komposition entwerfen werde. Die von
Cocteau dafür vorgeschlagene Handlung war die
logische Fortsetzung von dessen Arbeit mit Sergej
Diaghilews „Ballets Russes“, die er mit Erik Saties
„Parade“ bereits zuvor begonnen hatte. Damit
erfolgte der Einzug der Theater-Avantgarde, des
„Unterhaltungsdadaismus“, in den Wirkungsbe-
reich des Balletts. Die Handlung von Cocteaus
Entwurf – eine Parodie auf die Prohibition in den
USA – ist rasch erzählt: In einer Bar treffen die
unterschiedlichsten Charaktere aufeinander, und es
ereignen sich ungewöhnliche Dinge. Dann betritt ein
Polizist das Etablissement, um das Alkoholverbot
zu überprüfen. Augenblicklich verwandelt sich die
Bar in eine Milchbar. Der Polizist jedoch wird durch
die Rotorblätter eines großen Ventilators geköpft.
Schließlich findet der Barkeeper den toten Polizisten,
setzt ihm den abgeschlagenen Kopf wieder auf und
präsentiert dem so Reanimierten die drei Meter
lange Rechnung des Abends.
Die Uraufführung von „Le bœuf sur le toît“ fand am
21. Februar 1920 im Théâtre des Champs-Élysées
mit großer Orchesterbesetzung statt. Es ist seither
eines der beliebtesten Werke von Darius Milhaud.
Die Version für Klavier zu vier Händen dürfte primär
die Funktion eines Klavierauszugs für Studienzwecke
gehabt haben, dennoch wurde diese Version, den
Angaben von Darius Milhauds Frau zufolge, im Kreis
der „Groupe des Six“ gespielt – mit Milhaud selbst
und dem befreundeten Komponisten Georges Auric
am Klavier.
Darius Milhaud wurde 1892 in Marseille in
eine jüdisch-provenzalische Familie geboren. Im
Alter von sieben Jahren erhielt er seinen ersten
Violinunterricht, die ersten Kompositionen stammen
aus dem Jahr 1905. Milhaud setzte schließlich am
Pariser Konservatorium seine Violinstudien fort,
wechselte aber nach drei Jahren zur Komposition.
1912 wurde er mit dem Dichter Paul Claudel
bekannt. Beide verband eine intensive künstlerische
Zusammenarbeit und lebenslange Freundschaft. Als
Claudel 1916 als Botschafter nach Rio de Janeiro
geschickt wurde, erwirkte dieser, dass Milhaud als
sein Sekretär nachkommen solle. Claudel wiederum
fungierte als Milhauds Librettist, etwa für dessen
Oper „Christophe Colomb“ (1928).
Nach seiner Rückkehr aus Brasilien nach Ende
des Ersten Weltkriegs schloss sich Milhaud dem
Kreis um Jean Cocteau und Erik Satie an und wurde
schließlich auch einer der führenden Vertreter der
„Groupe des Six“ (der außer Milhaud und Auric
Louis Durey, Arthur Honegger, Francis Poulenc und
Germaine Tailleferre angehörten). Der Angriff des
nationalsozialistischen Deutschland auf Frankreich
1940 und dessen Kapitulation im Mai desselben
Jahres beendete auch für den aufstrebenden
französischen Komponisten mit einem Mal seine
Karriere. Milhaud musste flüchten und ging in die
USA, wo er in der Folge am Mills College in Oakland
unterrichtete. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs
leitete er zusätzlich eine Kompositionsklasse am
Pariser Konservatorium. Zu seinen Schülern zählten
so unterschiedliche Persönlichkeiten wie der Jazz-
musiker Dave Brubeck oder die Komponisten Steve
Reich und Karlheinz Stockhausen. Als Komponist
war Milhaud mit einem Werkkatalog von über 400
Kompositionen, darunter zahlreiche Opern und
Bühnenarbeiten, überaus produktiv. Er starb am
22. Juni 1974 in Genf.
Matthias Wurz
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A Musical Journey against Amnesia:
European History for ‘Four Hands’
Memory is the only paradisefrom which we cannot be expelled.
Jean Paul, 1793
The German Piano Duo Friederike Haufe and
Volker Ahmels have recently presented their audi-
ences with a truly remarkable programme that is both
innovative and inspiring: a musical coming-to-terms
with the loss of creativity caused by the ‘racial’
expulsion and extermination of large sections of the
Jewish population during Nazi rule in all occupied
European countries during the 20th century. This
is a repertoire today termed ‘outlawed music’. At
the same time, their programme highlights a genre
of the piano repertoire which has for some time
been neglected both by performers and audiences:
four-hand piano literature, which flourished notably
during the period between the Congress of Vienna
in 1815 and the Revolution of 1848 (known as the
Biedermeier years) and remained popular right up
to the end of the 19th century. This is not just a
question of chamber music performed primarily at
home; these are works that should not be forgotten,
as this impressive recording demonstrates.
Friederike Haufe and Volker Ahmels met at
piano lessons with the renowned musician and
teacher Bernhard Wambach while still at school in
Hamburg. Bernhard Wambach, a well-known per-
former of contemporary music, who still teaches at
the Folkwang University of the Arts in Essen today,
aroused in the two aspiring pianists a profound and
long-lasting interest in the music of the 20th century.
Subsequently, the two musicians formed a piano
duo in 1997 with a highly acclaimed debut in Israel
and the Palestinian autonomous territories the same
year. They performed works of the Romantic period
on one piano four-hands in both parts of Jerusalem,
Haifa and Tel Aviv as well as Bethlehem and Ramal-
lah. The artistic focus of the Piano Duo Friederike
Haufe and Volker Ahmels has always been on the
four-hand piano repertoire, although they have also
performed compositions for two pianos, such as
Wolfgang Amadeus Mozart’s entire oeuvre for this
genre, or Johann Sebastian Bach’s Piano Concerto
in C major (BWV 1061) with the chamber orchestra
of the Mecklenburgische Staatskapelle at the theatre
in Schwerin.
The duo has appeared at numerous music fes-
tivals in Germany, including the Schleswig-Holstein
Music Festival and the Summer Music Festival in
Mecklenburg-Vorpommern. The musicians are
regular guests at the festival ‘Verfemte Musik’ in
Schwerin, as well as at the chamber music festival
‘Tons Voisins’ in the town of Albi in the south
of France. International concert tours have also
taken them to Denmark, France, Poland, Austria,
Spain, the Czech Republic, and to the US cities
of Cleveland, San Diego, Washington D.C., with
frequent visits to Philadelphia and Los Angeles.
In concert, the duo have particularly impressed
their audiences with a wide-ranging repertoire
and sensitive interpretations highlighting the style
and period of each work performed. Most of their
programmes, like ‘So pocht das Schicksal an die Pforte’, (Fate hammers on the gate) follow a narrative
structure on a specific musical theme. In this case,
the programme traces probably the best-known
motif in musical history, the so-called ‘fate motif’
at the beginning of Beethoven’s Symphony No. 5,
in works by other composers, e.g. Franz Liszt or
Franz Schubert.
The piano duo received inspiration for their inten-
sive interest in ‘outlawed music’ from a memorable
meeting in Jerusalem in 1998 with the pianist Edith
Kraus, one of the foremost still surviving musicians
from Theresienstadt concentration camp. Born in
Vienna in 1913, Edith Kraus’ Jewish family hailed
from the Czech town of Jihlava (formerly Iglau), and
at the age of 14, she was Artur Schnabel’s youngest
master pupil in Berlin.
The research and rediscovery of composers
persecuted, expelled or murdered by the Third
Reich and the performance of their works form a
salient focus in the ongoing artistic work of Friederike
Haufe and Volker Ahmels, and it has also led to this
programme. The two pianists guide the listener
through the dramatic history of the 20th century,
marked by persecution and exile. But for them,
however, this task does not represent a histori-
cal burden, but rather a ‘paradise of memory’, to
reiterate Jean Paul’s words, because the composi-
tions performed here enrich the traditional piano
repertoire, as this recording clearly demonstrates.
A New Musical Dawn in Vienna: Arnold Schoenberg (1874 - 1951)Six pieces for Piano Four-Hands (1896)
Arnold Schoenberg, born in Vienna in 1874, needs
no further introduction. His significant contribution
to overcoming the diatonic scale as the prevailing
principle of composition and to developing new
compositional methods in the early 20th century took
him through atonality to the twelve-tone technique
and is best documented in his own compositions
and theoretical writings. Equally important was his
teaching career, and the large number of students
his classes produced in Vienna, Berlin as well as
during his exile in the United States. His own work
as a painter, his friendship with Wassily Kandinsky
and the enriching debate on art and music with
Kandinsky’s Munich-based group of artists Der Blaue Reiter add another fascinating aspect to the
composer. Works, such as Das Buch der hängenden Gärten (1908/09), Erwartung (1909), Pierrot Lunaire
(1911), and Die glückliche Hand (1910 - 1913),
milestones in his compositional development, are
classics of 20th-century music. But, at the same
time, they are works that provoked scandals when
first premiered one century ago due to their unac-
customed musical diction.
Schoenberg was an eyewitness to the Nazi
seizure of power in Berlin in 1933. In 1925, he had
succeeded Ferruccio Busoni as head of the com-
position master class at the Berlin Academy of Arts.
Following his dismissal from the academy on ‘racial
grounds’ in 1933, Schoenberg emigrated to the U.S.
via Paris, where he re-converted to the Jewish faith
in July of that year, witnessed by the painter Marc
Chagall, a step that the composer had musically
anticipated with his monumental, yet unfinished
total work of art Moses and Aaron (1923 - 1937).
In October 1933, Schoenberg arrived in New York
and a year later finally moved to California, where
he lived until his death in July 1951. His later life
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was characterized primarily by teaching, but also
produced major compositions such as the Ode to Napoleon Bonaparte (1942) and A Survivor from Warsaw (1947), the latter being a direct response
to the Holocaust during Nazi rule in Europe.
The Six Pieces for Piano Four-Hands are,
however, an early set of works by the composer
that have received little attention. Many of Schoen-
berg’s early works were purpose-oriented, as a
consequence of his work as choir conductor or his
interest in domestic music-making. The latter was
probably the case here, as the dedicatee of this
composition, Bella Cohn, a friend of Schoenberg,
would imply. The pieces were inspired by the Vien-
nese composer and music critic Richard Heuberger
(1850 - 1914), who, after complementing the young
composer on two of his songs, advised him to write
piano pieces in the manner of Schubert for further
practice. Schoenberg’s composition consists of a
sequence of character pieces and dance pieces,
whose technically simple, yet original and varied
structure must have had some resonance at the time.
From Amsterdam to the Concentration Camp: Leo Smit (1900 - 1943)Divertimento voor piano vierhandig (1940)
Little is known about the Dutch composer Leo Smit,
born into a Portuguese-Jewish family in Amsterdam
on 14 May 1900. Despite scarce sources, his frag-
mentary work catalogue, listing about two dozen
compositions, suggests that he was one of the most
talented Dutch composers of his generation. How-
ever, his creative life was tragically cut short by his
death in the gas chambers of Sobibor extermination
camp. Smit initially studied piano and composition
at Amsterdam Conservatoire, among others, with
its legendary director and student of Hans Pfitzner,
the composer Sam Dresden (1881 - 1957). After
his graduation in 1924, Smit taught harmony and
musical analysis at the same institution.
Smit’s first serious compositions followed, which
were in keeping with the spirit of the age in the
1920s by combining jazz elements with classical
music. They include the orchestral suite Silhouettes,
written for the renowned Concertgebouw Orchestra
Amsterdam. Three years later, in 1927, the young
composer went to Paris, where his musical language
changed dramatically. Fascinated by French compos-
ers such as Maurice Ravel or Darius Milhaud, Leo
Smit began to turn increasingly to chamber music
as a means of expression. His timbres, which are
particularly seen in unusual instrumentation, show
strong French influence. But the Neoclassicism of
the 1930s also did not bypass Leo Smit and became
an important influence on his composition.
The three movements of the Divertimento for Piano Four-Hands were written in 1940 and are
probably one of his last works. Nothing is known
about its genesis, neither the occasion for the com-
position nor possible performances. In this piece, the
composer turned to the genre of the Divertimento,
which was especially popular in the 18th century as
a free instrumental form. The year of composition
also coincided with the invasion of the Netherlands
by Nazi Germany on 10 May 1940. Within five days,
the Dutch Army was forced to surrender, and on
29 May, the Austrian Arthur Seyss-Inquart was
appointed Reich-Commissioner for the occupied
country. In this capacity, he bore political responsibility
for the implementation of racial legislation, thus also
for the deportation and murder of about 100,000
Dutch Jews. Among them was Leo Smit, who was
arrested and eventually deported to the newly built
extermination camp Sobibor between March and
June 1943. Whether Smit was still alive on his 43rd
birthday is unclear. His last known composition was
written in early 1943, a sonata for flute and piano.
The Prague Avant-Gardist and Communist Revolutionary: Erwin Schulhoff (1894 - 1942)Ironies (1919)
The composer and pianist Erwin Schulhoff was born
into a Jewish family in Prague in 1894. As his talents
became evident at an early age, Antonín Dvořák
recommended Schulhoff for piano lessons at the
age of seven. Three years later, he was admitted
to Prague Conservatoire, and besides his piano
studies, which he also pursued in Vienna, Leipzig
and Cologne, he also became a composition
pupil of Max Reger (from 1907 to 1910). Due to
his outstanding academic achievements, he was
awarded the Wüllner Prize in 1913. He also won
the Felix Mendelssohn Prize twice: as a pianist in
1913, and as a composer five years later.
Following the First World War, which he survived
with hand injuries and frostbite as a soldier in the
Austro-Hungarian Army, Erwin Schulhoff initially
moved to live with his sister Viola in Dresden in
1919. Their circle of friends included not only musi-
cians, but also writers and painters. In this creative
environment, Erwin Schulhoff mainly worked as a
performer of his own compositions, but also as
the organizer of so-called ‘Fortschrittskonzerte’ (progressive concerts). It was a particular concern
of Schulhoff to promote and present the contem-
porary avant-garde, and he was also considered a
specialist in Alois Hába’s (1893 - 1973) quarter-tone
music. On the other hand, Schulhoff sought contact
to the Dadaist scene in Berlin, which was highly
interested in dance music influenced by jazz. In a
certain sense, the Ironies represent a synthesis of
both trends and explain the introductory Dadaist
poem1 preceding the composition.
___________________________________________
Learn Dada
Long live booze, ecstasy! –
Foxtrot, – loveliest prince and tomfool,
when you touch girls, they get furious
and have become insatiable!
Garters buzz and coquet
with discarded officers’ uniforms, smelling of vice!
Waiter, a glass of lemonade à la naturelle!
I don’t like alcohol any more, but nice legs all the more so! –
Cigar advertisement, – Berlin, Paris, London, New York!
Women are exhibitionists!
Foxtrot competition! Remedy of all kinds of insufficiencies
guaranteed without pills! Strict discretion in all matters –
‘Argus’ detective agency or what is biting me? –
Bathe at home, help yourself, cook with explosive gas! –
Lizzi, – you, – you are incomparable, when you dance
the foxtrot,
your backside (strictly aesthetic!!) oscillates tenderly
and tells
volumes of experiences!
1 Dedicated to Lizzi [=Lucie (Alice) Libochowitz
(Libochovičova), 1891–1939], Schulhoff’s later first wife
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‘Jazz’ is the next slogan! –
I will devise a tango for you called ‘Tango perversiano’
and you will dance it – ‘tearfully well’! with me! –
Lizzi, ecstatic foxtrot princess and ultimate event!!!
Erwin Schulhoff
___________________________________________
Erwin Schulhoff wrote the six dance movements
of the Ironies around New Year 1920, which he
spent at his parents’ home in Prague. The first
performance was held in Dresden on 20 April
1920 by the composer himself together with the
Dresden composer, pianist and concert organizer
Paul Aron (1886 - 1955). The work is resonant with
musical echoes of the war and the collapse of the
Austro-Hungarian Empire in 1918, such as the
bugle call, which is skilfully distorted and ridiculed
with polyphony. Even a Viennese waltz is performed
ironically, as in the fourth movement. And the end,
the sixth movement, Tempo di Fox, offers a striking
contrast with modern dance music, where the piano
evidently imitates jazz-related sounds or instruments,
such as the saxophone.
In the 1930s, unlike his experimental avant-
garde compositions of the previous decade, Erwin
Schulhoff turned to more conventional musical
forms, so as to communicate the political message
of Socialism via musical means. This becomes
clearly evident both in his late symphonies and his
musical setting of the Communist Manifesto (1932).
However, this stands in contrast to Schulhoff’s work
as a jazz pianist for Radio Prague in Ostrava. Due
to his uncompromising political conviction and his
Jewish origins, he could not continue performing
in Germany after the Nazis seized power in 1933.
The world premiere of his opera Flammen (1923 -
1929, revised in 1932) in Berlin was cancelled by
the authorities. In 1941, Schulhoff received Soviet
citizenship, but was subsequently declared an
enemy of the state by the German authorities fol-
lowing the Third Reich’s declaration of war against
the Soviet Union. On 23 June of the same year,
the composer was interned and subsequently de-
ported to Wülzburg concentration camp in Bavaria,
where he died of tuberculosis on 18 August 1942.
Exile in Great Britain: Hans Gál (1890 - 1987)Three Marionettes (probably 1958)
The composer and musicologist Hans Gál wrote
his Three Marionettes only in later life. They are
characteristically skilful and charming portraits
of three Commedia dell’arte characters: the first
is Pantalone, the ageing, business-minded, but
greedy dandy, who is always elegantly dressed in a
red jacket and tight red tights (pantaloons in Italian,
hence the name). The others are Columbina, who
often plays the role of a maid or cook freely speak-
ing her mind, and her lover Arlecchino, a restless,
comical rogue-figure, whose characteristic costume
is covered with colourful patches.
Hans Gál, born into a Jewish family of Hungarian
origin in Brunn am Gebirge near Vienna in 1890,
found refuge in Great Britain in 1938, after having
been forced to resign from his position as direc-
tor of Mainz Conservatoire five years earlier and
subsequently returning to his home city Vienna
with his family. In his youth, Gál had studied com-
position in Vienna with Brahms’ student Eusebius
Mandyczewski and musicology at the University of
Vienna; after graduation he worked as a lecturer.
His breakthrough as a composer, however, came
in Germany with the successful premiere of his
opera Die Heilige Ente (op. 15) by George Szell in
Düsseldorf in 1923. Successful performances fol-
lowed throughout Germany. Gál’s return to Vienna
in 1933 as a consequence of the seizure of power
in Germany by the Nazis not only put an effective
end to his previous career, he was also forced to
earn his livelihood by writing essays and books,
conducting local ensembles and performances and,
above all, by offering private tuition before having
to escape to Great Britain following the Anschluss
of Austria in 1938.
Although Gál’s initial intention had been to emigrate
to the USA, while in London, he happened to meet
the renowned English musicologist Sir Donald Tovey
in the summer of 1938, who invited Gál to Edinburgh.
The Scottish city was to become Gál’s home until
his death in 1987. However, with the outbreak of
war and the fall of France in May 1940, the émigré
composer was detained by British authorities for
several months as a so-called ‘enemy alien’, first
in a camp in Huyton near Liverpool, and later on
the Isle of Man, along with many other German-
speaking refugees. The traumatic experience of
internment inspired one of the most moving works
by the composer, the Huyton Suite (op. 92, 1940).
The unusual instrumentation of this four-movement
piece, one flute and two violins, lies in the fact that
these were the only instruments available in the
internment camp. Next to his ‘internment diary’,
which he kept throughout his imprisonment and was
in fact the only diary he ever wrote, this composition
can be seen as Gál’s musical testimony.
After the war ended in 1945, Hans Gál became a
lecturer for music theory, harmony and counterpoint
at the University of Edinburgh. Two years later, he
was among the founders of Sir Rudolf Bing’s ‘Ed-
inburgh Festival’, with which he remained closely
associated for many years. Equally important were
Gál’s extensive research and publications, which he
mainly did in the 1960s. They include monographs
on Johannes Brahms (1961) and Richard Wagner
(1963), and his critical editions of letters, The Mu-sician’s World: Great Composers in their Letters
(1965) or the guide to the orchestral works of Robert
Schumann in 1979. Hans Gál died in Edinburgh on
3 October 1987 at the age of 97.
Another Austrian in America: Ernst Toch (1887 - 1964)Sonata op. 87 (1962)
Apart from Arnold Schoenberg and Ernst Krenek,
hardly any other Austrian composer of the early 20th
century influenced the avant-garde as much as Ernst
Toch, who was born in Vienna in 1887. He became
noted for one particular work, the Geographical Fugue (1930), which has probably been the best-
known work by the composer since its premiere
and forms the foundations for the genre of ‘spoken
music’. In the 1920s and 1930s, Toch was one of
the most-performed contemporary composers in
Germany, unafraid of experimentation and thus
the cause of many a scandal. However, in Vienna
about two decades earlier, his path to becoming
a composer was not at all clear-cut despite initial
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successes. In 1905, the Rosé Quartet announced
that they wanted to perform Toch’s String Quartet
No. 6 in A minor (op. 12).
‘I did not study with anybody,’ he noted in his
memoirs shortly before his death, ‘I was left to myself and acquired what I learnt in a completely autodidactic way …,’ especially in studies of the
string quartets by Wolfgang Amadeus Mozart. In
1909, Toch was awarded the Mozart Prize, which
involved a four-year scholarship for further studies
at the Conservatoire in Frankfurt am Main. Iwan
Knorr, then head of the department of composition,
welcomed Toch with the words: ‘You want to study with me? I was just going to ask if you might give me a few lessons.’ His years in Germany, which were
interrupted by mandatory military service in the First
World War, brought about the young composer’s
breakthrough.
Due to his experiences in the First World War,
Toch’s compositional style underwent dramatic
changes and became more experimental, and for
this reason his works received mixed responses from
audiences. Whereas genres of chamber music had
hitherto been the focus of his output, he now turned
to large symphonic forms. In 1923, the Mainz-based
publisher Schott offered the composer a 10-year
exclusive contract to publish his works. However,
growing support for the Nazis made Toch uneasy
and was not without personal consequences for
him. The projected premiere of his Piano Concerto
No. 2 (op. 61, 1933) in Berlin was cancelled and
consequently Schott refused to publish the work
and did not renew his contract. At the beginning
of 1933, after Hitler had seized power in Germany,
Toch decided to leave the country. After attending
a musicological conference in Florence, he did not
return to Germany, but sought refuge in France
instead. From Paris, he telegraphed his wife the
coded message ‘I have my pencil’, meaning that
he was safe and she was to follow him. From Paris,
the Tochs emigrated to the USA via London.
In 1936, with great help from George Gershwin,
Toch was hired by Warner Brothers as a film music
composer. The contract enabled him to move away
from New York, a city he had not felt comfortable
in, although Toch had initially taught at the New
School for Social Research for two years after ar-
riving in the USA. In the following years, Toch was
to compose a series of film scores, thus gradually
building up a livelihood. Nevertheless, the atrocities
committed by the Nazis in Europe, and not least his
own experience of escape, made a deep impact
on his creativity. Toch composed little during the
war years, but completed the book The Shaping Forces in Music (1946). It was only after the end of
the Second World War and following a near-fatal
heart attack that Toch ended both his teaching work
at the University of Southern California and his film
activity to resume his previous career dedicated
solely to composition.
Towards the end of his life, composing, it seems,
became much easier for Ernst Toch. During the last
decade, he wrote seven symphonies, the large
orchestral form finally taking precedence in his
compositional output. However, it was during this
time that Toch also composed his Sonata op. 87
for piano four-hands. Here, the playful Mozartian
lightness of the first and third movements are
contrasted with the work’s slow and contemplative
second movement, suggesting his yearning for
his musical roots. Nevertheless, throughout his life
the string quartet remained the musical genre that
most appealed to Toch. On the morning of Toch’s
death on 1 October 1964, a sketch of a new one
was found on his bedside table.
Caught Between Two Worlds: Darius Milhaud (1892 - 1974)Le bœuf sur le toît (1919)
When Darius Milhaud returned to France in late
1918 from a two-year stay in Brazil, the 27-year-old
composer took with him a series of scores: editions
of arrangements of popular Brazilian folk melodies
and sophisticated compositions. As he himself wrote
in his autobiography Notes Without Music (1962),
Milhaud intended to incorporate them into a new
work, ‘to create an unpretentious divertissement reminiscent of Brazilian rhythms that captured my imagination, but by no means caused me to laugh …!’ Thus, the idea for Le bœuf sur le toît, in English ‘The Ox on the Roof’, was born. It would
also be suitable, to use the composer’s own words,
as a ‘Cinéma-Symphonie’, music to accompany a
silent Charlie Chaplin movie. The title of the work
derives from one of the popular Brazilian folk songs.
Jean Cocteau, the French author, filmmaker,
painter and close friend of Milhaud’s, advised
him against this particular idea and instead sug-
gested that he would create a script for a ballet
to Milhaud’s composition. The plot that Cocteau
envisaged was the logical continuation of his work
with Sergei Diaghilev’s Ballets Russes, which he had
already begun with Erik Satie’s Parade. Thus, the
theatre of the avant-garde, ‘entertainment Dada-
ism’, finally entered the sphere of ballet. The plot
of Cocteau’s concept, a parody on Prohibition in
the United States, is quickly told. Various unlikely
characters meet by chance in a bar and unusual
things happen, culminating in a policeman entering
the establishment to enforce the ban on alcohol.
Instantly, the bar is transformed into a milk bar. The
policeman, however, is beheaded by the blades of
a huge fan. Eventually, the bartender reanimates
the dead policeman by reattaching his head and
presents him with the three-metre long bill for the
evening.
The premiere of Le bœuf sur le toît took place
at the Théâtre des Champs-Élysées in the version
for full orchestra on 21 February 1920. Since then,
it has become one of Darius Milhaud’s most popular
works. The version for piano four-hands was prob-
ably primarily intended as a piano excerpt for study
purposes. However, as Milhaud’s wife indicated, this
version was actually performed privately by Milhaud
and his colleague, the pianist Georges Auric, for the
Groupe des Six.
Darius Milhaud was born into a Jewish-Provençal
family in Marseille in 1892. At the age of seven, he
received his first violin lessons, and his first composi-
tions date from 1905. Milhaud studied violin at the
Paris Conservatoire, but switched to composition
after three years. In 1912, he became acquainted
with the poet Paul Claudel and formed a life-long
friendship, resulting in several collaborative projects.
When Claudel was posted as ambassador to Rio
de Janeiro in 1916, he arranged for Darius Milhaud
to come along as his secretary. In turn, Claudel was
Milhaud’s librettist, e.g. for the opera Christophe Colomb (1928).
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After Milhaud’s return from Brazil at the end
of the First World War, he joined the circle of Jean
Cocteau and Erik Satie, and eventually became one
of the leading proponents of the Groupe des Six
(consisting of Milhaud, Auric, Louis Durey, Arthur
Honegger, Francis Poulenc and Germaine Tailleferre).
When France was attacked by Nazi Germany in
1940 and capitulated in May of the same year, these
dramatic political events also ended the career of
one of the aspiring French composers at that time.
Milhaud fled to the USA, where he taught at Mills
College in Oakland. After the end of the Second
World War, he also had his own composition class
at the Paris Conservatoire. His students included
such different characters as the jazz musician
Dave Brubeck or the composers Steve Reich and
Karlheinz Stockhausen. As a composer, Milhaud
was highly productive with a catalogue of more
than 400 compositions, including many operas
and stage works. Darius Milhaud died in Geneva
on 22 June 1974.
Matthias Wurz
Das Klavierduo Friederike Haufe und Volker Ahmels
Die deutsche Pianistin Friederike Haufe begann
schon während ihrer Schulzeit ein Klavierstudium
an der Musikhochschule Bremen bei Bernhard
Wambach. Es folgten weiterführende Studien an
den Musikhochschulen Köln und Lübeck, wo sie
sich ein umfangreiches Repertoire von Bach bis
Stockhausen erarbeitete. Zu ihren Lehrern zählte
etwa Aloys Kontarsky, einer der vormaligen Dozenten
der Darmstädter Ferienkurse.
Friederike Haufe gilt als Spezialistin der Werke
Clara und Robert Schumanns; ihr Auslandsdebüt
am Théâtre du Châtelet in Paris hatte sie mit
Robert Schumanns „Kreisleriana“. Heute setzt
sie in ihrem Repertoire zusätzliche Schwerpunkte
im Bereich der „Verfemten Musik“, künstlerisch
angeregt von der Pianistin Edith Kraus. Mit Werken
der im Konzentrationslager Auschwitz ermordeten
Komponisten Pavel Haas (1899–1944) und Viktor
Ullmann (1898–1944) war sie bereits in der heutigen
Gedenkstätte des ehemaligen KZs Theresienstadt
und in der Spanischen Synagoge in Prag zu hören.
Friederike Haufe ist regelmäßig auf deutschen
wie auch auf internationalen Konzertbühnen zu
erleben, sowohl als Solistin als auch als Partnerin
von Volker Ahmels im gemeinsamen Klavierduo,
aber auch als gefragte Liedbegleiterin, u. a. des
deutschen Baritons Christfried Biebrach. Sie arbeitete
als Pianistin für den Rundfunk und als musikalische
Beraterin beim ZDF. Sie ist häufiges Mitglied der
bundesdeutschen Jury des Musikwettbewerbs
„Jugend musiziert“. Vor kurzem hat Friederike Haufe
in Hamburg „Artist-Coaching“ gegründet, in dem sie
ein Programm auf Basis des Neurolinguistischem
Programmierens (NLP) speziell für kreative Berufe
anbietet.
Volker Ahmels absolvierte sein Klavierstudium an der
Musikhochschule Lübeck bei Hartmut Leistritz. Nach
Abschluss der Studien nahm er an internationalen
Interpretationskursen teil, wobei sein besonderes
Interesse der zeitgenössischen Musik galt. Durch
die Begegnung mit dem Komponisten Luigi Nono
in Avignon im Jahr 1990 inspiriert, entstand das
musikalisch-literarische Konzertprojekt „Fluchtpunkt
Venedig“ in Zusammenarbeit mit dem Schauspieler
Christoph Bantzer. Die beiden Künstler wurden in
der Folge zu zahlreichen Konzerten und Festivals
eingeladen, so auch mehrfach zum Schleswig-
Holstein Musikfestival.
Wie auch seine Partnerin im gemeinsamen
Klavierduo gab Volker Ahmels sein internationales
Debüt am Théâtre du Châtelet in Paris, und zwar mit
Luigi Nonos „… sofferte onde serene …“. Als Solist,
Kammermusiker und im Klavierduo konzertiert er
regelmäßig in Deutschland, Europa und in den USA.
Die Erinnerung an das Konzentrationslager
Theresienstadt und an seine Künstler bildet einen
besonderen Schwerpunkt in der pianistischen und
pädagogischen Arbeit von Volker Ahmels: Gemeinsam
mit israelischen und tschechischen Partnern entwi-
ckelte er die internationalen Meisterkurse „History,
Music & Remembrance“, die in Israel, Schwerin
(Mecklenburg-Vorpommern) und Prag stattfanden.
Außerdem führt er den internationalen Wettbewerb
„Verfemte Musik“ regelmäßig am Schweriner Kon-
servatorium durch – eine Musikinstitution, die er
auch seit 1991 leitet. Im Jahr 2008 übernahm Volker
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Ahmels außerdem die Projektleitung des Zentrums
Verfemte Musik an der Hochschule für Musik und
Theater Rostock.
Matthias Wurz ist Dirigent und Musikwissen-schaftler. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter von exil.arte sowie Autor des Buches „Orchesterspielen“ (2010). Als Dirigent ist er außerdem musikalischer Leiter des von ihm kürzlich gegründeten „Ensemble Szene XX“ in Wien.
The Piano Duo Friederike Haufe and Volker Ahmels
German pianist Friederike Haufe received her first
piano lessons from Bernhard Wambach at Bremen
Music Academy while still at school, followed by
graduate studies at the Music Academies in Cologne
and Lübeck, where she built up an extensive repertoire
ranging from Bach to Karlheinz Stockhausen. Aloys
Kontarsky was among her teachers, a former as-
sociate professor at the Darmstadt Holiday Courses.
Friederike Haufe specializes in works by Clara
and Robert Schumann, and she held her interna-
tional debut at the Théâtre du Châtelet in Paris with
Robert Schumann’s Kreisleriana. Inspired by Edith
Kraus, the legendary pianist and Theresienstadt
musician, today she has expanded her repertoire
to include works by composers suppressed by
the Nazi regime. She has performed works by the
composers Pavel Haas (1899 - 1944) and Viktor
Ullmann (1898 - 1944), who were murdered in
Auschwitz, at the memorial site of Theresienstadt
concentration camp and the Spanish Synagogue
in Prague.
She performs regularly on German and inter-
national concert stages, both as a soloist and as a
partner in the piano duo with Volker Ahmels. She
is also in demand as an accompanist, among oth-
ers working with the German baritone Christfried
Biebrach. She has worked as a pianist for radio as
well as a music consultant to the German television
channel ZDF. She is a regular jury member of the
music competition ‘Jugend musiziert’. She has
recently founded ‘Artist-Coaching’ in Hamburg,
offering coaching based on Neuro-linguistic Pro-
gramming (NLP) to creative professionals.
Volker Ahmels studied piano with Hartmut Leistritz
at the Lübeck Music Academy. On completion of
his studies, he took part in international interpreta-
tion courses, specializing in contemporary music.
Following an inspiring meeting with Luigi Nono
in Avignon in 1990, Volker Ahmels initiated the
musical and literary concert project ‘Fluchtpunkt Venedig’ in conjunction with the actor Christoph
Bantzer. The two performers have subsequently
been invited to numerous concerts and festivals,
including the prestigious Schleswig-Holstein Music
Festival several times.
Like his piano duo partner, Volker Ahmels held
his international debut at the Théâtre du Châtelet in
Paris with Luigi Nono’s …serene onde sofferte…. He performs regularly in Germany, Europe and the
USA as a soloist, chamber musician as well as
Friederike Haufe’s partner in their piano duo.
The commemoration of Theresienstadt concen-
tration camp and its artists is a major focus of Volker
Ahmel’s artistic and teaching work. He elaborated
the international master classes ‘History, Music &
Remembrance’ with Czech and Israeli partners,
which took place in Israel, Schwerin (Mecklenburg-
Vorpommern) and Prague. He organizes the interna-
tional chamber music competition ‘Verfemte Musik’
at Schwerin Conservatoire, a musical institution of
which he has been director since 1991. In 2008,
Volker Ahmels also took charge of the Zentrum Verfemte Musik at the Academy of Music and
Theatre in Rostock.
Matthias Wurz is a conductor and musicologist. He is a researcher of exil.arte as well as the author of the book Orchesterspielen (2010). As a conductor, he is the founder and music director of ‘Ensemble Szene XX’ in Vienna.
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Weitere CDs mit ExilArte Further CDs with ExilArte
Hans Gál
„The Right Tempo”
Chamber Music/Kammermusik
Ulrike Anton, Russell Ryan, Cornelia Löscher, Wolfhart Schuster
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Walter Arlen
„Es geht wohl anders“Lieder
Rebecca Nelsen, Christian Immler, Danny Driver
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Weitere CDs in dieser Serie folgen in Kürze
Further CDs in this series are due to be published shortly
www.gramola.at
Concert at The Embassy of Austria (Washington, D.C.) 28 April 2011Piano Duo: Friederike Haufe and Volker AhmelsEntartete Musik: “Lifting The Nazi Ban”
Review by Cecelia H. Porter, contributing classical
music critic of The Washington Post
Two German pianists performed on 28 April at the
Austrian Embassy in a challenging concert for four
hands at a single keyboard. The duo fully deserved
the ovation given them at the conclusion of the event.
The program centered on music that the Nazi regime
banned as entartete Musik (“degenerate music”).
This label applied chiefly to the works of composers
who were Jewish or of any other non-Aryan origin-
-but also music by composers considered “too
modern” or simply displeasing according to these
official ill-defined “aesthetic” standards. In bringing
this music to life through their concerts, Haufe and
Ahmels are making an important contribution to a
better understanding of music in the first half of
the 20th century. Perhaps most surprising to audi-
ences is the early (1896) “Six Pieces for Piano” by
the pivotal Viennese composer Arnold Schönberg
(1874-1951). He won a permanent place in world
music history, credited with introducing the tech-
niques of serialism and atonality. His “method” drew
a number of talented young followers to explore
his new approach to composition. Compared with
Schönberg’s later revolutionary approach, however,
the “Six Pieces” are startlingly tonal and accessible to
the general public. Haufe and Ahmels underscored
the music’s gently lyrical outlines through their im-
maculate phrasing, unfaltering sense of direction
and smooth-as-silk legato. The pianists also offered
two works by Schönberg’s younger contemporaries
Erwin Schulhoff (1894-1942) who died in a Nazi
concentration camp; and Hans Gál (1890-1987),
who survived him by over four decades. Schulhoff’s
“Ironies,” Op. 34, was delivered with conviction
and attention to details, clearly distinguishing the
individual and somewhat wry mood of each sec-
tion of the work. And the duo clearly defined Gal’s
amusing references to movements, presented as
characters drawn from the Italian commedia dell’ arte
tradition. Wolfgang Rihm’s (1952-) “Short Waltzes”
was nicely performed, although it proved to be the
least interesting work of the evening. Ernst Toch’s
(1887-1964) Sonata for Piano, Four Hands, Op. 87,
and Franz Schubert’s Fantasy in F Minor for Piano,
Four Hands, Op. 103, D. 940 concluded the evening.
The Toch Sonata draws much of its interest from
the use of contrasting tone colors and dynamic
shadings. The Schubert Fantasy was sensitively
executed in both touch and pacing.
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