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Kompetenzorientierung und Aufgabenkultur in der Trainerbildung
Leistungssport.
Eine Differenzanalyse zwischen Ausbildungsansprüchen und Ausbildungs-
wirklichkeit im DOSB hinsichtlich Kompetenzverständnis, Zielen und
methodischer Gestaltung
Der Philosophischen Fakultät und Fachbereich Theologie
der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
zur
Erlangung des Doktorgrades Dr. phil.
vorgelegt von
Raphael Ptack
aus Bückeburg
Als Dissertation genehmigt von der Philosophischen Fakultät
der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Tag der mündlichen Prüfung: 11.09.2018
Vorsitzende des Promotionsorgans: Prof. Dr. Heike Paul
Gutachter: Prof. Dr. Ralf Sygusch
Prof. Dr. Volker Scheid
Danksagung
„Gehe nicht, wohin der Weg führen mag, sondern dorthin, wo kein Weg ist, und hinterlasse eine Spur“,
Jean Paul.
Ich bin froh auf meinem eigenen Weg zu dieser Arbeit viele Begleiter mit offenen Ohren, helfenden
Händen und unterstützenden Worten gehabt zu haben. Bei diesen Menschen möchte ich mich ganz
herzlich bedanken. Dank geht zunächst an meine Familie: Andreas, Bärbel und Nicolai, die schon lange
vor meiner Promotion für mich Lernförderer und -begleiter waren. Danke v.a. für die immerwährende
Unterstützung und den Rückhalt, um meine eigenen Wege gehen zu können.
Ein besonderer Dank gilt meiner Frau, die mir seitdem wir uns kennen sehr viel Kraft gibt und mir
immer zu Seite steht; die mich darüber hinaus als kritische Lektorin und konstruktive Diskussionspart-
nerin unterstützt, aber v.a. dafür, dass sie mir jederzeit ein gutes Gefühl gibt.
Dank gilt auch meinem Betreuer und Mentor Ralf Sygusch, der mich täglich fordert und fördert und
der mir von Beginn an Verantwortung und Eigeninitiative zugestanden hat und mich an den Stellen
wieder zurück auf den Weg geholt, an denen es nötig war. Auch meinem Zweitgutachter Volker Scheid
möchte ich danken, der als Projektbeirat über die gesamte Laufzeit als Ansprechpartner zur Verfügung
stand und Impulse von außen eingebracht hat.
Ein Dank geht auch an meine Kolleginnen und Kollegen, die mir jederzeit durch fachlichen Austausch,
kritisches Gegenlesen und sozialen Rückhalt zur Seite standen. Außerdem möchte ich mich bei meinen
studentischen Hilfskräften Jan, Theresa und Hannes bedanken, die mich durch ihre verantwortungs-
volle und eigenständige Arbeit an vielen Stellen unterstützt haben.
Letztlich gilt mein Dank allen beteiligten Projektpartnern, Trainerausbildern, Trainern und Ausbil-
dungsteilnehmern, die mich sehr offen, freundlich und positiv empfangen haben und mir einen Einblick
in ihren Ausbildungsalltag gewährt haben.
Inhaltsverzeichnis
I
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung ............................................................................................................................. 7
I Theorie .............................................................................................................................. 12
2 Grundlagen zur Kompetenzorientierung ............................................................................. 13
2.1 Orientierungsrahmen: Verknüpfung von Zielen – methodischer Gestaltung – Prüfungen . 13
2.2 Constructive Alignment ....................................................................................................... 14
3 Kompetenzansätze und Ziele in Bildungs- und Sportwissenschaft ........................................ 17
3.1 Erziehungswissenschaftlicher Ansatz in relevanten Handlungsfeldern .............................. 17
3.2 Bildungswissenschaftlicher Ansatz in relevanten Handlungsfeldern .................................. 19
3.3 Erlanger Kompetenzentwurf Sport (EKSpo) ......................................................................... 21
3.4 Formulierung kompetenzorientierter Lernziele .................................................................. 23
3.5 Kompetenzansätze in der Trainerbildung ............................................................................ 25
Nationale Trainerbildungsforschung und Sportpraxis ..................................................... 29
Internationale Trainerbildungsforschung und Sportpraxis .............................................. 34
Vorarbeiten: Einordnung der Ausbildungsrahmen des DOSB in den Deutschen
Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (DQR) ................................................................. 39
3.6 Zusammenfassung und theoretische Verortung der eigenen Forschungsarbeit ................ 45
4 Kompetenzorientierte Aufgabenkultur in Bildungs- und Sportwissenschaft ......................... 47
4.1 Theoretische Hintergründe zur kompetenzorientierten Aufgabenkultur ........................... 48
Moderater Konstruktivismus ........................................................................................... 49
Weitere Traditionslinien und theoretische Ansätze ......................................................... 51
4.2 Aufgaben .............................................................................................................................. 56
4.3 Aufgabenbezogenes Handeln .............................................................................................. 60
4.4 Merkmale kompetenzorientierter Aufgabenkultur in Sport- und Bildungswissenschaft.... 60
Kognitive Aktivierung ....................................................................................................... 63
Offenheit .......................................................................................................................... 66
Reflexion .......................................................................................................................... 69
Strukturierung .................................................................................................................. 72
Individualisierung............................................................................................................. 75
Lebensweltbezug ............................................................................................................. 78
4.5 Aufgabenkultur in der Trainerbildung ................................................................................. 80
5 Zusammenfassung und empirische Implikationen ............................................................... 81
II Empirie .............................................................................................................................. 85
6 Methodische Ansatz ........................................................................................................... 86
6.1 Qualitativer Forschungsansatz ............................................................................................. 86
Qualitative Inhaltsanalyse ............................................................................................... 88
Berücksichtigung von Qualitäts- und Gütekriterien qualitativer Forschung ................... 90
6.2 Studiendesign ....................................................................................................................... 93
Differenzanalytischer Ansatz ........................................................................................... 93
Vorgehen in Anlehnung an den differenzanalytischen Ansatz ........................................ 95
Zeitplan und -durchführung ............................................................................................. 97
6.3 Anspruchsanalyse ................................................................................................................ 98
Inhaltsverzeichnis
II
Ausdifferenzierung der Fragestellung F1 ....................................................................... 101
Auswahl und Charakterisierung des Materials .............................................................. 102
Datenaufbereitung ........................................................................................................ 106
Datenauswertung .......................................................................................................... 108
Differenzanalytische Auswertung .................................................................................. 122
6.4 Wirklichkeitsanalyse .......................................................................................................... 124
Ausdifferenzierung der Fragestellungen F2 ................................................................... 127
Datenerhebung: Videos und Interviews ......................................................................... 128
Datenaufbereitung: Videos und Interviews ................................................................... 132
Datenauswertung: Videos und Interviews ..................................................................... 134
Differenzanalytische Auswertung .................................................................................. 146
7 Ergebnisse ......................................................................................................................... 148
7.1 Differenzanalyse zwischen den Ausbildungsrahmen des DOSB und den
Ausbildungskonzeptionen der MV .................................................................................................. 148
(a) Kompetenzverständnis ............................................................................................. 149
(b) Ziele .......................................................................................................................... 155
(c) methodische Gestaltung ........................................................................................... 171
7.2 Differenzanalyse zwischen Ausbildungswirklichkeit und Ausbildungskonzeptionen ........ 172
(a) Kompetenzverständnis ............................................................................................. 173
(b) Ziele .......................................................................................................................... 175
(c) methodische Gestaltung ........................................................................................... 184
7.3 Analyse der Aufgabenkultur in der Trainerbildung............................................................ 187
Umsetzung der Merkmale einer kompetenzorientierten Aufgabenkultur .................... 188
Anteile von Input- und Aufgabenphasen ....................................................................... 200
Ausprägung der Merkmale kompetenzorientierter LLS ................................................. 203
8 Zusammenfassung und Diskussion ..................................................................................... 207
8.1 (a) Kompetenzverständnis ................................................................................................. 207
Zusammenfassung ......................................................................................................... 207
Diskussion ...................................................................................................................... 208
8.2 (b) Ziele .............................................................................................................................. 211
Zusammenfassung ......................................................................................................... 211
Diskussion ...................................................................................................................... 215
8.3 (c) methodische Gestaltung ............................................................................................... 219
Zusammenfassung ......................................................................................................... 220
Diskussion ...................................................................................................................... 222
8.4 Forschungsmethoden ........................................................................................................ 227
9 Fazit und Ausblick ............................................................................................................. 233
Literaturverzeichnis ................................................................................................................... 238
Anhang ..................................................................................................................................... 253
Abbildungsverzeichnis
III
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Die drei Elemente des Constructive Alignment (Baumert & May, 2013, S. 23) ....................... 15
Abb. 2: Lernzieltaxonomie des Erlanger Kompetenzentwurf Sport (EKSpo) (Sygusch et al., i.V.) ........ 21
Abb. 3: Curriculum Building Model aus van Fraayenhoven, 2010, S. 20 .............................................. 38
Abb. 4: Kompetenzraster der RRL des DOSB ......................................................................................... 40
Abb. 5: Bewegungs- und Lernaufgabe im Vergleich (Pfitzner, 2012, S. 62; 2014a, S. 32) .................... 59
Abb. 6: Merkmale kompetenzorientierter Lehr-Lernsituationen, orientiert an Aufgaben und dem
aufgabenbezogenen Handeln ..................................................................................................... 63
Abb. 7: Ablaufmodell induktiver Kategorienbildung (linker Strang) und deduktiver
Kategorienanwendung (rechter Strang) (Mayring & Brunner, 2006, S. 605). ............................ 89
Abb. 8: Anspruchsebenen und Wirklichkeitsfacetten in Differenzstudien (Balz & Neumann, 2005, S.
145). ............................................................................................................................................ 94
Abb. 9: Vorgehen in der QuaTro-Studie in Anlehnung an differenzanalytischen Ansatz ..................... 96
Abb. 10: vereinfachter Zeitplan der QuaTro-Studie .............................................................................. 98
Abb. 11: QuaTro-Untersuchungsplan Anspruchsanalyse .................................................................... 100
Abb. 12: fiktive Gegenüberstellung der DQR-Niveaustufenzuordnung anhand der drei
Kompetenzkategorien der RRL und der vier Kompetenzkategorien des DQR ......................... 116
Abb. 13: Exemplarische Darstellung zu gemeinsamen Themenbereichen der RRL und der MV anhand
des Beispiels PSK ....................................................................................................................... 123
Abb. 14: QuaTro-Untersuchungsplan Wirklichkeitsanalyse ................................................................ 126
Abb. 15: Gesamtbetrachtung der Häufigkeitsverteilung "moderate/hohe" Ausprägung der sechs
Merkmale kompetenzorientierter LLS ...................................................................................... 205
Abb. 16: Gesamtbetrachtung pro Verband der Häufigkeitsverteilung "moderate/hohe" Ausprägung
der sechs Merkmale kompetenzorientierter LLS ...................................................................... 205
Abb. 17: Gesamtbetrachtung pro Lizenzstufe der Häufigkeitsverteilung "moderate/hohe" Ausprägung
der sechs Merkmale kompetenzorientierter LLS ...................................................................... 206
Abb. 18: Gesamtbetrachtung pro Kompetenzkategorie der Häufigkeitsverteilung "moderate/hohe"
Ausprägung der sechs Merkmale kompetenzorientierter LLS .................................................. 206
Abb. 19: Kontinuum des Ausprägungsgrads der Merkmale kompetenzorientierter LLS bei
unterschiedlichen Lehr-Lernformaten ...................................................................................... 227
Tabellenverzeichnis
IV
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Übersicht über Themen und konzeptionierte Kompetenzbereiche konzeptioneller nationaler
(GER) und internationaler Arbeiten; grau = wissenschaftsorientierte Arbeiten ........................ 26
Tab. 2: Übersicht über Themen und analysierte Kompetenzbereiche empirischer nationaler (GER) und
internationaler Arbeiten; grau = wissenschaftsorientierte Arbeiten; *= psychologisch
orientierte Arbeiten zur ‚Coaching Efficacy‘ (CE) ........................................................................ 27
Tab. 3: Übersicht über Kategorien von Sozialkompetenz ..................................................................... 34
Tab. 4: DQR-Niveaustufenzuordnung; Legende: LS = Lizenzstufe; VS = Vorstufenqualifikationen; MW =
Mittelwert über die Einstufungen der Kompetenzkategorien; W/F/Soz/Sel = Einstufungen der
Kompetenzkategorien Wissen, Fertigkeiten, Sozialkompetenz und Selbstständigkeit; k.A. =
keine Angabe; (Sygusch & Liebl, 2012) ....................................................................................... 44
Tab. 5: Übersicht der aus den Konzepten abgeleiteten Merkmale (nach Kleinknecht, 2010, S. 44, 45)
..................................................................................................................................................... 55
Tab. 6: Ausgewählte Merkmale mit exemplarischen Literaturangaben ............................................... 62
Tab. 7: Charakterisierung der Ausbildungskonzeptionen ................................................................... 105
Tab. 8: Exemplarische Umformulierungen .......................................................................................... 108
Tab. 9: Kodierleitfaden Anspruchsanalyse: Hauptkategorie (a) Kompetenzverständnis .................... 110
Tab. 10: Kodierleitfaden Anspruchsanalyse: Hauptkategorie (b) Ziele ............................................... 113
Tab. 11: Beispiel zur Transformation der DQR-Zuordnung zur RRL-Niveaustufenzuordnung ............ 116
Tab. 12: Prüfung der IntraCR der Kategorie b1 Themenbereiche der RRL ......................................... 119
Tab. 13: Exemplarische Gegenüberstellung der DQR-Zuordnung von Kodierer 1 (K1) und 2 (K2) ..... 120
Tab. 14: IntraCR nach Holsti der DQR Zuordnungen pro Verband. Schätzung auf drei Ebenen:
Gesamtübereinstimmung, Ü. auf Niveaustufe, Ü. der Kategorie jeweils mit der Anzahl (N) und
entsprechendem ICR Wert. Ü= Übereinstimmungen ............................................................... 120
Tab. 15: InterCR nach Holsti der DQR Zuordnungen pro Verband und Korrelation der Niveaustufen (r).
Schätzung auf drei Ebenen: Gesamtübereinstimmung, Ü. auf Niveaustufe, Ü. der Kategorie
jeweils mit der Anzahl (N) und entsprechendem ICR Wert. Ü= Übereinstimmungen. ............ 121
Tab. 16: Personenstichprobe der Wirklichkeitsanalyse ...................................................................... 128
Tab. 17: Auszug aus dem Interviewleitfaden zum Thema „methodische Gestaltung“ ....................... 131
Tab. 18: Rating-Raster Videoanalyse zu Hauptkategorie (c) methodische Gestaltung; ‚Positiv-Beispiel:
Einordnung einer Lernaufgabe (PA) .......................................................................................... 138
Tab. 19: Rating-Raster Videoanalyse zu Hauptkategorie (c) methodische Gestaltung; ‚Negativ-
Beispiel: Einordnung eines Vortrags (V) .................................................................................... 138
Tab. 20: Kodierleitfaden Wirklichkeitsanalyse – Interview: Hauptkategorie (a) Kompetenzverständnis
................................................................................................................................................... 139
Tab. 21: Kodierleitfaden Wirklichkeitsanalyse – Interview: Hauptkategorie (b) Ziele ........................ 140
Tab. 22: Kodierleitfaden Wirklichkeitsanalyse – Interview: Hauptkategorie (c) methodische
Gestaltung ................................................................................................................................. 140
Tab. 23: Formulierungsqualität der Ziele der RRL ............................................................................... 152
Tab. 24: Formulierungsqualität der Ziele der ta .................................................................................. 153
Tab. 25: Formulierungsqualität der Ziele der MV ............................................................................... 154
Tab. 26: Themenbereiche der RRL von der C- bis zur A-Lizenz ........................................................... 158
Tabellenverzeichnis
V
Tab. 27: Themenbereiche der MV; x = Themenbereich kommt vor; * = Themenbereich kommt in
ausgeschlossenem Ziel (Formulierungsqualität) vor; fettgedruckt = Ziel gibt es nicht in RRL . 159
Tab. 28: Zuordnung der Ziele und Themenbereiche von V2 zu den Themenbereichen der RRL ....... 162
Tab. 29: Zuordnung der Ziele und Themenbereiche von V2 zu den Themenbereichen der RRL ....... 162
Tab. 30: Zuordnung der Ziele und Themenbereiche von V3 zu den Themenbereichen der RRL ....... 163
Tab. 31: Zuordnung der Ziele und Themenbereiche von V4 zu den Themenbereichen der RRL ....... 163
Tab. 32: DQR-Anspruchsniveau der Ziele der RRL ............................................................................... 163
Tab. 33: DQR-Anspruchsniveau der Ziele der Ausbildungskonzeptionen anhand der Teilkompetenzen
der RRL; RRL Ziele als Referenz und Abweichungen ≥ 0,5 Niveaustufen fett markiert; *SpArt =
Sportartspezifisch ...................................................................................................................... 165
Tab. 34: Anspruchsniveau der Ziele der RRL ....................................................................................... 168
Tab. 35: DQR-Anspruchsniveau der Ziele der Ausbildungskonzeptionen anhand der Teilkompetenzen
der RRL; RRL Ziele als Referenz und Abweichungen ≥ 0,5 Niveaustufen fett markiert; *SpArt =
Sportartspezifisch ...................................................................................................................... 169
Tab. 36: Gegenüberstellung von Themenbereichen zwischen den Ansprüchen (A; fettgedruckt =
Themen aus den Ausbildungskonzeptionen der MV) und der Wirklichkeit (I = Interviews; V =
Videos; kursiv = ergänzende Themen aus der Ausbildungswirklichkeit) zu den drei
Kompetenzkategorien PSK, FK, MVK je Verband (x= Themenbereich wurde in diesem Verband
genannt) .................................................................................................................................... 181
Tab. 37: Zeitliche Anteile von Vortrags- und Aufgabenphasen nach Verband ................................... 201
Tab. 38: zeitliche Anteile von Vortrags- und Aufgabenphasen nach Lizenzstufe ............................... 201
Tab. 39: Zeitliche Anteile von Vortrags- und Aufgabenphasen V1 ..................................................... 202
Tab. 40: Zeitliche Anteile von Vortrags- und Aufgabenphasen V2; *spArt = sportartspezifisch ........ 202
Tab. 41: Zeitliche Anteile von Vortrags- und Aufgabenphasen V3 ..................................................... 202
Tab. 42: Zeitliche Anteile von Vortrags- und Aufgabenphasen V4 ..................................................... 203
Tab. 43: Zeitliche Anteile von Vortrags- und Aufgabenphasen V5 ..................................................... 203
Tab. 44: Ausprägungsgrad der Merkmale kognitive Aktivierung, Offenheit, Reflexion, Strukturierung,
Lebensweltbezug, Individualisierung ........................................................................................ 276
Abkürzungsverzeichnis
VI
Abkürzungsverzeichnis
Deutscher Olympischer Sportbund - DOSB
Trainerakademie Köln - ta
Rahmenrichtlinien zur Qualifizierung im DOSB - RRL
Deutscher Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen - DQR
Lehr-Lernsituation - LLS
Persönliche- und sozialkommunikative Kompetenz - PSK
Fachkompetenz - FK
Methoden- und Vermittlungskompetenz - MVK
Constructive Alignment - CA
Begriffsklärung
Unterricht und Lehr-Lernsituationen
„Mit Unterricht sind im Allgemeinen solche Situationen gemeint, in denen professionell tätige Leh-
rende innerhalb eines bestimmten institutionellen Rahmens mit pädagogische Absicht und in organi-
sierter Weise Lernprozesse initiieren, fördern und erleichtern“ (Reinmann-Rothmeier & Mandl, 2006,
S. 615). In diesem Sinne werden die Begriffe Unterricht und Lehr-Lernsituationen (LLS) gleichgesetzt.
Dabei ist das Setting (z.B. Schule oder Trainerbildung) unerheblich.
(Lern-)Ziele - Inhalte - Kompetenzerwartungen
Geprägt durch unterschiedliche Historien werden in verschiedenen Traditionslinien und Domänen (z.B.
Lehrer-, Schüler-, berufliche Bildung) die Aspekte (Lern-)Ziele, Inhalte und Kompetenzerwartungen teil-
weise unterschiedlich und teilweise synonym verwendet. Zur Verbesserung der Lesbarkeit wird in der
vorliegenden Arbeit der Begriff Ziele verwendet. Dieser meint dann kompetenzorientierte Lernziele,
sprich die Ziele, die die Lernenden nach Abschluss einer Lehr-Lernsituation erreicht haben sollen. Eine
andere gängige Bezeichnung dafür sind Kompetenzerwartungen. Im Zuge der ‚Formulierung kompe-
tenzorientierter Lernziele‘ (Kap. 3.4) wird näher auf die Bestandteile von Zielen eingegangen. An dieser
Stelle wird dennoch bereits darauf verwiesen, dass die in der Didaktik gängige begriffliche Trennung
von Zielen und Inhalten in der vorliegenden Arbeit nicht vorgenommen wird, da im vorliegenden Ver-
ständnis Ziele in eine Inhalts- und eine Handlungskomponente ausdifferenziert werden.
Gender Erklärung
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Dissertation die Sprachform des generischen Mas-
kulinums angewendet (z.B. Trainer). Es wird an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die ausschließ-
liche Verwendung der männlichen Form geschlechtsunabhängig verstanden werden soll.
Einleitung
7
1 Einleitung
Phänomen
Die Bildungsdebatte um Kompetenzorientierung hat - nach Sportunterricht und Sportlehrerbildung -
längst auch Eingang in die Trainer- und Übungsleiterbildung gefunden. Während in der Sportwissen-
schaft bislang erst vereinzelt Ansätze zur Ausdifferenzierung und Analyse von Trainerkompetenzen
vorliegen (Apitzsch, 2012; Borggrefe, Thiel & Cachay, 2006), hat die Sportpraxis spätestens 2005 mit
den Rahmenrichtlinien zur Qualifizierung im DOSB [RRL] (Deutscher Sportbund, 2005) die Weichen auf
Kompetenzorientierung gestellt. Die RRL beschreiben ein, an Roth (1971) orientiertes, Kompetenzver-
ständnis sowie Ziele und Methoden für die Qualifizierung von der C-Lizenz bis hin zum Diplom-Trainer
und geben damit die „verbindlich gültigen“ (Deutscher Sportbund, 2005, S. 6) Orientierungsdaten für
die Lizenz-Trainer-Ausbildung in den Mitgliedsverbänden vor.
Wozu braucht es Kompetenzorientierung in der Trainerbildung? Ähnlich wie in Sportunterricht und
Sportlehrerbildung lässt sich diese Frage mit Legitimation und Qualitätsentwicklung gut begründen.
Das Legitimationsargument zielt auf eine Transparenz nach außen: Mit den kompetenzorientierten
RRL ist die Trainerbildung des DOSB anschlussfähig an bildungspolitische Entwicklungen, die z.B. mit
dem Deutschen Qualifikationsrahmen (DQR) darauf abzielen, Kompetenzen in formalen und non-for-
malen Bildungsbereichen transparent und vergleichbar zu machen. Expertisen zur Einordnung der RRL
in den DQR zeigen, dass die formulierten Trainer- und Übungsleiterkompetenzen der C- bis Diplom-
trainerlizenz vergleichsweise hohe Werte für den non-formalen Bildungsbereich erreichen (Sygusch &
Liebl, 2012; Sygusch, Liebl & Töpfer, 2013a, 2013b) (vgl. Kap. 3.5.3). Unter der Annahme, dass die Trai-
nerbildung einen Einfluss auf den sportlichen Erfolg der Athleten nimmt, kommt ihrer Qualitätsent-
wicklung eine wichtige Funktion zu. Das Qualitätsargument zielt somit auf eine Transparenz nach in-
nen, in die Praxis des organisierten Leistungssports. Da aus der Implementations- und Evaluationsfor-
schung bekannt ist, dass vorgegebene Rahmenkonzepte und Ziele nur in Maßen umgesetzt werden
(Drössler, 2009; Sygusch & Herrmann, 2013), kann davon ausgegangen werden, dass auch die Ansprü-
che der Trainer-Ausbildungsdokumente in der Wirklichkeit nicht vollständig realisiert werden können.
Eine dahingehende wissenschaftliche Analyse der Ausbildungsdokumente und der Ausbildungspraxis
kann somit Basis und Impuls für eine Qualitätsentwicklung der Trainerbildung sein.
Wissenschaftliches Forschungsinteresse und theoretische Rahmung
Da die Kompetenzdiskussion in verschiedenen Fächern und Domänen unterschiedlich geführt wird,
wird zunächst eine theoretische Verortung und Aufarbeitung der zu Grunde liegenden Diskussion(en)
vorgenommen. Die Trainerbildungsforschung selbst (Apitzsch, 2012; Blumhoff, 2009, 2014; Ehnold,
Cachay & Borggrefe, 2015) ist in dieser Hinsicht noch weit weniger ausdifferenziert und in die Tiefe
vorgedrungen, als andere bildungswissenschaftliche Domänen, wie z.B. die Schüler-, Lehrer-, berufli-
che oder Hochschulbildung. Aus diesem Grund werden Orientierungen aus diesen - der Trainerbildung
nahen - Settings herangezogen.
Als ein Hauptvertreter der Bildungswissenschaft beschreibt Weinert (Weinert, 2001) ein recht breites
Kompetenzverständnis, das Kompetenzen als „erlernbare, kontextspezifische kognitive Leistungsdis-
positionen, die sich funktional auf Situationen und Anforderungen in bestimmten Domänen beziehen“
(Klieme & Leutner, 2006), definiert. Damit verbindet sich u. a. der Anspruch, die Konzeptualisierung
und Operationalisierung von Kompetenzen in die jeweiligen Domänen - hier in die Sportwissenschaft
und Trainerbildung - zu verlegen und sich an deren Anforderungssituationen, Bildungsansprüchen und
-zielen zu orientieren (Klieme et al., 2007). Dem gegenüber steht ein erziehungswissenschaftliches
Kompetenzverständnis sensu Roth (1971), das mit dem Ziel der Mündigkeit eine Ausdifferenzierung in
Einleitung
8
Sach-, Selbst und Sozialkompetenz vornimmt. In der aktuellen Sport- und Bildungswissenschaft sind
beide Traditionslinien wiederzufinden. Um eine ganzheitliche Betrachtung zu gewährleisten, wird in
der vorliegenden Arbeit eine Verortung der Trainerbildung in diesen Kontext vorgenommen.
Angelehnt an das Prinzip des Constructive Alignments (Biggs, 2014; Biggs & Tang, 2011)1, das zunächst
einmal die recht triviale Forderung stellt, kompetenzorientierte Ziele, die methodische Gestaltung und
Prüfungen2 eng aufeinander abzustimmen, nehmen jene Aspekte (Ziele, methodische Gestaltung) ne-
ben der Frage des o.g. Kompetenzverständnisses, auch eine zentrale Rolle in der (Trainer)bildung ein.
Der Forderung zur domänenspezifischen Ausdifferenzierung folgend (s.o.) wird für eine konsequente
Kompetenzorientierung in den Aus- und Fortbildungen zur C-Lizenz bis zum Diplom-Trainer einerseits
eine transparente und differenzierte Konkretisierung von Zielen sowie andererseits eine systematische
Gestaltung von Lehr-Lernsituationen (methodische Gestaltung) vorausgesetzt.
Die spezifischen Ziele der Trainerausbildung werden in den RRL getrennt für die einzelnen Lizenzstufen
(C- bis Diplomtrainer) entlang der drei Kompetenzkategorien Persönliche und sozialkommunikative
Kompetenz (PSK), Fachkompetenz (FK) sowie Methoden- und Vermittlungskompetenz (MVK) festge-
schrieben. Das darüber liegende Gesamtziel der Ausbildung, die Handlungsfähigkeit im Traineralltag,
wird in den RRL als Handlungskompetenz definiert. Diese wiederum ergibt sich aus dem Zusammen-
spiel der drei o.g. Teilkompetenzen.
Systematische, konkrete methodische Gestaltungsvorlagen liegen in den RRL indes weniger vor, wes-
halb an dieser Stelle auf die Methodendiskussion der Bildungswissenschaft, Sportwissenschaft und
Sportpraxis zurückgegriffen wird. In der empirischen Bildungsforschung, der Allgemeindidaktik (Klein-
knecht, 2010), in der Didaktik der Naturwissenschaften (Blömeke, Risse, Müller, Eichler & Schulz, 2006;
Vogelsang, 2014), der beruflichen Bildung (Bloemen & Schlömer, 2012), der Lehrer- (Wyss, Kocher &
Baer, 2013) und der Hochschulbildung (Schaper, 2012) wird unter dem Begriff Aufgabenkultur seit ei-
nigen Jahren verstärkt sowohl die Haltung des Lehrenden, als auch Merkmale kompetenzorientierter
Lehr-Lernsituationen (LLS), wie z.B. kognitive Aktivierung der Lernenden oder die Offenheit von Aufga-
ben, diskutiert (z.B. Kleinknecht, 2010; Pfitzner & Aschebrock, 2013). Die Umsetzung dieser Merkmale
soll dazu beitragen die angestrebten kompetenzorientierten Ziele zu erreichen. Theoretische Veror-
tungen werden dabei teilweise vorgenommen. Diese lassen sich sowohl der Didaktik (Aebli, 1983),
verschiedenen bildungswissenschaftlichen Traditionslinien (Bloom, Engelhhart, Furst, Hill &
Krathwohl, 1956; Mager, 1971) als auch der (pädagogischen) Psychologie (Reinmann-Rothmeier &
Mandl, 2006) zuordnen. Häufig werden Merkmale für kompetenzförderliche LLS jedoch gleichgesetzt
mit ‚Kriterien guten Unterrichts‘ (Helmke, 2015) die sich teilweise an alten – also input-orientierten –
Unterrichtsskripten orientieren. Es wird eine theoretisch nicht reflektierte, Übertragung vorgenom-
men (Lersch, 2010). An dieser Stelle nimmt die vorliegende Arbeit eine klare Abgrenzung vor und leitet
zentrale Merkmale für kompetenzorientierte LLS theoriegestützt ab. Diese Merkmale werden dann für
die empirische Analyse verwendet.
Der Forderung von Klieme et al. (2007) folgend, die Ziele domänenspezifisch zu operationalisieren, hat
die vorliegende Arbeit den Anspruch, die domänenspezifischen Ziele der Trainerbildung in ihrem Ver-
lauf - von der Formulierung hin zur Ansteuerung in konkreten LLS - empirisch zu betrachten. Das Kon-
zept des Constructive Alignments bildet dafür den strukturgebenden Rahmen für die Verknüpfung zwi-
schen den Zielen und der methodischen Gestaltung. Die theoretischen Hintergründe sind in der Sport-
und Bildungswissenschaft, schwerpunktmäßig in der Trainerbildungsforschung und empirischen Bil-
dungsforschung zu verorten.
1 Stammt aus der Hochschulbildung. 2 Der Aspekt der Prüfungen wird in dieser ersten Bestandsaufnahme nicht betrachtet.
Einleitung
9
Forschungsfrage und Ziele der Arbeit
Basierend auf dem aktuellen Forschungsstand verfolgt die vorliegende Arbeit folgende forschungslei-
tende Fragestellung:
Werden die Kompetenzansprüche der Ausbildungsrahmen des DOSB zum Trainer-Leistungssport in
den Ausbildungskonzeptionen und der Ausbildungswirklichkeit der Mitgliedsverbände eingelöst?
Damit sind folgende Zielstellungen verbunden:
• Durch das Theoriekapitel wird eine gut begründete Auswahl von Merkmalen für die empiri-
sche Analyse von Kompetenzorientierung in der Trainerbildung vorgenommen. Dazu werden
insbesondere ein konsensfähiges Kompetenzverständnis und die Ziele der Trainerbildung
erfasst sowie theoretisch reflektierte Merkmale einer kompetenzorientierten Aufgabenkul-
tur für die Trainerbildung entwickelt.
• Im Rahmen der Empirie werden die Ausbildungskonzeptionen von vier Spitzenverbänden
hinsichtlich des Kompetenzverständnisses sowie ihrer (kompetenzorientierten) Ziele und
methodischen Gestaltung analysiert und mögliche Differenzen zu den RRL bestimmt.
• Weiterhin wird die Ausbildungswirklichkeit, also die LLS der entsprechenden Verbände, ana-
lysiert. Es wird überprüft, inwiefern die Ziele der Ausbildungsdokumente in der Praxis ange-
steuert werden. Dabei geht es auch um die Frage „Wie?“, also mit welchen Methoden die
Ziele angesteuert werden.
Methodisches Vorgehen
Die vorliegende Arbeit zielt darauf ab, Ausbildungsansprüche der formalen Trainerbildung hinsichtlich
Kompetenzverständnis, Zielen sowie der methodischen Gestaltung mit der Ausbildungswirklichkeit zu
vergleichen3. Das methodische Design lehnt sich an den differenzanalytischen Ansatz (Balz &
Neumann, 2005, 2014) an. Dieser stammt aus der Schulsportforschung und versucht in einem kon-
struktivistischen Verständnis Differenzen zwischen ausgewählten Anspruchs- und Wirklichkeitsebenen
zu bestimmen, zu verstehen, zu bewerten und sie zu handhaben. Die Ansprüche der vorliegenden Ar-
beit werden aus den DOSB-Ausbildungsrahmen (RRL sowie Ausbildungsdokumente der Trainerakade-
mie Köln [ta] für den Diplom-Trainer) sowie den Ausbildungskonzeptionen von vier Mitgliedsverbän-
den abgeleitet und liegen als Dokumente vor. Es wird davon ausgegangen, dass sich zwischen diesen
beiden Anspruchsebenen bereits Differenzen zeigen können, weshalb im ersten Schritt eine Diffe-
renzanalyse zwischen den Ausbildungsrahmen des DOSB und den Ausbildungskonzeptionen von vier
Mitgliedsverbänden vorgenommen wird. Als Ausbildungswirklichkeit wird die Ansteuerung der Ziele in
konkreten Lehr-Lernsituationen der Trainerausbildung verstanden. Im zweiten Schritt wird daher die
Wirklichkeit den Ansprüchen gegenübergestellt. Entsprechende Daten werden triangulativ mittels vi-
deogestützter Beobachtung, Stimulated-Recall- und problemzentrierter Interviews erhoben. Die Da-
tenauswertung findet mittels qualitativer Inhaltsanalyse (Mayring, 2010) statt. Im Zentrum steht ein
Kategoriensystem, dessen Hauptkategorien sich o.g. Ausführungen folgend am (a) Kompetenzver-
ständnis, (b) Zielen sowie (c) der methodischen Gestaltung ausrichten.
Das Kompetenzverständnis der jeweiligen Ausbildungskonzeptionen und der beteiligten Ausbilder wird
mit dem Verständnis der DOSB-Ausbildungsrahmen verglichen und anschließend in gängige Ansätze
3 Die vorliegende Dissertation entstand im Rahmen des vom BISp- geförderten Forschungsprojekts „Qualifizie-
rung im DOSB: Trainer/in Leistungssport zwischen Anspruch und Wirklichkeit“ (QuaTro; BISp-Nummer:
071101/15-17).
Einleitung
10
der Sport- und Bildungswissenschaft eingeordnet. Im Mittelpunkt stehen dabei der erziehungswissen-
schaftliche Ansatz sensu Roth (1971) und der Ansatz der empirischen Bildungsforschung. Anhand der
Ziele, die in den DOSB-Ausbildungsrahmen vorgegeben werden, wird überprüft, ob und welche dort
benannten Ziele in den Ausbildungskonzeptionen der Mitgliedsverbände und in deren Ausbildungs-
wirklichkeit (LLS) zu beobachten sind. Zur Analyse der methodischen Gestaltung wird geprüft, welche
Gestaltungsvorlagen in den Ausbildungskonzeptionen der Mitgliedsverbände verankert sind und in-
wiefern die Merkmale und Prinzipien kompetenzorientierter LLS (s.o.) angewendet werden. Da bislang
keine systematische Verknüpfung zwischen der Trainerbildung (Forschung und Praxis) und der empiri-
schen Bildungsforschung mit entsprechenden Merkmalen bekannt ist, bietet die vorliegende Arbeit
einen ersten explorativen Zugang - auf normativer und empirischer Ebene - dazu.
Aufbau der Arbeit
In Kap. 2 werden zunächst allgemeine Grundlagen und Paradigmen zur Kompetenzorientierung darge-
stellt und das Prinzip des Constructive Alignments (CA) (Biggs, 2014; Biggs & Tang, 2011) eingeführt.
Dieses bietet für die vorliegende Arbeit einen übergeordneten strukturellen Rahmen für die systema-
tische Verknüpfung zwischen den Zielen und der methodischen Gestaltung in Lehr-Lernsituationen. Als
ersten Pfeiler des CA werden dann die Ziele und das damit zusammenhängende Kompetenzverständnis
(Definitionen, Ausdifferenzierungen, Modelle) der Trainerbildung theoretisch aufgearbeitet. Da die
Trainerbildungsforschung an dieser Stelle jedoch noch nicht so ausdifferenziert ist, wie andere Domä-
nen der Sport- und Bildungswissenschaft (Schüler-, Lehrer- Hochschul- und berufliche Bildung), wird
zunächst ein größerer Rahmen gespannt. Dazu werden die Kompetenzdiskussionen dieser, der Train-
erbildung nahen, Domänen aufgearbeitet und innerhalb des erziehungs- und bildungswissenschaftli-
chen Ansatzes verortet. Zur systematischen Konzeption und empirischen Erfassung von Kompetenzen,
wird am Beispiel des Erlanger Kompetenzentwurfs Sport ‚EKSpo‘ (Sygusch et al., in Vorbereitung) ein
Modell vorgestellt, das versucht den bildungswissenschaftlichen Forderungen einer domänenspezifi-
schen Ausdifferenzierung nachzukommen (Kap. 3.3). Daran schließen sich in Kap. 3.4 Hinweise zur For-
mulierung kompetenzorientierter Ziele an. Im Anschluss daran werden Kompetenzansätze der Train-
erbildungsforschung und -praxis dargestellt und in den Gesamtrahmen der Sport- und Bildungswissen-
schaft eingeordnet (Kap. 3.5). Hierfür wird sowohl der nationale als auch der internationale Diskurs in
den Blick genommen und getrennt nach sportpraktischen und sportwissenschaftlichen sowie empiri-
schen und konzeptionellen Arbeiten dargestellt. Dabei erfolgt auch eine Beschreibung der zu Grunde
liegenden DOSB-Ausbildungsrahmen und deren Einordnung in den Deutschen Qualifikationsrahmen
(DQR) (Kap. 3.5.3).
Als zweiter Pfeiler des CA wird in Kap. 4 die methodische Gestaltung im Rahmen kompetenzorientierter
Lehr-Lernsituationen betrachtet. Dazu wird zunächst ein größerer theoretischer Rahmen gespannt, in-
dem die Theorien und Hintergründe zum Konstruktivismus als Hauptbezugspunkt aufgearbeitet wer-
den (Kap. 4.1). Anschließend wird der Forschungsstand zur Aufgabenkultur, zunächst wiederum in re-
levanten Domänen der Sport- und Bildungswissenschaft, aufbereitet. Zunächst geht es dabei um die
beiden zentralen Aspekte Aufgaben (Kap. 4.2) und das aufgabenbezogene Handeln (Kap. 4.3) und in
Folge dessen v.a. darum, Merkmale zur Analyse und Konzeption kompetenzorientierter Lehr-Lernsitu-
ationen theoriegestützt abzuleiten und zu charakterisieren (Kap. 4.4). Abschließend wird eine Über-
tragung der zentralen Merkmale auf die Trainerbildung vorgenommen und bereits anschlussfähige
Diskussionen zusammengeführt (Kap. 4.5).
Als Abschluss des theoretischen Teils werden die zentralen Aspekte resümiert und entsprechende Im-
plikationen abgeleitet, die für die empirische Analyse handlungsleitend sind (Kap. 5).
Einleitung
11
Im Methodenteil (Kap. 6) wird zunächst der qualitative Forschungsansatz für die vorliegende Arbeit
begründet (Kap. 6.1) und daran anknüpfend das Studiendesign (Differenzanalyse) und das Auswer-
tungsverfahren (qualitative Inhaltsanalyse) skizziert (Kap. 6.2). Dazu wird jeweils ein detaillierter Un-
tersuchungsplan für die Anspruchs- und Wirklichkeitsanalyse entwickelt. Die Umsetzung wird dem fol-
gend in Kap. 6.3 für die Analyse der Ansprüche (Ausbildungsdokumente) und in Kap. 6.4 für die Analyse
der Wirklichkeit anhand von Methoden der Datenerhebung, -aufbereitung sowie -auswertung erläu-
tert.
Anschließend werden die Ergebnisse der Anspruchsanalyse (Kap. 7.1) und der Wirklichkeitsanalyse
(Kap. 7.2) orientiert an den ausdifferenzierten Teilfragestellungen entlang der Hauptkategorien (Kom-
petenzverständnis, Ziele, methodische Gestaltung) dargestellt. Daraufhin folgt die Darstellung der Er-
gebnisse zur Aufgabenkultur in der Trainerbildung anhand von sechs zentralen, aus der Literatur ab-
geleiteten, Merkmalen (Kap. 7.3).
In Kap. 8 werden die zentralen Ergebnisse zusammengefasst, in den theoretischen Forschungsstand
eingeordnet und diskutiert. Abschließend wird in Kap. 9 ein Fazit gezogen und Ausblicke für die For-
schungs- und Ausbildungspraxis gegeben.
Grundlagen zur Kompetenzorientierung
13
2 Grundlagen zur Kompetenzorientierung
Der Kompetenzbegriff erfreut sich spätestens seit den 1960er Jahren einer großen Beliebtheit in der
bildungswissenschaftlichen Diskussion, wobei er auf verschiedene Wurzeln zurückgeführt werden
kann. Der Kompetenzbegriff wurde u.a. in der Linguistik (Chomsky, 1969), der Philosophie (Habermas,
1971), der Erziehungswissenschaft/Pädagogik (Roth, 1971) sowie der Berufsbildung (Geisler, 1974)
und der Psychologie (McClelland, 1973) eingeführt und diskutiert4. Einen deutlichen Aufschwung er-
lebte die Kompetenzdiskussion in Deutschland, besonders in der (empirischen) Bildungsforschung, in
Folge der internationalen Schulvergleichsstudien PISA und TIMMS Anfang der 2000er Jahre. Als Kon-
sequenz der Unzufriedenheit mit dem Abschneiden der deutschen Schüler im internationalen Ver-
gleich resultierte ein Umdenken in der Gestaltung von Bildungsprozessen, das ausgehend von der
schulischen Bildung mittlerweile auch in weiteren Bildungsdomänen, z.B. der Trainerbildung Einzug
gehalten hat. In diesem Zusammenhang wird oftmals von einem ‚tief greifenden Umbruch‘ (Lersch,
2010) oder einem ‚Paradigma-Wechsel‘ (Conrad, 2012) gesprochen. Zentrales Element dieser ‚neuen
Lernkultur‘ (Pfitzner, 2014b) ist die sogenannte Output- bzw. Outcome-Orientierung von Unterricht
bzw. Lehr-Lern-Situationen5, die die vorhergehende Inhaltszentrierung abgelöst hat (Balz, Frohn,
Neumann & Roth, 2013). D.h. an Stelle detaillierter inhaltlicher Vorgaben (Input), soll sich die Gestal-
tung von LLS an dessen Wirkung, also den zu erwerbenden Kompetenzen der Lernenden (Output) aus-
richten. Nationale sowie internationale Bildungsstandards sollen die Vergleichbarkeit und Überprüf-
barkeit verschiedener Qualifikationsstufen in Schul- und Berufsbildung erleichtern.
Als neu definiertes Bildungsziel erfährt der Kompetenzbegriff in wissenschaftlichen, politischen sowie
bildungspraktischen Debatten einen großen Stellenwert. Betont wird vor allem die Verknüpfung von
Wissen, Können und Wollen. So gehen Kompetenzen schließlich über das reine Wissen hinaus:
„Zentral an diesem Begriff ist, dass er das Handeln-Können und sich im Alltag und in einer Wissensgesellschaft
Bewähren-Können als Bildungsziel betont (…) Kompetenz umfasst auch das Bewusstsein für das eigene Lernen
und Arbeiten“ (Paechter, 2012, S. 9).
Dadurch erfordert dieser Paradigma-Wechsel einerseits ein Umdenken und eine Neuausrichtung in
der Gestaltung von LLS, z.B. durch eine stringentere Verknüpfung von Zielen, methodischer Gestaltung
und Prüfungen (vgl. Constructive Alignment; Kap. 2.2). Betrachtet man jedoch andererseits z.B. das
Konzept der Handlungsfähigkeit (Kurz, 2003), wird auch deutlich, dass das Bildungsziel einer im Alltag
handlungsfähigen Person im Kontext Sportunterricht nicht grundsätzlich neu ist. Weshalb Kompetenz-
Kritiker auch von ‚altem Wein in neuen Schläuchen sprechen‘ (Conrad, 2012).
Unterschiedliche Kompetenzansätze (Definitionen und Modelle) der Bildungs- und Sportwissenschaft
werden in Kapitel 3 dargestellt und voneinander abgegrenzt. Zuvor wird das Prinzip des Constructive
Alignments, das innerhalb der Kompetenzdiskussion einen zentralen Stellenwert zur Gestaltung von
LLS einnimmt, eingeführt.
2.1 Orientierungsrahmen: Verknüpfung von Zielen – methodischer
Gestaltung – Prüfungen
In der Einleitung wurden bereits die Aspekte Kompetenzverständnis, Ziele und methodische Gestaltung
als besonders bedeutsam für kompetenzorientierte LLS herausgestellt. Es ist anzunehmen, dass sich
4 Für eine umfassende Beschreibung der historischen Entwicklung des Kompetenzbegriffs wird auf Vonken (2005)
oder Apitzsch (2012) verwiesen. 5 Im Folgenden: LLS
Grundlagen zur Kompetenzorientierung
14
das Kompetenzverständnis von Lehrenden und Ausbildungsverantwortlichen im Sinne handlungslei-
tender Kognitionen (z.B. Hapke, 2017) implizit auf die Gestaltung von LLS auswirkt. Somit entzieht sich
das Kompetenzverständnis auch einer direkten Beobachtung. Die Ziele und ihre methodische Ansteu-
erung hingegen spielen i.d.R. eine zentrale Rolle in der Planung und Gestaltung von LLS und liegen
üblicherweise explizit vor. Jede (gute) Unterrichtsstunde, jede Trainerausbildung - jede LLS bedarf im
Vorfeld einer konkreten Planung und Strukturierung. Im Rahmen einer outcome-basierten Kompeten-
zorientierung wird ‚vom Ende her‘ gedacht und festgelegt, welche Ziele die Lernenden nach Abschluss
der Einheit bzw. einer Unterrichtssequenz erreicht haben sollen (Schaper, 2012). An diesen anzustre-
benden Zielen knüpft unmittelbar die Frage nach der methodischen Gestaltung der LLS an.
In der vorliegenden Studie werden daher neben dem Kompetenzverständnis sowohl die Ziele als auch
ihre methodische Ansteuerung in den Blick genommen. Für eine strukturierte, theoretische Verknüp-
fung zwischen den Zielen und der methodischen Gestaltung im Rahmen von LLS, bietet sich das Kon-
zept des Constructive Alignments (CA) (Biggs & Tang, 2011) an. Als ein strukturgebender Rahmen be-
schreibt das CA die notwendige Verknüpfung zwischen Zielen, methodischer Gestaltung (und Prüfun-
gen). „Kernaussage des Konzeptes ist, dass alle drei Kernpunkte voneinander abhängig sind und aufei-
nander abgestimmt sein müssen“ (Baumert & May, 2013, S. 23). „Das Konzept verdeutlicht damit in
sehr stringenter und überzeugender Form, wie die Gestaltung des Lehrens, Lernens und Prüfens von
den Learning Outcomes ausgehen sollte und wie dies realisiert werden kann“ (Schaper, 2012, S. 32).
Nachfolgend wird zunächst die Grundidee des CA beschrieben und erläutert, warum eine Passung zwi-
schen den einzelnen Aspekten einer LLS im Rahmen der Kompetenzorientierung von Bedeutung ist.
Aufbauend darauf werden in Kapitel 3 Kompetenzansätze, sprich Verständnisse und Ziele der Trainer-
bildung - und zur Verortung im bildungswissenschaftlichen Kontext auch von relevanten Handlungsfel-
dern - in den Blick genommen. Mit Kapitel 4 schließt sich dann im Sinne des CA die methodische Ge-
staltung in Form der Diskussion um eine kompetenzorientierte Aufgabenkultur an.
2.2 Constructive Alignment
Die hinter dem CA stehende Idee geht auf Tyler (1949) zurück (Abb. 1; Biggs, 2014) und entstand schon
lange vor der heutigen Diskussion um Kompetenzorientierung. Folgendes Zitat könnte jedoch auch
bemüht werden, um den Kerngedanken der Kompetenzorientierung zu beschreiben, in dem der ‚Shift
from teaching to learning‘ – also die Grundausrichtung von LLS an den Lernenden – beschrieben wird:
„Learning takes place through the active behaviour of the student: it is what he (sic) does that he
learns, not what the teacher does” (Tyler, 1949, S. 63). Basierend auf diesem Grundverständnis von
Lehren und Lernen hat der Erziehungswissenschaftler John Biggs (Biggs, 2014; Biggs & Tang, 2011)
maßgeblich die Idee und Entwicklung des Constructive Alignments geprägt. In diesem Sinne wird es
wie folgt definiert:
„Constructive alignment (CA) is an outcome-based approach to teaching in which the learning outcomes that
students are intended to achieve are defined before teaching takes place” (Biggs, 2014, S. 5).
Das CA ist als ein systemischer Ansatz zu verstehen, dessen Kernaspekt die Abstimmung/Ausrichtung
(Alignment) zwischen Lernzielen (intended learning outcomes -ILOs), Lehr-Lernsituationen
(teaching/learning activities -TLAs) und Prüfungen (assessment tasks -ATs) bildet (Biggs, 2014, S. 8).
Die einzelnen Aspekte werden nachfolgend erläutert. Auch Schaper (2012) betont in diesem Kontext,
wie wichtig es ist, dass die Lernaktivitäten und auch das zu überprüfende Kompetenzniveau konse-
quent an den jeweiligen Lernzielen ausgerichtet werden. Die drei zentralen Eckpunkte Ziele, Lehr-Lern-
aktivitäten (methodische Gestaltung) und Prüfungen werden in Abb. 1 veranschaulicht.
Grundlagen zur Kompetenzorientierung
15
Der Begriff ‚Constructive‘ bezieht sich in diesem Sinne auf einen konstruktivistischen Grundgedanken
(Steffe & Gale, 2009) und meint, dass Wissen vom Lernenden durch Lernaktivitäten konstruiert wird
(und nicht Wissen von einer Person an die andere übergeben wird6). Voraussetzung dazu ist es, dass
LLS den Lernenden solche Aktivitäten ermöglichen, die am besten zur Erreichung des Lernziels passen
(Biggs, 2014, S. 10). Genau wie beim Grundgedanken der outcome-basierten Kompetenzorientierung,
richten sich LLS dementsprechend immer am Lernenden aus:
“This approach to teaching is learnercenterd in that the target is what the learner has to achieve and how the
learner may best be engaged in order to achieve it to the required standard” (Biggs, 2014, S. 6).
Dazu gehört auch, dass die jeweiligen Lernziele den Lernenden explizit verdeutlicht werden (Schaper,
2012). Biggs (2014) beklagt, dass in Bildungseinrichtungen häufig eine Ausrichtung am Lehrenden und
an der Frage, welche Inhalte abgedeckt werden müssen, festzustellen ist. Das CA soll einen handhab-
baren Ansatz bieten LLS an den Lernenden auszurichten. Zur erfolgreichen Umsetzung des CA sollen
vier Schritte durchlaufen werden:
“1) Describe the intended learning outcomes (ILOs) for the unit, using one verb (or at most two) for each out-
come. The ILO denotes how the content or topics are to be dealt with and in what context.
6 Grundlagen des Konstruktivismus werden ausführlich in Kap. 4.1.1 behandelt.
Abb. 1: Die drei Elemente des Constructive Alignment (Baumert & May, 2013, S. 23)
Grundlagen zur Kompetenzorientierung
16
2) Create a learning environment using teaching/learning activities (TLAs) that require students to engage each
verb. In this way the activity nominated in the ILO is activated.
3) Use assessment tasks (ATs) that also contain that verb, thus enabling one with help of predetermined using
rubrics to judge how well students’ performances meet the criteria.
4) Transform these judgments into final grades” (Biggs, 2014, S. 8).
Das bedeutet, dass zunächst definiert wird, wozu die Lernenden nach Abschluss der LLS in der Lage
sein sollen (Ziele) (Ziel soll es nicht sein, dass sie in ihren Worten wiedergeben, was unterrichtet wurde)
(ebd.). Dabei sind zwei Dinge zu berücksichtigen: Zum einen müssen die Ziele im Sinne der Kompeten-
zorientierung korrekt formuliert werden, sprich es muss eindeutig hervorgehen welche Prozesse und
welche Inhalte die Lernenden nach Abschluss der LLS beherrschen (ausführlich in Kap. 3.4). Bezugneh-
mend auf die Grundidee der Kompetenzdiskussion (vgl. Kap. 2) sollen sich zum anderen solche Ziele
ergänzen, die Wissens- und Könnens-Bestandteile enthalten, um im Zusammenspiel Kompetenzen ab-
zubilden.
Im zweiten Schritt sollen Aufgaben bzw. Lernaktivitäten entwickelt werden (methodische Gestaltung),
die die zuvor festgelegten Ziele ansteuern. An dieser Stelle ist es entscheidend, dass solche Aufgaben
gestellt werden, die es den Lernenden ermöglichen einerseits das zur Erreichung des Lernziels notwen-
dige Wissen zu erwerben und andererseits die handelnde Auseinandersetzung (Können) damit zu er-
proben.
Zur Überprüfung der Zielerreichung werden abschließend (Leistungs-)Aufgaben gestellt, für dessen Lö-
sung, die die im Ziel definierten und in LLS erworbenen Kompetenzen erforderlich sind (Prüfungen).
Darauf basierend kann eine Benotung vorgenommen werden.
Wenn es um die stringente Umsetzung von systematischen Lehr-Lernkonzepten geht, moniert Schaper
(2012), dass an deutschen Hochschule nur eine mangelhafte Berücksichtigung des CAs stattfindet. Das
deutet darauf hin, dass „zentrale Konzepte zur Gestaltung einer kompetenz- und Outcome-orientier-
ten Lehre in deutschen Hochschulen noch nicht ausreichend verbreitet sind und noch nicht in hinrei-
chend sichtbarer Form umgesetzt werden“ (ebd., S. 32).
Zur Modellierung eines i.d.R. gestuften Prozesses zum Kompetenzerwerb wurden sogenannte Lern-
zieltaxonomien bzw. Kompetenzmodelle entwickelt. Diese berücksichtigen die Bedeutung des gewähl-
ten Zielverbes für den gesamten Lernprozess und richten sich maßgeblich daran aus. Solche Taxono-
mien spielen eine wichtige Rolle in der Konzeption, der didaktisch-methodischen Gestaltung und em-
pirischen Erfassung von Kompetenzen (Gogoll, 2013; Schaper, 2012; Sygusch et al., in Vorbereitung)
und werden in Kap. 3 beschrieben.
Kompetenzansätze und Ziele in Bildungs- und Sportwissenschaft
17
3 Kompetenzansätze und Ziele in Bildungs- und Sportwissenschaft
In der Erziehungs- bzw. Bildungswissenschaft werden zwei Diskussionslinien zur Kompetenzorientie-
rung unterschieden (Klieme & Hartig, 2007). Nach dem in 1970er Jahren begründeten erziehungswis-
senschaftlichen Ansatz (Roth, 1971) erschließt sich Handlungskompetenz in der Trias von Sach-, Selbst-
und Sozialkompetenz. Dieser Ansatz wurde in unterschiedlichsten Disziplinen weiterentwickelt, bspw.
in der beruflichen Bildung (Gnahs, 2010), der Sportlehrerbildung (Bräutigam, Blotzheim & Swoboda,
2005; Miethling & Gieß-Stüber, 2007) und für den Sportunterricht (Zeuner & Hummel, 2006).
Zu Beginn der 2000er Jahre hat sich ein bildungswissenschaftlicher Kompetenzdiskurs entwickelt, der
darauf abzielt, Kompetenz nicht nur konzeptionell begründbar, sondern auch empirisch überprüfbar
zu machen. Die Bildungswissenschaft sucht dazu Anschluss an pädagogisch-psychologische Kompe-
tenzmodelle, die theoretisch hergeleitet sind, operationalisierbar und empirisch erfassbar gemacht
werden können (Gogoll, 2014a; Schaper, 2012; Sygusch et al., in Vorbereitung).
Nachfolgend werden diese beiden Diskussionslinien näher erläutert und voneinander abgegrenzt.
Dazu werden jeweils die Diskurse und Kompetenzansätze der relevanten Handlungsfelder berufliche-,
sportliche- (Schüler-, Lehrer-) und Hochschulbildung innerhalb dieser beiden Diskussionslinien verortet
und überblickartig skizziert. Dieses Vorgehen geschieht zunächst vor dem Hintergrund die aktuellen
Ansätze der Trainerbildung (national/ international, Praxis/ Forschung) (Kap. 3.5) im gesamten Bil-
dungskontext verorten zu können. Weiterhin können dann die empirischen Ergebnisse der vorliegen-
den Studie mit Hilfe der Verortung innerhalb dieser beiden Kompetenzansätze interpretiert und be-
wertet werden.
3.1 Erziehungswissenschaftlicher Ansatz in relevanten Handlungsfeldern
Der 1971 von Roth begründete erziehungswissenschaftliche Ansatz stützt sich auf einen motivations-
psychologischen Kompetenzbegriff und definiert Handlungsfähigkeit sowie Mündigkeit als zentrale Er-
ziehungsziele. Danach gilt als mündig bzw. gebildet,
„wer fähig ist, für sich selbstverantwortlich handeln zu können (Selbstkompetenz), wer für Sachbereiche (Sach-
kompetenz) oder für sozial, gesellschaftlich und politisch relevante Sach- und Sozialbereiche (Sozialkompetenz)
urteils- und handlungsfähig“ (Gogoll, 2009).
Kompetenz und Bildung werden in diesem Verständnis auf einer Ebene verortet: „Mit dem Kompe-
tenzbegriff verbindet sich hier die hohe Erwartung, dass er die Komplexität von Bildung abbilden
könne“ (Gogoll, 2011a, S. 21). Diese Kompetenztrias wird häufig weiter ausdifferenziert und von Scha-
per (2012, S. 16–17) bspw. so definiert:
• „Selbstkompetenz (persönlich-charakterliche Grundfähigkeiten wie z. B. moralische Urteilsfä-
higkeit oder Leistungsbereitschaft)“
• „Sach- und Methodenkompetenz (allgemeine kognitive Leistungsfähigkeit wie z. B. Problemlö-
sungsfähigkeit oder Abstraktionsfähigkeit)“
• „Sozialkompetenz (kommunikative und kooperative Fähigkeiten)“.
In diesem Verständnis beinhaltet der Kompetenzbegriff sowohl fachliche Aspekte und kognitive Fähig-
keiten als auch überfachliche Kompetenzen und sozial-kommunikative Fähigkeiten.
Der Roth‘sche-Kompetenzansatz (1971) wird in der bildungswissenschaftlichen Diskussion in zweifa-
cher Hinsicht deutlich kritisiert. Zum einen hinsichtlich einer mangelnden theoretischen Fundierung
und einer fehlenden überschneidungsfreien Operationalisierbarkeit (Gogoll, 2011b), wodurch dem An-
spruch einer empirischen Absicherung somit nicht nachgekommen werden kann (Sygusch & Liebl,
2012). Zum anderen hinsichtlich einer fehlenden domänenspezifischen Ausrichtung. Die benannten
Kompetenzansätze und Ziele in Bildungs- und Sportwissenschaft
18
(überfachlichen) Kompetenzbereiche nach Roth sind zwar bedeutsam, können jedoch die starke fach-
liche Bindung von Kompetenz nicht ersetzen (Klieme et al., 2007; vgl. auch Ahns, 2018).
Erziehungswissenschaftlicher Ansatz in der beruflichen Bildung
Bezüglich der Ausdifferenzierung in Teilkompetenzen gilt der erziehungswissenschaftliche Kompetenz-
ansatz nach Roth (1971), trotz der vorliegenden Kritik, in der beruflichen Bildung bis heute als grund-
legend (Gnahs, 2010; Hensge, Lorig & Schreiber, 2011; Klieme & Hartig, 2007, S. 20). Dabei werden
Fach-, Human- und Sozialkompetenz als Komponenten der beruflichen Handlungskompetenz betrach-
tet (Bethscheider, Höhns & Münchhausen, 2011). Zu dieser Kompetenztrias finden sich auch Modifi-
kationen, z.B. (wie oben) die Ausdifferenzierung von Sachkompetenz in Fach- und Methodenkompe-
tenz (Gnahs, 2010, S. 28). Gnahs beschreibt Methodenkompetenz mit Bezug auf fachspezifische Me-
thoden und „solche, die über ein weites Anwendungsspektrum verfügen (z.B. Moderationsmetho-
den)“ (ebd.).
Auch Kompetenz-Strukturmodelle der beruflichen Bildung orientieren sich bisweilen am Roth’schen
Kompetenzansatz. Das ‚KODE-Kompetenzmodell‘ von Erpenbeck (2007) bzw. Heyse & Erpenbeck
(2010) beispielsweise, das von Apitzsch (2012) zur Erstellung eines Kompetenzprofils von Sporttrainern
und -managern herangezogen wird (vgl. Kap. 3.5.1.2), nimmt eine an Roth orientierte Unterteilung in
Personale Kompetenz, Aktivitäts- und Handlungskompetenz, Sozial-Kommunikative Kompetenz sowie
Fach- und Methodenkompetenz vor7.
Erziehungswissenschaftlicher Ansatz in der sportlichen Bildung
Sygusch & Liebl beschreiben 2012, dass im Bereich der Schüler- und Lehrerbildung ebenfalls noch eine
starke Orientierung am erziehungswissenschaftlichen Ansatz festzustellen ist. In der Sportlehrerbil-
dung definieren Miethling & Gieß-Stüber (2007) bspw. die ‚big five‘ der Lehrerkompetenzen: Sachkom-
petenz, Sozialkompetenz, Methodenkompetenz, Selbstkompetenz sowie Schulentwicklungskompe-
tenz. Dabei lehnen sie sich deutlich an die Roth’sche Kompetenztrias an. Ähnlich wie in der beruflichen
Bildung, wird die Roth’sche Kompetenztrias an dieser Stelle modifiziert und in diesem Fall um die Me-
thoden- sowie Schulentwicklungskompetenz ergänzt.
Bräutigam et al. (2005) unternehmen in einem Projekt zur „praxisentwickelnde[n] Forschung“ (ebd., S.
1) den Versuch, „die eigene Lehre an begründeten Leitbildern zu orientieren, hochschuldidaktisch fun-
diert anzulegen und die konkrete Praxis des Ausbildungsgeschehens zum Gegenstand empirischer For-
schung zu machen“ (ebd.). Konkret entwickeln und evaluieren sie ein Seminar für Sportstudierende
mit dem Ziel die Selbstkompetenz der Studierenden zu fördern. Angelehnt an das erziehungswissen-
schaftliche Grundverständnis beziehen sie Professionstheorien (Oevermann, 2002) und Grundlagen
der Biographieforschung sowie die Verknüpfung dieser beiden Ansätze (Kraul, Marotzki & Schweppe,
2002) in ihre Konzeption mit ein. Das zu Grunde liegende Kompetenzmodell lässt anhand der enthal-
tenen Teilkompetenzen deutliche Bezüge zu Roth erkennen; es unterscheidet sich dennoch davon, in
dem die Fachkompetenz (statt bei Roth die Handlungskompetenz) im Fokus steht. Die Fachkompetenz
eines Lehrenden ergebe sich demnach aus dem „integrativen Zusammenspiel“ (ebd.) der Teilkompe-
tenzen Selbstkompetenz, Sozialkompetenz, Sachkompetenz sowie Schulkompetenz.
Weiterhin findet sich dieser Ansatz auch in vielen Sportlehrplänen und einem Transfer auf das Unter-
richtsfach Sport, z.B. von Zeuner & Hummel (2006) wieder (Sygusch & Liebl, 2012).
Resümierend ist festzustellen, dass der erziehungswissenschaftliche Kompetenzansatz nach Roth
(1971) in seinen Grundzügen - der Orientierung an der Sach-, Selbst- und Sozialkompetenz - verbreitet
7 Eine Definition der einzelnen Bereiche wird in Kap. 3.5.1.2 vorgenommen
Kompetenzansätze und Ziele in Bildungs- und Sportwissenschaft
19
Anwendung findet. Jedoch werden oftmals Modifikationen, Ergänzungen und Ausdifferenzierungen
vorgenommen und weitere theoretische Orientierungspunkte (z.B. Professionsforschung) einbezogen.
Die konkrete Umsetzung des erziehungswissenschaftlichen Ansatzes in der Trainerbildung (Forschung
und Praxis) wird in Kapitel 3.5 erläutert.
Während Sygusch & Liebl (2012) eine bis dato noch zögerliche Entwicklung der sportlichen Bildung in
Richtung der empirischen Bildungsforschung feststellen, zeigt Ahns (2018) für die jüngere Schüler- und
(Sport-)Lehrerbildung bereits eine stärkere Orientierung am bildungswissenschaftlichen Verständnis
(vgl. Kap. 3.2), das nachfolgend erläutert wird.
3.2 Bildungswissenschaftlicher Ansatz in relevanten Handlungsfeldern
Im Gegensatz zum erziehungswissenschaftlichen Ansatz wird Kompetenz im bildungswissenschaftli-
chen Ansatz dem Bildungsbegriff untergeordnet. Kompetenzen beschreiben danach einen „pragma-
tisch bedeutsamen Kern“ (Baumert, 2002) bzw. einen „formal-funktionalistische[n] Teil“ (Sygusch &
Liebl, 2012, S. 9) von Bildung. Kompetenzen können in diesem Verständnis nur einen Ausschnitt von
Bildung abbilden, ermöglichen gleichzeitig aber den Zugang zu höherer Bildung (Klieme & Hartig,
2007). Ziel der Kompetenzforschung der beruflichen Bildung ist u.a. eine empirische Überprüfung des
Konstrukts und eine Absicherung von entsprechenden Kompetenzmodellen (Gogoll, 2011b). Als einer
der Hauptvertreter der Bildungswissenschaft beschreibt Weinert (2001) Kompetenzen als „erlernbare,
kontextspezifische kognitive Leistungsdispositionen, die sich funktional auf Situationen und Anforde-
rungen in bestimmten Domänen beziehen“ (Klieme & Leutner, 2006, S. 880). Damit verbindet sich u.
a. der Anspruch, die Konzeptualisierung und Operationalisierung von Kompetenzen in die jeweiligen
Domänen zu verlegen und an deren Anforderungssituationen, Bildungsansprüchen und -zielen zu ori-
entieren (vgl. auch Klieme et al., 2007). Insofern bleibt das Kompetenzverständnis der Bildungswissen-
schaft zunächst weit. Der Auftrag der Konkretisierung wird an die jeweiligen Domänen weiter gegeben,
hier an die Sportwissenschaft und Trainerbildung. Im bildungswissenschaftlichen Verständnis werden
Kompetenzen grundsätzlich als erlernbar und in unterschiedlichen Stufen und Ausprägungen vorlie-
gend verstanden (vgl. auch Ahns, 2018). Um dieses, zunächst theoretische Konstrukt konkreter abzu-
bilden und einer Messung zugänglich zu machen, werden Kompetenzen häufig domänenspezifisch an-
hand einer Wissens- oder Inhaltsdimension ausdifferenziert und anhand von unterschiedlichen Kom-
petenzniveaus operationalisiert. Dabei sollte sich jede dahingehende Operationalisierung auf eine kon-
krete leistungsbezogene Anforderungssituation beziehen (Ahns, 2018). Diese domänenspezifische
Ausdifferenzierung markiert einen Hauptunterschied zwischen dem bildungswissenschaftlichen und
dem eher übergreifend gelagerten erziehungswissenschaftlichem Ansatz nach Roth.
Bildungswissenschaftlicher Ansatz in der beruflichen Bildung
Im Bereich der beruflichen Bildung und der Allgemeinbildung liegt bisweilen kein einheitliches Kompe-
tenzverständnis vor. Hensge et al. (2011, S. 153) resümieren, dass „eine Fülle von Ansätzen, Konzepten
und Ideen“ vorliegen, es jedoch noch kein Gesamtkonzept gibt, das die einzelnen Ansätze schlüssig
integriert. Diese Einschätzung wird bestätigt dadurch, dass die Ausdifferenzierung in Teilkompetenzen
in der beruflichen Bildung deutlich an Roth (1971) orientiert ist (s.o.), andererseits Kompetenz aber im
Sinne des (weiten) bildungswissenschaftlichen Verständnisses anhand von Weinert (2001) definiert
wird (Hensge et al., 2011). Bei der Operationalisierung von Kompetenzen in der beruflichen Bildung
wird jedoch kritisiert, dass das breit angelegte Weinert’sche Verständnis – aus Gründen einer validen
Messbarkeit – auf die kognitiven Aspekte reduziert wird. „Soziale oder motivationale Elemente spielen
dagegen eine untergeordnete Rolle“ (Hensge et al., 2011, S. 136); (Fritz, Paechter, Slepcevic-Zach &
Stock, 2012).
Kompetenzansätze und Ziele in Bildungs- und Sportwissenschaft
20
Des Weiteren wird auf Grundlage einer Analyse von Breuer (2005) beklagt, dass „das Konstrukt Hand-
lungskompetenz bisher eher unsystematisch und zum großen Teil implizit in die Ausbildungsordnun-
gen aufgenommen worden ist“ (Hensge et al., 2011, S. 134).
Bildungswissenschaftlicher Ansatz in der Hochschulbildung
Für die Domäne Hochschule schlägt Schaper (2012) eine, dem bildungswissenschaftlichen Verständnis
folgende Kompetenzdefinition für das akademische Setting vor:
„Kompetenz ist als Befähigung zu definieren, in Anforderungsbereichen, die durch hohe Komplexität, Neuartig-
keit bzw. Unbestimmtheit und hohe Ansprüche an die Lösungsqualität gekennzeichnet sind, angemessen, ver-
antwortlich und erfolgreich zu handeln. Befähigungen zu einem solchen Handeln beinhalten zu integrierende
Bündel von komplexem Wissen, Fertigkeiten, Fähigkeiten, motivationalen Orientierungen, (Wert-)Haltungen in
Bezug auf die Anforderungsbereiche“ (Schaper, 2012, S. 29).
Daran anknüpfend wurde ein Kompetenzmodell (Schaper, 2012; Schaper & Hilkenmeier, 2013) entwi-
ckelt, das auf der der Grundidee des Constructive Alignment (vgl. Kap. 2.2) sowie einer Lernzieltaxono-
mie basiert, mit der die Autoren Anschluss an die empirische Bildungswissenschaft herstellen. Kompe-
tenzen werden hier, wie oben beschrieben, als stufenweise erlernbar verstanden und operationali-
siert. Dieser stufenweise Kompetenzerwerb wird mit einer Prozessdimensionen beschrieben, die – an-
gelehnt an die Kategorien von Anderson & Krathwohl (2001) – als Tätigkeitsverben formuliert und er-
läutert werden: (1) Erinnern und Verstehen von Wissen, (2) Anwenden von Wissen, (3) Analysieren
und Bewerten von Wissen, (4) Erschaffen von Wissen (ebd., S. 56). Auf der Inhaltsdimension unter-
scheiden Schaper und Hilkenmeier (ebd.) fachliches Wissen, fachübergreifendes Wissen (Metakogniti-
ves Wissen, soziale-kommunikative Fähigkeiten) sowie Werte und Haltungen. Die domänenspezifische
strukturelle Ausdifferenzierung unterscheidet sich an dieser Stelle von den überfachlichen Teilfacetten
im Sinne des erziehungswissenschaftlichen Ansatzes.
Bildungswissenschaftlicher Ansatz in der sportlichen Bildung
Auch im Bereich des (Sport-)Unterrichts und der (Sport-)Lehrerbildung ist mittlerweile eine verstärkte
Orientierung am bildungswissenschaftlichen Kompetenzverständnis und eine Abkehr von der Orien-
tierung an Roth (1971) festzustellen (Ahns, 2018). Dies mündet in unterschiedlichen Kompetenz-Struk-
tur- sowie wenigen Kompetenzniveaustufenmodellen. Im Weinert’schen Verständnis werden Kompe-
tenzen hier, wie bei Schaper (2012), häufig anhand von Wissens- oder Inhaltsbereichen sowie teilweise
Prozessebenen und Niveaustufen strukturiert. Für den Sportunterricht z.B. von Gogoll (2014a) oder
speziell für das Themenfeld Gesundheit von Töpfer (2017).
In der Lehrerbildung ist das Modell professioneller Handlungskompetenz von Baumert & Kunter (2006)
das gegenwärtig einflussreichste, in dem es Eingang in die Modellierung von Lehrerkompetenzen ver-
schiedener Fachdidaktiken gefunden hat und im Rahmen der COAKTIV-Studie zur Analyse von Kompe-
tenzen von Mathematiklehrkräften eine Validierung einzelner Teilkonstrukte (Fachwissen, fachdidak-
tisches Wissen) bereits vorgenommen wurde. Zur domänenspezifischen Ausdifferenzierung kognitiver
Aspekte von Handlungskompetenz, dem so genanntem Professionswissen von Lehrkräften, unter-
scheiden Baumert & Kunter (2006) – angelehnt an Shulman (1986) – zwischen pädagogischem Wissen,
Fachwissen und fachdidaktischem Wissen und ergänzend Organisations- sowie Beratungswissen.
Diese fünf Kompetenzbereiche werden auf unterer Ebene wiederum in niveaustufenähnliche Kompe-
tenzfacetten ausdifferenziert; Fachwissen bspw. in Alltagswissen, Schulstoffniveau, profundes Hinter-
grundwissen zum Schulstoff, akademisches Wissen (Baumert & Kunter, 2011). Daneben werden Neben
dem Professionswissen mit Werten und Haltungen, Motivation sowie Selbstregulation drei weitere
Aspekte professioneller Kompetenz integriert.
Kompetenzansätze und Ziele in Bildungs- und Sportwissenschaft
21
In der Sportlehrerbildung wurde das Baumert-Kunter-Modell (2006) von Kehne, Seifert & Schaper
(2013) aufgegriffen. Sie entwickeln ein Instrument zur Analyse der Kompetenzbereiche fachwissen-
schaftliches und fachdidaktisches Wissen von Lehramtsstudierenden. Kehne et al. (2013) können auf
Basis einer Faktorenanalyse drei fachwissenschaftliche Konstrukte validieren; eines mit vorwiegend
trainings- und bewegungswissenschaftlichen Anteilen, eines mit sozialwissenschaftlichem Wissen und
eines mit Wissen zur Reflexionsfähigkeit zum Urteilsvermögen im Bereich Theorie und Praxis der Sport-
arten. Zum fachdidaktischen Wissen identifizieren sie zwei Konstrukte; eines zur Bezugsnormorientie-
rung u.a. beim Bewerten von Schülerleistungen und eines zu Reflexions- und Urteilsvermögen hinsicht-
lich fachdidaktischer Grundsätze und Vorgaben zum Unterrichten (ebd., S. 56-57).
Einen weiteren Ansatz in diesem Verständnis stellt der ‚Erlanger Kompetenzentwurf Sport‘ (EKSpo)
(Sygusch et al., in Vorbereitung; Sygusch & Brandl-Bredenbeck, 2017) dar, der u.a. auf den Arbeiten
von Gogoll (2014a), Schaper (2012) sowie den Lernzieltaxonomien von Bloom et al. (1956) bzw. An-
derson & Krathwohl (2001) aufbaut. Ziel ist es u.a. einen Ordnungsrahmen sowohl für die systemati-
sche, an Lernzielen ausgerichtete, Konzeption von LLS bereitzustellen und zum anderen ein Instrument
für die Analyse von LLS zu schaffen. In der vorliegenden Arbeit kann EKSpo herangezogen werden, um
einen Vorschlag für die systematische Konzeption und Weiterentwicklung von Lehr-Lernsituationen in
der Trainerbildung vorzulegen.
3.3 Erlanger Kompetenzentwurf Sport (EKSpo)
Mit EKSpo (Sygusch et al., in Vorbereitung; Sygusch & Brandl-Bredenbeck, 2017) wird versucht, die
Ansprüche an eine Kompetenzorientierung im Sport anschlussfähig an Bildungswissenschaften, domä-
nenspezifisch nutzbar für Praxis und Forschung aufzugreifen. Dazu wurde eine differenzierte Lern-
zieltaxonomie entwickelt. Diese ist als Rahmenkonzept zu verstehen und darauf angelegt, auf die An-
forderungen unterschiedlicher sportlicher Settings (hier: Trainerbildung) angepasst und für Belange
und Erfordernisse der jeweiligen Praxis modifiziert zu werden.
EKSpo-Taxonomie
Die EKSpo-Taxonomie ist im Sinne des Constructive Alignment (s.o.) die Basis für die Formulierung
kompetenzorientierter Lernziele sowie zur Konzeption von Lern- und Prüfungsaufgaben. Die Taxono-
mie besteht aus drei Dimensionen: Inhalte, Prozesse und Anforderungsniveaus (Abb. 2).
Abb. 2: Lernzieltaxonomie des Erlanger Kompetenzentwurf Sport (EKSpo) (Sygusch et al., i.V.)
Kompetenzansätze und Ziele in Bildungs- und Sportwissenschaft
22
Die Inhaltsdimension orientiert sich – angelehnt an Baumert und Kunter, 2006 – an domänen-spezifi-
schen fachwissenschaftlichen und fachdidaktischen Standards der jeweiligen Settings. Für die Trainer-
bildung erscheint hier die Differenzierung in fachliche Inhalte, personale und soziale Inhalte sowie In-
halte zu Methodik und Vermittlung angemessen, da sie – wenn auch in den Bildungswissenschaften
kritisiert – in der Sportpraxis (Deutscher Olympischer Sportbund, 2005) und im sportwissenschaftli-
chen Diskurs zur Trainerbildung Anerkennung besitzt und häufig rezipiert wird.
Die Prozessdimension orientiert sich insbesondere an den o. g. Modellvorstellungen zu Sportunterricht
(Gogoll, 2013) und Hochschulbildung (Schaper & Hilkenmeier, 2013). Diese Modelle sind mit ihren kog-
nitionspsychologisch begründeten Schritten eines gestuften Kompetenzerwerbs anschlussfähig an den
bildungswissenschaftlichen Kompetenzdiskurs. Die EKSpo-Prozessdimension ist – analog zu den o. g.
Modellen – in den konsekutiven Aktivitätsschritten (0) bis (6) angelegt, die kognitive Prozesse des Wis-
senserwerbs und der Wissensnutzung abbilden und gleichsam als Orientierung für die Schrittigkeit von
Lehr-Lern-Prozessen in sportbezogenen Bildungssettings dienen kann.
Als Kernaktivität wird das angestrebte (5) Handeln: Situation lösen angelegt (Abb. 2). Dieser Aktivitäts-
schritt bildet praxisnahe Anforderungssituationen ab, zu deren Bewältigung Kompetenzen erworben
werden sollen. Damit greift EKSpo explizit den Anspruch der Domänenspezifik auf und schließt daran
an, was im bildungswissenschaftlichen Kompetenzdiskurs mit „Probleme lösen in variablen Situatio-
nen“ (Weinert, 2001) umschrieben wird. Ausgehend von dieser Kernaktivität werden die umliegenden
Aktivitäten des Wissenserwerbs und der Wissensnutzung modelliert.
(0) subjektives Wissen explizieren: aktivieren und konkretisieren. Subjektives Erfahrungswissen wird in
vielfältigen informellen Bildungsprozessen im Sport erworben und ist dem Erwerb objektiven Wissens
in sportbezogenen Bildungssetting vielfach vorgelagert. Deshalb wird dieser Schritt im EKSpo-Entwurf
als Aktivitätsschritt (0) verortet. Subjektives Wissen explizieren zielt darauf ab, vorhandenes Erfah-
rungswissen für den weiteren Wissenserwerb zu aktivieren und nutzbar zu machen. Beispielhaftes
kompetenzorientiertes Lernziel: Die angehenden Trainer/innen stellen Alltagserfahrungen in der Team-
führung heraus und konkretisieren ihre Haltung zu Mitverantwortung in Training und Wettkampf.
(1) Wissen anreichern: Erkunden & Wiedergeben umfasst die Wahrnehmung und Aufnahme von
neuen, bislang nicht repräsentierter Informationen bzw. Fakten.
Beispiel: Die angehenden Trainer/innen geben Ziele und methodische Maßnahmen zur Gestaltung von
Mitverantwortung und Partizipation in Training und Wettkampf wieder.
(2) Wissen vernetzen: Ordnen & Erklären umfasst die Einordnung neuer – im ersten Aktivitäts-schritt
angereicherter – Fakten in vorhandene Wissensstrukturen.
Beispiel: Die angehenden Trainer/innen begründen Kriterien, Ziele und methodische Maßnahmen zur
Gestaltung von Mitverantwortung und Partizipation in Trainings- und Wettkampf.
(3) Handeln vorbereiten: Planen & Entscheiden bezieht sich auf den Transfer vernetzten Faktenwissens
in konkrete Handlungssituationen, bspw. in der Trainingsplanung.
Beispiel: Die angehenden Trainer/innen wählen konkrete Ziele zur Mitverantwortung in Angriffsvari-
anten aus und planen entsprechende kooperative Bewegungs- und Lernaufgaben für eine exemplari-
sche Trainingseinheit.
(4) Handeln – Situation lösen: Erproben & Umsetzen bildet als zentraler Aktivitätsschritt ‚vereinfachte
Sportwirklichkeit‘ ab, indem hier der Einsatz erworbenen Wissens und vorausgegangener Handlungs-
planungen in konkreten Anforderungssituationen bspw. als Lehrkraft oder Trainer im praktischen Han-
deln erprobt und umgesetzt wird.
Beispiel: Die angehenden Trainer/innen setzen die geplante Trainingseinheit um.
(5) Handeln nachbereiten: Reflektieren & Bewerten umfasst die wissensbasierte und kriterien-geleitete
Auseinandersetzung mit umgesetztem eigenen Handeln.
Kompetenzansätze und Ziele in Bildungs- und Sportwissenschaft
23
Beispiel: Die angehenden Trainer/innen stellen Planung und Umsetzung methodischer Maß-nahmen
zur Entwicklung von Mitverantwortung gegenüber und bewerten ihr Trainerhandeln.
(6) Handeln innovieren: Entwickeln & Konzipieren umfasst den Entwurf von neuem Wissen (bspw.
Handlungsempfehlungen, Konzepte) auf der Basis der vorangegangener Aktivitäts-schritte. Beispiel:
Die angehenden Trainer/innen konzipieren Handlungsempfehlungen zu Zielen und methodischen Maß-
nahmen im Training zur Entwicklung von Mitverantwortung im Wettkampf.
Die dritte Dimension der EKSpo-Taxonomie, das Anforderungsniveau, geht von der Grundidee aus,
dass Kompetenzen zunehmend anspruchsvoller werden, je mehr, je tiefer und je komplexer Fakten
angeeignet und genutzt werden (Abb. 2).
Bezugnehmend auf das Prinzip des Constructive Alignments (Kap. 2.2) und basierend auf o.g. Lern-
zieltaxonomien folgt ein kurzer Exkurs zur ‚Formulierung kompetenzorientierter Lernziele‘. Eine adä-
quate Formulierung von Lernzielen ist im Rahmen kompetenzorientierter LLS von besonderer Bedeu-
tung, da sie als Ausgangspunkt des Lernens maßgeblich Einfluss sowohl auf die methodische Gestal-
tung als auch auf ihre Überprüfung ausüben.
3.4 Formulierung kompetenzorientierter Lernziele
Der Schrittigkeit des Constructive Alignments von Biggs (vgl. Kap. 2.2) folgend, beginnt eine kompe-
tenzorientierte LLS mit der Formulierung von Lernzielen:
„1) Describe the intended learning outcomes (ILOs) for the unit, using one verb (or at most two) for each out-
come. The ILO denotes how the content or topics are to be dealt with and in what context” (Biggs, 2014, S. 8).
Schaper weist darauf hin, wie ausschlaggebend die Formulierung von Lernzielen bzw. ‚Learning Out-
comes‘ für die Lehr-/Lerngestaltung sind (s.o.)8. Viele Praxisleitfäden geben Hinweise zur korrekten
Formulierung von kompetenzorientierten Lernzielen. Als zentrales Merkmal der Abstimmung der drei
Aspekte Ziele – methodische Gestaltung – Prüfungen gilt das jeweilige Verb des Lernziels. Diese können
sowohl ‚low-level verbs‘ sein, wie beschreiben oder auflisten; ‚middle-level verbs‘, wie erklären oder
analysieren oder ‚advanced-level verbs‘, wie reflektieren oder Hypothesen aufstellen. Die Lernaktivitä-
ten im Rahmen der Lehr-Lernsituationen sowie die Prüfungen steuern dann das gleiche Verb an (Biggs,
2014, S. 9).
Als theoretischen Bezugsrahmen werden häufig Lernzieltaxonomien bemüht (vgl. Kap. 3.2), darüber-
hinausgehende theoretische Begründungen werden i.d.R. aber nicht vorgenommen. Das Fachgutach-
ten von Schaper gibt an dieser Stelle wertvolle Hinweise (Schaper, 2012, S. 54–60). In Kombination mit
den o.g. Praxisleitfäden können daraus nachfolgende Formulierungskriterien für Learning Outcomes
abgeleitet werden, die zunächst genannt und anschließend erläutert werden:
• Die Handlungskomponente orientiert sich am Outcome des Lernenden
• Das Lernziel enthält eine Inhaltskomponente
• Das Lernziel enthält eine (möglichst aktive) Handlungskomponente
• Die Handlungskomponente lässt sich eindeutig dem Bereich Wissenserwerb oder Wissens-
anwendung (=Können) 9 zuordnen.
8 Der Begriff ‚Learning Outcomes‘ kann gemäß des Lernzielkonzepts nach Mager (1983) synonym für Lernziele
verwendet werden Schaper (2012, S. 47). 9 Auf der Prozessebene nach Schaper & Hilkenmeyer (2013) Prozess (1) Erinnern und Verstehen von Wissen; Die
Prozessstufen (2) – (4) beschreiben Prozesse der Wissensanwendung (=Können).
Kompetenzansätze und Ziele in Bildungs- und Sportwissenschaft
24
Outcome Orientierung
Im Sinne der Kompetenzorientierung und den Erläuterungen des CA mit dem ‚Shift from teaching to
learning‘ folgend, steht das Ergebnis des Lernenden im Fokus und nicht der Input der Lehrenden. So
sollen kompetenzorientierte Lernziele beschreiben, was der Lernende zu leisten im Stande ist und
nicht die Tätigkeit des Ausbilders (Schaper, 2012). Als Positivbeispiel kann, das bereits oben benannte
Ziel der RRL zitiert werden. Ein Negativbeispiel dafür ist folgende Zielformulierung: „Einführung in die
Rolle des Trainers“.
(Aktive) Handlungs- und Inhaltskomponente
Jedes Lernziel soll in eine „Tätigkeitsaussage mit einer Inhalts- und Handlungskomponente gefasst“
(Schaper, 2012, S. 48) und die Handlungskomponente mit Aktivverben beschrieben werden. Zahlreiche
Praxisleitfäden greifen diese Aspekte für die Formulierung von Lernzielen auf (Cursio & Jahn, 2014;
Julius-Maximilians-Universität Würzburg, 2015; Sächsisches E-Competence Zertifikat, 2010). Die In-
haltskomponente sollte durch ein Substantiv gekennzeichnet sein und weist somit auf den fachlichen
(oder überfachlichen) Inhalt, auf den sich der Lernprozess bezieht, hin. Corso und Jahn verdeutlichen
die beiden Komponenten an folgendem Beispiel:
„Die Studierenden kennen die Grundlagen der Mediendidaktik und beurteilen Effekte für Lehr-, Lern-und Bil-
dungsprozesse. (Inhaltskomponenten: Grundlagen der Mediendidaktik, Effekte für Lehr-, Lern- und Bildungs-
prozesse, Handlungskomponenten: kennen, beurteilen)“ (2014).
Die Handlungskomponente sollte im Idealfall in Form eines Aktivverbes vorliegen, um die Tätigkeit
möglichst konkret zu beschreiben. Passive Verbkonstruktionen oder substantivierte Verben (z.B.
Kenntnis von…) sollten weitestgehend vermieden werden.
Beispiele für (formal) idealtypische Lernziele finden sich auch in den RRL des DOSB: „Der Absolvent
kann Bewegungsabläufe beobachten und korrigieren“ (Deutscher Sportbund, 2005, S. 26).
Im Vergleich zu Lernzielformulierungen weisen reine Inhaltsbeschreibungen indes keine Handlungs-
komponente und somit kein Verb auf. Ein Beispiel: „Minimalkriterien für altersgerechte Wettkampf-
techniken (biomechanische Aspekte)“.
Wissenserwerb oder Wissensanwendung (=Können)
Dieser Aspekt ist explizit in der vorliegenden Literatur nicht zu identifizieren, sondern ergibt sich aus
den Lernzieltaxonomien und entsprechenden Verben auf der Prozessebene. Um eine eindeutige Zu-
ordnung darauf vornehmen zu können (s.o.) ist es notwendig, dass der angestrebte Prozess in der
Handlungskomponente ersichtlich wird. Innerhalb der Kompetenzdiskussion nehmen die Aspekte Wis-
senserwerb und Wissensanwendung (=Können) der Kompetenztrias (Wissen, Können und Wollen) eine
zentrale Rolle ein und können als Orientierung herangezogen werden. Lässt sich die verwendete Ver-
bkonstruktion eindeutig einem der beiden Bereiche zuordnen, so ist auch die Intention relativ klar und
der Interpretationsspielraum entsprechend niedrig. Dies ist z.B. der Fall bei ‚Kenntnis von…‘, hier wird
deutlich, dass es sich um einen Wissensbestand handelt. Weniger klar hingegen ist z.B. die Verwen-
dung von ‚Organisation von…‘. Hiermit könnte sowohl das reine Wissen über die Organisation gemeint
sein, als auch die praktische Umsetzung, also die Wissensanwendung (=Können). Ist die Funktion der
Handlungskomponente nicht eindeutig zu bestimmen, so muss sie durch Interpretation erschlossen
werden.
Kompetenzansätze und Ziele in Bildungs- und Sportwissenschaft
25
3.5 Kompetenzansätze in der Trainerbildung
„It is an impossible task to asses exhaustively all the needs and the competencies needed by coaches
working in different sports" (Madella, Manno, Beccarini, Carbonaro & Cei, 1994, S. 233).
Der Kenntnis- und Forschungsstand zur Kompetenzorientierung in der Trainerbildung ist insgesamt in-
homogen und lässt nur wenige klare Linien erkennen. Es liegen nur wenige Gemeinsamkeiten zwischen
deutschsprachigen und internationalen Arbeiten vor. Dies gilt sowohl für sportwissenschaftliche und
sportpraktische Zugänge als auch für konzeptionelle Arbeiten und empirische Analysen. Daher ver-
wundert es nicht, dass Behm (2008) eine uneinheitliche und teilweise willkürliche Verwendung des
Kompetenzbegriffes in der Trainerbildung feststellt, die zu Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen dem
Kompetenzbegriff und mit ihm verwandten Begriffen, wie z.B. Fähigkeiten oder Qualifikationen und
einer gewissen Konturlosigkeit des Begriffes führen.
Zur Einordnung und Interpretation der Kompetenzansätze der RRL und der MV sowie deren Umset-
zung (Empirie) wird zunächst ein Blick auf die nationale und internationale Trainerbildungsforschung
und –praxis geworfen. Zu Beginn geben die Tab. 1 und Tab. 2 eine Übersicht über eine Auswahl zent-
raler Literatur, getrennt nach konzeptionellen (Tab. 1) und empirischen Arbeiten (Tab. 2). Dargestellt
werden jeweils Autor, Jahr, Titel und Land sowie die im Beitrag behandelten Themen und die jeweiligen
konzipierten bzw. analysierten Kompetenzbereiche. Im Anschluss daran werden die zentralen Aspekte
hinsichtlich des Kompetenzverständnisses (Definition und Struktur) und damit einhergehende Vorga-
ben für die Organisation von Zielen getrennt nach nationaler und internationaler Literatur erörtert. Es
wird weiterhin unterschieden zwischen sportwissenschaftlich- und sportpraktisch-orientierten Beiträ-
gen sowie in einerseits primär normativ-konzeptionelle und andererseits empirisch-analytische An-
sätze. Weiterhin werden die dargestellten Ansätze (wenn möglich) dem erziehungs- oder bildungswis-
senschaftlichen Ansatz (s.o.) zugeordnet.
Die sportorganisatorische bzw. institutionelle Ebene, z.B. in Form von Lehrplänen und Curricula wird
nur auf internationaler Ebene einbezogen. Über die Analyse der RRL und der Ausbildungskonzeptionen
von vier Mitgliedsverbänden des DOSB ist dieser Schritt auf nationaler Ebene Bestandteil der empiri-
schen Auswertung (Kap. 7.1). Die Ergebnisse der Analyse können dann abschließend in den hier ge-
schaffenen theoretischen Gesamtrahmen eingeordnet werden.
Kompetenzansätze und Ziele in Bildungs- und Sportwissenschaft
26
Tab. 1: Übersicht über Themen und konzeptionierte Kompetenzbereiche konzeptioneller nationaler (GER) und
internationaler Arbeiten; grau = wissenschaftsorientierte Arbeiten
Autor, Jahr & Titel Land Themen Konzept. Kompetenzbereiche
Behm, 2008
Leistungssport-Pädagogik:
Sportpädagogische Ansätze
für eine neue Lehr- und Lern-
kultur
GER Leistungssportpädagogik (Habilita-
tionsschrift) – u.a. Anforderungen
und Kompetenzen des Trainers
Fach-, Methoden- bzw. fachlich-methodi-
sche Kompetenz, soziale bzw. sozial-kom-
munikative Kompetenz, pädagogische-,
temporale- und Selbstkompetenz
Ehnold et al., 2015
Vermittlung kommunikati-
ver Komp. in der Traineraus-
und -fortbildung
GER Vermittlungsstrategien kommuni-
kativer Kompetenzen
Kommunikative Kompetenzen
Cochet-Thibol & Ullrich,
2015
Erfolgsfaktor Trainer
GER Rollen und Kompetenzen des Trai-
ners
Fach-, Methoden-, Prozess-, Psychosoziale-
, Personale Kompetenz (nach Kiessling-
Sonntag, 2003)
Dolch, 2010
E-Learning in der kompe-
tenzorientierten Traineraus-
bildung
GER E-Learning/Blended Learning als
Plattform für Kompetenzerwerb
Handlungskompetenz (Leitziel),
Fach- und Methoden-, Sozial-, Selbst- und
Reflexionskompetenz (vgl. Nordmann,
2006)
Friedrich, 2004
Lehrbuch für Training und
Sportunterricht
GER u.a. Auseinandersetzung mit den
geforderten Sozialen Kompeten-
zen eines Trainers
Selbst-, Fach-, Sozial-, Vermittlungskompe-
tenz
Nordmann, 2006 (2007)
Bildung im Sport - Bildung für
Sport - Bildung durch Sport
GER Lehr-Lernverständnis in der Trai-
nerausbildung; Systemische und
organisatorische Weiterentwick-
lung
Handlungskompetenz (Leitziel),
Fach- und Methoden-, Sozial-, Selbst- und
Reflexionskompetenz
Volck, 2012
Zeitgemäße Vermittlungs-
strategien im Schwimmun-
terricht und -training
GER Vermittlungskompetenz im mo-
dernen Schwimmunterricht
Selbst-, Sach-, Sozial-, Systemkompetenz
("4-S Kompetenzmodell"); Vermittlungs-
komp. als "Verknüpfung des Kompetenz-
prinzips mit dem Vermittlungsprinzip"
Collins et al., 2015
The Illusion of Competency
vs. the Desirability of Exper-
tise
UK Kritik am kompetenzbasierten An-
satz und Plädoyer für "expertise-
based approach"
-
Demers et al., 2006
The Development of an Un-
dergraduate Competency-
Based Coach Educ. Program
CAN Entwicklung, Implementation und
Evaluation einer Universitätsba-
sierten Trainerausbildung
Making ethical decisions, Planning a Prac-
tice, Analyzing performance, Providing sup-
port to athletes in training, u.a.
Duffy, et al., 2010
The European framework for
the recognition of coaching
competence and qualifica-
tions - …
UK Anstrebung einer politischen und
EU-weiten Weiterentwicklung, v.a.
auf struktureller Ebene in Form
von Rahmenplänen
Anlehnung an EQR und Curriculum building
model: Skills, Knowledge, Personal & Pro-
fessional Competencies, Key Competencies
van Fraayenhoven, 2010
Developments in coaches
education
NLD Trends in kompetenzbasierten eu-
ropäischen Trainerausbildungspro-
grammen
Anlehnung an Curriculum building model:
(s.o.)
van Klooster & Roemers,
2011
A competency-based coach
education in the NLD
NLD Philosophie, Entwicklung, Pro-
gramm und Ergebnisse eines Trai-
nerausbildungsprogramms (Top-
Coach5) in den Niederlanden
-
Zmajic, 2011
Coach education systems in
Europe: A competencies
comparison
HUN Vergleich von (kompetenzbasier-
ten) Ausbildungssystemen/-pro-
grammen in Europa
-
Kompetenzansätze und Ziele in Bildungs- und Sportwissenschaft
27
Tab. 2: Übersicht über Themen und analysierte Kompetenzbereiche empirischer nationaler (GER) und interna-
tionaler Arbeiten; grau = wissenschaftsorientierte Arbeiten; *= psychologisch orientierte Arbeiten zur
‚Coaching Efficacy‘ (CE)
Autor, Jahr & Titel Land Themen Analys. Kompetenzbereiche
Apitzsch, 2012
Kompetenzprofile von Trai-
nern und Sportmanagern im
Leistungssport
GER Erstellung von Kompetenzprofilen für
Sporttrainer und –manager mit Hilfe
von KODE®X
Anlehnung an Roth (1971). Hand-
lungskompetenz = Fach- und Metho-
denkompetenz, Soziale Kompetenz,
Personale Kompetenz, Aktivitäts- und
Handlungskompetenz
Blumhoff, 2009
Soziale Kompetenzen von
FußballtrainerInnen
GER Entwicklung eines Modells zur Sozial-
kompetenz von Fußballtrainern
Sozialkompetenz
Blumhoff, 2014
Soziale Kompetenzen von
Fußballtrainern aus dem Mäd-
chen- und Frauenfußball: ein
Vergleich aus Athleten- und
Trainersicht
GER s.o. Vergleich empirischer Ergebnisse
aus Athleten- und Trainersicht
Sozialkompetenz
Borggreve, 2006
Sozialkompetenz von Traine-
rinnen und Trainern im Spit-
zensport
GER Entwicklung eines kommunikations-
theoretischen Modells zur Sozialkom-
petenz von TrainerInnen im Spitzen-
sport
Sozialkompetenz
Brack, 2002
Sportspielspezifische Trai-
ningslehre. Wissenschafts-
und objekttheoretische
Grundlagen am Beispiel Hand-
ball
GER
Brack & Hohmann, 2005
Sportspiel-Trainer- und Sport-
spiel-Trainerinnen
GER
Kaß, 2013
Die Trainertätigkeit im Profi-
fußball: Eine multimethodale
Anforderungsanalyse zur Op-
timierung des Fußball-Lehrer-
Lehrgangs
GER Prüfung des Kompetenzansatzes der
DFB Fußball-Lehrer-Ausbildung
Ausgehend von Praxismodell (Wor-
muth, 2008): Fachkompetenz, Ver-
mittlungskompetenz, Sprachkompe-
tenz, Sozialkompetenz, Medienkom-
petenz, Führungskompetenz, Netz-
werkkompetenz, Ich-Kompetenz
Krug, Langenkamp & Kell-
mann, 2009
Entwicklung eines Kompe-
tenzmodells für Trainer
GER Entwicklung eines Kompetenzmodells
auf Grundlage von Stellenanzeigen-
analysen und Interviews
Personale Kompetenz, Aktivitätskom-
petenz, Soziale Kompetenz
Sygusch & Liebl, 2012
Die Rahmenrichtlinien für
Qualifizierung des Deutschen
Olympischen Sportbundes:
Einordnung in den Deutschen
Qualifikationsrahmen für le-
benslanges Lernen (DQR)
GER Einordnung der Ziele der DOSB-Trai-
nerausbildung Leistungssport in den
Deutschen Qualifikationsrahmen
Anlehnung an RRL und DQR, die sich
auf Roth (1971) stützen:
Handlungskompetenz = Sachkompe-
tenz, Selbstkompetenz, Sozialkompe-
tenz
De Klerk & Surujlal, 2014
Developing a competency
scale for sport coaches
RSA Interviewstudie zur Entwicklung einer
Skala zur Messung der Trainerkompe-
tenz
Leadership and motivation, managing
the competitive environment, com-
munication, feedback, budgeting and
marketing, support and planning
Jakovleva, Fernate & Zidens,
2012
LTU Entwicklung eines Modells zur Stär-
kung didaktischer Kompetenzen, an-
gepasst für verschiedene Trainertypen
Professionelle didaktische Kompetenz
(Wissen, Fähigkeiten, Einstellungen)
Kompetenzansätze und Ziele in Bildungs- und Sportwissenschaft
28
Autor, Jahr & Titel Land Themen Analys. Kompetenzbereiche
Model of the development of
coach professional didactic
competence in further educa-
tion
Jones & Allison, 2014
Candidates experiences of
elite coach education: A longi-
tudinal study
UK Evaluation eines Trainerausbildungs-
programms (elite level coach educa-
tion)
Keine explizite Benennung
2012; Mesquita, Borges, Ro-
sado & Souza, 2011; 2012*
z.B. Handball coaches' percep-
tions about the value of work-
ing competences according to
their coaching background
PRT Stellenwert verschiedener Kompeten-
zen aus Trainersicht für effizientes Ar-
beiten
‚Working competences‘ (z.B. annual
and multi-annual planning, Compe-
tences related to coaching methodol-
ogy)
Morris-Eyton & Coopoo,
2014*
Assessing the needs of
coaches in developing a coach
education framework
RSA Bedarfsanalyse von Trainern für die
Entwicklung eines Ausbildungscurricu-
lums
Anlehnung an ICCE, keine explizite
Benennung
Myers /Myers et al. 2013;
2011; 2006*
z.B. Coaching competency and
(exploratory) structural equa-
tion modeling: A substantive-
methodological synergy
USA Entwicklung und Validierung verschie-
dener Fragebögen zur Messung der
‘coaching competency/efficacy’ oder
der Trainer- bzw. Athletenwahr-
nemung
Motivation competency, Game Strat-
egy Competency, Technique Compe-
tency, Character Building Compe-
tency
Santos, Mesquita, Graca &
Rosado, 2010*
Coaches' perceptions of com-
petence and acknowledge-
ment of training needs related
to professional competences
PRT Faktorenanalyse zur Wahrnehmung
der Trainer ihrer Kompetenzen und
Weiterbildungsbedürfnisse
competences related to annual and
multiannual planning, competences
related to orientation towards prac-
tice and competition, personal and
coaching education competences
Kompetenzansätze und Ziele in Bildungs- und Sportwissenschaft
29
Nationale Trainerbildungsforschung und Sportpraxis
Nachfolgend wird die deutsche Diskussion zur Kompetenzorientierung in der Trainerbildung aufberei-
tet. Zunächst werden Kompetenzansätze aus konzeptionellen Arbeiten beschrieben. Diese stammen
überwiegend aus sportpraxis-orientierten Arbeiten, d.h. z.B. aus Artikeln in der Zeitschrift ‚Leistungs-
sport‘, deren Zielgruppe vermehrt Vertreter aus der Sportpraxis sind. Im zweiten Teil werden Kompe-
tenzansätze aus empirischen Forschungsarbeiten erörtert. Dazu werden drei umfangreiche und ein-
flussreiche Forschungsarbeiten von Apitzsch (2012), Blumhoff (2009) und Borggrefe et al. (2006) näher
erläutert. Naturgemäß findet in diesen Arbeiten eine deutlich differenziertere theoretische Auseinan-
dersetzung statt, als z.B. in praxisorientierten Artikeln. In beiden Unterkapiteln werden zentrale Linien
und Konsenspositionen dargestellt sowie vereinzelte Unterschiede hervorgehoben. Fokus liegt auf
dem Kompetenzverständnis, das in Form von Definitionen ausgedrückt werden kann sowie auf der
Frage der Ausdifferenzierung des Kompetenzbegriffs. Die Ausdifferenzierung in Teilkompetenzen steht
in enger Verbindung mit der Formulierung von Zielen der Trainerbildung, da diese häufig an entspre-
chenden Teilkompetenzen strukturiert werden (vgl. DOSB-RRL, Kap. 3.5.3.1).
3.5.1.1 Konzeptionelle Arbeiten
Die Beantwortung der Frage nach dem Kompetenzverständnis in der Trainerbildung lässt in deutsch-
sprachigen konzeptionellen Arbeiten eine relativ einheitliche, wenngleich in Teilen inkonsequente Li-
nie erkennen: Im Verständnis von (Handlungs-)Kompetenz wird die Verknüpfung von Wissen und Kön-
nen bzw. Fähigkeiten sowie weiteren Dispositionen, wie Einstellungen und Haltungen herausgestellt
(Dolch, 2010; Nordmann, 2006; Volck, 2012):
„Handlungskompetenzen setzen sich aus Fähigkeiten, Kenntnissen und Haltungen zusammen und gehen damit
über Wissen im engeren Sinne weit hinaus. Sie sind situationsgebunden und werden über einen längeren Zeit-
raum sowohl in formalen als auch informellen Lernprozessen erworben" (Dolch, 2010, S. 45).
Während diese Definition weitgehend anschlussfähig an das weite bildungswissenschaftliche Kompe-
tenzverständnis nach Weinert (2001) ist (vgl. Kap. 3.2), orientiert sich die Ausdifferenzierung von Hand-
lungskompetenz fast durchgängig zumindest implizit am erziehungswissenschaftlichen Kompetenzan-
satz nach Roth (1971) mit der Ausdifferenzierung in Sach-, Selbst- und Sozialkompetenz (vgl. Kap. 3.1).
Unterschiede zeigen sich in der Erweiterung und Modifizierung der Roth’schen Kompetenztrias, v.a.
durch die Methodenkompetenz (Behm, 2008; Friedrich, 2004; Nordmann, 2006). Im Sinne des bil-
dungswissenschaftlichen Anspruches lässt sich häufig eine domänenspezifische Ausdifferenzierung der
Teilkompetenzen erkennen (s.u.), indem bspw. definiert wird, was in der Domäne Trainerbildung unter
Fachkompetenz verstanden wird. Somit lassen sich sowohl Bezüge zur breit angelegten bildungswis-
senschaftlichen Kompetenzdefinition nach Weinert (2001) sowie Ausdifferenzierungen in Teilkompe-
tenzen erkennen, die deutliche Bezüge zum erziehungswissenschaftlichen Ansatz aufweisen. Eine ein-
deutige explizite Verortung und damit auch die Beantwortung der Frage, ob Kompetenzen und Bildung,
wie bei Roth (1971) auf einer Ebene liegen oder Kompetenzen, wie im bildungswissenschaftlichem An-
satz, einen Teilaspekt von Bildung beschreiben (s.o.), wird jedoch in keiner der Arbeiten vorgenom-
men.
Zur domänenspezifischen Ausdifferenzierung der Teilkompetenzen liegen überwiegend Publikationen
aus der Sportpraxis vor. Bspw. begründet Nordmann (2006, 2007) „Neue Wege einer modernen Trai-
nerausbildung“ aus Sicht der Trainerakademie des DOSB. Unter dem Leitziel Handlungskompetenz
fasst er, neben:
• Fachkompetenz,
Kompetenzansätze und Ziele in Bildungs- und Sportwissenschaft
30
• Methodenkompetenz,
• Sozialkompetenz und
• Selbstkompetenz,
• die Reflexionskompetenz,
die er als zentral für Lernprozesse in der formalen und informellen Trainerbildung herausstellt (Dolch,
2010). Eine weitergehende Präzisierung, welche Ziele oder Teilkompetenzen darunter subsumiert wer-
den, wird nicht vorgenommen.
Zur Beantwortung der Frage nach Rollen und Aufgaben des „Erfolgsfaktor[s] Trainer“ unterteilen Co-
chet-Thibol und Ullrich (2015) Kompetenz in Fach-, Methoden- und Prozesskompetenz sowie in Psy-
chosoziale- und Personale Kompetenz. Unter Fachkompetenz wird die „Beherrschung fachlicher Basis-
themen (…) sowie fundierte Kenntnisse (…) des Trainings (…), verbunden mit theoretischem Wissen
um Trainingskonzepte“ (Cochet-Thibol & Ullrich, 2015, S. 10) verstanden. Methodenkompetenz wird
verstanden als die Fähigkeit die fachlichen Überlegungen „auf den Entwicklungsprozess des Trainings
zu übertragen“ (ebd.). Die Prozesskompetenz „beinhaltet dabei das Ermitteln der Trainings- und Ent-
wicklungsbedürfnisse einer Gruppe“ (ebd.) zur Planung und Steuerung des Trainingsprozesses. Die Psy-
chosoziale Kompetenz entspricht der Sozialkompetenz, dabei geht es v.a. um den Umgang und die
Kommunikation mit Athleten und anderen Akteuren. Die Personale Kompetenz „wird in der eigenen
Authentizität, in der Fähigkeit zur Selbstreflexion, in der eigenen Kreativität, Ausgeglichenheit und
Lernbereitschaft deutlich“ (ebd.). Als übergeordneten Orientierungsrahmen nennen die Autoren Kom-
petenzfelder nach Kiessling-Sonntag (2006).
Konzeptionelle sportwissenschaftliche Arbeiten liegen vergleichsweise weniger vor. Behm (2008) (vgl.
Tab. 1), die sich im Rahmen ihrer Arbeit zur Leistungssport-Pädagogik das Kompetenzthema neben
anderen reflektiert, wählt zur Definition von Kompetenz den übergreifenden Begriff Tätigkeitskompe-
tenz und thematisiert die Facetten fachlich-methodische Kompetenz, sozial-kommunikative Kompe-
tenz, pädagogische-, temporale- sowie Selbstkompetenz. Brack & Hohmann (2005), die eine trainings-
wissenschaftliche Perspektive einnehmen, differenzieren Trainer- bzw. Handlungskompetenz (bei
Brack „systemische Kompetenz“ (2002, S. 124)) in
• Fachkompetenz (Experte für Planung, Durchführung und Auswertung von Training und
Wettkampf),
• Sozialkompetenz (Experte für zwischenmenschliche Beziehung und Mannschaftsführung)
• Strategie-Kompetenz (Experte für die Schaffung leistungsförderlicher Strukturen).
3.5.1.2 Empirische Arbeiten
Ein ähnliches Bild zeichnet sich auch in empirischen Arbeiten ab, in denen bisweilen überwiegend eine
Ausdifferenzierung in Teilkompetenzen anhand der Roth‘schen Kompetenztrias vorgenommen wird.
Gleichzeitig finden sich an dieser Stelle aber ebenfalls Bezüge zur bildungswissenschaftlichen Diskus-
sion über den Bezug zu Weinert (2001).
Es konnten drei umfassende empirische Arbeiten identifiziert werden, die eine theoretische Aufarbei-
tung des Kenntnisstands vorgenommen haben (Apitzsch, 2012; Blumhoff, 2009; Borggrefe et al.,
2006)10, deren Kompetenzansätze nachfolgend skizziert werden.
10 Die Expertise von Sygusch & Liebl (2012) wird als Ausgangspunkt dieser Arbeit separat in Kap. 3.5.3 beschrieben
Kompetenzansätze und Ziele in Bildungs- und Sportwissenschaft
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Kompetenzprofil für Sporttrainer (Apitzsch, 2012)
Apitzsch (2012) unternimmt in seiner Dissertation u. a. den umfangreichen Versuch mit Hilfe des Kom-
petenzexplorers (Heyse & Erpenbeck, 2010) ein Kompetenzprofil für Sporttrainer und -manager zu er-
stellen. In diesem Ansatz wird im Sinne von Weinert (2001) (bildungswissenschaftlicher Ansatz) Kom-
petenz als Disposition verstanden. Gleichzeitig folgen Heyse & Erpenbeck (2010) mit ihrem ‚KODE®X‘
auf struktureller Ebene dem erziehungswissenschaftlichen Ansatz von Roth (1971) und erweitern ihn
um die Aktivitäts- und Handlungskompetenz (Apitzsch, 2012, S. 78). Eine Zuordnung zu einem Kompe-
tenzverständnis scheint daher nicht möglich. Apitzsch (2012) verwendet in seiner Arbeit die vier
Grundkompetenzen der allgemeinen Handlungskompetenz:
• Personale Kompetenz
• Soziale Kompetenz
• Aktivitäts- und Handlungskompetenz
• Fach-Methodenkompetenz
Basierend auf einer Interviewstudie werden die vier Grundkompetenzen dann in insgesamt 64 Teil-
kompetenzen ausdifferenziert. Dabei werden überwiegend domänenunspezifische Fähigkeiten, Fer-
tigkeiten, Werte und Haltungen herausgestellt, die als zentral für Trainer eingestuft werden:
Die Kompetenzkategorien Personale und Soziale Kompetenz werden unter dem Begriff Humankompe-
tenz gebündelt. Zur Definition lehnt sich Apitzsch an den Kompetenzatlas (Heyse & Erpenbeck, 2010)
an. Demnach werden Personale Kompetenzen verstanden als:
„die Dispositionen, reflexiv zu handeln, d.h. Selbsteinschätzungen vorzunehmen, produktive Einstellungen,
Wertvorstellungen, Motive und Deutungen zu entwickeln, Motivationen und Leistungsvorsätze auf allen Ebenen
zu entfalten und im Rahmen der Arbeit und anderer Tätigkeiten Kreativität zu entfalten und zu lernen“ (Heyse,
2010, S. 81).
In diesem Verständnis ist also vor allem die Fähigkeit zur Selbstreflexion gemeint. Die empirische Aus-
differenzierung in Teilkompetenzen führt z.B. zu Eigenverantwortung, Selbstmanagement, Lernbereit-
schaft oder Mitarbeiterförderung (Apitzsch, 2012, S. 179).
Die Soziale Kompetenz steht im Zusammenhang mit dem Umgang mit anderen Personen und ist in der
aktuellen intensiv geführten Diskussion von großer Bedeutung. In Anlehnung an Kanning (2005) unter-
scheidet Apitzsch (2012) (vgl. auch Blumhoff, 2009) zwischen ‚Sozial kompetentem Verhalten‘ und ‚So-
zialer Kompetenz‘:
„Sozial kompetentes Verhalten = Verhalten einer Person, das in einer spezifischen Situation dazu beiträgt, die
eigenen Ziele zu verwirklichen, wobei gleichzeitig die soziale Akzeptanz des Verhaltens gewahrt wird.
Soziale Kompetenz = Gesamtheit des Wissens, der Fähigkeiten und Fertigkeiten einer Person, welche die Qua-
lität eigenen Sozialverhaltens – im Sinne der Definition sozial kompetenten Verhaltens – fördert“ (Kanning,
2005, S. 4).
Die empirische Ausdifferenzierung in Teilkompetenzen führt z.B. zu Kommunikationsfähigkeit, Koope-
rationsfähigkeit, Konfliktlösungsfähigkeit oder Sprachgewandtheit (Apitzsch, 2012, S. 179).
Die Aktivitäts- und Handlungskompetenz zielt vor allem auf das aktive, selbstorganisierte Handeln ei-
ner Person ab, in der motivationale und volitionale Komponenten zum Tragen kommen. Sie kann de-
finiert werden als „das Vermögen, die eigenen Emotionen, Motivationen, Fähigkeiten und Erfahrungen
(…) in die eigenen Willensantriebe zu integrieren“ (Erpenbeck & Rosenstiel, 2007).
Die empirische Ausdifferenzierung in Teilkompetenzen führt z.B. zu Entscheidungsfähigkeit, Gestal-
tungswille, Flexibilität oder Ergebnisorientiertes Handeln (Apitzsch, 2012, S. 179).
Kompetenzansätze und Ziele in Bildungs- und Sportwissenschaft
32
Die Fach- und Methodenkompetenz (=Sachkompetenz) ist Voraussetzung zur Bewältigung von berufli-
chen Handlungssituationen und das primäre Ausbildungsziel in einer Domäne:
„Diese fallgerechte Sachkompetenz begründet sich in einer breiter angelegten Fachkompetenz (Was muss ich
für die Problemlösung wissen und können?) und einem Methoden-Know-How (Wie gehe ich zur Problemlösung
vor und welche Verfahren kann ich anwenden?)“ (Apitzsch, 2012, S. 61).
Es geht demnach also um fachspezifisches Wissen und dessen intelligentes Einsetzen in beruflichen
Handlungssituationen.
Die empirische Ausdifferenzierung in Teilkompetenzen führt z.B. zu Analytischen Fähigkeiten, Fleiß,
Fachwissen oder Konzeptionsstärke (Apitzsch, 2012, S. 179).
Als ein Ergebnis der Studie wird weiterhin festgestellt, dass als notwendige Grundkompetenzen für
Sporttrainer v.a. die Fach- und Methodenkompetenzen angesehen werden. Herausragende Trainer
darüber hinaus aber über hohe Humankompetenzen verfügen. Diese werden nach Ansicht der befrag-
ten Trainer in Zukunft noch bedeutsamer werden (ebd.).
Soziale Kompetenzen von Fußballtrainern (Blumhoff, 2009, 2014)
Blumhoff (2009, 2014) lehnt sich in seinen empirischen Arbeiten an ein Kompetenzverständnis im
Sinne von (Schuler & Barthelme, 1995) sowie Kanning (2003) an, die Kompetenz nicht als Disposition,
sondern als Potential verstehen. Wie oben bereits skizziert, unterscheidet Kanning (2003, 2005) zwi-
schen ‚Sozialer Kompetenz‘ und ‚Sozial kompetentem Verhalten‘:
„Sozialkompetenz ist die Summe des Wissen, der Fertig- und Fähigkeiten, in sozialen Situationen unter Berück-
sichtigung situationsspezifischer Anforderungen, Ziele und Pläne zweckrational so realisieren zu können, dass
dieses Verhalten möglichst ein Maximum an positiven und ein Minimum an negativen Konsequenzen für die an
der Interaktion beteiligten Personen mit sich bringt. Darüber hinaus muss das Interaktionsverhalten mindestens
als sozial akzeptabel gelten“ (Blumhoff, 2009, S. 101).
Im Unterschied zur Weinert’schen Definition (2001) bleiben bei dieser Definition die motivationalen
und volitionalen Fähigkeiten sowie Einstellungen außer Acht. Stattdessen werden die Aspekte Interak-
tionskontext, Situationsspezifität, Zielgebundenheit, Zweckrationalität sowie die Berücksichtigung des
sozialen Umfelds genannt. Wobei die Berücksichtigung des Umfelds durch ein sozial akzeptables Ver-
halten schwammig bleibt. Insgesamt ist dieser Definitionsansatz im bildungswissenschaftlichen Ver-
ständnis zu verorten.
Auf inhaltlich struktureller Ebene ordnet Blumhoff (2009) sein Verständnis von Sozialkompetenz in
verschiedene Kompetenzmodelle ein. Es wird ein wirtschaftswissenschaftliches Modell von Faix &
Laier (1996) sowie ein sportwissenschaftliches Modell von Pahmeier (1999) auf den Fußballsport über-
tragen. Dazu merkt er an, dass diese teilweise „(populär-) wissenschaftlichen Veröffentlichungen (…)
auf theoretischen Überlegungen [basieren] und (…) empirisch nicht untermauert [sind]“ Blumhoff
(2009, S. 71). Die beiden benannten Modelle werden, mit einer deutlich sichtbaren Orientierung am
erziehungswissenschaftlichen Ansatz nach Roth (1971), mit den Teilkompetenzen:
• Soziale Kompetenz
• Fachkompetenz
• Methodenkompetenz
beschrieben, deren Schnittmenge Handlungskompetenz ergibt. Vereinfacht wird dabei unter Sozialer
Kompetenz die „Abstimmung der Interaktion“, unter Fachkompetenz „das eigentliche Fachwissen“ und
unter Methodenkompetenz „wie das Fachwissen vermittelt wird“ verstanden (ebd.)
Kompetenzansätze und Ziele in Bildungs- und Sportwissenschaft
33
Im weiteren Verlauf entwickelt Blumhoff (2009) ein eigenes Modell sozialer Kompetenz, das auf zwei
weiteren Modellen nach Rost (2003) und Preiser (1982) basiert. Die Zuordnung seines Modells in eine
klare Forschungstradition wird durch die verschiedenen beschriebenen Ansätze nicht deutlich.
Sozialkompetenz von Trainerinnen und Trainern im Spitzensport (Borggrefe et al., 2006)
Borggrefe et al. (2006) nähern sich dem Begriff der Sozialkompetenz aus einer soziologischen Perspek-
tive und einem kommunikationstheoretischem Ansatz über die Trainer-Athlet-Interaktion an. In An-
lehnung an Cachay & Thiel (1998) legen sie folgende Begriffsbestimmung zu sozial kompetentem Trai-
nerhandeln zu Grunde:
„Sozial kompetentes Trainerhandeln bedeutet – in vorrangiger Orientierung am zentralen Ziel der Wettkampf-
einheit, nämlich dem sportlichen Erfolg, unter Berücksichtigung typischer Erwartungen der Mitglieder dieser
Einheit sowie der gegebenen Regeln – zum gleichzeitig maximal möglichen Nutzen aller Beteiligten zu handeln,
wobei im Zentrum eines solchen Handelns die Steuerung der Athleten steht“ (Borggrefe et al., 2006, S. 29).
Dabei geht es sowohl um die Einbindung des Kommunikationsprozesses in die Strukturen des Spitzen-
sports als auch um die Bedingungsfaktoren von Kommunikation. An dieser Stelle verorten sich die Au-
toren nicht in einer aktuell geführten Kompetenzdebatte und in keiner der beiden oben skizzierten
Ansätze. Es findet eine Orientierung an Chomsky (1969) und Habermas (1971) statt, die den Kompe-
tenzbegriff im Bereich der ‚Sprachkompetenz als Handlungskompetenz‘ und dem ‚kommunikativen
Handeln‘ geprägt haben (Borggrefe et al., 2006, S. 19). Weitere mögliche Teilkompetenzen werden nur
randständig benannt. Borggrefe et al. (2006) verorten ihre Forschung somit in einer anderen Entwick-
lungslinie, als Apitzsch (2012) und Blumhoff (2009): Die Entwicklung der Modelle, einerseits in der Tra-
dition von Chomsky (1969) als linguistisches Modell mit dem Schwerpunkt auf Sprache und Kommuni-
kation und andererseits in der erziehungswissenschaftlichen Tradition nach Roth (1971), das auf eine
allgemeine Befähigung und Bewältigung der Umwelt abzielt und entwicklungspsychologische Bezüge
aufweist, lief zwar parallel ab, ohne jedoch Bezüge zu einander herzustellen (Vonken, 2005, S. 18;
White, 1965).
Ein Schwerpunkt empirischer Arbeiten liegt somit auf der Analyse von Trainerkompetenzen im Hinblick
auf die Referenzgröße ‚sportlicher Erfolg‘. In den drei beschriebenen Arbeiten wird jeweils eine Aus-
differenzierung der Kompetenzkategorie Sozialkompetenz vorgenommen (bei Apitzsch auch für die
anderen Kompetenzkategorien). Die nachfolgende Tab. 3 gibt eine Übersicht über die unterschiedli-
chen Ausdifferenzierungen von Sozialkompetenz in den drei benannten Arbeiten. Die in der Tabelle
aufgeführten Aspekte entspringen einer Literaturrecherche (Borggrefe et al., 2006)11 und zwei Inter-
viewstudien (Apitzsch, 2012; Blumhoff, 2009). Offensichtlich wird die Übereinstimmung in den Aspek-
ten Kommunikationsfähigkeit, Kooperationsfähigkeit sowie mit zwei von drei Nennungen Teamfähig-
keit und Empathie. Auffällig ist außerdem, dass hier die Sozialkompetenz gleichermaßen durch Fähig-
keiten (z.B. Kooperationsfähigkeit) als auch durch Haltungen und Einstellungen (z.B. Verständnisbereit-
schaft, Grundhaltung) umschrieben wird.
11 Borggrefe et al. (2006) haben ebenfalls eine Interviewstudie durchgeführt. Als Gegenüberstellung werden in
der Tabelle nur die Literaturergebnisse dargestellt.
Kompetenzansätze und Ziele in Bildungs- und Sportwissenschaft
34
Tab. 3: Übersicht über Kategorien von Sozialkompetenz
Apitzsch (2012, S. 159) Blumhoff (2009, S. 219f.) Borggrefe et al (2006, S. 28)
Kommunikationsfähigkeit Kommunikationsfähigkeit Kommunikationsfähigkeit
Kooperationsfähigkeit Kooperations- und Teamfähigkeit Kooperationsfähigkeit
Konfliktlösungsfähigkeit Konfliktfähigkeit Teamfähigkeit
Beratungs- und Coachingfähigkeit Reflexionsfähigkeit Empathie
Problemlösungsfähigkeit Offenheit
Integrationsfähigkeit Prosozialität
Beziehungsmanagement Grundhaltung
Sprachgewandtheit Empathie
3.5.1.3 Zusammenfassung nationaler Forschungsstand
Fast alle konzeptionellen und empirischen Arbeiten orientieren sich entsprechend der Roth’schen Kom-
petenztrias an den Kernkategorien Sach-, Selbst- und Sozialkompetenz und der Ergänzung um Metho-
denkompetenz. Das dahinterstehende Verständnis scheint - sofern explizit beschrieben - vereinbar zu
sein.
Ein Anschluss an theoretisch hergeleitete pädagogisch-psychologische Kompetenzmodelle und damit
an den aktuellen bildungswissenschaftlichen Kompetenzdiskurs liegt gegenwärtig (noch) nicht vor,
wenngleich mehrfach Kompetenzdefinitionen in Anlehnung an Weinert (2001) beschrieben werden.
Eine theoriegeleitete und Empirie gestützte Ausdifferenzierung und Operationalisierung einzelner
Kompetenzkategorien liegt v.a. für den Bereich der Sozialkompetenz vor. Hier bieten die Arbeiten von
Borggrefe et al. (2006) und Blumhoff (2009, 2014) im Sinne der in Kap. 3.2 beschriebenen bildungswis-
senschaftlichen Ansprüche (Klieme & Hartig, 2007) eine fundierte Grundlage für die weitergehende
kompetenzorientierte Modellierung und empirische Überprüfung. Apitzsch (2012) hat darüber hinaus
eine empirisch gestützte Ausdifferenzierung von den vier o.g. Grundkompetenzen vorgenommen.
In einigen Studien zeigt sich, dass Fach- und Methodenkompetenzen (darunter wird z. B. sportartspe-
zifisches Wissen und Können, Trainingslehre, Vermittlungsmethoden verstanden) zwar essentielle,
nicht aber ausreichende Voraussetzung für erfolgreiches Coaching sind. Brack (2002) zeigt am Beispiel
von Handballtrainern, dass der Sozialkompetenz die größte Bedeutung zukommt, gefolgt von Fach-
und Strategie-Kompetenz. Borggrefe et al. (2006) stellen heraus, dass Fachkompetenz als eine Erfolgs-
bedingung bei der Mehrzahl der Trainer im Spitzensport gegeben ist, Sozialkompetenz allerdings der
Faktor ist, der erfolgreiche von weniger erfolgreichen Trainern trennt. Auch Blumhoff belegt den ho-
hen Stellenwert der Sozialkompetenz aus Sicht von Trainern (2009) und Athletinnen (2014) (Apitzsch,
2012).
Internationale Trainerbildungsforschung und Sportpraxis
Analog zum vorherigen Kapitel wird nachfolgend der internationale Forschungsstand erörtert. Neben
der Trennung in konzeptionelle und empirische Arbeiten wird für den englischsprachigen Raum auch
die Entwicklung von sportpraktischen und institutionellen Rahmenplänen und Curricula einbezogen.
Dieses Vorgehen ermöglicht es im Anschluss an die eigene empirische Analyse auch eine Einordnung
in den internationalen Kontext vorzunehmen.
Kompetenzansätze und Ziele in Bildungs- und Sportwissenschaft
35
3.5.2.1 Konzeptionelle Arbeiten
International ist in konzeptionellen Arbeiten eine heterogene Verwendung von Kompetenz Konstruk-
ten und -begriffen festzustellen, in denen die verwandten Begriffe competence, competency und ver-
einzelt literacy uneinheitlich verwendet werden (Banack, Bloom & Falcão, 2012; Collins, Burke, Mar-
tindale & Cruickshank, 2015; Demers, Woodburn & Savard, 2006; van Fraayenhoven, 2010). Auch im
internationalen Diskurs der beruflichen Bildung ist die Verwendung dieser drei Begriffe festzustellen.
Literacy wird danach als ein universelles Konstrukt verstanden, das grundlegende Fähigkeiten, wie Le-
sen und Schreiben umfasst (Haase, 2011, S. 51). Competence wird mit einem funktionalen, anforde-
rungsbezogenen Begriffsverständnis in Verbindung gebracht, während sich competency eher auf eine
Verhaltensebene bezieht (ebd.). Daran anschlussfähig werden in der internationalen Trainerbildungs-
forschung Competencies (competency) häufig aus einer effizienten Praxis abgeleitet und bleiben
dadurch u.U. theorielos (Collins et al., 2015, S. 5). Sie werden wie folgt definiert: „competency based
behavioral anchors are defined as performance capabilities needed to demonstrate knowledge, skill
and ability (competency) acquisition“ (Dooley, Lindner, Dooley & Alagaraja, 2004). Im Mittelpunkt
steht die potentielle Leistungsfähigkeit, um Wissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten (Kompetenzen) zei-
gen zu können. Laut Collins et al. (2015) erscheint es nicht verwunderlich, dass ein Konzept, was sich
durch sich selbst definiert als ein „fuzzy concept“ (unscharfes Konzept) (Boon & van der Klink, 2002)
wahrgenommen wird (Haase, 2011).
Competences hingegen sind nach Collins et al. (2015) positiver bewertet und werden wie folgt defin-
iert:
“the habitual and judicious use of communication, knowledge, technical skills, clinical reasoning, emotions, val-
ues, and reflection in daily practice for the benefit of the individual and community being served’’ (Epstein &
Hundert, 2002).
Diese Definition stützt sich auf die Verwendung verschiedener Wissens- und Fähigkeitsbestandteile
sowie Werten und Emotionen und zeigt damit eine große Ähnlichkeit zur Definition von Handlungs-
kompetenz (s.o.). Im Sinne des bildungswissenschaftlichen Ansatzes fehlt allerdings der klare Domä-
nenbezug.
Der Begriff Literacy wurde nur in einer Arbeit identifiziert und ist stärker in der Diskussion um Gesund-
heitskompetenz (Soellner, Huber, Lenartz & Rudinger, 2009) zu verorten.
Einen weiterer Definitionszugang ergibt sich durch die ‚KSA‘ Definition: van Fraayenhoven (2010) sowie
van Klooster & Roemers (2011) definieren Kompetenz als Zusammenspiel aus Knowledge, Skills and
Attitudes (KSA) (und teilw. Personal characteristics). Teilweise findet sich die KSA-Definition auch für
Knowledge, Skills and Abilities, obgleich der Bedeutungsgehalt von Attitudes (Haltungen/Einstellun-
gen) und Abilities (Fähigkeiten) unterschiedlich ist. Bei dieser Definition wird eine Ähnlichkeit zur De-
finition von Handlungskompetenz ebenfalls deutlich.
Insgesamt kritisieren Collins et al. (2015), dass Kompetenzen im englischsprachigen Raum häufig mit
einer sehr breiten und undifferenzierten Spanne an Fähigkeiten umschrieben werden (Banack et al.,
2012). Tiefergehende theoretische Verortungen in eine Forschungs- oder Bildungstradition bleiben –
ähnlich, wie in den deutschsprachigen konzeptionellen Arbeiten – die Ausnahme.
Weitgehender Konsens zwischen dem deutschen und dem internationalen Kompetenzdiskurs liegt je-
doch darin, dass sich Kompetenz grundlegend über die Verknüpfung von Wissen, Fähigkeiten und Hal-
tungen/Einstellungen erschließt (Behm, 2008; Collins et al., 2015). In der internationalen konzeptio-
nellen Literatur findet sich jedoch kein prägendes Leitziel wie die Handlungskompetenz. Ein weiterer
Unterschied ist in der Ausdifferenzierung in Teilkompetenzen festzustellen. Während in den deutschen
Kompetenzansätze und Ziele in Bildungs- und Sportwissenschaft
36
Arbeiten eine Orientierung an der Roth’schen Kompetenztrias deutlich wird (1971), ist eine solche ge-
meinsame Grundlage und eine entsprechende Ausdifferenzierung in Teilkompetenzen in internationa-
len Arbeiten nicht erkennbar.
3.5.2.2 Empirische Arbeiten
In internationalen empirischen Arbeiten ist die Forschung zur Coaching Efficacy (CE) eine präsente For-
schungslinie, die sich u.a. an das Multidimensional Model of Leadership (Chelladurai, 1978), die Self-
Efficacy Theorie (Bandura, 1997) und Horns Arbeitsmodell zur Coaching Effectivenes (2002) anlehnt.
Auf dieser Grundlage wurden diverse Skalen und Fragebögen entwickelt, die versuchen die Effizienz,
das Verhalten oder die Wahrnehmung von Trainern und Athleten zu messen (Myers et al., 2006). Im
Folgenden werden präsente Skalen, die dabei den Kompetenzbegriff verwenden, skizziert:
Die Coaching Efficacy Scale (Feltz, Chase, Moritz & Sullivan, 1999), die auf dem Arbeitsmodell zur
Coaching Effectiveness (Horn, 2002) aufbaut, versucht die Überzeugung eines Trainers hinsichtlich sei-
ner Fähigkeiten das Lernen und die Leistung seiner Athleten zu steigern, zu messen. Als Dimensionen
werden hier das Motivieren von Athleten, Strategienutzung, Coaching Technik sowie Charakterbildung
benannt, die zusammen die Gesamt Effizienz eines Trainers misst (Myers, 2013). Darauf aufbauend
und nun mit dem Kompetenzbegriff versehen wurden verschiedene Fragebögen entwickelt und fakto-
renanalytisch auf ihre Validität geprüft: U.a. eine Coaching Competency Scale (CCS) (Myers et al., 2006)
und fortschreitend eine Athletes‘ Perceptions of Coaching Comptenecy Scale II – High School Teams
(APCCS II-HST) (Myers et al., 2011). Im Mittelpunkt steht die Überprüfung der jeweiligen Fragebögen,
die sich auf die oben genannten Modelle stützen und verschiedene Dimensionen festlegen. Von einem
Kompetenz(struktur)modell im eigentlichen Sinne kann hier nicht gesprochen werden, weshalb die
Modelle nicht im Einzelnen vorgestellt werden. Wie die Namen der jeweiligen Fragebögen andeuten,
werden jeweils die Wahrnehmungen von Athleten und Trainern hinsichtlich der Trainerkompetenz ge-
messen, u.a. mit dem Ziel eine Vorhersage der Athletenzufriedenheit mit dem Trainer treffen zu kön-
nen. Die hier angelegten Kompetenzdimensionen basieren auf der o.g. CES und lauten Motivation com-
petency, Game Strategy Competency, Technique Competency, Character Building Competency sowie in
den späteren Versionen die Ability to physically condition ahtletes12. In der gleichen Forschungslinie
überprüfen Boardley & Kavussanu (2009) u.a. ob die Dimension Character Building Competency einen
Einfluss auf pro- und antisoziales Verhalten gegenüber Mit- und Gegenspieler hat. Bosselut, Heuzé,
Eys, Fontayne & Sarrazin (2012) erforschen mit einer französischen Version der CCS die Beziehung zwi-
schen der wahrgenommenen Rollenambiguität des Trainers aus Athletensicht mit zwei ausgewählten
Dimensionen der CCS (Game Strategy Competence, Technique Competence) (Bosselut et al., 2012). Des
Weiteren wird überprüft, inwiefern sich das Ausbildungslevel (Lizenzstufen) von Trainern auf die
Coaching Efficacy auswirkt (Sullivan, Paquette Kyle J., Holt & Bloom, 2012).
Deutlich wird dabei eine Orientierung an einer (sport-)psychologischen Forschungstradition, die be-
reits vor Beginn der aktuell in Deutschland geführten Kompetenzdebatte Bestand hatte. In den hier
aufgezeigten Modellen werden Kompetenzen primär als Fähigkeiten verstanden, entsprechend anders
operationalisiert und einer quantitativen Modellprüfung unterzogen. In diesen Ansätzen ist eine Nähe
zur Kompetenzdiskussion im „deutschen“ Verständnis nicht zu erkennen. Dies bestätigend stellt Api-
tzsch fest, dass die englisch- und deutschsprachige Entwicklung der Kompetenzdiskussion weitestge-
hend unabhängig voneinander verläuft (2012, S. 45).
12 Diese Kompetenzbereiche sind z.B. anschlussfähig an die Ausbildungsrahmen der National Association for Sport
and Physical Education (NASPE, 2006)
Kompetenzansätze und Ziele in Bildungs- und Sportwissenschaft
37
3.5.2.3 Institutionelle Ebene
Im internationalen sportpolitischen bzw. institutionellen Bestreben um die Weiterentwicklung des
Sports (und der Trainer) hat der ICCE13 ein einheitliches Ausbildungs- und Zertifizierungssystem (Coach
Education and Certification System, CECS) entwickelt und seinen Mitgliedsverbänden zur Verfügung
gestellt, das jedoch in Europa nur bedingt Aufmerksamkeit erfährt (Duffy, Crespo & Petrovic, 2010). In
einem separaten Prozess hat der ECC14 einen Europäischen Rahmenplan zur Anerkennung von Trainer-
kompetenzen und Qualifikationen (European Framework for the Recognition of Coaching Competence
and Qualifications, EFRCCQ) entwickelt. Dieser beruht auf einem Modell, das das Trainerlevel, den Ar-
beitsplatz, das Setting, die Kompetenzen15 und verschiedene Zertifizierungskategorien berücksichtigt
(nachzulesen, bei Duffy et al., 2010). Das in diesem Zusammenhang entstandene Curriculum Building
Model (Duffy et al., 2010, S. 35) unterteilt Kompetenzen in Fähigkeiten (Skills) als ‚funktionelles Know-
How‘, Wissen als ‚kognitives Know-What‘, Personale und Professionelle Kompetenzen sowie Schlüssel-
kompetenzen (vgl. Abb. 3). Auf dieses Modell bezieht sich auch van Fraayenhoven (2010) (s.o.), es ist
dementsprechend auch eher als eine implizite Kompetenzdefinition zu verstehen, als eine inhaltliche
Unterteilung in Teilkompetenzen. Offensichtlich wird jedoch auch an dieser Stelle die Verknüpfung von
Wissen, Fähigkeiten und weiteren, überfachlichen Kompetenzen.
13 Der International Council for Coaching Excellence (ICCE) ist eine internationale not-for-profit Organisation mit
dem Ziel der Qualitätsentwicklung der Trainer im Sport. 14 Der European Coaching Council ist eine EU-weite Unterorganisation des ICCE (s.o.)
15 Hier nicht konkreter definiert
Kompetenzansätze und Ziele in Bildungs- und Sportwissenschaft
38
Abb. 3: Curriculum Building Model aus van Fraayenhoven, 2010, S. 20
Kompetenzansätze und Ziele in Bildungs- und Sportwissenschaft
39
3.5.2.4 Zusammenfassung internationaler Forschungsstand
Den internationalen Forschungsstand resümierend, orientiert sich die überwiegende Anzahl der Arbei-
ten (die eine Definition vornehmen) an einer Definition von Kompetenzen, über Knowledge, Skills and
Attitudes (KSA) (Dooley et al., 2004; Jakovleva et al., 2012) oder auch Knowledge, Skills and Abilities
(Apitzsch, 2012). Nur wenige der internationalen Studien verorten sich innerhalb einer Forschungstra-
dition, die sich explizit einer Kompetenzdiskussion anschließt. Es kann überwiegend die Verwendung
der beiden Begriffe competences und competencies (s.o.) beobachtet werden, oftmals jedoch ohne
eine explizite Verortung oder Darlegung des Begriffsverständnisses (Collins, Abraham & Collins, 2012;
Jones & Allison, 2014). Empirische Forschungsarbeiten, die den Kompetenzbegriff verwenden, sind
weitestgehend psychologisch orientiert. Kompetenz wird in diesem Sinne als Fähigkeit verstanden.
Damit zeigt sich zu einem gewissen Grad eine Anschlussfähigkeit der internationalen Diskussion an das
bildungswissenschaftliche Kompetenzverständnis im Sinne von Weinert (2001). Offen bleiben jedoch
eine eindeutige domänenspezifische Ausdifferenzierung und die Klärung des Verhältnisses von Kom-
petenz und Bildung. Ebenso konnten keine Modelle zur empirischen Überprüfung in diesem Verständ-
nis identifiziert werden. Offensichtliche Anknüpfungspunkte an den erziehungswissenschaftlichen An-
satz nach Roth (1971) lassen sich nicht herstellen.
Der hier dargestellte Forschungs- und Kenntnisstand der Trainerbildung (national/ international, nor-
mativ/ empirisch, sportwissenschaftlich/ sportpraktisch) macht zwei Dinge deutlich: Zum einen, dass
das Thema Kompetenzorientierung und damit der Anschluss an die aktuelle wissenschaftliche, institu-
tionelle und politische Bildungsdiskussion auf allen Ebenen der Trainerbildung angestrebt wird. Der
Erwerb von Kompetenzen ist ein zentrales Thema sowohl in der Trainerbildungsforschung als auch in
der –praxis. Zum anderen wird aber auch deutlich, dass sich bislang kein einheitliches Kompetenzver-
ständnis abzeichnet und somit auch keine einheitliche Zielorientierung vorliegt. Dies zeigt sich insbe-
sondere durch die in Teilen zeitgleiche Orientierung am erziehungs- und bildungswissenschaftlichen
Verständnis, die in anderen Domänen klar voneinander abgegrenzt werden.
Auf dieser Basis werden nachfolgend Vorarbeiten von Sygusch et al. zur Einordnung der RRL in den
Deutschen Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (DQR) dargestellt und im Gesamtkontext
verortet. Der hier geschaffene theoretische Rahmen wird darüber hinaus genutzt, um in einem Fazit
die eigenen empirischen Ergebnisse zu diskutieren (Kap. 8).
Vorarbeiten: Einordnung der Ausbildungsrahmen des DOSB in den Deutschen
Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (DQR)
Die Einordnung der RRL sowie der Ausbildungsordnungen der Trainerakademie Köln (ta) in den DQR
als zentraler Ausgangpunkt der vorliegenden Studie wurde in Kap. 1 bereits angedeutet. Die Ausfüh-
rungen dazu werden an dieser Stelle vertieft, indem zunächst die Ausbildungsrahmen16 sowie der DQR
skizziert und anschließend zentrale Ergebnisse der Einordnung (Sygusch et al., 2013a, 2013b; Sygusch
& Liebl, 2012) beschrieben werden.
16 Unter Ausbildungsrahmen werden im Folgenden für die C- bis A-Lizenz-Ausbildung die RRL des DOSB und für
den Diplom-Trainer das Kompetenzportfolio, Curriculum sowie die Studien- und Prüfungsordnung der trainerak-
ademie Köln verstanden.
Kompetenzansätze und Ziele in Bildungs- und Sportwissenschaft
40
3.5.3.1 Ausgangpunkt: Rahmenrichtlinien für Qualifizierung im Bereich des DOSB
Die Rahmenrichtlinien für Qualifizierung (RRL) sind die Basis für alle Ausbildungsgänge des DOSB: „Die
RRL geben für alle an Bildungs- und Qualifizierungsprozessen im Lizenzsystem des DSB Beteiligten die
verbindlich gültigen Orientierungsdaten vor“ (Deutscher Sportbund, 2005). Ähnlich dem Anspruch des
DQR sollen auch die RRL einen
„Beitrag zur angestrebten Gleichwertigkeit und Vergleichbarkeit der einzelnen Ausbildungsabschlüsse [leisten].
Gleichzeitig lassen sie den einzelnen Ausbildungsträgern den notwendigen Freiraum zur verbandsspezifischen
Ausgestaltung der eigenen Ausbildungskonzeptionen“ (ebd., S. 2).
Dabei haben die RRL ein Kompetenzverständnis, das deutlich – ohne dies explizit zu benennen – am
Roth’schen Kompetenzansatz (1971) anknüpft und Handlungskompetenz als zentrales Ziel der Train-
erbildung auf allen Lizenzstufen herausstellt: „Handlungskompetenz schließt Sozialkompetenz, Fach-
kompetenz, Methoden- und Vermittlungskompetenz sowie strategische Kompetenz ein“ (Deutscher
Sportbund, 2005, S. 14):
• „Persönliche und sozial-kommunikative Kompetenz umfasst ein Bündel an Eigenschaften, Fä-
higkeiten und Fertigkeiten, die im Umgang mit anderen Menschen /Gruppen, Situationen (...)
und bei der Lösung von Konflikten zum Tragen kommen.
• Fachkompetenz beschreibt das (sportfachliche) Wissen und Können, das zur (...) Planung,
Durchführung und Auswertung von Sportangeboten notwendig ist;
• Methoden- und Vermittlungskompetenz beschreibt Kenntnisse und Fähigkeiten in Bezug auf
Methoden und Verfahren zur Vermittlung von Inhalten, (...) zur Planung, Durchführung und
Auswertung von Vereinsangeboten“ (ebd.).
In der Vereinsmanagerausbildung wird darüber hinaus Strategische Kompetenz (z.B. Denken in Netz-
werken, Wissen um die Bedeutung der strategischen Positionierung von Vereinsangeboten) angesteu-
ert (Deutscher Sportbund, 2005, S. 70). Mit ihrem Verständnis von Handlungskompetenz und darunter
liegenden Kompetenzkategorien sind die RRL anschlussfähig an den DQR sowie an die Kompetenzdis-
kussion der nationalen Trainerbildungsforschung und in Teilen an die berufliche Bildung (s.o.).
Das Studium zum Diplom-Trainer an der Trainerakademie des DOSB in Köln ist die höchste Ausbil-
dungsstufe des DOSB-Lizenzsystems. Das Studium setzt das Durchlaufen der darunterliegenden Lizenz-
stufen (C-bis A- Trainer-Lizenz; ca. 270 Lehreinheiten) voraus und umfasst selber 1300 Lehreinheiten.
Die vorliegenden Dokumente zum Diplom-Trainerstudium (vgl. Kap. 6.3.2) weisen sowohl begrifflich
als auch konzeptionell Bezüge zur gegenwärtigen Kompetenzdiskussion der beruflichen Bildung, der
Abb. 4: Kompetenzraster der RRL des DOSB
Kompetenzansätze und Ziele in Bildungs- und Sportwissenschaft
41
empirischen Bildungsforschung und der Sportwissenschaft auf. Allerdings lässt sich bislang kein ein-
heitliches Kompetenzverständnis identifizieren:
Das Kompetenz-Portfolio als jüngstes Dokument (Trainerakademie, 2012) kann hier auch als das fort-
schrittlichste eingestuft werden. Zwar wird im Kompetenz-Portfolio ein Kompetenzverständnis nicht
explizit formuliert. Dennoch lässt sich unschwer eine enge Anlehnung an den DQR erkennen. Analog
zum DQR ist das Kompetenz-Portfolio strukturiert in die Kompetenzkategorien Wissen, Fertigkeiten,
Sozialkompetenz und Selbstständigkeit. Auch in der Formulierung der einzelnen Kompetenzen liegt
eine deutliche Anlehnung an die Deskriptoren des DQR vor, die sich sowohl inhaltlich als auch in der
Outcome-orientierung der Kompetenzformulierungen ausdrückt. Kompetenz-Portfolio und DQR gehen
damit – ähnlich wie die Rahmenrichtlinien für Qualifizierung des DOSB (DSB, 2005) – vom selben Kom-
petenzansatz (Roth, 1971) aus. Insgesamt liegt auf diese Weise eine gute Anschlussfähigkeit des Kom-
petenz-Portfolios an den DQR sowie an die RRL des DOSB vor.
Diese Einschätzung kann für die älteren Dokumente (Studien- und Prüfungsordnung [2008], Curriculum
[2004] und Studienkonzeptionen [2005-2010]) so nicht getroffen werden. Zunächst wird auch hier ein
explizites Kompetenzverständnis nicht ausdrücklich formuliert. Diese Dokumente weisen in den ange-
wandten Begriffen und ihrer in ihrer Struktur keinen expliziten Bezug zu einem Kompetenzansatz auf,
wie etwa die RRL des DOSB oder das Kompetenz-Portfolio. Unabhängig von dieser geringen Anbindung
an die Kompetenzdiskussion liegen in diesen Dokumenten durchaus Zielformulierungen vor, die den
Bereichen Fachkompetenz und Personale Kompetenz zuzuordnen sind. Insofern sind die älteren Doku-
mente zwar nicht explizit „kompetenzkompatibel“, wohl aber anschlussfähig an DQR und RRL (Sygusch
et al., 2013b).
3.5.3.2 Deutscher Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen
Ausgehend vom Europäischen Qualifikationsrahmen (EQR) wurde der Deutsche Qualifikationsrahmen
für lebenslanges Lernen (DQR) mit dem Ziel entwickelt, formale Qualifikationen (u.a. berufliche Bil-
dung, Hochschule) sowie non-formale Qualifikationen (u.a. Übungsleiter- und Trainer-Ausbildungen
des DOSB) transparenter zu machen, um auf diese Weise eine Orientierung im deutschen Bildungssys-
tem zu erleichtern (Arbeitskreis Deutscher Qualifikationsrahmen, 2011, S. 2). Zur Einordnung von Qua-
lifikationen beschreibt der DQR vier Kompetenzkategorien (Wissen, Fertigkeiten, Sozialkompetenz und
Selbstständigkeit) und gibt dafür jeweils acht Niveaustufen vor, auf denen die angestrebten Lerner-
gebnisse der jeweiligen Qualifizierungen eingeordnet und vergleichbar gemacht werden sollen.
Der DQR und seine Anwendung im Sport sind hier als bildungspolitisches Instrument zu verstehen und
keineswegs als theoretischer Hintergrund. Die Bedeutung des DQR in der vorliegenden Studie liegt
vielmehr in seiner Orientierungsfunktion. Mit seinen vier Kompetenzkategorien sowie deren Quantifi-
zierung auf acht Niveaustufen bietet der DQR als Referenzinstrument ein hilfreiches Ordnungsraster,
dem die Kompetenzansprüche der RRL und die Ausbildungskonzeptionen der Mitgliedsverbände einer
Einordnung und Bewertung unterzogen werden können.
In enger Anlehnung an die Kompetenzmodellierung der beruflichen Bildung (vgl. Kap. 3.1) wird Kom-
petenz im DQR als umfassende Handlungskompetenz verstanden.
„Der Kompetenzbegriff, der im Zentrum des DQR steht, bezeichnet die Fähigkeit und Bereitschaft des Einzelnen,
Kenntnisse und Fertigkeiten sowie persönliche, soziale und methodische Fähigkeiten zu nutzen und sich (...)
verantwortlich zu verhalten“ (Arbeitskreis Deutscher Qualifikationsrahmen, 2011, S. 4).
Auf dieser Basis unterscheidet der DQR zunächst zwischen „Fachkompetenz, unterteilt in Wissen und
Fertigkeiten, und Personale Kompetenz, unterteilt in Sozialkompetenz und Selbständigkeit (‚Vier-Säu-
len-Struktur’)“ (ebd.). Diese vier Säulen werden im DQR wie folgt beschrieben (ebd. S. 9):
Kompetenzansätze und Ziele in Bildungs- und Sportwissenschaft
42
• „Wissen bezeichnet die Gesamtheit der Fakten, Grundsätze, Theorien (...) in einem Lern- o-
der Arbeitsbereich als Ergebnis von Lernen und Verstehen“.
• „Fertigkeiten bezeichnen die Fähigkeit, Wissen anzuwenden und Know-how einzusetzen, um
Aufgaben auszufuhren und Probleme zu lösen“.
• „Sozialkompetenz bezeichnet die Fähigkeit und Bereitschaft, zielorientiert mit anderen zu-
sammenzuarbeiten, ihre Interessen und Situationen zu erfassen, sich mit ihnen (...) zu ver-
ständigen sowie die Arbeits- und Lebenswelt mitzugestalten“
• „Selbständigkeit bezeichnet die Fähigkeit und Bereitschaft, eigenständig und verantwortlich
zu handeln, eigenes und das Handeln anderer zu reflektieren und die eigene Handlungsfähig-
keit weiterzuentwickeln“.
Methodenkompetenz, die in Kompetenzansätzen der beruflichen Bildung bisweilen gesondert model-
liert wird, wird im DQR als Querschnittkompetenz verstanden und findet deshalb nicht eigens Erwäh-
nung.
Mit dem Ziel, alle Qualifizierungen im deutschen Bildungssystem auf dieser „Vier-Säulen-Struktur“ ein-
zuordnen und im Hinblick auf Gleichwertigkeiten und Unterschiede bewerten zu können, wurde für
alle vier Kompetenzen jeweils acht Niveaustufen entwickelt. Für alle Niveaustufen liegen Deskriptoren
vor, mittels derer die Ziel- und Kompetenzformulierungen der jeweiligen Qualifikationen eingestuft
werden. Während auf Stufe eins primär berufsvorbereitende Qualifikationsmaßnamen verortet wer-
den können, entsprechen die Stufen sechs bis acht den Hochschulabschlüssen Bachelor, Master und
Promotion (Arbeitskreis Deutscher Qualifikationsrahmen, 2011).
3.5.3.3 Einordnung der Ausbildungsrahmen in den DQR
Im Rahmen von zwei Expertisen (Sygusch et al., 2013a, 2013b; Sygusch & Liebl, 2012) wurden die Rah-
menrichtlinien für Qualifizierung des DOSB sowie Ausbildungsrahmen der Trainerakademie des DOSB
(Trainerakademie Köln, 2004), Kompetenz-Portfolio (Trainerakademie Köln, 2012) in den Deutschen
Qualifikationsrahmen (DQR) (Arbeitskreis Deutscher Qualifikationsrahmen, 2011) eingeordnet. Die
Rahmenrichtlinien und das Kompetenz-Portfolio sind – mit ihrem Bezug zum erziehungswissenschaft-
lichen Kompetenzansatz (Roth, 1971) anschlussfähig an den DQR.
Die zentrale Frage der Expertisen lautet: Auf welchen der acht Niveaustufen der DQR-Matrix lassen sich
Qualifizierungen des DOSB – auf der Grundlage der Formulierungen in den Ausbildungsrahmen – ein-
ordnen?
Von den 14 analysierten Qualifizierungen der RRL liegen jeweils sechs auf den DQR-Niveaustufen 4
(„Über Kompetenzen zur selbständigen Planung und Bearbeitung fachlicher Aufgabenstellungen in ei-
nem umfassenden (...) Tätigkeitsfeld verfügen“) und 5 („Kompetenzen zur selbständigen Planung und
Bearbeitung umfassender fachlicher Aufgabenstellungen (...) in einem komplexen, spezialisierten (...)
Tätigkeitsfeld“). Damit rücken einzelne ausgewählte Qualifizierungen des non-formalen „Bildungsan-
bieters“ DOSB in die Nähe von formalen Qualifikationen der beruflichen oder der Hochschulbildung.
Z.B. liegt die Ausbildung die Trainer A-Lizenz sportartspezifischer Leistungssport mit der Niveaustufe 5
knapp unter der für den Hochschulabschluss Bachelor vorgesehenen Niveaustufe 6 (Tab. 4). Das Stu-
dium zum Diplom-Trainer erreicht diese Stufe vollständig. Darüber hinaus fallen einige Aspekte auf,
die in der Gesamteinschätzung der RRL relevant erscheinen:
• Die Ausbildungsrahmen des DOSB (RRL, Curricula der Trainerakademie) sind explizit kompe-
tenzorientiert konzipiert und damit anschlussfähig an den DQR sowie an Kompetenzdiskussi-
onen der Trainer- und der beruflichen Bildung.
• Das gestufte Lizenzsystem der RRL (1. bis 4. Lizenzstufe) drückt sich auch zunehmenden Ni-
veaustufen des DQR aus. Die in den RRL formulierten Kompetenzen der Qualifizierungen
Kompetenzansätze und Ziele in Bildungs- und Sportwissenschaft
43
zum ‚Trainer sportartspezifischer Leistungssport (A/B/C)‘ liegen auf den DQR-Niveaustufen 4
(C-Lizenz, MW 4,25), 5 (B- & A-Lizenz, MW 4,75 & 5,25) bzw. 6 (Diplom-Trainer; MW 6,0).
• Ausbildungsziele zu personalen Kompetenzen (Sozialkompetenz, Selbstständigkeit) liegen
unabhängig von der Lizenz auf den hohen Niveaustufen 5 bzw. 6 und werden damit in fast
allen Qualifizierungen höher eingestuft als Ziele zur Fachkompetenz (Wissen, Fertigkeiten).
Detailliertere Ergebnisse können in Sygusch et al. (2013a, 2013b) und Sygusch und Liebl (2012) einge-
sehen werden.
Kompetenzansätze und Ziele in Bildungs- und Sportwissenschaft
44
Tab. 4: DQR-Niveaustufenzuordnung; Legende: LS = Lizenzstufe; VS = Vorstufenqualifikationen; MW = Mittelwert über die Einstufungen der Kompetenzkategorien;
W/F/Soz/Sel = Einstufungen der Kompetenzkategorien Wissen, Fertigkeiten, Sozialkompetenz und Selbstständigkeit; k.A. = keine Angabe; (Sygusch & Liebl, 2012)
LS Übungsleiter/-innen (ÜL) Breitensport
(sportartübergreifend)
Trainer/-in Breitensport
(sportartspezifisch)
Trainer/-in Leistungssport
(sportartspezifisch)
Jugendleiter/
-in (JL)
Vereinsmanager/
-in (VM)
4. (
Dip
lom
)
Diplom-Trainer/-in
(Kompetenz-Portfolio)
Niveaustufe = 6
MW = 6,00
W/F/Soz/Sel = 6/6/6/6
3. (
A)
Tr-A sportartspezifischer
Breitensport
Tr-A sportartspezifischer
Leistungssport
Niveaustufe = 5 Niveaustufe = 5
MW = 4,75 MW = 5,25/5,50
W/F/Soz/Sel = 4/4/6/5 W/F/Soz/Sel = 5/5/6-7/5
2. (
B)
ÜL-B sportartübergreifen-
der Breitensport
ÜL-B Sport in der
Prävention
ÜL-B Sport in der
Rehabilitation
Tr-B sportartspezifischer
Breitensport
Tr-B sportartspezifischer
Leistungssport
VM-B
Niveaustufe = 5 Niveaustufe = 5 Niveaustufe = 5 Niveaustufe = 5 Niveaustufe = 4
k.A. MW = 5,00 MW = 5,00/5,25 MW = 4,75 MW = 4,75 MW = 4,00
W/F/Soz/Sel =
5/4/6/5
W/F/Soz/Sel =
5/5/6/4-5
W/F/Soz/Sel = 4/4/6/5 W/F/Soz/Sel = 4/4/6/5 W/F/Soz/Sel =
3/4/4-5/5
1. (
C)
ÜL-C sportartübergreifen-
der Breitensport
Tr-C sportartspezifischer
Breitensport
Tr-C sportartspezifischer
Leistungssport
JL VM-C
Niveaustufe = 4 Niveaustufe = 4 Niveaustufe = 4 Niveaustufe = 4 Niveaustufe = 4
MW = 4,00 MW = 4,25 MW = 4,25 MW = 4,25 MW = 3,75
W/F/Soz/Sel = 3/3/5/5 W/F/Soz/Sel = 3/3/6/5 W/F/Soz/Sel = 3/3/6/5 W/F/Soz/Sel =
3/4/5/5
W/F/Soz/Sel =
3/4/4/4
VS
z.B. ÜL-/Tr-/JL-Assistent/-in
Niveaustufe = 3; MW = 2,50; W/F/Soz/Sel = 2/2/3/3
Kompetenzansätze und Ziele in Bildungs- und Sportwissenschaft
45
3.6 Zusammenfassung und theoretische Verortung der eigenen
Forschungsarbeit
In der aktuellen Kompetenzdiskussion lassen sich maßgeblich zwei Ansätze unterscheiden. Auf der ei-
nen Seite der erziehungswissenschaftliche Ansatz, der nach Roth (1971) eine Ausdifferenzierung in
Sach-, Selbst- und Sozialkompetenz vornimmt, die zunächst unspezifisch bzw. überfachlich verstanden
werden. In diesem Verständnis werden Kompetenzen und Bildung auf einer Ebene verortet.
Auf der anderen Seite steht der bildungswissenschaftliche Ansatz. In einem breit angelegten Verständ-
nis von Weinert (2001) werden Kompetenzen als
„die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um be-
stimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereit-
schaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll
nutzen zu können“ (ebd., S. 27) verstanden.
Kompetenzen sind in diesem Verständnis ein Teil von Bildung. Darüber hinaus wird eine domänenspe-
zifische Ausdifferenzierung gefordert (Klieme & Hartig, 2007). Der erziehungswissenschaftliche Ansatz
wird von Vertretern der Bildungswissenschaft mangels einer fehlenden überschneidungsfreien Opera-
tionalisierbarkeit sowie seines überfachlichen Charakters deutlich kritisiert (Gogoll, 2011b).
In der Sport- und Bildungswissenschaft lassen sich beide Strömungen identifizieren. In der Hochschul-
bildung (Schaper, 2012), der Schüler- und Lehrerbildung (Kehne et al., 2013) lässt sich mittlerweile
vermehrt eine Verortung innerhalb des bildungswissenschaftlichen Ansatzes erkennen (vgl. Ahns,
2018), wenn gleich auch hier sowohl Modelle als auch Lehrpläne vorliegen, die sich am erziehungswis-
senschaftlichen Ansatz orientieren (Zeuner & Hummel, 2006)(Sygusch & Liebl, 2012). Sowohl in der
beruflichen Bildung, als auch in der nationalen Trainerbildung (Sportwissenschaft und Sportpraxis) las-
sen sich beide Ansätze, häufig implizit miteinander vermischt, erkennen. Während einerseits die
Weinert’sche Definition im bildungswissenschaftlichen Verständnis zitiert wird, wird im gleichen Atem-
zug eine Ausdifferenzierung in Teilkompetenzen in Anlehnung an das erziehungswissenschaftliche Ver-
ständnis von Roth (1971) vorgenommen. Häufig werden dann die als überfachlich kritisierten Kompe-
tenzkategorien sowohl normativ (Nordmann, 2006) als auch empirisch (Apitzsch, 2012) domänenspe-
zifisch ausdifferenziert. Eine klare Verortung in eine Traditionslinie bleibt jedoch aus.
Das Fehlen eines einheitlichen Verständnisses und einheitlicher Ziele in der Trainerbildung kann dann
zu Problemen in der konkreten Sportpraxis führen, wenn verschiedene Stakeholder von unterschied-
lichen Konzepten und Ansätzen ausgehen. Eine stringente Konzeption und Umsetzung einer kompe-
tenzorientierten Trainerbildung scheint unter diesen Umständen mit Schwierigkeiten verbunden, be-
denkt man die unterschiedlichen Akteure, die in diesem Prozess mitwirken: u.a. Wissenschaftler,
DOSB, Ausbildungsverantwortliche in Bundes-, Landes- und Spitzenverbänden, Ausbildungsleiter und
Ausbilder. Aus diesem Grund scheint es erstrebenswert ein einheitliches, abgrenzbares Kompetenz-
verständnis zu erarbeiten, umzusetzen und – bildlich gesprochen – dieselbe Sprache zu sprechen.
Dabei scheint für eine empirische Modellentwicklung und Überprüfbarkeit von Kompetenzen eine An-
lehnung an das bildungswissenschaftliche Verständnis obligatorisch zu sein. Gleichzeitig muss aber
auch der – pragmatischen und eingänglichen – Ausdifferenzierung von Teilkompetenzen in der Train-
erbildung nach Roth, wie sie von den RRL seit 2005 vorgegeben wird, Rechnung getragen werden. Es
bleibt zu überprüfen, ob eine systematische Integration dieser beiden Verständnisse für die Trainerbil-
dung möglich ist. Z.B. indem eine abgrenzbare und empirisch überprüfbare domänenspezifische Aus-
differenzierung der Teilkompetenzen erziehungswissenschaftlich) im Sinne von Wissens- und Inhalts-
bereichen sowie Prozessen und Niveaustufen vorgenommen wird (bildungswissenschaftlich). Der
EKSpo (Sygusch et al., in Vorbereitung; Kap. 3.3) könnte eine Möglichkeit dafür darstellen.
Kompetenzansätze und Ziele in Bildungs- und Sportwissenschaft
46
Auf Grund dieses kontroversen Bildes werden in der vorliegenden Arbeit stets beide Kompetenzan-
sätze im Blick behalten. Die empirische Analyse geschieht jedoch vor dem Hintergrund des in den RRL
vorgegebenen erziehungswissenschaftlichen Verständnisses.
Kompetenzorientierte Aufgabenkultur in Bildungs- und Sportwissenschaft
47
4 Kompetenzorientierte Aufgabenkultur in Bildungs- und
Sportwissenschaft
Nachdem nun das Kompetenzverständnis der Trainerbildung (Sportwissenschaft und Sportpraxis) im
erziehungs- und bildungswissenschaftlichen Kompetenzdiskurs verortet und mit den drei Teilkompe-
tenzen Persönliche- und sozialkommunikative Kompetenz, Fach- sowie Methoden- und Vermittlungs-
kompetenz die Struktur der Ziele dargelegt wurde, folgt im Sinne des CA nun die methodische Gestal-
tung von LLS. In der Bildungswissenschaft, der (Allgemein-)Didaktik sowie auch in der Sportpädagogik
ist die Frage zur Entwicklung und Überprüfung von Kompetenzen mit dem Begriff und Ansatz der Auf-
gabenkultur verbunden (Kleinknecht, 2010; Klieme, Schümer & Knoll, 2001; Messmer & Amaro, 2013;
Neumann, 2014; Pfitzner, 2014b). Im Zentrum stehen dabei Aufgaben, bei dessen Bearbeitung eine
kognitive Aktivität der Lernenden ausgelöst werden soll. Dieser Prozess wird als kognitive Aktivierung
bezeichnet. Somit kommt den Lernenden an dieser Stelle eine aktive Rolle zu:
„Eine kognitiv-aktivierende Aufgabenkultur gilt in der allgemeinen Didaktik, den Fachdidaktiken und in der Lehr-
Lern-Forschung als ein zentraler Aspekt von Unterrichtsqualität. Eine solche Aufgabenkultur erweist sich vor
allem dann als wichtig, wenn anspruchsvolle Lernziele (z.B. Problemlösekompetenz) verfolgt werden sollen“
(Bohl, Kleinknecht, Bratzel & Richey, 2012, S. 7; Criblez, 2016).
Dieser Entwicklungslinie folgend wird unter Aufgabenkultur „der Aufforderungs- und Anspruchscha-
rakter von Aufgaben und die Einbettung von Aufgaben in eine stimmige Unterrichtsdramaturgie“ ver-
standen (Kleinknecht, 2010, S. 2). Den Mittelpunkt von (kompetenzorientierten) LLS bilden damit Auf-
gaben (Bloemen & Schlömer, 2012; Kleinknecht, 2010; Leisen, 2010; Leuders, 2009; Messmer, 2014;
Schaper, 2012). Dabei geht es um mehr, als das bloße Stellen und Bearbeiten von Aufgaben. Klein-
knecht (2010, S. 15) definiert Aufgabenkultur als die „Art und Weise des Umgangs mit Aufgaben durch
Lehrkräfte und Lernende“ und unterscheidet zwischen Aufgaben und aufgabenbezogenem Handeln.
Bisher liegt keine explizite (begriffliche) Übertragung der Diskussion um Aufgabenkultur auf die Train-
erbildung vor. Wie schon in den vorangegangenen Kapiteln wird deshalb zunächst der Forschungs- und
Kenntnisstand relevanter Handlungsfelder mit dem Schwerpunkt auf (Sport-)Unterricht erörtert. Dazu
liegen verschiedene domänenübergreifende Sammelbände vor (Kleinknecht, Bohl, Maier & Metz,
2013; Paechter, 2012; Pfitzner, 2014b).
Den theoretischen Hintergrund für die Begründung von Aufgabenkultur und dem eng verbundenen
Konstrukt kognitive Aktivierung bilden insbesondere konstruktivistische Lehr-Lernvorstellungen (Klein-
knecht, 2010, S. 22). Danach wird Lernen als subjektiver, selbstgesteuerter und sozial bedingter Kon-
struktionsprozess eines Individuums aufgefasst (Vogelsang, 2014), der durch handlungs- und problem-
orientierte komplexe Aufgabenstellungen ausgelöst wird (Aebli, 1983).
Zur Gestaltung und Analyse kompetenzorientierter Aufgaben und aufgabenbezogenem Handeln
herrscht auch in der Sportpädagogik mittlerweile eine rege Diskussion (Neumann, 2014; Pfitzner,
2014b; Seiler, Ehrensberger & Messmer, 2016). Abgeleitet und damit weitgehend übereinstimmend
mit der bildungswissenschaftlichen Literatur finden sich je nach Quelle bis zu zehn verschiedene Merk-
male, die zur Konzeption und Operationalisierung kompetenzorientierter Aufgaben und aufgabenbe-
zogenem Handeln herangezogen werden. Für deren empirische Überprüfung liegen vereinzelt Leitfä-
den vor, in denen eine weitere Ausdifferenzierung vorgenommen wurde. Als besonders relevant wer-
den, weitestgehend übereinstimmend, die Merkmale kognitive Aktivierung, Reflexion, Offenheit, Le-
bensweltbezug (Situierung), Individualisierung (Differenzierung) und Strukturierung eingeschätzt, die
ihrerseits ein hohes Überschneidungspotenzial aufweisen (Leuders, 2009, S. 8).
Kompetenzorientierte Aufgabenkultur in Bildungs- und Sportwissenschaft
48
Im Folgenden werden die zuvor skizzierten Aspekte von Aufgabenkultur tiefgehender erläutert. In Kap.
4.1 erfolgt eine vertiefte Auseinandersetzung mit den theoretischen Hintergründen der Aufgabenkul-
tur. Diese sind zunächst primär im moderaten Konstruktivismus zu verorten. Dementsprechend erfolgt
eine Aufarbeitung dessen Grundannahmen sowie der daraus resultierenden Konsequenzen für die Ge-
staltung kompetenzorientierter LLS. Darüber hinaus werden in der aktuellen Diskussion um Aufgaben-
kultur weitere theoretische Zugänge bzw. Traditionslinien aufgeworfen. Um diese in einer Übersicht
zu skizzieren wird v.a. auf die Arbeiten von Kleinknecht (2010) sowie Criblez (2016) zurückgegriffen.
Ziel ist es auch, dafür zu sensibilisieren, dass Merkmale zur Gestaltung und Erfassung kompetenzori-
entierter LLS dringend einer theoretischen Basis bedürfen. Lersch (2010) kritisiert an dieser Stelle, dass
häufig eine umstandslose, nicht reflektierte Übertragung von Merkmalen vorgenommen wird, die auf
anderen theoretischen Ansätzen beruhen. Dies kann zu Problemen führen, wenn Merkmale übernom-
men werden, die vor dem Hintergrund einer input-orientierten Unterrichtssteuerung konzipiert und
evaluiert wurden. Damit wären sie nicht anschlussfähig an das Output-orientierte Verständnis der
Kompetenzdiskussion.
Daran anknüpfend wird der Fokus auf die Gestaltung von Aufgaben (Kap. 4.1) gelegt. Dazu werden
eine Definition sowie eine Unterscheidung verschiedener Aufgabentypen (z.B. Lern- und Leistungsauf-
gaben) vorgenommen. Hier wird auch auf Besonderheiten des Settings Sports eingegangen, in dem
der Aspekt der Bewegung bzw. die motorische Komponente berücksichtigt wird; z.B. in der Diskussion
um die Unterscheidung von Bewegungs- und Lernaufgaben. Anschließend wird in Kap. 4.3 das aufga-
benbezogene Handeln der Lehrenden erörtert, das bislang explizit weniger Aufmerksamkeit erfährt.
Das Herzstück des Kapitels bildet dann das Kap. 4.4, in dem die sechs zentralen Merkmalen einer kom-
petenzorientierten Aufgabenkultur literaturbasiert und anschlussfähig an die erkenntnistheoretischen
Hintergründe des Konstruktivismus dargelegt werden (kognitive Aktivierung, Offenheit, Reflexion, Dif-
ferenzierung, Lebensweltbezug und Strukturierung). Dazu wird ihr Verständnis in verschiedenen Do-
mänen beschrieben sowie ihre Relevanz für eine kompetenzorientierte Aufgabenkultur herausgestellt.
Ziel ist es das Verständnis und den Stellenwert der Merkmale für die nachfolgende empirische Analyse
zu verdeutlichen. Letztlich wird der, bislang noch überschaubare, Forschungsstand zur Aufgabenkultur
in der Trainerbildung aufgearbeitet (Kap. 4.5).
4.1 Theoretische Hintergründe zur kompetenzorientierten Aufgabenkultur
Die (fach-)didaktische Auseinandersetzung mit (Problemlöse-)Aufgaben hat zweifelsohne nach dem
schwachen Abschneiden von deutschen Schülern im PISA-Vergleichstest 2000 einen starken Auf-
schwung erlebt:
„Die Aufgabenkultur, deren Erforschung und Weiterentwicklung gelten in der „Nach-PISA-2000-Zeit“ als einer
der viel versprechendsten Hebel zur Qualitätsverbesserung des Unterrichts“ (Pfitzner, 2014c, S. 1).
Die Gestaltung von LLS wird unter dem Paradigma Kompetenzorientierung nicht vollständig neu ge-
dacht. In der bildungswissenschaftlichen Diskussion wird zunächst häufig ein Bezug zum Kenntnisstand
zur Unterrichtsqualität bzw. guten LLS (Helmke, 2015; Meyer, 2016) hergestellt. Hier liegen Merkmale
vor, die zweifellos anschlussfähig an den Kompetenzdiskurs sind. Bspw. wird kognitive Aktivierung als
Dimension von Unterrichtsqualität (Helmke, 2015) auch in den allermeisten Beiträgen zur kompetenz-
orientierten Aufgabenkultur als zentrale Dimension aufgegriffen (Feindt & Meyer, 2010; Pfitzner &
Aschebrock, 2013). Lersch (2010, S. 34) gibt jedoch zu bedenken, dass
„Kriterien ‚guten Unterrichts‘ nicht umstandslos übertragbar und auch nicht hinreichend für die Prozesse des
Kompetenzerwerbs [sind], weil sie sich fraglos überwiegend an dem überkommenen, alten, weil primär auf die
Vermittlung von Inhalten ausgerichtetem Unterrichtsskript orientieren“.
Kompetenzorientierte Aufgabenkultur in Bildungs- und Sportwissenschaft
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Während einige Autoren(gruppen) Merkmalen guten (Sport-)Unterrichts explizit im Kontext kompe-
tenzorientierter Aufgabenkultur aufgreifen (Leisen, 2010; Leuders, 2009; Pfitzner, 2014b; Seiler et al.,
2016) und differenziert operationalisieren (Gogoll, 2014b; Kleinknecht, 2010), bleibt bei anderen Au-
toren der Kompetenzbezug eher implizit sowie in Konzeption und Operationalisierung unscharf.
Aufgaben werden an dieser Stelle vor dem Hintergrund der Kompetenzorientierung oder von Quali-
tätskriterien ‚guten‘ Unterrichts diskutiert. Gemeint ist an dieser Stelle häufig dasselbe. Wie Lersch
(2010) jedoch kritisch anmerkt, sollte eine Übertragung von Qualitätskriterien einer inputorientierten
Unterrichtssteuerung nicht unreflektiert vorgenommen werden.
Der Umgang mit Aufgaben im Unterricht wird jedoch schon sehr viel länger diskutiert, als der Ansatz
der Kompetenzorientierung. Aus diesem Grunde scheint die Frage gerechtfertigt zu sein, welche the-
oretischen Bezüge oder Traditionslinien die Aufgabenforschung unabhängig der Kompetenzdiskussion
aufweist, auf die sich z.B. die Ableitung von Merkmalen für Aufgaben und aufgabenbezogenes Handeln
stützen. Für ein schlüssiges, theoretisch gestütztes Gesamtkonzept ist es außerdem von Bedeutung
diese Traditionslinien mit dem Ansatz der Kompetenzorientierung zu verknüpfen.
Moderater Konstruktivismus
Geht es in der aktuellen Literatur zur Aufgabenkultur um theoretische Hintergründe, ist festzustellen,
dass häufig ein Bezug zum (moderaten) Konstruktivismus hergestellt wird, der dann in unterschiedli-
cher Tiefe ausgeführt wird. In diesem Kapitel werden die Grundannahmen des moderaten Konstrukti-
vismus sowie die daraus resultierenden Konsequenzen für die Gestaltung von LLS (z.B. die Rolle von
Lehrenden und Lernenden) dargestellt.
Der moderate Konstruktivismus wird als Erkenntnistheorie häufig kognitivistischen Theorien aus dem
Behaviorismus gegenübergestellt (Gnahs, 2010). Kognitivistische Ansätze folgen der Grundannahme,
dass Wissen, wie ein Gut, von einer Person zur anderen weiter gegeben werden kann (Riemeier, 2007).
Dementsprechend steht der Lehrende als Wissensvermittler im Fokus. Ziel ist es, dass der Lernende
am Ende des ‚Wissenstransports‘ den Lerngegenstand in ähnlicher Form besitzt, wie der Lehrende
(Reinmann-Rothmeier & Mandl, 2006; Riemeier, 2007, S. 69).
„Behavioristische Lerntheorien sehen Lernen als Verhaltensänderung in Folge eines äußeren Reizes (Reiz-Reak-
tions-Lernen, Stimulus-Response-Lernen). (…) Lernen ist danach außengesteuert, erzeugbar, reduziert auf em-
pirisch nachweisbare Verhaltensänderung, bei Tieren und Menschen vergleichbar“ (Gnahs, 2010, S. 39).
Die deutliche Kritik an behavioristischen Theorien und ihrer starken Akzentuierung der Lehrperson
führte in den letzten Jahrzehnten zu einem Umdenken und einer Gleichsetzung von Lehren und Ler-
nen. Konstruktivistische Ansätze, bei denen Lehre als Anregung von Lernprozessen verstanden wird,
statt als „Erzeuger von Kenntnissen und Fertigkeiten“ (Gnahs, 2010; Reinmann-Rothmeier & Mandl,
1997), rückten in den Fokus.
Dieser Paradigmawechsel, weg vom behavioristischen Kognitivismus hin zum Konstruktivismus, wird
als kognitive Wende bezeichnet (Klieme & Leutner, 2007). Rückblickend auf die historischen Wurzeln
merkt Helmke (2015) jedoch an, dass bereits Dewey (1902) sowie Piaget und Wygotski dieses Para-
digma vertreten haben, ohne es jedoch als Konstruktivismus zu betiteln.
Konstruktivistische Ansätze sind in der heutigen Lehr-Lernforschung vielfach vertreten. Es scheint je-
doch „nahezu unmöglich, eine einheitliche Definition für alle Aspekte des Konstruktivismus zu finden,
weil der Begriff in verschiedenen Disziplinen unterschiedlich verwendet wird“ (Marsch, Hartwig & Krü-
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ger, 2009, S. 110). Konstruktivismus wird nicht als Wissenschaftsdisziplin verstanden, sondern als Pa-
radigma (Riemeier, 2007). Im Konstruktivismus wird der Mensch als ein autopoietisches17 System ver-
standen, dessen Reaktionen auf seine individuell (kognitive) Struktur zurückgeht. „Menschen sind so-
mit lernfähig, aber nicht belehrbar“ (Gnahs, 2010, S. 42; Siebert, 2006). Grundannahme im Konstruk-
tivismus ist also, dass Wissen eben nicht weitergegeben werden kann (Kognitivismus), sondern dass
Menschen ihre Welt und ihr Wissen konstruieren, d.h. neue Erkenntnisse aus ihrer subjektiven Sicht
und basierend auf ihren bestehenden Vorstellungen in ihre Wissensstrukturen integrieren. Dies ist im-
mer ein „aktiver, selbstgesteuerter, konstruierender, situierter, sozialer und emotionaler Prozess“
(Marsch et al., 2009, S. 111). Lernen ist demnach immer eine Wirklichkeitskonstruktion und nicht
die Erfassung oder Abbildung der Realität (Gnahs, 2010). Evidenzen zum konstruktivistischen Para-
digma stammen aus der Neurobiologie. Demnach gelangen äußere Reize nicht direkt ins Gehirn, son-
dern lösen Erregungen aus (Transduktion). „Lernen ist damit an die Strukturen des Gehirns und die
individuellen Erfahrungen der Person gebunden“ (Riemeier, 2007, S. 72).
Im Laufe der Zeit entwickelten sich verschiedene Varianten des Konstruktivismus (Duit, 1995):
Der radikale Konstruktivismus geht davon aus, dass eine direkte Auffassung von einer außen liegenden
Wirklichkeit unmöglich ist. Jegliche Realität hängt in diesem Verständnis von der Beobachterperspek-
tive ab und entspringt deren Konstruktion. Instruktionen von außen sind in diesem Lernverständnis
nicht vorgesehen (Riemeier, 2007).
Der moderate Konstruktivismus geht der Frage nach, wie sich individuell entstandene Erkenntnisse
verändern lassen können. Einflüsse kommen aus der Systemtheorie, dem sozialen Konstruktivismus
sowie der Neurobiologie. Ein Unterschied zwischen radikalem und moderatem Konstruktivismus be-
gründet die Annahme, dass sich Instruktion und Konstruktion kombinieren lassen (Marsch et al., 2009).
Der moderate Konstruktivismus vermittelt demnach zwischen kognitiven (Instruktion) und konstrukti-
vistischen (Konstruktion) Lerntheorien und beschreibt einen Wechsel von Konstruktion und Instruk-
tion. Er wird als vorherrschender paradigmatischer Rahmen der Lehr-Lernforschung der letzten 20
Jahre beschrieben (Duit, 1995).
Einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Kompetenzorientierung und konstruktivistischen
Theorien stellen Ziegler, Stern & Neubauer (2012) her, in dem sie beschreiben, dass Kompetenzen das
Resultat einer intelligenten Wissenskonstruktion sind. Es gehe nicht um die Ansammlung von Fakten,
sondern um einer „Vernetzung von abstraktem Begriffs- und Regelwissen mit konkreten Fallbeispielen
sowie automatisierten Routinen“ (Ziegler et al., 2012, S. 17). In diesem Verständnis zeigt sich der mo-
derate Konstruktivismus als eine passende grundlegende Erkenntnistheorie zur Gestaltung kompe-
tenzorientierter LLS.
Als Konsequenzen des konstruktivistischen Paradigmas für kompetenzorientierte LLS folgt, dass sich
die Rolle der Lehrenden und Lernenden im Vergleich zum Behaviorismus verändern, da der Lehr-Lern-
prozess von außen nicht determinierbar ist. Die Aufgabe der Lehrenden besteht darin „solche Lernan-
gebote zu schaffen, in denen ausgehend von den Vorerfahrungen ein Konstruieren und Restrukturie-
ren von Vorstellungen möglich sind“ (Riemeier, 2007, S. 72). Trotz der moderierenden Rolle des Leh-
renden und der aktiven Rolle der Lernenden, sind Instruktionen in der Lernumgebung dennoch nötig,
um effektives Lernen auszulösen (moderater Konstruktivismus). Lehrende leistet damit einen wichti-
gen Bestandteil zum „Anschub von Lernprozessen“ (Gnahs, 2010, S. 41). Z.B. können strukturierte Dis-
kussionen die Lernenden aktiv in den Denkprozess einbeziehen (Hardy, Jonen, Moller & Stern, 2006).
Ziel dabei ist es kognitive Konflikte auszulösen (Ziegler et al., 2012), wobei es um ein „aktives kognitives
Engagement“ geht (Ziegler et al., 2012, S. 18), bezugnehmend u.a. auf (Baumert et al., 2010; Kunter et
al., 2005; Mayer, 2004). Durch spezifische Methoden, wie z.B. ‚Aufforderung zur Selbsterklärung‘ (chi,
17 selbst-gestaltendes
Kompetenzorientierte Aufgabenkultur in Bildungs- und Sportwissenschaft
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Deleeuw, Chiu & Lavancher, 1994) oder dem ‚Arbeiten mit Lösungsbeispielen‘ (Renkl, 1997) sollen die
Lernenden zum variantenreichen Ausprobieren angeregt werden.
Bezüglich konkreter Merkmale, ist festzustellen, dass „die lerntheoretischen Erkenntnisse des mode-
raten Konstruktivismus [sind] bisher nicht in fassbare und anwendbare Kriterien umgesetzt worden
[sind]“ (Marsch et al., 2009, S. 111; Windschitl, 2016). Helmke (2015) beschreibt dazu, dass die Begriffe,
die in diesem Zusammenhang verwendet werden, wie „Merkmale“, bzw. „Aspekte“ oder „Prinzipien“
leicht eine einheitliche theoretische Basis suggerieren, es diese in diesem Feld derzeit aber nicht gibt
und dies auch nicht in Sicht ist (Schrader, Helmke & Hosenfeld, 2008).
Diese Aussage hat eine große Tragweite, denn tatsächlich ist festzustellen, dass mittlerweile eine Viel-
zahl empirischer Studien vorliegt, die unterschiedlichste Merkmale, Aspekte oder Prinzipien operatio-
nalisieren, um das Ausmaß der kompetenzorientierten Gestaltung von LLS zu erfassen. Nur in einem
Teil dieser Arbeiten ist überhaupt eine theoreriebasierte Aufarbeitung festzustellen. In anderen Arbei-
ten hingegen scheinen bestehende Merkmale aus unterschiedlichen Studien und Ansätzen ‚zusam-
mengewürfelt‘ zu werden, um diese einer empirischen Prüfung zu unterziehen.
Lersch’s (2010) Kritik folgend (s.o.) ist es nicht ratsam Merkmale aus kognitivistisch, lehrerzentriert
geprägten Ansätzen auf das Paradigma der Kompetenzorientierung zu übertragen. In der vorliegenden
Arbeit wurden sechs Merkmale zu Gestaltung und Erfassung kompetenzorientierter LLS herausgear-
beitet, die sich auf die Grundannahmen des Konstruktivismus stützen und daher angenommen wird,
dass sie eine zentrale Rolle beim Kompetenzerwerb der Lernenden spielen (Kap. 4.4). In Abgrenzung
dazu spielt in diesem Verständnis beispielsweise das Merkmal Klassenführung (Helmke, 2015, 172f.)
keine Rolle, da es nicht in direktem Zusammenhang mit dem Lernprozess bzw. der Förderung des Kom-
petenzerwerbs steht. Es bezieht sich eher auf die Gestaltung der organisatorischen Rahmenbedingun-
gen. Diese sind grundsätzlich natürlich von Bedeutung und nehmen auf ihre Weise auch indirekt Ein-
fluss auf den Lernprozess. In der vorliegenden Arbeit sollen jedoch nur solche Merkmale operationali-
siert werden, die einen direkten Einfluss auf den Lernprozess und somit den Kompetenzerwerb der
Lernenden nehmen.
Neben dem theoretischen Zugang des moderaten Konstruktivismus werden in der aktuellen Literatur
zur Aufgabenkultur weitere theoretische Bezüge bzw. Traditionslinien aufgeworfen, die nachfolgend
skizziert werden. Auf dieser Basis werden dann abschließend die sechs als zentral herausgestellten
Merkmale dargestellt.
Weitere Traditionslinien und theoretische Ansätze
In zwei der analysierten Arbeiten wird eine theoretische und historische Aufarbeitung von unterschied-
lichen Diskursen, in denen Aufgaben eine zentrale Rolle spielen, vorgenommen (Criblez, 2016; Klein-
knecht, 2010). Criblez (2016, 33f.) beschreibt in seiner Übersicht „Drei Traditionslinien in der Diskus-
sion um Aufgabenkultur“:
• Tradition der Kindorientierung bzw. Individualpädagogik
• Verhaltenswissenschaftliche Tradition
• Tradition der Curriculumtheorie
Kleinknecht (2010, S. 25–45) verortet seine empirische Forschung unter dem Stichwort Aufgabenkultur
innerhalb von Konzepten der Allgemeinen Didaktik und der Unterrichtsforschung. Dazu betrachtet er
im Rahmen der Aufgabenauswahl zunächst ‚Konzepte zur Ziel- und Inhaltsplanung von Unterricht‘. In
diesem Rahmen erörtert er u.a. die Curriculare bzw. Lernzielorientierte Didaktik, die wiederum Bezüge
Kompetenzorientierte Aufgabenkultur in Bildungs- und Sportwissenschaft
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zur psychologisch-fachdidaktischen Forschung (Bloom et al., 1956) aufweist. In der Diskussionslinie der
Curricularen bzw. Lernzielorientierten Didaktik können die beiden von Criblez (2016) beschriebenen
Traditionslinien Verhaltenswissenschaftliche Tradition und Tradition der Curriculumtheorie subsumiert
werden. Zum aufgabenbezogenen Handeln (methodische Gestaltung) bezieht Kleinknecht (2010) sich
dann auf ‚Artikulations- und Phasenmodelle von Unterricht‘.
Nachfolgend werden die einzelnen Traditionslinien und Konzepte dargestellt und Implikationen für die
aktuelle Diskussion um eine kompetenzorientierte Aufgabenkultur abgeleitet. Außerdem werden,
wenn möglich, Bezüge zum Konstruktivismus verdeutlicht.
Die Tradition der Kindorientierung bzw. Individualpädagogik (Criblez, 2016) findet sich v.a. in der heu-
tigen Diskussion im Merkmal der Individualisierung wieder (vgl. Kap. 4.4.5). Die Forderung nach Ler-
nendem-zentriertem Unterricht wurde demnach bereits 1890 vom Berner Schulinspektor Gottlieb Stu-
cki und in einer Schrift der pädagogischen-psychologie vom Franzosen Claparède (1920/1921, S. 35)
gestellt (Criblez, 2016). Als ein einprägsames Bild wird an dieser Stelle der Vergleich zwischen einem
Schuhmacher, Schneider u.A. mit einem Lehrer gezeichnet. Während der Schuhmacher und der
Schneider individuell Maß nehmen und ihre Produkte passgenau an den jeweiligen Menschen anpas-
sen, so hat der Lehrer „nur Konfektionsware und seine Schäfte enthalten gar keine Auswahl. Einige
Grössennummern, allerdings, aber alle nach dem gleichen Schnitt“ (Claparède, 1920/1921, S. 35; Cri-
blez, 2016, S. 34).
Deutlich wird also die Kritik am (damaligen) Schulsystem, das die Bedürfnisse sowie die individuellen
Voraussetzungen und Interessen der Schüler nicht berücksichtigt. Aktuell ist die Forderung nach Indi-
vidualisierung „omnipräsent“ (Criblez, 2016; Keller & Bender, 2012). Die veränderte Aufgabenkultur
bzw. die neuerliche Orientierung an Aufgaben im Unterricht als Mittler zwischen dem Fach und der
Lebenswelt der Schüler (Parchmann & Bernholt, 2016) hat aber bereits dazu geführt, dass der Forde-
rung nach Individualisierung bzw. Differenzierung schon in vielen Teilen nachgekommen wurde (Cri-
blez, 2016). So gesehen beruht die veränderte Aufgabenkultur auch auf dem Postulat der Individuali-
sierung: „Individualisierung – so ließe sich zusammenfassen – ist nur möglich, wenn entsprechende
Aufgaben zur Verfügung stehen, die Individualisierung auch zulassen“ (Criblez, 2016, S. 34).
Die verhaltenswissenschaftliche Tradition beruht auf behavioristischen Lerntheorien, die im 20. Jahr-
hundert v.a. bis in die 1970er Jahre intensiv diskutiert wurden. Die dahinter stehende Grundidee ist,
dass Unterricht so „programmiert“ werden kann, dass er – weitestgehend unabhängig von der Lehr-
kraft - ein bestimmtes Verhalten bei den Lernenden erzeugen kann (Hilgard & Bower, 1970; Mager,
1971). Daran anschlussfähig beschreibt Kleinknecht (2010), dass sich die Curriculare Didaktik auf be-
havioristische Lerntheorien bezieht und Lernzieltaxonomien (Anderson & Krathwohl, 2001; Bloom et
al., 1956) als Ausgangspunkt für die Unterrichtsplanung nutzt. Als prominente Vertreter der Curricula-
ren Didaktik gelten u.a. Mager (1971) und Möller (1976). Der Unterricht sollte dazu in einzelne Sequen-
zen, die durch detaillierte Feinziele beschrieben sind, gegliedert werden. Entsprechende Aufgaben zur
Ansteuerung der Feinziele sollten dann, durch Belohnungen verstärkt, zum gewünschten Verhalten
der Lernenden führen. „Das richtige „Programm“, so die Annahme, führe zum sicheren Erfolg“ (Criblez,
2016, S. 35). Kritik an einem so genannten teacher proof curriculum wurde jedoch schnell laut, so dass
sich dieser technologische Ansatz von Unterricht nicht gegen die Tradition der Methodenfreiheit der
Lehrenden durchsetzen konnte (Criblez, 2016). Dies könnte ein Grund dafür sein, warum sich die lern-
zielorientierte Didaktik, als eigene Forschungslinie nicht weiterentwickelt hat (Kleinknecht, 2010).
Eine Gemeinsamkeit zwischen diesem Ansatz und der Kompetenzorientierung sowie dem Prinzip des
CA liegt in der Passung von Lernzielen und LLS. Unterschiede bestehen jedoch darin, dass die Feinziele
in der verhaltenswissenschaftlichen Tradition nicht am Outcome des Lernenden orientiert waren und
Kompetenzorientierte Aufgabenkultur in Bildungs- und Sportwissenschaft
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die Rolle der Lehrkraft weitestgehend ausgeklammert wurde. Betrachtet man dazu das Angebots-Nut-
zungs-Modell (Helmke, 2015), ist festzustellen, dass die verhaltenswissenschaftliche Tradition lediglich
die Seite des Angebots (hier: das Programm) betrachtet. Helmke (2015) zeigt jedoch, dass der Lerner-
folg maßgeblich auch von der Nutzung auf Lernenden Seite abhängt, weshalb dieser Aspekt dringend
Berücksichtigung finden sollte.
Die Tradition der Curriculumtheorie geht nach Criblez (2016) maßgeblich auf die „Bildungsreform als
Revision des Curriculums“ (Robinsohns, 1967) zurück. Demnach sollten die Lehrpläne
„statt den Mechanismen von Tradition und Zufall zu folgen, neu als rationales und transparentes Verfahren zur
Ermittlung von Bildungsansprüchen, zur Bewertung und Gewichtung von Zielkatalogen sowie zur ideologiekriti-
schen Überprüfung und Gewichtung der Ziele etabliert werden“ (Criblez, 2016, S. 35).
Ein Kerngedanke der Curriculumtheorie, der sich in der heutigen Diskussion um Kompetenzorientie-
rung und Aufgabenkultur wiederfindet, war es, „Lernziele so zu formulieren, dass das Erreichen in Ver-
haltenskategorien überprüft werden kann (Operationalisierung)“ (ebd.). Es ging also um ein höchst
mögliches Maß an Objektivität und Wissenschaftlichkeit. Dies hat sich u.a. durch die Ordnung und For-
mulierung von Lernzielen mit Hilfe von Lernzieltaxonomien ausgedrückt (s.o. Curriculare Didaktik) (An-
derson & Krathwohl, 2001; Bloom et al., 1956). Im Rahmen der Unterrichtsplanung wird dabei zwi-
schen kognitiven, affektiven und psychomotorischen Lernzielen unterschieden. Die am häufigsten ver-
wendete kognitive Lernzieltaxonomie für die Konzeption und Analyse von Aufgaben ist die von Bloom
et al. (1956), erweitert durch Anderson & Krathwohl (2001) (vgl. Taxonomie in Kap. 3.2) (Kleinknecht,
2010).
Weitere Parallelen zur Kompetenzorientierung sind darin zu erkennen, dass die Erreichung von Lern-
zielen über das Verhalten der Lernenden zu überprüfen sein sollte, sprich anhand der Performanz in
Leistungsaufgaben [im heutigen Sprachgebrauch] (Criblez, 2016).
Criblez (2016) stellt für diese drei Traditionslinien einerseits die Bedeutung von Aufgaben heraus und
andererseits konstatiert er, dass alle drei Traditionslinien in der aktuellen Diskussion um Aufgabenkul-
tur „in der einen oder andern Ausprägung“ wieder zu entdecken sind:
„In der Tradition der Kindorientierung geht es darum, dass Aufgaben zur Verfügung stehen, die Individualisie-
rung ermöglichen. In der verhaltenswissenschaftlichen Tradition dient das Bearbeiten von Aufgaben dem klein-
schrittigen Aufbau von Verhalten, das mit einer bestimmten Sicherheit als herstellbar vorgestellt wird. Und in
der Tradition der Curriculumtheorie wird das Erreichen von Lernzielen durch das Lösen von Aufgaben als Ver-
halten sichtbar“ (Criblez, 2016, S. 36).
Neben der lernzielorientierten bzw. curricularen Didaktik (Möller, 1976), die die verhaltenswissen-
schaftliche Tradition sowie die Tradition der Curriculumtheorie im Sinne von Criblez (2016) subsumiert
(s.o.), bezieht sich Kleinknecht im Rahmen der ‚Ziel- und Inhaltsplanung‘ auf die bildungstheoretische
bzw. konstruktive Didaktik (Klafki, 1963). In der bildungstheoretischen Didaktik, die die Didaktische
Analyse nach Klafki (1963) einschließt, geht es u.a. darum Inhalte zu generieren, die langfristige Ziele
verfolgen, wie z.B. die Erziehung zur Mündigkeit oder Emanzipation. „Inhaltsentscheidungen schließen
hierbei immer auch Entscheidungen über Ziele, Methoden und Medien des Unterrichtens ein“ (Klein-
knecht, 2010, S. 25). Der bildungstheoretische Ansatz nach Klafki (1963) verfolgt den Grundgedanken,
die Inhalte aus pädagogischen Zielvorstellungen heraus zu entwickeln. Es geht also immer um einen
exemplarischen Bildungsgehalt und eine kulturelle Entwicklung (Klafki, 1963; Kleinknecht, 2010). Im
Bereich der Schule werden Inhalte zunächst durch den Lehrplan aufgrund gesellschaftlicher und poli-
tischer Entscheidungen festgelegt. Im zweiten Schritt treffen dann Lehrkräfte individuelle personen-
bezogene Entscheidungen (Tulodziecki, Herzig & Blömeke, 2009). Die Didaktische Analyse nach Klafki
Kompetenzorientierte Aufgabenkultur in Bildungs- und Sportwissenschaft
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„betont die Prüfung der fünf Grundfragen nach der Gegenwarts- und Zukunftsbedeutung bzw. der exemplari-
schen Bedeutung sowie nach der Struktur des Inhalts und der Zugänglichkeit für die Lernenden“ (Kleinknecht,
2010, S. 42).
Demnach formuliert Klafki für einen problemorientierten Unterricht sowohl formale Kriterien des Ler-
nens als auch inhaltlich-normative Vorgaben (Hericks & Kunze, 2004). Aufbauend auf diesen Grundan-
nahmen leiten Blömeke et al. (2006) didaktische, überfachliche Merkmale hoher Aufgabenqualität ab
(Eignung zur exemplarischen und handlungsrelevanten Erschließung, Bedeutsamkeit, Situierung, Neu-
igkeitswert, Verständlichkeit, Angemessener Schwierigkeitsgrad) und operationalisieren die einzelnen
Merkmale durch Analysekriterien (Kleinknecht, 2010). Auch andere Autoren (Koch-Priewe, 2007) be-
ziehen sich auf Klafkis fünf didaktische Grundfragen nach 1. der Gegenwartsbedeutung, 2. der Zu-
kunftsbedeutung, 3. der exemplarischen Bedeutung, 4. der thematischen Strukturierung und 5. der Zu-
gänglichkeit und verknüpfen diese im Rahmen von konstruktivistischen Annahmen zum Lernen mit
empirischen Forschungsbefunden.
Zur Erörterung der ‚methodischen Perspektive‘, nimmt Kleinknecht (2010) eine Unterteilung in Mo-
delle zum Unterrichtsverlauf und in Merkmale zum aufgabenbezogenen Handeln vor.
Die Modelle zum Unterrichtsverlauf ordnet er der ‚Makroebene‘ des Unterrichts zu, die in der Literatur
demnach auch mit den Begriffen „Unterrichtsmethoden (Plural), Methodenkonzeptionen, Artikulati-
ons- und Phasenmodelle, Basismodelle“ (ebd. S. 31) umschrieben werden.
Die Merkmale zum aufgabenbezogenen Handeln ordnet er der ‚Mikroebene‘ des Unterrichts zu und
verweist auf die Begriffe „Unterrichtsmethode (Singular), Aktionsformen, Verhaltensformen, Mikro-
verhaltensweisen, Unterrichts- bzw. Prozessmerkmale“ (ebd.).
Die Artikulations- und Phasenmodelle (Makroebene) sind als „Gesamtentwürfe des Unterrichtsver-
laufs zu verstehen“ (ebd.) und befassen sich mit dem ‚Wie‘ und nicht dem inhaltlich-orientierten ‚Was‘.
Die theoretischen Hintergründe dazu sind in pädagogisch-psychologischen Lerntheorien zu finden
(Tulodziecki, 2011). Anschließend stellt Kleinknecht (2010) zwei unterschiedliche Vorstellungen von
optimalen Lehr-Lernverläufen im Sinne von Phasen und Artikulationsmodellen von Roth (1963) und
Aebli (1983) vor. Während das struktur-orientierte Konzept von Roth (1963) sich an kognitiv-rationa-
listischen Lerntheorien orientiert, ist das problem-orientierte Konzept von Aebli (1983) kognitiv-kon-
struktivistisch zu verorten (vgl. moderater Konstruktivismus).
„Roth betont ein schrittweises Vorgehen, bei dem die Komplexität von Aufgaben durch die Lehrkraft zunächst
reduziert wird, während Aebli die Bedeutung von handlungs- und problemorientierten bzw. hinreichend kom-
plexen Aufgabenstellungen von Beginn des Lernprozesses betont“ (Kleinknecht, 2010, S. 43)
In beiden Modellen nimmt die Lehrkraft, im Gegensatz zum behavioristischen Ansatz des ‚Program-
mierten Unterrichts‘ (s.o.), eine aktive Rolle ein.
In der Tab. 5 werden die Kernaspekte der zuvor beschriebenen theoretischen Zugänge anhand der
Aspekte der Makro- und Mikroebene des Unterrichts und hinsichtlich der inhaltlichen und der metho-
dischen Perspektive illustriert.
Kompetenzorientierte Aufgabenkultur in Bildungs- und Sportwissenschaft
55
Tab. 5: Übersicht der aus den Konzepten abgeleiteten Merkmale (nach Kleinknecht, 2010, S. 44, 45)
Aufgaben
(inhaltliche Perspektive)
Aufgabenbezogenes Handeln
(methodische Perspektive)
Konzepte
auf
Makro-
ebene
• Didaktische Analyse (Klafki, 1963)
• Taxonomie kognitiver Lernprozesse (Bloom et al., 1956)
• Merkmale von lernprozessanregen-den Aufgaben (Blömeke et al., 2006)
Strukturorientiert (kognitiv-rational):
• Artikulationsmodell nach Roth (1963)
• Konzept der direkten Instruktion
• Dimension ‚Strukturierung‘ Problemorientiert (kognitiv-konstruktivistisch)
• Artikulationsmodell nach Aebli (1983)
• Konzepte des situierten Lernens
• Dimension ‚kognitive Aktivierung‘
Merkmale
auf
Mikroebene
• Komplexität der intendierten Lern-prozesse
• Strukturierende Hinweise im Auf-gabentext Kleinknecht (2010)
• Kognitiv-aktivierende Impulse im Aufgabentext
• Differenzierungshinweise
• Repräsentation einer authenti-schen Situation (Situierung)
Jeweils spezifisch für unterschiedliche Phasen
der Aufgabenbearbeitung bzw. des Lernpro-
zesses:
• Inhaltliche Strukturierung (systema-tische Darstellung/strukturierende Hinweise)
• Problemorientiertes und offenes Ge-sprächs- und Interaktionshandeln
• Einbettung in authentische Situatio-nen
Die theoretische Aufarbeitung von Kleinknecht (2010) zielte darauf ab, Merkmale zur empirischen Ana-
lyse der Aufgabenkultur in der Hauptschule abzuleiten. Dies führte zu den Kriterien kognitive Aktivie-
rung, Strukturierung, Situierung (Lebensweltbezug) und Differenzierung. Dementsprechend lassen sich
aus der Tab. 5 diese Merkmale, die auch für die vorliegende Arbeit als relevant erachtet wurden, her-
auslesen. Besondere Bedeutung erfahren dabei die Merkmale der kognitiven Aktivierung und Struktu-
rierung, die sich aus den beiden oben beschriebenen Konzepten von Roth (1963) und Aebli (1983) ab-
leiten. Kleinknecht (2010, S. 45) resümiert:
„Hierbei werden Struktur- und Problemorientierung nicht als Gegensatz verstanden. Es wird vielmehr angenom-
men, dass (…) gerade das Zusammenspiel von kognitiv aktivierenden Merkmalen und einem übersichtlichen
Stoffaufbau bzw. strukturierenden Maßnahmen bedeutend ist“.
Zusammenfassung und Fazit
Die Auseinandersetzung mit den theoretischen Grundlagen zur Aufgabenkultur zeigt gleichermaßen
ein etwas oberflächliches, ein theoretisch fundiertes und ein diffuses Bild:
Im engeren Kreis der Forschung zur Aufgabenkultur insbesondere im Fach Sport ist festzustellen, dass
in Zeitschriften- und Sammelbandbeiträgen häufig ein Verweis auf andere aktuelle, gleichgesinnte Au-
toren stattfindet. Nur wenige Autoren stellen explizit (bildungs-)theoretische Bezugspunkte zur Aufga-
benkultur her (z.B. zum moderaten Konstruktivismus). Ein Grund dafür kann sein, dass diese Autoren
zunächst noch darum bemüht sind den Kompetenzdiskurs und damit einhergehenden fachdidakti-
schen Diskurse aufzuarbeiten und die Historie der Aufgabenkultur deshalb dem unterordnen. Damit
ist das etwas oberflächliche Bild gemeint. In Arbeiten, in denen eine grundlegende - die theoretisch
fundierte - Aufarbeitung vorgenommen wird (Kleinknecht, 2010) und die historischen Wurzeln skizziert
werden (Criblez, 2016) finden sich theoretisch gut begründete Traditionslinien, die im Zusammenhang
mit Aufgaben stehen und immer wieder Bezüge zum moderaten Konstruktivismus als paradigmatische
Kompetenzorientierte Aufgabenkultur in Bildungs- und Sportwissenschaft
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Grundlage aufweisen. Gleichzeitig – und das macht das diffuse Bild aus – scheint es aber keine eindeu-
tige Entwicklungslinie aus einer (Forschungs-)tradition heraus zu geben. Vielmehr scheint es, dass Auf-
gaben und damit in Zusammenhang stehende Merkmale in vielen theoretischen Diskursen der letzten
Jahrzehnte und teilweise Jahrhunderte eine Rolle gespielt haben und somit wertvolle Gedanken für
die aktuelle Diskussion der Aufgabenkultur liefern können. Für die Konzeption und Analyse von Aufga-
ben sollten diese normativen Gedanken und empirischen Befunde, besonders aus konstruktivistisch
fundierten Arbeiten, nicht außer Acht gelassen werden. Darüber hinaus sollte der Kritik von Lersch
(2010) (s.o.) folgend die Übertragung von Merkmalen zur Konzeption und Analyse einer kompetenz-
orientierten Aufgabenkultur theoretisch gut begründet dargelegt werden.
Als Konsequenz dieser Schlussfolgerung und der Forderung von Lersch, werden nachfolgend zunächst
die beiden zentralen Aspekte der Aufgabenkultur Aufgaben und das aufgabenbezogene Handeln näher
betrachtet. Anschließend folgt die Beschreibung der sechs zentralen Merkmale zur Gestaltung kompe-
tenzorientierter LLS, die in die eigene empirische Analyse einfließen. Dabei gilt der moderate Konstruk-
tivismus als orientierungsgebendes Paradigma.
4.2 Aufgaben
Aufgaben sind schon immer – unabhängig vom Kompetenzdiskurs – Ausgangspunkt des Lernens und
damit konstituierende Elemente von (Sport-)Unterricht (Messmer, 2014; Seiler et al., 2016, S. 323). Im
Mittelpunkt kompetenzorientierter LLS „stehen Lern- bzw. Erarbeitungsaufgaben, die sich durch eine
hohe Offenheit, Situierung und Komplexität bzw. Problemlöseorientierung auszeichnen“ (Kleinknecht,
2010, S. 3). Die Lernaufgabe wird als zentrales Mittel zum Kompetenzerwerb oder auch als „Herzstück“
einer veränderten Aufgabenkultur angesehen (Leisen, 2010, S. 60; Neumann, 2014, S. 188; Pfitzner,
2012; Schlechter & Pfitzner, 2014, S. 161). (Kompetenzorientierter) Unterricht zeichnet sich dabei i.d.R.
durch eine Abfolge von aufeinander aufbauenden Aufgaben aus, die wiederum in eine Einführungs-,
Bearbeitungs- und Besprechungsphase unterteilt werden können (Kleinknecht, 2010). Leisen (2010)
definiert die Lernaufgabe per se sogar als „eine Lernumgebung zur Kompetenzentwicklung“. Sie „steu-
ert den Lernprozess durch eine Folge von gestuften Aufgabenstellungen mit entsprechenden Lernma-
terialien“ (Leisen, 2010, S. 60). Wobei an dieser Stelle das von Kleinknecht (2010) benannte aufgaben-
bezogene Handeln der Lehrkraft vernachlässigt wird.
Im Sinne des CA werden Aufgaben verstanden als „Lernarrangements (…), die Leistungsanforderungen
und Lernaktivitäten aufeinander beziehen“ (Bloemen & Schlömer, 2012, S. 128). Diese werden vom
Lehrenden gestellt, „geben ein Thema oder einen Inhalt vor, sind in einen (Handlungs-)Rahmen einge-
bettet und verlangen von Schüler/innen spezifische Aktivitäten, durch die bestimmte Kompetenzen
erworben, geübt oder überprüft werden können“ (ebd.). Eine dementsprechende Unterteilung in ver-
schiedene Aufgabentypen ist in der Literatur üblich (Bloemen & Schlömer, 2012; Kleinknecht, 2010;
Maier, Bohl, Kleinknecht & Metz, 2013). Dabei dienen Lernaufgaben dem Wissens- bzw. Kompetenz-
erwerb, welcher in Übungsaufgaben gefestigt werden soll. Anwendungsaufgaben sollen einen Wissen-
stransfer und die Verknüpfung mit anderen Sachverhalten ermöglichen. Test- bzw. Prüfungs- oder Leis-
tungsaufgaben dienen der Wissens- bzw. Kompetenzüberprüfung (Maier et al., 2013).
Kompetenzorientierte Aufgabenkultur in Bildungs- und Sportwissenschaft
57
In der Sportpädagogik bzw. Sportdidaktik werden Aufgabentypen/-formate darüber hinaus domänen-
spezifisch unterschieden. Hier erfolgt eine Abgrenzung von Bewegungsanweisung, Bewegungsanre-
gung18, Bewegungsaufgabe und Lernaufgabe. Es ist eine …
• … „Bewegungsanweisung, wenn es um eine vom Lehrer eng geführte Erarbeitung einer be-
stimmten Bewegungsform geht.
• … Bewegungsanregung, wenn der Prozess der Gestaltung, das Erkunden oder das Explorieren
von Bewegungen im Mittelpunkt steht.
• …Bewegungsaufgabe, wenn es für ein vorgegebenes motorisches Handlungsziel verschie-
dene, zu findende Lösungswege gibt.
• … Lernaufgabe, wenn das Bewegungshandeln einer Reflexion ausgesetzt wird“ (Neumann,
2014, S. 189).
Pfitzner (2014a) verortet „die Lernaufgabe in dieser Auslegung [als] ein spezifisches Aufgabenformat
des kompetenzorientierten Unterrichts, das bekannte Aufgabenformate wie die Bewegungsanwei-
sung, die -aufgabe und -anregung ergänzt“ (ebd., S. 30). Sie soll einen Beitrag zur Ausbildung einer
„komplexen Handlungskompetenz“ (Pfitzner, 2012, S. 61) leisten, die als „Zusammenspiel von kogniti-
ver, metakognitiver, motivationaler und emotionaler Kompetenzen“ (Gogoll, 2008, S. 64) verstanden
wird. Demnach weisen die beiden Formate der Lern- und der Bewegungsaufgabe große Parallelen, z.B.
hinsichtlich der Forderung nach Individualisierung (vgl. Kap. 4.4.5) oder dem subjektorientierten Lern-
verständnis, auf. Gleichzeitig beschreibt Pfitzner (2014a) aber unterschiedliche zu Grunde liegende Vo-
raussetzungen der beiden Aufgabentypen. Die Bewegungsaufgabe beruht demnach auf bildungstheo-
retischen Annahmen und ist umfassender angelegt, als die Lernaufgabe im Verständnis der Kompe-
tenzorientierung sensu Weinert (2001). Bei der Lernaufgabe geht es um die Entwicklung fachlicher
Kompetenzen zur Persönlichkeitsentwicklung, die als „Mittel zum Zweck, zur Erhöhung der Effizienz
schulischen Lernens“ (Rohlfs, Harring & Palentien, 2008, S. 12) angesehen wird. In diesem Verständnis
ist die Lernaufgabe als eine methodische Maßnahme im Sinne der Kompetenzorientierung zu verorten.
Als Bewegungsaufgabe beschreibt Pfitzner (2012) „eine umgrenzte bewegungsbezogene Begegnung
zwischen der Sache „Bewegung, Spiel und Sport“ und dem Schüler bzw. der Schülerin“ (ebd. S. 61). Die
Bewegungsaufgabe fordert
„die Schülerinnen und Schüler dazu auf, ein bestimmtes Bewegungsproblem selbstständig zu lösen. Obwohl sie
einen konkreten Handlungsspielraum vorgibt, lässt sie mehrere Aufgabenlösungen zu und fordert die Schüler
auf, Bewegungs- und Spielmöglichkeiten vielfältig auszuprobieren und zu erfinden“ (Pfitzner, 2012, S. 56).
Die Lernaufgabe kann darüber hinaus umfassendere (kognitive) Lernziele verfolgen, z.B.
„zur Vermittlung einer reflexiven Handlungsbefähigung in Hinblick auf das Verstehen des komplexen kulturellen
Phänomens Sport und seiner Rahmungen, seiner Geschichtlichkeit, seiner Alltagsbedeutsamkeit in Lebensstil-
vorgaben und seiner gesellschaftlichen Funktionen“ (Schierz & Thiele, 2013 in Seiler et al., 2016).
Unterschiede zwischen den drei Aufgaben-/Anweisungsformen Bewegungsanweisung, Bewegungs-
aufgabe und Lernaufgabe stellen (Seiler et al., 2016) v.a. in Bezugnahme auf die Öffnung und die Un-
terscheidung zwischen Trainieren (Bewegungsanweisung), Üben (Bewegungsaufgabe) und Probleme
lösen (Lernaufgabe) heraus (ebd., S. 324). Reflexionspotenziale liegen bei Bewegungsaufgaben dem-
nach höchstens implizit vor, Lernaufgaben hingegen beinhalten explizit Potenziale für Transferleistun-
gen (vgl. Reflexion, Kap. 4.4.2; (Pfitzner, 2012, 2014b).
18 Die Bewegungsanregung wird nur von einigen Autoren benannt und wird an dieser Stelle der Vollständigkeit
halber erwähnt.
Kompetenzorientierte Aufgabenkultur in Bildungs- und Sportwissenschaft
58
Einen eindeutigen Konsens in der Unterscheidung zwischen Bewegungs- und Lernaufgaben scheint es
derzeit nicht zu geben: Während Neumann (2014) und Pfitzner (2012) die Bewegungsaufgabe durch-
aus auch als eine offene Problemlöseaufgabe verstehen, beschreiben Seiler et al. (2016) ein Verständ-
nis der Bewegungsaufgabe, die sich auf das Einüben (bekannter) Bewegungen beschränkt. Neuber be-
schreibt dementsprechend passend und pragmatisch: „Die Bewegungsaufgabe ist die Lernaufgabe des
Sportunterrichts“ (2014, S. 59f.). Unabhängig dieser unterschiedlichen Verständnisse werden im Rah-
men der Aufgabenkultur i.d.R. Lernaufgaben diskutiert. Sie gelten als wichtigstes Instrument zum Kom-
petenzerwerb der Lernenden und unterscheiden sich von Bewegungsaufgaben [nur] dadurch, dass das
vorherige Bewegungshandeln einer Reflexion ausgesetzt wird. Im Kontext von Aufgabenkultur im
Sport werden Bewegungsaufgaben und insbesondere Lernaufgaben als kompetenzförderlich heraus-
gestellt (Neumann, 2014; Seiler et al., 2016). Die Bewegung kann sowohl im Rahmen von Bewegungs-
als auch von Lernaufgaben Ausgangspunkt des Lernens sein. Die Abb. 5 skizziert die beiden Aufgaben-
typen Lernaufgabe und Bewegungsaufgabe anhand unterschiedlicher Merkmale, wie dem dahinterlie-
gendem ‚Ziel‘, oder dem ‚Verhalten der Lehrkraft‘.
Kompetenzorientierte Aufgabenkultur in Bildungs- und Sportwissenschaft
59
Abb. 5: Bewegungs- und Lernaufgabe im Vergleich (Pfitzner, 2012, S. 62; 2014a, S. 32)
Kritik wird teilweise an der kognitiven - an Lernzielen ausgerichteten – Orientierung von Lernaufgaben
geübt. Dem steht ein Ansatz der körperlich-expressiven Bildung entgegen, indem die Bewegung an
sich, bzw. in Bewegungsaufgaben integriert, als das zentrale Bildungselement im Sport verstanden
wird (Laging, 2015; Pfitzner, 2012, 56f). Dennoch scheint die Lernaufgabe als Mittel zum Kompetenz-
erwerb in der Diskussion um Aufgabenkultur im Sportunterricht einen breiten Konsens zu erfahren.
Wenn nachfolgend von Aufgaben gesprochen wird, wird darunter – soweit nicht explizit anders be-
nannt – die Lernaufgabe im Sinne der Ansteuerung von Lernzielen zur Ausbildung von Handlungskom-
petenz gemeint.
Kompetenzorientierte Aufgabenkultur in Bildungs- und Sportwissenschaft
60
4.3 Aufgabenbezogenes Handeln
Aufgabenbezogenes Handeln beschreibt, wie Aufgaben in die methodische Gesamtgestaltung von
Lehr-Lernsituationen eingebettet sind (Kleinknecht, 2010, S. 72) und wie Lehrende „mit Aufgaben im
Verlauf des Unterrichts umgehen“ (ebd. S. 6). Nach Sygusch et al. (in Vorbereitung) geht es um das
gesamte „Drumherum“ von Aufgaben. Während der Aufgabenbegriff in den vielen Beiträgen explizit
definiert wird, bleibt das, was Aufgabenkultur neben den eigentlichen Aufgaben ausmacht, meist nur
implizit definiert und wenig konkretisiert. Dabei geht es um so relevante methodisch-didaktische Fra-
gen, wie Aufgaben gestellt werden, wie die Bearbeitung von Aufgaben begleitet und moderiert wird,
wie Lösungen rückgemeldet und in der Gruppe diskutiert werden, wie Schritte des Wissenserwerbs
und deren Anwendung reflektiert werden oder welche Rolle Lehrende in einer kompetenzorientierten
Aufgabenkultur einnehmen (ebd.).
Insgesamt zeigen sich trotz vergleichsweise weniger konkreter Ausdifferenzierungen in den Beiträgen
verschiedener Bildungsbereiche (Schule, Sportunterricht, Hochschulbildung, Lehrerbildung) auf allge-
meiner Ebene durchaus Übereinstimmungen, die sich in der Rolle Lehrender sowie in den Merkmalen
kompetenzorientierter LLS bündeln lassen.
Kompetenzorientierung und Aufgabenkultur erfordern „eine veränderte Sicht auf die Rollen von Leh-
renden und Lernenden im Lernprozess bzw. beim Kompetenzerwerb“ (Schaper, 2012, S. 57), die häufig
als ‚Shift from teaching to learning‘ beschrieben wird (ebd.). Insbesondere gilt dies unter einer (mode-
rat) konstruktivistischen Sichtweise auf das Lernen (vgl. Kap. 4.1.1). Mit dem Fokus, Lernende zur
selbstständigen Auseinandersetzung mit Anforderungen und Problemen anzuregen, liegt das aufga-
benbezogene Handeln von Lehrenden insbesondere in der Begleitung und Unterstützung von Lernak-
tivitäten, die durch Aufgaben initiiert werden. Aufgabenbezogenem Handeln wird damit als den Lern-
prozess moderierendes Handeln aufgefasst. Für den Unterricht, so Kleinknecht (2010, S. 73), steht da-
mit eine „Erweiterung der (…) lehrerzentrierten Wissensvermittlung um Formen des schülerzentrier-
ten und selbstständigkeitsorientierten Lernens im Mittelpunkt“.
In diesem Kontext verweisen einige Autoren (Kleinknecht, 2010) auf die unterschiedlichen Merkmale
kompetenzorientierter Aufgabenkultur, wie kognitive Aktivierung, Lebensweltbezug oder Strukturie-
rung. Diese geben – neben ihrer Funktion für die Konzeption und Analyse von Aufgaben – auch Hin-
weise darauf, wie aufgabenbezogenes Handeln von Lehrenden, bspw. die Begleitung der Aufgabenbe-
arbeitung, Feedback, Moderation von Ergebnispräsentationen und Reflexionen, gestaltet und analy-
siert werden kann. In seiner empirischen Studie zur Aufgabenkultur an Hauptschulen entwickelt Klein-
knecht (2010) Indikatoren zur Erfassung verschiedener Merkmale (s.u.) sowohl zur Analyse von Aufga-
ben als auch für das aufgabenbezogene Handeln. Im Sinne einer ganzheitlichen Sichtweise auf LLS,
beruhend auf Grundannahmen des moderaten Konstruktivismus und einem Wechsel von Konstruktion
und Instruktion, erscheint es sinnvoll und notwendig das aufgabenbezogene Handeln entsprechend in
den Blick zu nehmen.
4.4 Merkmale kompetenzorientierter Aufgabenkultur in Sport- und
Bildungswissenschaft
Aufbauend auf diesem Vorverständnis von Aufgabenkultur und der Feststellung, dass eine Vielzahl an
Merkmale konzipiert, operationalisiert und analysiert werden (s.o.), scheint es notwendig zentrale
Konsensmerkmale, einer kompetenzorientierten, am moderaten Konstruktivismus orientierten Aufga-
benkultur festzulegen. Es wurde bereits beschrieben, dass die sechs Merkmale kognitive Aktivierung,
Offenheit, Reflexion, Individualisierung, Lebensweltbezug und Strukturierung als sehr relevant erachtet
werden. Diese Zusammenstellung ist das Ergebnis einer umfassenden Literaturanalyse. Es wurden so-
Kompetenzorientierte Aufgabenkultur in Bildungs- und Sportwissenschaft
61
wohl Merkmale für die Konzeption als auch für die Analyse von kompetenzorientierten LLS identifi-
ziert. Wichtigstes Filterkriterium war ein expliziter Kompetenzbezug in Abgrenzung zu allgemeingülti-
gen Merkmalen ‚guten Unterrichts‘. D.h. es muss deutlich werden, dass die Autoren sich an die aktuelle
Bildungsforschung anschließen und sich am Outcome der Lernenden orientieren. Idealerweise sollte
auch ein Bezug zu konstruktivistischen Grundannahmen hergestellt werden. Besonders in Sammel-
bandbeiträgen und Zeitschriftenartikeln bleiben die theoretischen Bezüge jedoch oft oberflächlich. Zur
näheren Analyse wurden sowohl Arbeiten ausgewählt, die normativ Merkmale beschreiben als auch
solche, die Merkmale für die empirische Überprüfung operationalisieren. Das Feld ist insgesamt sehr
breit, deshalb wurden nur Arbeiten analysiert, die Merkmale explizit benennen. Arbeiten, die in einem
allgemeineren Sinne Prinzipien beschreiben, wurden nicht berücksichtigt.
Die Tab. 6 beschreibt eine Auswahl der identifizierten Arbeiten und Autoren(gruppen). In die Auswahl
wurden Arbeiten aufgenommen, die durch ihr Setting, ihre gute theoretische Fundierung oder eine
besonders häufige Zitation aufgefallen sind und somit als charakteristisch gelten. Die Tabelle erhebt
keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Es wurden 16 Autoren(-gruppen) aus drei unterschiedlichen Settings (Schüler- [und Sportunterricht],
Lehrerbildung und berufliche Bildung) ausgewählt.
In den genannten Arbeiten wird Bezug auf über 40 weitere Autoren genommen.
Insgesamt konnten 60 verschiedene Merkmale identifiziert werden, die auf unterschiedlichen Ebenen
(Aufgaben, Rahmenbedingung, Lehrendenverhalten, Einstellungen) liegen, sich teilweise überschnei-
den oder sich subsumieren lassen. Die häufigsten Merkmale in den, entsprechend der Filterkriterien
analysierten Arbeiten (dreimal oder öfters benannt) waren:
• Kognitive Aktivierung (8 mal)
• Offenheit (6 mal)
• Lebensweltbezug (5 mal)
• Individualisierung (4 mal)
• Strukturierung (3 mal)
• Motivierung (3mal)
Alle Merkmale wurden dann durch qualitative und quantitative inhaltsanalytische Auswertungen auf
bedeutsame, voneinander abgrenzbare Merkmale verdichtet und im Rahmen einer Expertendiskus-
sion (N = 8 Teilnehmer) hermeneutisch-diskursiv in eine Ordnung gebracht und inhaltlich diskutiert. Im
Diskussionsfokus stand dabei der Bezug zum Setting Sport (Lehrer-, Schüler- und Trainerbildung) und
den Bezug der Autoren zur Sportwissenschaft, das theoretische Kompetenzverständnis sowie die Gül-
tigkeit der Merkmale für die Konzeption und Analyse von Aufgaben vor einem konstruktivistischen
Grundverständnis. Dies führte zur Festlegung der folgenden Merkmale, die zunächst benannt und in
den folgenden Subkapiteln erläutert werden:
• Kognitive Aktivierung
• Strukturierung
• Offenheit
• Individualisierung
• Lebensweltbezug
• Reflexion
Im Vergleich zu den am häufigsten genannten Merkmalen wurde das Merkmal der Motivation nicht
aufgenommen, stattdessen wurde Reflexion im Konsens aller Experten als zentral betrachtet. Reflexion
Kompetenzorientierte Aufgabenkultur in Bildungs- und Sportwissenschaft
62
erscheint im Zuge der Kompetenzorientierung und der Verknüpfung von Wissen und Können sowie
der Transparenz der Lernziele und eigenständigen Gestaltung der Lernprozesse, auch in Hinblick von
metakognitiven Prozessen, als sehr bedeutsam (vgl. Kap. 4.4.2). Motivation wurde zwar als ein bedeut-
samer Aspekt von LLS betrachtet, nimmt aber im Rahmen der Kompetenzorientierung keine herausra-
gende Funktion ein.
Tab. 6: Ausgewählte Merkmale mit exemplarischen Literaturangaben
Ausgewählte Merkmale Exemplarische Literaturangaben
Kognitive Aktivierung (Feindt & Meyer, 2010; Herrmann, Seiler & Niederkofler, 2016; Klein-knecht, 2010; Leuders, 2009; Niederkofler & Amesberger, 2016; Pfitz-ner & Aschebrock, 2013; Seiler et al., 2016; Vogelsang, 2014)
Strukturierung (Kleinknecht, 2010; Vogelsang, 2014; Vogelsang & Reinhold, 2013)
Individualisierung (Blömeke et al., 2006; Kleinknecht, 2010; Leisen, 2010; Leuders, 2009, 2014; Neuber, 2014; Neumann, 2014; Reusser, 2014; Schlechter & Pfitzner, 2014; Vogelsang, 2014; Vogelsang & Reinhold, 2013; Wyss et al., 2013)
Lebensweltbezug (Bloemen & Schlömer, 2012; Feindt & Meyer, 2010; Kleinknecht, 2010; Kleinknecht et al., 2013; Neuber, 2014; Pfitzner & Aschebrock, 2013; Wyss et al., 2013)
Offenheit (Bloemen & Schlömer, 2012; Blömeke et al., 2006; Kleinknecht, Ottin-ger & Richter, 2014; Leuders, 2009, 2014; Maier et al., 2013; Pfitzner & Aschebrock, 2013; Seiler et al., 2016)
Reflexion (Feindt & Meyer, 2010; Leuders, 2009; Neumann, 2014; Pfitzner, 2012; Pfitzner & Aschebrock, 2013; Reusser, 2014; Schaper, 2012; Seiler et al., 2016)
Die Tab. 6 und die Abb. 6 illustrieren die sechs Merkmale Kognitive Aktivierung, Meta-/Reflexion, Struk-
turierung, Lebensweltbezug, Individualisierung und Offenheit. Deutlich wird die Ausrichtung der im
Rahmen der Aufgabenkultur zentralen Aspekte Aufgaben und dem aufgabenbezogenem (Lehrer-)Han-
deln. Im Zentrum steht zunächst die Aufgabe als „Herzstück“ der Aufgabenkultur (Pfitzner, 2012). Als
zentrales Merkmal steht im Kern außerdem die kognitive Aktivierung, die sowohl durch die Aufgabe
als auch das aufgabenbezogene (Lehrer-)Handeln eine kognitive Aktivität bei den Lernenden auslösen
soll (Niederkofler & Amesberger, 2016). Der zentrale Stellenwert der kognitiven Aktivierung wird im
nachfolgenden Kapitel beschrieben und wird bereits durch die häufige Nennung im Rahmen der Lite-
raturrecherche deutlich. Die übrigen fünf Merkmale werden als Vermittler zur kognitiven Aktivierung
verstanden und sollen sowohl durch die Aufgabe als auch durch das aufgabenbezogene (Lehrer-)Han-
deln angesteuert werden und zur Erreichung der kompetenzorientierten Lernziele beitragen.
Kompetenzorientierte Aufgabenkultur in Bildungs- und Sportwissenschaft
63
Im Bildungs- und sportwissenschaftlichen Kompetenzdiskurs liegen zahlreiche Auslegungen der sechs
o.g. Merkmale vor. Dabei ist zu unterscheiden zwischen normativ ausgerichteten Beiträgen, die Merk-
male zur Gestaltung von LLS konzipieren und empirisch ausgerichteten Beiträgen, die Indikatoren zur
Analyse von LLS operationalisieren. In den nachfolgenden Kapiteln werden die einzelnen Merkmale
dahingehend und hinsichtlich ihres Verständnisses in einzelnen Fächern sowie ihrer Bedeutsamkeit in
kompetenzorientierten LLS erläutert.
Kognitive Aktivierung
Das Merkmal kognitive Aktivierung nimmt, wie in Abb. 6 illustriert, einen herausragenden Stellenwert
im Rahmen einer kompetenzorientierten Aufgabenkultur ein. Es ist gleichzeitig das bedeutsamste und
das komplexeste Merkmal. Dies zeigt sich u.a. an einem eigens dafür entwickelten Modell von Nieder-
kofler & Amesberger (2016). Kleinknecht (2010) verweist ernüchternd zunächst jedoch darauf, dass
„die vertiefte theoretische Fundierung und empirische Überprüfung des Konstrukts bisher noch aus-
steht“ (ebd., S. 72).
Kognitive Aktivierung wird im Diskurs zur Aufgabenkultur im Sportunterricht (Herrmann et al., 2016;
Niederkofler & Amesberger, 2016; Pfitzner & Aschebrock, 2013; Seiler et al., 2016), in der Schul- und
Unterrichtsforschung bzw. Allgemeindidaktik (Feindt & Meyer, 2010; Kleinknecht, 2010) und naturwis-
senschaftlichen Fachdidaktiken (Leuders, 2009; Vogelsang, 2014) rege diskutiert. Im Folgenden wird
eine Aufarbeitung des dahinterstehenden Verständnisses, der theoretischen Fundierung, dem Bezug
zur Kompetenzorientierung und unterschiedlicher Operationalisierungsmöglichkeiten vorgenommen.
Ergänzend wird an entsprechenden Stellen sowohl auf die Bedeutung kognitiver Aktivierung für Auf-
gaben und für das aufgabenbezogene Handeln sowie auf die wechselseitigen Beziehungen mit den
anderen Merkmalen eingegangen.
Abb. 6: Merkmale kompetenzorientierter Lehr-Lernsituationen, orientiert an Aufgaben und dem aufgaben-
bezogenen Handeln
Kompetenzorientierte Aufgabenkultur in Bildungs- und Sportwissenschaft
64
Grundidee, Definition und theoretische Verortung
Einen ersten Weitblick auf zentrale Aspekte kognitiver Aktivierung bietet das Literaturresümee von
Kleinknecht (2010) im Rahmen seiner empirischen Studie. Im Mittelpunkt kognitiv-aktivierenden Un-
terrichts stehen danach komplexe und herausfordernde Aufgaben oder Probleme, zu denen Schü-
ler/innen Gelegenheit zur selbstständigen Auseinandersetzung erhalten. Vogelsang (2014) verortet
den Prozess der kognitiven Aktivierung in einem konstruktivistischen Lernverständnis, nachdem Ler-
nen grundsätzlich ein individueller, subjektiver, selbstgesteuerter und aktiver Konstruktionsprozess ist
(vgl. Kap. 4.1.1). Dieser hängt u.a. davon ab, welche „Bedeutung ein Individuum dem neuen ‚Lernin-
halt‘ beimisst und über welches Vorwissen es verfügt“ (ebd., S. 15). In diesem Sinne bezeichnet kogni-
tive Aktivierung das Schaffen von Lernumgebungen (u.a. Gelegenheiten, Bedingungen), die Lernende
zu individuellen und bedeutungsvollen Konstruktionsprozessen /kognitiven Denk- und Verständnispro-
zessen anregen. Einen weiteren Einblick in die kognitive Aktivierung geben die normativ ausgerichte-
ten Auslegungen von Feindt & Meyer (2010) sowie Leuders (2009). Feindt & Meyer (2010) skizzieren
kognitive Aktivierung aus Sicht der Schul- und Unterrichtsforschung. Danach sollen Lernende durch
angemessen komplexe und herausfordernde Aufgaben angeregt werden, unter Rückbezug auf ihr Vor-
wissen und Können, kreativ und eigenständig Lösungswege zu entwickeln und auszuprobieren. Leu-
ders (2009, S. 7) beschreibt kognitive Aktivierung aus Sicht der Mathematikdidaktik als Anregung zur
geistig aktiven Auseinandersetzung mit einem Lerngegenstand.
Niederkofler & Amesberger (2016) stellen ein umfangreiches „Struktur- und Prozessmodell der kogni-
tiven Aktivierung und Aktivität im Sportunterricht“ zur Diskussion. Sie unternehmen damit den Ver-
such, der bildungswissenschaftlichen „Forderung nach einer fachspezifischen Auslegung von kogniti-
ver Aktivierung im Sportunterricht“ (ebd., S. 198) nachzukommen (Klieme et al., 2007). Dabei konzent-
rieren sie sich ausschließlich auf das Bewegungshandeln. Auf Basis kognitionspsychologischer und
handlungstheoretischer Bezüge (Munzert & Raab, 2009; Nitsch, 1986) konzipieren die Autoren kogni-
tive Handlungsrepräsentationen als Grundlage für motorisches Handeln. Dabei unterscheiden sie zwi-
schen „kognitiver Aktivität (als kognitiver Prozess der Lernenden) und kognitiver Aktivierung (als expli-
zite Intention einer Lehrperson)“ (Niederkofler & Amesberger, 2016, S. 189). Als kognitive Aktivität
gelten in diesem Verständnis alle (expliziten und impliziten) kognitiven Prozesse, die die Aufnahme
und Verarbeitung sowie das Abrufen und Entwickeln von Repräsentationen betreffen. Als kognitive
Aktivierung ist die Intention der Sportlehrkraft gemeint, in Lernsituationen und -prozessen eine kogni-
tive Aktivität bei Lernenden auszulösen (Aufgaben) und durch professionelles Handeln zu begleiten
(aufgabenbezogenes Handeln). Kognitive Aktivierung zielt demnach auf die Anregung zu expliziten und
impliziten Informationsverarbeitungsprozessen, auf Verhaltensänderung und darauf, Lernenden eine
unterstützende kognitive Auseinandersetzung zu ermöglichen (ebd.).
Diese Unterteilung in kognitive Aktivität und kognitive Aktivierung greifen auch Herrmann et al. (2016)
auf. Im Fokus steht an dieser Stelle die Erfassung „guten (Sport-)Unterrichts“ (und nicht eine kompe-
tenzorientierte Aufgabenkultur). Grundlegend umschreiben sie kognitive Aktivierung „als die Anre-
gung zum vertieften Nachdenken und zur elaborierten (…) aktiven kognitiven Auseinandersetzung mit
dem Lerngegenstand“ (ebd., S. 80). Als fachspezifische Besonderheit stellen Herrmann et al. (2016) –
auch hier in Anlehnung an Niederkofler & Amesberger (2016) – die Konzipierung kognitiver Aktivierung
hinsichtlich motorischen Handeln heraus.
„Zentrale Elemente sind implizite und explizite Handlungsrepräsentationen. Dort werden bspw. typische Folgen
von Handlungsschritten (…) abgebildet. Neben dem Wissen, wie die Bewegung auszuführen ist, steuert die kog-
nitive Aktivität die Bewegung u.a. durch den motorischen Befehl. Kognitive Aktivierung fördert den Schüler also
im Aufbau bzw. der Veränderung von solchen Handlungsrepräsentationen“ (ebd., S. 81).
Kompetenzorientierte Aufgabenkultur in Bildungs- und Sportwissenschaft
65
Bezug zu Kompetenzorientierung, Aufgaben, aufgabenbezogenem Handeln und weiterer Merkmale
Kleinknecht (2010) konzipiert kognitive Aktivierung als zentrale Dimension einer kompetenzorientier-
ten Aufgabenkultur im allgemeinen Unterricht: „Ergebnisse der (…) empirischen Unterrichtsforschung
verweisen auf die hohe Bedeutung einer kognitiv-aktivierenden Aufgabenkultur für die Leistungsent-
wicklung der Lernenden“ (ebd. S. 2). Auch für Feindt & Meyer nimmt die kognitive Aktivierung im Rah-
men der Kompetenzorientierung einen besonderen Stellenwert ein: „Für kompetenzorientierten Un-
terricht gilt dies19 in besonderem Maße, weil Kompetenzen ausdrücklich dazu befähigen sollen, auch
völlig neue und unbekannte Anforderungssituationen zu meistern“ (Feindt & Meyer, 2010, S. 30). Auch
Pfitzner & Aschebrock (2013, S. 2) stellen kognitive Aktivierung im „Bündel hilfreicher Aspekte“ einer
kompetenzorientierten Aufgabenkultur im Sportunterricht als besonders relevant heraus.
Für die didaktisch-methodische Gestaltung von kompetenzorientierten Aufgaben und dem aufgaben-
bezogenem Handeln der Lehrenden bedeutet das Folgendes: Lehrkräfte sollen Rahmenbedingungen
und Aufgaben - wie im Rahmen des moderaten Konstruktivismus skizziert (Kap. 4.1.1) - so setzen, dass
eine bestimmte kognitive Aktivität bei den Lernenden ausgelöst wird, bspw. indem Informationen
weggelassen werden, die von den Lernenden erarbeitet werden müssen (Seiler et al., 2016). Seiler et
al. (2016, S. 323–325) führen über die Unterscheidung von Bewegungsanweisung, Bewegungsaufga-
ben und Lernaufgaben (vgl. Kap. 4.2) implizit zur kognitiven Aktivierung. Sie führen die bildungswis-
senschaftliche Forderung an, „Aufgabenformate zu entwickeln, die auf eine kognitive Aktivierung der
Lernenden abzielen“ (ebd., S. 323). Die darauffolgenden Ausführungen bündeln auch zahlreiche Auf-
gabenmerkmale (z.B. selbstgesteuerte erforschendes Lernen, Vorwissen einbeziehen, Reflexion), die
mit kognitiver Aktivierung assoziiert sind, ohne dass die Autoren selber diese Merkmale explizit an
diese Bezeichnung binden.
Hinsichtlich des Anregungs-/Aufforderungscharakters kognitiv-aktivierender Lernaufgaben geht es
nach Kleinknecht (2010) darum, dass diese als authentische und erkennbare Problemstellung konzi-
piert sind (vgl. Lebensweltbezug, Kap. 4.4.6), die unterschiedliche Lösungen und Lösungswege zulassen
(vgl. Offenheit, Kap. 4.4.2), damit zum Ausprobieren einladen und so zu kognitiver Aktivität anregen.
Kleinknecht (2010) hebt – neben weiteren Dimensionen, wie Individualisierung und Strukturierung, die
Rolle der Lehrkraft als Begleiter eines kognitiv-aktivierenden Lehr-Lern-Prozesses hervor (ebd., S. 70).
In einer Besprechungsphase bspw. ist kognitive Aktivierung demnach dadurch gekennzeichnet, dass
Lehrkräfte Gelegenheiten zur Ergebnisdarstellung einräumen, zur Argumentation und Diskussion über
die aufgeworfenen Probleme (Aufgaben) ermuntern und von den lernenden Rückmeldungen über den
Lernprozess einholen (vgl. Metakognition, Kap. 4.4.2) (ebd. S. 80).
Basis für methodisch-didaktisches Handeln und empirische Erfassung
Mit der Zielstellung einer empirischen Erfassung von Aufgaben und der Analyse des Handelns von Lehr-
kräften, operationalisieren Kleinknecht (2010) sowie Vogelsang (2014) kognitive Aktivierung sehr dif-
ferenziert und mit erkennbarem Theoriebezug. Angelehnt an die Unterteilung in Aufgaben und aufga-
benbezogenes Handeln der Lehrkraft (s.o.) in den drei Unterrichtsphasen Einführung, Bearbeitung und
Besprechung operationalisiert Kleinknecht Indikatoren kognitiver Aktivierung. Zur Analyse von Aufga-
ben werden zunächst die intendierten kognitiven Lerntätigkeiten sowie der Anregungs-/Aufforde-
rungscharakter einer Lernaufgabe in den Blick genommen (ebd., S. 76-77). Bei ersterer geht es darum,
„welche kognitiven Lernprozessziele die Aufgabe beinhaltet“ (ebd., S. 76). Als Referenzrahmen zieht
Kleinknecht – angelehnt an Vorbilder aus der empirischen Unterrichtsforschung – eine adaptierte und
vereinfachte Version der Lernzieltaxonomie nach Anderson und Krathwohl (2001) bzw. Bloom et al.
(1956) heran (vgl. Kap. 3.2). Indikator einer kompetenzorientierten Lernaufgabe ist demnach, dass sie
19 Gemeint ist hier das Stellen angemessener, komplexer Aufgaben (s.o.).
Kompetenzorientierte Aufgabenkultur in Bildungs- und Sportwissenschaft
66
explizit an einem konkreten kognitiven Lernziel ausgerichtet ist und entsprechende Lernaktivitäten ini-
tiiert. Für die unterrichtliche Einführungsphase sind Indikatoren kognitiver Aktivierung, „dass die Lehr-
kräfte ein bestimmtes Problem bzw. einen Konflikt- und Entscheidungsfall herausstellen sowie zum
individuellen Denken und Ausprobieren ermuntern (ebd., S. 78). Die Schülerarbeitsphase bezeichnet
Kleinknecht als ‚Lernbegleitungsphase‘, in der Lehrkräfte kognitive Aktivierung durch das Erkundigen
nach Erklärungen, Begründungen und Reflexionen sowie das Geben von Denkanstößen gestalten‘
(ebd. S. 79).
Vogelsang (2014), der aus der Physikdidaktik stammt und der empirischen Unterrichtsforschung zuzu-
ordnen ist, zielt wie auch Herrmann et al. (2016), in Anlehnung an Helmke (2015) auf die Analyse von
‚Unterrichtsqualität‘. Kognitive Aktivierung wird hier als eines von sechs Dimensionen von Unterrichts-
qualität konzipiert. Zur Erfassung des Handelns von Lehrenden zur kognitiven Aktivierung stellt Vogel-
sang insgesamt sieben Indikatoren20 heraus, u.a. Lernstatus bewusst machen (vgl. Metakognition, Kap.
4.4.2), Exploration von Vorwissen (Vorwissen aktivieren) und Denkweisen (vgl. Individualisierung, Kap.
4.4.5) sowie Umgang mit Vorstellungen der Lernenden. Im Hinblick auf eine kompetenzorientierte Auf-
gabenkultur (s.o.) und die Unterteilung in Aufgaben und das aufgabenbezogene Handeln erscheinen
folgende Indikatoren zentral:
• Schaffen herausfordernder Lerngelegenheiten, die „Lernende zum Nachdenken und Über-
legen bringen und so kognitive Konflikte erzeugen“ und
• Lehrende als Mediator: In dieser Rolle schaffen Lehrende in Interaktion mit lernenden Be-
dingungen für eine kompetenzorientierte Konstruktion von neuem Wissen über das Einfor-
dern von Begründungen, Stellungnahmen; einer moderierenden Haltung und Förderung
sozialen Aushandelns.
Zusammenfassung und Fazit
In Bezug zur vorliegenden Literatur versteht die Erlanger Arbeitsgruppe um Sygusch unter kognitiv ak-
tivierenden Aufgaben im Rahmen kompetenzorientierter LLS folgendes:
Kognitiv aktivierende Aufgaben sind Aktionsformen von Lehrenden zur Auslösung von kognitiver Aktivität von
Lernenden. Ziel kognitiver Aktivierung ist – im Zuge systematischer Kompetenzentwicklung – ein kognitiver Lern-
zuwachs durch die handelnde, selbstständige Auseinandersetzung mit Inhalten, die sich aus setting-/domänspe-
zifischen Anforderungssituationen ergeben.
In einem konstruktivistischen Verständnis spielen demnach sowohl Aufgaben als auch das aufgaben-
bezogene Handeln der Lehrperson eine entscheidende Rolle zur Anbahnung kognitiver Aktivität und
dem Auslösen von Konstruktionsprozessen. Dies gilt in besonderer Hinsicht für die Ansteuerung kom-
petenzorientierter Lernziele, „weil Kompetenzen ausdrücklich dazu befähigen sollen, auch völlig neue
und unbekannte Anforderungssituationen zu meistern“ (Feindt & Meyer, 2010).
Besonders offene, individualisierte und lebensweltnahe Aufgaben unterstützen die kognitive Aktivie-
rung auf Seiten der Lernenden.
Offenheit
Die Literaturreche hat gezeigt, dass das Merkmal Offenheit ein bedeutsames Merkmal für kompetenz-
orientierte LLS ist. Es wird im Zuge der Diskussion um Aufgabenkultur u.a. in der Allgemeindidaktik
20 Diese Indikatoren weisen deutliche Überschneidungen auch zu anderen Dimensionen kompetenzorientierter
Aufgabenkultur auf und könnten schlüssig auch dort zugeordnet werden
Kompetenzorientierte Aufgabenkultur in Bildungs- und Sportwissenschaft
67
(Maier et al., 2013), der Mathematikdidaktik (Blömeke et al., 2006; Leuders, 2009, 2014), im Sportun-
terricht [mit Bezugnahme zum Biologieunterricht] (Hößle & Jahnke, 2010; Kleinknecht et al., 2014;
Maier et al., 2013; Pfitzner & Aschebrock, 2013; Seiler et al., 2016) und der beruflichen Bildung (Bloe-
men & Schlömer, 2012) diskutiert.
Im Folgenden wird eine Aufarbeitung des dahinterstehenden Verständnisses, der theoretischen Fun-
dierung, dem Bezug zur Kompetenzorientierung und unterschiedlicher Operationalisierungsmöglich-
keiten vorgenommen. Ergänzend wird an entsprechenden Stellen sowohl auf die Bedeutung von Of-
fenheit für Aufgaben und für das aufgabenbezogene Handeln sowie auf die wechselseitigen Beziehun-
gen mit den anderen Merkmalen eingegangen.
Grundidee, Definition und theoretische Verortung
Die Forschung zur Aufgabenkultur im Sportunterricht orientiert sich hinsichtlich des Merkmals Offen-
heit an vielen Stellen an der Allgemeindidaktik (Kleinknecht et al., 2013; Maier et al., 2013). Definitio-
nen thematisieren weitgehend übereinstimmend eine Lösungsweg- und Ergebnisoffenheit. In der be-
ruflichen Bildung und Mathematikdidaktik wird diese um die Problemoffenheit (bei Blömeke et al.,
2006, S. 337 ‚Offenheit in der Aufgabenstellung‘) ergänzt. In Anlehnung an Hößle und Jahnke (2010)
lassen kompetenzförderliche Aufgaben „die Möglichkeit offen, mehrere alternative Lösungsmöglich-
keiten zu entwickeln und nicht über einen engen, vorab festgelegten Weg zum Ziel zu gelangen“ (Pfitz-
ner & Aschebrock, 2013). Bloemen und Schlömer (2012, S. 131) definieren Offenheit prägnant über
die Differenzierung in die „Art der Präsentation des zu bearbeitenden Problems (Problemoffenheit),
die Freiheitsgrade bei der Wahl des Lösungsweges (Lösungswegoffenheit) und die Heterogenität mög-
licher Handlungs- und Lernergebnisse (Ergebnisoffenheit)“. Leuders (2009) ergänzt in einer als Frage
formulierten Definition darüber hinaus die Aspekte ‚subjektive Erfahrungen‘ und ‚Bewertungen der
SuS‘:
„Erlaubt die Aufgabe verschiedene Lernwege, z. B. in Form multipler Lösungen, verschiedener Interpretationen,
persönlicher Bewertungen usw.? Kommen die subjektiven Erfahrungen der Schüler vor oder bei der Bearbeitung
der Aufgabe zur Geltung?“ (Leuders, 2009, S. 7, 2014).
Eine klare theoretische Verortung des Merkmals Offenheit wird i.d.R. nicht vorgenommen. Eine Pas-
sung zum konstruktivistischen Grundverständnis wird jedoch anhand der genannten Definitionen
schnell sichtbar: Indem offene Aufgaben die Lernenden dazu anregen, eigene Lösungen zu entwickeln,
sollen Konstruktionsprozesse auf Seite der Lernenden ausgelöst und unterstützt werden, anstelle von
Wissen zu ‚transportieren‘
Bezug zu Kompetenzorientierung, Aufgaben, aufgabenbezogenem Handeln und weiterer Merkmale
Explizite (Bloemen & Schlömer, 2012) und implizite (Blömeke et al., 2006) Bezüge zur Bedeutsamkeit
für kompetenzorientierte LLS lassen sich ebenfalls identifizieren. Offene, also zunächst wenig struktu-
rierte, Probleme zu identifizieren (Problemlösefähigkeit) gilt qua Definition als Ziel von Kompetenzori-
entierung (Weinert, 2001). Um diese zu erreichen sollten kompetenzorientierte LLS eben solche Kom-
petenzen und Fähigkeiten anbahnen. Sportspezifisch wird der Begriff der Offenheit häufig in Verbin-
dung mit der Unterscheidung von geschlossenen Bewegungsanregungen hin zu offenen Bewegungs-
oder Lernaufgaben verwendet (Seiler et al., 2016). I.d.R. bleibt es an dieser Stelle aber bei Benennun-
gen; klare Definitionen, Abgrenzungen oder theoretische Bezüge werden nicht vorgenommen. Jedoch
zeichnen sich insbesondere Lernaufgaben durch eine hohe Offenheit aus (vgl. Kap. 4.2). Da es Konsens
zu sein scheint, dass die Lernaufgabe ‚das‘ Instrument zum Kompetenzerwerb ist (Pfitzner, 2012), kann
somit implizit begründet werden, dass Aufgaben zum Kompetenzerwerb offen gestaltet sein sollten.
Kompetenzorientierte Aufgabenkultur in Bildungs- und Sportwissenschaft
68
Die Ergänzung um die subjektive Erfahrungsoffenheit (s.o.) lässt sich weiterhin mit dem Gedanken der
Erfahrungsoffenheit sensu Kurz (2003) verknüpfen und scheint eine lohnenswerte Erweiterung. Dies
gilt insbesondere in Verknüpfung mit dem Merkmal der Reflexion. Da diese auf den erlebten Erfahrun-
gen der Lernenden beruht. Für eine erfolgreiche Reflexion sollten Aufgaben also offen gestaltet sein,
um entsprechende Erfahrungen überhaupt zu ermöglichen. Eine weitere Verknüpfung ist zum Merk-
mal Individualisierung festzustellen, in dem offene Aufgaben mit der Möglichkeit über unterschiedli-
che Lösungswege zu unterschiedlichen Ergebnissen zukommen ein Potenzial für eine individuelle bzw.
differenzierte Aufgabenbearbeitung bieten (Roth, 2014).
Basis für methodisch-didaktisches Handeln und empirische Erfassung
Das Merkmal Offenheit findet sich häufiger in empirischen, als in normativen Publikationen. Im Rah-
men einer allgemeindidaktischen Analyse von Lern- und Leistungsaufgaben (Kleinknecht et al., 2013)
entwickeln Maier et al. (2013) dazu empirische Indikatoren. Als ein Indikator wird die Offenheit von
Aufgabenstellungen benannt. Dazu wird eine Unterscheidung zwischen dem Anfangszustand, der
Transformation und dem Zielzustand einer Aufgabe vorgenommen (ebd.). Dieselbe Unterscheidung
wird auch in der beruflichen Bildung getroffen und wie folgt beschrieben:
„Problemoffene Aufgaben sind dadurch gekennzeichnet, dass die Ausgangslage oder Fallbeschreibung einer
Lernaufgabe (…) weitestgehend schlecht strukturiert wird und von den Lernenden selbst in gut strukturierte
Problembeschreibungen umgewandelt werden muss (Gerdsmeier, 2004; Gödecke, 2004). Probleme sind (…)
definiert durch die drei Komponenten unerwünschter Anfangszustand, wünschenswerter Zielzustand und Bar-
rieren, die der Transformation des Anfangszustandes in den Zielzustand entgegenstehen. Erst durch selbstbe-
stimmtes Entdecken von Problemen werden innere Konflikte beim Lernenden ausgelöst und die Lernaufgabe
als ein motivierender Lernanlass akzeptiert (Rebmann, 2001). Kompetenzorientierter Unterricht sollte auch des-
halb problemoffen gestaltet werden, weil der berufliche Alltag geprägt ist von komplexen schlecht-strukturier-
ten Problemlagen, die es zunächst genau zu analysieren gilt, bevor berufliche Entscheidungen getroffen werden
können (Gerdsmeier, 2004)“ (Bloemen & Schlömer, 2012, S. 131).
Neben der Erörterung der drei Phasen Anfangszustand, Transformation und Zielzustand wird durch
diese Beschreibung ein expliziter Bezug zur Kompetenzorientierung hergestellt, indem konstatiert
wird, dass zur Erlangung einer (beruflichen) Handlungskompetenz (=Lösung von alltäglichen Proble-
men)21 diese Art von Problemen in LLS erprobt werden sollte (Bloemen & Schlömer, 2012).
Für ihre allgemeindidaktische Analyse differenzieren Maier et al. (2013) Aufgaben weiterhin in drei
Typen, die unterschiedlich stark geöffnet und somit auch unterschiedlich komplex sind:
„Definierte und konvergente Aufgaben haben einen eindeutigen Arbeitsauftrag bzw. eine klar identifizierbare
Fragestellung. Eine Lösung ist gesucht bzw. richtig. Wobei die richtige Lösung nicht unbedingt sichtbar sein muss
(nur bei Aufgaben mit Mehrfachwahlantworten).
Definierte und divergente Aufgaben haben einen eindeutigen Arbeitsauftrag bzw. eine klar identifizierbare Fra-
gestellung. Allerdings sind mehrere Lösungen (bzw. Lösungswege) denkbar bzw. gesucht. In der Regel werden
die Lernenden auf diesen Umstand hingewiesen (als Teil des eindeutigen Arbeitsauftrags).
Ungenau definierte und divergente Aufgaben geben der Schülerin bzw. dem Schüler Informationen über ein
Problem bzw. eine Situation. Allerdings wird keine klare Frage gestellt oder kein Arbeitsauftrag gegeben. Die
Situation impliziert unterschiedliche Fragestellungen. Die Problemsituation an sich ist die „Handlungsaufforde-
rung“. Damit sind auch automatisch mehrere Lösungen (bzw. Lösungswege) denkbar bzw. richtig“ (Maier et al.,
2013, S. 35–36).
21 (z.B. bei Weinert, 2001 "bei Individuen verfügbare oder durch sie erlernbare kognitive Fähigkeiten und Fertig-
keiten, um bestimmte Probleme zu lösen“
Kompetenzorientierte Aufgabenkultur in Bildungs- und Sportwissenschaft
69
Im viel zitierten Sammelband von Pfitzner (2014b) zur Aufgabenkultur im Sportunterricht übertragen
Kleinknecht et al. (2014) dieses allgemeindidaktische Aufgabenanalyseraster auf den Sportunterricht
hinsichtlich der Überprüfung der Offenheit der Aufgabenstellung (definierter und konvergenter, defi-
nierter und divergenter sowie schlecht definierter und divergenter Aufgaben). Als Ergebnis der Aufga-
benanalyse im Fach Sport mit Hilfe allgemeindidaktischer Merkmale stellen die Autoren fest, dass die
Relevanz der benannten Merkmale (u.a. Offenheit der Aufgabenstellung) gegeben zu sein scheint, dass
jedoch fachdidaktische Übersetzungsleistungen vorzunehmen sind, da „in einem Fach [stehen] die kog-
nitiven Prozesse immer in Verbindung mit inhaltlichen Wissens- oder Kompetenzbereichen stehen,
sodass die allgemeindidaktischen Kriterien fachdidaktisch auszudifferenzieren sind“ (Kleinknecht et al.,
2014, S. 156).22 Diesen Ausführungen folgend spielt das Merkmal Offenheit eine besondere Rolle im
Rahmen der Gestaltung von Aufgaben und weniger für das aufgabenbezogene Handeln.
Zusammenfassung und Fazit
Zunächst ist festzustellen, dass das Merkmal Offenheit in verschiedenen Diskursen eine Rolle spielt
und dadurch als bedeutsam eingestuft werden kann. Gleichzeitig fällt auf, dass Definitionen und Erör-
terungen des dahinterliegenden Verständnisses nur bedingt auf tiefgehenden theoretischen Verortun-
gen basieren, ein konstruktivistischer Grundgedanke jedoch zu erkennen ist. Dies könnte darin begrün-
det liegen, dass der Begriff Offenheit alltagsgebräuchlich und damit als allgemein bekannt vorausge-
setzt wird und eine Verortung als nicht notwendig erachtet wird. Nichtsdestotrotz herrscht eine große
Übereinstimmung im Verständnis von Offenheit, das sich v.a. in empirischen Analysekriterien nieder-
schlägt. In der zeitlichen Abfolge eines Lernprozesses bzw. der Aufgabenbearbeitung kann sich das
Merkmal Offenheit an verschiedenen Stellen zeigen, z.B. bei Aufgaben im Anfangszustand, der Trans-
formation und dem Zielzustand (Maier et al., 2013).
In einer Definition von Offenheit als Kriterium kompetenzorientierter LLS (im Sport) sollten resümie-
rend die Aspekte Problemoffenheit, Lösungswegoffenheit, Ergebnisoffenheit (Bloemen & Schlömer,
2012) sowie Erfahrungs- und Deutungsoffenheit (Kurz, 2003; Leuders, 2009) enthalten sein.
Reflexion
Die Literaturreche hat gezeigt, dass Reflexion häufig nicht - weder in normativen, noch in empirischen
Arbeiten - explizit als Merkmal für ‚guten‘ bzw. kompetenzorientierten Unterricht benannt wird. In der
Diskussion um Aufgabenkultur wird Reflexion dennoch sehr häufig als Prozess im Rahmen von LLS the-
matisiert. Dies gilt u.a. für die Schul- und Unterrichtsforschung bzw. Allgemeindidaktik (Feindt &
Meyer, 2010; Kleinknecht, 2010; Reusser, 2014), den Sportunterricht (Neumann, 2014; Pfitzner, 2012,
2014b; Pfitzner & Aschebrock, 2013; Seiler et al., 2016) die Mathematik- und Physikdidaktik (Leisen,
2010; Leuders, 2009) und die Hochschulbildung (Schaper, 2012).
22 Weitere Benennungen des Kriteriums Offenheit finden sich bei Neumann (2014) und exemplarisch
am Beispiel für Tanzaufgaben erläutert bei Behrens (2014).
Kompetenzorientierte Aufgabenkultur in Bildungs- und Sportwissenschaft
70
Grundidee, Definition und theoretische Verortung
Reflexion war bereits vor der neueren Kompetenzdiskussion von Bedeutung für ‚guten‘ Unterricht
(Schön, 1983). In der jüngeren Zeit wird der Diskurs darüber jedoch vermehrt unter dem Stichwort
Aufgabenkultur im Rahmen der Kompetenzorientierung geführt. Dies gilt sowohl für das Fach Sport,
hier verknüpft Neumann (2014) das Merkmal der Reflexion explizit mit dem Format der Lernaufgabe
(vgl. Kap. 4.1):
„Wir sprechen mit Blick auf die in der Kompetenzdiskussion angemahnte Kopplung von Wissen und Können
dann von einer Lernaufgabe, wenn das Bewegungshandeln im Sportunterricht einer Reflexion ausgesetzt wird“
(Neumann, 2014, S. 188),
als auch für andere Fachdidaktiken. Auf Grund der unterschiedlichen Diskurse, in denen reflexive Pro-
zesse in LLS eine Rolle spielen, kann auf eine gewisse Bedeutsamkeit geschlossen werden. Eine nähere
Betrachtung zeigt dabei zwei Auffälligkeiten: Zum einen wird Reflexion i.d.R. nur randständig themati-
siert. Häufig bleibt es bei der Benennung des Prozesses - eine vertiefte Auseinandersetzung mit einer
theoretischen Aufarbeitung und Definitionen bilden die Ausnahme. Zum anderen werden unterschied-
liche Begriffe verwendet, die sich im weitesten Sinn um das Thema Reflexion drehen. Eine klare Ver-
ortung und Abgrenzung zwischen verschiedenen Begriffen wird i.d.R. nicht vorgenommen. Präsent
sind v.a. die Begriffe Reflexion, Transfer und Metakognition. Unter Metakognition oder auch Selbstre-
flexion wird die Auseinandersatzung mit dem eigenen Lernprozess verstanden. Mit Transfer wird die
Übertragung des Lerngegenstandes auf andere Situationen oder Lerngegenstände gemeint. Unter
dem Überbegriff Reflexion kann demnach sowohl die Reflexion des Lernprozesses (Metakogni-
tion/Selbstreflexion) als auch die Reflexion des Lerngegenstandes (Transfer) gemeint sein.
Im Rahmen kompetenzorientierter LLS (im Fach Sport) scheint der Reflexion eine zentrale Bedeutung
zuzukommen,
„denn ein kompetenzorientierter Sportunterricht, der Lernen als einen aktiven, selbstgesteuerten und konstruk-
tiven Prozess betrachtet, in dem sich die Lernenden neue Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten auf Basis
ihrer bereits zuvor gemachten Erfahrungen aneignen und dabei stets reflektieren, was und wozu sie gerade
etwas gelernt haben, stellt die Gestaltung des Unterrichts in ein neues Licht“ (Aschebrock, Edler-Köller & Maaß,
2010; Seiler et al., 2016).
Die Übergabe von Mitverantwortung (‚aktiven, selbstgesteuerten und konstruktiven Prozess‘) am
Lernprozess an die Lernenden erfordert zwangsweise einen Vergleich zwischen Lernziel und Lerner-
gebnis. Für dessen Bewertung sind wiederum Reflexionsprozesse auf Seite der Lernenden notwendig,
zunächst über den Lerngegenstand und dann zur Ursachenklärung für die (Nicht-)Erreichung von Zielen
über den eigenen Lernprozess und Lernstrategien.
Analog zu den vorhergehenden Kapiteln wird nachfolgend eine Aufarbeitung des Reflexionsverständ-
nisses, der theoretischen Fundierung, dem Bezug zur Kompetenzorientierung und unterschiedlicher
Operationalisierungsmöglichkeiten vorgenommen. Ergänzend wird an entsprechenden Stellen sowohl
auf die Bedeutung von Reflexion für Aufgaben und für das aufgabenbezogene Handeln sowie auf die
wechselseitigen Beziehungen mit den anderen Merkmalen eingegangen.
Reflexion des Lernprozesses (Metakognition/Selbstreflexion)
In der Diskussion um Aufgabenkultur im Sportunterricht betont Neumann (2014) im Sinne von Me-
takognition, dass „SuS [sollen] ein Lernprodukt erstellen, ihren Lernzugewinn reflektieren und den
handelnden Umgang mit Wissenskomponenten üben“ sollen (S. 188). Gissel (2014) bezieht sich im
selben Sammelband auf zwei Autoren aus der Sportphilosophie und Sportpädagogik, die sowohl von
metakognitiven Prozessen als auch von Reflexionsprozessen sprechen:
Kompetenzorientierte Aufgabenkultur in Bildungs- und Sportwissenschaft
71
„Umfassende Bewegungskompetenz ergebe sich nicht nur aus der Aneignung von Bewegungsformen
wie dem schnellen oder ausdauernden Laufen, sondern aus der Reflexion im Vollzug sowie aus der
Reflexion über den Vollzug und die damit verbundenen Widerfahrnisse“ (Franke, 2007, 176ff).
Es kommt also nicht nur darauf an, „dass die Schüler das Laufen lernen, sondern auch darauf, was sie
am Laufen lernen“ (Gissel, 2014, S. 70; Kurz, 2008, S. 217).
In der Allgemeindidaktik wird die Selbstreflexion bzw. Metakognition als Gelingensfaktor für den Er-
werb überfachlicher Kompetenzen benannt. Reusser (2014) versteht darunter eine „Arbeitsrück-
schau“, das „Lernen lernen“ und einen „Strategieaufbau“. Ähnlich beschreiben Feindt und Meyer
(2013, S. 32) den Begriff der Metakognition: „Als Sonderform der Reflexion meint Metakognition die
individuelle oder gemeinsame Reflexion des individuellen Lernfortschritts, der, empirisch belegt, den
Lernfortschritt erhöht“. An dieser Stelle wird die Metakognition also als Teilaspekt der Reflexion be-
schrieben, der auf den individuellen Lernfortschritt abzielt (Feindt & Meyer, 2010). Dazu sollen sich in
einem konstruktivistischen Grundverständnis Phasen der direkten Instruktion mit Phasen zur Reflexion
des Lernfortschritts abwechseln. „Besonders hilfreich ist es, wenn sich die Schüler(innen) klar machen,
welche Lernstrategien sie zur Bearbeitung welcher Aufgaben genutzt haben“ (Feindt & Meyer, 2010,
S. 32). In der Mathematik- und Physikdidaktik finden sich ebenfalls Hinweise zur Metakognition. Schü-
ler und Schülerinnen sollen „über Lösungswege und verwendete Strategien reflektieren und diese be-
werten“ (Leuders, 2009, S. 7) oder ihren „Lernzugewinn definieren“ (Leisen, 2010, S. 63). Im Fachgut-
achten zur Kompetenzorientierung im Bereich der Hochschulbildung (Schaper, 2012) wird eine Kom-
bination beider Elemente – also der Metakognition und der Reflexion des Lerngegenstandes (vertiefte
intellektuelle Durchdringen und Beurteilen der fachlichen Praxis) thematisiert:
„Darüber hinaus gilt es neben der Einübung von Anwendungs- und Praxisfähigkeiten auch Reflexions-
elemente in den Lernprozess zu integrieren. Hiermit wird insbesondere das vertiefte intellektuelle
Durchdringen und Beurteilen der fachlichen Praxis ermöglicht und den Aufbau metakognitiver Fähig-
keiten im Umgang mit Praxisanforderungen gefördert“ (Schaper, 2012, S. 58).
„Um sozial-kommunikative und personale Kompetenzen beim hochschulischen Lernen zu fördern, soll-
ten auch Anforderungen und Fördermaßnahmen … sowie Anforderungen und Unterstützungsmaßnah-
men zur reflexiven Auseinandersetzung mit den eigenen Problemlösungen und dem eigenen Lernpro-
zess (z. B. im Rahmen von Feedbacksitzungen zu Präsentationen oder anhand von Studientagebü-
chern) einbezogen werden“ (Schaper, 2012, S. 60).
Reflexion des Lerngegenstands (Transfer)
Die Anbahnung von Reflexionsprozessen in einem Transferverständnis wird im Setting Schulsport z.B.
bei Pfitzner und Aschebrock (2013) oder Pfitzner (2012, S. 60) deutlich: „Ein Transfer auf neue Situati-
onen kann gefördert werden, indem Lernaufgaben in Verbindung mit bereits bestehendem Vorwissen
und Erfahrungen der Lernenden stehen“. Die reflektierte Auseinandersetzung mit dem Lerngegen-
stand wird an folgender Stelle deutlich: „Auf der Ebene der Unterrichtsplanung wird der Kompetenz-
zuwachs durch die reflektierte Auseinandersetzung mit den Lernforderungen innerhalb der einzelnen
Aufgabenstellungen auf der Wissens- und Handlungsebene gesichert“ (Pfitzner & Aschebrock, 2013, S.
3).
In seiner empirischen allgemeindidaktischen Arbeit beschreibt Kleinknecht (2010) den Transfer bzw.
die Übertragung auf größere Zusammenhänge als einen Prozess im Rahmen von LLS. Dabei bezieht er
sich auf ein erziehungswissenschaftliches Modell von Oser und Baeriswyl (2001, S. 1046). An dieser
Stelle wird damit die Reflexion des Lerngegenstands thematisiert, nicht des eigenen Lernprozesses.
Auch bei Kleinknecht (2010) wird die Reflexion nicht explizit als ein Analysekriterium angelegt, sie
taucht jedoch als Indikator von anderen Analysekriterien auf (z.B. bei der ‚Begleitung der Lehrkraft in
Schülerarbeitsphasen‘). In der Mathematik- und Physikdidaktik finden sich weiterhin unspezifische
Kompetenzorientierte Aufgabenkultur in Bildungs- und Sportwissenschaft
72
Hinweise über Reflexionsprozesse, z.B. durch die Diagnose und Reflexion durch die Lehrkraft (Leisen,
2010).
Empirische Befunde zum Stellenwert von Reflexion konnten nicht identifiziert werden.
Einen direkten Bezug zu Aufgaben bzw. dem aufgabenbezogenen Handeln, wie bspw. bei der kogniti-
ven Aktivierung, ist an dieser Stelle nicht festzustellen. Die Ausführungen machen jedoch deutlich, dass
im Gegensatz zum Merkmal Offenheit die Anbahnung zur Reflexion verstärkt durch das aufgabenbe-
zogene Lehrerhandeln bzw. in der Nachbearbeitung von Aufgaben zum Tragen kommt. Wie oben be-
reits geschrieben liegen auch weniger konkrete empirische Analyseindikatoren für das Merkmal der
Reflexion vor.
Zusammenfassung und Fazit
Resümierend zeichnen sich zwei Ansätze zur Reflexion in kompetenzorientierten LLS ab:
• Metakognition erfährt eine größere Beachtung und beschreibt die Auseinandersetzung mit
dem eigenen Lernprozess, die auf einem Vergleich zwischen Lernzielen und Lernprodukten
(also dem Lernzuwachs) sowie eigener Lernstrategien basiert.
• Unter Reflexion wird außerdem eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand
verstanden, mit dem Ziel den Lernzuwachs zu festigen und zu erweitern. Dies steht häufig in
Verbindung mit einem Transfer des gelernten auf andere Situationen.
Es wird deutlich, dass die meisten Autoren implizit einem dieser beiden Verständnisse folgen, ohne
sich klar zu verorten oder abzugrenzen. Im Bereich der Hochschulbildung werden beide Aspekte syn-
thetisiert betrachtet (Schaper, 2012).
Empirische Ergebnisse zur Wirksamkeit liegen nur für die Metakognition vor (Feindt & Meyer, 2010).
Die vorgenommene Aufarbeitung zeigt aber, dass beide Aspekte der Reflexion eine große Relevanz für
kompetenzorientierte LLS zu haben scheinen und nicht das ein oder das andere anzusteuern ist. Viel-
mehr erscheint es sinnvoll die Art der Reflexion am entsprechenden Lernziel auszurichten. In diesem
Sinne wird die Metakognition als Reflexion des Lernprozesses verstanden und Reflexion im Sinne von
Transfer und Erweiterung als Reflexion des Lerngegenstandes.
Strukturierung
Die Literaturreche hat gezeigt, dass Strukturierung ebenfalls ein bedeutsames Merkmal für ‚guten‘
bzw. kompetenzorientierten Unterricht ist. Während es in der einschlägigen Diskussion zur Aufgaben-
kultur in der Sportwissenschaft bislang noch weniger Beachtung findet, wird es in anderen (Fach-)Di-
daktiken als sehr zentral angesehen und es liegen tiefgehende theoretische Verortungen dazu vor. Es
wird im Zuge der Diskussion um Aufgabenkultur u.a. in der Allgemeindidaktik (Kleinknecht, 2010), der
Physik- und Chemiedidaktik (Vogelsang, 2014) und der Lehrerbildung (Vogelsang & Reinhold, 2013;
Wyss et al., 2013) diskutiert.
Analog zu den vorhergehenden Kapiteln wird nachfolgend eine Aufarbeitung des Verständnisses, der
theoretischen Fundierung, dem Bezug zur Kompetenzorientierung und unterschiedlicher Operationa-
lisierungsmöglichkeiten von Strukturierung vorgenommen. Ergänzend wird an entsprechenden Stellen
sowohl auf die Bedeutung von Strukturierung für Aufgaben und für das aufgabenbezogene Handeln
sowie auf die wechselseitigen Beziehungen mit den anderen Merkmalen eingegangen.
Kompetenzorientierte Aufgabenkultur in Bildungs- und Sportwissenschaft
73
Grundidee, Definition und theoretische Verortung
Im Rahmen der Lehrerbildung wird Strukturierung von Vogelsang und Reinhold (2013, S. 328) als die
Fähigkeit der Lehrkraft definiert, „das Lernen der Schüler strukturell zu organisieren und eine fachlich
„sinnvolle“ Unterrichtsstruktur zu erzeugen“. Kleinknechts (2010) Verständnis scheint ein Stück weit
darüber hinaus zu gehen, indem es nicht nur um eine implizite logische Strukturierung des Unterrichts
geht, sondern auch darum den Lernenden zu helfen diese Strukturen zu erkennen und sie dadurch in
den Lernprozess einzubeziehen. Bezugnehmend auf das strukturorientierte Konzept nach Roth (1963)
sollen strukturierende Merkmale demnach den Lernenden helfen „wichtige Gelenkstellen im Unter-
richtsverlauf zu erkennen“ (Kleinknecht, 2010, S. 32). Dieses Verständnis, das strukturierenden Maß-
nahmen die Funktion zuschreibt die Lernenden aktiv in den Lernprozess einzubeziehen, findet sich
dann auch explizit in der Arbeit von Vogelsang (2014), der das Merkmal Strukturierung als eines von
sieben zentralen Qualitätsmerkmalen von Unterricht definiert23:
„Die Qualitätsdimension Strukturierung beschreibt die Gesamtheit aller Unterrichtsmerkmale, die eine ‚ange-
messene‘ räumliche, zeitliche und inhaltliche Unterrichtsstruktur ermöglichen und aufrechterhalten, die das
selbstbestimmte, aktive Lernen der Schüler unterstützt“ (ebd., S. 173).
Danach bezeichnen Einsiedler und Hardy (2010) dies auch als ‘kognitive Strukturierung’ (ebd.), die drei
Funktionen erfüllen soll: Unter ‚Lernstruktur‘ wird die Organisation und Strukturierung des Lernpro-
zesses verstanden, unter ‚Fachstruktur‘ die angemessene Anordnung und Strukturierung fachlicher24
Inhalte als Unterrichtsgegenstand. Unter ‚Struktureller Klarheit/Zielorientierung‘ wird v.a. das Ver-
deutlichen von Zielen und Abläufen des Unterrichts verstanden (Vogelsang, 2014, S. 173). Eine ent-
sprechende Modellierung und theoretische Verortung findet demnach in der Lehr-Lernforschung und
der allgemeinen Didaktik statt (ebd.). Um einen Lernprozess in seiner Struktur ‚ideal‘ abzubilden ver-
weisen sowohl Kleinknecht (2010) als auch Vogelsang (2014) auf Theorien zu Choreographien unter-
richtlichen Lernens, wie z.B. die Basismodelltheorie nach Oser und Baeriswyl (2001). Mit Hilfe dieser
Modelle können sowohl die Sichtstruktur von Unterricht, also die „beobachtbare Abfolge von Aktivitä-
ten im Unterricht“ (Vogelsang, 2014, S. 174), als auch Tiefenstrukturen, also die nicht beobachtbare
Abfolge von kognitiven Lernschritten auf Seiten der Lernenden (ausführlich in Vogelsang 2014, S. 173-
185) analysiert werden. Strukturierende Elemente haben neben der Erzeugung einer logischen (Sicht-
)Struktur auch die Funktion, es Lernenden zu ermöglichen „neues Wissen möglichst optimal in beste-
hende Wissensstrukturen einzuordnen“ (Vogelsang, 2014, S. 177).
Weiterhin wird unter dem Merkmal der Strukturierung z.B. auch die sprachliche, akustische, fachliche
und inhaltliche Klarheit subsumiert (Vogelsang, 2014, S. 179).
Abschließend fasst Vogelsang (2014) empirische Ergebnisse aus Metaanalysen zur Wirksamkeit von
Strukturierung zusammen. Eine gewisse Einschränkung erhält die Aussagekraft der Analysen dadurch,
dass in den zu Grunde liegenden Studien teilweise unterschiedliche der oben aufgeführten Aspekte
von Strukturierung untersucht werden. Insgesamt werden unterschiedliche Effektstärken für einzelne
Teilbereiche der Strukturierung beobachtet, die keine eindeutige Aussage zulassen, jedoch Hinweise
auf die Wirksamkeit für den Lernerfolg liefern:
„Generell werden in Metaanalysen uneinheitliche Befunde zum Zusammenhang zwischen Merkmalen der Struk-
turierung und Lernergebnissen auf Seiten der Schüler berichtet, wobei tendenziell eine ‚adäquate‘ Strukturie-
rung des Unterrichts auch in empirischen Forschungsergebnissen einen positiven Einfluss auf Lernergebnisse zu
23 Vogelsang verweist darauf, dass Strukturierung in verschiedenen Zusammenhängen als ein zentrales Qualitäts-
merkmal von Unterricht benannt wird (z.B. Meyer, 2004, Helmke, 2009/2015) (ebd., S. 174) 24 bei Vogelsang physikalischer
Kompetenzorientierte Aufgabenkultur in Bildungs- und Sportwissenschaft
74
zeigen scheint, der auch in Zusammenfassungen so angenommen wird (Lipowsky, 2006; Vogelsang, 2014, S.
181).
Bezug zu Kompetenzorientierung, Aufgaben, aufgabenbezogenem Handeln und weiterer Merkmale
Im Rahmen einer kompetenzorientierten Aufgabenkultur scheint der Aspekt der ‚Strukturellen Klarheit
und Zieltransparenz‘ von besonderer Bedeutung zu sein, dadurch, dass die Lernenden dazu angeregt
werden ihren Lernprozess aktiv und selbstständig mit zu verantworten. Dieser Aspekt erhält eine be-
sondere Bedeutsamkeit in Verknüpfung mit dem Merkmal der Reflexion (Kap. 4.4.2), in dem metakog-
nitive Prozesse, also z.B. die Reflexion über den eigenen Lernzuwachs, dringend erfordern, dass die
Lernenden ihre Lernziele kennen.
Kleinknecht (2010) verweist darauf, dass der Grad der Strukturierung nicht allein anhand des aufga-
benbezogenen Lehrerhandelns abzulesen ist, sondern die eingesetzten Aufgaben und Lernmaterialien
ebenfalls von Bedeutung sind (Hartinger & Hawelka, 2005). Das aufgabenbezogene Lehrerhandeln soll
danach v.a. darauf ausgerichtet sein, Inhalte zu strukturieren. Die Lehrkraft
„benennt etwa zu Beginn des Unterrichts Thema und Ziel der Stunde, bezieht sich auf das Vorwissen der Ler-
nenden, gibt individuell schriftliche und mündliche Hilfestellungen und fasst wesentliche Inhalte des Unterrichts
zusammen“ (Kleinknecht, 2010, S. 33).
Wie bereits in Kap. 4.4.1 zur kognitiven Aktivierung beschrieben, stellt Kleinknecht (2010) die beson-
dere Verbindung von kognitiver Aktivierung und Strukturierung heraus, indem die Bedeutung von
Zieltransparenz, Aus- und Rückblicken sowie Zusammenfassungen betont wird. „Strukturorientierte
Ansätze im Rahmen der Didaktik und Unterrichtsforschung verweisen (…) auf eine klar formulierte
Aufgabenstellung (Verständlichkeit) und die Bedeutung von lernförderlichen Hinweisen (inhaltliche
Strukturierung)“ (Kleinknecht, 2010, S. 76).
Basis für methodisch-didaktisches Handeln und empirische Erfassung
In der oben bereits beschriebenen Aufgabenpotenzialanalyse (Blömeke et al., 2006) wird das Merkmal
der Strukturierung durch den Indikator ‚Verständlichkeit‘, bei Trepke, Seidel und Dalehefte (2003) un-
ter dem Indikator ‚Zielorientierung‘ erfasst (Kleinknecht, 2010). Kleinknecht (2010) operationalisiert in
seiner empirischen Studie das Merkmal Strukturierung/Zielorientierung sowohl über die Gestaltung
von Aufgaben (z.B. über die Benennung von Schwierigkeiten und den Verweis auf Lernziele) als auch
über das aufgabenbezogene Lehrerhandeln (z.B. über die Klarheit von Arbeitsaufträgen).
Vogelsang operationalisiert das Merkmal Strukturierung in seiner empirischen Studie zur Unterrichts-
qualität im Physikunterricht über ‚Strukturelle Klarheit‘ (z.B. Darstellung von Zielen und Inhalten der
Stunde und Zusammenfassungen), ‚Sprachliche Klarheit‘, ‚Sprunghaftigkeit‘, ‚Lernstruktur‘ (z.B. Se-
quenzierung des Unterrichts) sowie ‚Fachliche Kohärenz‘ (z.B. strukturierter und verständlicher Zusam-
menhang von fachlichen Inhalten). Ebenso wie bei Kleinknecht beziehen sich die Indikatoren auf die
eingesetzten Aufgaben als auch auf das aufgabenbezogene Lehrerhandeln.
Zusammenfassung und Fazit
Resümierend ist festzustellen, dass das Merkmal der Strukturierung in der Forschung zur Aufgabenkul-
tur im Sportunterricht bislang nur randständig thematisiert wird, in anderen (Fach-)Didaktiken jedoch
einen sehr zentralen Stellenwert erfährt. So nimmt die Strukturierung in den umfangreichen theoreti-
schen und empirischen Qualifikationsarbeiten von Vogelsang (2014) und Kleinknecht (2010) eine wich-
tige Rolle ein und erfährt einen erkennbaren Theoriebezug. Demnach lassen sich verschiedene Aspekte
Kompetenzorientierte Aufgabenkultur in Bildungs- und Sportwissenschaft
75
von Strukturierung festhalten, die jeweils sowohl durch Aufgaben als auch das aufgabenbezogene Leh-
rerhandeln anzusteuern sind. Vogelsang (2014) beschreibt die drei Aspekte:
• Lernstruktur
• Fachstruktur
• Struktureller Klarheit/Zielorientierung
Demnach geht es sowohl um die Schaffung einer klaren Sicht-/Oberflächenstruktur im Unterricht als
auch darum die Lernenden z.B. durch eine klare Ziel- und Inhaltstransparenz sowie Aus- und Rückblicke
in den Lernprozess einzubeziehen und sie zu unterstützen neues Wissen in vorhandene Strukturen
einzuordnen (Tiefenstruktur). Die Definition von Vogelsang (2014, S. 173) macht diese Aspekte deut-
lich:
„Die Qualitätsdimension Strukturierung beschreibt die Gesamtheit aller Unterrichtsmerkmale, die eine ‚ange-
messene‘ räumliche, zeitliche und inhaltliche Unterrichtsstruktur ermöglichen und aufrechterhalten, die das
selbstbestimmte, aktive Lernen der Schüler unterstützt“ (ebd., S. 173).
Kleinknecht (2010) betont darüber hinaus die besondere Verknüpfung zwischen den Merkmalen Struk-
turierung und kognitive Aktivierung. Metaanalysen und empirische Befunde deuten auf einen positi-
ven Effekt von strukturierenden Elementen auf die Lernleistung der Lernenden hin (Vogelsang, 2014).
Individualisierung
Die Literaturreche hat gezeigt, dass Individualisierung ein bedeutsames Merkmal für ‚guten‘ bzw. kom-
petenzorientierten Unterricht ist. Es wird im Zuge der Diskussion um Aufgabenkultur u.a. in der Allge-
meindidaktik (Kleinknecht, 2010; Leisen, 2010; Reusser, 2014), der Mathematik- , Physik- und Che-
miedidaktik (Blömeke et al., 2006; Leuders, 2009, 2014; Vogelsang, 2014), im Sportunterricht (Gissel,
2014; Neuber, 2014; Neumann, 2014; Pfitzner, 2014a; Pfitzner & Aschebrock, 2013; Roth, 2014;
Schlechter & Pfitzner, 2014) und der Lehrerbildung (Wyss et al., 2013) diskutiert. Darüber hinaus wer-
den Bezüge zur pädagogischen Psychologie deutlich (Reinmann-Rothmeier & Mandl, 2006).
Analog zu den vorhergehenden Kapiteln wird nachfolgend eine Aufarbeitung des Verständnisses, der
theoretischen Fundierung, dem Bezug zur Kompetenzorientierung und unterschiedlicher Operationa-
lisierungsmöglichkeiten von Individualisierung vorgenommen. Ergänzend wird an entsprechenden
Stellen sowohl auf die Bedeutung von Individualisierung für Aufgaben und für das aufgabenbezogene
Handeln sowie auf die wechselseitigen Beziehungen mit anderen Merkmalen eingegangen.
Grundidee, Definition und theoretische Verortung
Vogelsang (2014) beschreibt, dass in der Erziehungswissenschaft die Begriffe Umgang mit Heterogeni-
tät, Passung, Individualisierung, Adaptivität und Schülerorientierung häufig synonym gebraucht wer-
den (Helmke, 2015). Vogelsang verortet sich selbst in einem psychologisch-orientierten Ansatz und
bezieht sich u.a. auf die Selbstbestimmungstheorie nach Ryan & Deci (2000) und die aptitude treat-
ment interaction-Forschung (Cronbach & Snow, 1981). Danach wird Individualisierung25 auch als über-
geordnetes Universalprinzip für qualitativ ‚guten‘ Unterricht verstanden (Fischler, 2007), also als eine
übergeordnete Kategorie der Unterrichtsqualität. Diese Universalität wiederum erschwert jedoch die
theoretische Abgrenzung zu anderen Merkmalen (Vogelsang, 2014). Unter einem adaptiven Unterricht
versteht Vogelsang, dass
25 Gemeint sind an dieser und nachfolgenden Stellen jeweils auch synonyme Begriffe.
Kompetenzorientierte Aufgabenkultur in Bildungs- und Sportwissenschaft
76
„zielführende, aktive, selbstbestimmte Lernen von Schülern mit unterschiedlich stark ausgeprägten Lernvoraus-
setzungen, wie z.B. unterschiedlicher kognitiver Fähigkeit oder unterschiedlich ausgeprägten Kompetenzen, un-
terstützt und ein möglichst individuell angepasster Lernprozess für jedes Mitglied der Lerngruppe ermöglicht
wird“ (Vogelsang, 2014, S. 186).
Ähnlich verstehen Blömeke et al. den Aspekt und beschreiben als Differenzierung:
„Die Chance auf Bewältigung impliziert, dass auch in heterogenen Lerngruppen für alle Schülerinnen und Schüler
eine Bearbeitung möglich sein muss. Besitzt eine Aufgabe Potenzial zur (ggf. Selbst-)Differenzierung können im
Sinne des selbstgesteuerten Lernens individuelle Bearbeitungen auf unterschiedlichem kognitiven Niveau, in
unterschiedlicher Tiefe oder in unterschiedlichem Umfang erfolgen“ (Blömeke et al., 2006, S. 337).
Dabei orientiert sich diese Autorengruppe an Ansätzen der pädagogischen Psychologie (Reinmann-
Rothmeier & Mandl, 2006). Reinmann-Rothmeier & Mandl (2006) arbeiten, abseits des Kompetenzdis-
kurses, verschiedene entwicklungspsychologische Lehr-Lernansätze auf.
In einem größeren, allgemeindidaktischen Rahmen verortet Kleinknecht (2010) das Merkmal der Indi-
vidualisierung theoretisch in problemorientierte Konzepte der allgemeinen Didaktik und der Unter-
richtsforschung (Aebli, 1983). Demnach wird der Individualisierung in der Didaktik (Bönsch, 1995) und
in der Unterrichtsforschung (Corno & Snow, 1986) ein großer Stellenwert eingeräumt.
In der Diskussion um Aufgabenkultur wird Individualisierung häufig als ein Merkmal ‚guten‘ Unterrichts
bezeichnet und u.a. auf Helmke (2015) verwiesen. In diesem Zusammenhang wird auch das Angebots-
Nutzungs-Modell (ebd.) rezipiert, das besagt, dass Unterricht immer ein Angebot für die Lernenden
darstellt. Inwiefern diese das Angebot tatsächlich nutzen, ist von verschiedenen Faktoren abhängig,
wie z.B. den persönlichen Voraussetzungen. Diese Tatsache und weil Unterricht immer in einem Klas-
senverbund stattfindet, führt dazu, dass eine adaptive Unterrichtsgestaltung immer Grenzen unter-
liegt.
Zusammenfassend wird unter Individualisierung also die Ausrichtung des Unterrichts an den unter-
schiedlichen Lernvoraussetzungen der Lernenden verstanden. Das beinhaltet sowohl den individuellen
Lernstand als auch unterschiedliche Lernmethoden. Die Adaption (adaptive Steuerung durch die Lehr-
kraft) soll das individuelle Kompetenzerleben fördern, im Sinne des Konstruktivismus individuelle Kon-
struktionsprozesse anregen und sich so positiv auf die Motivation und das Interesse der Lernenden
auswirken und letztlich den Lernerfolg erhöhen.
Bezug zu Kompetenzorientierung, Aufgaben, aufgabenbezogenem Handeln und weiterer Merkmale
Im Rahmen der Kompetenzorientierung wird als Ziel von Individualisierungsmaßnahmen, in Bezug-
nahme auf Wang (1980), beschrieben, den Lernenden einen „individuell möglichst ‚optimalen‘ Kom-
petenzerwerb zu ermöglichen“ (Vogelsang, 2014, S. 186). Das heißt die Lernenden weder zu über- noch
zu unterfordern:
„Kompetenzförderliche Aufgabenstellungen sollen Potenzial zur Differenzierung besitzen. Hierbei geht es da-
rum, die unterschiedlichen Lernvoraussetzungen, -strategien und Interessenlagen der Lernenden über differen-
zierte Aufgaben mit unterschiedlichen kognitiven Niveaustufen, Lehr-/Lernwegen und Arbeitstempi oder über
verschiedene Darstellungen des Lerngegenstands und Sozialformen auszugleichen“ (Pfitzner, 2014a; Pfitzner &
Aschebrock, 2013; Schlechter & Pfitzner, 2014).
In der Diskussion um Aufgabenkultur im Sportunterricht ist der Begriff Differenzierung gebräuchlicher,
als Individualisierung. Eine explizite Abgrenzung der beiden Begriffe wird jedoch nicht vorgenommen.
Innerhalb dieser Diskussion beziehen sich die meisten Autoren auf die Arbeit aus der Mathematikdi-
daktik von Blömeke et al. (2006) (s.o.). Die Definitionen zur Individualisierung im Rahmen der kompe-
tenzorientierten Aufgabenkultur im Sportunterricht sind insgesamt jedoch etwas ausdifferenzierter,
als in den anderen Fachdidaktiken und der Allgemeindidaktik. Nach der Definition u.a. von Pfitzner &
Kompetenzorientierte Aufgabenkultur in Bildungs- und Sportwissenschaft
77
Aschebrock (2013) (s.o.) werden nicht nur unterschiedliche Lernstände berücksichtigt, sondern auch
Lernstrategien, Interessenlagen und Lerntempi. Die theoretische Fundierung wird jedoch in den Dis-
sertationen von Vogelsang (2014) und Kleinknecht (2010) tiefgreifender vorgenommen.
Betrachtet man das Merkmal Individualisierung getrennt voneinander für die Gestaltung von Aufgaben
und dem aufgabenbezogenen Handeln, rückt zunächst die Gestaltung von Aufgaben in den Blick. Ei-
nerseits im Kontext von kompetenzorientierten Lernaufgaben (vgl. Kap. 4.1): „Lernaufgaben sollen die
unterschiedlichen Voraussetzungen und Interessen der Lernenden berücksichtigen und entsprechend
differente Lernwege eröffnen“ (Neuber, 2014, S. 43). Andererseits im Kontext der Aufgabenanalyse:
Im Sammelband von Pfitzner zur Aufgabenkultur im Sportunterricht (2014b) verwenden eine Mehrzahl
von Autoren das Merkmal der Individualisierung in diesem Zusammenhang (Neumann, 2014).
Mit Bezug zum Modell der Aufgabenpotenzialanalyse nach Blömeke et al. (2006) bezieht sich Individu-
alisierung neben dem unmittelbaren Aufgabenpotenzial (z.B. unterschiedliche komplexe Aufgaben,
Wahlmöglichkeiten) jedoch auch auf das sprachliche Lehrerhandeln während der Aufgabenbearbei-
tung (z.B. konstruktive und klare Hinweise) (Kleinknecht, 2010).
Wie in Kapitel 4.4.2 bereits beschrieben, besteht darüber hinaus ein Zusammenhang zwischen dem
Merkmal Offenheit und der Individualisierung, indem offene Aufgabenstellungen i.d.R. Potenziale für
eine individualisierte Bearbeitung ermöglichen. Deutlich wird auch der Bezug zur kognitiven Aktivie-
rung insofern, dass individualisierte Lernmöglichkeiten das Ziel haben, individuelle kognitive Aktivitä-
ten auszulösen.
Basis für methodisch-didaktisches Handeln und empirische Erfassung
Vogelsang (2014) fasst empirische Befunde zur Individualisierung aus Metaanalysen zusammen und
stellt dabei fest, dass das Merkmal Individualisierung im Rahmen von empirischen Untersuchungen
häufig unterschiedlich operationalisiert wird, z.B. über die Indikatoren individual Instruktion, regula-
tion and monitoring, support, feedback and monitoring, adaptivity, self regulation. Die Wirkung eines
adaptiven Unterrichts konnte demnach empirisch bisher nicht eindeutig belegt werden. Gründe dafür
können einerseits in der unterschiedlichen Operationalisierung und andererseits an einer erschwerten
Abgrenzung zu anderen Qualitätsdimensionen/Merkmalen liegen (Vogelsang, 2014). Resümierend
wird jedoch „von einer hohen Bedeutung adaptiven Handelns für das ‚erfolgreiche‘ Lernen ausgegan-
gen“ (Vogelsang, 2014, S. 191)(Einsiedler & Hardy, 2010; Helmke, 2015; Seidel, 2009).
Kleinknecht (2010) beobachtet in seiner empirischen Studie, welche Individualisierungsmaßnahmen
die Lehrkraft vor und während der Aufgabenbearbeitungsphase vornimmt. Für die Individualisierungs-
maßnahmen vor der Durchführung der Aufgabenbearbeitungsphase kann die Individualisierung über
die Aufgabengestaltung oder über personale Maßnahmen (aufgabenbezogenes Handeln) analysiert
werden. Als Individualisierungsmaßnahme während der Durchführung der Aufgabenbearbeitungs-
phase kann die differenzierte Lernbegleitung erfasst werden. Als Möglichkeiten der Differenzierung
werden darüber hinaus sowohl offene Unterrichtsmethoden (Lernzirkel, Lernstation, Wochenplan, Ar-
beitsplan) als auch die Bearbeitung von Aufgaben innerhalb von Partner- oder Gruppenarbeit angese-
hen (Kleinknecht, 2010).
Empirische Forschungsergebnisse zum Individualisierungspotenzial von Aufgaben im Sportunterricht
zeigen, dass „ein großer Anteil, etwas weniger als die Hälfte, der kategorisierten Aufgaben [wurden]
der Kategorie ,kein Differenzierungspotenzial’ zugeordnet wurden“ (Messmer, 2014, S. 120; Plattner,
2012). Schlussfolgernd liegt an dieser Stelle in der Unterrichtspraxis noch weiteres Optimierungspo-
tential. Über ein explorativ-induktives Vorgehen zur Identifizierung von Gelingensfaktoren für einen
kompetenzorientierten Sportunterricht gelangt Roth (2014) zu den Merkmalen Individualisierung und
individueller Bezugsmaßstab. Dies wird damit begründet, dass Kompetenzen qua Definition individuell
sind (Weinert, 2001) und ihr Erwerb daher auch stark individualisiert ablaufen muss. Ziel ist es, dass
Kompetenzorientierte Aufgabenkultur in Bildungs- und Sportwissenschaft
78
Lernende selbsttätig Lösungen entwickeln (Roth, 2014). Zur Bewertung sollte dann auch der individu-
elle Maßstab angelegt werden.
Zusammenfassung und Fazit
Das Merkmal der Individualisierung scheint fächerübergreifend von Bedeutung für kompetenzorien-
tierte LLS zu sein. Dazu kursieren unterschiedliche Begriffe, die synonym verwendet werden. Häufig
wird auch von Differenzierung gesprochen. In jüngeren Diskursen wird dazu häufig auf Helmke (2015)
Bezug genommen. In zwei Dissertation der Allgemeindidaktik (Kleinknecht, 2010) und der Physik- und
Chemiedidaktik (Vogelsang, 2014) werden theoretisch vertiefte Verortungen vorgenommen. Dazu
werden Konzepte der allgemeinen Didaktik, wie das Problemorientierte Lernen (Aebli, 1983) in einem
konstruktivistischen Grundverständnis oder psychologisch-orientierte Ansätze (Ryan & Deci, 2000)
herangezogen. Ansätze von Lerntheorien der pädagogischen Psychologie (Reinmann-Rothmeier &
Mandl, 2006) werden verstärkt im Diskurs zur Aufgabenkultur im Sportunterricht zitiert. Eine explizite
Verknüpfung zur Kompetenzorientierung wird dabei u.a. über die Lernaufgabe von Neuber (2014) so-
wie von Roth (2014) hergestellt. Demnach ist das Merkmal der Individualisierung im Rahmen von Kom-
petenzorientierung besonders bedeutsam, da Kompetenzen qua Definition immer individuelle Wis-
sensbestände und Fähigkeiten abbilden. Dementsprechend müssen auch die Lernsituationen individu-
alisiert bzw. differenziert stattfinden (ebd.).
Dem Folge leistend, sollten kompetenzorientierte LLS vor und während Aufgabenbearbeitungsphasen
(Kleinknecht, 2010) Potenzial besitzen,
„unterschiedlichen Lernvoraussetzungen, -strategien und Interessenlagen der Lernenden über differenzierte
Aufgaben mit unterschiedlichen kognitiven Niveaustufen, Lehr-/Lernwegen und Arbeitstempi oder über
verschiedene Darstellungen des Lerngegenstands und Sozialformen auszugleichen“ (Pfitzner & Aschebrock,
2013, S. 3).
Lebensweltbezug
Die Literaturreche hat gezeigt, dass Lebensweltbezug ein bedeutsames Merkmal für ‚guten‘ bzw. kom-
petenzorientierten Unterricht ist und, dass ein recht breiter Konsens im Verständnis vorliegt. Dies gilt
gleichermaßen für normative und für empirische Zugänge. Lebensweltbezug wird im Zuge der Diskus-
sion um Aufgabenkultur u.a. in der Allgemeindidaktik (Feindt & Meyer, 2010; Kleinknecht, 2010; Klein-
knecht et al., 2013), im Sportunterricht (Neuber, 2014; Pfitzner, 2014a; Pfitzner & Aschebrock, 2013;
Schlechter & Pfitzner, 2014), der beruflichen Bildung (Bloemen & Schlömer, 2012) und der Lehrerbil-
dung (Wyss et al., 2013) diskutiert.
Analog zu den vorhergehenden Kapiteln wird nachfolgend eine Aufarbeitung des Verständnisses, der
theoretischen Fundierung, dem Bezug zur Kompetenzorientierung und unterschiedlicher Operationa-
lisierungsmöglichkeiten von Lebensweltbezug vorgenommen. Ergänzend wird an entsprechenden
Stellen sowohl auf die Bedeutung des Lebensweltbezugs für Aufgaben und für das aufgabenbezogene
Handeln sowie auf die wechselseitigen Beziehungen mit anderen Merkmalen eingegangen. Bezüglich
des Merkmals Lebensweltbezug herrscht in der untersuchten Literatur jedoch einerseits ein breiter
Konsens und andererseits sind die Ausführungen weniger stark ausdifferenziert, als bei den anderen
Merkmalen. Aus diesen Gründen ist auch die nachfolgende Darstellung des Merkmals entsprechend
weniger ausdifferenziert.
Unter Lebensweltbezug wird allgemein verstanden, dass Aufgaben und Maßnahmen des begleitenden
aufgabenbezogenen Lehrerhandelns in Bezug zur Lebens- und Alltagswelt der Lernenden stehen, „zu-
mindest immer kontextgebunden und situativ bedeutsam“ sind (Pfitzner, 2014a, S. 30). Dabei gilt es
Anforderungssituationen zu schaffen, die zugleich Anwendungssituationen - aus der Lebenswelt der
Kompetenzorientierte Aufgabenkultur in Bildungs- und Sportwissenschaft
79
Lernenden - für das neu erworbene Wissen und Können sind (Feindt & Meyer, 2010, S. 32). In der
beruflichen Bildung wird in diesem Zusammenhang von einem „hohen Alltagsbezug“ gesprochen (Blo-
emen & Schlömer, 2012, S. 131). Ein hoher Alltagsbezug trägt danach durch eine inhaltliche und bio-
graphische Relevanz zur Lernmotivation der Lernenden bei und regt in einem konstruktivistischen Ver-
ständnis so zu Wissenskonstruktionen an. Bei der Gestaltung von Aufgaben sind dementsprechend die
Vorerfahrungen und Interessen sowie der Entwicklungsstand der Lernenden zu berücksichtigen. Es gilt
dabei Lernende anzuregen (=kognitive Aktivierung, vgl. Kap. 4.4.1), alltägliche Erfahrungen zu reflek-
tieren (=Reflexion, vgl. Kap. 4.4.3) und auf Basis alternativer Konzepte zu interpretieren (ebd.).
Im Rahmen von kompetenzorientiertem Sportunterricht steht der Lebensweltbezug in enger Verbin-
dung mit der Lernaufgabe (s.o.) (Neuber, 2014; Pfitzner, 2014a): „Lernaufgaben sollen sich an den Le-
benswelten von Kindern und Jugendlichen orientieren“ (Neuber, 2014, S. 43). Parchmann & Bernholt
(2016) beschreiben Aufgaben in diesem Kontext als ‚Brücken zwischen Lebenswelt und Fachunter-
richt‘.
Zur empirischen Erfassung operationalisiert Kleinknecht (2010) als eines von vier zentralen Merkmalen
die Situierung im Unterricht über den Lebensweltbezug:
„Beim Lebensweltbezug handelt es sich um eine starke Verzahnung von schulischen Inhalten und der Lebens-
welt der Schüler/innen. Der Lebensweltbezug wird demnach als Relation zwischen domänenspezifischem Fach-
wissen und Erfahrungs- und Lebenswelt der Schüler/innen definiert“ (Kleinknecht, 2010 [Kodierleitfaden]).
Dabei wird der Lebensweltbezug der Aufgabe hinsichtlich seiner Authentizität auf einer vierstufigen
„Skala mit den Polen ‚authentischer Lebensweltbezug‘ und ‚kein Lebensweltbezug‘ eingeschätzt“
(ebd.). Selbiges gilt für die Begleitung der Lehrkraft im Rahmen des aufgabenbezogenen Handelns.
In einer Studie zum „Erwerb und Erfassung unterrichtlicher Kompetenzen im Lehrerstudium und im
Übergang in den Beruf“ wird der Lebensweltbezug, ähnlich wie bei Kleinknecht, auf einer vierstufigen
Skala überprüft. An dieser Stelle folgt jedoch eine Orientierung an Qualitätsdimensionen ‚guten‘ Un-
terrichts sensu Helmke (2015).
Im Rahmen der Aufgabenanalyse im Sportunterricht findet das Merkmal Lebensweltbezug– orientiert
am allgemeindidaktischen Analyseraster nach Kleinknecht (2010; Kleinknecht et al.) - ebenfalls mehr-
fache Berücksichtigung (Kleinknecht et al., 2014; Schlechter & Pfitzner, 2014).
Zusammenfassung und Fazit
Sowohl das normative Verständnis als auch die empirische Operationalisierung des Merkmals Lebens-
weltbezug erfährt domänenübergreifend einen breiten Konsens. Synonym wird der Begriff der Situie-
rung verwendet. Im Kern geht es darum Aufgaben zu stellen, die mindestens situativ bedeutsam für
die Lernenden erscheinen und bestenfalls ein authentisches Problem aus der Lebenswelt der Lernen-
den aufgreifen. Ziel ist es eine inhaltliche und biographische Relevanz herzustellen um eine kognitive
Aktivität der Lernenden anzuregen (vgl. Kap. 4.4.1). Dies gilt insbesondere für Lernaufgaben im Rah-
men kompetenzorientierter LLS.
Kompetenzorientierte Aufgabenkultur in Bildungs- und Sportwissenschaft
80
4.5 Aufgabenkultur in der Trainerbildung
Der Kenntnisstand zu kompetenzorientierten LLS in der nationalen und internationalen Trainerbildung
ist in seinem Grundverständnis zunächst anschlussfähig an den von Schule, Hochschulbildung oder be-
ruflicher Bildung (Kap. 4.4). Jedoch ist er weit weniger ausdifferenziert. Nachfolgend wird dargestellt,
welche Merkmale kompetenzorientierter LLS in der Trainerbildungsforschung und der Sportpraxis kon-
zipiert und analysiert werden.
Zunächst zeigt sich eine weitgehende Übereinstimmung in anwendungs- und wissenschaftlich orien-
tierten Arbeiten sowie im deutsch- und englischsprachigen Raum: Ausgehend von einer Kritik an ‚klas-
sischen‘ Lehr- und Lernmethoden (gemeint sind hier behavioristische/ kognitivistische Ansätze), die
träges und kaum anwendungsfähiges Wissen hervorbringen (Volck, 2012), soll in einem konstruktivis-
tischen Verständnis eine kompetenzorientierte Lernkultur über die reine Wissensvermittlung hinaus-
gehen und anwendungsbezogene Lerngelegenheiten schaffen, in denen Lernende selbst aktiv werden
(Borggrefe et al., 2006; Demers et al., 2006; Nordmann, 2006). Lehrenden wird dabei eine Rolle als
Begleiter des Kompetenzerwerbs zugeschrieben. Die o. g. Merkmale kompetenzorientierter LLS wer-
den nicht explizit aufgeführt, lassen sich aber in Teilen implizit erkennen; bspw. kognitive Aktivierung
und Lebensweltbezug. So stellen Ehnold et al. (2015) zur Entwicklung von Sozialkompetenz als bedeut-
sam heraus, aktiven und selbstregulierten „Erwerb von Wissen in dem Kontext zu verankern, der ihm
seine Bedeutung verleiht“ (Gerstenmainer & Mandl, 1995, S. 867).
Als konkrete methodische Maßnahmen werden bspw. Aspekte kooperativen Lernens, Rollenspiele o-
der Fallbeispiele herausgestellt. Als strukturelle Maßnahmen mit einem hohen Anwendungsbezug
beim Kompetenzerwerb werden Trainee- und Mentoren-Programme, Praktika, E-Learning bzw. Blen-
ded Learning Formate (Dolch, 2010; Ehnold et al., 2015; Nordmann, 2006) sowie weitere Varianten
informeller Lerngelegenheiten wie Hospitationen und Peer-Learning skizziert und bisweilen als wert-
voller eingestuft als die formale Trainerausbildung (Collins et al., 2012; Jones & Allison, 2014). Nord-
mann (2007) plädiert dafür, formelles und informelles Lernen im Rahmen der Trainerbildung systema-
tisch zusammenzuführen.
Empirische Befunde zur Anwendung kompetenzorientierter methodischer Maßnahmen in der Train-
erbildung liegen bislang nur vereinzelt vor. Bspw. untersuchen Jones und Allison (2014) ein 18-mona-
tiges Ausbildungsprogramm aus Teilnehmersicht (Videotagebuch, Befragungen). Sie ermitteln, dass
diese die Ausbildungsinhalte nur teilweise als praxisrelevant erlebt haben, der Kompetenzerwerb
durch die Dekontextualisierung als schwierig wahrgenommen wurde und der Wunsch nach größeren
Peer-Learning-Anteilen vorlag. Den größten Nutzen haben die Teilnehmer im informellen Lernen ge-
sehen. Einen Versuch Fallarbeit als Lehr-Lernstrategie einzusetzen, um pädagogische Aspekte des Leis-
tungssports zu thematisieren wurde von den Autoren als nicht erfolgreich, aber dennoch mit Potential,
eingestuft (Thiele, Schierz & Fischer, 2006).
Zusammenfassung und empirische Implikationen
81
5 Zusammenfassung und empirische Implikationen
In diesem Kapitel werden zunächst die zentralen Aspekte des theoretischen Teils (Kap. 2-4) resümiert
und anschließend Implikationen für den empirischen Teil der Arbeit abgeleitet.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es zu prüfen, inwiefern die Kompetenzansprüche der DOSB-Ausbil-
dungsrahmen zum Trainer-Leistungssport in den Ausbildungskonzeptionen und der Ausbildungswirk-
lichkeit von vier Mitgliedsverbänden eingelöst werden. Als forschungsleitend haben sich die drei As-
pekte (a) Kompetenzverständnis, (b) Ziele sowie (c) methodische Gestaltung herauskristallisiert. Dem-
entsprechend standen diese drei Aspekte auch im Mittelpunkt der theoretischen Betrachtung unter
dem Fokus einer kompetenzorientierten Trainerbildung. Da die Diskussion zur Kompetenzorientierung
in der Trainerbildungsforschung bislang noch weniger ausdifferenziert ist, als in verwandten Domänen,
wurden Erkenntnisse und Diskussionen aus der Schüler-, Lehrer-, Hochschul- und beruflichen Bildung
maßgeblich in die Betrachtung einbezogen.
(a) Kompetenzverständnis
Es wurde grundlegend herausgestellt, dass der Kompetenzbegriff in Deutschland nach „Pisa 2000“ ei-
nen vehementen Aufschwung erlebt hat; sowohl auf politischer und (bildungs-)praktischer als auch auf
wissenschaftlicher Ebene. Es wird an dieser Stelle von einem Paradigmen-Wechsel und einem ‚Shift
from teaching to learning‘ (z.B. Schaper, 2012) gesprochen. Gemeint ist damit, dass sich Lehr-Lernsitu-
ationen (LLS) im Paradigma der Kompetenzorientierung an Zielen ausrichten sollen, die festlegen, was
die Lernenden Wissen, Können (und Wollen) sollen – also dem Output des Lernprozesses. Vertreter
der Kompetenzorientierung kritisieren in diesem Zuge ‚alte‘ lehrendenzentrierte Ansätze, in denen pri-
mär festgelegt wird, welche Inhalte behandelt werden sollen (Input-Orientierung). Kompetenzen ge-
hen demnach über das reine Wissen hinaus, Paechter (2012) spricht in diesem Zusammenhang von
einem „Handeln- und sich im Alltag Bewähren-Können“ (vgl. Kap. 2).
Als ein strukturgebender Rahmen sowohl für die Gestaltung als auch für die Analyse von LLS dient das
Prinzip des Constructive Alignments (vgl. Kap. 2.2). Es beschreibt die in der Kompetenzorientierung als
wesentlich erachtete Verknüpfung zwischen Zielen, LLS (methodische Gestaltung) und Prüfungen (z.B.
Biggs & Tang, 2011).
Geht es um das Kompetenzverständnis in der Bildungs- und Sportwissenschaft sind zwei unterschied-
liche Ansätze prägend (vgl. Kap. 3). Auf der einen Seite der erziehungswissenschaftliche Ansatz nach
Roth (1971). Demnach ergibt sich Handlungskompetenz bzw. Mündigkeit aus den drei Teilkompeten-
zen Sach-, Selbst- und Sozialkompetenz. Dieser Ansatz wird in der aktuellen empirischen Bildungsfor-
schung dahingehend deutlich kritisiert, dass die einzelnen Teilkompetenzen (zu) grobe Oberkategorien
abbilden, die nicht trennscharf operationalisiert und somit auch nicht empirisch überprüft werden
können. Die aktuelle bildungswissenschaftliche Diskussion (stellv. Klieme et al., 2007; Weinert, 2001)
lehnt sich daher verstärkt an pädagogisch-psychologische Kompetenzmodelle und Taxonomien an, mit
dem Versuch Kompetenzen empirisch erfassen zu können. Ein Beispiel für einen solchen Kompetenz-
entwurf bildet der Erlanger Kompetenzentwurf Sport (EKSpo ; Sygusch et al., in Vorbereitung; Kap.
3.3). Im bildungswissenschaftlichen Ansatz werden auch klare Richtlinien zur Formulierung kompetenz-
orientierter Lernziele gegeben (vgl. Kap.3.4). Demnach sollte sich ein Ziel immer am Outcome der Ler-
nenden orientieren und sowohl eine konkrete Inhalts- auch Handlungskomponente aufweisen (z.B.
Schaper, 2012).
Die beiden unterschiedlichen Kompetenzansätze sind in den o.g. Settings (Schüler-, Lehrer-, Hoch-
schul-, berufliche Bildung) wiederzufinden, wobei verstärkt eine Abkehr vom Roth’schen Kompetenz-
verständnis und eine verstärkte Zuwendung zum bildungswissenschaftlichen Ansatz zu erkennen ist
(vgl. Ahns, 2018). Die nationale Trainerbildung und auch die RRL des DOSB orientieren sich nach wie
Zusammenfassung und empirische Implikationen
82
vor verstärkt am erziehungswissenschaftlichen Kompetenzansatz sensu Roth (vgl. Sygusch & Liebl,
2012). Gleichzeitig werden jedoch auch Definitionen des bildungswissenschaftlichen Ansatzes verwen-
det, wie z.B.:
„Handlungskompetenzen setzen sich aus Fähigkeiten, Kenntnissen und Haltungen zusammen und gehen damit
über Wissen im engeren Sinne weit hinaus. Sie sind situationsgebunden und werden über einen längeren Zeit-
raum sowohl in formalen als auch informellen Lernprozessen erworben" (Dolch, 2010, S. 45).
Der internationale Forschungsstand der Trainerbildung lässt hingegen nur wenige Gemeinsamkeiten
zum deutschsprachigen Forschungsstand erkennen. So werden Kompetenzen in diesem Sinne zwar
überwiegend auch als eine Verknüpfung aus Wissens- und Könnens Bestandteilen verstanden, eine
gemeinsame theoretische Rahmung ist jedoch nicht gegeben. Besonders empirische Studien im inter-
nationalen Sprachraum sind vermehrt (sport-)psychologisch orientiert (vgl. Kap. 3.5.2).
Im Hinblick auf das (a) Kompetenzverständnis und unter Einbezug von Erkenntnissen aus anderen Bil-
dungsbereichen, wie der Schüler-, Lehrer- oder beruflichen Bildung, hat der Forschungsstand der Trai-
nerbildung folgenden Forschungsbedarf offenbart: Zunächst gilt es zu überprüfen, ob der ‚Shift form
teaching to learning‘ (s.o.), in der Trainerbildung stattgefunden hat. D.h. zu hinterfragen, ob eine Out-
put-Orientierung erkennbar ist. Dies gilt sowohl für die Ausbildungsdokumente als auch für deren Um-
setzung in der Ausbildungswirklichkeit. Konkret bedeutet dies im ersten Schritt zu überprüfen, ob ein
Kompetenzverständnis in den Ausbildungsdokumenten und bei den untersuchten Ausbildern zu er-
kennen ist und entsprechende Passungen und Differenzen zwischen Anspruch und Wirklichkeit aufzu-
decken.
Hinsichtlich der beiden unterschiedlichen skizzierten Kompetenzansätze (erziehungswissenschaftli-
cher- vs. bildungswissenschaftlicher Ansatz) gilt es im zweiten Schritt zu überprüfen, welcher der hand-
lungsleitende Ansatz in der Trainerausbildung ist. Da die RRL des DOSB als zentrales Orientierungspa-
pier einen Kompetenzansatz sensu Roth (1971) (erziehungswissenschaftlicher Ansatz) vorgeben, ist
davon auszugehen, dass dieser auch im Rahmen der Mitgliedsverbände eine Rolle spielt. Daher soll in
der laufenden Studie auch geprüft werden, inwiefern die Kritik der empirischen Bildungsforschung hin-
sichtlich einer unklaren Operationalisierbarkeit der einzelnen Kompetenzbereiche Auswirkungen auf
die Konzeption und Analyse von LLS in der Trainerbildung hat.
Letztlich wird im Sinne einer systematischen Kompetenzorientierung auch analysiert, ob die formulier-
ten Ziele der Ausbildungsdokumente den Kriterien zur Formulierung kompetenzorientierter Ziele ent-
sprechen, um Passungen und Differenzen zwischen DOSB-Ausbildungsrahmen und Ausbildungskon-
zeptionen der Mitgliedsverbände aufzudecken.
(b) Ziele
Im Rahmen von zwei Expertisen haben Sygusch und Liebl (2012) bzw. Sygusch et al. (2013b) die in den
Ausbildungsrahmen des DOSB formulierten Ziele in den Deutschen Qualifikationsrahmen für lebens-
langes Lernen (DQR) eingeordnet. Der DQR ist als ein bildungspolitisches Instrument zu verstehen, das
Qualifikationen im formalen, wie im non-formalen Bildungsbereich transparent und vergleichbar ma-
chen soll. Die Expertisen zur Einordnung der DOSB-Ziele in den DQR (Niveaustufen 1 bis 8) zeigten,
dass die in den Ausbildungsrahmen formulierten Ziele von der C-Lizenz (Niveaustufe 4,1) bis zum Dip-
lomtrainer (Niveaustufe 6,3) hohe Werte für den non-formalen Bildungsbereich erreichen. Insbeson-
dere im Bereich der sozialen Kompetenzen wurde ein hohes Anspruchsniveau von der C-Lizenz bis zum
Diplom-Trainer festgestellt (vgl. Kap. 3.5.3).
Zusammenfassung und empirische Implikationen
83
Aus diesen relativ hochgesteckten Ansprüchen der DOSB-Ausbildungsrahmen leiten sich folgende For-
schungsimplikationen hinsichtlich der (b) Ziele ab. Es gilt zunächst zu überprüfen, ob die Ziele der ver-
bandlichen Ausbildungskonzeptionen analog zu den DOSB-Zielen in den DQR eingeordnet werden kön-
nen. Ziel ist es dann zu analysieren, auf welchem DQR-Niveau die Ziele der Mitgliedsverbände einge-
ordnet werden, um Passungen und Differenzen auf Dokumentenebene darzustellen. Da die Zuordnung
zum DQR über die Zuordnung zu vier Kompetenzkategorien und acht Niveaustufen nur einen indirek-
ten Vergleich der Ziele zwischen DOSB und Mitgliedsverbänden ermöglicht, stellt sich darüber hinaus
die Frage, in wie fern es auch zu inhaltlichen Unterschieden auf Zielebene kommt. Konkret muss ana-
lysiert werden, ob ein gemeinsames Verständnis - bspw. zum Begriff Sozialkompetenz - in den DOSB-
Ausbildungsrahmen und den Mitgliedsverbänden herrscht und darunter auch ähnliche (Teil-)Ziele sub-
sumiert werden.
Letztlich wird in der Ausbildungspraxis überprüft, ob die Themen der Ausbildungskonzeptionen in kon-
kreten LLS Berücksichtigung finden, um Passungen und Differenzen zwischen Anspruch und Wirklich-
keit aufzudecken.
(c) methodische Gestaltung
In Kapitel 4 wurde dann in Hinblick auf die methodische (kompetenzorientierte) Gestaltung von LLS die
Diskussion zur Aufgabenkultur aufgearbeitet (z.B. Kleinknecht, 2010). Ebenso, wie bei den Kompetenz-
ansätzen wurde hier verstärkt auf Literatur aus sport- und bildungswissenschaftlichen Domänen zu-
rückgegriffen, die der Trainerbildung nahestehen, da auch hier die Diskussion der Trainerbildung we-
niger ausdifferenziert ist. Als erkenntnistheoretischer Hintergrund wurden zunächst die Grundlagen
des moderaten Konstruktivismus in Abgrenzung zu eher kognitivistischen Theorien dargelegt und ent-
sprechende Konsequenzen für die Gestaltung und Analyse von LLS abgeleitet (vgl. Kap. 4.1). In diesem
Verständnis können Wissen bzw. Kompetenzen nicht, wie ein Gut von einer Person auf eine andere
übertragen werden. Stattdessen entstehen Wissen und Kompetenzen durch die Konstruktion der Ler-
nenden. Instruktionen der Lehrenden sind im Verständnis des moderaten Konstruktivismus notwendig,
um entsprechende Konstruktionen auszulösen und zu unterstützen. In diesem Verständnis spielen die
von Kleinknecht (2010) beschriebenen Aspekte Aufgaben und das aufgabenbezogene Handeln (der
Lehrenden) auf übergeordneter Ebene eine zentrale Rolle für die Gestaltung und Analyse von LLS. Dem
folgend wurden diese beiden Aspekte, speziell für das Setting Sport, aufgearbeitet (vgl. Kap. 4.2, 4.3).
Abschließend wurden in Kapitel 4.4 auf Basis der zuvor gelegten konstruktivistischen Grundannahmen
sechs zentrale Merkmale für die Gestaltung und Analyse kompetenzorientierter LLS abgeleitet:
• kognitive Aktivierung: Lernende werden mittels komplexer, anwendungsbezogener und her-
ausfordernder Lernaufgaben angeregt, selbsttätig und kreativ Lösungswege zu entwickeln
und auszuprobieren. Solchen Aufgabentypen wird eine zentrale Funktion zugeschrieben,
„weil Kompetenzen ausdrücklich dazu befähigen sollen, auch völlig neue und unbekannte An-
forderungssituationen zu meistern“ (Feindt & Meyer, 2010).
• Offenheit: Lernaufgaben in kompetenzorientierten Lehr-Lernsituationen ermöglichen ver-
schiedene alternative Lösungswege und Ergebnisse sowie verschiedene Deutungen und Er-
fahrungen (Bloemen & Schlömer, 2012; Kurz, 2003).
• Reflexion: Lehr-Lernsituationen beinhalten Phasen, in denen Erfahrungen und Aufgabenlö-
sungen hinterfragt und diskutiert werden. Als Sonderform meint Metareflexion die übergrei-
fende Reflexion von Lern(fort)schritten (Feindt & Meyer, 2010; Kleinknecht, 2010).
• Strukturierung: Lehr-Lernsituationen weisen eine für Lernende transparente Struktur hin-
sichtlich kompetenzorientierter Lernziele, methodischer Schritte sowie nachvollziehbarer
Rück- und Ausblicke auf (Kleinknecht, 2010; Vogelsang, 2014).
Zusammenfassung und empirische Implikationen
84
• Lebensweltbezug: Lehr-Lernsituationen besitzen einen Bezug zu Sport im Alltag sowie einen
erkennbaren Nutzwert für die Anwendung erworbener Kompetenzen in spezifischen Set-
tings, bspw. als Trainer oder Sportlehrkraft (Feindt & Meyer, 2010; Kleinknecht, 2010).
• Individualisierung: Lehr-Lernsituationen berücksichtigen individuelle Voraussetzungen (Lern-
stand, Interessen) und bieten Lernenden die Möglichkeit, Lernaufgaben ihren Voraussetzun-
gen gemäß zu bearbeiten. Die Steuerung durch die Lehrkraft wird mit Differenzierung be-
schrieben (Kleinknecht, 2010; Pfitzner, 2014b).
Zu diesen sechs Merkmalen wurde jeweils das Verständnis in verschiedenen Domänen sowie theore-
tische Bezüge, Auswirkungen auf die Gestaltung von Aufgaben und aufgabenbezogenem Handeln so-
wie Indikatoren für die empirische Erfassung dargestellt. In der Trainerbildung werden diese sechs
Merkmale bislang nicht systematisch diskutiert, sind teilweise aber implizit erkennbar (vgl. Kap. 4.5).
Das Ausmaß der Umsetzung der o.g. Merkmale in der Trainerbildung kann Aufschluss darüber geben,
ob die LLS der DOSB-Trainerausbildung grundlegend kompetenzorientiert gestaltet sind. D.h. hierüber
kann unmittelbar ein Urteil darüber gefällt werden, ob die angestrebte Kompetenzorientierung in der
Ausbildungswirklichkeit Berücksichtigung findet. Dies wird auf Dokumenteneben zunächst darüber ge-
prüft, welche methodischen Gestaltungsvorlagen in den DOSB-Ausbildungsrahmen und den Ausbil-
dungskonzeptionen der MV gegeben werden und inwiefern diese Anschlussfähig an die Diskussion zur
Aufgabenkultur sind. In der konkreten Ausbildungspraxis wird dann analysiert, ob und wie die sechs
Merkmale in den LLS umgesetzt werden.
Die zu erwartenden Ergebnisse über das (a) vorherrschende Kompetenzverständnis, die (b) angelegten
Ziele und (c) deren methodische Ansteuerung liefern zunächst einen aktuellen Ist-Zustand der DOSB-
Trainerausbildung hinsichtlich des selbstgesteckten Anspruchs der Kompetenzorientierung. Ziel der
vorliegenden Arbeit ist es, daraus konkrete Weiterentwicklungsbedarfe abzuleiten und Anstoßimpulse
zu geben.
Methodischer Ansatz
86
6 Methodischer Ansatz
Die vorliegende Studie zielt darauf ab Passungen und Differenzen zwischen den Ausbildungsrahmen-
des DOSB26, den Ausbildungskonzeptionen von vier Mitgliedsverbänden sowie deren Ausbildungswirk-
lichkeit hinsichtlich des (a) Kompetenzverständnisses, (b) der Ziele sowie (c) der methodischen Gestal-
tung zu bestimmen. In diesem Kapitel wird das methodische Vorgehen dazu beschrieben.
Zu Beginn wird die Wahl des qualitativen Forschungsansatzes begründet (Kap. 6.1) und dem folgend
die Grundzüge der qualitativen Inhaltsanalyse (Kap. 6.1.1) sowie die Berücksichtigung der Qualitäts-
und Gütekriterien qualitativer Forschung dargelegt (Kap. 6.1.2). Das differenzanalytische Forschungs-
design wird in Kap. 6.2 beschrieben. Daraus resultiert eine Zweiteilung des Weiteren Methodenkapi-
tels: Zum einen wird anhand eines festgelegten Untersuchungsplans das Vorgehen (Ausdifferenzierung
der Fragestellung, Datenerhebung, Datenaufbereitung, Datenauswertung, Gütekriterien) der An-
spruchsanalyse offengelegt (Kap. 6.3). Zum anderen wird analog dazu das Vorgehen im Rahmen der
Wirklichkeitsanalyse dargestellt (Kap. 6.4).
6.1 Qualitativer Forschungsansatz
Bevor das konkrete methodische Vorgehen erläutert wird, wird zunächst begründet, warum für die
vorliegende Studie ein qualitativer Forschungsansatz gewählt wurde und welche Konsequenzen diese
Wahl für den Forschungsverlauf hat.
Qualitative Methoden umschreiben teilweise „recht heterogene Vorgehensweisen“ (Lamnek, 2016, S.
44). Ziel qualitativer Forschungsansätze ist es i.d.R. Theorien zu entwickeln, Hypothesen zu generieren
und ist primär auf das Verstehen von geistes- und sozialwissenschaftlichen Phänomenen ausgerichtet
(vgl. Wolf & Priebe, 2003). „Für die qualitative Sozialforschung ist der Mensch nicht nur ein Untersu-
chungsobjekt, sondern auch ein erkennendes Subjekt“ (Lamnek, 2016, S. 44).Das bedeutet, dass die
Realität, die Sichtweisen, Deutungsansätze und Verständnisse aller am Forschungsprozess beteiligten
Akteure (d.h. sowohl die Beforschten als auch die Forscher) in die Betrachtung einbezogen werden. Es
geht darum Prozesse zu rekonstruieren, die zur Abbildung einer Wirklichkeit führen.
Diesem Verständnis folgend beschreibt Lamnek (2016) folgende Merkmale qualitativer Forschung: in-
terpretativ, naturalistisch, kommunikativ, reflexiv und qualitativ:
Das interpretative Paradigma wird als ein Sammelbegriff grundlagentheoretischer Forschung beschrie-
ben und vom normativen Paradigma abgegrenzt. Kernaussage des interpretativen Paradigmas ist, dass
eine Realität immer durch Interpretationshandlungen erschaffen wird. Daraus folgt, dass gesellschaft-
liche Phänomene nicht als „objektiv vorgegebene und deduktiv erklärbare soziale Tatbestände, son-
dern [als] Resultat eines interpretationsgeleiteten Interaktionsprozesses zwischen Gesellschaftsmit-
gliedern“ (Lamnek, 2016, S. 46) betrachtet und analysiert werden müssen. Daher müssen auch die
Theoriebildung und der Forschungsprozess interpretativ und rekonstruktiv angelegt werden.
Eine naturalistische Orientierung meint, dass das Untersuchungsfeld die natürliche Umwelt des Unter-
suchungsphänomens ist (und nicht z.B. ein Laborexperiment).
Im Gegensatz zu quantitativen Ansätzen, in denen Interaktionen zwischen Forscher und Erforschtem
häufig als Störvariable gelten, sind diese in qualitativen Ansätzen erwünscht und maßgeblich notwen-
dig für die Datengewinnung und -auswertung. Daher ist Kommunikation zwischen Forscher und Be-
forschten in qualitativen Forschungsansätzen ein Teil des Forschungsprozesses (Wolf & Priebe, 2003).
26 Wie in Kap. 3.5.3 bereits dargestellt, werden als Ausbildungsrahmen sowohl die RRL des DOSB (C- bis A-Lizenz)
als auch das Kompetenzportfolio, das Curriculum sowie die Studien- und Prüfungsordnung der ta (Diplom-Trainer)
verstanden.
Methodischer Ansatz
87
Reflexivität des Gegenstands ist eine Grundannahme des interpretativen Paradigmas und verweist da-
rauf, dass jedes ‚Zeichen‘ (gemeint sind einzelne erfasste Ausschnitte, Erkenntnisse oder Bestandteile)
Teil eines umfassenderen Ganzen ist und nur durch die Einbettung in dessen Gesamtkontext verständ-
lich wird. Das Verstehen einzelner Zeichen und des Ganzen ist daher nur durch zirkuläre Analysen zu
ermöglichen. Entsprechende interpretative Schritte der Forscher sollen nachvollziehbar offengelegt
werden (Explikation). Für den Forschungsprozess bedeutet das, dass der Forscher zur Exploration fle-
xibel vorgehen muss und seine Forschungslinie und Verständnisse auch im Laufe des Forschungspro-
zesses anpassen können muss (Lamnek, 2016).
Qualitativ meint in diesem Verständnis die Abgrenzung zu standardisierten Methoden, um durch nicht-
standardisierte Methoden den Untersuchungsgegenstand angemessen und offen gegenüber zu treten
(ebd.).
Dementsprechend zielen qualitative Studien nicht auf metrische Variablen und statistische Auswer-
tungen ab, sondern auf das Verstehen, Beschreiben und Auslegen von Prozessen und Wirklichkeitsab-
bildungen. Dies führt i.d.R. zu kleineren (im Vergleich zu quantitativen Methoden) Stichproben, die
keinen Anspruch auf Repräsentativität erheben. Im Gegensatz dazu sind quantitative Forschungsan-
sätze in einem stärker naturwissenschaftlich geprägten Verständnis auf das Erklären von Zusammen-
hängen mit Hilfe statistischer Messverfahren ausgerichtet sind. Daher basieren quantitative For-
schungsansätze i.d.R. auf bereits explorierten Hypothesen und Verständnissen. Ziel ist es repräsenta-
tive, messbare Daten zu erzeugen. In einem ganzheitlichen Verständnis sollten qualitative und quanti-
tative Verfahren nicht als Gegenpol oder konkurrierende Verfahren angesehen werden. Vielmehr geht
es darum entsprechend des Untersuchungsgegenstandes die Verfahren auszuwählen, die zur Beant-
wortung der zu Grunde liegenden Fragestellungen dienen. Dementsprechend kann auch eine Kombi-
nation aus beiden Zugängen gewinnbringend sein (Mixed methods) (vgl. auch Mayring, 2016), um z.B.
zunächst durch qualitative Forschungen Hypothesen zu generieren und diese quantitativ zu überprü-
fen. Die Wahl des Verfahrens hängt maßgeblich vom Forschungsgegenstand und der Fragestellung ab.
In der vorliegenden Studie geht es darum, Passungen und Differenzen zwischen ausgewählten Ansprü-
chen und Wirklichkeitsebenen aufzudecken. Das bedeutet, dass es um das Entdecken, Verstehen und
Abstrahieren von alltäglichen, komplexen und lebensweltlichen Prozessen der involvierten Personen
geht. Die Formulierung unterschiedlicher Wirklichkeitsebenen deutet bereits auf die qualitative, inter-
pretative Ausrichtung des Ansatzes hin. Der aktuelle Kenntnis- und Forschungsstand, insbesondere im
Setting Trainerbildung (Kap. 2-4), hat gezeigt, dass das hier zu betrachtende Phänomen – die kompe-
tenzorientierte Trainerausbildung im DOSB – bislang noch nicht umfassend und systematisch erforscht
wurde. Daher liegen noch wenig Erkenntnisse und Hypothesen in diesem Bereich vor, die quantitativ
messbar überprüft werden könnten. Vielmehr geht es darum, ein Verständnis zu entwickeln und die
Wirklichkeit aus verschiedenen Perspektiven zu rekonstruieren. Das bedeutet auf der einen Seite das
Verstehen und einordnen von formulierten Ausbildungsdokumenten und auf der anderen Seite die
Erfassung, das Verstehen und das Einordnen von Perspektiven der beteiligten Ausbilder und der Per-
spektive der Außenansicht durch die Forschenden. Diese einzelnen Bestandteile, können als einzelne
‚Zeichen‘ (s.o.) betrachtet werden, die erst voll umfänglich verstanden werden können, wenn daraus
ein größeres Bild rekonstruiert wird. Daher ist ein qualitativer Forschungsansatz zu diesem Zweck und
zu diesem Zeitpunkt obligatorisch. Der differenzanalytische Ansatz bietet dazu ein Raster, das syste-
matisch und transparent unterschiedliche Perspektiven und Ansätze berücksichtigt und gegenüber-
stellt.
Als Auswertungsverfahren dient die qualitative Inhaltsanalyse (z.B. Mayring, 2016), die begründet
wurde, um auch große Datenmengen qualitativ theoriegeleitet und systematisch auszuwerten. Um
sicherzustellen, dass qualitative Forschung dem Forschungsgegenstand angemessen, intersubjektiv
Methodischer Ansatz
88
nachvollziehbar und transparent ist, liegen entsprechende Qualitäts- und Gütekriterien qualitativer
Forschung vor.
Nachfolgend werden die Grundzüge der qualitativen Inhaltsanalyse, die Berücksichtigung der Quali-
täts- und Gütekriterien sowie das differenzanalytische Studiendesign erläutert. Anschließend wird die
konkrete methodische Vorgehensweise offengelegt.
Qualitative Inhaltsanalyse
In der vorliegenden Studie werden einerseits Textdokumente (Ausbildungsdokumente von DOSB und
MV) und andererseits Interview- und Videodaten erfasst und ausgewertet. Mayring und Brunner
(2010) bezeichnen solche Medien als „Objektivationen von Kommunikation“ (S. 323). Das bedeutet,
dass sie nicht für sich sprechen, sondern durch Interpretationen Schlussfolgerungen auf den/die Spre-
cherin ermöglicht werden (vgl. auch Hapke, 2017). Um das zu ermöglichen müssen die Daten so aus-
gewertet werden, dass entsprechende Interpretationen und Verständnisse zum Vorschein kommen.
Um einen systematischen und transparenten Vergleich zwischen diesen Medien vornehmen zu kön-
nen, muss sichergestellt werden, dass die Auswertung der einzelnen Daten vergleichbare Ergebnisse
liefern. Ziel ist es dabei v.a., wie oben dargelegt, durch eine interpretative Rekonstruktion ein vertieftes
Verständnis des Forschungsgegenstands zu generieren und Zusammenhänge zu verstehen.
Die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring (z.B. 2010) ermöglicht eine solche Vorgehensweise. Sie
wurde in den Kommunikationswissenschaften entwickelt, um auch große Mengen qualitativer Daten,
sowohl Text- als auch Audio- und Bildmaterial systematisch und regelgeleitet auswerten zu können.
Sie kombiniert inhaltsanalytisch-klassifikatorische und sinnrekonstruktive Analyseverfahren, also Ver-
fahren zur Ordnung und zum Verstehen qualitativer Daten, sowie deduktive und induktive Kategorien-
bildung miteinander. Das Vorgehen anhand eines vorgegebenen Ablaufmodells (Mayring & Brunner,
2006) und definierte Auswertungsregeln sorgen für ein höchstmögliches Maß an Systematik und Re-
gelgeleitetheit. Das allgemeine Ablaufmodell wird in Abb. 7 dargestellt. Es enthält insgesamt elf
Schritte von der Präzisierung der Fragestellung (Schritt 1) über die Erstellung eines Kategoriensystems
(Schritt 5) bis zur Analyse der Daten (Schritt 11). Der Hinweis an dieser Stelle auf eine quantitative und
qualitative Analyse der Daten (Schritt 11) ist Ausdruck dessen, dass im Rahmen von qualitativen Ana-
lysen auch quantifizierende Auswertungen vorgenommen werden können (s.o.). Mittels verschiede-
ner Analysetechniken (z.B. Mayring, 2016) werden dazu zunächst relativ wenige Hauptkategorien de-
duktiv angelegt, die aus der Forschungsfrage und ihrer Bezugstheorie abgeleitet werden. In einem wei-
teren Schritt erfolgt dann eine induktive Bildung von Subkategorien anhand des Materials (Schritte 5-
9) (Kuckartz, 2014).
In der vorliegenden Studie werden die Techniken der strukturierenden sowie skalierenden qualitativen
Inhaltsanalyse angewendet, um das Material anhand eines vorgegebenen Auswertungsrasters (Kom-
petenzverständnis, Ziele, methodische Gestaltung) zu ordnen und zu verstehen (strukturierende In-
haltsanalyse) und einzelne Ausschnitte skalierend zu betrachten (vgl. Mayring, 2016). Die konkrete
Umsetzung wird in den Kapiteln zur Datenauswertung der Ausbildungsdokumente (Kap. 6.3.4) sowie
der Interviews und Videos (Kap. 6.4.4) erläutert. Die Kodierung des Materials erfolgt dann anhand ei-
nes Kodierleitfadens mit Ankerbeispielen, der auf Basis des Kategoriensystems entwickelt und wäh-
rend des Auswertungsprozesses sukzessive erweitert wird (Mayring, 2008). Um den Auswertungspro-
zess intersubjektiv nachvollziehbar zu gestalten, werden Analysegruppen zur kollegialen Validierung
der Interpretationen (Kruse, 2011) eingerichtet und die Güte der Zuordnung mittels der Inter- und
Intracoderreliabilität geprüft.
Methodischer Ansatz
89
Entsprechend des allgemeinen Ablaufmodells (Abb. 7), das z.B. bei Mayring (2010) oder zusammen-
fassend bei Hapke (2017) detailliert erläutert wird, wurde für die vorliegende Studie jeweils ein Unter-
suchungsplan für die Anspruchs- und die Wirklichkeitsanalyse erstellt. Die Erläuterungen dazu werden
in Kap. 6.2.2 in Kap. 6.4 vorgenommen.
Abb. 7: Ablaufmodell induktiver Kategorienbildung (linker Strang) und deduktiver Kategorienanwendung (rech-
ter Strang) (Mayring & Brunner, 2006, S. 605).
Methodischer Ansatz
90
Berücksichtigung von Qualitäts- und Gütekriterien qualitativer Forschung
Qualitäts- und Gütekriterien qualitativer Forschungen sind ein viel diskutiertes Thema. Häufig wird die
Diskussion mit der Frage der Übertragbarkeit klassischer, sprich der quantitativen Forschungslogik fol-
gender, Gütekriterien begonnen. Die Hintergründe und die Diskussion darum werden an dieser Stelle
nicht rezipiert, da davon ausgegangen wird, dass eine solche Übertragung nicht ohne weiteres möglich
ist. Dazu wird auf einschlägige Methodenliteratur verwiesen (Kuckartz, 2012, S. 165–173; Mayring,
2010, S. 116–122; Steinke, 2015, S. 319–331). Stattdessen werden anerkannte Gütekriterien qualitati-
ver Forschung herangezogen, dessen Berücksichtigung im Folgenden beschrieben wird.
Einen pragmatischen Zugang zur Gültigkeit von Wissen beschreiben Seale und Hammersley (Kuckartz,
2012, S. 166) mit dem Konstrukt des ‚subtilen Realismus‘, der sich in drei Prämissen ausdrückt:
„Erstens, dass sich die Gültigkeit von Wissen nicht mit Gewissheit bestimmen lässt, sondern Annahmen nur nach
Plausibilität und Glaubwürdigkeit beurteilt werden können. Zweitens, dass Phänomene auch unabhängig von
unseren Annahmen über sie existieren. Unsere Annahmen können den Phänomenen allerdings mehr oder we-
niger angemessen sein. Drittens, dass Wirklichkeit über die verschiedenen Perspektiven auf Phänomene zugäng-
lich wird, Forschung zielt auf die Darstellung von Wirklichkeit ab, nicht auf ihre Abbildung“ (ebd.).
Dieses Verständnis von Wirklichkeit lässt sich gut mit dem konstruktivistischem Hintergrund des diffe-
renzanalytischen Ansatzes in Einklang bringen (Balz, 2009) und macht deutlich, dass Forschende immer
nur Annahmen über die Wirklichkeit darstellen können. Dieses Grundverständnis von Wissen und em-
pirischer Forschung wird der vorliegenden Arbeit im Prozess der Genese und Bewertung von Wissen
zu Grunde gelegt.
Ein eindeutiger Konsens in Detailfragen zur Qualität und Güte von qualitativen Forschungsarbeiten
zeichnet sich derzeit nicht ab. Je nach Quelle werden unterschiedliche Begrifflichkeiten verwendet und
Schwerpunkte teilweise anders gelagert. Aus der vorhandenen Methodenliteratur (s.o.) können je-
doch als zentral geltende Kriterien subsumiert werden, anhand derer die Güte und Qualität einer qua-
litativen Forschungsarbeit bemessen werden können. Nachfolgend wird jeweils begründet, wie in der
vorliegenden Arbeit die einzelnen Gütekriterien berücksichtigt wurden. Die angelegten Kriterien in-
tersubjektive Nachvollziehbarkeit, Gegenstandsangemessenheit des Forschungsprozesses, explanative
Validierung und Daten-Triangulation stammen maßgeblich und weitestgehend übereinstimmend aus
Mayring (2010) und Steinke (2015). Ergänzt werden die jeweiligen Kriterien durch Fragen einer Check-
liste zur Prüfung der internen Studiengüte (Zuverlässigkeit, Glaubwürdigkeit, Verlässlichkeit) von
Kuckartz (2014). Die interne Studiengüte ist Voraussetzung für die Übertragbarkeit und Verallgemei-
nerung von Ergebnissen (externe Studiengüte).
6.1.2.1 Intersubjektive Nachvollziehbarkeit
Das Kriterium der intersubjektiven Nachvollziehbarkeit zielt darauf ab, den Forschungsprozess so
transparent darzustellen, dass er für Dritte zugänglich und nachvollziehbar ist. Eine intersubjektive
Überprüfbarkeit ist in qualitativer Forschung schon auf Grund der begrenzten Standardisierbarkeit
schwierig (Steinke, 2015). Die Nachvollziehbarkeit lässt sich insbesondere durch die Dokumentation
des gesamten Forschungsprozesses erreichen. Nachfolgend wird erläutert, wie und an welcher Stelle
die zentralen Aspekte des Forschungsprozesses in der vorliegenden Arbeit dokumentiert werden, um
dem Kriterium der intersubjektiven Nachvollziehbarkeit nachzukommen:
Das Vorverständnis über die Thematik wird durch die Beschreibung der theoretischen Grundlagen
(Kap. 2 bis 4) sowie der daraus resultierenden Fragestellungen (Kap. 6.3.1, 6.4.1) sichtbar.
Methodischer Ansatz
91
Die verwendeten Erhebungsmethoden und der Erhebungskontext werden ausführlich für die Analyse
der Ansprüche in Kap. 6.3 und für die Analyse der Wirklichkeit in Kap. 6.4 beschrieben. Die Beschrei-
bung enthält die Entstehung, Verwendung und Verarbeitung verwendeter Verfahren, wie dem Leitfa-
deninterview oder der Videographie.
Die Dokumentation der Transkriptions- und Protokollierungsregeln wird ausführlich im Kapitel 6.4.3
beschrieben. Die Transkription aller Interviews wurde von derselben geschulten studentischen Hilfs-
kraft softwaregestützt durchgeführt. Die Protokollierung der Videos wurde vom Forschenden und un-
terstützend von zwei geschulten Hilfskräften vorgenommen. Die vereinbarten Regeln wurden einge-
halten. Der Rückgriff auf alle Audio-, Video- und Textdateien ist synchron jederzeit möglich.
Die Dokumentation der erhobenen Daten und ihre Charakterisierung ist dem Ablaufmodell (s.o.) ent-
sprechend in den Kap. 6.3.2 und 6.4.2 zu entnehmen. Weiterhin wurden das Ablaufmodell und ent-
sprechende Prinzipien und Regeln der qualitativen Inhaltsanalyse eingehalten. Dazu wurde die Schrit-
tigkeit klar dokumentiert.
Ebenso werden die Auswertungsmethoden ausführlich dokumentiert. Im Rahmen der qualitativen In-
haltsanalyse nach Mayring liegt ein zentrales Kategoriensystem vor (Kap. 6.3.4, 6.4.4). Daraus werden
für die einzelnen Datenquellen die jeweiligen Kodierleitfäden (Kategorien, Definitionen, Regeln und
Ankerbeispiele) abgeleitet und beschrieben. Es wird jeweils die Entstehung, theoretische Bezugs-
punkte und ihre Anwendung dargestellt.
Die Datenerhebung wurde vom Forschenden durchgeführt, zur Analyse und Interpretation wurden
kollegiale Gruppen gebildet. Die Analyse mit Hilfe der Kodierleitfäden wurde weitestgehend unabhän-
gig voneinander von verschiedenen Forschern durchgeführt. Anhand dessen konnte die Intercoderre-
liabilität27 geprüft werden. Laut (Mayring, 2010, S. 117) sind Interpretationsunterschiede in der quali-
tativen Forschung die Regel und nicht die Ausnahme. Hohe Übereinstimmungen können nur bei sehr
einfachen Kategoriensystemen erreicht werden. Komplexe, ausdifferenzierte Kategoriensysteme las-
sen inhaltsreichere Ergebnisse zu, lassen aber auch geringere Übereinstimmungen erwarten. Weiter-
hin werde mit der Intercoderreliabilität die Objektivität der Analyse geprüft. Um Aussagen über der
Reliabilität zu treffen, sollte eine Intracoderreliabilitätsprüfung vorgenommen werden (ebd.). In der
vorliegenden Arbeit wurden sowohl Inter- als auch Intracoderreliabilitätsprüfungen vorgenommen. Je
nach Bedeutsamkeit und Komplexität einzelner Kategorien der jeweiligen Leitfäden (Anspruchs- und
Wirklichkeitsanalyse) wurden diese beiden Prüfverfahren angewendet. Die jeweiligen Ergebnisse der
Prüfungen werden in den Kapiteln zur Analyse der Ansprüche (Kap. 6.3.4.4) und der Wirklichkeit (Kap.
6.4.4.4) beschrieben.
Das Kriterium der reflektierten Subjektivität wird nur bedingt eingehalten. Vorgeschlagene Selbstref-
lexionsprozesse (Steinke, 2010, 330, 331) z.B. über den Feldeinstieg oder die persönlichen Vorausset-
zungen wurden durchgeführt, werden in dieser Arbeit aber aus Gründen der Forschungsökonomie und
Lesbarkeit nicht systematisch dokumentiert.
6.1.2.2 Gegenstandsangemessenheit des Forschungsprozesses
Das Kriterium der Gegenstandsangemessenheit bezieht sich u.a. auf die Passung zwischen dem For-
schungsgegenstand, der Forschungsfrage sowie den ausgewählten Erhebungs- und Auswertungsstra-
tegien.
Gegenstand der Untersuchung ist die Qualifizierung zum C- bis Diplomtrainer innerhalb des DOSB. Die
Fragestellungen beziehen sich sowohl auf die bereits vorhandenen Dokumente (Ansprüche) als auch
auf die Umsetzung dieser in konkreten Lehr-Lernsituationen (Wirklichkeit). Andere Studien, die diese
27 Intercoder = zwischen zwei Personen; Intracoder = von einer Person zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten
Methodischer Ansatz
92
Thematik umfänglich untersuchen, konnten nicht identifiziert werden, daher herrscht nur wenig Vor-
wissen, auf dem aufgebaut werden kann. Ein qualitatives Vorgehen ist deshalb obligatorisch. Für Teil-
aspekte (z.B. Analyse der methodischen Gestaltung) kann jedoch auf ähnliche Studien in nahen Hand-
lungsfeldern, wie der Schule, Hochschule oder der beruflichen Bildung zurückgegriffen werden. Als
Methoden der Datenerhebung haben sich hier Videographie und Interviewaufnahmen bewährt
(Hapke, 2017; Kleinknecht, 2010). Diese Erhebungsmethoden bieten die Möglichkeit ein komplexes
Geschehen mit simultanen Interaktionen, wie es in Bildungssituationen üblich ist, zu erfassen und im-
mer wieder unter verschiedenen Perspektiven betrachten zu können (vgl. Kap. 6.4.3). Den Traineraus-
bildern als zentraler Bestandteil der Qualifizierung wird durch das problemzentrierte Interview die
Möglichkeit eingeräumt ihren subjektiven Perspektiven im alltäglichen Kontext Bedeutung zu verleihen.
Die Kombination aus Videographie und Stimulated-Recall Interview ermöglicht die Zusammenführung
der Forschersicht und Ausbildersicht, um in die Tiefenstrukturen der Qualifizierung vorzudringen.
Der differenzanalytische Ansatz gibt dem gesamten Forschungsprozess eine klare und transparente
Struktur, indem zunächst vorliegende Ansprüche an den Forschungsgegenstand erfasst werden, um
diese anschließend mit der tatsächlichen Realisierung zu vergleichen. Als Auswertungsmethode bietet
die qualitative Inhaltsanalyse die Möglichkeit sowohl die vorliegenden Dokumente als auch die Videos
und Interviews gleichermaßen auszuwerten. Die Auswertung orientiert sich an einem klaren Ablauf-
modell und folgt vorab festgelegten Regeln. Die deduktive Kategorienanwendung hilft den Fokus auf
zentrale Aspekte von Lernsituation zu legen, die in der Theorie sowohl in relevanten Handlungsfeldern
(Kap. 3) als auch der Trainerbildung selber (Kap. 3.5) diskutiert werden. Die Möglichkeit der induktiven
Ausdifferenzierung der Kategorien verhindert, dass bedeutsame Aspekte, die vorher nicht im Fokus
der Betrachtung lagen, übersehen werden. Somit ist eine klare Passung zwischen Forschungsgegen-
stand, Forschungsfrage, Erhebungsmethoden und Auswertungsmethoden gegeben.
Die Samplingstrategie wird in Kap. 6.4.2 ausführlich beschrieben. Die Auswahl der beobachteten Lehr-
Lernsituationen fand in enger Abstimmung mit den jeweiligen Ausbildungsverantwortlichen der Ver-
bände statt. Eine zufällige Auswahl ist auf Grund der umfassenden Untersuchung und der nötigen Teil-
nahmebereitschaft sowie der personalen Verfügbarkeit je Verband und Lizenzstufe nicht möglich –
und auch nicht notwendig, da die vorliegende Studie keinen Anspruch auf Repräsentativität stellt.
6.1.2.3 Explanative Validierung und Daten-Triangulation
Der Kodierprozess entlang der Kodierleitfäden verlief in einem zirkulären Verfahren. Rückkopplungs-
schleifen ergaben sich zum einen nach einem gewissen Materialdurchlauf, nach dem die vorliegenden
Kodierungen überprüft und Kategorien ggf. angepasst oder ausdifferenziert wurden. Zum anderen im
Rahmen der Prüfung der Intra- und Intercoderreliabilität. An den Stellen, an denen Abweichungen
festgestellt wurden, haben sich die beiden Kodierer auf ein Urteil geeinigt (explanative Validierung),
außerdem wurde der Kodierleitfaden weiterentwickelt.
Die Kombination aus Videoerhebungen, problemzentrierten- und Stimulated-Recall Interviews be-
schreibt ein triangulatives Verfahren. Derselbe Forschungsgegenstand wird aus unterschiedlichen Per-
spektiven (vgl. Differenzanalytischer Ansatz: Forscher- und Ausbilderperspektive) sowie anhand unter-
schiedlicher Verfahren betrachtet. Diese Vorgehensweise ermöglicht zum einen eine Absicherung,
dass ‚blinde Flecken‘ einzelner Erhebungsmethoden durch eine andere abgesichert werden und zum
anderen kann durch Synergieeffekte, z.B. durch die Verbalisierung angewendeter Methoden des Aus-
bilders in Stimulated-Recall-Interviews, ein tieferer Verständnis- und Durchdringungsgrad des For-
schungsgegenstands erreicht werden.
Es kann resümiert werden, dass den in der Methodenliteratur diskutierten gängigen Qualitäts- und
Gütekriterien qualitativer Forschung (Kuckartz, 2012, S. 165–173; Mayring, 2010, S. 116–122; Steinke,
2015, S. 319–331) weitestgehend entsprochen wird. Die Prüfung der Inter- und Intracoderreliabilität
Methodischer Ansatz
93
der einzelnen Analyseprozesse zeigt an entsprechenden Stellen (6.3.4.4, 6.4.4.4) einen Schätzwert
über die Reliabilität der erzielten Ergebnisse.
In den nachfolgenden Kapiteln folgt nun die spezifische Methodik zur Analyse der Ansprüche und der
Differenzen und Passungen.
6.2 Studiendesign
Hinsichtlich der oben genannten Zielstellungen - einem Vergleich zwischen Anspruch und Wirklichkeit
in der Trainerbildung - ist folgende übergreifende differenzanalytische Fragestellung forschungslei-
tend:
‚Werden die Kompetenzansprüche der Ausbildungsrahmen des DOSB zum Trainer-Leistungssport in
den Ausbildungskonzeptionen und der Ausbildungswirklichkeit der Mitgliedsverbände eingelöst?‘
An der Studie sind, neben dem DOSB, die vier Spitzenverbände Deutscher Alpenverein (DAV), Deut-
scher Hockey Bund (DHB), Deutscher Judo-Bund (DJB) und Deutscher Skiverband (DSV) sowie die Trai-
nerakademie Köln (ta) beteiligt28. Analysiert werden die Ausbildungsgänge vom C- bis Diplom-Trainer
Leistungssport. In einem Querschnittsdesgin werden zunächst Differenzen zwischen den Ausbildungs-
dokumenten von DOSB und von vier Mitgliedsverbänden sowie anschließend deren konkrete Umset-
zung im Rahmen der Trainerausbildung (LLS) bestimmt. Darüber hinaus werden mögliche Gründe für
vorliegende Differenzen betrachtet und Möglichkeiten der Handhabung in Form von Handlungsemp-
fehlungen gegeben.
Nachfolgend werden zunächst die methodischen Eckdaten (Forschungsansatz, Untersuchungsplan,
Fragestellungen) und anschließend detailliert das methodische Vorgehen für die Anspruchs- und Wirk-
lichkeitsanalyse dargestellt.
Differenzanalytischer Ansatz
Differenzstudien befassen sich mit Differenzen zwischen dem Sollen und Sein in Bildungsprozessen.
Der Forschungsansatz stammt aus der Schulsportforschung und geht von der grundsätzlichen An-
nahme aus, dass die Ansprüche an den Schulsport selten mit der Wirklichkeit deckungsgleich sind. Dif-
ferenzstudien sind eine Art Bestandsaufnahme, in der geprüft wird, „ob und inwieweit pädagogische
Ansprüche in der (schulsportlichen) Wirklichkeit Spuren hinterlassen haben“ (Neumann, 2009, S. 157).
Ziel ist es, potenzielle Differenzen von Anspruch und Wirklichkeit – also die Verwirklichung von Ansprü-
chen – zu bestimmen, zu verstehen sowie Möglichkeiten ihrer Handhabung zu diskutieren (ebd., S.
155; vgl. Abb. 8).
Der differenzanalytische Ansatz wurde von Balz und Neumann (1997), zu verschiedenen Anspruchs-
und Wirklichkeitsebenen konzipiert, zu unterschiedlichen Themen angewandt und stetig weiterentwi-
ckelt (Balz & Neumann, 2005, 2007, 2014). Mittlerweile findet der Ansatz in der Schulsportforschung
verbreitete Anwendung (Balz & Neumann, 2014; Hapke, 2017; Kastrup, 2008; Sygusch & Brandl-Bre-
denbeck, 2017)(Balz & Fritz, 2008; Hapke & Sygusch, 2014; Kastrup, 2008). Eine Übertragung und An-
wendung auf außerschulische Handlungsfelder im organisierten Sport (z.B. Vereinssport, Traineraus-
28 Neben der RRL des DOSB wurden für die Grundlagen- und Spezialisierungsausbildung im Diplom-Trainer au-
ßerdem die Ausbildungsrahmen der trainerakademie Köln (ta) analysiert. Wenn im Folgenden von den curricu-
laren Ansprüchen gesprochen wird, sind damit auch die Ausbildungsrahmen der ta gemein, auch wenn sie nicht
explizit aufgeführt werden.
Methodischer Ansatz
94
bildung) liegt dagegen bislang nicht vor. Diese scheint aber wegen vergleichbarer Theorie-Praxis-Prob-
leme im organisierten Sport lohnend und wegen der in Teilen ähnlichen Strukturen und „Stakeholder“
relativ problemlos realisierbar.
Der Differenzanalytische Ansatz unterscheidet Ansprüche – in Sollens-Aussagen formulierte Erwartun-
gen an die Praxis (Balz & Neumann, 2005) – auf insgesamt vier Ebenen (vgl. Abb. 8): a) wissenschaftli-
che Anspruchsebene: normative Aussagen, die in Fachorganen publiziert sind, z.B. fachdidaktische Kon-
zepte, normative Leitideen, methodische Gestaltungsprinzipien;
b) bildungspolitische curriculare Anspruchsebene: verbindliche z.T. rechtlich vorgeschriebene Vorga-
ben in Form von Lehrplänen, Verordnungen oder Standards;
c) institutionelle Anspruchsebene: institutionsspezifische Richtlinien, z.B. Schulprogramme;
d) unterrichtspraktische Anspruchsebene: Erwartungen, Wünsche und Forderungen von Lehrenden o-
der Lernenden.
Zur Erfassung von Wirklichkeit folgen Balz und Neumann (2007) einer konstruktivistischen Auslegung.
Danach ist Wirklichkeit immer nur eine in Worte gefasste subjektiv wahrgenommene und konstruierte
Wirklichkeit, die nicht identisch ist mit der „wirklichen Wirklichkeit“ (vgl. Kap. 4.1.1). Um diese zu re-
konstruieren bezieht sich der differenzanalytische Ansatz auf drei Perspektiven, den Wirklichkeitsbe-
schreibungen von Lehrenden, Lernenden und der Beobachtenden bzw. Forschenden. Soweit im diffe-
renzanalytischen Ansatz von „Wirklichkeit die Rede ist, ist damit eine mittels dieser verschiedenen
Wirklichkeitsfassungen konstruierte und abgeglichene Wirklichkeit gemeint“ (Neumann, 2009, S. 159).
Das idealtypische Vorgehen einer Differenzanalyse besteht im Wesentlichen aus vier Schritten (Balz &
Neumann, 2005):
Abb. 8: Anspruchsebenen und Wirklichkeitsfacetten in Differenzstudien (Balz & Neumann, 2005, S. 145).
a a a a
a
b
c
d
Methodischer Ansatz
95
(1) Differenzen bestimmen: Dazu erfolgt zunächst eine Untersuchung der Ansprüche, z.B. in Form einer
inhaltsanalytischen Aufbereitung vorliegender Dokumente (z.B. Konzepte, Lehrpläne). Anschließend
erfolgt eine Untersuchung der Wirklichkeit, z.B. des Unterrichts oder spezifischer Ausbildungssituatio-
nen in der Regel mittels qualitativer Erhebungs- (z.B. Beobachtung, Interview) und Auswertungsver-
fahren (z.B. Inhaltsanalyse). Die eigentliche Bestimmung potenzieller Differenzen erfolgt abschließend
über die Gegenüberstellung der Befunde zu Anspruch und Wirklichkeit.
(2) Differenzen verstehen: Dieser Schritt greift auf die o.g. drei Perspektiven von Wirklichkeitsbeschrei-
bungen zurück und versucht aus Sicht der beteiligten Akteure Gründe für die Verwirklichung oder
Nichtverwirklichung der formulierten Ansprüche zu ermitteln.
(3) Differenzen bewerten: Dieser Schritt hat die Funktion, potenzielle Differenzen in ihrer Bedeutung
für das pädagogische Handeln im jeweiligen Feld einzuordnen. Das Bewerten erfolgt auf der Basis nor-
mativer Bezüge, die den formulierten Ansprüchen zu Grunde liegen und die nachvollziehbar gemacht
und offengelegt werden sollen. Angelehnt an den theorie- und praxisgeleiteten Begründungszusam-
menhang dieser normativen Bezüge wird eine (Nicht-)Verwirklichung von Ansprüchen eingeordnet
bzw. bewertet.
(4) Differenzen handhaben. Dieser Schritt, der auf der Basis des (2) Verstehens und der (3) Bewertung
potenzieller Differenzen erfolgt, umfasst Rückmeldungen zu den analysierten Differenzen sowie Hand-
lungsempfehlungen für eine theoriefundierte und gelingende Praxis. Diese Empfehlungen zielen
schließlich darauf ab, die Wirklichkeit zu verbessern oder Ansprüche zu präzisieren. In diesem Sinne
können sie darin münden, die potenziellen Differenzen auszuhalten, diese zu verringern oder gegebe-
nenfalls auch zu vergrößern.
Innerhalb eines Forschungsprozesses müssen weder alle Anspruchs- und Wirklichkeitsebenen aufge-
griffen noch alle vier Schritte zwangsläufig durchlaufen werden. Dies hängt von grundlegender Ziel-
stellung der Studie ab (z.B. Balz & Neumann, 2014)
Vorgehen in Anlehnung an den differenzanalytischen Ansatz
In der QuaTro-Studie geht es um die zunächst allgemeine zentrale Hauptfragestellung:
‚Werden die Kompetenzansprüche der Ausbildungsrahmen des DOSB zum Trainer-Leistungssport in
den Ausbildungskonzepten und der Ausbildungswirklichkeit der Mitgliedsverbände eingelöst?‘.
Zur Verfolgung und Ausdifferenzierung dieser Hauptfragestellung wird der differenzanalytische Ansatz
herangezogen und in Anlehnung an die vorgegebene Struktur des DOSB-Lizenzsystems konkretisiert.
Die RRL (Deutscher Sportbund, 2005) sind der zentrale bildungspolitische Rahmen innerhalb des Li-
zenzsystems des DOSB. Sie umfassen Vorgaben und Ansprüche auf allen Lizenzstufen, die in den Aus-
bildungskonzeptionen der Mitgliedsverbände verbands- und sportartspezifisch angepasst uns konkre-
tisiert werden (ebd.). Die Rahmenpläne der Trainer Akademie Köln (Trainerakademie Köln, 2004, 2012)
umfassen darüber hinaus die Ansprüche für die Grundlagen-, Spezialisierungs- und sportartspezifische
Ausbildung für den Diplom-Trainer. Im Sinne des differenzanalytischen Ansatzes bilden die DOSB-RRL
und ergänzend die Rahmenpläne der ta damit die bildungspolitische curriculare Anspruchsebene ab,
die Ausbildungskonzeptionen der Mitgliedsverbände bilden die institutionelle Anspruchsebene ab (vgl.
Abb. 8, Abb. 9).
Die Ausbildungskonzeptionen der Mitgliedsverbände bieten den verbandsinternen Rahmen für die
Ausbildung auf allen Lizenzstufen und umfassen Vorgaben und Ansprüche für die Gestaltung konkreter
Lizenzlehrgänge sowie die Umsetzung in konkreten LLS. Im Sinne des differenzanalytischen Ansatzes
bilden diese Lizenzlehrgänge und die darin umgesetzten LLS die Ausbildungswirklichkeit ab, die über
Methodischer Ansatz
96
die Perspektiven von Ausbildern sowie der Forschenden rekonstruiert werden (vgl. Abb. 8, Abb. 9). Die
Abb. 9 veranschaulicht den differenzanalytischen Ansatz der QuaTro-Studie:
(1) Zunächst erfolgt eine Konzentration auf den Schritt Differenzen bestimmen.
(2) Während Differenzanalysen im eigentlichen Sinn auf potentielle Differenzen fokussieren, er-
gänzen wir diesen Blick um die Identifikation von Passungen zwischen Anspruch und Wirk-
lichkeit. Damit wird der Grundidee nachgegangen, dass Passungen und Differenzen gleicher-
maßen zur umfassenden Offenlegung von Anspruch und Wirklichkeit beitragen, um praxislei-
tende Bewertungen (Schritt 3) und Empfehlungen (Schritt 4) (s. o.) ableiten zu können29.
(3) Eine Bestimmung von Passungen und Differenzen erfolgt auch bereits zwischen den beiden
Anspruchsebenen, den DOSB-RRL als curriculare Ebene und den Ausbildungskonzeptionen
der Mitgliedsverbände als institutionelle Ebene. Dem liegt der Gedanke zu Grunde, dass die
Ausbildungskonzeptionen der Mitgliedsverbände bereits als Teil der „Verwirklichung der RRL-
Ansprüche“ aufgefasst werden und damit Passungen und Differenzen zu erwarten sein dürf-
ten.
(4) Eine weitere Bestimmung von Passungen und Differenzen erfolgt zwischen den Ausbildungs-
dokumenten der Mitgliedsverbände (institutionelle Ebene) mit der Ausbildungswirklichkeit
aus Sicht der Ausbilder und der Forschenden.
Hauptfragestellung und Kategorien
Die Ausdifferenzierung der Hauptfragestellung erfolgt in Anlehnung an diesen adaptierten differenz-
analytischen Ansatz. Die zentralen inhaltlichen Untersuchungskategorien leiten sich aus dem bildungs-
und sportwissenschaftlichen Kompetenzdiskurs (Kap. 2 bis 4) sowie den DOSB-RRL (Deutscher Sport-
bund, 2005; Sygusch & Liebl, 2012) ab: (a) Kompetenzverständnis, (b) Ziele sowie (c) methodische Ge-
staltung.
Daraus erschließen sich folgende differenzanalytische Fragestellungen, die in den jeweiligen Teilkapi-
teln weiter ausdifferenziert werden:
F1 Passungen und Differenzen bestimmen: Anspruch curriculare vs. Anspruch institutionelle Ebene
Welche Passungen und Differenzen bestehen zwischen den Ansprüchen der Ausbildungsrahmen des
DOSB und den Ansprüchen der Ausbildungskonzeptionen (A-/B-/C-/Diplom-Trainer Leistungssport) der
Mitgliedsverbände hinsichtlich (a) Kompetenzverständnis, (b) Ziele, (c) methodische Gestaltung?
29 Im Folgenden wird daher immer von Passungen und Differenzen gesprochen.
Abb. 9: Vorgehen in der QuaTro-Studie in Anlehnung an differenzanalytischen Ansatz
Methodischer Ansatz
97
F2 Differenzen bestimmen: Ausbildungswirklichkeit vs. Anspruch (curriculare &) institutionelle
Ebene
Welche Passungen und Differenzen bestehen zwischen der Ausbildungswirklichkeit und den Ausbil-
dungskonzeptionen (MV, DOSB) hinsichtlich (a) Kompetenzverständnis, (b) Ziele, (c) methodische Ge-
staltung?
Hauptkategorie (a) Kompetenzverständnis
Diese Kategorie bezieht sich auf das grundlegende Verständnis von „Kompetenzen“ in der
Trainerbildung der Mitgliedsverbände. Die Kategorie knüpft an die gegenwärtige
Kompetenzdiskussion zur Trainerbildung (Kap. 3.5) sowie insbesondere an das grundlegende
Verständnis der RRL an. Analysiert werden Passungen und Differenzen unter den Gesichtspunkten, wie
Kompetenzen definiert werden und nach welchem Kompetenzmodell bzw. mit welchen
Kompetenzkategorien Kompetenzen beschrieben und operationalisiert werden (Dokumente und LLS).
Ob und inwieweit das Kompetenzverständnis in den Ausbildungskonzeptionen den
kompetenzorientierten Ansprüchen folgt, wird auf Ebene der Dokumente auch daran bemessen,
inwieweit die dort formulierten Ziele nach entsprechenden Kriterien zur Formulierung
kompetenzorientierter Ziele formuliert sind (vgl. Kap. 3.4).
Hauptkategorie (b) Ziele
Diese Kategorie bezieht sich auf Dokumentenebene auf die Einodnung der formulierten Ziele in
Kompetenzkategorien und Niveaustufen. Die Kategorie knüpft an die Expertise zur Einordnung der
Ausbildungsrahmen in den DQR (Kap. 3.5.3) an. Darüber hinaus geht es auch um die Frage, welche
inhaltlichen Themenbereiche in den Ausbildungsrahmen und den Ausbildungskonzeptionen der MV
aufgeführt werden. Auf Wirklichkeitsebene geht es darum zu überprüfen, welche Ziele der
Ausbildungsdokumente (RRL & MV) und damit einhergehenden inhaltlichen Themenbereiche in den
konkreten LLS angesteuert werden.
Hauptkategorie (c) methodische Gestaltung
Diese Kategorie bezieht sich auf die Gestaltung von LLS in der Trainerbildung der Mitgliedsverbände.
Die Kategorie knüpft an den bildungs- und sportwissenschaftlichen Kenntnisstand zur
kompetenzorientierten Aufgabenkultur (Kap. 4) an. Zunächst werden Passungen und Differenzen
zwischen den RRL und den Ausbildungskonzeptionen der MV analysiert. Anschließend wird geprüft,
welche methodischen Merkmale kompetenzorientierter Aufgabenkultur in den LLS angewandt wer-
den.
Zeitplan und -durchführung
Zur Beantwortung der o.g. Fragestellungen wurde im Rahmen der Anspruchsanalyse (insitutionelle
Ebene: Ausbildungskonzeptionen der Mitgliedsverbände)30 eine Dokumentenanalyse durchgeführt. Im
Rahmen der Wirklichkeitsanalyse wurden Videobeobachtungen von konkreten LLS sowie
problemzentrierte und Stimulated-Recall-Interviews mit den jeweiligen Ausbildern durchgeführt.
30 Die Anspruchsanalyse auf der curricularen Ebene (RRL) wurde in den Expertisen von Sygusch et al. vorgenom-
men und in Kap. 3.5.3 dargestellt. Die dort durchgeführte Analyse wird an einigen Stellen ergänzt (z.B. methodi-
sche Gestaltung). Darauf wird an entsprechender Stelle eingegangen.
Methodischer Ansatz
98
Sowohl die Dokumente als auch die Videos und Interviews wurden mittels qualitativer Inhaltsanalyse
nach Mayring (z.B. 2010) ausgewertet.
Die Studie erstreckte sich über drei Jahre. Nachfolgend wird zunächst der vereinfachte Zeitplan
skizziert.
Nachfolgend wird im Rahmen der Anspruchsanalyse der detaillierte Untersuchungsplan dargestellt,
der hinsichtlich der Auswertung an Mayring (z.B. 2010) angelehnt ist. Selbiges folgt analog für die
Wirklichkeitsanalyse (Kap. 6.4)
6.3 Anspruchsanalyse
Im ersten Schritt der vorliegenden Studie wurden die zugrunde gelegten Ansprüche erfasst und analy-
siert. Die zu untersuchende Anspruchsebene ist primär die institutionelle Anspruchsebene in Form der
Ausbildungskonzeptionen der MV. Die Ansprüche der curricularen Ebene (Ausbildungsrahmen des
DOSB) wurden bereits in zwei Expertisen (Kap. 3.5.3) erfasst. Das methodische Vorgehen ist bei Sygu-
sch und Liebl (2012, S. 18-20) beschrieben. Im Laufe der vorliegenden Studie wurden jedoch weitere
Fragestellungen entwickelt, die über die Fragestellungen der Expertisen hinausgehen. An diesen Stel-
len wurden daher auch die curricularen Ausbildungsrahmen nochmals analysiert. Das Vorgehen dieser
Analyse geschieht analog zur Analyse der institutionellen Ansprüche, daher stellt auch die Abb. 11 den
Untersuchungsplan für die institutionelle Anspruchsanalyse dar. Die ergänzenden Analysen der Aus-
bildungsrahmen werden an dieser Stelle mitgedacht, aber nicht explizit dargestellt. Die entsprechen-
den Fragestellungen dazu werden in Kap. 6.3.1 erläutert. Das Vorgehen wird im nachfolgenden Unter-
suchungsplan skizziert. Die einzelnen Schritte werden zunächst kurz beschrieben und anschließend in
den darauffolgenden Kapiteln ausführlich erläutert. Dieser Prozess wird in Kapitel 6.4 analog für die
Wirklichkeitsanalyse vorgenommen.
1. Der erste Schritt sieht eine theoriegeleitete Ausdifferenzierung der Hauptfragestellung F1
vor. Dazu werden jeweils Teilfragestellungen anhand der drei Kategorien (a) Kompetenzver-
ständnis, (b) Ziele sowie (c) methodische Gestaltung formuliert. Außerdem werden weitere
Fragestellungen induktiv ergänzt, die sich im Laufe der Studie ergeben haben.
2. Anschließend werden die notwendigen Daten ausgewählt und charakterisiert (Ausbildungs-
dokumente der Mitgliedsverbände; Teile der Ausbildungsrahmen zur Ergänzung der Experti-
sen).
3. Im dritten Schritt werden die Daten aufbereitet, um sie einer regelgeleiteten Auswertung
zugänglich zu machen.
Abb. 10: vereinfachter Zeitplan der QuaTro-Studie
Methodischer Ansatz
99
4. Im vierten Schritt werden die Daten inhaltsanalytisch ausgewertet (angelehnt an Mayring).
In der vorliegenden Studie werden die Ausbildungsdokumente mittels inhaltlich- sowie ska-
lierend-strukturierender Inhaltsanalyse (Kuckartz, 2014, S. 77–98; Mayring, 2010, S. 98) aus-
gewertet.
4.1 Dazu werden zunächst die Analyseeinheiten der Auswertung festgelegt.
4.2 Anschließend werden die Auswertungskategorien ausdifferenziert und ein entsprechen-
der Kodierleitfaden erstellt (Die drei Hauptkategorien (a) Kompetenzverständnis, (b) Ziele, (c)
methodische Gestaltung sind im Rahmen der Anspruchs- und Wirklichkeitsanalyse identisch.
Ihre Ausdifferenzierung in Teilkategorien sowie die entsprechenden Kodierleitfäden sind an
verschiedenen Stellen unterschiedlich stark ausdifferenziert).
4.3 Im dritten Auswertungsschritt werden die Kategorien auf das Material angewendet und
ggf. induktiv erweitert. Dazu erfolgt zunächst ein erster Probedurchlauf mit Prüfung der Intra-
coderreliabilität und einer entsprechenden Überarbeitung der Kategorien und Leitfäden. Ab-
schließend erfolgt der endgültige Materialdurchgang.
4.4 Zur Prüfung der Güte der Kodierung wird die Intercoderreliabilität einzelner Auswertun-
gen berechnet.
4.5 Darauf folgt die Analyse der Ausbildungskonzeptionen der MV (und zur Expertise ergän-
zende Auswertungen der RRL) durch die Auswertung der Kategorien.
5. Im letzten Schritt wird die Analyse von Passungen und Differenzen zwischen den Ausbil-
dungsrahmen und der Ausbildungskonzeptionen der MV vorgenommen.
Methodischer Ansatz
101
Entsprechend des Untersuchungsplans wird zunächst die Fragestellung F1 der Anspruchsanalyse aus-
differenziert (Schritt 1, Abb. 11) bevor die Prozesse der Datenerhebung (Schritt 2), Datenaufbereitung
(Schritt 3), Datenauswertung (Schritt 4) sowie die Differenzanalyse (Schritt 5) der Ansprüche erläutert
werden.
Ausdifferenzierung der Fragestellung F1
In diesem Kapitel wird die Fragestellung F1 für die institutionelle Ebene (Ausbildungskonzeptionen der
MV) und ergänzend für die curriculare Ebene (RRL) entsprechend des Untersuchungsplans ausdiffe-
renziert. Die Fragestellung F1 bezieht sich auf den Vergleich der Ausbildungskonzeptionen der Mit-
gliedsverbände mit den Ausbildungsrahmen des DOSB:
Welche Passungen und Differenzen bestehen zwischen den Ansprüchen der Ausbildungsrahmen des
DOSB und den Ansprüchen der Ausbildungskonzeptionen (A-/B-/C-/Diplom-Trainer Leistungssport) der
Mitgliedsverbände hinsichtlich (a) Kompetenzverständnis, (b) Ziele, (c) methodische Gestaltung?
Bei der Ausdifferenzierung in Teilfragestellungen sind folgende Besonderheiten zu beachten: Im Rah-
men der institutionellen Anspruchsanalyse wurden ursprünglich zwei Fragestellungen angelegt (a1,
b2), die auf curricularer Ebene bereits mit den Expertisen (s.o.) beantwortet wurden (grau markiert).
Im Laufe des Forschungsprozesses haben sich darüber hinaus drei weitere Fragestellungen ergeben
(a2, b1, c). Im Rahmen der Differenzanalyse wurden diese erweiterten Fragen dann auch auf curricu-
larer Ebene nach-analysiert:
(a1) Welches Kompetenzverständnis liegt den Ausbildungsrahmen des DOSB zu Grunde?
(a1) Welches Kompetenzverständnis liegt den Ausbildungskonzeptionen (MV) zu Grunde?
(a2) Sind die Ziele der Ausbildungsrahmen des DOSB kompetenzorientiert formuliert?
(a2) Sind die Ziele der Ausbildungskonzeptionen (MV) kompetenzorientiert formuliert?
(b1) Welche Themenbereiche werden in den einzelnen Kompetenzkategorien der Ausbildungsrah-
men des DOSB aufgeführt?
(b1) Welche Themenbereiche werden in den einzelnen Kompetenzkategorien der Ausbildungskon-
zeptionen (MV) aufgeführt?
(b2) In welchen DQR-Kompetenzkategorien und auf welchen Niveaustufen werden die Ziele der Aus-
bildungsrahmen des DOSB zugeordnet?
(b2) In welchen DQR-Kompetenzkategorien und auf welchen Niveaustufen werden die Ziele der Aus-
bildungskonzeptionen (MV) zugeordnet?
(c) Welche methodischen Merkmale (kompetenzorientierter Aufgabenkultur) werden in den Aus-
bildungsrahmen des DOSB beschrieben?
(c) Welche methodischen Merkmale (kompetenzorientierter Aufgabenkultur) werden in den Aus-
bildungskonzeptionen (MV) beschrieben?
Darüber hinaus haben sich folgende methodologische Fragestellungen hinsichtlich der DQR-Zuord-
nung ergeben:
(b3) Ist eine Übertragung der DQR-Zuordnung (vier Kompetenzkategorien und Niveaustufen) auf die
drei RRL-Kompetenzkategorien möglich?
Methodischer Ansatz
102
(b3) Wie unterscheiden sich die Passungen und Differenzen zwischen DOSB-Ausbildungsrahmen und
Mitgliedsverbänden bei dieser Übertragung?
Im nachfolgenden Kapitel wird der Prozess der Datenerhebung auf Anspruchsebene dargestellt.
Auswahl und Charakterisierung des Materials
Nachfolgend werden zunächst die analysierten Ausbildungsrahmen des DOSB und anschließend die
Ausbildungskonzeptionen der MV charakterisiert.
6.3.2.1 Ausbildungsrahmen des DOSB
Das methodische Vorgehen zur Analyse der Ausbildungsgänge des DOSB basiert auf folgenden Doku-
menten (N = 4), die bereits im Rahmen der Expertisen dargelegt wurden (vgl. Sygusch et al., 2013b;
Sygusch & Liebl, 2012):
• Rahmenrichtlinien für Qualifizierung im Bereich des Deutschen Sportbundes (DSB, 2005)
Die Rahmenrichtlinien für Qualifizierung (RRL) sind die Basis für alle Ausbildungsgänge des DOSB: „Die
RRL geben für alle an Bildungs- und Qualifizierungsprozessen im Lizenzsystem des DSB Beteiligten die
verbindlich gültigen Orientierungsdaten vor“ (Deutscher Sportbund, 2005). Sie wurden 2005 im Rah-
men der Kompetenzdebatte letztmals überarbeitet. Es handelt sich um ein relativ umfangreiches Do-
kument (94 Seiten), das neben „grundlegenden Positionen, pädagogischen Rahmenbedingungen, or-
ganisations-strukturellen Informationen und Ordnungen“, im Schwerpunkt die einzelnen „Ausbil-
dungsgänge“ (Kapitel V) für den Breiten- und Leistungssport charakterisieren (C-Lizenz bis Diplom-Trai-
ner). Dazu werden für jeden Ausbildungsgang Ziele anhand der drei Kompetenzkategorien persönliche-
und sozialkommunikative Kompetenz (PSK), Fachkompetenz (FK) sowie Methoden- und Vermittlungs-
kompetenz (MVK) formuliert.
Im Rahmen des Diplom-Trainers wird auf die Ausbildungsdokumente der ta verwiesen, die nachfol-
gend charakterisiert werden.
• Kompetenz-Portfolio der Trainerakademie Köln des DOSB
Das Kompetenz-Portfolio (Trainerakademie Köln, 2012) wurde von der Trainerakademie Köln erarbei-
tet und stellt das jüngste der analysierten Konzepte dar (Beschlussdatum: 15.03.2012). Seine Entste-
hung fällt in den Zeitrahmen der bildungspolitisch verstärkten Bemühungen um Transparenz im deut-
schen Bildungssystem. Es handelt sich um ein relativ kurzes Dokument (Umfang: 2 Seiten), in welchem
Kompetenzen skizziert werden, die im Rahmen des Diplom-Trainer-Studiums erworben werden kön-
nen.
• Studien- und Prüfungsordnung der Trainerakademie Köln des DOSB
Herausgeber der Studien- und Prüfungsordnung (Trainerakademie Köln, 2008) ist die Trainerakademie
Köln. Die aktuelle Fassung wurde im September 2008 veröffentlicht. Das Dokument besitzt einen Um-
fang von 20 Seiten, für die Einordnung in den DQR sind jedoch nur die darin ausgewiesen „Ziele der
Ausbildung“ (§6) relevant (S. 7-8). Diese decken sich weitgehend mit den im Curriculum ausgewiesenen
(übergreifenden) Zielen des Studiums zum Diplom-Trainer.
• Curriculum der Trainerakademie Köln des DOSB
Das aktuelle Curriculum (Trainerakademie Köln, 2004) zum Diplom-Trainer-Studium trat vier Jahre vor
der aktuellen Studien- und Prüfungsordnung in Kraft und umfasst 61 Seiten. Verfasst wurde es von
einem Autorenkollektiv der Trainerakademie Köln. Für die Einordnung in den DQR sind insbesondere
Methodischer Ansatz
103
die im Curriculum enthaltenen Zielformulierungen relevant. Diese liegen auf drei unterschiedlichen
Ebenen vor: (a) Ziele für die gesamte Ausbildung; (b) Ziele für einen Ausbildungsabschnitt; (c) Ziele für
einzelne Lehrgebiete. Dabei weist das Dokument keine einheitliche Struktur auf. Für die Ausbildungs-
abschnitte Spezialisierung und Sportartspezifische Ausbildung liegen übergreifende Zielformulierun-
gen vor, jedoch nicht für die Grundlagenausbildung; umgekehrt finden sich in der Grundlagenausbil-
dung Zielformulierungen pro Lehrgebiet, in der Spezialisierung und Sportartspezifische Ausbildung da-
gegen nicht.
An dieser Stelle wird ein zweigliedriges System deutlich. Auf der einen Seite geben die RRL die Ziele für
die C- bis A-Lizenzausbildung vor; diese werden den drei Kompetenzkategorien PSK, FK sowie MVK
zugeordnet. Für deren Umsetzung sind jeweils die Verbände verantwortlich. Auf der anderen Seite
steht die Diplom-Trainerausbildung, die einer separaten Betrachtung bedarf. Grundsätzlich ist die Dip-
lom-Trainer-Ausbildung in drei Phasen untergliedert: Die Grundlagen- und Spezialisierungsausbildung
wird von der ta durchgeführt, die sportartspezifische Ausbildung liegt in der Verantwortlichkeit der
einzelnen Verbände. Für die gesamte Diplom-Trainer-Ausbildung werden zunächst in den RRL fünf
Ziele formuliert. Diese sind jedoch einerseits sehr allgemein formuliert und andererseits nicht den drei
Kompetenzkategorien PSK, FK und MVK zugeordnet. Die RRL verweisen an dieser Stelle auf die Ausbil-
dungsdokumente der ta. Die ta stellt dazu die oben charakterisierten Dokumente Kompetenzportfolio,
Curriculum sowie Studien- und Prüfungsordnung zur Verfügung. Sygusch und Liebl (2013b) weisen im
Rahmen ihrer Expertise darauf hin, das keine stringente Basis bzw. Verknüpfung zwischen den einzel-
nen Elementen vorliegt. Ziele liegen sowohl auf phasenübergreifender Ebene als auch für ihre drei
Einzelbestandteile an unterschiedlichen Stellen und in unterschiedlicher Form vor: Im Kompetenzport-
folio werden ausbildungsübergreifende Ziele (d.h. für die Grundlagen-, Spezialisierungs- und sport-
artspezifische Ausbildung gemeinsam) formuliert, im Curriculum (und in ähnlicher Form in der Studien-
und Prüfungsordnung) liegen ebenfalls übergeordnete Ziele vor. Darüber hinaus werden übergrei-
fende Ziele für die Spezialisierungsausbildung formuliert, nicht jedoch für die Grundlagenausbildung.
Im Rahmen der Grundlagenausbildung liegen Ziele auf Modulebene vor. Letztlich werden im Curricu-
lum in Form eines Fließtextes auch Ziele für die sportartspezifische Ausbildung formuliert. Bei keiner
Zieldarstellung wird dabei eine Zuordnung zu den drei Kompetenzkategorien der RRL vorgenommen.
Im Rahmen der vorliegenden Studie ist eine Trennung der drei Ausbildungsbestandteile Grundlagen-,
Spezialisierungs- und sportartspezifische Ausbildung von Bedeutung, da die Ausbildungskonzeptionen
der MV in ihrer Funktion lediglich den sportartspezifischen Ausbildungsteil abdecken. Daher muss die
Frage gestellt werden, mit welchem Anspruch die Ausbildungskonzeptionen verglichen werden. Im
Rahmen der Datenauswertung (Kap. 6.3.4) wird an entsprechenden Stellen auf diese Schwierigkeit zu-
rückgegriffen und erläutert, wie im Einzelfall damit umgegangen wurde.
6.3.2.2 Ausbildungskonzeptionen (MV)
Die zu untersuchende institutionelle Anspruchsebene besteht aus N = 4 Ausbildungskonzeptionen. Je
eine Ausbildungskonzeption pro Verband31. Die jeweils gültigen Ausbildungskonzeptionen wurden von
den Ausbildungsverantwortlichen der vier Verbände digital zur Verfügung gestellt.
Die Dokumente unterscheiden sich dabei sowohl im Umfang als auch im Aufbau und der Struktur.
Nachfolgende Beschreibung sowie die Tab. 7 geben eine Übersicht über die untersuchten Dokumente,
speziell über die Art und Weise und die Seiten, die für die Auswertung der einzelnen Kategorien (a)
Kompetenzverständnis, (b) Ziele und (c) methodische Gestaltung relevant sind:
31 Die Ausbildungskonzeption des DAV wurde im Laufe des Projekts überarbeitet. Es wird nur die Auswertung der
aktualisierten Konzeption (Stand 01/16) dargestellt.
Methodischer Ansatz
104
• DHB Ausbildungsrichtlinien
Die Ausbildungsrichtlinien vom DHB umfassen insgesamt 42 Seiten und wurden letztmals 2008 aktua-
lisiert. Konkrete Ausbildungsinhalte liegen in einem weiteren Dokument vor. Relevant für die Analyse
sind v.a. die „Ziele“ und „Ausbildungsgänge“ (S. 14f.). Der DHB benennt explizit das zu Grunde liegende
Kompetenzverständnis und definiert dazu einzelne Teilkompetenzen (a). Zu jeder Ausbildungsstufe
werden dann relativ wenige Ziele in ganzen Sätzen formuliert (b). Eine inhaltliche Strukturierung bzw.
Untergliederung der Ziele wird nicht vorgenommen. Die methodischen Grundlagen werden in Form
‚didaktisch-methodischer Grundsätze‘ explizit erläutert (c).
• Ausbildungsordnung des Deutschen Judo-Bundes e.V. (DJB)
Die Ausbildungsdokumente des DJB sind relativ umfangreich (93 Seiten) und wurden letztmals 2013
aktualisiert32. Von Bedeutung für die vorliegende Analyse sind v.a. die Teile „A Ausbildungsordnung“
hinsichtlich des Kompetenzverständnisses und „B Ausbildungsinhalte“ hinsichtlich der Ziele der einzel-
nen Ausbildungsgänge. Der DJB benennt ebenfalls explizit das zu Grunde gelegte Kompetenzverständ-
nis, zunächst ohne jedoch Definitionen der einzelnen Teilkompetenzen vorzunehmen. Eine Definition
der ‚Handlungskompetenz‘ findet sich an späterer Stelle in Zusammenhang mit den formulierten Zielen
(a). Die Ziele jeder Ausbildungsstufe werden anhand von vier inhaltlich abgrenzbarer Handlungsfelder
formuliert. Dazu wird jeweils ein übergeordnetes Ziel formuliert und dies stichpunktartig in Teilziele
ausdifferenziert (b). Unmittelbar darauf erfolgt, ebenfalls für jedes Handlungsfeld, eine Nennung von
unterschiedlichen Vermittlungsmethoden (c).
• Konzeption der DSV Trainerschule für die Ausbildung von Trainer/-innen für den Leistungs-
sport auf der Basis der DOSB-RRL
Die Ausbildungskonzeption des DSV ist sehr umfangreich (173 Seiten) und wurde letztmals 2008 aktu-
alisiert. Von Bedeutung für die Auswertung sind v.a. die Kapitel „6. Erwerb von Handlungskompetenz“,
„7. Handlungsfelder, Kompetenzen und Inhalte der Trainerausbildungen C, B, A und des Diplomtrai-
ners“ sowie „8. Didaktisch-methodische Grundsätze zur Gestaltung von Qualifizierungsmaßnahmen“.
Der DSV benennt und definiert explizit das zu Grunde liegende Kompetenzverständnis und definiert
entsprechende Teilkompetenzen (a). Die zu erwerbenden Kompetenzen der Ausbildung werden in je-
der Ausbildungsstufe den drei zu Grunde gelegten Teilkompetenzen zugeordnet. Vorab werden jeweils
weitere Ziele formuliert, die einer anderen inhaltlichen Strukturierung folgen (b). Ähnlich wie beim
DHB werden die methodischen Hinweise in Form ‚didaktisch-methodischer Grundsätze‘ separat erläu-
tert (c).
• Ausbildungskonzeption Trainer C & B Leistungssport (DAV)
Der DAV weist das jüngste Ausbildungsdokument auf (Stand 2016). Es umfasst 38 Seiten und beinhaltet
zwei Ausbildungsgänge (C-, B-Lizenz). Der DAV formuliert kein explizites Kompetenzverständnis, er-
wähnt jedoch eine Orientierung an den von den DOSB vorgegebenen Kompetenzen (a). Die Ziele bzw.
Kompetenzen werden zunächst für verschiedene Module übergreifend erläutert. Es folgt eine Ausdif-
ferenzierung in einerseits ‚Fachkompetenzen‘ und andererseits ‚Methoden-, Personal-, Sozialkompe-
tenz‘. Abschließend werden die Ziele auf Ebene von Verlaufsplänen weiter heruntergebrochen (b) und
unmittelbar mit methodischen Gestaltungsformen verknüpft (c).
32 Dokument wurde im Nachgang der Studie erneut aktualisiert.
Methodischer Ansatz
105
Tab. 7: Charakterisierung der Ausbildungskonzeptionen
Institu-
tion
Dokument (a) Kompetenzver-
ständnis
(b) Ziele (c) methodische
Gestaltung
DHB
(2008)
DHB Ausbil-
dungsrichtli-
nien
Kompetenzverständ-
nis wird im Kapitel
„Handlungsfelder“ (S.
15f.) explizit genannt
und Kompetenzen de-
finiert.
Formulierung in ganzen Sätzen für
jede Ausbildungsstufe („Qualifika-
tion Trainer C“ bis „Diplomtrainer“)
ohne weitere inhaltliche Unterglie-
derung (S. 18-21).
Explizite Erläute-
rung im Kapitel
„Didaktisch-me-
thodische Grunds-
ätze“ (S. 14-15).
DJB
(2013)
Ausbil-
dungsord-
nung des
Deutschen
Judo-Bun-
des e.V.
(DJB)
Kompetenzverständ-
nis wird im Kapitel
„Allgemeine Zielset-
zung der Ausbildung“
(S. 3f.) explizit ge-
nannt; eine Definition
erfolgt im Kapitel
„Handlungsfelder für
Trainer“ (S. 34).
Für jede Ausbildungsstufe werden
anhand von vier „Handlungsfel-
dern“ je ein „übergeordnetes Lern-
ziel“ und stichpunktartig „Teillern-
ziele“ genannt (S. 70-89).
Für jedes „Hand-
lungsfeld“ werden
stichpunktartig
„Vermittlungsme-
thoden“ genannt
(S. 70-89).
DSV
(2008)
Konzeption
der DSV
Trainer-
schule für
die Ausbil-
dung von
Trainer/-in-
nen
für den Leis-
tungssport
auf der Basis
der DOSB-
RRL
Kompetenzverständ-
nis wird im Kapitel „Er-
werb von Handlungs-
kompetenz“ (S. 18f.)
explizit genannt und
Kompetenzen defi-
niert.
Für jede Ausbildungsstufe werden
zunächst „Ziele der Ausbildung“ be-
schrieben. Anschließend werden
„Kompetenzen des/der Trainers/-
in“ anhand der drei Teilkompeten-
zen beschrieben (S. 20-36).
Explizite Erläute-
rung im Kapitel
„Didaktisch-me-
thodische Grunds-
ätze zur Gestal-
tung von Qualifi-
zierungsmaßnah-
men“ (S. 37-39).
DAV
(2016)33
Ausbil-
dungskon-
zeption Trai-
ner C & B
Leistungs-
sport
Orientierung an Kom-
petenzen im Sinne des
DOSB wird in der „Ein-
leitung“ erwähnt (S.
3).
Jede Ausbildungsstufe wird in meh-
rere Module unterteilt. Für jedes
Modul erfolgt die Formulierung
übergeordneter „Kompetenzen“
und eine Ausdifferenzierung in
„Fachkompetenz“ sowie „Metho-
den-, Personal-, Sozialkompetenz“.
In Form von Verlaufsplänen werden
dann Ziele weiter heruntergebro-
chen (S. 7-24).
Im Rahmen der
Verlaufspläne (s.l.)
werden zu jedem
Lernziel konkrete
Methoden be-
schrieben (S. 7-
24).
33 Vorläufige Version, Stand 04.04.16
Methodischer Ansatz
106
Datenaufbereitung
Die Ausbildungsdokumente wurden hinsichtlich ihres (a) Kompetenzverständnisses, ihrer (b) Ziele so-
wie ihrer (c) methodischen Gestaltung analysiert. Die Textstellen für die Auswertung der Kategorien
(a) und (c) bedurften nach ihrer Auswahl (s.o.) keiner weiteren Aufbereitung, entsprechende Textstel-
len konnten im Rahmen der Analyse unmittelbar kodiert werden (vgl. Kap. 6.3.4).
Bei der ersten Materialsichtung hat sich gezeigt, dass die Ziele der einzelnen Verbände (Kategorie (b))
in sehr unterschiedlicher Weise formuliert sind und deshalb auch nur bedingt den vorliegenden Kom-
petenzkategorien und Anforderungsniveaus im DQR zugeordnet werden können (Fragestellung F1b2).
Daraus wurden für das weitere Vorgehen zwei Konsequenzen abgeleitet: Erstens gilt die regelgeleitete
Berücksichtigung von Kriterien zur Formulierung kompetenzorientierter Ziele als ein Qualitätsaspekt
der Kompetenzorientierung (Kap. 3.4). Aus diesem Grund wurde auch – induktiv – die Fragestellung
F1a2 entwickelt (Formulierung kompetenzorientierter Ziele; s.o.). Zweitens wurden zur weitest mögli-
chen Gewährleistung eines einheitlichen und regelgeleiteten Zuordnungsprozesses einige Ziele zu-
nächst soweit aufbereitet, dass sie überhaupt in den weiteren Auswertungsprozess einbezogen wer-
den können. Zur Formulierung von kompetenzorientierten Zielen liegen Empfehlungen und Kriterien
vor (vgl. Kap. 3.4), die u.a. dazu dienen, den Interpretationsspielraum der Ziele gering zu halten. Die
Vorgehensweise bei der Aufbereitung der Ziele anhand dieser Kriterien wird nachfolgend beschrieben.
6.3.3.1 Ein-/Ausschlusskriterien
Hauptgrund dafür, Ziele formal aufzubereiten oder gänzlich auszuschließen ist der große Interpretati-
onsspielraum der Ziele, wenn die Formulierungskriterien (vgl. Kap. 3.4) nicht oder nur unzureichend
berücksichtigt sind. Ohne diese Aufbereitung wäre eine klare Zuordnung zum DQR vielfach nicht mög-
lich gewesen. Zum Ein- und Ausschluss bzw. zur Aufbereitung der Ziele wurden folgende Kriterien auf-
gegriffen und für die vorliegende Analyse operationalisiert:
Jedes Lernziel soll…
• … eine Inhaltskomponente enthalten; bspw. „Grundtechniken“
• … eine (möglichst aktive) Handlungskomponente enthalten, die sich am Outcome des Ler-
nenden orientiert; bspw. „Die Teilnehmer erläutern …“
• … eindeutig dem Bereich Wissenserwerb oder Wissensanwendung (= Können) zuzuordnen
sein; hier lässt sich das Verb „erläutern“ eindeutig dem Bereich Wissenserwerb zuordnen.
Beispiel: „Er/Sie kennt Anpassungs- und Lerngesetzmäßigkeiten“ (kennt = aktive Handlungskompo-
nente; Anpassungs- und Lerngesetzmäßigkeiten = Inhaltskomponente; Outcomeorientierung durch Be-
schreibung der angestrebten Kompetenz des Lernenden).
Unter Berücksichtigung dieser Kriterien wurden die formulierten Ziele in fünf Rangordnungen einge-
teilt, um ihre Formulierungsqualität und damit einhergehend ihren Interpretationsspielraum sichtbar
zu machen:
1a: Ziel entspricht allen Kriterien (z.B. „Die Teilnehmer erläutern die Grundtechniken der Sportart“)
1b: Ziel wird durch eine passive Verbkonstruktion beschrieben, berücksichtigt aber alle anderen Kri-
terien (z.B. „Kenntnisse über Anpassungs- und Lerngesetzmäßigkeiten“).
Methodischer Ansatz
107
1I34 Ziel ist inputorientiert formuliert, beschreibt also nicht explizit den Outcome der Lernenden. Der
Outcome lässt sich aber sehr klar ableiten, so dass der Interpretationsspielraum relativ gering
bleibt (z.B. „Die Ausbildung qualifiziert zur Leitung von Gruppen oder zur Führung von einzelnen
Sportlern im Leistungs- und Wettkampfsport“).
2: Ziele, die sich am Outcome orientieren sowie eine Inhalts- und Handlungskomponente aufwei-
sen, jedoch keine aktive Verbkonstruktion und keine eindeutige Zuordnung zu Wissen oder Kön-
nen aufweisen (z.B. „Selbständige Planung und Organisation der eigenen Aus-, Fort- und Weiter-
bildung“).
3/4: Ziele, die entweder keine Inhalts- oder Handlungskomponente aufweisen. Diese Ziele wurden
für die weitere Auswertung ausgeschlossen (z.B. „Psychohygiene“).
Ziele, die in die Rangordnung 1b, 1I und 2 eingeordnet wurden, wurden für die weitere Analyse ent-
sprechend der o.g. Kriterien angepasst. Dies erscheint an dieser Stelle einerseits legitim, weil nur for-
male und keine inhaltlichen Änderungen vorgenommen wurden und andererseits sinnvoll, um die Aus-
legung des Ziels transparent zu machen und alle Ziele einheitlich analysieren zu können. Exemplarische
Umformulierungen werden im nachfolgenden Kapitel erläutert.
6.3.3.2 Anpassung und Anzahl der Ziele
Die Ziele der Ordnung 1a konnten problemlos ausgewertet werden. Ziele der Ordnungen 1b, 1I und 2
weisen unterschiedliche Interpretationsspielräume auf, da nicht alle Kriterien (s.o.) erfüllt werden.
Eine Zuordnung zu den Kompetenzkategorien und Niveaustufen von RRL und DQR erscheint dennoch
recht deutungssicher möglich, da zentrale Informationen vorliegen (Beispiele sh. Tab. 8). Um aber den
Interpretationsspielraum transparent zu machen, wurden diese Ziele anhand der o.g. formalen Krite-
rien von zwei Mitarbeitern unabhängig voneinander umformuliert, verglichen und bei Abweichungen
konsensuell validiert35.
Die Ziele der zweiten Ordnung besitzen den größten Interpretationsspielraum. Die vorgenommenen
Umformulierungen wurden nach der oben beschriebenen Anpassung deshalb zusätzlich den jeweili-
gen Ausbildungsverantwortlichen vorgelegt, um abzusichern, dass die umformulierten Ziele inhaltlich
dem Originalziel entsprechen. Die Rückmeldungen der Ausbildungsverantwortlichen waren zu 100%
bestätigend36. Es folgt ein exemplarisches Beispiel über den Grad der Umformulierung für die Ordnun-
gen 1b, 1I und 2 (Tab. 8).
34 I= Input 35 Aus Gründen der Anonymität werden an dieser Stelle lediglich exemplarische Umformulierungen dargestellt
und nicht alle umformulierten Ziele inkl. des Originalziels. 36 Die Zuordnung in den DQR wurde darüber hinaus mit und ohne Berücksichtigung der Ziele zweiter Ordnung
durchgeführt, um zu überprüfen, ob die Formulierungsqualität einen Einfluss auf die DQR-Zuordnung hat. Syste-
matische Abweichungen der Niveaustufenzuordnung wurden dabei nicht festgestellt. Deshalb wurden die Ziele
zweiter Ordnung in die Auswertung aufgenommen.
Methodischer Ansatz
108
Tab. 8: Exemplarische Umformulierungen
Rangordnung Originalziel Umformuliertes Ziel
1b Kenntnisse über Anpassungs- und Lern-gesetzmäßigkeiten
Er/Sie kennt Anpassungs- und Lerngesetz-mäßigkeiten.
1I Sie qualifiziert zur Leitung von Gruppen oder zur Führung von einzelnen Sport-lern im Leistungs- und Wettkampfsport im Hockey.
Er/Sie leitet Gruppen oder führt einzelne Sportler im Leistungs- und Wettkampf-sport im Hockey.
2 Selbständige Planung und Organisation der eigenen Aus-, Fort- und Weiterbil-dung.37
Er/Sie plant und organisiert seine/ihre Aus-, Fort- und Weiterbildung selbständig.
Insgesamt wurden über alle vier Verbände 447 Ziele erfasst, von denen 354 (79%) in die weitere Ana-
lyse eingeschlossen und 93 (21%) auf Grund ihrer Formulierungsqualität ausgeschlossen wurden
(Rangordnung 3/4). Von den 354 eingeschlossenen Zielen wurden 168 Ziele, wie oben beschrieben,
aufbereitet (Rangordnungen 1b, 1I, 2). Eine detaillierte Auswertung der Ziele erfolgt im Ergebniskapitel
(Kap. 7.1.1)
Datenauswertung
In diesem Kapitel erfolgt entsprechend des Untersuchungsplans (Kap. 6.3) die Beschreibung der Da-
tenauswertung in Anlehnung an die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring.
6.3.4.1 Festlegung der Analyseeinheiten
Die Auswertung der Ausbildungsdokumente zielt einerseits auf die i.d.R. in ganzen Absätzen formu-
lierten (a) Kompetenzverständnisse sowie (c) methodischen Gestaltungsvorlagen. Andererseits auf die
i.d.R. stichpunktartig formulierten (b) Ziele. Für die inhaltsanalytische Auswertung der Ausbildungsdo-
kumente wurden deshalb unterschiedliche Analyseeinheiten festgelegt (vgl. Mayring, 2010). Für die
Auswertung der Aspekte (a) Kompetenzverständnis und (c) methodische Gestaltung gelten folgende
Analyseeinheiten:
• Kodiereinheit: Der kleinste Materialbestandteil, der ausgewertet werden darf, ist ein in sich
verständlicher Teilsatz.
• Kontexteinheit: Das jeweilige Dokument.
• Auswertungseinheit: Jedes Verbandsdokument stellt eine Auswertungseinheit dar und wird
von vorne nach hinten kodiert.
• Analysetechnik: Inhaltliche Strukturierung, d.h. in diesem Fall eine inhaltliche Zuordnung der
Textstellen in entsprechende (Sub-)Kategorien des Kodierleitfadens.
Für die Auswertung der (b) Ziele gelten folgende Analyseeinheiten:
• Kodiereinheit: Der kleinste Materialbestandteil, der ausgewertet werden darf, ist ein Wort.
• Kontexteinheit: Zum Verständnis kann das gesamte Ziel betrachtet werden. Wenn das be-
nannte Ziel Bezug auf ein weiteres Ziel nimmt, wird auch dieses zur Erklärung herangezogen.
37 Beispielsweise kann mit diesem Ziel auch das Wissen über die Planung und Organisation gemeint sein
Methodischer Ansatz
109
• Auswertungseinheit: Jede Lizenzstufe eines Verbandsdokumentes (C-/B-/A-/Diplom-Trainer)
stellt eine Auswertungseinheit dar. Es wird jeweils eine Lizenzstufe kodiert und dann zur
nächsten übergegangen.
• Analysetechnik: Inhaltliche Strukturierung (b1), d.h. in diesem Fall eine Zuordnung der einzel-
nen Themenbereiche zu den drei Teilkompetenzen PSK, FK und MVK sowie skalierende Struk-
turierung bei der Zuordnung der Ziele zu den vier Kompetenzkategorien und acht Niveaustu-
fen des DQR (b2).
6.3.4.2 Festlegung der Kategorien und Formulierung des Kodierleitfadens
Zur Analyse sowohl der Ausbildungsansprüche als auch der Ausbildungswirklichkeit (vgl. Kap. 6.4) in
der Trainerbildung hinsichtlich der eingangs genannten Fragestellungen (F1, F2), ergeben sich zunächst
drei übergeordnete Hauptkategorien: (a) Kompetenzverständnis, (b) Ziele sowie (c) methodische Ge-
staltung. Alle drei Kategorien werden sowohl auf Anspruchsebene und durch mind. eine Erhebungs-
methode auf Wirklichkeitsebene erfasst und ausgewertet. Nachfolgend werden, aufbauend auf der
Kurzbeschreibung der drei Hauptkategorien in Kapitel 6.3.1, für alle drei Hauptkategorien die Ausdif-
ferenzierung in Subkategorien sowie die daraus entstandenen Kodierleitfäden der Anspruchsanalyse
erläutert.
Hauptkategorie (a) Kompetenzverständnis
Folgende Fragestellungen sollen mit Hilfe der Kategorie (a) Kompetenzverständnis auf Anspruchsebene
beantwortet werden:
(a1) Welches Kompetenzverständnis liegt den Ausbildungsrahmen des DOSB zu Grunde?38
(a1) Welches Kompetenzverständnis liegt den Ausbildungskonzeptionen (MV) zu Grunde?
(a2) Sind die Ziele der Ausbildungsrahmen des DOSB kompetenzorientiert formuliert?
(a2) Sind die Ziele der Ausbildungskonzeptionen (MV) kompetenzorientiert formuliert?
Zur Beantwortung dieser Fragestellungen wurde die Hauptkategorie (a) auf Dokumentenebene in zwei
Subkategorien ausdifferenziert:
• a1 Kompetenzkategorien und -definitionen
• a2 kompetenzorientierte Zielformulierung - Rangordnungen
Die Tab. 9 zeigt den Kodierleitfaden für die Kategorie (a) Kompetenzverständnis der Anspruchsanalyse.
In Anlehnung an Mayring (2010) werden jeweils Haupt- und Subkategorien mit entsprechenden Defi-
nitionen und Ankerbeispielen beschrieben. Diese Darstellungsweise wird auch für die weiteren Kate-
gorien beibehalten. Die Darstellung des Kodierleitfadens beinhaltet grundsätzlich jeweils sowohl die
deduktiv angelegten Kategorien sowie ihre induktiven Erweiterungen, die im Zuge der Auswertung ent-
standen sind. In der Kategorie (a) wurden jedoch keine induktiven Erweiterungen vorgenommen.
In der Kategorie a1 Kompetenzkategorien und -definitionen werden Modelle, Definitionen und Be-
schreibungen zum explizierten Kompetenzverständnis der jeweiligen Ausbildungskonzeptionen ko-
diert.
38 Grau markierte Fragestellungen wurden in der Expertise bereits beantwortet und werden hier nur der Voll-
ständigkeit halber aufgeführt (vgl. Kap. 6.3.1).
Methodischer Ansatz
110
Die Kategorie a2 Kompetenzorientierte Zielformulierungen - Rangordnungen prüft auf Ebene der ein-
zelnen Ziele, inwiefern die literaturbasierten Kriterien zur Formulierung kompetenzorientierter Ziele
in den einzelnen Ausbildungskonzeptionen eingehalten werden. Anhand der Kriterien erfolgt eine Ko-
dierung zu einer Rangordnung (vgl. Kap. 6.3.3.2), die die Güte der Formulierungsqualität beschreibt.
Tab. 9: Kodierleitfaden Anspruchsanalyse: Hauptkategorie (a) Kompetenzverständnis
Kategorie Definition Ankerbeispiel
a1 Kompe-tenzkate-gorien und -definitio-nen
Textstellen, die Modelle und Defini-tionen zum expliziten Kompetenz-verständnis beschreiben. Z.B. die Anlehnung an Kompetenzmodelle oder das Zusammenspiel aus Wis-sen und Können.
„Stichwort: Handlungskompetenz
Ziel der jeweiligen Ausbildungsstufe ist die Vermittlung einer Handlungskompetenz, die es dem Übungsleiter und Trainer ermöglicht, die von ihm betreute Sportlergruppe auf der entsprechenden Alters- und Entwicklungsstufe zu trainieren und zu betreuen, sie zu sportlichen Leistungen zu motivieren und den Trainings- und Wettkampfbetrieb zu organisieren“.
a2Kompetenzorientierte Zielformulierungen - Rangordnungen
a2.1 Rang-ordnung 1a
Ziel enthält eine Inhaltskompo-nente, eine aktiv formulierte Hand-lungskomponente, orientiert sich am Outcome des Lernenden und lässt sich eindeutig dem Bereich Wissenserwerb oder Wissensan-wendung zuordnen.
„Er/Sie kennt Anpassungs- und Lerngesetzmäßigkeiten“.
a2.2 Rang-ordnung 1b
Ziel enthält eine Inhaltskompo-nente, eine Handlungskompo-nente, orientiert sich am Outcome des Lernenden und lässt sich ein-deutig dem Bereich Wissenserwerb oder Wissensanwendung zuord-nen.
„Kenntnisse über Anpassungs- und Lerngesetzmäßigkei-ten“.
a2.3 Rang-ordnung 1I
Ziel enthält eine Inhaltskompo-nente, eine Handlungskomponente und lässt sich eindeutig dem Be-reich Wissenserwerb oder Wissens-anwendung zuordnen.
„Sie [die Ausbildung] qualifiziert zur Leitung von Gruppen oder zur Führung von einzelnen Sportlern im Leistungs- und Wettkampfsport im Hockey“.
a2.4 Rang-ordnung 2
Ziel enthält eine Inhaltskompo-nente, eine Handlungskomponente und orientiert sich am Outcome des Lernenden.
„Selbständige Planung und Organisation der eigenen Aus-, Fort- und Weiterbildung“.
Hauptkategorie (b) Ziele
Folgende Fragestellungen sollen mit Hilfe der Kategorie (b) auf Anspruchsebene beantwortet werden:
(b1) Welche Themenbereiche werden in den einzelnen Kompetenzkategorien der Ausbildungsrah-
men des DOSB aufgeführt?
(b1) Welche Themenbereiche werden in den einzelnen Kompetenzkategorien der Ausbildungskon-
zeptionen (MV) aufgeführt?
(b2) In welchen DQR-Kompetenzkategorien und auf welchen Niveaustufen werden die Ziele der Aus-
bildungsrahmen des DOSB zugeordnet?
Methodischer Ansatz
111
(b2) In welchen DQR-Kompetenzkategorien und auf welchen Niveaustufen werden die Ziele der Aus-
bildungskonzeptionen (MV) zugeordnet?
(b3) Ist eine Übertragung der DQR-Niveaustufenzuordnung (vier Kompetenzkategorien) auf die drei
RRL-Kompetenzkategorien möglich?
(b4) Wie unterscheiden sich die Passungen und Differenzen zwischen DOSB-Ausbildungsrahmen und
Mitgliedsverbänden bei dieser Übertragung?
Mit der Kategorie (b) Ziele werden die in den Ausbildungsrahmen sowie in den Ausbildungskonzeptio-
nen der MV formulierten Ziele analysiert. Wie in der Kategorie a2 kompetenzorientierte Zielformulie-
rungen - Rangordnung bereits dargelegt, bestehen Ziele u.a. aus einer Handlungs- und einer Inhalts-
komponente. Die Inhaltskomponente beschreibt dabei das zu behandelnde Themenfeld. Mit der Ka-
tegorie (b) Ziele wird in diesem Sinne überprüft, welche ausdifferenzierten Themenbereiche in den
Ausbildungsrahmen des DOSB sowie in den Ausbildungskonzeptionen der MV (in welcher Kompetenz-
kategorie) genannt werden (b1). Dadurch wird überprüft, welche Themenbereiche in den Ausbildungs-
rahmen und den einzelnen Verbänden in den drei Kompetenzkategorien subsumiert werden. Dazu
beschreibt die Tab. 10 im oberen Teil (b1) den Kodierleitfaden für die Analyse der ausdifferenzierten
Themenbereiche. Wie im Kapitel 3.5 dargestellt, findet in der Trainerbildung verstärkt eine Orientie-
rung an den drei Teilkompetenzen (Persönliche- und sozialkommunikative Kompetenz [PSK], Fachkom-
petenz [FK] sowie Methoden- und Vermittlungskompetenz [MVK]) statt. Für die vorliegende Analyse
werden daher diese drei Teilkompetenzen als übergeordnete Themenbereiche angelegt und entspre-
chend der formulierten Ziele weiter ausdifferenziert (b1.1 PSK, b1.2 FK, b1.3 MVK). Konkret wurde
dazu zunächst für jedes Ziel der beschriebene Themenbereich herausgestellt. Als Beispiel wurde aus
dem Ziel „Die Trainerin/Der Trainer kennt und berücksichtigt die Grundregeln der Kommunikation“
der Themenbereich „Grundregeln der Kommunikation“.
An dieser Stelle trat eine Besonderheit in der Behandlung der Ausbildungsrahmen des DOSB auf, die
auf die Zweiteilung des Ausbildungssystems zwischen einerseits C- bis A-Lizenz Ausbildung und ande-
rerseits Diplom-Trainer-Ausbildung zurückzuführen ist (s.o.):
Die Vielzahl an vorliegenden, unterschiedlichen Zielen der ta-Dokumente, die allesamt nicht den drei
Kompetenzkategorien (s.o.) zugeordnet sind, macht eine systematische Integration der im Diplom-
Trainer behandelten Themenbereiche in die vorliegende Analyse sehr schwierig. Durch einerseits sehr
übergreifend- und andererseits ausdifferenziert-formulierten Ziele der ta in den einzelnen Dokumen-
ten können nicht stringent Themenbereiche abgeleitet und den drei Kompetenzkategorien zugeordnet
werden. Insgesamt kann aber davon ausgegangen werden, dass in der Vielzahl der vorliegenden Do-
kumente auf unterschiedlichen Abstraktionsebenen (insbesondere Lehrbereiche der Grundlagenaus-
bildung der ta) alle Themen, die in den RRL formuliert werden, auch im Rahmen der Diplom-Trainer
Ansprüche berücksichtigt werden. Für den Vergleich zwischen Anspruch (hier ta-Dokumente) und den
Ausbildungskonzeptionen der MV wird daher davon ausgegangen, dass die in den RRL-formulierten
Themenbereiche auch als Ansprüche der sportartspezifischen Diplom-Trainer-Ausbildung herangezo-
gen werden können. Ggf. darüber hinaus gehende Themenbereiche bleiben an dieser Stelle unberück-
sichtigt.
Um eine systematische Differenzanalyse zu gewährleisten, wird im Rahmen der vorliegenden Studie
die Diplom-Trainer-Ausbildung als eine von vier Lizenzstufen betrachtet (und nicht als eigenständiges
System). Daher wird die Logik der Ansprüche von der C- bis A-Lizenz (Ziele in drei Kompetenzkatego-
rien: PSK, FK, MVK) mit entsprechenden Themenbereichen auch für den Diplom-Trainer angelegt. Das
bedeutet, dass die Themenbereiche der MV für die Diplom-Trainerausbildung auch anhand der drei
Kompetenzkategorien dargestellt werden.
Methodischer Ansatz
112
Teilweise sind die Ziele in den Ausbildungsdokumenten bereits den drei Kompetenzkategorien zuge-
ordnet, teilweise wurden auch andere bzw. keine inhaltliche Strukturierung vorgenommen (s.o.). In
den Fällen, in denen die Ziele bereits einer Kompetenzkategorie zugeordnet sind, wurde diese Zuord-
nung übernommen (bspw. wurde das o.g. Ziel der PSK zugeordnet). In den anderen Fällen wurden die
Ziele vom Forschenden anhand der entsprechenden Kategoriendefinition (b1.1, b1.2, b1.3) zugeord-
net. Da ein Ziel u.U. auch verschiedene Themenbereiche beinhalten kann, können Ziele auch mehreren
Themenbereichen zugeordnet werden. Daher übersteigt die Anzahl der zugeordneten Ziele je Kompe-
tenzkategorie die Anzahl der formulierten Ziele. In diese Analyse (b1) wurden alle formulierten Ziele
einbezogen. Auch die, die für die weitere Analyse aufgrund ihrer Formulierungsqualität ausgeschlos-
sen wurden (vgl. Kategorie a2).
Dementsprechend lautet die erste Subkategorie der Hauptkategorie (b) auf Dokumentenebene:
• b1 Themenbereiche der drei Kompetenzkategorien PSK, FK, MVK
Die zweite Subkategorie der Hauptkategorie (b) Ziele bezieht sich auf die DQR-Niveaustufenzuordnung
der formulierten Ziele und lautet daher:
• b2 DQR-Niveaustufenzuordnung
In den Expertisen zur Einordnung der RRL und der Ausbildungsdokumente der Trainerakademie in den
DQR (Kap. 3.5.3) wurde eine Zuordnung aller Ziele in die acht Niveaustufen und vier Kompetenzkate-
gorien des DQR und somit eine quantifizierende bzw. skalierende Einschätzung vorgenommen. In der
vorliegenden Arbeit werden analog dazu die Ziele der MV dem DQR zugeordnet:
Der DQR baut auf vier Säulen auf, den sogenannten Kompetenzkategorien Wissen, Fertigkeiten, Sozi-
alkompetenz und Selbstständigkeit (vgl. Kap. 3.5.3.2). Die ersten beiden Kategorien bilden zusammen
die Fachkompetenzen, die letzten beiden die personalen Kompetenzen. Pro Kompetenzkategorie exis-
tieren acht Niveaustufen, die ihrerseits durch Deskriptoren (Kurzbeschreibungen) erläutert werden.
Die insgesamt 32 Deskriptoren bilden zusammen mit acht Niveaustufenindikatoren, die kompetenz-
übergreifend eine Niveaustufe beschreiben, die DQR-Matrix zur Einordnung von Qualifikationen. Als
Beispiel kann ein Ziel in die Kompetenzkategorie Wissen auf Niveaustufe 3 zugeordnet werden (=Wis-
sen 3). So wird jedes in den Ausbildungskonzeptionen formulierte Ziel der DQR-Matrix zugeordnet. Ein
Ziel kann prinzipiell mehreren Kompetenzkategorien (und Niveaustufen) zugeordnet werden: bspw.
wird das Ziel „Er/ Sie kennt und beachtet den Ehrenkodex für Trainerinnen und Trainer“ sowohl der
Kategorie Wissen („kennt“) als auch Fertigkeiten („beachtet“) jeweils auf Niveaustufe 3 zugeordnet.
Der Leitfaden des DQR unterteilt das Einstufungsverfahren in zwei Schritte (AK DQR, 2010, S. 11-13;
vgl. Sygusch & Liebl, 2012). Im ersten Schritt werden die Lernergebnisse pro Kompetenzkategorie ge-
trennt analysiert, im zweiten Schritt erfolgt die kompetenzübergreifende Einordnung. Die differen-
zierte Analyse der Lernergebnisse (1. Schritt) beginnt immer mit der unteren Niveaustufe und endet,
wenn sich nur noch vereinzelt passende Formulierungen finden. Die Qualifikation ist dann „dem letz-
ten Deskriptor zuzuordnen, dessen Formulierungen vollständig auf sie zutreffen“ (ebd., S. 13). Bei der
kompetenzübergreifenden Einordnung (2. Schritt) sind prinzipiell alle vier Kompetenzkategorien
gleichwertig (ebd., S. 12). Kommt es jedoch bei der differenzierten Analyse zu unterschiedlichen Er-
gebnissen (z.B. für Wissen Niveaustufe 2 und für Sozialkompetenz Niveaustufe 3), muss „eine sinnvolle
Gewichtung der Teilaspekte mit Blick auf die Einstufung der Gesamtqualifikation“ (ebd., S. 11) getrof-
fen werden.
Zur quantifizierenden Auswertung der Zuordnung wurden Mittelwerte gebildet. Um die Gleichwertig-
keit der Kompetenzkategorien zu berücksichtigen, wurde im ersten Schritt jede der vier Kategorien
einzeln eingestuft und der jeweilige Mittelwert gebildet (besitzt z.B. die Kompetenzkategorie Wissen
Methodischer Ansatz
113
zwei Zuordnungen der Stufe 2 und drei Zuordnungen der Stufe 3, ergibt sich ein Mittelwert von 2,639).
Die Zusammenfassung der Kompetenzkategorien, d.h. die Bewertung des gesamten Ausbildungsgan-
ges, erfolgte anschließend per Mittelwertbildung über alle Kompetenzkategorien: besitzt z.B. Wissen
die Stufe 3, Fertigkeiten die Stufe 4, Sozialkompetenz und Selbstkompetenz jeweils die Stufe 5, liegt die
Gesamteinordnung des Ausbildungsganges bei 4,25.
Da der DQR nicht explizit für die Anwendung im Sport erstellt worden ist, wurde eine Beschreibung
des Instruments in Bezugnahme und vor dem Hintergrund der Tätigkeitsfelder im organisierten Sport
erstellt (Sygusch & Liebl, 2012). Dazu wurden alle Begriffe und Operatoren erläutert (s. Anhang 1 DQR
Glossar Sport). Der untere Teil der Tab. 10 (b2) zeigt exemplarisch den Kodierleitfaden für die DQR
Zuordnung. Der ausführliche Kodierleitfaden ist Anhang 2 Kodierleitfaden DQR zu entnehmen.
Tab. 10: Kodierleitfaden Anspruchsanalyse: Hauptkategorie (b) Ziele
Kategorie Definition Ankerbeispiel
b1 Themenbereiche
b1.1 Persön-liche- und sozialkom-munikative Kompetenz
PSK (Sozialkompetenz) umfasst ein Bündel von Eigenschaf-ten, Fähigkeiten und Fertigkeiten einer Person, die im Um-gang mit anderen Menschen/Gruppen, Situationen, die pä-dagogisch richtiges Verhalten erfordern, und bei der Lö-sung von Konflikten zum Tragen kommen (DSB, 20005, S. 14).
„Die Trainerin/ der Trainer ver-steht es, die Motivation der Sportlerinnen und Sportler bis hin zum Hochleistungsbereich weiterzuentwickeln, auszu-bauen und zu fördern“ (DSB, 2005, S. 56).
b1.2 Fach-kompetenz
FK beschreibt das (sportfachliche) Wissen und Können, das zur inhaltlich qualifizierten Planung, Durchführung und Auswertung von Sportangeboten sowie im Vereins-/Ver-bandsmanagement notwendig ist (DSB, 2005, S. 15).
„Die Trainerin/ der Trainer be-sitzt umfassende Kenntnisse über aktuelle Wettkampfregeln und Sportgeräte sowie über re-gionale und nationale Leis-tungssporteinrichtungen“ (DSB, 2005, S. 54).
b1.3 Metho-den- und Vermitt-lungskompe-tenz
MVK beschreibt Kenntnisse und Fähigkeiten in Bezug auf Methoden und Verfahren zur Vermittlung von Inhalten, zur Planung, Durchführung und Auswertung von Vereins-/Ver-bandsangeboten und zur Erledigung von Aufgaben in der Führung, Organisation und Verwaltung von Vereinen und Verbänden (DSB, 2005, S. 15).
„Die Trainerin/ der Trainer ver-fügt über umfassendes pädago-gisches Grundwissen zur Pla-nung, Organisation, Durchfüh-rung und Auswertung von Lern- bzw. Trainingseinheiten“ (DSB, 2005, S. 54).
b2 DQR-Niveaustufenzuordnung
b2.1 Wissen „Wissen bezeichnet die Gesamtheit der Fakten, Grunds-ätze, Theorien (...) in einem Lern- oder Arbeitsbereich als Ergebnis von Lernen und Verstehen“ (AK DQR, 2011, S. 9f.).
Ankerbesipiele: s. Anhang 2 Ko-dierleitfaden DQR
Niveaust. 1 Über elementares allgemeines Wissen verfügen. Einen ers-ten Einblick in einen Lern- oder Arbeitsbereich haben.
…
39 An dieser Stelle weicht das Vorgehen von den Empfehlungen des DQR ab. Eine Mittelwertbildung ist dort nicht
vorgesehen. Für eine differenziertere Betrachtung und Auswertung wurde eine möglichst exakte Quantifizierung
bereits auf Ebene der einzelnen Kompetenzkategorien als sinnvoll erachtet.
Methodischer Ansatz
114
Niveaust. 8 Über umfassendes, spezialisiertes und systematisches Wis-sen in einer Forschungsdisziplin verfügen und zur Erweite-rung des Wissens der Fachdisziplin beitragen (entspre-chend der Stufe 3 [Doktoratsebene] des Qualifikationsrah-mens für Deutsche Hochschulabschlüsse) oder über umfas-sendes berufliches Wissen in einem strategie- und innova-tionsorientierten beruflichen Tätigkeitsfeld verfügen. Über entsprechendes Wissen an den Schnittstellen zu angren-zenden Bereichen verfügen.
b2.2 Fertig-keiten
„Fertigkeiten bezeichnen die Fähigkeit, Wissen anzuwen-den und Know-how einzusetzen, um Aufgaben auszufuh-ren und Probleme zu lösen“ (AK DQR, 2011, S. 9f.).
Niveaust. 1 Über kognitive und praktische Fertigkeiten verfügen, um einfache Aufgaben nach vorgegebenen Regeln auszufüh-ren und deren Ergebnisse zu beurteilen. Elementare Zu-sammenhänge herstellen.
…
Niveaust. 8 Über umfassend entwickelte Fertigkeiten zur Identifizie-rung und Lösung neuartiger Problemstellungen in den Be-reichen Forschung, Entwicklung oder Innovation in einem spezialisierten wissenschaftlichen Fach (entsprechend der Stufe 3 [Doktoratsebene] des Qualifikationsrahmens für Deutsche Hochschulabschlüsse) oder in einem beruflichen Tätigkeitsfeld verfügen. Innovative Prozesse auch tätig-keitsfeldübergreifend konzipieren, durchführen, steuern, reflektieren und beurteilen. Neue Ideen und Verfahren be-urteilen.
b2.3 Sozial-kompetenz
„Sozialkompetenz bezeichnet die Fähigkeit und Bereit-schaft, zielorientiert mit anderen zusammenzuarbeiten, ihre Interessen und Situationen zu erfassen, sich mit ihnen (...) zu verständigen sowie die Arbeits- und Lebenswelt mit-zugestalten“ (AK DQR, 2011, S. 9f.).
Niveaust. 1 Mit anderen zusammen lernen oder arbeiten, sich münd-lich und schriftlich informieren und austauschen.
…
Niveaust. 8 Organisationen oder Gruppen mit komplexen bzw. inter-disziplinären Aufgabenstellungen verantwortlich leiten, dabei ihre Potenziale aktivieren. Die fachliche Entwicklung anderer nachhaltig gezielt fördern. Fachübergreifend Dis-kussionen führen und in fachspezifischen Diskussionen in-novative Beiträge einbringen, auch in internationalen Kon-texten.
b2.4 Selbst-ständigkeit
„Selbständigkeit bezeichnet die Fähigkeit und Bereitschaft, eigenständig und verantwortlich zu handeln, eigenes und das Handeln anderer zu reflektieren und die eigene Hand-lungsfähigkeit weiterzuentwickeln“ (AK DQR, 2011, S. 9f.).
Niveaust. 1 Unter Anleitung lernen oder arbeiten. Das eigene und das Handeln anderer einschätzen und Lernberatung anneh-men.
Methodischer Ansatz
115
…
Niveaust. 8 Für neue komplexe anwendungs- oder forschungsorien-tierte Aufgaben Ziele unter Reflexion der möglichen gesell-schaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Auswirkun-gen definieren, geeignete Mittel wählen und neue Ideen und Prozesse entwickeln.
Kein Ankerbeispiel vorhanden
Übertragung der DQR-Niveaustufen auf die RRL-Kompetenzkategorien
Die Expertisen (vgl. Kap. 3.5.3) haben gezeigt, dass das Kompetenzmodell des DQR mit seinen vier
Kompetenzkategorien (Wissen, Fertigkeiten, Selbstständigkeit, Sozialkompetenz) grundsätzlich kom-
patibel zum Kompetenzmodell der RRL mit den drei Kompetenzkategorien PSK, FK und MVK ist. In
beiden Ansätzen ist eine Orientierung am erziehungswissenschaftlichen Ansatz sensu Roth (1971) zu
erkennen. Gleichzeitig ist aber auch festzustellen, dass sich deutliche Unterschiede in der Ausdifferen-
zierung in Teilkompetenzen ergeben (siehe Kodierleitfaden). Während der DQR ein bildungspolitisches
Instrument darstellt, das relativ breit angelegt ist und das Ziel hat Qualifikationen im gesamten (euro-
päischen40) Bildungssystem transparent und vergleichbar zu machen, gelten die Kompetenzkategorien
der RRL als unmittelbarer Orientierungspunkt für die Trainerausbildung in Deutschland. Für die Hand-
habung möglicher Differenzen zwischen den DOSB-Ausbildungsrahmen und den Ausbildungskonzepti-
onen der MV muss also eine weitere (Rück-)Übersetzungsleistung vom DQR auf die RRL vorgenommen
werden. Aus diesem Grund hat sich im Laufe des Forschungsprozesses die Fragestellung ergeben, ob
grundsätzlich eine Übertragung der DQR-Niveaustufen auf die drei Kompetenzkategorien der RRL
möglich ist und inwiefern sich hier Unterschiede zwischen RRL und MV zeigen (Frage b3). Die Abb. 12
illustriert die Gegenüberstellung der Struktur von RRL und DQR. In diesem fiktiven Beispiel wurden die
Ziele einmal anhand der RRL-Kompetenzkategorien und einmal anhand der DQR-Kompetenzkatego-
rien zugeordnet. Es wird ersichtlich, dass sich in diesem Fall der Gesamtmittelwert (Niveaustufe) des
Ausbildungsgangs „Diplom sportartspezifisch“ unterscheidet (5,2 zu 4,9). Weiterhin wird deutlich, dass
sich die Einordnung der sich ähnelnden Kompetenzkategorie „PSK“ (RRL) und „Sozialkompetenz“
(DQR) über alle Ausbildungsgänge hinweg unterscheidet (5,1 zu 5,6). Diese Unterscheide sind auf die
unterschiedlichen Deskriptoren der drei bzw. vier Kompetenzkategorien und in Folge der Zuordnung
unterschiedlicher Ziele zu den jeweiligen Kategorien zurückzuführen.
40 DQR ist am EQR (Europäischer Qualifikationsrahmen) angelehnt.
Methodischer Ansatz
116
Diesem Gedanken folgend, lautet die dritte Subkategorie der Kategorie b daher:
• b3 Übertragung der DQR-Niveaustufen auf die RRL-Kompetenzkategorien
Durch die DQR-Zuordnung (b2) wurden alle in den RRL und Ausbildungskonzeptionen (MV) formulier-
ten Ziele bereits einer DQR-Niveaustufe (und Kompetenzkategorie) zugeordnet, bspw. Wissen 3. Für
eine angestrebte Übertragung der DQR-Niveaustufen auf die drei RRL-Kompetenzkategorien wurde im
nächsten Schritte geprüft, welcher RRL-Kompetenzkategorie das jeweilige Ziel zugeordnet ist. Dann
wurde der Niveaustufenwert des DQR dieses Ziels (unabhängig der zugeordneten Kompetenzkategorie
im DQR) auf die entsprechende Kompetenzkategorie der RRL übertragen, bspw. PSK 3. Folgendes Bei-
spiel verdeutlicht diesen Prozess:
Tab. 11: Beispiel zur Transformation der DQR-Zuordnung zur RRL-Niveaustufenzuordnung
Ziel DQR-Zuordnung Transformation auf RRL-Zuordnung
Kompetenzkategorie der RRL: PSK
„Er/Sie kennt den Ehrenkodex für Trainer/-innen und be-achtet diesen“
Wissen 3
Fertigkeiten 3 PSK 3
Kompetenzkategorie der RRL: PSK
„Er/Sie führt Trainingsgruppen“ Sozialkompetenz 6 PSK 6
So wurden alle Ziele der drei RRL-Kompetenzkategorien ausgewertet. Würde es in dem oben skizzier-
ten Beispiel nur diese beiden Ziele in der Kategorie PSK geben, so wäre der Mittelwert für die Kategorie
PSK: 4,5.
Abschließend wurde überprüft, inwiefern die Übertragung der DQR-Niveaustufen auf die RRL Kompe-
tenzkategorien zu Unterschieden hinsichtlich Passungen und Differenzen zwischen RRL und Mitglieds-
verbänden geführt haben.
Hauptkategorie (c) methodische Gestaltung
Folgende Fragestellungen werden mit Hilfe der Kategorie (c) auf Anspruchsebene beantwortet:
(c) Welche methodischen Merkmale (kompetenzorientierter Aufgabenkultur) werden in den Aus-
bildungsrahmen des DOSB beschrieben?
Abb. 12: fiktive Gegenüberstellung der DQR-Niveaustufenzuordnung anhand der drei Kompetenzkategorien
der RRL und der vier Kompetenzkategorien des DQR
Methodischer Ansatz
117
(c) Welche methodischen Merkmale (kompetenzorientierter Aufgabenkultur) werden in den Aus-
bildungskonzeptionen (MV) beschrieben?
Mit der Hauptkategorie (c) methodische Gestaltung wurde auf Dokumentenebene analysiert, ob und
welche methodischen Vorgaben bzw. Hilfestellungen die Ausbildungsrahmen des DOSB sowie die Aus-
bildungskonzeptionen der MV vorgeben. Eine erste Durchsicht der Dokumente hat gezeigt, dass an
dieser Stelle nur wenig konkrete Ausführungen vorliegen. Die Anwendung der qualitativen Inhaltsan-
alyse bietet daher hierfür keine Vorteile. Deshalb wurden in der Kategorie (c) auf Ebene der Doku-
mente entsprechende Textstellen in den Dokumenten identifiziert, zusammengefasst und beschrie-
ben. Eine klassische Kodierung und Kategorienbildung entsprechend der qualitativen Inhaltsanalyse
wurde nicht vorgenommen.
6.3.4.3 Kategorienanwendung - Kodierung
In diesem Kapitel wird das Vorgehen bei der Kodierung entlang des zuvor beschriebenen Kodierleitfa-
dens und in Bezug auf die Anwendung der Kriterien der qualitativen Inhaltsanalyse (Kap. 6.1.1) erläu-
tert. In einem Probedurchlauf wurde zunächst ein Ausbildungsgang kodiert. Nach einer Prüfung und
Überarbeitung des Kodierleitfadens erfolgte dann der endgültige Materialdurchgang (vgl. Untersu-
chungsplan, Abb. 11). Dazu wurden alle relevanten Textstellen entsprechend der Kategoriendefinitio-
nen einer oder mehreren der deduktiv vorgegebenen Kategorien zugeordnet. Die bestehenden deduk-
tiven Kategorien wurden in einem zirkulären Prozess induktiv ausdifferenziert, wenn eine differen-
zierte und abgrenzbare Bildung von Subkategorien möglich und indiziert war. Solche induktiven Aus-
differenzierungen haben sich auf Anspruchsebene lediglich in der Kategorie b1 Themenbereiche erge-
ben. Diese werden als Ergebnis in Kapitel 7.1.2 dargestellt.
Die Kodierung der Hauptkategorie (a) Kompetenzverständnis erfolgte durch einen wissenschaftlichen
Mitarbeiter. Durch den überschaubaren Umfang der Kategorien und die sehr eindeutigen Subkatego-
rien und Kategoriendefinitionen wurde auf einen Zweitkodierer verzichtet. Zur Absicherung wurden
die Ergebnisse der Kodierung zwei weiteren wissenschaftlichen Mitarbeitern vorgelegt, diskutiert und
bei Bedarf angepasst.
Die Kodierung der Hauptkategorie (b) Ziele erfolgte durch zwei wissenschaftliche Mitarbeiter in einem
zirkulären Verfahren. Die Kodierungen wurden regelmäßig verglichen, um die Kodierregeln zu schär-
fen. Die Prüfung der Intra- und Intercoderreliabilität wird im nachfolgenden Kapitel beschrieben.
Wie oben beschrieben, wird die Hauptkategorie (c) methodische Gestaltung auf Dokumentenebene
nicht inhaltsanalytisch kodiert. Geprüft wurden die einzelnen Ausbildungskonzeptionen vom Forscher
hinsichtlich methodischen/didaktischen Grundsätzen, Gestaltungsmerkmalen, etc.
6.3.4.4 Intra- und Intercoder-Reliabilitätsprüfung
Die Berücksichtigung allgemeiner Qualitäts- und Gütekriterien qualitativer Forschung wird in Kap. 6.1
beschrieben. Ergänzend dazu wird in diesem Kapitel die Prüfung der Inter- und Intracoderreliabilität
einzelner Kategorien der Anspruchsanalyse dargestellt.
Methodischer Ansatz
118
Um eine intersubjektive Nachvollziehbarkeit der Kodierleitfäden sowie des Kodierprozesses zu ge-
währleisten und somit die Güte der Zuordnung zu überprüfen, wurden je nach Komplexität der Kodier-
leitfäden, sowohl die Intracoderreliabilität (IntraCR)41 als auch die Intercoderreliabilität (InterCR)42 be-
rechnet. Grundsätzlich beschreibt Mayring (z.B. 2016), dass eine hohe ICR oftmals schwer zu erreichen
ist, insbesondere bei komplexen Analysen, weshalb deren Berechnung umstritten ist. Dennoch gilt sie
als ein zentrales Gütekriterium. Eindeutige Referenzwerte, ab wann eine Übereinstimmung ‚gut‘ ist
liegen nur vereinzelt vor. Die Betrachtung der Werte muss immer in Hinblick auf die Art der Analyse
vorgenommen werden. Nach Fleiss (1981) [Erstausgabe, aktualisiert 2004] sowie Landis und Koch
(1977) sind jedoch Werte zwischen .61 und .80 als ‚wesentlich‘ und Werte zwischen .81 und 1.00 als
‚fast perfekt‘ einzustufen.
Für die Hauptkategorie (a) Kompetenzverständnis wurde keine Prüfung vorgenommen, da es sich um
eine verhältnismäßig einfache bzw. niedrig-inferente Analyse handelt. Es geht weniger darum eine in-
haltliche Trennung und Unterscheidung vorzunehmen, sondern mehr darum, festzustellen, ob ein
Kompetenzmodell und -definitionen (a1) vorliegen und diese zu beschreiben. Ähnliches gilt für die Prü-
fung der Formulierungsqualität mit entsprechender Rangordnung. An dieser Stelle (a2 Zielformulie-
rungen) wurde die Zuordnung von zwei Kodierern vorgenommen und geringe Unterschiede konsensu-
ell zugeordnet. Das Ergebnis dieser Zuordnung entspricht also einem 100% Konsens der beiden Kodie-
rer. Eine Berechnung der InterCR wurde daher nicht vorgenommen. Wie oben beschrieben, wurde die
Kategorie (c) methodische Gestaltung auf Grund des geringen zuzuordnenden Datenmaterials nicht
nach inhaltsanalytischen Regeln kodiert. Eine Intercoderprüfung ist daher auch nicht erforderlich.
Die Hauptkategorie (b) Ziele wurde durch relativ komplexe Analysen und ausdifferenzierte Kodierleit-
fäden (v.a. für die Zuordnung zum DQR) ausgewertet. In einem solchen Vorgehen sind grundsätzlich
Interpretationsunterschiede abhängig vom Kodierer zu erwarten (vgl. Mayring, 2010). Zur Absicherung
der Verlässlichkeit der Ergebnisse wurden aus diesem Grunde für die die Kategorie b1 Themenbereiche
der RRL eine IntraCR-Prüfung vorgenommen und für die DQR-Zuordnung (b2) sowohl eine Inter- als
auch eine IntraCR-Prüfung. Die Berechnung beider Werte erfolgte nach Holsti (vgl. Hagen, 2005) an-
hand folgender Formel:
ICR43 = 2xÜ/C1+C2
Ü= Anzahl der Übereinstimmungen; C1= Anzahl der Kodierungen von Kodierer 1/Zeitpunkt 1; C2 Anzahl der Codierungen von Kodierer 2/Zeit-
punkt 2
Nachfolgend werden die daraus resultierenden Werte beschrieben und erläutert.
b1 Themenbereiche
Zur Absicherung der Kodierung wurden zwei zufällige Lizenzstufen von zwei unterschiedlichen Verbän-
den ausgewählt und zu einem zweiten Zeitpunkt vom selben Kodierer zugeordnet und die IntraCR be-
stimmt. Als Übereinstimmung galt, wenn das entsprechende Ziel derselben Subkategorie zugeordnet
wurde.
Dabei zeigte sich insgesamt eine Übereinstimmung von 92,5%. Dieser Wert bestätigt der Zuordnung,
entsprechend der o.g. Referenzwerte eine sehr hohe Verlässlichkeit. Nachfolgende Tab. 12 zeigt die zu
Grunde liegende Berechnung.
41 Zuordnung desselben Kodierers zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten 42 Zuordnung von zwei unterschiedlichen Kodierern 43 Aussagen zu ICR gelten für InterCR und IntraCR.
Methodischer Ansatz
119
Tab. 12: Prüfung der IntraCR der Kategorie b1 Themenbereiche der RRL
Dokument Anzahl Zuordnungen (C1+C2)
Anzahl Übereinstim-mungen
IntraCR
V2: A-Lizenz 52 24 0,92
V3: C-Lizenz 43 20 0,93
b2 DQR-Zuordnung
Um eine möglichst verlässliche DQR-Zuordnung zu gewährleisten, wurde jede Zielzuordnung geprüft
und konsensuell validiert. Unabhängig der konsensuellen Validierung sollte die Güte der Zuordnung
und die Angemessenheit des Kodierleitfadens überprüft werden. Dazu wurde sowohl die IntraCR als
auch die InterCR berechnet. Darüber hinaus wurde die Korrelation der Niveaustufenzuordnung errech-
net.
Die Berechnung der InterCR (vgl. Tab. 15) wurde mehrfach im Prozess der Zuordnung durchlaufen, um
das gemeinsame Verständnis zu schärfen sowie möglichst klare Abgrenzungsregeln und Ankerbei-
spiele festzulegen. Dabei wurden alle Dokumente unabhängig von denselben zwei geschulten Kodie-
rern44 in Kategorie und Niveaustufe zugeordnet. Jede abweichende Zuordnung wurde nachbesprochen
und anhand der Kodierregeln und Ankerbeispiele ein Konsens herbeigeführt. Wenn möglich wurden
bei jedem Validierungsdurchgang die Regeln geschärft, um weitere Abweichungen zu verringern. An-
schließend wurde der Kodierprozess fortgeführt.
Die InterCR wurde auf drei Ebenen geschätzt:
• DQR-Kategorie + Niveaustufe: Übereinstimmung gilt, wenn Kategorie und Niveaustufe iden-
tisch sind (z.B. W5 – W5), also die Zuordnung auf kleinster Subkategorien-Ebene korrekt ist.
• DQR-Niveaustufe: Übereinstimmung gilt, wenn Niveaustufe identisch ist (z.B. W5-F5)
• DQR-Kategorie: Übereinstimmung gilt, wenn die DQR Kategorie identisch ist (z.B. W5-W4),
also die Zuordnung auf eben der Subkategorien b2.1 – b2.4.
Neben der ICR von zwei Kodierern wurde außerdem die IntraCR eines Kodierers zu zwei Zeitpunkten
(10 Monate Differenz) geprüft (vgl. Tab. 14).
Es hat sich gezeigt, dass es sowohl bei der IntraCR als auch der InterCR hohe Übereinstimmungen im
Bereich der DQR-Kategorien gibt (vgl. Tab. 14, Tab. 15: rechte Spalte, ICR Kateg.): Die Werte liegen hier
zwischen 0,55 und 0,94, Ø 0,83 (IntraCR) sowie 0,6 bis 0,87, Ø 0,73 (InterCR).
Die Abweichungen kommen hauptsächlich durch Unterschiede in den acht Niveaustufen zu Stande.
Hier liegen die Werte zwischen 0,48 und 0,88, Ø 0,65 (IntraCR) sowie 0,3 bis 0,86, Ø 0,49 (InterCR). Im
Zuge der Nachbesprechung wurde deutlich, dass die Abweichungen i.d.R. nur ein bis maximal zwei
Niveaustufen betrugen. Diese Annahme wird durch die Korrelationsberechnungen gestützt. Diese be-
ziehen sich jeweils auf die Niveaustufeneinordnungen der einzelnen Lizenzstufen der beiden Kodierer
(vgl. Tab. 15 rechte Spalte)45. Die Korrelationsberechnungen belegen den Zuordnungen trotz teilweise
niedriger ICR-Werte eine große Ähnlichkeit (z.B. Kodierer 1: W4, Kodierer 2: W5). Zum Beispiel liegt
die InterCR beim V3-Diplomtrainer bei 0,36 und die Korrelation bei r= .749**.
Weiterhin war im Zuge der Auswertung erkennbar, dass die Abweichungen der beiden Kodierer nicht
systematisch höher oder niedriger waren. Das bedeutet, dass sich eine unterschiedliche Zuordnung
44 Die Schulung der Kodierer erfolgte anhand der zur Verfügung stehenden Zuordnungen der RRL inkl. Zuord-
nungsregeln und Ankerbeispielen aus der zuvor erstellten Expertise (Sygusch & Liebl, 2012). 45 Auf Grund zu geringer Zellbesetzung konnte diese bei Verband 1 nicht durchgeführt werden.
Methodischer Ansatz
120
einzelner Ziele nicht zwangsläufig auf den jeweiligen Mittelwert auswirken muss. Die Tab. 13 zeigt eine
Gegenüberstellung von der Zuordnung der beiden Kodierer (K1 und K2) von vier exemplarisch ausge-
wählten Lizenzstufen, je eine pro Verband. Es werden jeweils die Mittelwerte der einzelnen Kompe-
tenzkategorien sowie der Gesamtwert gegenübergestellt. Die Betrachtung des Gesamtwertes zeigt Ab-
weichungen zwischen den Kodierern von zweimal 0,1 Niveaustufen und zweimal 0,3 Niveaustufen.
Würden die Mittelwerte gerundet werden, wie vom DQR vorgeschlagen, wären keine Abweichungen
im Gesamtmittelwert erkennbar. Auf Ebene der einzelnen Kompetenzkategorien liegen die Abwei-
chungen zwischen den beiden Kodierern zwischen 0 und einer Niveaustufe, im Durchschnitt 0,4 Ni-
veaustufen.
Die niedrigsten ICR Werte ergaben sich erwartungsgemäß bei Schätzung der Gesamtzuordnung (Kate-
gorie + Niveau). Diese liegen zwischen 0,43 und 0,88, Ø 0,61 (IntraCR) und zwischen 0,2 und 0,86, Ø
0,46 (InterCR).
Tab. 13: Exemplarische Gegenüberstellung der DQR-Zuordnung von Kodierer 1 (K1) und 2 (K2)
Tab. 14: IntraCR nach Holsti der DQR Zuordnungen pro Verband. Schätzung auf drei Ebenen: Gesamtüberein-
stimmung, Ü. auf Niveaustufe, Ü. der Kategorie jeweils mit der Anzahl (N) und entsprechendem ICR Wert. Ü=
Übereinstimmungen
Intracoderreliabilität (IntraCR)
Verband Lizenzstufe
Anzahl
Zuordnungen
(2 Kodierer)
IntraCR IntraCR Niveau IntraCR Kateg.
V1 C 20 0,50 0,50 0,90 B 14 0,57 0,71 0,71 A 12 0,50 0,67 0,83 Dipl. 11 0,55 0,73 0,55
V2 C 60 0,67 0,67 0,83
B 49 0,73 0,69 0,94
A 41 0,88 0,88 0,93
Dipl. 35 0,86 0,86 0,91
V3 C 41 0,44 0,49 0,78
B 46 0,43 0,48 0,78
A 50 0,52 0,52 0,92
Dipl. 55 0,65 0,65 0,87
V4* C
B
V1-A V2-C V3-B V4-B
K1 K2 K1 K2 K1 K2 K1 K2
W. 3,0 4,0 3,3 3,0 3,5 3,3 3,2 3,2
FK. 6,0 5,5 3,3 2,9 3,2 4,1 4,3 3,3
Soz. 6,0 6,0 5,5 5,4 4,6 5,5 4,4 4,8
Sel. 5,5 6,0 4,2 4,5 4,4 4,0 4,5 4,5
Gesamt 5,1 5,4 4,1 4,0 3,9 4,2 4,1 4,0
Methodischer Ansatz
121
* Innerhalb der Projektlaufzeit wurde eine neue Konzeption veröffentlicht, so dass keine IntraCR mög-
lich war
Tab. 15: InterCR nach Holsti der DQR Zuordnungen pro Verband und Korrelation der Niveaustufen (r). Schät-
zung auf drei Ebenen: Gesamtübereinstimmung, Ü. auf Niveaustufe, Ü. der Kategorie jeweils mit der Anzahl
(N) und entsprechendem ICR Wert. Ü= Übereinstimmungen.
Intercoderreliabilität (InterCR)
Verband Lizenzstufe
Anzahl
Zuordnungen
(2 Kodierer)
InterCR InterCR Niveau InterCR Kateg. r (Niveau)
V1 C 20 0,20 0,30 0,80 k.A.
B 10 0,40 0,60 0,60 k.A.
A 14 0,29 0,43 0,71 k.A.
Diplom 9 0,67 0,67 0,67 k.A.
V2 C 94 0,49 0,51 0,85 .783**
B 86 0,53 0,56 0,88 .687**
A 72 0,75 0,86 0,83 .906**
Dipl. 65 0,58 0,68 0,83 .814**
V3 C 43 0,47 0,56 0,65 .435*
B 47 0,51 0,60 0,85 .710**
A 53 0,34 0,38 0,87 .690**
Dipl. 55 0,33 0,36 0,84 .749**
V4 C 183 0,46 0,49 0,86 .469**
B 79 0,35 0,41 0,81 .530**
*signifikant, p<.05; **hochsignifikant, p<.01
In der Gesamtbetrachtung fällt auf, dass die Werte der IntraCR im Schnitt etwas höher liegen, als die
der InterCR, was darauf hinweist, dass das Verständnis von Kodierer 1 zwischen den beiden Messzeit-
punkten etwas stabiler ist, als das gemeinsame Verständnis zwischen den Kodierern.
Betrachtet man die Anzahl der Zuordnungen wird deutlich, dass die ICR Werte umso geringer werden,
desto weniger Zuordnungen vorliegen. Der InterCR Wert zur Lizenzstufe Diplomtrainer basiert bei Ver-
band 2 bspw. lediglich auf vier Zielen (vgl. Tab. 15: 9 Zuordnungen bei zwei Ratern= 4 bzw. 5 Zuord-
nungen/Rater). Eine einzelne Abweichung führt dementsprechend schon zu einer Minderung des ICR
von ca. 0,25 Punkten. Demgegenüber basiert der InterCR-Wert zur C-Lizenzstufe bei Verband 4 auf 183
Zielen. Abweichungen einzelner Ziele führen somit lediglich zu einer minimalen Abweichung. Die Aus-
sagekraft bei einer geringen Anzahl an Zuordnungen ist demnach begrenzt und darf nicht überbewer-
tet werden.
Die Zuordnung der Ziele zu den vier Kompetenzkategorien zeigt, entsprechend der o.g. Referenzwerte
zufriedenstellend hohe Werte. Die Niveaustufen-Zuordnung hingegen gestaltet sich schwieriger. Dies
ist zum einen auf die größere Differenzierung auf acht Niveaustufen zurückzuführen, andererseits auf
die vom DQR definierten Deskriptoren, die sich als nicht 100% trennscharf zeigen. Da die Deskriptoren
nicht explizit für die Anwendung im Sport-/Trainersetting entwickelt wurden, wurde im Laufe der be-
nannten Expertise (Sygusch & Liebl, 2012) ein Glossar Sport entwickelt, welches als eine Art Überset-
zung der Deskriptoren dient. Dieses Glossar war hilfreich und wurde im Zuge der Zuordnung weiter
Methodischer Ansatz
122
ausdifferenziert und geschärft (vgl. Anhang 1). Es war jedoch festzustellen, dass durch die bereits be-
schriebene heterogene Formulierung der Ziele sich bei jedem Verband neuerliche Schwierigkeiten er-
geben haben. Somit mussten für jeden Verband zusätzliche Regeln und Ankerbeispiele aufgestellt wer-
den. Da die meisten Abweichungen nur eine oder maximal zwei Niveaustufen betrugen und diese nicht
systematisch höher oder niedriger waren, ist davon auszugehen, dass die Zuordnung der Niveaustufen
– trotz teilweise niedriger ICR Werte auf Zielebene insgesamt weitgehend treffend und zuverlässig ist.
Letztlich sind auch Unterschiede in den Reliabilitätswerten zwischen den Verbänden zu verzeichnen.
Dies gilt sowohl für die IntraCR Werte als auch für die Gegenüberstellung der Mittelwerte der beiden
Kodierer. Die Werte von Verband 2 zeigen jeweils die höchsten Übereinstimmungen. Dies kann zum
einen auf die relativ hohe Anzahl an Zielen, als auch auf die hohe Formulierungsqualität und Nähe zu
den RRL zurückzuführen sein. Die Werte von Verband 4 liegen ebenfalls etwas höher, als die von Ver-
band 1 und Verband 3.
Im nachfolgenden Kapitel wird nun das methodische Vorgehen der differenzanalytischen Auswertung
der kodierten und auf ihre Güte geprüften Daten durch den Vergleich der Verbandskonzeptionen mit
den RRL erläutert.
Differenzanalytische Auswertung
Ziel der differenzanalytischen Auswertung ist es, Passungen und Differenzen zwischen den Ausbil-
dungsrahmen des DOSB und den Ausbildungskonzeptionen der Mitgliedsverbände hinsichtlich der drei
Kategorien (a) Kompetenzverständnis, (b) Ziele sowie (c) methodische Gestaltung zu ermitteln. Aus den
zu Grunde liegenden Teilfragestellungen der Anspruchsanalyse (vgl. Kap. 6.3.1) ergeben sich folgende
differenzanalytische Teilfragestellungen:
(a1) Welche Passungen und Differenzen zwischen den Ausbildungsrahmen des DOSB und den Aus-
bildungskonzeptionen (MV) liegen hinsichtlich des Kompetenzverständnisses vor?
(a2) Welche Passungen und Differenzen zwischen den Ausbildungsrahmen des DOSB und den Aus-
bildungskonzeptionen (MV) liegen hinsichtlich der Formulierung kompetenzorientierter Ziele
vor?
(b1) Welche Passungen und Differenzen zwischen den Ausbildungsrahmen des DOSB und den Aus-
bildungskonzeptionen (MV) liegen hinsichtlich der Themenbereiche vor?
(b2) Welche Passungen und Differenzen zwischen den Ausbildungsrahmen des DOSB und den Aus-
bildungskonzeptionen (MV) liegen hinsichtlich der DQR-Zuordnung vor?
(c) Welche Passungen und Differenzen zwischen den Ausbildungsrahmen des DOSB und den Ausbil-
dungskonzeptionen (MV) liegen hinsichtlich der methodischen Merkmale (kompetenzorientier-
ter Aufgabenkultur) vor?
Entsprechend des Forschungsinteresses wurden die Kodierungen so ausgewertet und gegenüberge-
stellt, dass die jeweils formulierten Fragestellungen beantwortet werden konnten. Der Fokus lag dabei
auf Unterschieden zwischen Verbänden, RRL-Kompetenzkategorien und teilweise Lizenzstufen.
Die Ergebnisse der Fragestellungen (a) können nach der Kodierung direkt gegenübergestellt und inter-
pretiert werden. D.h. die Ergebnisse zum Kompetenzverständnis (Modelle, Teilkompetenzen, Definiti-
onen) der einzelnen Verbände werden mit den RRL verglichen und hermeneutisch auf Passungen und
Differenzen geprüft. Die Zuordnung der Ziele zu den Rangordnungen hinsichtlich ihrer Formulierungs-
qualität (a2) kann darüber hinaus quantifiziert werden. D.h. der Anteil der Ziele in den einzelnen Rang-
ordnungen gibt Aufschluss über die Formulierungsqualität der einzelnen Verbände. Auch hier werden
Passungen und Differenzen zwischen RRL und MV unmittelbar abgeleitet.
Methodischer Ansatz
123
Zur Beantwortung der Frage (b1) wird zunächst geprüft und gegenübergestellt, wie jeweils die über-
geordneten Teilkompetenzen (PSK, FK, MVK) themenspezifisch ausdifferenziert werden. D.h. es gilt zu
überprüfen, welche Themenbereiche in den Ausbildungsrahmen des DOSB und den Ausbildungskon-
zeptionen der MV in den drei Kompetenzkategorien subsumiert werden und inwiefern es an dieser
Stelle zu Passungen und Differenzen kommt. Dadurch kann sichergestellt werden, dass in verschiede-
nen Dokumenten unter einem Begriff (z.B. Sozialkompetenz) auch dieselben Ausbildungsziele und -
themen subsumiert werden. Die dunkel gefärbte Schnittmenge in Abb. 13 verdeutlicht das Forschungs-
interesse dieser Fragestellung.
Abb. 13: Exemplarische Darstellung zu gemeinsamen Themenbereichen der RRL und der MV anhand des Bei-
spiels PSK
D.h. konkret, es wird geprüft, welche Themenbereiche der Ausbildungsrahmen des DOSB (über alle
Lizenzstufen) in den Ausbildungskonzeptionen der MV aufgegriffen werden. Dabei kann herausgestellt
werden, in welchem Umfang ein Verband die Themenbereiche der Ausbildungsrahmen des DOSB in
seinen Dokumenten nennt. Ob ein Themenbereich sowohl in den Ausbildungsrahmen als auch von
einem MV genannt wird, wird an der Inhaltskomponente der formulierten Ziele abgelesen. Sobald die
Inhaltskomponente der formulierten Ziele aus den Verbandskonzeptionen in erweitertem Sinne einer
Inhaltskomponente aus den Ausbildungsrahmen des DOSB zugeordnet werden konnte, galt es als Pas-
sung. Bspw. werden folgende Ziele dem Themenbereich „Gruppenführung/Coaching“ zugeordnet:
• „Die Trainerin/der Trainer kann Gruppen führen, gruppendynamische Prozesse wahrnehmen
und angemessen reagieren“
• „Er/Sie führt Trainingsgruppen“
• „Er/ Sie führt eine leistungsorientierte Mannschaft über einen längeren Zeitraum“
• „Er/Sie coacht bei Training und Wettkampf“
Wurde eine Inhaltskomponente verwendet, die in keinem DOSB-Ziel vorkam, wurde ein neuer The-
menbereich benannt.
Die entsprechenden Passungen eines Verbandes werden dann pro Kompetenzkategorie in % darge-
stellt. Das bedeutet bspw., wenn ein Verband fünf von zehn Themenbereiche der Kategorie PSK aus
den RRL aufgreift, liegt an dieser Stelle eine Passung von 50% vor. Dabei ist es unerheblich, ob dieser
Themenbereich in nur einem Ziel einer Lizenzstufe genannt wird oder in mehreren Zielen in mehreren
Lizenzstufen. Letztlich wird der Mittelwert der Übereinstimmung je Verband über alle drei Kompetenz-
kategorien gebildet.
Darüber hinaus wird als Differenz herausgestellt, welche Themenbereiche in den Ausbildungskonzep-
tionen genannt werden, die in den Ausbildungsrahmen des DOSB keine Berücksichtigung finden Diese
Themenbereiche werden entsprechend aufgelistet.
RRL
Themenbereiche (z.B. zur PSK)
MV
Themenbereiche (z.B. zur PSK)
Methodischer Ansatz
124
Für die Niveaustufenzuordnungen des DQR (b2) werden Mittelwerte auf unterschiedlichen Ebenen
(alle Ausbildungsgänge, einzelne Ausbildungsgänge sowie einzelne Kompetenzkategorien des DQR) er-
mittelt und analysiert. D.h. an dieser Stelle werden die quantifizierten Mittelwerte (vgl. Kap. 6.3.4.2)
der RRL und der MV auf Passungen und Differenzen geprüft und gegenübergestellt.
Die Auswertungen der methodischen Gestaltungsvorlagen (c) von den Ausbildungsrahmen des DOSB
und den MV werden ebenfalls unmittelbar gegenübergestellt. Passungen und Differenzen werden her-
meneutisch ausgewertet.
Analog zur Analyse der Ansprüche wird im folgenden Kapitel das Vorgehen bei der Analyse der Wirk-
lichkeit beschrieben. Der Aufbau und somit die Orientierung am Ablaufmodell der qualitativen Inhalts-
analyse ist identisch mit dem Vorgehen bei der Anspruchsanalyse und wird deshalb nicht noch einmal
explizit thematisiert.
6.4 Wirklichkeitsanalyse
Im zweiten Schritt der vorliegenden Studie wurde die Ausbildungswirklichkeit aus Sicht der Ausbilder
(Interviews) und der Forschenden (Videos) erfasst und analysiert. In diesem Kapitel wird das methodi-
sche Vorgehen bei der Erfassung, Aufbereitung und Analyse der Wirklichkeitsebene analog zur An-
spruchsanalyse beschrieben.
Dazu wird nachfolgend der Untersuchungsplan der Wirklichkeitsanalyse (Abb. 14) in Anlehnung an
Mayring (u.a. 2010) erläutert:
1. Der erste Schritt sieht eine theoriegeleitete Ausdifferenzierung der Hauptfragestellung F2
vor. Dazu werden jeweils Teilfragestellungen anhand der drei Kategorien (a) Kompetenzver-
ständnis, (b) Ziele sowie (c) methodische Gestaltung formuliert. Außerdem werden weitere
Fragestellungen induktiv ergänzt, die sich im Laufe der Studie ergeben haben.
2. Anschließend werden die Daten erhoben und charakterisiert (Videos von LLS sowie Stimula-
ted-Recall- und problemzentrierte Interviews).
3. Im dritten Schritt werden die Daten aufbereitet, um sie einer regelgeleiteten Auswertung
zugänglich zu machen (Protokollierung der Videos, Transkription der Interviews).
4. Im vierten Schritt werden die Daten inhaltsanalytisch ausgewertet (angelehnt an Mayring).
In der vorliegenden Studie werden sowohl die Ausbildungsdokumente (s. Kap. 6.3) als auch
die Daten der Videobeobachtungen und Interviews mittels inhaltlich- sowie skalierend-struk-
turierender qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet (Kuckartz, 2014, S. 77–98; Mayring,
2010, S. 98). Zur Analyse der Merkmale zur methodischen Gestaltung in den Ausbildungen
wird zusätzlich ein hoch-inferentes Ratingverfahren entwickelt und eingesetzt (vgl. Kap.
6.4.4).
4.1 Dazu werden zunächst die Analyseeinheiten der Auswertung festgelegt.
4.2 Anschließend werden die Auswertungskategorien ausdifferenziert und ein entsprechender
Kodierleitfaden erstellt. Dabei sind die drei Hauptkategorien (a) Kompetenzverständnis, (b)
Ziele, (c) methodische Gestaltung im Rahmen der Anspruchs- und Wirklichkeitsanalyse
identisch. Ihre Ausdifferenzierung in Teilkategorien sowie die entsprechenden Kodierleit-
fäden sind an verschiedenen Stellen unterschiedlich stark ausdifferenziert.
4.3 Im dritten Auswertungsschritt werden die deduktiven Kategorien auf das Material ange-
wendet und ggf. induktiv erweitert. Dazu erfolgt zunächst ein erster Probedurchlauf mit
Prüfung der Intracoderreliabilität und einer entsprechenden Überarbeitung der Kategorien
und Leitfäden. Abschließend erfolgt der endgültige Materialdurchgang.
Methodischer Ansatz
125
4.4 Zur Prüfung der Güte der Kodierung wird die Intercoderreliabilität einzelner Auswertungen
berechnet.
4.5 Darauf folgt die Analyse der Ausbildungswirklichkeit der MV durch die Auswertung der
Kategorien.
5. Im letzten Schritt wird die Analyse von Passungen und Differenzen zwischen den Ausbil-
dungskonzeptionen der MV und deren Ausbildungswirklichkeit (LLS) vorgenommen.
Methodischer Ansatz
127
Ausdifferenzierung der Fragestellungen F2
Die Fragestellung F2 bezieht sich auf den Vergleich zwischen der Ausbildungswirklichkeit und den Aus-
bildungskonzeptionen (MV, DOSB):
Welche Passungen und Differenzen bestehen zwischen der Ausbildungswirklichkeit und den Ausbil-
dungskonzeptionen (MV, DOSB) hinsichtlich (a) Kompetenzverständnis, (b) Ziele, (c) methodische Ge-
staltung?
Gleichzeitig wurden im Rahmen dieser Fragestellung auch die Passungen und Differenzen zwischen
den Ausbildungsrahmen des DOSB und den Ausbildungskonzeptionen der MV (Anspruchsanalyse, F1)
im Blick behalten, um die Ergebnisse der Wirklichkeitsanalyse auch in diesem Gesamtrahmen deuten
zu können. Konkret bedeutet das, dass zentrale Passungen und Differenzen zwischen den Ausbildungs-
ansprüchen der MV und ihrer Umsetzung in der Wirklichkeit auch im Hinblick auf die Ansprüche der
RRL betrachtet wurden.
Analog zur Anspruchsanalyse wird die Fragestellung F2 im Rahmen der Wirklichkeitsanalyse ausdiffe-
renziert:
(a) Welches Kompetenzverständnis haben die Ausbilder?
(b) Welche (kompetenzorientierten) Ziele und Themenbereiche werden in den Ausbildungen ange-
strebt?
(c1) Welche methodischen Merkmale (kompetenzorientierter Aufgabenkultur) werden von den Aus-
bildern erläutert?
Hinsichtlich der Kategorie (c) methodische Gestaltung hat sich der Fokus der Analyse erweitert, da die
Ansprüche in den Ausbildungsdokumenten sehr knapp (zumeist nur wenige Zeilen) und eher abstrakt
formuliert sind und so in der Wirklichkeit nicht beobachtbar erschienen. Um dennoch zu prüfen, ob
die grundlegende Kompetenzorientierung der Zielebene eine Entsprechung in einer kompetenzorien-
tierten Gestaltung von LLS findet, wurden diese auf der Basis des Interview- und Videomaterials ent-
lang der „Merkmale kompetenzorientierter Aufgabenkultur“ (s.o.) analysiert. Daher wurden für die
Kategorie (c) drei Teilfragestellungen induktiv erweitert (c2, c3, c4), die über die eigentliche Diffe-
renzanalyse hinausgehen.
Zunächst wurde analysiert, wie die sechs Merkmale einer kompetenzorientierten Aufgabenkultur (s.o.)
in der Trainerbildung konkret umgesetzt werden. Dazu wurde einerseits der Stellenwert und das Ver-
ständnis der Merkmale mittels Interviews erfasst und andererseits beobachtet, wie Aufgaben sowie
das begleitenden aufgabenbezogene Handeln dementsprechend gestaltet werden (c2).
Unter der Annahme, dass zumindest einzelne Merkmale, wie kognitive Aktivierung, Offenheit oder
Individualisierung v.a. in aufgabenorientierten Lehr-Lernformaten und weniger in input-orientierten
Formaten (z.B. Vorträge) umgesetzt werden können, wurde zusätzlich erfasst, welchen zeitlichen An-
teil die jeweiligen Lehr-Lernformate einnehmen (c3). Darüber wurde anhand einer Ratingskala (nomi-
nal) eingeschätzt, in wie vielen LLS eine Umsetzung der einzelnen Merkmale erfolgt (c4). Das führt zu
folgenden Fragestellungen:
(c2) Wie werden die sechs Merkmale kompetenzorientierter LLS (Aufgabenkultur) in der Trainerbil-
dung umgesetzt?
(c3) Wie unterscheiden sich die zeitlichen Anteile von Input- und Aufgabenphasen in den LLS der
einzelnen Verbände und Lizenzstufen?
(c4) Wie häufig sind die sechs Merkmale kompetenzorientierter LLS zu beobachten?
Im nachfolgenden Kapitel wird der Prozess der Datenerhebung auf Wirklichkeitsebene dargestellt.
Methodischer Ansatz
128
Datenerhebung: Videos und Interviews
Zur Beantwortung der o.g. Fragestellungen wurden ausgewählte Wirklichkeitsausschnitte aus jedem
Verband und jeder Lizenzstufe triangulativ und systematisch mittels Videographie, Stimulated-Recall-
und problemzentrierten Interviews erfasst. Nachfolgend wird zunächst das Vorgehen bei der Auswahl
der zu beobachtenden Ausbildungen und die Ausbilder charakterisiert (Kap. 6.4.2.1) und anschließend
das Vorgehen bei der Datenerhebung getrennt für die Videographie und die Interviews beschrieben.
6.4.2.1 Charakterisierung des Materials
Zur Untersuchung der o.g. Fragestellungen sollten idealtypisch insgesamt 26 Ausbilder und fünf Aus-
bildungsverantwortliche erfasst werden. Vier Mitgliedsverbände des DOSB (DHB, DJB, DSV, DAV46) soll-
ten jeweils sechs Ausbilder (je zwei Ausbilder für C- & B-Lizenz sowie je einen Ausbilder für A-Lizenz
und Diplom-Trainer „Sportartspezifische Ausbildung“) sowie einen Ausbildungsverantwortlichen stel-
len. Die Trainerakademie Köln sollte jeweils zwei Ausbilder für die Ausbildungsabschnitte „Grundla-
genausbildung“ und „Spezialisierung“ des Diplom-Trainerstudiums47 und einen Ausbildungsverant-
wortlichen stellen.
Aufgrund verbandsorganisatorischer Besonderheiten wurde teilweise von dieser Planung abgewichen.
Die nachfolgende Tab. 16 stellt die tatsächliche Personenstichprobe (N = 33) dar. Da keine Einzelfall-
analysen oder Typenbildung erfolgt, wurden keine weiteren personenbezogenen Daten der Ausbilder
erhoben.
Tab. 16: Personenstichprobe der Wirklichkeitsanalyse
DHB DJB DSV DAV TA
n = 5:
4 Ausbilder
1 Ausbildungs- verantwortlicher
n = 7:
6 Ausbilder
1 Ausbildungs- verantwortlicher
n = 11:
10 Ausbilder
1 Ausbildungs- verantwortlicher
n = 5:
4 Ausbilder
1 Ausbildungs- verantwortlicher
n = 5:
4 Ausbilder
1 Ausbildungs- verantwortlicher
Gesamt
davon: Ausbilder
Ausbildungsverantwortliche
n = 33
n = 28
n = 5
Es war vorgesehen von jedem Ausbilder je eine LLS zu einem Thema aus den Kompetenzbereichen PSK,
FK sowie MVK zu beobachten und diesen dann einmalig zu interviewen (problemzentriertes- und Sti-
mulated-Recall-Interview [PZI /SRI]).
Von diesem exakt definierten Vorgehen musste teilweise abgewichen werden. Folgende Besonderhei-
ten sind je nach Verband und Lizenzstufe aufgefallen:
• Teilweise wurden Ausbildungen primär von einem Ausbilder geleitet und durchgeführt, teil-
weise gab es einen Verantwortlichen, der mehrere Ausbilder /Referenten koordiniert hat.
• Es gab Ausbilder, die in mehreren Lizenzstufen Ausbildungen geleitet haben.
46 Der DAV stellt aufgrund veränderter Trainerlizenzstrukturen insgesamt vier Ausbilder (zwei Ausbilder für C- &
B-Lizenz). 47 Die Auswahl der Lehrgebiete/Module erfolgt in Abstimmung mit der Trainerakademie.
Methodischer Ansatz
129
• Es gab Ausbildungsmodelle, die sich an einem Stück über mehrere Wochen erstreckt haben
und Modelle, bei denen es über einen längeren Zeitraum mehrere kürzere Ausbildungsblö-
cke gab.
Unter diesen Bedingungen wurde versucht, einen möglichst breiten Wirklichkeitsausschnitt zu erfas-
sen. Bei Ausbildungsformaten, bei denen es einen Ausbildungsleiter gab, der die Durchführung koor-
diniert, aber keine oder nur wenige Ausbildungen selber durchgeführt hat, wurden unterschiedliche
Ausbilder zu den jeweiligen Kompetenzbereichen erfasst. Es wurde dann ein Stimulated-Recall-Inter-
view mit den entsprechenden Ausbildern durchgeführt. Das problemzentrierte Interview wurde dann
mit dem Ausbildungsleiter geführt.
Wenn ein Ausbilder in mehreren Lizenzstufen tätig war, wurde jeweils nur ein problemzentriertes, je-
doch je Einheit ein Stimulated-Recall-Interview durchgeführt. Insgesamt wurden
• N = 28 Ausbilder; N = 62 LLS videographiert,
• N = 26 Ausbilder interviewt,
• N = 62 Stimulated-Recall-Interviews (je eins/LLS) mit N = 26 Ausbildern durchgeführt.
Grundsätzlich ist festzustellen, dass die Kategorie FK am häufigsten beobachtet wurde (N = 26), die
MVK am zweithäufigsten (N = 20) und die PSK am dritthäufigsten (N = 16). In jedem Verband konnte
in jeder Lizenzstufe mindestens eine Einheit zu jeder Kompetenzkategorie beobachtet werden mit den
Ausnahmen, dass in der A-Lizenz in Verband B48, der A-Lizenz in Verband C und der GL-Ausbildung in
Verband E keine LLS zur PSK beobachtet wurde. Weiterhin ist festzustellen, dass von insgesamt zehn
Ausbildern jeweils eine LLS zu allen drei Kompetenzkategorien beobachtet werden konnte. Elf Ausbil-
der wurden mit LLS zu zwei unterschiedlichen Kompetenzkategorien beobachtet und zehn Ausbilder
in einer LLS zu einer Kompetenzkategorie. Die Gesamtzahl von 31 Ausbildern weicht in dieser Rech-
nung von der Personenanzahl (N = 28) ab, da drei Ausbilder (B1, C1, D7) in jeweils zwei Lizenzstufen
beobachtet wurden. Eine detaillierte tabellarische Aufstellung der erfassten Wirklichkeitsausschnitte
ist Anhang 3 Stichprobe Wirklichkeitsanalyse zu entnehmen.
Auswahl der Ausbilder und LLS
Die Auswahl der Ausbilder fand in enger Absprache mit den Ausbildungsverantwortlichen der jeweili-
gen Verbände statt. Zur transparenten Kommunikation des Projektvorhabens wurde ein erster Infor-
mationsbrief an alle Ausbilder in einem Verband versendet (vgl. Anhang 4 Informationsbrief Verband).
Der Erstkontakt zur Teilnahme am Projekt fand durch die jeweiligen Ausbildungsverantwortlichen
statt. Anschließend wurde ein weiterer Informationsbrief mit weiterführenden Informationen zum Ab-
lauf der Datenerhebung und -auswertung an potentielle teilnehmende Ausbilder versendet (vgl. An-
hang 5 Informationsbrief Ausbilder). Im nächsten Schritt wurden die am Projekt teilnehmenden Aus-
bilder gebeten LLS zu benennen, die einer der drei Kompetenzkategorien zuzuordnen sind und sich für
eine Beobachtung eignen. Weitere Kriterien wurden nicht genannt. Die Auswahl der LLS (Theorie-/
Praxiseinheit, Örtlichkeit, etc.) wurde vom jeweiligen Ausbilder vorgenommen. Bezüglich des zeitli-
chen Rahmens wurden die Ausbilder darum gebeten, eine in sich geschlossene Einheit auszuwählen,
die im Idealfall zwischen 60 und 90 Minuten dauert. Wenn die entsprechende Einheit mit weiteren
Einheiten verknüpft war, wurde dies im Rahmen des Interviews erfasst. In Ausbildungen, die durch
verschiedene Referenten durchgeführt wurden, wurde die Kommunikation über den jeweiligen Ver-
antwortlichen geführt.
48 Im Folgenden werden alle auswertungsrelevanten Informationen zu den einzelnen Verbänden und Ausbildern
anonymisiert dargestellt.
Methodischer Ansatz
130
Schriftliche Einverständniserklärungen zur Teilnahme an der Studie und zur Verarbeitung der Daten
wurden von allen Beteiligten Personen (Ausbilder, Teilnehmer) eingeholt (vgl. Anhang 6 Einverständ-
niserklärung).
Videoanalyse
Um die Ansteuerung der Ziele in konkreten LLS zu erfassen, fand die Datenerhebung mit Hilfe von
offenen, nicht teilnehmenden Beobachtungen per Videographie statt. Videographie gilt als adäquates
Mittel, um LLS mit ihrer außerordentlich hohen Interaktionsdichte, Komplexität und Ablaufgeschwin-
digkeit des Geschehens erfassen zu können. Videographie hat bedeutende Vorteile gegenüber ande-
ren Beobachtungsverfahren durch die Möglichkeit Ausschnitte immer wieder und in veränderten Ge-
schwindigkeiten und unterschiedlichen Analysefoki anschauen zu können. Gegenüber Audioaufnah-
men besteht der Vorteil darin, auch Mimik, Gestik und Raumkonstellationen erfassen zu können (Blö-
meke, Eichler & Müller, 2003; Dinkelaker & Herrle, 2009; Hapke, 2017). In diesem Sinne werden aus
der Beobachtung der Ausbilder in konkreten Einheiten der Trainerausbildung Erkenntnisse in Bezug
auf ihr tatsächliches methodisch-didaktisches Handeln (angesteuerte Kompetenzkategorien, Metho-
den des Kompetenzerwerbs) erwartet.
Kameraskript
In Literatur wird die Verwendung eines Kameraskripts empfohlen, um die Invasivität durch den Be-
obachter möglichst gering zu halten und vergleichbare Filmaufnahmen zu liefern, wenn verschiedene
Personen Videoaufnahmen erstellen (Kleinknecht, 2010; Seidel & Prenzel, 2003, 49ff). In der vorlie-
genden Studie wurden alle Videobeobachtungen von einem Forscher durchgeführt. Die zentralen As-
pekte des verwendeten Kameraskripts werden nachfolgend erläutert:
Der Forschende sollte sich möglichst unaufdringlich verhalten und Interaktionen mit beteiligten Per-
sonen vermeiden. Dazu wurde eine Videokamera (Sony HDR-PJ410) auf einem Stativ fest installiert.
Der Fokus lag auf dem Ausbilder, der jederzeit auf dem Video zu sehen sein sollte (dynamische Lehrer-
kamera). Alle verwendeten Medien und die an der Interaktion beteiligten Lernenden sollten ebenfalls
zu sehen sein. Die Positionierung der Kamera war abhängig vom Erhebungsort (z.B. Seminarraum,
Sporthalle, Kletterhalle). Die Videobeobachtungen der Praxisausbildung des DSV fanden auf Skiern im
Gelände statt. Zur Beobachtung hat sich der Forscher eine mobile Kamera (Go Pro 4) per Brustgurt
umgeschnallt und ist der Gruppe gefolgt.
Die Tonspur wurde jeweils per synchronisiertem Funkmikrofon (Samson Airline) aufgenommen, das
der Ausbilder an seinem Revers trug.
Zusätzlich zur Videoerhebung wurde ein Skript erstellt, in dem die Struktur der jeweiligen LLS, eine
kurze Zusammenfassung sowie Auffälligkeiten und Besonderheiten notiert wurden.
Interviewanalyse
Es wurden sowohl problemzentrierte- als auch Stimulated-Recall-Interviews geführt. I.d.R. war die
Struktur folgendermaßen:
1. Einführung
2. Stimulated-Recall Sequenz
3. Problemzentrierte Sequenz
Nach einer kurzen Einführung, in der das Ziel der Studie sowie die Verarbeitung der Daten erläutert
wurde, wurden zwei offene Einstiegsfragen gestellt.
Methodischer Ansatz
131
Stimulated-Recall-Interviews (SRI) werden zur retrospektiven Erhebung verhaltensnaher Kognitionen
der Ausbilder in der Handlungssituation konkreter Ausbildungseinheiten genutzt (Calderhead, 1981;
Fischler, 2001). Die Ausbilder werden mit Videosequenzen ihrer erhobenen Ausbildungseinheiten kon-
frontiert, um sie anzuregen über ihre Gedanken und Beweggründe in der jeweiligen Einheit zu spre-
chen. Dabei wird betont, dass es nicht um eine wertende Analyse geht, sondern um die Beschreibung
ihrer hinter den Handlungen stehenden Gedanken. Die Videosequenzen dienen auch als Stimuli für
das problemzentrierte Interview (Mayring, 2016).
Problemzentrierte Interviews (PZI) sind offene, halbstrukturierte Befragungen (Mayring, 2002). Sie
werden in der vorliegenden Studie genutzt, um die Sichtweisen der Ausbilder auf Ausbildungsansprü-
che und -wirklichkeit sowie auf Gründe für potenzielle Passungen und Differenzen zu erheben.
Wurden mehrere LLS nacheinander aufgenommen, so wurde im Anschluss daran ein PZI inklusive SRI
zu jeder der LLS durchgeführt. Das SRI wurde losgelöst vom PZI durchgeführt, wenn der Inter-
viewpartner im Rahmen einer anderen LLS bereits interviewt worden ist (bspw., weil er in mehreren
Lizenzstufen beobachtet wurde) oder mit entsprechendem Ausbilder kein PZI geführt wurde.
Interviewleitfaden
In Hinblick auf die Fragestellung F2 mit den entsprechenden Teilfragestellungen zielt das problem-
zentrierte Interview auf die Rekonstruktion der Sichtweisen der Ausbilder bezüglich ihres (a) Kompe-
tenzverständnisses, ihrer (b) Zielvorstellungen der Trainerausbildung und ihres (c) methodischen Han-
delns ab. Auf dieser Basis und orientiert am theoretischen Vorverständnis (Kap. 2 bis 4) wurde ein
Interviewleitfaden erstellt, an dem sich das Gespräch orientiert. Der Interviewleitfaden wurde anhand
der SPSS-Methode (Kruse, 2011) entwickelt und orientiert sich an den drei Hauptkategorien (s.o.). Der
Interviewleitfaden dient als Strukturierungs- und Orientierungshilfe, lässt dem Interviewer aber die
Offenheit innerhalb des Leitfadens zu springen.
Zu jeder Hauptfrage wurden Aufrechterhaltungs- und Nachfragen formuliert, um das Gespräch ggf.
vertiefen zu können. Die Tab. 17 zeigt einen Ausschnitt aus dem Interviewleitfaden mit einer Haupt-
fragestellung (fett gedruckt), den anzusteuernden Kategorien (links) und Aufrechterhaltungs- bzw.
Nachfragen (rechts). Die Fragen sollten dabei so gestellt sein, dass keine Fachbegriffe vorgegeben oder
verlangt werden, sondern aus den Antworten bspw. das Kompetenzverständnis (eigene Rolle; Input-
/Output-Orientierung) herausgelesen werden kann. Fragen zu Zielen und Themen sowie zur methodi-
schen Gestaltung wurden direkter angesteuert. Der vollständige Interviewleitfaden ist in Anhang 7 In-
terviewleitfaden einzusehen. Im Vorfeld des Interviews wurde eine standardisierte Einführung vorge-
tragen (vgl. Anhang 7).
Tab. 17: Auszug aus dem Interviewleitfaden zum Thema „methodische Gestaltung“
Während des Stimulated-Recall-Interviews wurden Videosequenzen gezeigt, die i.d.R. zwischen ein
und drei Minuten dauerten. Wenn der Interviewpartner keine Verständnisfragen hatte, wurden drei
Hauptfragen (ggf. mit Nachfragen) gestellt bzw. Erzählaufforderungen gegeben:
1. Beschreibe bitte einmal in deinen Worten, was hier in dieser Szene passiert.
2. Worum ging es (dir) in dieser Stunde?
Wie verhältst du dich als Ausbilder, um darauf Einfluss zu nehmen, dass die Trainer/innen diesem Ideal-bild möglichst nah kommen?
- Kompetenzverständnis (Lehrhaltung, Rolle des Ausbilders)
- Lehr-Lernmethoden
- Wie würdest du deinen Lehrstil beschreiben?
- Welche Vorteile hat dieser Lehrstil für die TN?
- Kannst du das an einem Beispiel erklären?
Methodischer Ansatz
132
3. In wieweit ist diese Stunde typisch für deine/die Ausbildung zu diesem Thema?
Dadurch sollten zunächst die angesteuerten Ziele abgefragt werden, um herauszufinden inwiefern
diese mit den formulierten Zielen der Ausbildungsdokumente übereinstimmen. Außerdem sollte ge-
prüft werden, inwiefern die verwendeten Methoden systematisch verbalisiert werden können, um
herauszufinden, ob/welche Merkmale einer kompetenzorientierten Aufgabenkultur bewusst ange-
wendet werden und inwiefern die Ziele mit den verwendeten Methoden verknüpft werden können.
Auswahl der Videosequenzen
Wie beschrieben, wurde versucht jeweils mindestens eine LLS aus den Kategorien persönliche und so-
zialkommunikative Kompetenz, Fachkompetenz sowie Methoden- und Vermittlungskompetenz zu be-
obachten. Für das SRI sollten je Kategorie zwei Szenen ausgewählt werden, die als Gesprächsstimulus
dienen. Da das SRI sowohl Fragen zu ausgewählten Sequenzen als auch darüber hinaus in Form eines
PZI‘s weitere Fragen zu relevanten Aspekten enthält, musste die Menge der ausgewählten Szenen be-
grenzt werden. Dabei wurde versucht, möglichst unterschiedliche Aspekte aufzugreifen und die Inter-
viewlänge auf max. 90 Minuten zu begrenzen). In Probeinterviews hat sich herausgestellt, dass dies
mit ca. zwei Videosequenzen pro Kompetenzkategorie gut möglich ist. Sollte eine LLS deutlich mehr
oder weniger interessante Sequenzen beinhalten, konnte im Einzelfall von dieser Regel abgewichen
werden.
Welche Sequenzen für die vorliegende Fragestellung als interessant einzustufen sind, orientiert sich
am theoretischen Hintergrund (Kap. 2 bis 4) sowie den daraus resultierenden Fragestellungen (Kap.
6.4.1). Szenen für das Interview wurden daher hinsichtlich ihrer Relevanz zum (a) Kompetenzverständ-
nis, (b) Zielen sowie der (c) methodischen Gestaltung ausgewählt. Geprüft wurde, inwiefern LLS be-
wusst und systematisch so gestaltet wurden (methodische Gestaltung /Aufgabenkultur), dass die kom-
petenzorientierten Ziele angesteuert werden können. Dabei wurden die Sequenzen nicht nach gut o-
der schlecht bewertet, sondern dann ausgewählt, wenn sie einem der o.g. Bereiche zuzuordnen waren
und die dahinterliegenden verhaltensnahen Kognitionen expliziert werden sollten. Dies konnte sowohl
bei zu erwartenden Handlungen (Aufgabenstellungen, Ausbilderhandeln) als auch bei unerwarteten
Handlungen der Fall sein.
Im nachfolgenden Kapitel wird die Aufbereitung der videographierten LLS und der Interviews beschrie-
ben, die notwendig war, um die Daten inhaltsanalytisch auswerten zu können.
Datenaufbereitung: Videos und Interviews
Die Aufbereitung orientiert sich an den o.g. Forschungsfragen (Kap. 6.4.1) und der Auswertungsstrate-
gie der qualitativen Inhaltsanalyse. Um einen Kodierprozess intersubjektiv nachvollziehbar und trans-
parent zu gestalten, ist es notwendig das Datenmaterial (Audio- und Videomitschnitte) in Textform zu
übertragen. Aus diesem Grunde wurden die Videomitschnitte protokolliert (Kap. 6.4.3.1) und die In-
terviews transkribiert (Kap. 6.4.3.2).
Die Aufbereitung der Daten geschieht bereits vor dem Hintergrund eines subjektiven Vorverständnis-
ses und einer selektiven Wahrnehmung, weshalb die Aufbereitung der Daten bereits durch interpreta-
torische Schritte gekennzeichnet ist (Hapke, 2017; Kruse, 2011). Aus forschungsökonomischen Grün-
den wurde die Aufbereitung der Daten regelgeleitet durch zwei geschulte studentische Hilfskräfte un-
terstützt. Diese Vorgehensweise ist insbesondere bei größeren Datenmengen üblich (vgl. z.B. Dresing
& Pehl, 2010). Um die intersubjektive Vergleichbarkeit möglichst hoch zu halten, gab es klare Aufbe-
reitungsrichtlinien und Regeln, die in den folgenden beiden Unterkapiteln beschrieben werden.
Methodischer Ansatz
133
6.4.3.1 Protokollierung der Videobeobachtung
Die Videoprotokolle wurden zum einen dazu genutzt die beobachteten Stunden einem Lernziel bzw.
einer Kompetenzkategorie der RRL zuzuordnen und zum anderen die methodische Gestaltung vor dem
Hintergrund der Kompetenzorientierung zu analysieren. Mit diesem Fokus wurde vom Forscher zu-
nächst eine Sequenzierung (Dinkelaker & Herrle, 2009) in Teileinheiten der beobachteten Stunde vor-
genommen (mit Zeitmarken). Jede neue Sequenz wird durch einen Wechsel der Lernendenaktivität
eingeleitet. Demnach wurden Sequenzen vornehmlich anhand von (Teil-)Aufgaben und Aufgabenstel-
lungen eingeteilt. Anhand gängiger Klassifizierungen (Kleinknecht, 2010, S. 99; Seidel & Prenzel, 2003)
wurde jede Sequenz einer der folgenden input- oder aufgabenorientierten Sozialformen zugeordnet:
• Inputorientierte Sozialform
o Vortrag/Referat des Lehrenden (V)
• Aufgabenorientierte Sozialform
o Gruppendiskussion (GD)
o Einzelarbeit (EA)
o Partnerarbeit (PA)
o Gruppenarbeit (GA)
o Präsentation /Diskussion (PD)
Die Zuordnung zu einer Sozialform durch den Forscher basiert ebenfalls auf seinem Vorverständnis
und ist deshalb bereits als ein niedrig-inferentes Auswertungsverfahren zu bezeichnen. Niedrig-infer-
ente Verfahren dienen einer Beschreibung des Unterrichtsverlaufs und orientieren sich dabei an kon-
kret beobachtbaren Handlungen. Die vorzunehmende Interpretation ist deshalb relativ gering im Ge-
gensatz zu mittel- und hoch-inferenten Verfahren (vgl. Kleinknecht, 2010, 96f.). Die Kategorien (Sozi-
alformen) können konjunkt zugeordnet werden, d.h. eine Sequenz kann zu mehreren Sozialformen
zugeordnet werden. Das ist z.B. dann der Fall, wenn innerhalb einer Sequenz ein Vortrag mit integrier-
ter Gruppendiskussion stattfindet. Eine Trennung in zwei Sequenzen wurde bei diesem Beispiel vorge-
nommen, wenn der Wechsel der Sozial- /Aufgabenform bewusst durch den Lehrenden initiiert und
sprachlich begleitet wurde. Wenn eine (kurze) Gruppendiskussion z.B. auf Rückfrage eines Teilnehmers
entstanden ist und die vorherige Sozialform (hier: Vortrag) dann fortgesetzt wurde, war dies als eine
Sequenz zu benennen.
Anhand eines vorgegebenen Rasters (Anhang 8 Raster Video-Protokoll) wurde dann jede einzelne Se-
quenz vom Forscher oder geschulten studentischen Hilfskräften protokolliert. Dazu sollten zunächst
zentrale inhaltliche Schlagworte und das Ziel der Sequenz (aus Forschersicht) benannt werden. An-
schließend sollten (Aufgaben-)Einführung, Aufgabenstellung, (Aufgaben-)Durchführung und (Aufga-
ben-)Besprechung /Reflexion beschrieben werden. Dies entspricht einer üblichen Einteilung vom Ab-
lauf einer LLS (Kleinknecht, 2010). Vorträge (V) enthalten i.d.R. keine Aufgabenstellung.
Zur Beschreibung, z.B. der Aufgabenstellung, sollten zunächst visuelle Hilfen (z.B. Aufgabenstellung in
Präsentation oder auf Flipchart) herangezogen werden. Wenn diese nicht vorlagen, wurde eine münd-
lich vorgetragene Aufgabenstellung – je nach Ausdrucksweise des Ausbilders – wörtlich transkribiert
oder paraphrasiert.
Zusätzlich wurde die Lernendenaktivität in den Phasen der Einführung, Durchführung und Besprechung
/Reflexion beschrieben, um deutlich zu machen, welche Rolle die Lernenden im Lehr-Lernprozess ein-
nehmen.
Methodischer Ansatz
134
6.4.3.2 Transkription der Interviews
Die Interviewaussagen dienen dazu das (a) Kompetenzverständnis, (b) die als relevant erlebten Ziele
der Ausbilder sowie die von ihnen eingesetzten (c) methodischen Gestaltungsgrundlage zu rekonstru-
ieren. Der Fokus der Verschriftlichung der problemzentrierten- und Stimulated-Recall-Interviews liegt
deshalb auf den verbalen Elementen (Wortfolgen, Inhalte des Gesprächs). Weitere Äußerungsmerk-
male, wie die Betonung, Lachen oder Störgeräusche (Dresing & Pehl, 2010) erfahren weniger Relevanz.
In erster Linie geht es darum was gesagt wird. Für die Kategorie (a) Kompetenzverständnis ist es dar-
über hinaus aber auch entscheidend, wie etwas gesagt wird (Hapke, 2017, S. 135). Aufbauend auf die-
sen Überlegungen wurden folgende Transkriptionsregeln festgelegt. Die Transkription wurde dabei
von einer geschulten studentischen Hilfskraft mit Hilfe des Programms f4transkript durchgeführt.
Transkriptionsregeln ( in Anlehnung an Hapke, 2017 und Mayring, 2016)
Übergreifende Regeln:
• Alles wird in Kleinbuchstaben geschrieben.
• Der Sprecher wird als Interviewer und der Interviewpartner als Befragter gekennzeichnet.
Regeln bezüglich verbaler Elemente:
• Umgangssprache /Dialekt und Versprecher (z. B. sieben, äh, acht) werden geglättet
• Satzbaufehler und sinngemäße Versprecher werden nicht geglättet
• Zahlen werden ausgeschrieben
• Namen werden anonymisiert
• Wenn ein Satz nicht zu Ende geführt wird, sondern zwischendrin ein neuer begonnen wird,
wird ... ans Ende gesetzt (z.B. die Teilnehmer wissen nicht, dass sie... man kann ihnen das so
oft sagen wie man will)
• Unterbrechungen („Reinreden“) wird durch eckige Klammern […] gekennzeichnet
Regeln bezüglich der lautlichen Gestaltung:
• Füllwörter werden nicht transkribiert
• Sprechpausen und „äh“ o. Ä. werden mit (.) bei einer kurzen Pause, (1) bei einer Pause von
einer Sekunde, (2) bei einer Pause von zwei Sekunden etc. gekennzeichnet.
• Betonungen werden durch Großbuchstaben gekennzeichnet.
Regeln bezüglich non-verbaler Ereignisse bzw. non-verbalen Verhaltens:
• Alles, was nicht zum gesprochenen Text gehört, jedoch vom Transkribierenden als relevant
erachtet wird, wird als Anmerkung durch Kursivsetzung gekennzeichnet
Vorgehensweise:
• 1. Durchgang: hören und mitschreiben in verlangsamter Geschwindigkeit
• 2. Durchgang: nochmaliges Überprüfen (auffällige Betonungen durch Großbuchstaben kenn-
zeichnen)
Datenauswertung: Videos und Interviews
Die zuvor aufbereiteten Daten wurden dann inhaltsanalytisch ausgewertet. Die Vorgehensweise – ori-
entiert am Untersuchungsplan (vgl. Kap. 6.1.1; Abb. 14) – wird im Folgenden beschrieben und beginnt
mit der Festlegung der Analyseeinheiten.
Methodischer Ansatz
135
6.4.4.1 Festlegung der Analyseeinheiten
Videoanalyse
Um zu überprüfen, welche Ziele der Ausbildungskonzeptionen und RRL tatsächlich in der Ausbildungs-
wirklichkeit angesteuert wurden, wurden die einzelnen Sequenzen anhand ihrer behandelten Ziele (b)
in das Raster der RRL eingeordnet. Für eine möglichst differenzierte Analyse wird dazu jede Sequenz
einzeln eingeordnet.
Für die Analyse der (c) methodischen Gestaltung wurde jeweils eine gesamte Einheit (aus mehreren
Sequenzen bestehend) ausgewertet.
Es wurden folgende Analyseeinheiten für alle drei Kategorien festgelegt:
• Kodiereinheit: Der kleinste Materialbestandteil, der ausgewertet werden darf, ist eine Se-
quenz.
• Kontexteinheit: Die jeweilige LLS.
• Auswertungseinheit: Kodiert werden jeweils die einzelnen Sequenzen einer LLS (b) bzw. eine
gesamte LLS (c).
• Analysetechnik: Inhaltliche Strukturierung (b), d.h. in diesem Fall z.B. die Zuordnung eines
behandelten Themenbereichs zu den Themenbereichen der Ausbildungsdokumente; bzw.
Rating/Skalierung (c), d.h. in diesem Fall eine quantifizierende/skalierende Einschätzung
ausgewählter methodischer Merkmale.
Interviewanalyse
Es werden folgende Analyseeinheiten für alle Kategorien festgelegt:
• Kodiereinheit: Der kleinste Materialbestandteil, der ausgewertet werden darf, ist ein in sich
verständlicher Teilsatz.
• Kontexteinheit: Der gesamte Fall.
• Auswertungseinheit: Kodiert wird jeweils ein Fall (Interviewpartner). Liegen mehrere
(Teil)Interviews vor, so wird ein Interview nach dem anderen kodiert.
• Analysetechnik: Inhaltliche Strukturierung, ggf. Zusammenfassung, d.h. in diesem Fall die
Zuordnung von Interviewaussagen zu den deduktiv angelegten Kategorien und ggf. induk-
tive Ausdifferenzierungen.
6.4.4.2 Festlegung der Kategorien und Formulierung des Kodierleitfadens
Um einen Vergleich zwischen den Ansprüchen und der Wirklichkeit vornehmen zu können, werden in
beiden Bereichen dieselben Hauptkategorien angelegt: (a) Kompetenzverständnis, (b) Ziele, (c) metho-
dische Gestaltung. Die Ausdifferenzierung in Teilkategorien und entsprechende Operationalisierungen
für die Kodierleitfäden unterscheiden sich jedoch und werden im Folgenden zunächst für die Video-
analyse und dann für die Interviewanalyse erläutert.
Videoanalyse
Die Videoanalyse dient der Beantwortung folgender Fragestellungen49:
(b) Welche (kompetenzorientierten) Ziele und Themenbereiche werden in den Ausbildungen ange-
strebt?
49 Die Fragestellung zur Kategorie (a) Kompetenzverständnis wird auf Wirklichkeitsebene durch Interviews er-
fasst.
Methodischer Ansatz
136
(c1) Welche methodischen Merkmale (kompetenzorientierter Aufgabenkultur) werden von den Aus-
bildern genannt?
(c2) Wie werden die sechs Merkmale kompetenzorientierter LLS (Aufgabenkultur) in der Trainerbil-
dung umgesetzt?
(c3) Wie unterscheiden sich die zeitlichen Anteile von Input- und Aufgabenphasen in den LLS der
einzelnen Verbände und Lizenzstufen?
(c4) Wie häufig sind die sechs Merkmale kompetenzorientierter LLS zu beobachten?
Hauptkategorie (b) Ziele
Der Kodierleitfaden für die Videoanalyse der Hauptkategorie (b) Ziele ist identisch mit dem der An-
spruchsanalyse zu den Themenbereichen mit den übergeordneten Themen PSK, FK, MVK (b2, vgl. Kap.
6.3.4.2). Die behandelten Themenbereiche der einzelnen Sequenzen werden extrahiert und einer der
drei übergeordneten Themenbereiche zugeordnet:
• b1 Persönliche- und sozialkommunikative Kompetenz
• b2 Fachkompetenz
• b3 Methoden- und Vermittlungskompetenz
Hauptkategorie (c) methodische Gestaltung
Die Hauptkategorie (c) methodische Gestaltung wird mit Hilfe eines hoch-inferenten Ratingverfahrens
analysiert (Clausen, 2002; Kleinknecht, 2010). Ziel ist es, die Ausprägung der sechs Merkmale kompe-
tenzorientierter LLS (kognitive Aktivierung, Offenheit, Reflexion, Individualisierung, Strukturierung, Le-
bensweltbezug) zu identifizieren und die Häufigkeit ihres Vorkommens zu bestimmen. An dieser Stelle
unterscheidet sich die Analyse von den bisherigen Auswertungen der Wirklichkeitsanalyse, da es, ähn-
lich wie bei der DQR-Zuordnung (Kap. 6.3.4.2), sowohl um eine Zuordnung zu einer Kategorie als auch
um eine skalierende Einschätzung (Rating) geht. Dazu wurde eine Nominalskala mit den beiden Polen
„keine/geringe“ und „moderate/hohe“ Merkmalsausprägung verwendet. Zur Operationalisierung der
sechs Merkmale kompetenzorientierter LLS (vgl. Kap. 4.4) wurden bereits bestehende Kodierleitfäden
aus verwandten Studien herangezogen (v.a. Kleinknecht, 2010; Vogelsang, 2014). Diese können jedoch
nicht umstandslos übernommen werden, da sie zum einen aus der Schulforschung stammen und die
jeweiligen Merkmale für das Setting Schule ausgerichtet sind und dementsprechend operationalisiert
wurden. Zum anderen sind die Schwerpunkte der beiden benannten Arbeiten anders gelagert und ba-
sieren auf unterschiedlichen theoretischen Zugängen. Aus diesem Grund wurden Operationalisie-
rungshilfen aus benannten Leitfäden als Orientierung herangezogen und literaturbasiert (z.B. Apitzsch,
2012; Ehnold et al., 2015) für das Setting Trainerbildung angepasst und erweitert. Bspw. wurde folgen-
des Ankerbeispiel für eine hoch ausgeprägte kognitive Aktivierung erstellt: kognitiv aktivierende Lern-
aufgaben, die Lernende dazu auffordern, vorhandenes Wissen zu aktivieren / zu nutzen, um eine mo-
torische Problemstellung (z.B. Technikerwerb) zu lösen und diese anschließend kognitiv einzuordnen
und nachzubereiten (s. Anhang 9 Kodierleitfaden Videoanalyse).
Konkret bedeutet das, dass in einem Kodierleitfaden für jedes Merkmal beobachtbare Indikatoren fest-
gelegt wurden (vgl. Anhang 9 Kodierleitfaden Videoanalyse), auf dessen Basis eine Bewertung vorge-
nommen wurde. Zusätzlich wurde jede Bewertung durch eine kurze Begründung des Raters erläutert
(vgl. Tab. 18).
Methodischer Ansatz
137
Dieses Zuordnen und Skalieren methodischer Gestaltungsmerkmale ist im Rahmen der Trainerbil-
dungsforschung als ein erster explorativer Zugang zu betrachten, mit dem versucht im Sinne der em-
pirischen Bildungsforschung eine ‚Aufgabenkultur Trainerbildung‘ zu begründen und eine Grundlage
für die Weiterentwicklung einer kompetenzorientierten Aufgabenkultur zu schaffen.
Die Subkategorien bilden zunächst die sechs als zentral herausgestellten Merkmale kompetenzorien-
tierter LLS ab:
• kognitive Aktivierung
• Offenheit
• Reflexion
• Strukturierung
• Individualisierung
• Lebensweltbezug
Nachfolgend wird ein Ausschnitt aus dem Kodierleitfaden dargestellt, der die Rating-Grundlage für die
kognitive Aktivierung darstellt (Beschreibung des Merkmals, Beschreibung von Indikatoren für die un-
terschiedlichen Ausprägungen und Ankerbeispiele). Der gesamte Kodierleitfaden ist in Anhang 9 ein-
zusehen.
Exemplarischer Ausschnitt aus dem Kodierleitfaden: kognitive Aktivierung
Definition: Lernende werden mittels komplexer, anwendungsbezogener und herausfordernder Lern-
aufgaben angeregt, selbsttätig und kreativ Lösungswege zu entwickeln und auszuprobieren. Solchen
Aufgabentypen wird eine zentrale Funktion zugeschrieben, „weil Kompetenzen ausdrücklich dazu be-
fähigen sollen, auch völlig neue und unbekannte Anforderungssituationen zu meistern“ (Feindt &
Meyer, 2010). Um Wissen zu explizieren, anzureichern und zu vernetzen, sollen in LLS z.B. durch Lern-
aufgaben vorhandene subjektive oder objektive Wissensbestandteile aktiviert werden. Es soll dazu an-
geregt werden, neues Wissen selbsttätig zu erkunden, aufzunehmen und abzuspeichern sowie vorhan-
denes Wissen zu ordnen, zu vergleichen oder zu interpretieren. Um vorhandenes Wissen in die Pla-
nung, Handlung und Nachbereitung umzusetzen, soll in LLS z.B. durch Lernaufgaben der Transfer vor-
handenen Wissens zur Lösung, Erprobung und Anpassung konkreter Anforderungssituationen initiiert
werden.
• moderate/hohe Ausprägung: Die Lernenden werden mindestens hin und wieder dazu ange-regt sich, wie o. g., aktiv (kognitiv) mit der Thematik auseinanderzusetzen.
Beispiel in Praxiseinheiten: Z.B. Bewegungsaufgaben, die mindestens teilweise kognitive
Problemlöseprozesse initiieren. Sie werden verstanden und gelöst und anschließend kog-
nitiv eingeordnet und nachbereitet.
Beispiel in Theorieeinheiten: Z.B. Übungs-/Lern-Aufgaben, die mindestens teilweise eine
aktive kognitive Auseinandersetzung (z. B. Problemlösung) der Lernenden initiieren; In Vor-
trägen /Gesprächen werden kognitive Impulse, z.B. durch Transferfragen, für die Lernen-
den gesetzt (vgl. C_2_B_V1).
• keine/geringe Ausprägung: Die Lernenden befinden sich überwiegend in einer Konsumen-tenhaltung und werden nur selten dazu angeregt sich aktiv (kognitiv) mit der Thematik aus-einander zu setzen.
Beispiel in Praxiseinheiten: Z.B. Bewegungsaufgaben /Bewegungsanweisungen, die keine
kognitive (damit ist nicht Koordination gemeint) Problemlösung erfordern. Außerdem er-
folgt keine Hinführung oder Nachbesprechung zu den Aufgaben, die die Lernenden aktiv
kognitiv fordert.
Methodischer Ansatz
138
Beispiel in Theorieeinheiten: Z.B. Einfache Reproduktionsaufgaben oder Vorträge ohne Ini-
tiierung von kognitiven (Problemlöse-)Prozessen
Anschließend wurde ausgewertet, wie häufig LLS entweder „keine/geringe Ausprägung“ oder eine
„moderate/hohe Ausprägung“ der einzelnen Merkmale aufgewiesen haben. Der prozentuale Anteil
wurde zunächst in der Gesamtbetrachtung und anschließend anhand einzelner Verbände, Lizenzstufen
und Kompetenzkategorien betrachtet. Die nachfolgenden Tab. 18 und Tab. 19 zeigen exemplarisch das
Auswertungsraster von zwei LLS für die sechs Merkmale inklusive einer kurzen Begründung der Ein-
ordnung. Zunächst wird ein ‚Positiv-Beispiel‘ mit hohen Ausprägungen und anschließend ein ‚Negativ-
Beispiel‘ mit niedrigeren Ausprägungen dargestellt.
Tab. 18: Rating-Raster Videoanalyse zu Hauptkategorie (c) methodische Gestaltung; ‚Positiv-Beispiel: Einord-
nung einer Lernaufgabe (PA)
Item Ausprägung
keine/geringe moderate/hohe
kognitive Aktivierung X
TN müssen sich viele Gedanken über Aufgabenbewältigung machen, können aber bei Unklarheiten auch Rückfragen an Ausbilder stellen. Ausbilder geben immer wieder Hinweise, die es zu bedenken gibt.
Offenheit X
Alle Aufgaben sind relativ offen gehalten. Die TN müssen innerhalb der Vorgaben selbstständig Lösungswege erarbeiten und können zu unterschiedlichen Lösungen kommen, die nachbesprochen werden.
Reflexion X
Alle Aufgaben enthalten reflexive Anteile, bei denen der Ausbilder Impulse zur Selbstreflexion und zum Trans-fer auf den eigenen Traineralltag gibt.
Strukturierung X
Aufgaben bauen aufeinander auf. Am Ende wird ein Rückblick gegeben und ein Resümee gezogen.
Individualisierung X
Durch die offene Aufgabenstellung können die TN die Aufgabe entsprechend ihrer Fähigkeiten bearbeiten und Interessensschwerpunkte festlegen.
Lebensweltbezug X
Thema stammt aus der Lebenswelt der Lernenden.
Tab. 19: Rating-Raster Videoanalyse zu Hauptkategorie (c) methodische Gestaltung; ‚Negativ-Beispiel: Ein-
ordnung eines Vortrags (V)
Item Ausprägung
keine/geringe moderate/hohe
kognitive Aktivierung X
Die TN hören größtenteils zu, müssen sich kaum eigene Gedanken zu den Inhalten machen.
Offenheit X
Die Inhalte wurden für alle TN gleich präsentiert, keine Offenheit bezüglich Lösungswegen oder Ergebnissen.
Reflexion X
Nur selten wurde über Präsentiertes reflektiert, kaum wurden Fragen an die TN gestellt.
Strukturierung X
Methodischer Ansatz
139
Nachvollziehbare Oberflächenstruktur sichtbar.
Individualisierung X
Vortrag fordert nicht zur individuellen Bearbeitung eines Problems auf.
Lebensweltbezug X
Thema stammt aus der Lebenswelt der Lernenden.
Interviewanalyse
Die Interviewanalyse dient der Beantwortung folgender Fragestellungen:
(a) Welches Kompetenzverständnis haben die Ausbilder?
(b1) Welche (kompetenzorientierten) Ziele und Themenbereiche werden in den Ausbildungen ange-
strebt?
(c1) Welche methodischen Merkmale (kompetenzorientierter Aufgabenkultur) werden in den Aus-
bildungen angewandt?
Anhand des beschriebenen Interviewleitfadens (s.o.) wurden Aussagen der Ausbilder zum (a) Kompe-
tenzverständnis, (b) angesteuerten Zielen sowie (c) methodische Gestaltung erwartet. Diese drei
Hauptkategorien wurden deduktiv angelegt. Außerdem wurden Fragen im Interviewleitfaden und ent-
sprechende Subkategorien der Kategorie (c) methodische Gestaltung zu den sechs Merkmalen zur Ge-
staltung kompetenzorientierter LLS (kognitive Aktivierung, Offenheit, Reflexion, Strukturierung, Le-
bensweltbezug, Individualisierung) deduktiv angelegt. Die drei deduktiv angelegten Hauptkategorien
wurden im Rahmen der Analyse in weitere Subkategorien ausdifferenziert, die induktiv am Material
entwickelt wurden (vgl. Tab. 20, Tab. 21, Tab. 22).
Hauptkategorie (a) Kompetenzverständnis
Die Hauptkategorie (a) wurde nicht weiter ausdifferenziert. Kodiert wurden alle Aussagen, in denen
Kompetenzkategorien benannt oder Bezüge zur Kompetenzdiskussion hergestellt wurden.
Tab. 20: Kodierleitfaden Wirklichkeitsanalyse – Interview: Hauptkategorie (a) Kompetenzverständnis
Katego-rie
Definition Ankerbeispiel
a Kom-petenz-ver-ständnis
Textstellen, in denen Kom-petenzkategorien benannt werden oder Bezüge zur Kompetenzdiskussion her-gestellt werden.
"Wir haben sehr viel... in den Trainerausbildungen, Trainerfortbil-dungen beschäftigen wir uns sehr viel mit der Sachkompetenz: Trainingslehre, Biomechanik, Techniktraining, was weiß ich was al-les, aber eben das VERHALTEN eines Trainers hat wahrscheinlich eine mindestens genauso große Wirkung"
Hauptkategorie (b) Ziele
Die Subkategorien für die Interviewanalyse der Hauptkategorie (b) Ziele sind zunächst identisch mit
denen der Anspruchsanalyse und der Videoanalyse zu den Kompetenzkategorien und damit den über-
geordneten Themenbereichen der RRL (vgl. Kap. 6.3.4.2). Die Interviewaussagen wurden anhand be-
nannter Ziele einer der Teilkompetenzen zugeordnet:
• b1 Persönliche- und sozialkommunikative Kompetenz
• b2 Fachkompetenz
• b3 Methoden- und Vermittlungskompetenz
Methodischer Ansatz
140
Tab. 21: Kodierleitfaden Wirklichkeitsanalyse – Interview: Hauptkategorie (b) Ziele
Kategorie Definition Ankerbeispiel
b Ziele Textstellen, die Ausbildungsziele für die Ler-nenden beschreiben und keiner der Subkate-gorien zuzuordnen sind, weil sie einen Sonder-fall darstellen (Anker 1) oder mehrere (Kompe-tenz-)Facetten beinhalten (Anker 2) (v.a. Frage 4a).
1) „Bestrebt darum, in der Ausbildung allen Teilnehmern möglichst viel Chancen zu ge-ben und einzuräumen, durch eine gute Leis-tung hier und auch weiter..., dass man …, dass man dann im berufsalltag da auch standhalten kann."
2) s. Anhang 10
b1 Persönli-che- und so-zialkommu-nikative Kompetenz
Textstellen, die Ausbildungsziele für die Ler-nenden beschreiben und deren Inhaltskompo-nente einer Inhaltskomponente der Ziele der RRL (vgl. DSB, 2005) (Anker 1) zur Sozialkom-petenz entspricht oder diese explizit erwähnt (vgl. Anker 2).
1) „Sollte er halt eine gewisse Persönlichkeit haben. das heißt, er muss auch vor der gruppe stehen können, muss klare Anwei-sungen geben können. das ist mal das eine, also… okay, ‚Standing‘ sage ich es jetzt ein-fach mal so"
2) s. Anhang 10
b2 Metho-den- und Vermitt-lungskompe-tenz
Textstellen, die Ausbildungsziele für die Ler-nenden beschreiben und deren Inhaltskompo-nente einer Inhaltskomponente der Ziele der RRL (vgl. DSB, 2005) (Anker 1) zur Methoden- und Vermittlungskompetenz entspricht oder diese explizit erwähnt (vgl. Anker 2).
1) „Wie richte ich irgendwie so ein Übungs-gelände ein? Natürlich immer so mit diesem Aspekt, ‚okay, Sicherheit‘. Das ist einfach bei uns mit dem Klettern so und das soll halt einfach nicht runterfallen"
2) s. Anhang 10
b3 Fachkom-petenz
Textstellen, die Ausbildungsziele für die Ler-nenden beschreiben und deren Inhaltskompo-nente einer Inhaltskomponente der Ziele der RRL (vgl. DSB, 2005) (Anker 1) zur Fachkompe-tenz entspricht oder diese explizit erwähnt (vgl. Anker 2).
1) „Grundlegendes fundiertes Fachwissen sollte er besitzen"
2) s. Anhang 10
Hauptkategorie (c) methodische Gestaltung
Die Kategorien zur Analyse der Hauptkategorie (c) methodische Gestaltung orientieren sich an der Me-
thodendiskussion der Sport- und Bildungswissenschaft sowie an den Vorlagen der DOSB-Ausbildungs-
rahmen:
• c1 Rollenverständnis
• c2 Lehr-Lernmethoden
• c3 Merkmale kompetenzorientierter LLS
• c4 Einflussfaktoren und Planung
Tab. 22: Kodierleitfaden Wirklichkeitsanalyse – Interview: Hauptkategorie (c) methodische Gestaltung
Kategorie Definition Ankerbeispiel
c methodi-sche Ge-staltung
Textstellen, die etwas über Methoden für die Gestaltung von LLS in der Trainerausbildung aussagen und keiner der Subkategorien zu-zuordnen sind (v.a. Frage 6).
-
c1 Rollen-verständnis
Textstellen, in denen das eigene Verhalten gegenüber den Lernenden und die eigene Rolle im Lehr-Lernprozess beschrieben wird und keiner der Subkategorien zuzuordnen ist.
-
Methodischer Ansatz
141
c1.1 Leh-renden-zentriert
Textstellen, in denen der Lehrprozess (und nicht der Lernprozess) beschrieben wird und es darum geht, dass der Lehrende den Ler-nenden Wissen "weitergibt" oder "vermit-telt".
„Wenn die Trainer das nicht annehmen, was denen hier erzählt wird, wenn die nicht bereit sind, sich darauf einzulassen, was denen erzählt wird, dann nutzt die ganze Ausbildung nichts"
c1.2 Ler-nenden-zentriert
Textstellen, in denen der Lernprozess (nicht Lehrprozess) beschrieben wird und eine Aus-richtung am Lernenden deutlich wird.
„Wir versuchen da schon, nicht nur Wissen zu vermitteln, oder klar vorzugeben, ‚wenn du das und das lernst, dann kommst du zum Erfolg‘, so wäre es ja im Training auch: ‚hier, kante den Ski mehr auf, halte den Arm mehr so, dann kom-men wir zum Erfolg‘. Da versuchen wir eher, dass wir den Rahmen vorgeben und sie es dann selber verknüpfen müssen"
c1.3 Lehr-/ Führungs-stil
Textstellen, in denen der eigene Führungsstil (zwischen Laissez-faire und autokratisch) be-schrieben wird.
„Also Laissez-faire bin ich bestimmt auch nicht. Ich bin dazwischen, ja. Demokratisch. Aber ich bin auch nicht unbedingt autoritär. Ich denke, das hast du auch gemerkt"
c1.1 Augen-höhe mit TN
Textstellen, in denen beschrieben wird, dass es wichtig ist, den Lernenden auf Augenhöhe zu begegnen, wertschätzend miteinander umzugehen und die Erfahrungen der TN mit-einzubeziehen.
„Ich versuche auch einerseits, die Teilnehmer irgendwie so auf Augenhöhe zu treffen"
c1.5 Au-thentizi-tät/Vorbild-funktion
Textstellen, in denen beschrieben wird, dass es wichtig ist, authentisch zu sein (vgl. Anker 1) und eine Vorbildrolle (vgl. Anker 2) einzu-nehmen.
1) „Einmal, das ist für mich ganz wichtig, indem ich es vorlebe. Ich bin der Meinung, wenn du als Trainer oder als Ausbilder das nicht vorlebst, wie irgendwo … naja, ja, eigentlich vorlebst, dann hast du keine Chance, dass das irgendwo haften bleibt. Also du musst authentisch sein.
2) s. Anhang 10
c2 Lehr-Lernmetho-den
Textstellen, in denen etwas über verschie-dene Unterrichtsbausteine oder Sozialfor-men (z.B. Gruppen-/Einzelarbeit, Diskus-sion), Lehr-Lernmethoden sowie das Ver-hältnis von Theorie und Praxisanteilen aus-gesagt wird und keiner der Subkategorien zuzuordnen sind.
-
c2.1 Vor-träge /Input durch Leh-rende
Textstellen, in denen primär Input vom Leh-renden in LLS beschrieben wird (z.B. durch Referate, Vorträge (Anker 1), Erfahrungen weitergeben) Es werden auch Negativaussa-gen zu Frontalvorträgen kodiert (Anker 2).
1) s. Anhang 10
2) „Also die schlimmste Form, die habe ich auch leider manchmal drin, oder MÜSSEN drin sein, ist so etwas wie Präsentationen und Vorträge, da lernen sie am wenigsten meiner Ansicht nach"
c2.2 Aufga-ben /Eigen-aktivität
Textstellen, in denen Aufgabenformen be-schrieben werden, die die Lernenden zur Lö-sung eines Problems anregen (Gruppenar-beiten, Partnerarbeiten, Einzelarbeiten, Gruppendiskussionen, Fallbeispiele; Anker 1) oder die Interaktion und Initiierung von Ei-genaktivität beschreiben (Anker 2). Kodie-rung auch hier, wenn zunächst Input vom Lehrenden als Vorbereitung für eine Aufgabe beschrieben wird (Anker 3).
1) s. Anhang 10
2) „Wie gesagt, indem wir sie eben sehr, sehr viel mit einbinden. Das ist auch das Thema, dass sie sich daheim nochmal Gedanken machen, also jetzt ein ganz konkretes Beispiel, das sehr positiv war: Sie müssen ihre Heimarbeiten, ihre Themen vorstellen vor der Gruppe und die wer-den in der Gruppe diskutiert"
3) „Also für mich war es wichtig, dass die, was sie heute von mir gehört haben in der ersten
Methodischer Ansatz
142
Stunde, in der zweiten Stunde noch einmal ver-suchen, in die Praxis umzusetzen"
c2.3 Theo-rie-Praxis-Verhältnis
Textstellen, in denen etwas über das Ver-hältnis von Theorie und Praxisanteilen aus-gesagt wird.
„Dann Theorie immer in einem Wechselspiel. Keinesfalls Frontalvortrag ausschließlich. Son-dern zwei Drittel, WENN nicht sogar vier Fünftel Praxis Übung"
c2.4 Infor-melle Lern-gelegenhei-ten
Textstellen, in denen etwas über Situationen in der Ausbildung, die abseits vom gesteuer-ten Unterricht stattfinden (z.B. Gespräche beim Abendessen) ausgesagt wird.
„Ich versuche auch immer, in den Pausen viel-leicht auch mal, wenn ich über Nacht hier bin, über Gespräche, Smalltalk, die Leute auch ken-nenzulernen und meines Erachtens finden auch bei solchen Gesprächen außerhalb des Unter-richtes oftmals auch sehr, sehr wertvolle Ge-spräche statt“
c2.5 Hospi-tationen /Mentoring
Textstellen, in denen etwas über Hospitati-ons- oder Mentorenprogramme als Lernge-legenheit ausgesagt wird.
„Und im Hockey glaube ich, läuft viel über Men-toring, dass man also einen Trainer hat oder ge-wisse Trainer, die einem viel vormachen, vorle-ben, von denen man sich etwas abschaut und dann seinen eigenen Stil irgendwie verfeinert und entwickelt daraus. Von daher ist dieser Ausbildungslehrgang oder sind diese Ausbil-dungslehrgänge auch nur gewisse Anteile der Ausbildung, denn alle Anteile der Ausbildung kann man nicht tragen als Fachverband"
c3 Merk-male kom-petenzori-entierter LLS
Textstellen, in denen die etwas über die Merkmale für die Gestaltung kompetenzori-entierter LLS (s. Subkategorien) in der Trai-nerausbildung aussagen und keiner der Sub-kategorien zuzuordnen sind.
"also, die Teilnehmer sollten (.) ich sage mal emotional angesprochen werden, das heißt, ich muss..., wenn ich etwas lerne, muss eine Emo-tion dabei sein. Das heißt, die beste Emotion ist für mich immer: es macht Spaß, da ist irgendwo Freude dabei, dann lerne ich auch eher"
c3.1 kogni-tive Aktivie-rung
Textstellen, in denen die etwas über kogni-tive Aktivierung (vgl. Kap. 4.4) in LLS ausge-sagt wird (z.B. Verständnis, Stellenwert, Um-setzung).
„Mein wichtigstes Mittel ist das der Fragen und… provozieren. Ich provoziere gerne, indem ich Thesen aufstelle, von denen die Leute in dem Moment noch nicht genau wissen, ob die jetzt stimmen oder nicht (…) und die Provoka-tion setzt immer noch so einen kleinen humo-ristischen Reiz dazu (…) wo ich Dinge mal über-spitze oder absichtlich mal auch eine Frage stelle, die nicht so direkt zu beantworten ist, um die Leute mal kurz zu verunsichern, aus der Re-serve zu locken. Und dabei geht es mir nicht da-rum, dass dann jemand etwas richtig oder falsch macht, sondern einfach ich möchte die Leute zum DENKEN anregen"
c3.2 Offen-heit
Textstellen, in denen etwas über offene Auf-gabenstellungen (vgl. Kap. 4.4) ausgesagt (z.B. Verständnis, Stellenwert, Umsetzung; Anker 1) oder solche beschrieben werden (Anker 2).
1) s. Anhang 10
2) s. Ankerbeispiel c2.2
c3.3 (Meta-)Reflexion
Textstellen, in denen etwas über (Meta-)Re-flexion) (vgl. Kap. 4.4) ausgesagt wird: Ent-weder ein Reflexionsverständnis (Anker 1), unkonkrete Beschreibungen (Anker 2) oder Einflussfaktoren (Anker 3).
1) s. Anhang 10
2) „Ja, finde ich schon wichtig. da will ich den Teilnehmern auch Zeit einräumen dafür, dass das da ist. Deswegen war mir das jetzt schon
Methodischer Ansatz
143
wichtig, dass wir das noch machen, mit dem Ganzen"
3) s. Anhang 10
c3.4 Struk-turierung
Textstellen, in denen etwas über die Struktu-rierung der LLS (vgl. Kap. 4.4) hinsichtlich der strukturellen Organisation der LLS (z.B. Aus- und Rückblicke, Leerlaufphasen, vom Einfa-chen zum Schweren) ausgesagt wird.
„Und, dass die Zeit, die man hat, gut ausgefüllt ist. Ich habe selber genug gesehen (lacht), auch selber miterlebt in Trainerausbildungen, ja, dass Planung eine Rolle spielt, eben, dass es zeitlich gut geplant ist, dass keine leeren Teile drin hat, sage ich mal so oder der Dozent dann nicht mehr weiß, wie es weitergeht und so Dinge, also das ist MIR einfach persönlich wich-tig. Gute Struktur, gute Planung und dann, nehme ich mir auch viel Zeit dafür“
c3.5 Indivi-dualisie-rung
Textstellen, in denen etwas über individuali-sierte Lernmöglichkeiten (vgl. Kap. 4.4) aus-gesagt wird (z.B. Verständnis, Stellenwert, Umsetzung). Zu kodieren sind sowohl die Feststellung von Heterogenität (Anker 1) als auch der methodische Umgang damit (z.B. Austausch, Einbezug der Besseren, Hetero-genität ausgleichen, bilaterale Gespräche; Anker 2).
1) „Weil in gerade der c-Ausbildung unter-schiedliches, sehr heterogenes Niveau ist"
2) s. Anhang 10
c3.6 Le-benswelt-bezug
Textstellen, in denen etwas über den Le-bensweltbezug der Trainerausbildung (vgl. Kap. 4.4) ausgesagt wird (z.B. Verständnis, Stellenwert, Umsetzung).
„Durch SEHR lebensnahe Metaphern, die ich aufbaue, oder Bilder, die ich aufzeige, wo ich sage ‚guck mal da, kann dir das helfen?‘ und da kann ich mal... ich arbeite sehr viel mit Bildern, die die Teilnehmern selber in ihren Köpfen ma-len müssen und die sie dann vergleichen müs-sen mit ihren Realitäten und wenn das zum gro-ßen Einklang kommt, dann haben sie ihre Ziel-bilder"
c4 Einfluss-faktoren und Pla-nung
Textstellen, in denen etwas über Einfluss- o-der Gelingensfaktoren der methodischen Gestaltung von LLS ausgesagt wird (z.B. Gruppe, äußere Umstände, Vorgaben) (v.a. Frage 3).
-
c4.1 Pla-nungs-grundlagen /-eckpfeiler
Textstellen, in denen etwas über Planungs-grundlagen von LLS ausgesagt wird (z.B. Ziele, Inhalte, Absprachen, Erfahrungen).
s. Anhang 10
c4.2 Zeitli-che Rah-menbedin-gungen
Textstellen, in denen etwas über den zeitli-chen Rahmen als zentralen Orientierungs-faktor gesagt wird.
s. Anhang 10
c4.3 Örtli-che Rah-menbedin-gungen /Wetter
Textstellen, in denen etwas über die örtli-chen Rahmenbedingungen (Seminarräume, Konstellationen, Hallen, etc.) / das Wetter als zentralen Orientierungsfaktor gesagt wird.
s. Anhang 10
Methodischer Ansatz
144
6.4.4.3 Kategorienanwendung
In diesem Kapitel wird das Vorgehen bei der Kodierung entlang des zuvor beschriebenen Kodierleitfa-
dens und Ratingverfahrens und in Bezug auf die Anwendung der Kriterien der qualitativen Inhaltsana-
lyse (Kap. 6.1.1) für die Video- und Interviewanalyse erläutert.
Videoanalyse
Die Zuordnung der einzelnen Sequenzen zu den übergeordneten Themenbereichen ((b) Ziele), wurde
anhand des Protokolls von einem Forscher durchgeführt.
Das Rating zur Umsetzung der o.g. Merkmale zur Gestaltung kompetenzorientierter LLS ((c) methodi-
sche Gestaltung) wurde unabhängig voneinander von zwei Kodierern durchgeführt (jeweils ein For-
scher und ein geschulter studentischer Kodierer). Anhand des Leitfadens wurden dafür zwei studenti-
sche Kodierer ausgebildet und ein Testdurchlauf vorgenommen. Daraufhin wurden die Regeln weiter
präzisiert und Ankerbeispiele gebildet, bevor der Hauptdurchlauf erfolgte. Bewertet wurde immer eine
ganze LLS, d.h. alle Sequenzen eines Protokolls. Zur Bewertung wurden das Protokoll und die jeweiligen
Videos der LLS angeschaut. Einmalig wurde dann zum Abschluss für jedes Merkmal eine Wertung an-
hand der Indikatoren und Ankerbeispiele vorgenommen.
Die Zuordnungsregeln und Ankerbeispiele sind ausführlich im Anhang 9 beschrieben.
Die Übereinstimmung der Rater wurde regelmäßig überprüft und Abweichungen nachbesprochen. Ziel
war es die Regeln so klar zu formulieren, dass sie ein möglichst eindeutiges Urteil erlauben. Die Be-
rechnung der InterCR folgt in Kap. 6.4.4.4.
Aus den Werten der beiden Kodierern wurde jeweils der Mittelwert gebildet. Dieses Vorgehen ermög-
licht eine bessere Unterscheidung zwischen einzelnen LLS.
Interviewanalyse
Zunächst erfolgte ebenfalls ein Probedurchlauf mit der Kodierung eines Interviews. Nach Prüfung der
Zuordnung und entsprechenden Überarbeitungen erfolgte der endgültige Materialdurchgang. Eine
Textstelle wurde immer dann kodiert, wenn sie einer Kategoriendefinition entsprach (Ereigniskodie-
rung). Die Kodierung sollte, wenn möglich, bereits in die kleinstmögliche Kategorienebene erfolgen.
Eine Zuordnung in eine höherer Ebene erfolgte, wenn:
• „eine Textstelle zwar eindeutig einer Kategorie, nicht aber einer der zugehörigen Unterkate-
gorien zugeordnet werden kann“ (Hapke, 2017, S. 144).
• „eine Textstelle Informationen enthält, die den gleichen Abstraktionsgrad wie die Kategorie
auf der höheren Ebene aufweist“ (ebd.).
Alle verbliebenen Textstellen der Hauptkategorien wurden nach Kodierung der Hälfte der Fälle erneut
kodiert und überprüft, ob sie einer Subkategorie zugehörig sind oder ob ggf. eine neue Subkategorie
induktiv gebildet werden muss.
Die Kodierung erfolgte in einem zirkulären Verfahren. Immer dann, wenn neue Subkategorien induktiv
gebildet wurden, wurden alle kodierten Textstellen einer Kategorie überprüft. Die Kodierung wurde
vom Forscher vorgenommen. Zusätzlich wurden die Kodierungen der einzelnen Kategorien durch ei-
nen geschulten studentischen Zweitkodierer zugeordnet. Anhand dessen wurde die Qualität des Ko-
dierleitfadens bemessen und dieser weiterentwickelt. Die Prüfung der Intercoderreliabilität wird im
nachfolgenden Kapitel beschrieben.
Methodischer Ansatz
145
6.4.4.4 Intra- und Intercoder-Reliabilitätsprüfung
Analog zur Analyse der Anspruchsebene und dort beschriebenen Referenzwerte (Kap. 6.3.4.4), wurden
die Kodierungen und Ratings der Ausbildungswirklichkeit durch die Prüfung der InterCR ebenfalls auf
ihre Güte hin überprüft. Die Ergebnisse werden dazu zunächst für die Video- und dann für die Intervie-
wanalyse dargestellt.
Videoanalyse
Wie zuvor beschrieben, wurde das Rating zu den Merkmalen kompetenzorientierter LLS (c)) von ins-
gesamt drei Kodierern durchgeführt. Jede Einheit wurde dabei durch den Forscher und zusätzlich einen
geschulten Kodierer analysiert. Somit wurden 100% der Kodierungen geprüft. Insgesamt wurden 42
Sequenzen kodiert. Als Übereinstimmung galt, wenn beide Kodierer einem Merkmal die gleiche Aus-
prägung zugeordnet haben. D.h. für jede Sequenz wurde die Übereinstimmung von sechs Merkmalen
überprüft (252)50. Dies führte zu folgenden Übereinstimmungen:
• Übereinstimmung Kodierer 1 – Kodierer 2 (19 Sequenzen): 86%
• Übereinstimmung Kodierer 1 – Kodierer 3 (23 Sequenzen): 90%
Diese Übereinstimmung ist, entsprechend der in Kap. 6.3.4.4 dargestellten Referenzwerte, als hoch
einzustufen und bestätigt die intersubjektive Nachvollziehbarkeit des verwendeten Kodierleitfadens.
Interviewanalyse
Die Güte der Interviewanalyse wurde sowohl durch einen zweiten Kodierer (InterCR) als auch durch
die wiederholte Kodierung zu einem späteren Zeitpunkt vom selben Kodierer (IntraCR) überprüft und
die Kodierleitfäden anhand dessen überarbeitet.
Zur Prüfung der IntraCR hat der Forscher fünf Interviews ohne weitere Vorlagen komplett neu kodiert.
Dabei kam es zu einer Übereinstimmung von 72%. In Anbetracht der komplexen und ausdifferenzier-
ten Kodierleitfäden ist diese Übereinstimmung als gut zu bewerten.
Für die Prüfung der InterCR wurden ca. 25% der Interviews zufällig ausgewählt (unterschiedliche Ver-
bände und Lizenzstufen) und zweitkodiert. Dazu wurden dem Zweitkodierer jeweils die Textstellen
einer Kategorie ((a), (b), (c)) gegeben. Diese sollten dann in die passende Subkategorie kodiert werden.
Ziel dieses Vorgehens ist es die Trennschärfe der einzelnen Subkategorien zu überprüfen. Dabei gab es
folgende Übereinstimmungen:
• (a) Kompetenzverständnis: 62%
• (b) Ziele: 87%
• (c) methodische Gestaltung: 64%
Daraufhin wurden die Subkategorien der Kategorien (a) und (c) überarbeitet und die Kodierregeln ge-
schärft. Anschließend wurde mit weiteren 25% des Datenmaterials eine erneute Prüfung dieser beiden
Kategorien mit folgendem Ergebnis vorgenommen:
• (a) Kompetenzverständnis: 100%
• (b) Ziele: s.o.
• (c) methodische Gestaltung: 84%
50 Es gilt dieselbe Berechnungsformel für die InterCR, wie bei der Anspruchsanalyse.
Methodischer Ansatz
146
Durch dieses Vorgehen konnte der Kodierleitfaden und die entsprechenden Subkategorien deutlich
geschärft und die Güte der Analyse deutlich erhöht werden. Die Prüfung sowohl der IntraCR als auch
der ICR ist, entsprechend der in Kap. 6.3.4.4 dargestellten Referenzwerte, als sehr gut einzustufen.
Differenzanalytische Auswertung
In diesem abschließenden Methodenkapitel wird das methodische Vorgehen der Differenzanalyse zwi-
schen den Ansprüchen der Ausbildungskonzeptionen51 der Mitgliedsverbände mit der Ausbildungs-
wirklichkeit dargelegt. Hauptfokus der Analyse liegt jeweils auf der Bestimmung von Passungen und
Differenzen innerhalb eines Verbandes.
Die drei Hauptkategorien (s.o.) wurden sowohl für die Anspruchs- als auch die Wirklichkeitsanalyse
weitestgehend identisch operationalisiert und können daher direkt miteinander verglichen werden.
Lediglich die DQR-Niveaustufenzuordnung der Ziele kann nicht mit der Wirklichkeit verglichen werden,
da diese nicht zuverlässig mit Hilfe des DQRs analysiert werden kann. Der DQR beschreibt insgesamt
32 Deskriptoren für acht Niveaustufen und vier Kompetenzkategorien. Diese sind dafür ausgelegt for-
mulierte Ziele zuzuordnen. Diese Operatoren sind keine beobachtbaren Indikatoren. Für eine Niveau-
stufenzuordnung von LLS müssten solche passfähigen Indikatoren entwickelt werden, was insbeson-
dere auf Grund der feingliedrigen Ausdifferenzierung schwierig ist. Daher lauten die zu beantworten-
den Fragestellungen:
(a) Welche Passungen und Differenzen zwischen der Ausbildungswirklichkeit und den Ausbildungs-
dokumenten liegen hinsichtlich des Kompetenzverständnisses der Ausbilder vor?
(b) Welche Passungen und Differenzen zwischen der Ausbildungswirklichkeit und den Ausbildungs-
dokumenten liegen hinsichtlich der angesteuerten Ziele und Themenbereiche vor?
(c1) Welche Passungen und Differenzen zwischen der Ausbildungswirklichkeit und den Ausbildungs-
dokumenten liegen hinsichtlich der Umsetzung methodischer Merkmale (kompetenzorientierter
Aufgabenkultur) vor?
Zur Bestimmung von Passungen und Differenzen zwischen den Ausbildungskonzeptionen der MV und
deren Ausbildungswirklichkeit wurden folgende Analysen vorgenommen:
In der Kategorie (a) Kompetenzverständnis wird das Kompetenzverständnis (Modelle, Teilkompeten-
zen, Definitionen) der Ausbilder, das per Interview erfasst wurde, den entsprechenden Ergebnissen
der Ausbildungskonzeptionen gegenübergestellt; es wird also geprüft, inwiefern das Kompetenzver-
ständnis der Ausbilder deckungsgleich mit dem Kompetenzverständnis der Ausbildungsdokumente ist.
Dies wird für jeden Verband durchgeführt.
In der Kategorie (b) Ziele wird analysiert, ob die beobachteten Themenbereiche auch in den jeweiligen
Ausbildungskonzeptionen der Verbände genannt werden. Darüber hinaus wird geprüft, ob die jeweili-
gen Themenbereiche von den Ausbildern der gleichen Kompetenzkategorie zugeordnet werden, wie
in den Ausbildungskonzeptionen. Da keine Vollerhebung durchgeführt, sondern jeweils nur ein Aus-
schnitt der Wirklichkeit betrachtet wurde, kann nicht überprüft werden, ob alle in den Ausbildungs-
konzeptionen formulierten Themenbereiche im Laufe eines Ausbildungsganges auch thematisiert wer-
den.
51 Bereits identifizierte Passungen und Differenzen zwischen den Ausbildungsrahmen des DOSB und den Ausbil-
dungskonzeptionen (MV) werden im Ergebniskapitel zur Einordnung in den Gesamtrahmen ebenfalls berücksich-
tigt.
Methodischer Ansatz
147
Die umfassendste Analyse der Wirklichkeit bezieht sich auf die Kategorie (c) methodische Gestaltung.
Mit dieser Kategorie wird geprüft, inwiefern die ausgewählten Lehr-Lernsituationen in den konkreten
Lehrgängen überhaupt Merkmale kompetenzorientierter methodischer Gestaltung aufweisen. Dies
wird als Voraussetzung dafür betrachtet, dass der kompetenzorientierte Anspruch auf der Zielebene
überhaupt eingelöst werden kann. Zunächst werden Passungen und Differenzen zwischen den in den
Ausbildungskonzeptionen formulierten methodischen Gestaltungshinweisen und deren Umsetzung
bestimmt. Da diese jedoch, wie bereits beschrieben, in allen Ausbildungsdokumenten äußerst ober-
flächlich gehalten sind, zielt die weitere Analyse der methodischen Gestaltung auf die vertiefte Explo-
ration einer kompetenzorientierten Aufgabenkultur in der Trainerbildung. An dieser Stelle geht die
Analyse über die Bestimmung von Passungen und Differenzen hinaus. Ziel ist es ein möglichst differen-
ziertes Bild über den Kompetenzanspruch in der methodischen Vorgehensweise in den einzelnen Ver-
bänden zu generieren (Fragen der Wirklichkeitsanalyse c2, c3, c4; vgl. Kap. 6.4.1).
Die Darstellung der Passungen und Differenzen erfolgt auf verschiedenen Ebenen – von allgemeinen,
hin zu spezifischeren Ergebnissen. Folgende Ergebnisebenen werden, wenn eine differenzierte Be-
trachtung möglich und sinnvoll ist, beschrieben:
• Übergreifende Passungen und Differenzen aller Verbände, Kompetenzkategorien und Lizenz-
stufen
• Passungen und Differenzen zwischen Verbänden
• Passungen und Differenzen zwischen den drei Kompetenzkategorien (PSK, FK, MVK)
Diese Ausdifferenzierung ist jedoch nur für einzelne Auswertungen und Fragestellungen sinnvoll. Das
(a) Kompetenzverständnis beispielsweise wird nur auf Ebene der Verbände miteinander verglichen,
eine Ausdifferenzierung zwischen Lizenzstufen oder Kompetenzkategorien ist an dieser Stelle nicht
zielführend, da viele Ausbilder sowohl auf verschiedenen Lizenzstufen unterrichten als auch unter-
schiedliche Kompetenzkategorien ansteuern. Die jeweilige Abstraktionsebene wird im Ergebnisteil de-
finiert.
Vertiefende Analysen, z.B. zur Fachkompetenz auf Lizenzstufe A in Verband A werden nicht systema-
tisch vorgenommen, da entsprechend der Fragestellungen (F1, F2) die übergeordneten Ergebnisse auf
Ebene von Verbänden, Kompetenzkategorien und Lizenzstufen im Fokus stehen. Besondere Auffällig-
keiten werden jedoch im Einzelfall auf einer differenzierteren Ebene analysiert. Eine Fallanalyse und
somit die Auswertung einzelner Ausbilder ist bewusst nicht vorgesehen, weil eine systematische Qua-
litätsentwicklung an personenübergreifenden, systematischen Entwicklungspotentialen ansetzen
sollte.
Ergebnisse
148
7 Ergebnisse
Das Ergebniskapitel ist in drei Teilkapitel gegliedert. In Kapitel 7.1 werden zunächst die Ergebnisse der
Differenzanalyse zwischen der curricularen und der institutionellen Anspruchsebene dargestellt. Dafür
werden die Ausbildungskonzeptionen der MV auf Passungen und Differenzen zu den Ausbildungsrah-
men des DOSB hin analysiert, wobei die drei Aspekte (a) Kompetenzverständnis, (b) Ziele sowie (c)
methodische Gestaltung im Fokus stehen.
Daran anknüpfend werden in Kapitel 7.2 die Ergebnisse der Differenzanalyse zwischen der Ausbil-
dungswirklichkeit und den beiden Anspruchsebenen (Ausbildungskonzeptionen der MV, DOSB) darge-
stellt. Es werden jeweils unmittelbar die Passungen und Differenzen dargestellt und anhand exempla-
rischer Beispiele aus der Wirklichkeitsanalyse veranschaulicht.
Abschließend werden in Kapitel 7.3 die Ergebnisse der weiterführenden Fragestellungen c2, c3 und c4
zur Analyse der Aufgabenkultur in der Trainerbildung dargestellt. An dieser Stelle geht es nicht um eine
Bestimmung von Passungen und Differenzen, sondern darum, einen ersten Einblick in die Umsetzung
der Merkmale kompetenzorientierter LLS in der Trainerbildung zu geben. Daher wird diese Analyse
getrennt von den differenzanalytischen Fragestellungen dargestellt. Ziel ist es einerseits zu überprü-
fen, in welchem Maße die Ausbildungswirklichkeit kompetenzorientiert gestaltet ist. Anhand von
Good-Practice-Beispielen wird eine Grundlage zur kompetenzorientierten Weiterentwicklung der Trai-
nerbildung geschafft. Andererseits hilft die Analyse das in dieser Arbeit vorliegende Erhebungsinstru-
ment zu schärfen und weiterzuentwickeln.
7.1 Differenzanalyse zwischen den Ausbildungsrahmen des DOSB und den
Ausbildungskonzeptionen der MV
Im vorliegenden Kapitel werden die Ergebnisse der Differenzanalyse zwischen den beiden Anspruchs-
ebenen (Ausbildungsrahmen DOSB und Ausbildungskonzeptionen der MV) dargestellt. Dazu werden
zunächst jeweils die Ergebnisse der Ausbildungsrahmen des DOSB (curriculare Anspruchsebene) und
anschließend der Ausbildungskonzeptionen der MV (institutionelle Anspruchsebene) beschrieben. Da-
ran anschließend werden Passungen und Differenzen zwischen den beiden Ebenen dargestellt. Fol-
gende übergeordnete Fragestellung liegt dem zu Grunde:
F1 Differenzen bestimmen: Anspruch curriculare vs. Anspruch institutionelle Ebene
Welche Passungen und Differenzen bestehen zwischen den Ansprüchen der Ausbildungsrahmen des
DOSB und den Ansprüchen der jeweiligen Ausbildungskonzeptionen der beteiligten Mitgliedsverbände
hinsichtlich (a) Kompetenzverständnis, (b) Ziele, (c) methodische Gestaltung?
Nachfolgend werden zunächst die Ergebnisse der Kategorie (a) Kompetenzverständnis sowie die For-
mulierungsqualität der kompetenzorientierten Ziele (Kap. 6.3.3) dargestellt. Anschließend werden
analog dazu das Kompetenzverständnis der Ausbildungskonzeptionen der vier Mitgliedsverbände so-
wie deren Formulierungsqualität der Ziele dargestellt und Passungen sowie Differenzen zu den RRL
erläutert.
Anschließend werden mit der Kategorie (b) Ziele die Ergebnisse der qualitativen Analyse der Ziele der
Ausbildungsrahmen (DOSB) hinsichtlich der darin formulierten Themenbereiche und Ziele sowie die
Ergebnisse der Analyse der DQR-Zuordnung (Kompetenzkategorie + Niveaustufe) dargestellt. Daran
anknüpfend werden analog zur Analyse der Ausbildungsrahmen (DOSB) die Ergebnisse der Analyse der
vier Ausbildungskonzeptionen hinsichtlich der Ziele dargestellt sowie Passungen und Differenzen zu
Ergebnisse
149
den Ausbildungsrahmen erläutert. Erweiternd wird geprüft, ob eine Übertragung der DQR-Niveaustu-
fen auf die drei Kompetenzkategorien der RRL möglich ist und welche Veränderungen hinsichtlich Pas-
sungen und Differenzen zwischen RRL und Ausbildungskonzeptionen der MV dies zur Folge hat.
Mit der Hauptkategorie (c) methodische Gestaltung werden abschließend die Ergebnisse der Analyse
der Ausbildungsrahmen des DOSB hinsichtlich methodischer Gestaltungsvorlagen beschrieben. Analog
dazu werden anschließend die Ergebnisse der Analyse der Ausbildungskonzeptionen (MV) beschrieben
sowie Passungen und Differenzen zu den RRL erläutert.
(a) Kompetenzverständnis
Im Fokus der Analyse des Kompetenzverständnisses auf Anspruchsebene stehen zum einen das formu-
lierte Kompetenzverständnis und zum anderen die Formulierungsqualität der Ziele.
7.1.1.1 (a1) Kompetenzverständnis – Modelle und Definitionen
Die Analyse verfolgt folgende Teilfragestellungen:
(a1) Welches Kompetenzverständnis liegt den Ausbildungsrahmen des DOSB zu Grunde?
(a1) Welches Kompetenzverständnis liegt den Ausbildungskonzeptionen (MV) zu Grunde?
(a1) Welche Passungen und Differenzen zwischen den Ausbildungsrahmen des DOSB und den Aus-
bildungskonzeptionen (MV) liegen hinsichtlich des Kompetenzverständnisses vor?
Analyse der Ausbildungsrahmen des DOSB
Wie die Expertisen (Sygusch et al., 2013b; Sygusch & Liebl, 2012; Kap. 3.5.3) gezeigt haben, haben die
RRL ein Kompetenzverständnis, das deutlich – ohne dies explizit zu benennen – am Roth’schen Kom-
petenzansatz (1971) anknüpft und Handlungskompetenz als zentrales Ziel der Trainerbildung auf allen
Lizenzstufen herausstellt. Dort heißt es: Die „Handlungskompetenz schließt Sozialkompetenz, Fach-
kompetenz, Methoden- und Vermittlungskompetenz sowie strategische Kompetenz ein“ (Deutscher
Sportbund, 2005, S. 14)52.
• „Persönliche und sozial-kommunikative Kompetenz (PSK) umfasst ein Bündel an Eigenschaf-
ten, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die im Umgang mit anderen Menschen /Gruppen, Situatio-
nen (...) und bei der Lösung von Konflikten zum Tragen kommen.
• Fachkompetenz (FK) beschreibt das (sportfachliche) Wissen und Können, das zur (...) Pla-
nung, Durchführung und Auswertung von Sportangeboten notwendig ist;
• Methoden- und Vermittlungskompetenz (MVK) beschreibt Kenntnisse und Fähigkeiten in Be-
zug auf Methoden und Verfahren zur Vermittlung von Inhalten, (...) zur Planung, Durchfüh-
rung und Auswertung von Vereinsangeboten“ (ebd.).
Im weiteren Verlauf der RRL haben diese drei Teilkompetenzen eine strukturgebende Funktion, in dem
alle formulierten Ziele einer dieser drei Teilkompetenzen zugeordnet sind.
Die vorliegenden Dokumente zum Diplom-Trainerstudium weisen sowohl begrifflich als auch konzep-
tionell Bezüge zur gegenwärtigen Kompetenzdiskussion der beruflichen Bildung, der empirischen Bil-
52 Die Strategische Kompetenz bezieht sich nur auf die Ausbildung des Vereinsmanagers und wird hier daher
nicht berücksichtigt.
Ergebnisse
150
dungsforschung und der Sportwissenschaft auf. Allerdings lässt sich bislang kein einheitliches Kompe-
tenzverständnis identifizieren. In dem jüngeren Kompetenzportfolio lässt sich ein deutlicher Bezug zum
DQR mit entsprechender Zuordnung der Ziele zu Kompetenzkategorien feststellen, wenngleich ein
Kompetenzverständnis nicht explizit beschrieben wird. In den älteren Dokumenten, der Studien- und
Prüfungsordnung sowie dem Curriculum, wird in keiner Weise ein begrifflicher Bezug zur aktuellen
Kompetenzdebatte hergestellt.
Passungen und Differenzen zwischen Ausbildungsrahmen des DOSB und MV
Die Ausbildungskonzeptionen aller vier Mitgliedsverbände lehnen sich explizit an das Kompetenzver-
ständnis der RRL an. Dies zeigt sich v.a. darin, dass die drei Teilkompetenzen PSK, FK und MVK in jeder
Ausbildungskonzeption eine Rolle spielen. Bspw. beschreibt Verband353:
„Die übergeordnete Zielsetzung ist der Erwerb von Handlungskompetenz, wozu die Sozialkompetenz (sozial-
kommunikative Kompetenz), die Fachkompetenz (sportfachliches Wissen und Können), die Methoden- und Ver-
mittlungskompetenz sowie die Strategiekompetenz gehören (…). Ziel der jeweiligen Ausbildungsstufe ist die
Vermittlung einer Handlungskompetenz, die es dem Übungsleiter und Trainer ermöglicht, die von ihm betreute
Sportlergruppe auf der entsprechenden Alters- und Entwicklungsstufe zu trainieren und zu betreuen, sie zu
sportlichen Leistungen zu motivieren und den Trainings- und Wettkampfbetrieb zu organisieren“.
Demnach liegt an dieser Stelle zunächst übergeordnet eine Passung zwischen RRL und MV vor. Die
Ausgestaltung des Kompetenzverständnisses unterscheidet sich jedoch zwischen den einzelnen Ver-
bänden, so dass es in der weiteren Ausdifferenzierung auch zu Differenzen kommt. Bei einem Verband
(V2) zeigen sich grundlegende Passungen zu den RRL, bei drei Verbänden liegen ebenfalls weitgehende
Passungen vor, es zeigen sich aber auch Differenzen. Nachfolgend werden die Passungen und Diffe-
renzen erläutert und exemplarisch illustriert.
V2 orientiert sich sehr klar an den RRL, in dem sowohl die Handlungskompetenz als übergeordnetes
Ziel als auch die drei Teilkompetenzen PSK, FK und MVK beschrieben und definiert werden:
„Sie [Handlungskompetenz] verknüpft Wissen, Können und Verhalten in Bezug auf ein erfolgreiches und ganz-
heitliches Handeln miteinander. Handlungskompetenz schließt Sozialkompetenz, Fachkompetenz, Methoden-
und Vermittlungskompetenz sowie strategische Kompetenz ein und ist die Basis für eine engagierte und moti-
vierte Eigenaktivität “.
„Die persönliche und sozial-kommunikative Kompetenz (Sozialkompetenz) umfasst ein Bündel von Eigenschaf-
ten, Fähigkeiten und Fertigkeiten einer Person,
■ die im Umgang mit anderen Menschen oder Gruppen, Situationen und
■ die pädagogisch richtiges Verhalten erfordern oder
■ bei der Lösung von Konflikten
zum Tragen kommen.
Die Fachkompetenz beschreibt das (sportfachliche) Wissen und Können,
■ das zur inhaltlich qualifizierten Planung,
■ zur Durchführung und Auswertung von Sportangeboten
■ sowie im Vereins- und Verbandsmanagement
notwendig ist.
Die Methoden- und Vermittlungskompetenz beschreibt Kenntnisse und Fähigkeiten in Bezug auf Methoden und
Verfahren
■ zur Vermittlung von Inhalten zur Planung, Durchführung und Auswertung von
Vereins- und Verbandsangeboten,
53 Verband wird im Folgenden mit V abgekürzt
Ergebnisse
151
■ zur Realisierung von Aufgaben in der Führung, Organisation und Verwaltung“.
Weiterhin strukturiert der V2 die Ziele weitestgehend anhand dieser drei Kompetenzbereiche. D.h.,
dass analog zu den RRL die anzustrebenden Ziele jeweils einer der drei Teilkompetenzen zugeordnet
sind.
Passungen der drei anderen Verbände zeigen sich vor allem in der Benennung und teilweise Definition
der drei Teilkompetenzen PSK, FK, MVK (s. z.B. Definition von V3 oben) und teilweise in der Orientie-
rung an der darüber liegenden Handlungskompetenz.
Differenzen zeigen sich bezüglich folgender Aspekte, die zunächst genannt und anschließend ver-
bandsspezifisch erläutert werden:
• Art und Umfang der Beschreibung und Definition von Handlungskompetenz und der drei
Kompetenzbereiche PSK, FK, MVK.
• Strukturierung der Ziele entlang der drei Kompetenzbereiche.
V1 definiert die drei Teilkompetenzen entsprechend der RRL, beschreibt jedoch kein übergeordnetes
Ziel, wie etwa die Handlungskompetenz. Zudem folgen die Ziele bei V1 keiner Strukturierung anhand
der drei Kompetenzbereiche PSK, FK, MVK, wie es in den RRL der Fall ist. Stattdessen werden die Ziele
je Ausbildungsgang ohne eine weitere inhaltliche Strukturierung aufgezählt. D.h. die zu Beginn genann-
ten Teilkompetenzen haben im weiteren Verlauf der Konzeption keine weitere Funktion.
V3 benennt und definiert die Handlungskompetenz als übergeordnetes Ziel der Ausbildung. Allerdings
weicht die Definition von der der RRL ab. In entsprechender Definition wird das Trainieren, Betreuen
und Motivieren der Athleten sowie die Gestaltung entsprechender Trainings- und Wettkampfmaßnah-
men in den Vordergrund gestellt (s.o.). Das dahinterliegende Verständnis scheint deutlich anschlussfä-
hig an die drei Teilkompetenzen PSK, FK und MVK zu sein, jedoch werden aus dieser Definition eben
nicht diese Teilkompetenzen abgeleitet, sondern vier „Handlungsfelder“. Die drei Teilkompetenzen
PSK, FK und MVK werden an anderer Stelle zwar genannt, jedoch nicht explizit definiert und sie erfah-
ren im weiteren Verlauf der Konzeption auch keine weitere Berücksichtigung. Denn die im Anschluss
formulierten Ziele werden den vier Handlungsfeldern „Planen und Analysieren“, „Unterrichten und
Trainieren“, „Motivieren und Erziehen“ sowie „Organisieren und Verwalten“ zugeordnet. In dieser un-
terschiedlichen Art der Strukturierung liegt die größte Differenz zwischen den RRL und V3. Es lassen
sich jedoch deutliche Schnittmengen zwischen den vier o.g. Handlungsfeldern und den drei RRL-Teil-
kompetenzen erkennen. So ist das Handlungsfeld „Planen und Analysieren“, in dem es um das Planen,
Analysieren und Auswerten von Training geht wesensnah zur FK. Das Handlungsfeld „Unterrichten und
Trainieren“ lässt Parallelen zur MVK erkennen und das Handlungsfeld „Motivieren und Erziehen“ zur
PSK. Das Handlungsfeld „Organisieren und Verwalten“ hat hingegen kein eindeutiges Äquivalent.
In der Ausbildungskonzeption von V4 lassen sich an mehreren Stellen explizite Hinweise zur Kompe-
tenzorientierung erkennen. So wird einleitend eine ‚vom DOSB geforderte‘ konsequente Ausrichtung
an den zu erwerbenden Kompetenzen der Teilnehmer beschrieben:
„Die Neukonzeption der Ausbildung ist konsequent an den zu erwerbenden Kompetenzen ausgerichtet, wie es
der Orientierungsrahmen Bildung des V2 [anonymisiert] und die Rahmenrichtlinien des DOSB fordern. Die Ori-
entierung an Kompetenzen legt eine modulare Struktur in der Ausbildung nahe“.
Die Strukturierung der Ziele erfolgt daran anknüpfend weitestgehend anhand der drei Kompetenzbe-
reiche der RRL. D.h. die einzelnen Ziele (zumindest auf übergeordneter Ebene) sind einem oder meh-
reren Kompetenzbereichen zugeordnet. Allerdings werden bei V4 weder die Handlungskompetenz,
noch die drei Teilkompetenzen näher erläutert oder definiert. Dadurch bleibt das Kompetenzverständ-
nis an dieser Stelle schwammig.
Ergebnisse
152
7.1.1.2 (a2) Formulierung kompetenzorientierter Ziele
Die Analyse verfolgt folgende Teilfragestellungen:
(a2) Sind die Ziele der Ausbildungsrahmen des DOSB kompetenzorientiert formuliert?
(a2) Sind die Ziele der Ausbildungskonzeptionen (MV) kompetenzorientiert formuliert?
(a2) Welche Passungen und Differenzen zwischen den Ausbildungsrahmen des DOSB und den Aus-
bildungskonzeptionen (MV) liegen hinsichtlich der Formulierung kompetenzorientierter Ziele
vor?
Dazu wurden alle formulierten Ziele nach vorgegebenen Kriterien (Kap. 3.4) in eine Rangordnung ge-
bracht, die die Qualität der Formulierung abbildet. Ein korrekt kompetenzorientiertes Ziel enthält eine
Inhalts- sowie eine aktive Handlungskomponente, orientiert sich am Outcome der Lernenden und ist
eindeutig dem Wissens- oder Könnens-Bereich zuzuordnen (z.B. „Die Teilnehmer erläutern [Outcome,
aktive Handlungskomponente im Bereich Wissen] die Grundtechniken der Sportart [Inhaltskompo-
nente]“). Wie in der Methodik (Kap. 6.3.3) beschrieben, verfolgt die Prüfung der Formulierungsqualität
zwei Ziele: Zum einen ist das Einhalten der Kriterien zur Formulierung kompetenzorientierter Ziele ein
Qualitätsindikator für eine stringente kompetenzorientierte Ausbildungskonzeption, zum anderen
zeigt die (Nicht-)Berücksichtigung einzelner Kriterien einen einhergehenden Interpretationsspielraum
der Ziele an. D.h. bei sinkender Formulierungsqualität steigt der Interpretationsspielraum der Ziele,
was zu Schwierigkeiten bei der weiteren Analyse führt. Aus diesem Grund wurden Rangordnungen
gebildet (vgl. Tab. 23 linke Spalte). Die Ziele der Rangordnung 1a entsprechen allen angelegten Krite-
rien und sind daher korrekt kompetenzorientiert formuliert. Ziele der Rangordnungen 1b, 1I sowie 2
entsprechen nicht allen Kriterien, konnten nach einer Aufbereitung jedoch der weiteren Analyse zu-
gänglich gemacht werden. Die Ziele der Rangordnung 3/4 wurden auf Grund der Nichtbeachtung der
Kriterien und einem dementsprechend hohen Interpretationsspielraum von der weiteren Analyse aus-
geschlossen.
Analyse der Ausbildungsrahmen des DOSB
Die Ziele der RRL vom Trainer-C bis A liegen durchgehend auf der höchsten Rangordnung 1a, sind also
– im Sinne der festgelegten Kriterien – durchgängig korrekt kompetenzorientiert formuliert (Bsp. s.o.).
Tab. 23: Formulierungsqualität der Ziele der RRL
Rangordnung C-Lizenz B-Lizenz A-Lizenz
1a – entspricht allen Kriterien 17 18 19
1b – entspricht weitgehend den Kriterien 0 0 0
1I – input-orientiert formuliert 0 0 0
2 – entspricht noch den Kriterien 0 0 0
3/4 – ausgeschlossen 0 0 0
Die Analyse des Kompetenzverständnisses der ta-Dokumente (vgl. 7.1.1.1) hat bereits gezeigt, dass die
einzelnen Dokumente der Trainerakademie unterschiedlich geprägt sind. Dieses Ergebnis spiegelt sich
auch in der Analyse der Zielformulierungen wider. Während die Ziele des Kompetenzportfolios, als
jüngstes Dokument der ta, durchgehend allen angelegten Kriterien zur Formulierung kompetenzorien-
tierter Ziele entsprechen (Rangordnung 1a), zeigen die übrigen analysierten Dokumente ein anderes
Bild. Sowohl die nahezu identischen übergreifenden Ziele der Studien- und Prüfungsordnung und des
Ergebnisse
153
Curriculums als auch die sportartspezifischen Ziele des Curriculums sind weitestgehend input-orientiert
formuliert (Rangordnung 1I; vgl. Tab. 24), bspw.:
„Die sportartspezifische Ausbildung hat das Ziel, den Studierenden – aufbauend auf den erworbenen Grundla-
gen – grundlegende und spezielle Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten der Spezialsportart zu vermitteln,
die auf die Haupttätigkeiten und auf die Ausprägung der Berufsmotivation für eine erfolgreiche Tätigkeit als
Trainer im Leistungssport ausgerichtet sind“ (Trainerakademie Köln, 2004, S. 55).
Tab. 24: Formulierungsqualität der Ziele der ta
Rangordnung Kompetenz-
portfolio Studien- und Prü-
fungsordnung Curriculum: allgemein
Curriculum: sport-artspezifisch
1a – entspricht allen Krite-rien
8 0 0 1
1b – entspricht weitge-hend den Kriterien
0 0 0 0
1I – input-orientiert for-muliert
0 5 6 3
2 – entspricht noch den Kriterien
0 0 0 0
3/4 – ausgeschlossen 0 0 0 0
Passungen und Differenzen zwischen Ausbildungsrahmen des DOSB und MV
In den Ausbildungskonzeptionen der vier MV wurden 447 Ziele formuliert. Insgesamt ist die Formulie-
rungsqualität der Ziele in allen Mitgliedsverbänden unter denen des DOSB (vgl. Kap. 6.3.3.2; Tab. 25).
Zunächst gibt es folgende verbandsübergreifende Passungen über die Zuordnung der Ziele zur Rang-
ordnung 1a:
186 Ziele (41%) der MV sind, wie die Ziele der RRL, der höchsten Rangordnung 1a zugeordnet, z.B.:
• „Er/sie kennt die Inhalte der Rahmentrainingspläne des DSV und kann diese darstellen“.
• „Er/ Sie gestaltet ein systematisches leistungssportliches Training im Judo bis zur individuel-
len Höchstleistung“.
• „Die TN nennen die Kriterien des Kletterscheins outdoor“.
Folgende Differenzen im Sinne der Abweichung der Formulierungsqualität von der Rangordnung 1a
liegen vor:
83 Ziele (19%) sind der Rangordnung 1b zugeordnet, z.B.:
• „Kennen und Berücksichtigen der Grundregeln der Kommunikation, der entwicklungsgemä-
ßen Besonderheiten speziell bei Kindern und Jugendlichen“.
• „Verantwortung übernehmen, Möglichkeiten der Mitarbeit, Mitbestimmung und Mitverant-
wortung kennenlernen“.
• „Der Trainer A soll in der Lage sein eine leistungsorientierte Mannschaft über einen längeren
Zeitraum zu führen und ein Trainingskonzept für den Verein zu erstellen“.
12 Ziele (3%) sind der Rangordnung 1I zugeordnet, z.B.:
• „Die Qualifizierung zum Trainer A beinhaltet Gestaltung des systematischen Trainings bis zur
individuellen Höchstleistung“.
73 Ziele (16%) sind der Rangordnung 2 zugeordnet, z.B.:
Ergebnisse
154
• „Führung von Trainingsgruppen“.
• „Planung mehrerer Trainingseinheiten (eine Woche bis einen Monat)“.
93 Ziele (21%) sind der Rangordnung 3/4 zugeordnet und wurden daher aus der weiteren Analyse aus-
geschlossen, z.B.:
• „Neben der Gestaltung von Training und der Betreuung von Wettkämpfen unter leistungs-
sportlichen Gesichtspunkten wird insbesondere das Training in Verbands- oder Bundesstütz-
punkten und deren jeweiligen Mannschaften vermittelt“.
• „Korrekturmaßnahmen können ergriffen und sportartübergreifendes Technik-Training durch-
geführt werden“.
• „Trainingsformen für die Entwicklung konditioneller Fähigkeiten“.
• „Die TN beschreiben den Kursablauf“.
Tab. 25: Formulierungsqualität der Ziele der MV
Rangordnung gesamt % V1 V2 V3 V4
1a – entspricht allen Kriterien 186 41% 2 59 0 125
1b – entspricht weitgehend den Kriterien 83 19% 11 51 21 0
1I – input-orientiert formuliert 12 3% 12 0 0 0
2 – entspricht noch den Kriterien 73 16% 1 18 54 0
3/4 – ausgeschlossen 93 21% 7 16 63 7
Wie die Tab. 25 bereits zeigt, zeigen sich dabei auch deutliche verbandsspezifische Unterschiede, die
nachfolgend erläutert werden:
Verbandsspezifische Ergebnisse
V1 weist im Vergleich zu den RRL eine deutlich niedrigere Formulierungsqualität sowie eine stärker
ausgeprägte Input-Orientierung der Ziele auf. V1 formuliert insgesamt 33 Ziele für den Trainer Leis-
tungssport. Die Anzahl der Ziele ist damit sehr gering. Sieben Ziele (21%) davon wurden vor der Aus-
wertung auf Grund ihrer Formulierungsqualität ausgeschlossen. Die übrigen 26 Ziele wurden überwie-
gend den Rangordnungen 1I und 1b zugeordnet. D.h., dass die Ziele überwiegend input-orientiert for-
muliert sind (1I) und nur in Teilen den Kriterien der Kompetenzorientierung entsprechen. Bspw.: „Da-
bei werden sowohl nationale als auch internationale Leistungskriterien erarbeitet“54. Solche Ziele ent-
sprechen zwar nicht dem Kriterium der Outcome-Orientierung, enthalten jedoch genügend Informati-
onen, so dass der Interpretationsspielraum relativ gering bleibt und die Ziele nach einer formalen Um-
formulierung der weiteren Auswertung zugeführt werden konnten.
V2 weist eine ähnlich hohe Formulierungsqualität der Ziele auf, wie die RRL. Es wurden insgesamt 134
Ziele für den Trainer Leistungssport formuliert. 16 Ziele wurden vor der Auswertung ausgeschlossen
(Rangordnung 3/4). Die Formulierungsqualität der übrigen 118 Ziele ist insgesamt gut. 59 Ziele wurden
der Rangordnung 1a, 51 Ziele der Rangordnung 1b und 18 Ziele der Rangordnung 2 zugeordnet (Tab.
25).
54 Aus Gründen der Anonymität werden hier und im Folgenden bei der Ergebnisdarstellung einzelner Verbände
nur solche Beispiele gewählt, die die Anonymität der Verbände bewahrt. Aus diesem Grund werden auch im
Anhang nicht alle Zielzuordnungen der einzelnen Verbände dargestellt. Bei verbandsübergreifenden Darstellun-
gen ist dies nicht notwendig.
Ergebnisse
155
V3 weist im Vergleich zu den RRL eine deutlich niedrigere Formulierungsqualität der Ziele auf. Es wur-
den insgesamt 148 Ziele für den Trainer Leistungssport formuliert. 63 Ziele (43%) davon wurden vor
der Auswertung ausgeschlossen (Rangordnung 3/4). Von den übrigen 85 Zielen wurden 21 in die Rang-
ordnung 1b und 54 der Rangordnung 2 zugeordnet. Die Formulierungsqualität der Ziele ist somit im
Vergleich zu den RRL sowie den anderen Mitgliedsverbänden als eher gering einzuschätzen (vgl. Tab.
25).
V4 weist eine fast ebenso hohe Formulierungsqualität der Ziele auf, wie die RRL. 125 Ziele wurden der
Rangordnung 1a zugeordnet und sind damit – im Sinne der angelegten Kriterien - korrekt kompetenz-
orientiert formuliert (Tab. 25). Der Interpretationsspielraum der formulierten Ziele bleibt dadurch mi-
nimal. Nur sieben Ziele wurden auf Grund ihrer Formulierungsqualität ausgeschlossen.
Systematische Unterschiede in der Formulierungsqualität zwischen einzelnen Lizenzstufen liegen nicht
vor. Bei V2 und V3 wurden allerdings vermehrt Ziele der Kompetenzkategorie MVK ausgeschlossen, da
hier besonders häufig auf (aktive) Verben verzichtet wurde. Dies wird durch folgende Beispiele belegt:
• „Pädagogisches Grundwissen zur Planung, Organisation, Durchführung und Auswertung von
Trainingseinheiten“.
• „Basisrüstzeug von Lehr-, Lern- und Trainingsmethoden im Grundlagentraining“.
• „Fehleranalyse und –korrektur“.
• „Spiel- und Übungsformen zur Entwicklung und Schulung sowohl koordinativer als auch kon-
ditioneller Fähigkeiten“.
Die oberen beiden Ziele sind in sehr ähnlicher Form auch in den RRL zu finden, jedoch wird in der hier
dargestellten Form lediglich ein Inhalt beschrieben. Selbiges gilt für die beiden unteren Ziele. Durch
das Fehlen eines Adressaten (z.B. Lernende) fehlt zum einen die Outcome-Orientierung, zum anderen
bleibt insgesamt unklar, wer gemeint ist. Darüber hinaus wird durch das Auslassen eines Verbes auf
die Handlungskomponente verzichtet.
Nachfolgend werden die Ergebnisse der Kategorie (b) Ziele dargestellt.
(b) Ziele
Im Fokus der Analyse der Ziele auf Anspruchsebene stehen zunächst die formulierten Themenbereiche
innerhalb der drei Kompetenzkategorien PSK, FK und MVK. Es wird überprüft, welche Themenbereiche
in den RRL und den MV in den drei Kompetenzkategorien subsumiert werden und inwiefern es an
dieser Stelle zu Passungen und Differenzen zwischen den Ausbildungsrahmen des DOSB und den MV
kommt (b1; Kap. 7.1.2.1).
Anschließend wird die Zuordnung der Ziele zu den vier Kompetenzkategorien und acht Niveaustufen
des DQR (vgl. Kap. 3.5.3) analysiert. Es werden wiederholend die Zuordnungen der Ausbildungsansprü-
che des DOSB dargestellt sowie die ermittelten Zuordnungen der MV. Die Ergebnisse werden tabella-
risch dargestellt und auf Passungen und Differenzen geprüft (b2).
Darüber hinaus wird geprüft, inwiefern eine Übertragung der DQR-Niveaustufen auf die RRL-Kompe-
tenzkategorien möglich ist und wie sich die Niveaustufen dadurch ändern (b3).
7.1.2.1 (b1) Themenbereiche der drei Kompetenzkategorien PSK, FK, MVK
Die Analyse verfolgt folgende Teilfragestellungen:
(b1) Welche Themenbereiche werden in den einzelnen Kompetenzkategorien der RRL aufgeführt?
Ergebnisse
156
(b1) Welche Themenbereiche werden in den einzelnen Kompetenzkategorien der Ausbildungskon-
zeptionen (MV) aufgeführt?
(b1) Welche Passungen und Differenzen zwischen den RRL des DOSB und den Ausbildungskonzepti-
onen (MV) liegen hinsichtlich der Themenbereiche vor?
Dazu werden zunächst die Themen der RRL-Ziele von der C- bis zur A-Lizenz dargestellt und ausgewer-
tet. Wie in der Methodik beschrieben, liegen keine Ziele für den Diplom-Trainer vor, die eindeutig den
drei Kompetenzkategorien zugeordnet werden können. Daher werden an dieser Stelle keine Themen-
bereiche des Diplom-Trainers gesondert aufgeführt.
Im zweiten Schritt werden die Themenbereiche der MV anhand der drei Kompetenzkategorien PSK, FK
und MVK und differenziert nach Verbänden dargestellt. An dieser Stelle werden die Themenbereiche
für den Diplom-Trainer aus den MV berücksichtigt, da diese – anders als in den RRL und ta-Dokumen-
ten – den drei Kompetenzkategorien zugeordnet werden können (vgl. Kap. 6.3.5).
Analyse der RRL
In den RRL ist jedes Ziel der C- bis A-Lizenz unmittelbar einer der drei Teilkompetenzen zugeordnet.
Dadurch musste keine weitere Zuordnung vorgenommen werden. Nachfolgend wird zunächst darge-
stellt, welche Themenbereiche in den Lizenzstufen C- bis A beschrieben werden.
In den RRL sind insgesamt 31 Themenbereiche55 für den Trainer-Leistungssport formuliert. Deren Ver-
teilung auf die drei Lizenzstufen und Kompetenzkategorien zeigt ein breites und ausdifferenziertes Bild
der einzelnen Kompetenzkategorien (Tab. 26). Dabei gibt es in den Kompetenzkategorien PSK (14 The-
men) und FK (11 Themen) ähnlich viele Themenbereiche. Im Bereich MVK hingegen liegen weniger
Themenbereiche vor (6 Themen). Weiterhin liegen Unterschiede in der Hinsicht vor, dass einige The-
menbereiche in zwei oder drei Lizenzstufen formuliert werden, andere hingegen nur einmalig genannt
werden.
Im Bereich PSK werden über die drei Lizenzstufen 21 Ziele zu 14 unterschiedlichen Themenbereichen
formuliert, von denen zwei (Verantwortung für Persönlichkeitsentwicklung: Beachtung bildungspoliti-
scher Ziele und Ehrenkodex) in allen drei Lizenzstufen genannt werden. Drei weitere Themenbereiche
werden jeweils in der A- und B-Lizenz genannt (z.B. Motivierung). Neun weitere Themenbereiche wer-
den jeweils in einer Lizenzstufe genannt (z.B. Gruppenführung) (vgl. Tab. 26).
Im Bereich FK werden über die drei Lizenzstufen 22 Ziele zu elf unterschiedlichen Themenbereichen
formuliert, die jedoch häufiger in mehreren Lizenzstufen auftauchen, als im Bereich der PSK. Vier The-
menbereiche werden jeweils in allen drei Lizenzstufen genannt (z.B. Leistungssportstruktur und Ta-
lentförderung Vereinsebene). Drei weitere Themen werden in jeweils zwei Lizenzstufen genannt (z.B.
Grundtechniken). Die übrigen vier Themenbereiche werden jeweils in einer Lizenzstufe, vorrangig der
A-Lizenz, genannt (z.B. Leistungsdiagnostik in der Trainingssteuerung).
Im Bereich MVK werden über die drei Lizenzstufen elf Ziele zu sechs unterschiedlichen Themenberei-
chen formuliert. Davon werden zwei Themenbereiche in allen drei Lizenzstufen genannt (Basisrüstzeug
Methoden im Grundlagentraining, Ermöglichung von Informationsverarbeitung und Eigeninitiative).
Ein Themenbereich wird in zwei Lizenzstufen genannt (Pädagogisches Grundwissen über Trainingsein-
heiten). Die übrigen drei Themenbereiche werden jeweils in einer Lizenzstuf genannt (s.o.).
Darüber hinaus wurden zwei Auffälligkeiten identifiziert. Zum einen ist festzustellen, dass das Thema
Motivation in zwei unterschiedlichen Kompetenzkategorien zum Tragen kommt; einmal als Motivie-
rung von Sportlern im Bereich PSK und einmal bei der Organisation von motivierenden Angeboten im
55 aus 59 formulierten Zielen
Ergebnisse
157
Bereich FK. Diese thematische Überschneidung erschwert eine klare Abgrenzung. Zum anderen zeigt
sich, dass die unterschiedlichen Themenbereiche und dahinterstehenden Ziele unterschiedlich um-
fänglich und konkretisiert sind. Bspw. sind Themen, wie Gruppenführung oder konditionelle und koor-
dinative Grundlagen klarer umrissen, als Themenbereiche, wie Berücksichtigung und persönlichkeits-
fördernde Nutzung von Sozialfaktoren. Solche Themen umfassen ein verhältnismäßig breites Spektrum
und daraus resultierende Handlungen sind schwieriger voneinander abzugrenzen. Dabei fällt auf, dass
in der C-Lizenz verhältnismäßig mehr konkrete Themen (z.B. Gruppenführung) und weniger breite, abs-
trakte (z.B. persönlichkeitsfördernde Nutzung von Sozialfaktoren) Themenbereiche angelegt sind, als
in der B- und A-Lizenz.
Ergebnisse
158
Tab. 26: Themenbereiche der RRL von der C- bis zur A-Lizenz
Themen C-
Lizenz B-
Lizenz A-
Lizenz
Persönliche- und sozialkommunikative Kompetenz (PSK)
Verantwortung für Persönlichkeitsentwicklung: Beachtung bildungspolitischer Ziele
x x x
Ehrenkodex x x x
Motivierung x x
Berücksichtigung persönlichkeitsfördernde Nutzung von Sozialfaktoren x x
Selbstständige Organisation von Aus-/Fort-/Weiterbildung x x
Gruppenführung x
Grundregeln der Kommunikation x
Berücksichtigung der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen x
Geschlechtsspezifische Interessendifferenzierung x
Förderung/Erhaltung der Sportlergesundheit x
Berücksichtigung der Besonderheiten spezieller Leistungsgruppen x
Berücksichtigung der Entwicklung vom Jugend- ins Erwachsenenalter x
Zusammenarbeit mit Spezialisten und Funktionären x
Lehrarbeit im Spitzenverband x
Summe PSK: 14 6 7 8
Fachkompetenz (FK)
Leistungssportstruktur und Talentförderung Vereinsebene x x x
Umsetzung der Rahmenkonzeption/Rahmentrainingspläne Grundlagentraining x x x
Organisation von leistungsorientiertem Training und Wettkampf-vorbereitung und -betreuung
x x x
Motivierendes Angebot x x x
Grundtechniken x x
Kenntnis und Nutzen von Fördersystemen x x
Strukturelle Grundkenntnisse x x
Kenntnis und Berücksichtigung konditioneller und koordinativer Voraussetzun-gen
x
Leistungsdiagnostik in der Trainingssteuerung x
Beiträge zu Rahmentrainingsplänen x
Nationale und internationale Entwicklungen der Sportart x
Summe FK: 11 7 7 8
Methoden- und Vermittlungskompetenz (MVK)
Basisrüstzeug Methoden im Grundlagentraining x x x
Ermöglichung von Informationsverarbeitung und Eigeninitiativen x x x
Pädagogisches Grundwissen über Trainingseinheiten x x
Systematischer Einsatz von Trainingsinhalten und -methoden x
Grundprinzipien zielorientierten und systematischen Lernens x
Ableitung von Individual- und Gruppentrainingsplänen x
Summe MVK: 6 4 4 3
Ergebnisse
159
Passungen und Differenzen zwischen RRL und MV
Für einen Vergleich zwischen RRL und MV wurde zunächst analysiert, welche Themenbereiche in den
MV in den drei Kompetenzkategorien PSK, FK und MVK genannt werden56. Im Rahmen der Diffe-
renzanalyse wurde dann überprüft, ob die MV mit ihren Zielen die gleichen Themen (z.B. Grundregeln
der Kommunikation) aufgreifen, wie die RRL und welche Themenbereiche sie darüber hinaus formu-
lieren. So wird einerseits die prozentuale Passung (wieviel % der RRL-Themen werden in den MV ge-
nannt?) pro Verband und Kompetenzkategorie herausgestellt und anderseits werden Differenzen an
den Stellen aufgedeckt, an denen die MV weitere Themenbereiche formulieren.
Nachfolgend werden zuerst verbandsübergreifende Ergebnisse hinsichtlich der Themenbereiche dar-
gestellt. Anschließend werden Passungen und Differenzen der einzelnen Verbände aufgezeigt.
Analog zur Tab. 26 stellt die Tab. 27 dar, welche Themenbereiche der RRL in den einzelnen MV aufge-
griffen (x) und welche Themenbereiche in den MV darüber hinaus genannt werden, die es nicht in den
RRL gibt (fettgedruckt).
Tab. 27: Themenbereiche der MV; x = Themenbereich kommt vor; * = Themenbereich kommt in ausgeschlos-
senem Ziel (Formulierungsqualität) vor; fettgedruckt = Ziel gibt es nicht in RRL
Themen V1 V2 V3 V4
Persönliche- und sozialkommunikative Kompetenz (PSK)
Verantwortung für Persönlichkeitsentwicklung: Beachtung bildungspolitischer Ziele
x x
Ehrenkodex x x
Motivierung x x
Berücksichtigung persönlichkeitsfördernde Nut-zung von Sozialfaktoren
x x x
Selbstständige Organisation von Aus-/Fort-/Wei-terbildung
x
Gruppenführung x x x
Grundregeln der Kommunikation x x x
Berücksichtigung der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen
x x x x
Geschlechtsspez. Interessendifferenzierung x
Förderung/Erhaltung der Sportlergesundheit x x
Berücksichtigung der Besonderheiten spezieller Leistungsgruppen
x x
Berücksichtigung der Entwicklung vom Jugend- ins Erwachsenenalter
x
Zus.-arbeit mit Spezialisten und Funktionären x x
Lehrarbeit im Spitzenverband x x
Selbstreflexion x x x
Zus.-arbeit mit Eltern und Trainingsgruppen x
56 In Fällen, in denen ein MV seine Ziele nicht anhand der drei Teilkompetenzen strukturiert hat, wurden die Ziele
anhand der Kategoriendefinition vom Forscher zugeordnet. Da ein Ziel u.U. auch mehrere Themenbereiche um-
fassen kann, kann es auch mehreren Kompetenzkategorien zugeordnet werden. Durch solche vereinzelten Dop-
pelzuordnungen liegen mehr Zuordnungen zu Themenbereichen, als Ziele vor (vgl. Methodik – Kap. 6.3.4).
Ergebnisse
160
Themen V1 V2 V3 V4
Feedback x
Trainer-Athlet-Beziehung/Athletenbetreuung x
Mentales Training/Psychohygiene x
Eigenmotivation x
Summe PSK: 20
Fachkompetenz (FK)
Leistungssportstruktur und Talentförderung Ver-einsebene
x x x
Umsetzung der Rahmenkonzeption/Rahmentrai-ningspläne Grundlagentraining
x x
Organisation von leistungsorientiertem Training und Wettkampfvorbereitung und -betreuung
x x x x
Motivierendes Angebot x
Grundtechniken x x x
Kenntnis und Nutzen von Fördersystemen x x *
Strukturelle Grundkenntnisse x x x
Kenntnis und Berücksichtigung konditioneller und koordinativer Voraussetzungen
x x x
Leistungsdiagnostik in der Trainingssteuerung x x
Beiträge zu Rahmentrainingsplänen *
Nationale und intern. Entwicklungen der Sportart x x x
Eigene technische Demonstrationsfähigkeit x x
Erste Hilfe/Ablauf in Krisensituationen x x
Sicherheits- und Rechtsfragen x x
Anti-Doping-Kampf x
Anatomie x
Ernährung x
Finanzierung x
Trainerleitbild/Aufgaben eines Trainers x
Talentbegriff x
Sportsponsoring Diplom
Planung von Großveranstaltungen x
Summe FK: 21
Methoden- und Vermittlungskompetenz (MVK)
Basisrüstzeug Methoden im Grundlagentraining x x x x
Ermöglichung von Informationsverarbeitung und Eigeninitiativen
*
Päd. Grundwissen über Trainingseinheiten x x x x
Syst. Einsatz von Trainingsinhalten / -methoden x x *
Grundprinzipien zielorientierten und systemati-schen Lernens
* *
Abl. von Individual- und Gruppentrainingsplänen x
Summe MVK: 6
Ergebnisse
161
Zunächst ist festzustellen, dass alle Themenbereiche der RRL in mindestens einem Verband genannt
werden. Vier Themenbereiche werden von allen vier Verbänden aufgegriffen, davon einer im Bereich
PSK (Berücksichtigung der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen), einer im Bereich FK (Organisa-
tion von leistungsorientiertem Training und Wettkampf-vorbereitung und -betreuung) und zwei im Be-
reich MVK (z.B. Basisrüstzeug Methoden im Grundlagentraining).
20 Themenbereiche werden von zwei bzw. drei Verbänden aufgegriffen, davon zehn im Bereich PSK
(z.B. Gruppenführung), acht im Bereich FK (z.B. Grundtechniken) und zwei im Bereich MVK (z.B. Syste-
matischer Einsatz von Trainingsinhalten und -methoden).
Sieben Themenbereiche werden von jeweils einem Verband aufgegriffen, davon drei im Bereich PSK
(z.B. Geschlechtsspezifische Interessendifferenzierung), zwei im Bereich FK (z.B. Motivierendes Ange-
bot) und zwei im Bereich MVK (z.B. Ableitung von Individual- und Gruppentrainingsplänen).
Damit liegen relativ gesehen die meisten Themenbereiche, die von allen vier Verbänden aufgegriffen
werden, im Bereich MVK (zwei von sechs). Wiederum werden in diesem Bereich auch zwei von sechs
Zielen von lediglich einem Verband genannt.
Auffällig ist an dieser Stelle, dass die Themen (Organisation von leistungsorientiertem Training und
Wettkampfvorbereitung und -betreuung [FK], Pädagogisches Grundwissen über Trainingseinheiten
[MVK] sowie Basisrüstzeug Methoden im Grundlagentraining [MVK]), die von allen Verbänden aufge-
griffen werden, einerseits relativ umfassend angelegt sind und andererseits den unmittelbaren Trai-
ningsalltag umreißen.
Weiterhin sind Differenzen in der Form festzustellen, dass die MV in ihren Zielen Themenbereiche for-
mulieren, die nicht in den RRL aufgeführt sind. 34% (N = 152) aller formulierten Ziele (N = 447) der MV
bilden weitere Themenbereiche ab, die über die der RLL hinausgehen. Diese sind zwar den drei Kom-
petenzkategorien PSK, FK und MVK zuzuordnen, aber nicht den Themenbereichen der RRL (Tab. 27).
16 Themenbereiche werden erweitert, davon sechs im Bereich PSK und zehn im Bereich FK. Dadurch,
dass die Ziele der RRL im Bereich MVK relativ breit angelegt sind, wurden verhältnismäßig viele kon-
krete Ziele der MV diesen übergreifenden Zielen der RRL zugeordnet. Folgende Themenbereiche der
MV gehen über die Themenbereiche der RRL hinaus:
• Selbstreflexion (PSK), z.B.: „Er/sie kann die eigene Vereinsarbeit reflektieren“
• Zusammenarbeit mit Eltern und anderen Trainingsgruppen (PSK), z.B. „Er/sie arbeitet mit
den Eltern zusammen“
• Feedback (PSK), z.B.: „Die TN nehmen FB an und geben konstruktives Feedback“
• Trainer-Athlet-Beziehung/Athletenbetreuung (PSK), z.B. „Die TN betreuen in angemessenem
Umfang Athleten eigenverantwortlich“
• Mentales Training/Psychohygiene (PSK), z.B. „Psychohygiene“
• Eigenmotivation (PSK), z.B. Er/ sie erhält die Eigenmotivation zum Lehren und Lernen“
• Eigene technische Demonstrationsfähigkeit (FK), z.B.: „Er/sie kann die Techniken57 demonst-
rieren, auf der Grundlage der Rahmentrainingspläne beschreiben und auftretende Fehler
analysieren und korrigieren“
• Erste Hilfe/Ablauf in Krisensituationen (FK), z.B. „Die TN beschreiben den Ablauf bei Krisensi-
tuationen (Unfällen)“
• Sicherheits- und Rechtsfragen (FK), z.B. „Er/sie kennt aktuelle Rechtspositionen und berück-
sichtigt diese in seinem Tätigkeitsfeld“
• Anti-Doping-Kampf (FK), z.B.: „Er/sie kennt die Ansprechpartner bei Fragestellungen im Anti-
doping-Kampf“
57 anonymisiert
Ergebnisse
162
• Anatomie (FK), z.B. „Er/sie kennt wichtige anatonmische Strukturen des menschlichen Kör-
pers und kann diese aufzeigen“
• Ernährung (FK), z.B. „Er/sie kennt das Ernährungsverhalten von Sportlern und kann dieses
positiv beeinflussen und steuern“
• Finanzierung (FK), z.B. „Finanzierung unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten“
• Trainerleitbild/Aufgaben eines Trainers (FK), z.B. „Die TN kennen die Aufgabenfelder eines
Trainers“
• Talentbegriff (FK), z.B. „Die TN erläutern den Talentbegriff“
• Planung von Großveranstaltungen (FK), z.B. „Er/sie plant Großveranstaltungen, übernimmt
Verwaltungsaufgaben in Verein und Verband, kennt und nutzt Finanzierungsmöglichkeiten,
setzt Organisations- und Managementtechniken ein“
• Sportsponsoring (FK), z.B. „Er/sie kann Athlet/-innen in Fragen des Sportsponsorings beraten
und kennt die Bedingungen zur Vermarktung von Sportler/-innen sowie von Veranstaltun-
gen“
Darüber hinaus wurden im Rahmen der Analyse vereinzelte und unsystematische Auffälligkeiten fest-
gestellt, die an dieser Stelle ergänzend genannt werden: Zunächst zeigt sich, dass der Aspekt Coaching
bzw. Gruppenführung in den RRL explizit nur in der C-Lizenz genannt wird (s.o.), in den MV hingegen
in unterschiedlichen Lizenzstufen mehrfach aufgeführt wird, z.B. V1, A-Lizenz: „Er/ Sie betreut Athleten
auf Wettkämpfer unter leistungssportlichen Gesichtspunkten“.
Weiterhin fällt auf, dass fachwissenschaftliche Themen, wie Sicherheitsaspekte, Rechtsaspekte, Ana-
tomie, Ernährung oder Medien in den RRL explizit kaum vorkommen, in den Verbänden aber ebenfalls
an verschiedene Stellen genannt werden (s.o.).
Nachdem nun die Ergebnisse der MV verbandsübergreifend skizziert wurden, werden nachfolgend
konkrete Passungen und Differenzen auf Verbands- und Kompetenzkategorie-Ebene dargestellt.
Verbandsspezifische Ergebnisse
V1 deckt thematisch 8 der 31 Themenbereiche der RRL ab (26%) (Tab. 28). Das bedeutet, dass es z.B.
im Bereich PSK zu zwei der 14 Themenbereiche der RRL (14%) mindestens ein Ziel mit entsprechendem
Themenbereich von V1 gibt. Es werden keine Themenbereiche genannt, die über die RRL hinausgehen.
Tab. 28: Zuordnung der Ziele und Themenbereiche von V2 zu den Themenbereichen der RRL
Anzahl… Gesamt PSK FK MVK
…der abgedeckten RRL Themenbereiche 8/31 (26%) 2/14 (14%) 3/11 (3%) 3/6 (50%)
…der Themen, die über die RRL hinausgehen 0 0 0 0
V2 deckt thematisch alle 31 Themenbereiche der RRL ab (100%) (Tab. 29). Das bedeutet, dass es z.B.
im Bereich PSK zu 14 der 14 Themenbereiche der RRL mindestens eine passende Zuordnung durch ein
Ziel von V2 gibt. Acht Ziele von V2 enthalten Themenbereiche, die über die der RRL hinausgehen. Diese
sind überwiegend den Kategorie FK zugeordnet, bspw. Anti-Doping oder Eigene technische Demonst-
rationsfähigkeit.
Tab. 29: Zuordnung der Ziele und Themenbereiche von V2 zu den Themenbereichen der RRL
Anzahl… Gesamt PSK FK MVK
…der abgedeckten RRL Themenbereiche 31/31 (100%) 14/14 (100%) 11/11 (100%) 6/6 (100%)
…der Themen, die über die RRL hinausgehen 8 1 7 0
Ergebnisse
163
V3 deckt thematisch 21 der 31 Themenbereiche der RRL ab (68%) (Tab. 30). Das bedeutet, dass es z.B.
im Bereich PSK zu acht der 14 Themenbereiche der RRL (57%) mindestens ein Ziel mit entsprechendem
Themenbereich von V3 gibt. Es werden sechs Themenbereiche genannt, die über die RRL hinausgehen.
Diese sind überwiegend der Kategorie PSK zugeordnet, bspw. Zusammenarbeit mit Eltern und anderen
Trainingsgruppen.
Tab. 30: Zuordnung der Ziele und Themenbereiche von V3 zu den Themenbereichen der RRL
Anzahl… Gesamt PSK FK MVK
…der abgedeckten RRL Themenbereiche 21/31 (68%) 8/14 (57%) 9/11 (82%) 4/6 (67%)
…der Themen, die über die RRL hinausgehen 6 4 2 0
V4 deckt thematisch 13 der 31 Themenbereiche der RRL ab (42%) (Tab. 31). Das bedeutet, dass es z.B.
im Bereich PSK zu sechs der 14 Themenbereiche der RRL (43%) mindestens ein Ziel mit entsprechen-
dem Themenbereich von V4 gibt. Es werden acht Themenbereiche genannt, die über die RRL hinaus-
gehen. Diese sind den Kategorien FK und PSK zugeordnet, bspw. Selbstreflexion oder Eigene technische
Demonstrationsfähigkeit.
Tab. 31: Zuordnung der Ziele und Themenbereiche von V4 zu den Themenbereichen der RRL
Anzahl… Gesamt PSK FK MVK
…der abgedeckten RRL Themenbereiche 13/31 (42%) 6/14 (43%) 5/11 (45%) 2/6 (33%)
…der Themen, die über die RRL hinausgehen 8 3 5 0
7.1.2.2 (b2) DQR-Zuordnung
Die Analyse verfolgt folgende Teilfragestellungen:
(b2) In welchen DQR-Kompetenzkategorien und auf welchen Niveaustufen werden die Ausbildungs-
rahmen des DOSB zugeordnet?
(b2) In welchen DQR-Kompetenzkategorien und auf welchen Niveaustufen werden die Ziele der Aus-
bildungskonzeptionen (MV) zugeordnet?
(b2) Welche Passungen und Differenzen zwischen den Ausbildungsrahmen des DOSB und den Aus-
bildungskonzeptionen (MV) liegen hinsichtlich der DQR-Zuordnung vor?
Analyse der Ausbildungsrahmen des DOSB
Die Zuordnung der DOSB-Ziele zum DQR wurde im Rahmen der Expertisen (Sygusch et al., 2013a; Sygu-
sch & Liebl, 2012) bereits vorgenommen und in Kap. 3.5.3 beschrieben. Zur besseren Gegenüberstel-
lung wird das Ergebnis der Zuordnung hier nur nochmals tabellarisch dargestellt (Tab. 32).
Tab. 32: DQR-Anspruchsniveau der Ziele der RRL
Lizenzstufe Gesamt Wissen Fertigkeiten Sozialkompetenz Selbstständigkeit
Diplom (ta) 6,3 6,3 6,4 6,3 6,3
A-Lizenz 5,0 4,1 4,6 6,5 5,0
B-Lizenz 4,7 4,1 4,2 6,0 4,3
C-Lizenz 4,1 3,2 3,4 4,8 5,0
Gesamt 5,0 4,4 4,7 5,9 5,2
Ergebnisse
164
Passungen und Differenzen zwischen Ausbildungsrahmen des DOSB und MV
Die Niveaustufen der Ausbildungskonzeptionen (MV) (Tab. 33) reichen auf der acht-stufigen DQR-Skala
von 2,9 (C-Lizenz V4) bis 7,0 (Diplom-Trainer V1) und liegen somit im DQR-Spektrum zwischen „noch
überschaubaren und zum Teil offen strukturierten Lernbereich oder beruflichen Tätigkeitsfeld“ (DQR
Stufe 3), z.B.:
Er/sie kennt die Inhalte der Rahmentrainingspläne des DSV und kann diese darstellen“ (Ziel
„Er/sie kennt die Inhalte der Rahmentrainingspläne des V2 und kann diese darstellen“ (V2, Zuordnung zu Wissen
3).
hin zur Master-Abschluss vergleichbaren Ebene (DQR Stufe 7), z.B.:
„Er/ Sie erstellt eine systematische Analyse der Sportart und bewertet diese. Er betreibt Forschung und arbeitet
aufgrund seiner Spezialisierung im hauptberuflichen Trainergeschäft“ (V1, Zuordnung zu Fertigkeiten 7).
Die meisten Niveaustufenwerte bewegen sich zwischen den Stufen 3 und 6 (Bachelor-Ebene) und sind
damit durchaus als anspruchsvoll zu bezeichnen.
Die Niveaustufenzuordnung der Ausbildungskonzeptionen (MV) in die Kompetenzkategorien des DQR
(Tab. 33) zeigt, dass insbesondere die Niveaustufen der Kategorie Sozialkompetenz (Team/Führungs-
fähigkeit, Mitgestaltung und Kommunikation), mit Ausnahme von V3, deutlich höher sind, als in den
drei anderen Kompetenzkategorien (MW 4,7 – 6,0). Die Kategorie Selbstständigkeit (Eigenständig-
keit/Verantwortung, Reflexivität und Lernkompetenz) weist die zweithöchsten Niveaustufen auf (MW
4,6 – 5,1), gefolgt von Fertigkeiten (Instrumentale und systemische Fertigkeiten, Beurteilungsfähigkeit)
(MW 4,1 – 5,1). Die niedrigsten Niveaustufen liegen bei allen Verbänden in der Kategorie Wissen (Tiefe
und Breite) vor (MW 3,5 – 4,1). Das zeigt, dass die Ziele zu den personalen Kompetenzen (Sozialkom-
petenz und Selbstständigkeit) insgesamt anspruchsvoller eingestuft werden, als die Ziele zu den fach-
lichen Kompetenzen (Wissen und Fertigkeiten).
Folgende Passungen zu den RRL liegen vor: Wie bei den RRL-Zielen, wurden auch die Ziele der MV in
den Kategorien Sozialkompetenz und Selbstständigkeit weitestgehend anspruchsvoller eingestuft, als
in den beiden Kategorien Wissen und Fertigkeiten. Ebenso bewegen sich die Niveaustufenzuordnun-
gen mit Werten zwischen 3 (C-Lizenz) und 7 (Diplom-Trainer) weitestgehend im gleichen Spektrum,
wie die Werte der RRL. Die einzelnen Niveaustufenzuordnungen (pro Verband und Lizenzstufe; Ge-
samt-MW nicht berücksichtigt) weisen im Vergleich zu den RRL 24 Passungen58 auf. Beispielsweise liegt
mit den Werten 4,3/4,3/4,1/4,5/4,5 (RRL/V1/V2/V3/V4) eine sehr hohe Passung in der B-Lizenz, Kate-
gorie Selbstständigkeit zwischen den RRL und allen vier MV vor. Ein Ziel eines MV, das Selbstständigkeit
4 zugeordnet wurde, lautet z.B.: „Er/sie kann sich mit Sport, sozialem Umfeld und Persönlichkeit des
Trainerberufs auseinandersetzen“.
Darüber hinaus besteht in den MV, wie bei den RRL, weitestgehend eine Progression der Niveaustufen
von der C-Lizenz bis zum Diplom-Trainer. Beispielsweise findet in der Kategorie Wissen bei V2 eine
vollständige Progression von der C-Lizenz mit 3,3, über die B-Lizenz mit 3,7, der A-Lizenz mit 4,3 hin
zum Diplom-Trainer mit 4,9 statt.
Folgende Differenzen zu den RRL liegen vor: Die einzelnen Niveaustufenzuordnungen (pro Verband
und Lizenzstufe; Gesamt-MW nicht berücksichtigt) weisen im Vergleich zu den RRL 31 Differenzen auf
und zeigen somit sieben Differenzen mehr, als Passungen. Dabei kommen drei Differenzen zu Stande,
weil im entsprechenden Verband und Lizenzstufe kein Ziel zugeordnet werden konnte (vgl. Tab. 33:
k.A.). Bei sieben Differenzen ist die Zuordnung der Verbände höher, als in den RRL, bei 21 niedriger.
58Als Passungen wurden Zuordnungen festgelegt, dessen Abweichung < 0,5 Niveaustufen sind. Differenzen wur-
den festgelegt, wenn die Abweichung ≥ 0,5 Niveaustufen beträgt. Die Differenzen sind in Tab. 33 fett gedruckt.
Ergebnisse
165
Differenzen liegen in allen vier Kompetenzbereichen vor, die meisten im Bereich Sozialkompetenz (drei
Passungen vs. zehn Differenzen). Beispielsweise liegt der Wert von V1 B-Lizenz im Bereich Sozialkom-
petenz mit Niveaustufe 4,0, 2 Niveaustufen unter dem Wert der RRL. Ein entsprechendes Ziel lautet:
„Er/ Sie hilft im Bezirks- und Verbandstraining oder vermittelt selbständig Inhalte“.
Differenzen liegen auch auf allen Lizenzstufen vor, die meisten beim Diplom-Trainer (eine Passung vs.
elf Differenzen) sowie bei allen Verbänden, die meisten beim V1 (zwei Passungen vs. 14 Differenzen).
Die größte Differenz zeigt sich beim V3 im Bereich Wissen beim Diplom-Trainer (2,8 Niveaustufen). So
lautet ein Ziel aus dem V3 Diplom-Trainer, das Wissen 3 zugeordnet wurde: „Er/Sie versteht den Rah-
mentrainingsplan des Verbandes59 – speziell für die Trainingsetappe Leistungs- und Hochleistungstrai-
ning“.
Hinsichtlich der Diplom-Trainer Zuordnung muss ergänzend jedoch erwähnt werden, dass die Werte
der ta-Dokumente die gesamte Diplom-Trainer Ausbildung umfassen. Die Werte der MV beschreiben
hingegen den sportartspezifischen Teil der Diplom-Trainer Ausbildung (vgl. Tab. 33).
Tab. 33: DQR-Anspruchsniveau der Ziele der Ausbildungskonzeptionen anhand der Teilkompetenzen der RRL;
RRL Ziele als Referenz und Abweichungen ≥ 0,5 Niveaustufen fett markiert; *SpArt = Sportartspezifisch
Lizenzstufe
Wissen Fertigkeiten Sozialkompetenz Selbstständigkeit
RRL V1 V2 V3 V4 RRL V1 V2 V3 V4 RRL V1 V2 V3 V4 RRL V1 V2 V3 V4
Diplom all-gemein
6,3
6,3
6,3
6,3
Diplom SpArt*
k.A. 4,9 3,5 7,0 4,9 4,4 k.A. 6,5 5,0 5,7 5,1 5,0
A-Lizenz 4,1 3,0 4,3 4,0 4,6 5,5 4,6 4,2 6,5 5,5 6,3 4,2 5,0 6,0 4,9 5,0
B-Lizenz 4,1 k.A. 3,7 3,3 3,3 4,2 5,0 3,8 3,9 3,7 6,0 4,0 5,5 5,2 3,7 4,3 4,3 4,1 4,5 4,5
C-Lizenz 3,2 4,0 3,3 3,0 2,9 3,4 3,0 3,2 3,8 3,3 4,8 6,0 5,5 4,5 3,3 5,0 4,5 4,3 3,8 3,5
Gesamt 4,4 3,5 4,1 3,5 -60 4,7 5,1 4,1 4,1 - 5,9 5,2 6,0 4,7 - 5,2 5,1 4,6 4,6 -
Da verbandsspezifische Unterschiede vorliegen, werden nachfolgend die Ergebnisse der einzelnen Ver-
bände separat dargestellt.
Verbandsspezifische Betrachtung
Die Zuordnung der Ziele von V1 zum DQR zeigt zunächst, dass es in drei Zellen (Kompetenzkategorie
einer Lizenzstufe) keine Niveaustufenzuordnung gibt. Dies ist auf die relativ geringe Anzahl an Zielen
zurückzuführen und führt an diesen Stellen automatisch zu Differenzen mit den Ausbildungsrahmen.
Die niedrige Anzahl der Ziele führt weiterhin dazu, dass die meisten Niveaustufenwerte auf nur weni-
gen Zuordnungen basieren. Dies kann schneller zu Abweichungen führen und muss bei der Bewertung
der Niveaustufenzuordnung berücksichtigt werden. Weiterhin liegt der Mittelwert aller Lizenzstufen
im Bereich Fertigkeiten mit 5,1 leicht über dem Wert der RRL (MW 4,7), die übrigen Mittelwerte liegen
moderat darunter (MW Wissen: 3,5 zu 4,4; MW Sozialkompetenz: 5,2 zu 5,9; MW Selbstständigkeit:
5,1 zu 5,2).
Darüber hinaus zeigen sich, wie in den RRL, höhere Niveaustufen in den personalen Kompetenzen (MW
5,2/5,1), als in den fachlichen Kompetenzen (MW 3,5/5,1). Beispielsweise wurde das Ziel: „Er/ Sie führt
59 anonymisiert 60 Kein MW gebildet, da dieser durch die Analyse nur der C- und B-Lizenz nicht vergleichbar ist.
Ergebnisse
166
eine leistungsorientierte Mannschaft über einen längeren Zeitraum“ Sozialkompetenz 6 zugeordnet.
Das Ziel: „Er/ Sie kennt spezifische Fragen des Leistungssports“ hingegen wurde Wissen 3 zugeordnet.
Beide Ziele stammen aus dem Trainer-A.
Insgesamt zeigt sich bei V1 eine vollständige Progression der Niveaustufen von der C-Lizenz bis zum
Diplom-Trainer nur in den fachlichen Kompetenzen. Keine vollständige Progression zeigt sich hingegen
bei den personalen Kompetenzen. Im Bereich Sozialkompetenz weist die C-Lizenz mit einer Niveau-
stufe von 6,0 den höchsten Wert auf. So liegt das Ziel „Er/ Sie leitet Gruppen im Spielbetrieb im Sport61“
auf Niveaustufe 6. Wo hingegen das Ziel der B-Lizenz „Er/ Sie hilft im Bezirks- und Verbandstraining
oder vermittelt selbständig Inhalte“ auf Niveaustufe 4 liegt. Ähnliches gilt für den Bereich der Selbst-
ständigkeit. Hier ist der Wert der A-Lizenz höher, als der Diplom-Trainer Wert sowie der Wert der C-
Lizenz höher ist, als der der B-Lizenz.
Im Vergleich zu den RRL zeigen sich zwei Passungen und 14 Differenzen. Drei Differenzen kommen zu
Stande, weil in dem Bereich kein Ziel zugeordnet werden konnte (s.o.). Bei sechs Differenzen ist die
Zuordnung von V1 höher, als in den RRL, bei fünf niedriger. Differenzen zeigen sich in allen Kompe-
tenzbereichen und Lizenzstufen. Die größte Differenz gibt es im Bereich Sozialkompetenz beim Trainer-
B (2,0 Niveaustufen). So lautet ein Ziel der B-Lizenz aus den RRL (Sozialkompetenz 6): „Die Trainerin/
der Trainer kann Gruppen führen, gruppendynamische Prozesse wahrnehmen und angemessen rea-
gieren“. Ein Ziel der B-Lizenz von V1 (Sozialkompetenz 4) lautet, wie oben bereits gezeigt: „Er/ Sie hilft
im Bezirks- und Verbandstraining oder vermittelt selbständig Inhalte“.
Die Zuordnung der Ziele von V2 zum DQR zeigt zunächst, dass der Mittelwert im Bereich Sozialkompe-
tenz mit 6,0 minimal über dem Wert der RRL (MW 5,9) liegt, die übrigen Mittelwerte liegen moderat
darunter (MW Wissen: 4,1 zu 4,4; MW Fertigkeiten 4,1 zu 4,7; MW Selbstständigkeit: 4,6 zu 5,2). Wei-
terhin ist festzustellen, dass die Niveaustufen in den personalen Kompetenzen (MW 6,0/4,6) ebenfalls
höher sind, als in den fachlichen Kompetenzen (MW 4,1/4,1). Eine Progression entlang der Lizenzstu-
fen ist weitestgehend festzustellen. Wie schon in V1 liegen auch bei V2 in dieser Hinsicht Unregelmä-
ßigkeiten im Bereich der personalen Kompetenzen vor. So sind im Bereich Sozialkompetenz die Werte
des C- und B-Trainers gleichermaßen hoch (5,5). Im Bereich Selbstständigkeit liegt der Wert der C-
Lizenz mit 4,3 leicht über dem der B-Lizenz mit 4,1.
Im Vergleich zu den RRL liegen zehn Passungen und sechs Differenzen vor. Bei fünf der sechs Differen-
zen ist die Zuordnung von V2 niedriger, als in den RRL, bei einer höher. Differenzen zeigen sich in allen
Kompetenzbereichen, verstärkt in den Bereichen Sozialkompetenz und Selbstständigkeit (je zwei Ab-
weichungen). Auf Ebene der Lizenzstufen gibt es die meisten Abweichungen beim Diplomtrainer, keine
hingegen beim A-Trainer. Die größte Differenz liegt mit 1,5 Niveaustufen beim Diplom-Trainer im Be-
reich Fertigkeiten vor (RRL/ ta: 6,4; V2: 4,9). So lautet ein Diplom-Trainer Ziel auf Niveaustufe 5 im
Bereich Fertigkeiten bspw.: „Er/sie kann auf der Grundlage sportmedizinischer und Leistungsdiagnos-
tischer Ergebnisse Training planen und durchführen“.
Die Zuordnung der Ziele von V3 zum DQR zeigt im Vergleich zu den anderen Verbänden moderatere
Niveaustufen in den personalen Kompetenzen (MW 4,7/4,6), die dennoch über denen der fachlichen
Kompetenzen (MW 3,5/4,1) liegen. Insgesamt liegen die Mittelwerte in alle vier Kategorien unterhalb
der RRL-Werte. Im Vergleich zu den RRL liegen acht Passungen und acht Differenzen vor. Bei allen
Differenzen ist die Zuordnung von V3 niedriger, als in den RRL. Differenzen zeigen sich in allen Kompe-
tenzbereichen, verstärkt im Bereich Sozialkompetenz (drei Differenzen).
61 anonymisiert
Ergebnisse
167
Eine Progression entlang der Lizenzstufen ist nur teilweise festzustellen. So liegt der Diplom-Trainer
Wert in der Kategorie Wissen mit der Niveaustufe 3,5 nur minimal über dem Wert der B-Lizenz (3,3)
und unterhalb der A-Lizenz (4,0). Ein Ziel für den Diplom-Trainer, das Wissen 3 zugeordnet wurde, lau-
tet: „Er/Sie versteht den des Rahmentrainingsplans des Sports62 – speziell für die Trainingsetappe Leis-
tungs- und Hochleistungstraining“. Ebenso liegen in der Kategorie Sozialkompetenz der Wert der C-
Lizenz (4,5) und B-Lizenz (5,2) über dem Wert der A-Lizenz (4,2). Ähnlich, wie bei V1 ist hierbei anzu-
merken, dass einzelne Niveaustufenwerte auf nur wenigen Zuordnungen basieren. Dies muss bei der
abschließenden Bewertung berücksichtigt werden.
Von V4 wurden lediglich die C- und B-Lizenz zum DQR zugeordnet. Daher wurde auch kein vergleich-
barer Mittelwert über alle Lizenzstufen gebildet. Die Niveaustufenwerte beider Lizenzstufen liegen
durchgängig in allen Kategorien leicht bis moderat unterhalb der RRL-Werte. Weiterhin zeigt die Zu-
ordnung der Ziele von V4 im Vergleich zu den RRL drei Passungen und fünf Differenzen. Bei allen Dif-
ferenzen ist die Zuordnung von V4 niedriger, als die RRL-Werte. Differenzen zeigen sich in allen Kom-
petenzbereichen, v.a. im Bereich Sozialkompetenz, hier weichen die Werte von V4 in beiden Lizenzstu-
fen von den RRL ab. Außerdem ist die Höhe der Abweichung hier am größten: C-Lizenz 3,3 zu 4,8 (RRL);
B-Lizenz 3,7 zu 6,0 (RRL). An dieser Stelle liegt mit 2,3 Niveaustufen die größte Abweichung in V4 vor.
Ein Ziel, das in der B-Lizenz Sozialkompetenz 4 zugeordnet wurde, lautet bspw.: „Die TN betreuen in
angemessenem Umfang Athleten eigenverantwortlich“. Beim Trainer-B liegen drei, beim Trainer-C lie-
gen zwei Differenzen vor. Beim Diplom-Trainer weisen alle Zuordnungen Differenzen auf, in der A- und
C- Lizenz gibt es nur je eine Differenz. Die größte Differenz gibt es im Bereich Wissen beim Diplom-
Trainer (2,8 Niveaustufen; s.o.).
7.1.2.3 (b3) Übertragung der DQR-Niveaustufen auf die RRL-Kompetenzkategorien
Die Analyse verfolgt folgende Teilfragestellungen:
(b3) Ist eine Übertragung der DQR-Zuordnung (vier Kompetenzkategorien und Niveaustufen) auf die
drei RRL-Kompetenzkategorien möglich?
(b3) Wie unterscheiden sich die Passungen und Differenzen zwischen RRL und Mitgliedsverbänden
bei dieser Übertragung?
Das Kompetenzmodell des DQR mit seinen vier Kompetenzkategorien (Wissen, Fertigkeiten, Selbst-
ständigkeit, Sozialkompetenz) und das Kompetenzmodell der RRL mit den drei Kompetenzkategorien
PSK, FK und MVK sind mit ihrer erziehungswissenschaftlichen Ausrichtung grundsätzlich kompatibel
(vgl. Kap. 3.1). Gleichzeitig ist aber auch festzustellen, dass sich deutliche Unterschiede in der Ausdif-
ferenzierung in Teilkompetenzen ergeben (vgl. Kap. 6.3.4). Die Zuordnung der Ziele zum DQR ermög-
licht einerseits eine transparente Gegenüberstellung der Niveaustufen, andererseits bieten sie aber
nur einen indirekten Vergleich zwischen RRL und MV, da die vier Kompetenzkategorien des DQR keine
unmittelbare Berücksichtigung im Rahmen der Trainerausbildung finden. Diese basiert auf den RRL mit
der Orientierung an den drei Teilkompetenzen PSK, FK und MVK. Somit sind die zuvor dargestellten
Differenzen zwischen RRL und MV nicht unmittelbar handhabbar. Zunächst muss eine Rücküberset-
zung der DQR-Zuordnung auf die RRL-Kategorien vorgenommen werden. Aus diesem Grund haben sich
im Laufe des Forschungsprozesses die Fragestellungen ergeben, ob grundsätzlich eine Übertragung
der DQR-Niveaustufen auf die drei Kompetenzkategorien der RRL möglich ist und inwiefern sich hier
Unterschiede zwischen RRL und MV zeigen. Die Ergebnisse dieser Fragestellungen werden nachfolgend
dargestellt. Konkret wird überprüft, auf welchen DQR-Niveaustufen die einzelnen Ausbildungsgänge
anhand der drei Teilkompetenzen PSK, FK und MVK liegen.
62 anonymisiert
Ergebnisse
168
Insgesamt sind die Durchschnittswerte der einzelnen Lizenzstufen, die aus der neuen Zuordnung zu
den Kompetenzkategorien der RRL resultieren weitestgehend identisch mit den Werten der DQR-Ka-
tegorien, da diese lediglich übernommen wurden. Durch Rundungen und Mehrfachzuordnungen im
DQR, die zusammengefasst wurden, kommt es zu leichten Unterschieden. Im Fokus der Betrachtung
steht die Frage, wie sich die Niveaustufenwerte in den einzelnen Lizenzstufen auf die drei Kompetenz-
kategorien PSK, FK und MVK verteilen.
Analyse der Ausbildungsrahmen des DOSB
Die DQR-Niveaustufenzuordnung zu den drei Kompetenzkategorien der RLL (vgl. Tab. 34) zeigt zu-
nächst ein relativ ausgeglichenes Anspruchsniveau in den drei Kompetenzkategorien. Die Ausbildungs-
ziele zur PSK liegen auf einem etwas höheren Niveau (MW 5,0), als die Ziele der Kompetenzbereiche
FK (MW 4,8) und MVK (MW 4,8). Damit fallen die Abweichungen deutlich geringer aus, als im Rahmen
der DQR-Zuordnung. Dort wurden die personalen Kompetenzen Sozialkompetenz und Selbstständig-
keit deutlich anspruchsvoller eingeordnet, als die fachlichen Kompetenzen Wissen und Selbstständig-
keit (vgl. Kap. 3.5.3). Eine größere Differenz zwischen den Kompetenzkategorien liegt lediglich in der
C-Lizenz vor. Hier liegt das Niveau der PSK mit 4,0 etwas deutlicher über der FK mit 3,6 und MVK mit
3,5.
Weiterhin ist festzustellen, dass die in den RRL formulierten Ziele auf den Niveaustufen 3-4 (C-Lizenz,
MW 3,7), 4 (B-Lizenz, MW 4,4), 5 (A-Lizenz, MW 5,0) bzw. 6 (Diplom-Trainer; MW 6,3) liegen. An dieser
Stelle ist nur durch entsprechende Rundungen der Mittelwerte eine kleine Abweichung zur DQR-Zu-
ordnung zu erkennen. Dadurch fallen die Niveaustufen etwas niedriger aus.
Weiterhin stellt sich eine vollständige Progression von der C-Lizenz bis zum Diplom-Trainer in allen drei
Kompetenzkategorien dar. Dies war im Rahmen der DQR-Zuordnung nicht der Fall. Dort gab es insge-
samt zwei Abweichungen von der Progression.
Tab. 34: Anspruchsniveau der Ziele der RRL
Lizenzstufe Gesamt PSK FK MVK
Diplom (ta) 6,3 6,3 6,3 6,3
A-Lizenz 5,0 5,1 5,0 5,0
B-Lizenz 4,4 4,6 4,1 4,5
C-Lizenz 3,7 4,0 3,6 3,5
Gesamt 4,9 5,0 4,8 4,8
Analyse der MV
Analog zur Analyse der Ausbildungsrahmen des DOSB werden nachfolgend die DQR-Niveaustufenzu-
ordnungen der MV entlang der drei Kompetenzkategorien PSK, FK und MVK beschrieben.
Auch an dieser Stelle zeigt sich eine leicht bis moderat höhere Niveaustufenzuordnung der Ziele der
PSK, im Vergleich zur FK sowie MVK. Dies gilt gleichermaßen für alle Verbände in allen Lizenzstufen.
Die Werte der FK und MVK sind innerhalb der einzelnen Lizenzstufen und Verbände weitestgehend
ausgeglichen (vgl. Tab. 35).
Insgesamt liegen die Niveaustufen zwischen 3,1 (C-Lizenz, FK, V4) und 6,0 (Diplom-Trainer, FK und
MVK, V1). Somit ist das Anspruchsniveau auch hier insgesamt etwas niedriger, als bei der Zuordnung
zu den DQR-Kompetenzkategorien.
Ergebnisse
169
Mit nur drei geringfügigen Ausnahmen (PSK, V2; MVK und FK, V3), liegt in allen Verbänden eine voll-
ständige Progression von der C-Lizenz bis zum Diplom-Trainer vor. Im Rahmen der DQR-Zuordnung
lagen deutlichere Abweichungen von der Progression vor (s.o.). Ziele mit aufsteigenden Niveaustufen
von V2 im Bereich FK (C-Lizenz: 3,2; B-Lizenz: 3,8; A-Lizenz: 4,6; Diplom-Trainer: 5,2) lauten beispiels-
weise:
• „Er/ Sie kennt die Gesetzmäßigkeiten des Trainings in der Trainingspraxis und berücksichtigt
diese“ (C-Lizenz: FK3)
• „Er/sie kennt das Ernährungsverhalten von Sportlern und kann dieses positiv beeinflussen
und steuern“ (B-Lizenz: FK4)
• „Er/Sie plant systematisch, organisiert, variiert individuell, wertet aus und steuert in Training
und Wettkampf“ (A-Lizenz: FK5)
• „Er/sie kann auf der Grundlage trainingswissenschaftlicher Erkenntnisse den Trainingspro-
zess zielgerichtet analysieren, planen und leiten“ (Diplom-Trainer: FK5)
Tab. 35: DQR-Anspruchsniveau der Ziele der Ausbildungskonzeptionen anhand der Teilkompetenzen der RRL;
RRL Ziele als Referenz und Abweichungen ≥ 0,5 Niveaustufen fett markiert; *SpArt = Sportartspezifisch
Lizenzstufe
PSK FK MVK
RRL V1 V2 V3 V4 RRL V1 V2 V3 V4 RRL V1 V2 V3 V4
Diplom SpArt* 6,3 k.A. 5,7 4,9 6,3 6,0 5,2 4,6 6,3 6,0 5,5 4,0
A-Lizenz 5,1 5,5 4,8 4,8 5,0 5,3 4,6 4,7 5,0 5,5 5,3 4,3
B-Lizenz 4,6 k.A. 4,4 4,7 3,9 4,1 5,0 3,8 4,4 3,7 4,5 4,2 4,3 3,7 4,3
C-Lizenz 4,0 5,3 4,5 4,0 3,4 3,6 4,2 3,2 3,7 3,1 3,5 4,0 4,0 3,5 3,2
Gesamt 5,0 5,4 4,9 4,6 -63 4,8 5,1 4,2 4,4 - 4,8 4,9 4,8 3,9 -
Analyse der Passungen und Differenzen
Anschließend wurde geprüft, welche Passungen und Differenzen zwischen den Ausbildungsrahmen
des DOSB und den MV vorliegen, wenn die Niveaustufen anhand der drei Kompetenzkategorien PSK,
FK und MVK zugeordnet werden anstelle der vier DQR Kompetenzkategorien Wissen, Fertigkeiten, So-
zialkompetenz und Selbstständigkeit. Folgende Passungen und Differenzen zwischen RRL und MV sind
festzustellen:
Es liegen 23 Passungen64 und 19 Differenzen (Gesamt-MW nicht berücksichtigt) vor. Zwei Differenzen
kommen zu Stande, weil in entsprechendem Bereich kein Ziel zugeordnet werden konnte (Tab. 35:
k.A.). Bei acht Differenzen ist die Zuordnung der Verbände höher, als die der RRL, bei neun niedriger.
Weiterhin zeigen sich Differenzen in allen Kompetenzbereichen, die meisten im Bereich PSK (sechs
Passungen vs. acht Differenzen) und auf allen Lizenzstufen, die meisten beim Diplom-Trainer (zwei
Passungen vs. sieben Differenzen) sowie bei allen Verbänden, die meisten beim V1 (fünf Passungen vs.
sieben Differenzen). Die größte Differenz liegt im Bereich MVK beim Diplom-Trainer vor (2,3 Niveau-
stufen).
Abschließend wurde analysiert, wie sich die Passungen und Differenzen zwischen RRL und MV bei Zu-
ordnung zu den drei Kompetenzkategorien PSK, FK und MVK verändert haben im Gegensatz zu den
63 Kein MW gebildet, da dieser durch die Analyse nur der C- und B-Lizenz nicht vergleichbar ist. 64 Als Passungen wurden Zuordnungen festgelegt, dessen Abweichung < 0,5 Niveaustufen sind. Als Differenzen
gelten Zuordnungen, dessen Abweichung ≥ 0,5 Niveaustufen beträgt.
Ergebnisse
170
o.g. Differenzen im Rahmen der DQR-Zuordnung. Da es in diesem Fall eine Kompetenzkategorie weni-
ger gibt, liegen absolut gesehen weniger Passungen und Differenzen vor. Entscheidend ist deshalb die
relative Verteilung der Passungen und Differenzen:
In den Passungen und Differenzen zwischen RRL und MV zeigen sich zunächst folgende Gemeinsam-
keiten:
• Die DOSB-Ausbildungsrahmen werden insgesamt etwas anspruchsvoller eingeordnet, als die
MV.
• Die Niveaustufen in den Bereichen der Sozialkompetenz (PSK bzw. Sozialkompetenz, Selbst-
ständigkeit) werden anspruchsvoller eingestuft, als die anderen Kompetenzbereiche.
• Es liegt eine Progression der Niveaustufen vom C- bis zum Diplom-Trainer in den RRL vor.
• Es gibt mehr niedrigere Zuordnungen der MV im Vergleich zu den RRL, als höhere.
• Differenzen liegen bei allen Verbänden, in allen Kompetenzkategorien und in allen Lizenzstu-
fen vor.
• Auf Ebene der Verbände gibt es die meisten Abweichungen bei V1
• Auf Ebene der Lizenzstufen gibt es die meisten Abweichungen beim Diplom-Trainer.
• Auf Ebene der Kompetenzkategorien gibt es die meisten Abweichungen im Bereich PSK bzw.
Sozialkompetenz.
Hingegen zeigen sich folgende Differenzen:
• Die Niveaustufenunterschiede zwischen den einzelnen Kompetenzkategorien fallen bei der
Zuordnung zu den drei Kategorien PSK, FK, MVK geringer aus, als bei der Zuordnung zu den
vier DQR-Kategorien.
• Die Unterschiede zwischen den einzelnen Lizenzstufen (v.a. im Bereich Sozialkompetenz und
Selbstständigkeit) der RRL und der MV sind bei den Kategorien PSK, FK, MVK deutlich gerin-
ger.
• Die Progression von der C-Lizenz zum Diplom-Trainer in den MV fällt in den Kategorien PSK,
FK, MVK stringenter aus.
• Bei der Zuordnung zu den Kategorien PSK, FK, MVK zeigen sich mehr Passungen, als Differen-
zen (23 vs. 19). In den DQR-Kategorien zeigen sich hingegen weniger Passungen, als Differen-
zen (24 vs. 31).
• Bei der Zuordnung zu den Kategorien PSK, FK, MVK ist das Verhältnis zwischen niedrigeren
und höheren Niveaustufenzuordnungen (MV zu RRL) annähernd ausgeglichen (acht vs. neun;
zweimal k.A.). In den DQR-Kategorien gibt es dreimal mehr niedrigere als höhere Zuordnun-
gen (sieben vs. 21; dreimal k.A).
Zusammenfassend zeigt sich ein homogeneres Bild, sowohl innerhalb der einzelnen Verbände als auch
im Vergleich zwischen Ausbildungsrahmen des DOSB und MV, wenn die Ziele mit entsprechenden Ni-
veaustufen den drei Kompetenzkategorien PSK, FK und MVK zugeordnet werden. Konkret sind die Ni-
veaustufenunterschiede zwischen den jeweiligen Kompetenzkategorien geringer und es ist eine grö-
ßere Stringenz in der Progression von der C-Lizenz zum Diplom-Trainer sowohl bei den RRL als auch
bei den MV festzustellen. Weiterhin liegen bei dieser Zuordnung verhältnismäßig mehr Passungen, als
Differenzen vor. Dies war im Rahmen der DQR-Zuordnung gegensätzlich der Fall.
Gleichermaßen bescheinigen beide Zuordnungen den personalen Kompetenzen (PSK bzw. Sozialkom-
petenz und Selbstständigkeit) ein etwas anspruchsvolleres Niveau, als den fachlichen Kompetenzen.
Außerdem liegen die Niveaustufenwerte der einzelnen Ausbildungsgänge jeweils auf einem ähnlichen
Niveau zwischen 3 (C-Lizenz) und 6-7 (Diplom-Trainer).
Ergebnisse
171
(c) methodische Gestaltung
Die Analyse der methodischen Gestaltung zielt auf Anspruchsebene auf die formulierten Vorlagen für
die Gestaltung von LLS in den DOSB-Ausbildungsrahmen und den Ausbildungskonzeptionen der MV
ab. Die Ergebnisdarstellung dazu fällt insgesamt relativ kurz aus, da dieses Thema sowohl in den Aus-
bildungsrahmen des DOSB als auch in den Ausbildungskonzeptionen der MV in vergleichsweise knap-
per Form abgehandelt wird.
Die Analyse verfolgt folgende Teilfragestellungen:
(c1) Welche methodischen Merkmale (kompetenzorientierter Aufgabenkultur) werden in den RRL
beschrieben?
(c1) Welche methodischen Merkmale (kompetenzorientierter Aufgabenkultur) werden in den Aus-
bildungskonzeptionen (MV) beschrieben?
(c1) Welche Passungen und Differenzen zwischen den RRL des DOSB und den Ausbildungskonzepti-
onen (MV) liegen hinsichtlich der methodischen Merkmale (kompetenzorientierter Aufgaben-
kultur) vor?
Analyse der Ausbildungsrahmen des DOSB
Konkrete methodische Vorlagen zur Ansteuerung bestimmter Lernziele oder einzelner Kompetenzbe-
reiche geben die RRL nicht vor. Sie beschreiben und erläutern jedoch folgende „Didaktisch-methodi-
sche Grundsätze zur Gestaltung von Qualifizierungsmaßnahmen“ (Deutscher Sportbund, 2005, S. 15–
17):
• Teilnehmerinnen- /Teilnehmerorientierung und Transparenz
• Umgang mit Verschiedenheit /Geschlechtsbewusstheit (Gender Mainstreaming, Diversity
Management)
• Zielgruppenorientierung/Verein als Handlungsort
• Erlebnis-/Erfahrungsorientierung und Ganzheitlichkeit
• Handlungsorientierung
• Prozessorientierung
• Teamprinzip
• Reflexion des Selbstverständnisses
Ebenso wird das Rollenverhältnis von Lehrenden und Lernenden beschrieben: Sportorganisationen
bzw. ihre Ausbilder „stellen Bildungsangebote bereit, geben Impulse und schaffen im Rahmen der Qua-
lifizierungsmaßnahmen ein Forum für Erfahrungsaustausch“ (ebd., S. 14). Somit kommt den Lernenden
eine aktive, verantwortungsvolle Rolle in ihrem Lernprozess zu.
Konkrete, handlungsleitende Merkmale, wie z.B. die Merkmale zur Aufgabenkultur (vgl. Kap. 4, bspw.
kognitive Aktivierung, Offenheit, Individualisierung) werden in den RRL nicht genannt. Innerhalb der
eher offen gehaltenen didaktisch-methodischen Grundsätzen (s.o.) können einzelne Merkmale zwar
eine Rolle spielen, ein expliziter Bezug wird jedoch nicht hergestellt.
In den Dokumenten der Trainerakademie zeigt sich ein ähnliches Bild: konkrete methodische Gestal-
tungsmerkmale im Sinne der Aufgabenkultur liegen nicht vor.
Passungen und Differenzen zwischen Ausbildungsrahmen des DOSB und MV
Ähnlich wie in den RRL, finden sich nur wenige konkrete methodische Gestaltungsvorlagen in den Aus-
bildungskonzeptionen der MV.
Ergebnisse
172
Passungen liegen insofern vor, dass sich zwei Verbände deutlich an den „Didaktisch-methodischen
Grundsätzen“ (s.o.) der RRL orientieren: V1 und V2 orientieren sich bei der Formulierung methodisch-
didaktischer Gestaltungshinweise sehr eng an den RRL. Das heißt, es werden dieselben grundlegenden
Orientierungspunkte, wie z.B. Teilnehmerinnen-/Teilnehmerorientierung, Umgang mit Verschiedenheit
und Erfahrungs- und Handlungsorientierung, genannt und beschrieben. Diese Orientierungspunkte
entsprechen den RRL und sind, wie diese, sehr offen und allgemein formuliert. Dementsprechend wer-
den an diesen Stellen auch keine konkreten Merkmale im Sinne der Aufgabenkultur formuliert.
Differenzen liegen hingegen bei V3 und V4 vor, in denen das Thema methodische Gestaltungsvorlagen
nicht über o.g. „Didaktisch-methodische Grundsätzen“ aufgegriffen wird. Ebenso wird die Rolle der
Lehrenden in diesen Verbänden nicht explizit thematisiert. Stattdessen werden bei V3 allgemeine So-
zialformen/ Vermittlungsmethoden aufgeführt: Im Rahmen der Zielbeschreibungen nennt der V3 stich-
punktartig ausgewählte Vermittlungsmethoden (z.B. Referate, Kleingruppenarbeit, Vorträge, Diskussi-
onen). Diese Vermittlungsmethoden werden im V3 aufgezählt, ohne näher erläutert oder mit be-
stimmten Zielen verknüpft zu werden.
In der Ausbildungskonzeption von V4 hingegen werden spezifische Aufgaben- und Aktionsformen mit
einzelnen Zielen und Inhalten verknüpft. Dazu wird in tabellarischer Form zu jedem Lernziel sowohl
die entsprechenden Inhalte als auch die dafür vorgesehenen Methoden und Lernmaterialien genannt
und erläutert. Dabei werden einerseits übergeordnete Sozialformen wie „Vortrag“, „Reflektion“ oder
„Partnerarbeit/Gruppenarbeit“ und andererseits auch konkrete Aktionsformen, wie „Wer bin ich?“ ge-
nannt.
Konkrete Merkmale einer kompetenzorientierten Aufgabenkultur werden auch in diesen Verbänden
nicht genannt.
7.2 Differenzanalyse zwischen Ausbildungswirklichkeit und
Ausbildungskonzeptionen
Im vorliegenden Kapitel werden die Ergebnisse der Differenzanalyse zwischen der Ausbildungswirk-
lichkeit und den beiden Anspruchsebenen (Ausbildungskonzeptionen der MV, DOSB) dargestellt. Fol-
gende übergeordnete Fragestellung soll beantwortet werden:
F2 Differenzen bestimmen: Ausbildungswirklichkeit vs. Anspruch (curriculare &) institutionelle
Ebene
Welche Passungen und Differenzen bestehen zwischen der Ausbildungswirklichkeit und den Ausbil-
dungskonzeptionen (MV, DOSB) hinsichtlich (a) Kompetenzverständnis, (b) Ziele, (c) methodische Ge-
staltung?65
Es werden jeweils unmittelbar die Passungen und Differenzen dargestellt und anhand exemplarischer
Beispiele aus der Wirklichkeitsanalyse veranschaulicht. Zunächst werden die Passungen und Differen-
zen zum (a) Kompetenzverständnis dargestellt, das auf Wirklichkeitsebene mittels Ausbilderinterviews
erfasst wurde.
65 Die Darstellung der beobachteten Ausbildungswirklichkeit bezieht sich neben den vier bisherigen Verbänden
nun ergänzend auch auf die Trainerakademie Köln (ta). Diese war in den Ergebnissen der Anspruchsebene ein
Bestandteil der Ausbildungsrahmen des DOSB. An dieser Stelle nimmt sie für die Analyse der Ausbildungswirk-
lichkeit eine verbandsähnliche Rolle ein. Dementsprechend werden nun die Ergebnisse von fünf Verbänden (V1-
V5) dargestellt.
Ergebnisse
173
Darauffolgend werden anhand der Kategorie (b) Ziele die Ergebnisse der Analyse der Interviewaussa-
gen sowie der Videoanalyse hinsichtlich der Themenbereiche der drei Kompetenzkategorien PSK, FK
sowie MVK mit den Ausbildungskonzeptionen verglichen.
Anhand der Hauptkategorie (c) methodische Gestaltung werden die Ergebnisse der Interviewanalyse
hinsichtlich der methodischen Gestaltung von LLS mit den Gestaltungshinweisen aus den Ausbildungs-
konzeptionen verglichen.
Im darauffolgenden Kapitel 7.3 werden dann die darüberhinausgehenden Ergebnisse zur Aufgaben-
kultur in der Trainerbildung dargestellt.
(a) Kompetenzverständnis
Die Analyse des Kompetenzverständnisses der Ausbilder auf Wirklichkeitsebene basiert auf den durch-
geführten Stimulated-Recall- und problemzentrierten Interviews.
Folgende Fragestellungen liegen zugrunde:
(a1) Welches Kompetenzverständnis haben die Ausbilder?
(a1) Welche Passungen und Differenzen zwischen der Ausbildungswirklichkeit und den Ausbildungs-
dokumenten liegen hinsichtlich des Kompetenzverständnisses der Ausbilder vor?
Die Anspruchsanalyse hat zuvor gezeigt, dass den DOSB-Ausbildungsrahmen und in weiten Teilen auch
der MV ein erziehungswissenschaftliches, output-orientiertes Kompetenzverständnis sensu Roth
(1971) zu Grunde liegt. Dies äußert sich in der Formulierung des übergeordneten Ziels Handlungskom-
petenz, welche sich aus dem Zusammenspiel der drei Teilkompetenzen PSK, FK und MVK ergibt. In den
DOSB-Ausbildungsrahmen nehmen die drei Teilkompetenzen eine zentrale Rolle ein, indem alle Ziele
anhand dessen strukturiert werden. In den Verbänden findet sich eine solche stringente Umsetzung
nur bei V2. Eine explizite Erwähnung der o.g. Kompetenzbereiche findet sich jedoch in jedem Verband.
Weiterhin beschreiben die Ausbildungsdokumente Kompetenzen stets als erlernbar (vgl. Kap. 7.2.1).
Passungen und Differenzen zwischen Ausbildungswirklichkeit und -ansprüchen
Zunächst einmal sind drei grundlegende Passungen im Kompetenzverständnis zwischen den befragten
Ausbildern und den Ansprüchen festzustellen:
Kompetenzen werden als Verknüpfung von Wissen und Können verstanden.
Gemeinsam scheint den befragten Ausbildern aller fünf Verbände ein Kompetenzverständnis, in dem
Wissen und Können zwangsläufig miteinander verknüpft werden müssen. In der Ausbildung gehe es
über eine reine Wissensvermittlung hinaus. Das entsprechende Wissen müsse in der Praxis - der tägli-
chen Trainerarbeit - angewendet werden können:
„Die müssen das wissen dann auch in der Praxis anwenden können (…) Fachwissen hilft ihm nichts, wenn er es...
wenn er nicht die verschiedenen Teile zueinander richtig setzen kann" (D_4_A).
Ca. ein Drittel der interviewten Ausbilder beschreibt die drei Kompetenzbereiche PSK, FK und MVK
sprachlich souverän und kann sie im Sinne der RRL erläutern. Bspw. wird beschrieben, wie zu Beginn
der Ausbildung eine Übersicht über die drei Bereiche gegeben wird.
Ergebnisse
174
Die drei Teilkompetenzen PSK, FK und MVK spielen eine Rolle im Ausbildungsalltag.
Die interviewten Ausbilder zeigen, dass die in den Ausbildungsdokumenten formulierten Kompetenz-
bereiche Berücksichtigung im Ausbildungsalltag finden. So gehen die Ausbilder, auch durchaus kritisch,
auf den Stellenwert der einzelnen Teilkompetenzen in der Ausbildungspraxis ein: Verbandsübergrei-
fend wird häufig eine Polarisierung zwischen der FK und der PSK wahrgenommen. Ein Interviewpartner
beschreibt, dass die Fachkompetenzen zunächst das Fundament für einen guten Trainer bilden, um die
„ganzen anderen Kompetenzen“ (D_4_A) einbringen zu können. Genannte Ziele und Themenbereiche
werden verstärkt mit Fachwissen umschrieben. Bspw. sollten Trainer ein umfassendes Fachwissen
über leistungsbestimmende Faktoren besitzen. Wobei ein Trainer, seiner Meinung nach, nicht an feh-
lenden Fachkompetenzen scheitere, sondern an fehlenden sozialen Kompetenzen. Die Wichtigkeit der
persönlich- und sozialkommunikativen Kompetenzen wird verbandsübergreifend von der Mehrheit
der Befragten betont. Umschrieben wird sie z.B. als „diese menschliche, diese herzmenschliche Seite"
(A_1_B). Ein Ausbilder spricht weiterhin auch die persönliche, selbstreflexive Weiterentwicklung eines
Trainers an. Demnach sei es besonders wichtig, dass sich ein Trainer mit der Sportart verändere, auch
mal neue Wege gehe und innovativ sei, „also jetzt keine Ruhe lässt“ (C_6_A).
Gleichzeitig wird aber auch angemerkt, dass diese einerseits schwer vermittelbar seien und anderer-
seits in der Ausbildung teilweise zu wenig Beachtung finden. Der Fokus im Rahmen der Ausbildung
liege häufig zu stark auf der Fachkompetenz:
„Wir beschäftigen uns sehr viel mit der Sachkompetenz: Trainingslehre, Biomechanik, Techniktraining, was weiß
ich was alles, aber eben das Verhalten eines Trainers hat wahrscheinlich eine mindestens genauso große Wir-
kung“ (C_3_B).
In einem Verband wird weiterhin beschrieben, dass die PSK in der Ausbildung i.d.R. zwar explizit ange-
steuert werde; sei dies jedoch nicht möglich, werden die „sozialkompetenten Handlungsfelder“
(B_1_B) in andere Einheiten integriert. Dadurch erfolgt in gewissen Maßen eine Unterordnung der PSK
zu anderen Themenbereichen. Ein weiterer Ausbilder in diesem Verband schildert dazu passend den
Eindruck, dass die PSK in den unteren Lizenzstufen eher unterrepräsentiert sei und „erst später in den
höheren Trainerscheinen eigentlich echt nochmal richtig behandelt wird“ (B_3_C).
Ein Ausbilder nimmt eine Gegenposition dazu ein, indem er beschreibt, dass die Begriffe „Sozialkom-
petenz“ und „Methodenkompetenz“ in den letzten Jahren sehr stark in den Fokus gerückt worden
seien. Gleichzeitig sei es seiner Erfahrung nach aber so, dass v.a. junge Trainer, die in diesen Bereichen
hohe Kompetenzen aufweisen, nicht zwangsläufig auch erfolgreich seien. Junge moderne, methoden-
und sozialkompetente Trainer hätten oftmals kein so gutes Standing:
„Autoritäre Leute erreichen im Leistungssport leider oft einen besseren Zugang zu Athleten“ (E_1).
Das Verständnis der Methoden- und Vermittlungskompetenz ist mehrheitlich eindeutig. Sie wird v.a.
als Übertragung der Fachkompetenz auf das Training verstanden:
„Okay, wie kriege ich diese Fachkompetenz denn überhaupt an meinen Sportler vermittelt?“ (D_8_B).
Kompetenzen werden grundsätzlich als erlernbar verstanden.
Die Mehrheit der Ausbilder versteht und beschreibt Kompetenzen als erlernbar. Nur ein Ausbilder ver-
tritt die Meinung, dass Kompetenzen nur bedingt erlernbar seien, denn die Kompetenzen „stecken in
einem drin" (C_1_B).
Ergebnisse
175
Differenzen liegen v.a. auf einer tieferen Durchdringungsebene des Kompetenzverständnisses vor: Ne-
ben dem o.g. Drittel, das sprachlich souverän mit Kompetenzbegriffen umgeht, wirkt knapp ein weite-
res Drittel der Ausbilder zwar sprachlich bemüht, jedoch unsicher. So scheint nachfolgende Umschrei-
bung der Handlungskompetenz eher unsicher:
„Handlungskompetent ist der, der die Grundbegriffe, die Praxis und unterschiedliche methodische Wege kennt
(…), so dass ein Ergebnis dabei rauskommt“ (C_1_B).
Weiterhin wirkt die Verwendung von Kompetenzbegriffen (z.B. der Benennung von Teilkompetenzen)
etwas oberflächlich und sozial erwünscht. Dies zeigt sich u.a. darin, dass andere, bzw. weitere Teilkom-
petenzen, wie „Wissenskompetenz“, „Führungskompetenz“ oder „Sprachkompetenz“ genannt wer-
den, die so in den Ausbildungsdokumenten nicht formuliert sind:
„Dass die am Ende das, was wir da formuliert haben, die Kompetenzen, dass sie das zeigen und dazu gehört eine
soziale Kompetenz, dazu gehört eine Handlungskompetenz, dazu gehört eine Wissenskompetenz“ (B_1_A).
Vereinzelt wird z.B. auch die persönliche Kompetenz als die Kompetenz des Einzelnen und nicht im
Sinne der persönlichen- und sozialkommunikativen Kompetenz verstanden.
Weiterhin scheint sich ein befragter Ausbilder nur widerwillig mit der Kompetenzdiskussion auseinan-
dersetzen zu wollen und zeigt dies recht deutlich:
„Wie man das jetzt auch immer nennt, das könnt ihr [gemeint sind die Wissenschaftler] euch jetzt selber über-
legen (…) was das jetzt nun war für euch, Methodenkompetenz, oder DIE Kompetenz, das müsst ihr jetzt her-
ausfinden" (C_6_A).
Output- oder Input-orientierung?
Trotz der offenkundigen Bekenntnis zu einer output-orientierten Kompetenzorientierung (s.o.), wird
aus den vorliegenden Interviews deutlich, dass die Planung von LLS überwiegend inhalts-/inputorien-
tiert zu sein scheint. Teilweise beschreiben die Interviewten zwar, dass sie sich auch an Zielen für die
Lernenden orientieren, verstärkt zeichnet sich aber ab, dass oft zuerst die Inhalte bzw. Themen fest-
gelegt werden:
„Okay, welches Gebiet will ich abdecken?" (D_4_A).
Resümierend zeigt sich, dass einerseits explizite Differenzen im Wording zwischen Ausbildungsdoku-
menten und Ausbildern festzustellen sind. Dass aber andererseits das dahinterstehende Verständnis
in weiten Teilen Passungen andeutet.
(b) Ziele
In diesem Teilkapitel werden Passungen und Differenzen zwischen den in den Interviews genannten
sowie in LLS beobachteten Themenbereichen und Zielen und den Ausbildungsansprüchen dargestellt.
Die Ergebnisse der Wirklichkeitsanalyse basieren auf den durchgeführten Stimulated-Recall- und prob-
lemzentrierten Interviews sowie auf den beobachteten LLS.
Die Analyse verfolgt folgende Teilfragestellungen:
(b1) Welche (kompetenzorientierten) Ziele und Themenbereiche werden in den Ausbildungen ange-
strebt?
(b1) Welche Passungen und Differenzen zwischen der Ausbildungswirklichkeit und den Ausbildungs-
dokumenten liegen hinsichtlich der angesteuerten Ziele und Themenbereiche vor?
Ergebnisse
176
In Kap. 7.1.2.1 wurden die Themenbereiche dargestellt, die in den RRL und den Ausbildungskonzepti-
onen der MV (Anspruchsebene) im Rahmen der Ziele aufgeführt werden. Basierend auf diesen Daten
wird nachfolgend die Ausbildungswirklichkeit in Form der Interviewaussagen und beobachteten LLS
diesen Ansprüchen gegenübergestellt.
Passungen und Differenzen zwischen Ausbildungswirklichkeit und -ansprüchen
Passungen ergeben sich durch die Themenbereiche, die sowohl auf Anspruchsebene (RRL und/oder
MV) als auch in der Ausbildungswirklichkeit (Interviews und/oder LLS) erfasst wurden. Differenzen zei-
gen sich zunächst, wenn Themenbereiche von den Ausbildern thematisiert oder in LLS beobachtet
wurden, die aber nicht in den Ausbildungsansprüchen formuliert sind. Darüber hinaus wird auch ge-
zeigt, welche Themen nur auf Anspruchsebene erfasst wurden. Da die Wirklichkeitsanalyse aber keine
Vollerhebung ist, kann daraus nicht geschlossen werden, dass diese Themen nicht an anderer Stelle in
der Wirklichkeit behandelt wurden.
Die Tab. 36 zeigt eine direkte Gegenüberstellung der Themenbereiche, die in den Ausbildungskonzep-
tionen genannt werden und den Themenbereichen, die von den Ausbildern in den Interviews genannt
und in den LLS beobachtet wurden. Die Tabelle ist anhand der drei Kompetenzbereiche PSK, FK und
MVK aufgebaut. Die jeweils oberen Themenbereiche (linke Spalte) stammen aus den RRL, die fett-
gedruckten darunter stellen die Ergänzungen der Ausbildungskonzeptionen der MV dar (vgl. Kap.
7.2.2). Die jeweiligen Themenbereiche darunter, wurden nur auf Wirklichkeitsebene erfasst und zeigen
somit bereits unmittelbar Differenzen zu den Ansprüchen auf. In den Spalten auf der rechten Seite
wird jeweils durch ein „x“ markiert, in welchem Verband der jeweilige Themenbereich auf Ebene der
Ansprüche (A = Ausbildungskonzeptionen), in Interviews (I) genannt und in den Videos (V) beobachtet
wurde. So können aus der Tabelle verbandsübergreifend Themenbereiche identifiziert werden, die …
• in mehreren Verbänden sowohl auf beiden Anspruchsebenen (RRL, Ausbildungskonzeptio-
nen MV) und der Wirklichkeitsebene eine Rolle spielen,
• in mehreren Verbänden in den Ausbildungskonzeptionen (nicht in den RRL) und auf Wirklich-
keitsebene eine Rolle spielen,
• in mehreren Verbänden nur auf Anspruchs- oder nur auf Wirklichkeitsebene eine Rolle spie-
len.
Verbandsspezifische Ergebnisse können darüber hinaus auch abgelesen werden. Da es an dieser Stelle
aber um einen globaleren Blick auf zentrale Themenbereiche der Trainerausbildung geht, werden
diese nicht explizit beschrieben.
Zunächst war auffällig, dass in den Interviews im Bereich PSK in jeweils drei Verbänden die Themen-
bereiche Coachingverhalten, bspw.:
„Was ist dabei wichtig, wie stelle ich die Gruppe hin, wie gestalte ich meine Sprache“ (A_2_C)
und Standing sowie Empathie genannt wurden. Fünf weitere Themenbereiche zur PSK wurden in ein
bzw. zwei Verbänden genannt, z.B. Einbezug von Spezialisten oder Trainerphilosophie.
Im Bereich der FK wurde nur der Themenbereich Grundtechniken /Fehlerkorrektur in mehr als drei
Verbänden genannt. Zehn weitere Themenbereiche wurden in einem bzw. zwei Verbänden genannt,
z.B. koordinative und konditionelle Fähigkeiten oder Fachvokabular.
Themenbereiche zur MVK haben die Ausbilder i.d.R. als Handwerkszeug eines Trainers zur Umsetzung
von Trainingsinhalten beschrieben. Dabei fällt auf, dass die Themenbereiche Basisrüstzeug sowie
Übungsabfolgen /Einsatz zielgerichteter Methoden in mehreren Verbänden genannt wurden. Darüber
Ergebnisse
177
hinaus wurden vereinzelt vier weitere Themenbereiche, wie Videofeedback oder Übungsgelände ge-
nannt.66
In den gefilmten Ausbildungseinheiten67 (Videos) aller Verbände wurden Themenbereiche aus allen
drei Kompetenzkategorien (PSK, FK, MVK) beobachtet. Zunächst ist festzustellen, dass im Bereich PSK
insgesamt sieben verschiedene Themenbereiche im Rahmen von LLS beobachtet wurden. Am häufigs-
ten (in drei Verbänden) ging es dabei um die Führung von Gruppen bzw. Athleten und allgemein die
Kommunikation mit unterschiedlichen Stakeholdern. In zwei Verbänden wurden außerdem psychische
Leistungsvoraussetzungen/mentales Training thematisiert. Weitere vier Themen, wie Umgang mit Me-
dien oder Talentbegriff, wurden in jeweils einem Verband zum Thema gemacht. Bspw. wurde in der A-
Lizenz von V2 ein Trainerinterview vor laufender Kamera simuliert und der Umgang mit sozialen Me-
dien kritisch diskutiert.
Im Bereich FK wurden insgesamt 12 unterschiedliche Themenbereiche im Rahmen von LLS beobachtet.
Jedoch nur drei davon wurden in zwei bzw. drei Verbänden thematisiert: koordinative und konditio-
nelle Fähigkeiten, Sportmedizin/biologische Grundlagen sowie Grundtechniken. Die übrigen neun The-
menbereiche, wie z.B. Wettkampfanalytik oder Taktische Systeme wurden jeweils nur in einem Ver-
band zum Thema gemacht (s.u.). Das Thema koordinative und konditionelle Fähigkeiten wurde bspw.
in der A-Lizenz von V3 im Rahmen einer Praxiseinheit aufgegriffen, indem unterschiedliche koordina-
tive Anforderungen sowie Steuerungsmöglichkeiten in Training und Wettkampf erarbeitet und erprobt
wurden.
Im Bereich MVK wurden insgesamt sechs unterschiedliche Themenbereiche beobachtet. Vier davon
wurden in zwei bzw. drei unterschiedlichen Verbänden thematisiert: Methodisches Basisrüstzeug,
Coachingverhalten, Trainingsformen für Kraft- und Konditionstraining, Übungsabfolgen /Einsatz ziel-
gerichteter Methoden. Die beiden Themen Videoanalyse und Kreativität wurden jeweils in einem Ver-
band zum Thema gemacht.
Daraus ergeben sich auf übergeordneter Ebene (über alle Verbände) folgende Passungen und Diffe-
renzen zwischen Ausbildungswirklichkeit und Ausbildungsansprüchen.
Passungen
Es konnten sechs Themenbereiche identifiziert werden, die auf allen Ebenen eine Rolle spielen, sprich
sowohl auf Anspruchsebene in den RRL und den Ausbildungskonzeptionen der MV (vgl. Kap. 7.1.2.1)
aufgeführt werden als auch von den Ausbildern genannt und in LLS beobachtet wurden (vgl. Tab. 36,
doppelt gerahmt):
• PSK
o Grundregeln der Kommunikation (inkl. Kommunikation mit Athleten und anderen
Akteuren, Umgang mit Medien, kollegiale Beratung)
o (Gruppen-/Athleten)Führung
• FK
o Grundtechniken (inkl. Fehlerkorrektur und Bewegungsvorbild)
o (Kenntnis und Berücksichtigung) konditioneller und koordinativer Fähigkeiten
• MVK
66 Die Tab. 36 erhebt dabei keinen Anspruch auf Vollständigkeit seitens der Ausbilder. Es wurde aufgelistet, wel-
che Themenbereiche von den Ausbildern im Zuge der Anforderungen an einen Trainer sowie die Ziele der Trai-
nerausbildung genannt wurden. 67 Eine Ausbildungseinheit meint eine sich geschlossene Sequenz, die z.B. auch eine Theorie- und eine Praxis-
phase beinhalten kann.
Ergebnisse
178
o Basisrüstzeug Methoden im Grundlagentraining
o Systematischer Einsatz von Trainingsinhalten und –methoden
Der Themenbereiche Kommunikation ist beispielsweise in allen Ausbildungsdokumenten genannt (vgl.
Kap. 7.2.2) und wurde auch in jedem Verband auf Wirklichkeitsebene erfasst. Ein befragter Ausbilder
beschreibt den Stellenwert der Kommunikation wie folgt:
„sagen wir mal die eigene Emanzipation zum erwachsenen Menschen. Und das ist... die Grundlage dafür ist
Rhetorik und positive Kommunikation“ (E_4).
In den beobachteten LLS wird das Thema Kommunikation vielfältig beobachtet. Exemplarisch werden
dazu zwei beobachtete Aufgaben dargestellt:
In einer LLS haben die Teilnehmer, nachdem methodische Hilfen und Qualitätsmerkmale erarbeitet
wurden, die Aufgabe erhalten eine 10-minütige Rede zu einem selbst gewählten Thema vorzubereiten
und frei vorzutragen.
In einem anderen Verband wurde ein Rollenspiel mit zugewiesenen Charakteren und Zielen durchge-
führt. Es wurde eine Diskussionsrunde simuliert, an der verschiedene Stakeholder eines Verbands (z.B.
Vorstand, Trainer, Athlet) teilnehmen. Ziel war es eine Strategie zur Weiterentwicklung des Verbandes
zu erarbeiten. Die verschiedenen Stakeholder haben dabei konkurrierende Zielvorgaben erhalten, die
sie durchsetzen sollten. Anschließend wurde die Diskussionsrunde reflektiert und unterschiedliche
Kommunikationsstrategien und Merkmale diskutiert.
Zum Thema Führung wurde bspw. eine LLS beobachtet, in der es explizit um das Führen von hetero-
genen Gruppen ging. Dazu wurde zunächst das Thema Heterogenität aufgearbeitet, anschließend hat-
ten die Lernenden die Aufgabe in Kleingruppen Aufgaben zu entwickeln, um Athleten mit unterschied-
lichen Voraussetzungen und Einstellungen zu motivieren und zu fördern. Abschließend wurden im Rah-
men einer Gruppendiskussion Alltagsprobleme der Teilnehmer aufgegriffen und mögliche Lösungen
erörtert.
Der Themenbereich Umsetzung der Rahmenkonzeption/Rahmentrainingspläne (FK) wurde in den RRL
genannt sowie auch in der Ausbildungswirklichkeit erfasst, ist jedoch nicht in den Konzeptionen der
MV genannt. Somit liegt an dieser Stelle eine Passung zwischen RRL und Ausbildungswirklichkeit vor,
jedoch ist eine fehlende Stringenz in den Ausbildungskonzeptionen der MV festzustellen.
Eine Passung zwischen Ausbildungskonzeptionen und Ausbildungswirklichkeit (nicht RRL) liegt bei fol-
genden drei Themenbereichen vor:
• PSK
o Feedback (inkl. Konfliktmanagement, Empathie Fähigkeit)
o Reflexion des Selbstbilds, des eigenen Verhaltens und der eigenen Rolle
• FK
o Eigene technische Demonstrationsfähigkeit
Diese Themenbereiche finden sich nicht in den RRL, werden aber vermehrt in den Ausbildungskonzep-
tionen und der Ausbildungswirklichkeit der MV aufgegriffen (vgl. auch Kap. 7.1.2.1). Insbesondere das
Thema Eigene technische Demonstrationsfähigkeit wurde verhältnismäßig häufig beobachtet. I.d.R.
haben die Teilnehmer dafür die Rolle eines Athleten eingenommen und haben technische Bewegungs-
aufgaben gelöst.
Ergebnisse
179
Differenzen
Insgesamt liegen mehr Differenzen als Passungen vor. Folgende Themenbereiche wurden von den be-
fragten Ausbildern genannt und/oder in LLS beobachtet (Ausbildungswirklichkeit), die weder in den
RRL, noch in den Ausbildungskonzeptionen der MV (Ausbildungsansprüche) eine unmittelbare Berück-
sichtigung finden (jeweils untere Zeilen [kursiv] in Tab. 36):
• PSK
o Rolle des Trainers im Gesamtsystem
o Coachingverhalten/Standing vor einer Gruppe
o Trainerphilosophie
o Psychische Leistungsvoraussetzungen/mentales Training
o Talentbegriff
• FK
o Sportmedizinische und biologische Grundlagen
o Planen von Unterrichtseinheiten
o Fachvokabular
o Periodisierung/Jahrestrainingsplan
o Leistungsstruktur
o Wettkampfanalytik
o Taktische Systeme
o Programmgestützte Wettkampfanalyse
• MVK
o Videofeedback
o Sicherheitsaspekte
o Videoanalyse
o Kreativität
o Coachingverhalten
o Trainingsformen für Kraft- und Konditionstraining
Einige dieser Themenbereiche können u.U. zwar in breit gefasstere Themen der Anspruchsdokumente
interpretiert werden, dennoch zeigt sich an dieser Stelle, dass in der Ausbildungswirklichkeit Themen
behandelt werden, die so explizit/ausdifferenziert nicht in den Ausbildungsdokumenten - weder den
RRL, noch den Ausbildungskonzeptionen der MV - genannt werden.
Weiterhin wurden 19 Themenbereiche weder in den Interviews genannt, noch in LLS beobachtet, die
auf Anspruchsebene formuliert werden. Da die vorliegende Wirklichkeitsanalyse, wie oben gezeigt,
keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, kann hierbei nicht von Differenzen gesprochen werden.
Die nachfolgende Aufzählung deutet dennoch darauf hin, dass gerade im Bereich PSK Ansprüche und
Wirklichkeit u.U. nicht deckungsgleich sind:
• PSK
o Berücksichtigung der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen
o Geschlechtsspezifische Interessendifferenzierung
o Förderung/Erhaltung der Sportlergesundheit
o Berücksichtigung der Besonderheiten spezieller Leistungsgruppen
o Berücksichtigung der Entwicklung vom Jugend- bis ins Erwachsenenalter
o Lehrarbeit im Spitzenverband
o Motivierung
o Berücksichtigung und persönlichkeitsfördernde Nutzung von Sozialfaktoren
Ergebnisse
180
o Verantwortung für die Persönlichkeitsentwicklung: Beachtung bildungspolitischer
Ziele
o Ehrenkodex
o Selbstständige Organisation von Aus-/Fort-/Weiterbildung
• FK
o Leistungssportstruktur und Talentförderung
o Organisation von leistungsorientiertem Training und Wettkampfvorbereitung und -
betreuung
o Motivierendes Angebot
o (Weiter-)Entwicklung der Sportart
o Kenntnis und Nutzen von Fördersystemen
o Strukturelle Grundkenntnisse
o Beiträge zu Rahmentrainingsplänen
o Anti-Doping-Kampf
Die Themen, insbesondere der PSK in den Interviews zugeordnet und in den LLS beobachtet wurden,
fokussieren stärker die direkte Kommunikation zwischen Trainern, Athleten und weiteren Akteuren.
Dazu zählen neben rhetorischen Grundlagen auch Themen, wie Feedback und Konfliktmanagement.
Die oben dargestellten Themen der Ausbildungsdokumente im Bereich PSK stellen dahingegen abs-
traktere Themenbereiche dar. Ein ähnliches Bild hat sich bereits im Rahmen der Anspruchsanalyse ge-
zeigt (Kap. 7.1.2.1), in dem die eher abstrakter formulierten Ziele der RRL (z.B. Berücksichtigung und
persönlichkeitsfördernde Nutzung von Sozialfaktoren) seltener in den Ausbildungskonzeptionen der
MV aufgegriffen wurden, als konkret greifbare Ziele z.B. koordinative und konditionelle Fähigkeiten.
Ergebnisse
181
Tab. 36: Gegenüberstellung von Themenbereichen zwischen den Ansprüchen (A; fettgedruckt = Themen aus den Ausbildungskonzeptionen der MV) und der Wirklichkeit
(I = Interviews; V = Videos; kursiv = ergänzende Themen aus der Ausbildungswirklichkeit) zu den drei Kompetenzkategorien PSK, FK, MVK je Verband (x= Themenbereich
wurde in diesem Verband genannt)
V1 V2 V3 V4
Themen A I V A I V A I V A I V
Persönliche- und sozialkommunikative Kompetenz (PSK)
Verantwortung für Persönlichkeitsentwicklung: Beachtung bildungspolitischer Ziele x x
Ehrenkodex x x
Motivierung x x
Berücksichtigung persönlichkeitsfördernde Nutzung von Sozialfaktoren x x x
Selbstständige Organisation von Aus-/Fort-/Weiterbildung x
Gruppenführung x x x x x x x x
Grundregeln der Kommunikation x x x x x x x x x
Berücksichtigung der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen x x x x
Geschlechtsspezifische Interessendifferenzierung x
Förderung/Erhaltung der Sportlergesundheit x x
Berücksichtigung der Besonderheiten spezieller Leistungsgruppen x x
Berücksichtigung der Entwicklung vom Jugend- ins Erwachsenenalter x
Zusammenarbeit mit Spezialisten und Funktionären x x x
Lehrarbeit im Spitzenverband x x
Selbstreflexion x x x x x x
Zusammenarbeit mit Eltern und anderen Trainingsgruppen x
Feedback x x x x
Trainer-Athlet-Beziehung/Athletenbetreuung x
Mentales Training/Psychohygiene x x
Eigenmotivation x
Rolle des Trainers im Gesamtsystem x x
Coachingverhalten/Standing vor einer Gruppe x x x
Trainerphilospohie x
Psychische Leistungsvoraussetzungen/mentales Training x x
Talentbegriff
x
Fachkompetenz (FK)
Ergebnisse
182
V1 V2 V3 V4
Themen A I V A I V A I V A I V
Leistungssportstruktur und Talentförderung Vereinsebene x x x
Umsetzung der Rahmenkonzeption/Rahmentrainingspläne Grundlagentraining x x
Organisation von leistungsorientiertem Training und Wettkampfvorbereitung und –betreuung x x x x
Motivierendes Angebot x
Grundtechniken (inkl. Fehlerkorrektur) x x x x x x x x x x
Kenntnis und Nutzen von Fördersystemen x x *
Strukturelle Grundkenntnisse x x x
Kenntnis und Berücksichtigung konditioneller und koordinativer Voraussetzungen x x x x x x
Leistungsdiagnostik in der Trainingssteuerung x x
Beiträge zu Rahmentrainingsplänen * x
Nationale und internationale Entwicklungen der Sportart x x x
Eigene technische Demonstrationsfähigkeit x x x
Erste Hilfe/Ablauf in Krisensituationen x x
Sicherheits- und Rechtsfragen x x
Anti-Doping-Kampf x
Anatomie x
Ernährung x
Finanzierung x
Trainerleitbild/Aufgaben eines Trainers x
Talentbegriff x
Sportsponsoring D
Planung von Großveranstaltungen x
Sportmedizinische und biologische Grundlagen x x
Planen von Unterrichtseinheiten x x x
Fachvokabular x x
Periodisierung/Jahrestrainingsplan x x x
Leistungsstruktur x
Wettkampfanalytik x
Taktische Systeme x
Programmgestützte Wettkampfanalyse x
Methoden- und Vermittlungskompetenz (MVK)
Ergebnisse
183
V1 V2 V3 V4
Themen A I V A I V A I V A I V
Basisrüstzeug Methoden im Grundlagentraining x x x x x x x x x x
Ermöglichung von Informationsverarbeitung und Eigeninitiative *
Pädagogisches Grundwissen über Trainingseinheiten x x x x
Systematischer Einsatz von Trainingsinhalten und -methoden x x x x * x x x
Grundprinzipien zielorientierten und systematischen Lernens * *
Ableitung von Individual- und Gruppentrainingsplänen x
Videofeedback x
Sicherheitsaspekte x
Videoanalyse x
Kreativität x
Coachingverhalten x x
Trainingsformen für Kraft- und Konditionstraining x
Ergebnisse
184
(c) methodische Gestaltung
Die Analyse der methodischen Gestaltung zielt auf Wirklichkeitsebene einerseits auf die von den Aus-
bildern formulierten methodischen Gestaltungsmerkmale (Interview) und andererseits auf die in den
LLS beobachtete methodische Gestaltung ab. Eine Differenzanalyse wird jedoch nur zwischen den An-
sprüchen und den Ergebnissen der Interviewanalyse mit den Ausbildungsdokumenten durchgeführt.
Für einen Vergleich zwischen den beobachteten LLS (Videoanalyse) und den Ausbildungsansprüchen,
wäre eine Operationalisierung der Gestaltungsvorlagen der Ausbildungsdokumente notwendig. Da
diese jedoch relativ offen formuliert und kurzgehalten sind (vgl. Kap. 7.1.3), ist eine trennscharfe Ope-
rationalisierung kaum möglich. Stattdessen wird daher im darauffolgenden Kapitel 7.3 eine ergän-
zende Analyse der Merkmale kompetenzorientierter LLS vorgenommen. In diesem Kapitel werden da-
her die Ergebnisse der Interviewerhebungen bezüglich allgemeiner methodischer Gestaltungsmerk-
male und Sozialformen mit den Ausbildungsdokumenten verglichen
Zunächst verfolgt die Analyse folgende Teilfragestellungen:
(c1) Welche methodischen Merkmale (kompetenzorientierter Aufgabenkultur) werden von den Aus-
bildern genannt?
(c1) Welche Passungen und Differenzen zwischen der Ausbildungswirklichkeit und den Ausbildungs-
dokumenten liegen hinsichtlich der Umsetzung methodischer Merkmale (kompetenzorientierter
Aufgabenkultur) vor?
Die Analyse der Ansprüche hat gezeigt, dass die in den RRL formulierten und von den MV mehrheitlich
übernommenen Gestaltungsvorlagen (Teilnehmerinnen- /Teilnehmerorientierung und Transparenz,
Umgang mit Verschiedenheit /Geschlechtsbewusstheit (Gender Mainstreaming, Diversity Manage-
ment), Zielgruppenorientierung/Verein als Handlungsort, Erlebnis-/Erfahrungsorientierung und Ganz-
heitlichkeit, Handlungsorientierung, Prozessorientierung, Teamprinzip, Reflexion des Selbstverständ-
nisses sowie das Rollenverständnis) einen ersten Orientierungsrahmen für die Gestaltung kompetenz-
orientierter LLS bieten, für deren konkrete Gestaltung jedoch zu unspezifisch bleiben (vgl. Kap. 7.1.3).
Passungen und Differenzen zwischen Ausbildungsansprüchen und -wirklichkeit
Eine übergeordnete Passung ist in der grundsätzlichen Ausrichtung und der Idee der Gestaltung von
LLS in der Trainerausbildung festzustellen. Dies manifestiert sich v.a. in der Orientierung der LLS an den
Lernenden. Die interviewten Ausbilder aller fünf Verbände beschreiben mehrheitlich ein Rollenver-
ständnis, bei dem sie ihre Rolle als Lernbegleiter und –förderer verstehen. Als Trainerausbilder möch-
ten sie die LLS an den Lernenden ausrichten und einen Rahmen vorgeben, innerhalb dessen die Teil-
nehmer sich Kompetenzen eigenständig aneignen können. Charakteristisch dafür ist die folgende Aus-
sage:
„Sag es mir und ich werde es wieder vergessen. Zeige es mir und ich werde mich daran erinnern. Lass es mich
machen und ich werde es können“ (D_8_B).
Weiterhin charakteristisch für dieses Lehr-Lernverständnis ist eine Anekdote eines Ausbilders, der ei-
nen ehemaligen Trainer zitiert, um den Unterschied zwischen Lehren und Lernen deutlich zu machen:
„Ja, das hast du schon von alleine gelernt, ich habe nur die richtigen Brocken reingeworfen. Ihr habt gelernt, in
der Gruppe euch miteinander zu einigen und auszuprobieren und den richtigen Weg zu finden. Und das Einzige,
was von außen reingeworfen wurde, waren bestimmte Methodikbrocken, die jemanden angeleitet haben,
selbst den richtigen Weg zu finden“ (C_1_B).
Ergebnisse
185
Gleichzeitig wird in einem Verband angemerkt, dass „früher“ (ebd.) häufig sehr viel lehrendenzentriert
vorgegeben und imitiert wurde und dass der Wandel von einer deduktiv geprägten Methodik hin zu
einer induktiven noch nicht gänzlich vollzogen worden sei. Eine dementsprechende eher lehrenden-
zentrierte, deduktive Haltung und damit eine Differenz wurde bei einem Ausbilder deutlich:
„Für mich, also MIR ist es nicht wichtig, es kommt auch darauf an, was MIR wichtig ist als Referent. Ich will in
der Trainerausbildung (…) von meinen Erfahrungen auch sprechen und so wie es war (…). Wenn die Trainer das
nicht annehmen, was denen hier erzählt wird, wenn die nicht bereit sind, sich darauf einzulassen, was denen
erzählt wird, dann nutzt die ganze Ausbildung nichts" (C_6_A).
Ihren Lehr- und Führungsstil beschreiben die Ausbilder dementsprechend mehrheitlich als demokra-
tisch, lediglich die Rahmenbedingungen müssen klar vorgegeben werden („direktiv“). Ein autokrati-
scher Führungsstil ist in den Augen mehrerer Ausbilder nicht zielführend, da die Teilnehmer nur dann
lernen, wenn sie freiwillig partizipieren. Diese Einschätzung wird durch das folgende Zitat deutlich:
„Ich muss mit Argumenten überzeugen und nicht mit Regeln oder irgendwelchen Dingern“ (E_1).
Auch ein Laissez-faire Stil wird nicht als sinnvoll erachtet, stattdessen sollte der Lehr- oder Führungsstil
demokratisch bzw. „symbiotisch“ sein:
„Symbiotisch, das heißt, Interaktion betreiben und überhaupt nicht autokratisch" (B_4_B).
Die befragten Ausbilder aller Verbände favorisieren daher deutlich Lernformate, in denen die Teilneh-
mer möglichst praxisorientiert Inhalte selbstständig erarbeiten:
„Es ist, wenn die selber... also alles ausprobieren, selber machen und selber Sachen erarbeiten, dann nehmen
die am meisten mit, weil das ist das, was im Gedächtnis bleibt: Gedanken machen, schriftlich niederlegen und
durchführen, das ist letztendlich das, was im Gedächtnis bleibt" (B_4_B).
Aufgaben, in denen die Teilnehmer selber denken, Dinge miteinander vernetzen, präsentieren und
diskutieren, werden als deutlich nachhaltiger angesehen als eine reine Wissensvermittlung. Als proba-
tes Mittel zum Einbezug der Teilnehmer werden häufig Fragen zu Inhalten, Erfahrungen und Meinun-
gen sowie Provokationen beschrieben:
„Und dann knalle ich bewusst zunächst mal ein absolutes Gegenstatement, um zu sehen, ‚wie weit sind sie in
der Lage, ihre eigene Aussage mit Inhalt zu füllen‘?" (E_2).
Weiterhin wird der Einbezug der Teilnehmer durch Fragen wie folgt beschrieben:
„Möglichst viel Einbinden der Teilnehmer. Also nicht in Aussageform, sondern zunächst mal, das haben sie viel-
leicht auch gemerkt, ich stelle viele Fragen. Ich glaube, das erhöht den Wachheitsgrad und die Wahrscheinlich-
keit des Mitdenkens" (ebd.).
Als Beispiele solcher lernendenzentrierten Aufgaben werden besonders Aufgaben beschrieben, die die
tägliche Trainerarbeit mit Athleten simulieren. Dazu gehöre es auch, immer wieder die Rolle des Ath-
leten einzunehmen, um sich selbst besser in diese Rolle hineinversetzen zu können: „Das kann man
nur erlernen, indem man es macht, indem man auch mal Fehler macht. Indem man Dinge dann revi-
diert, mal nochmal umsetzt" (D_5_C). Denn…
„es ist eben wichtig, dass eigene kognitive Prozesse von Lernenden in dem Moment ablaufen, damit sie etwas
verstehen, begreifen und möglichst Aha-Effekte haben. Aha-Effekt bedeutet für mich, dass es einen besonderen
Moment der neuen Erkenntnis gibt, der vielleicht mit einer Situation, einem Ort, einer Bewegung oder einem
Wort, wie auch immer, verbunden ist, den man so besonders gut abspeichert, besonders intensiv abspeichert
und auch besonders intensiv versteht. Anders, als wenn man nur quer oder so über etwas drüber liest. Also
müssen diese Effekte vorkommen" (B_3_C).
Ergebnisse
186
Gruppenarbeiten werden von einem Ausbilder auch kritisch betrachtet, da es abhängig von den Teil-
nehmern, immer auch passieren kann, dass sich einzelne Teilnehmer nicht in die Arbeit involvieren.
Aus diesem Grund seien Einzelarbeiten an manchen Stellen vorzuziehen.
Frontalvorträge bzw. Inputphasen werden von der Mehrheit der Ausbilder hingegen überwiegend als
notwendiges Übel angesehen:
„Das [wird] nicht übrigbleiben, dass man einen gewissen Frontalunterricht hat, dass man eine gewisse Wissens-
vermittlung hat“ (D_5_C).
„Also die schlimmste Form, die habe ich auch leider manchmal drin, oder MÜSSEN drin sein, ist so etwas wie
Präsentationen und Vorträge, da lernen sie am wenigsten meiner Ansicht nach" (C_4_C).
Laut Aussage eines Ausbilders erfüllen Vorträge aber durchaus ihre Funktion als Vor- oder Nachberei-
tung einer Praxisphase oder die Folien können als Lernmaterialien dienen. Von daher werden Frontal-
vorträge – je nach Thema – auch als sinnvoll erachtet, z.B. um von Expertenmeinungen zu profitieren:
„Aber das ist mal ein Vortrag, wo ich sage, da profitieren sie mal von einem Experten. Gruppenarbeit ist etwas
anderes, da bildet die Gruppe ein Ergebnis. Hier haben sie einen Experten, das muss auch ein Vortrag sein, reiner
Vortrag" (B_1_B).
Nach Aussagen der Ausbilder sollen die Teilnehmer aber auch bei Frontalvorträgen möglichst viel ein-
bezogen werden. In jedem Fall müsse eine Theoriephase immer mit Praxis verknüpft werden. Dabei
sollte eine gute Mischung aus Theorie und Praxis gewählt werden, die von einigen Ausbildern genauer
beziffert wird. Als ein gutes Verhältnis zwischen Theorie- und Praxisphasen gelte nach Ansicht eines
Ausbilders 1:1. Ein anderer Ausbilder hingegen erachtet „zwei Drittel Praxis, ein Drittel Theorie…
WENN nicht sogar vier Fünftel Praxis Übung" (E_1) als sinnvoll.
In einem Stimulated-Recall-Interview wurde ebenfalls betont, dass in der gezeigten Sequenz „eigent-
lich“ Gruppenarbeit besser gewesen wäre, dies aus Zeitgründen aber nicht möglich gewesen sei.
Die Funktion und der Umfang von Frontalvorträgen wird in den Ausbildungsdokumenten nicht festge-
legt, daher ist an dieser Stelle kein Vergleich möglich.
Viele Interviewte beschreiben weiterhin, dass es wichtig sei, den Teilnehmern auf Augenhöhe zu be-
gegnen, selber menschlich zu erscheinen und Kritik immer auf die Sache zu beziehen, nicht auf den
Menschen. D.h., dass man als Ausbilder nicht „irgendwie [als] Lehrertyp“ (B_3_C) dastehen sollte.
Auch stimmen viele Ausbilder darüber überein, dass eine authentische Vorbildfunktion lernförderlich
sei:
„Ich versuche, immer eine Mischung zu finden, daraus ein abstrakter Lehrer zu sein, der Sachen sagt und ver-
mittelt, aber auch einfach ein Vorbild zu sein… wer Dinge vorlebt und vormacht, von dem können sich andere
Leute etwas abschauen" (B_3_C).
Die Vorbildfunktion beziehe sich dabei sowohl auf die eigenen Werte, den Umgang miteinander als
auch auf die eigene körperliche Verfassung:
„Ich versuche, mit gutem Beispiel voranzugehen" (D_8_B), „wir reden miteinander, nicht übereinander"
(D_4_A).
Begründet wird der Wert der Vorbildunktion u.a. dadurch, dass die angehenden Trainer später eben-
falls als Vorbild für ihre Athleten fungieren sollen.
Ergebnisse
187
Diese Ausführungen zeigen zum einen zwar eine grundlegende Anschlussfähigkeit bzw. Passung zwi-
schen den Ausbildungsdokumenten und den Interviewaussagen hinsichtlich der methodischen Gestal-
tung von LLS. Zum anderen werden aber auch schnell Differenzen offensichtlich, indem die Ausführun-
gen der interviewten Ausbilder sehr viel konkreter sind, als die Ausbildungsdokumente. Dadurch ist
ein Vergleich auch nur auf einer oberflächlichen Ebene möglich. Darüber hinaus nennen einige Ausbil-
der erweiternde Bausteine zur formalen Ausbildung durch Formate, wie Mentorenprogramme oder
Hospitationen, die in den „Didaktisch-methodischen Grundsätze“ der Ausbildungsdokumente nicht
aufgegriffen werden:
Als informelle Lerngelegenheit beschreiben mehrere Ausbilder, dass sie auch Möglichkeiten abseits der
Ausbildung nutzen, z.B. in Pausen oder beim Abendessen, um mit den Teilnehmern ins Gespräch zu
kommen:
„Ja, neben dem reinen Unterricht auch die Gespräche, deswegen sind solche Lehrgänge wie hier total wichtig.
Wir gehen jetzt gleich zu Fuß zum Platz, da werden wir uns unterhalten. Wir gehen auch zurück, wir gehen heute
Abend zusammen essen. Das ist sehr viel... ich frage sehr viel hinterher und ich weiß inzwischen bei denen auch,
wo schwächen sind, wo auch Dinge sind, die einfach kaum mehr auszumerzen sind, aber auch noch wo Punkte
sind, wo man noch weiterentwickeln kann" (B_1_B).
Des Weiteren werden in zwei Verbänden gezielt Mentorenprogramme eingesetzt, um den Transfer
von der Ausbildungssituation in den Traineralltag zu verbessern:
„Und im Sport [Sportart anonymisiert] glaube ich, läuft viel über Mentoring, dass man also einen Trainer hat
oder gewisse Trainer, die einem viel vormachen, vorleben, von denen man sich etwas abschaut und dann seinen
eigenen Stil irgendwie verfeinert und entwickelt daraus" (B_3_C).
„Also wir machen es zum einen mal über das Thema Hospitation, das heißt, die sind bei einer Mannschaft mit
dabei, übernehmen dann auch Trainings... Teile des Trainings. Werden dann von den leitenden Trainern letz-
tendlich auch beraten, kriegen Infos, kriegen ein Feedback dazu" (D_4_A).
Inwiefern die Merkmale einer kompetenzorientierten Aufgabenkultur nicht nur in den Interviews ge-
nannt, sondern tatsächlich umgesetzt werden, wird im nachfolgenden Kapitel betrachtet.
7.3 Analyse der Aufgabenkultur in der Trainerbildung
Die nachfolgende Analyse zur Aufgabenkultur in der Trainerbildung ergänzt die zuvor beschriebenen
Ergebnisse der Differenzanalyse. Zunächst wird einerseits dargestellt, wie die befragten Ausbilder den
Stellenwert und die Umsetzung der sechs Merkmale kompetenzorientierter Aufgabenkultur (kognitive
Aktivierung, Offenheit, Reflexion, Individualisierung, Strukturierung, Lebensweltbezug; vgl. Kap. 4.4)
beschreiben. Und andererseits anhand von exemplarischen LLS dargestellt, wie diese Merkmale in der
Trainerbildung konkret umgesetzt werden. Dazu werden sowohl beobachtete Lernaufgaben als auch
das aufgabenbezogene Handeln in den Blick genommen (Kap. 7.3.1).
Unter der Annahme, dass aufgabenorientierte Lehr-Lernformate besser zur Umsetzung der o.g. Merk-
male geeignet sind, als input-orientierte Formate (z.B. Vorträge), wird anschließend der zeitliche Anteil
von aufgaben- vs. input-orientierten Formaten gegenübergestellt (Kap. 7.3.2).
Abschließend erfolgt eine skalierende Einschätzung (Nominalskala) der Ausprägung der sechs o.g.
Merkmale. Damit wird gezeigt in wie vielen LLS die einzelnen Merkmale tatsächlich beobachtet wur-
den (Kap. 7.3.3).
Ergebnisse
188
Umsetzung der Merkmale einer kompetenzorientierten Aufgabenkultur
In diesem Kapitel werden für die sechs Merkmale kognitive Aktivierung, Offenheit, Reflexion, Struktu-
rierung, Individualisierung und Lebensweltbezug zunächst jeweils zentrale Interviewaussagen der be-
fragten Ausbilder hinsichtlich des Stellenwerts und der Umsetzung beschrieben. Anschließend wird
anhand exemplarischer Beispiele (Aufgaben und aufgabenbezogenes Handeln) dargestellt, wie die ein-
zelnen Merkmale in der Trainerausbildung konkret umgesetzt werden. Folgende Fragestellung liegt
der Analyse zu Grunde:
(c2) Wie werden die sechs Merkmale kompetenzorientierter LLS (Aufgabenkultur) in der Trainerbil-
dung umgesetzt?
7.3.1.1 Kognitive Aktivierung
Wie in Kap. 4.4.1 ausführlich beschrieben wurde, wird unter kognitiver Aktivierung verstanden, dass
Lernende mittels komplexer, anwendungsbezogener und herausfordernder Lernaufgaben dazu ange-
regt werden, selbsttätig und kreativ Lösungswege zu entwickeln und auszuprobieren. Solchen Aufga-
bentypen wird eine zentrale Funktion zugeschrieben, „weil Kompetenzen ausdrücklich dazu befähigen
sollen, auch völlig neue und unbekannte Anforderungssituationen zu meistern“ (Feindt & Meyer,
2010). Nachfolgend werden einerseits Interviewaussagen zum Stellenwert und der Umsetzung von
kognitiver Aktivierung in LLS und andererseits exemplarische LLS dazu dargestellt und erläutert.
Interviewanalyse
Viele der beschriebenen Aussagen zur grundlegenden Gestaltung von LLS (z.B. Lehr-Lernformate, in
denen die Lernenden eine aktive Rolle einnehmen, in denen sie Aufgaben selbstständig lösen und aus-
probieren müssen; Kap. 7.2.3) stehen in unmittelbarer Verbindung mit dem Merkmal der kognitiven
Aktivierung. Der Stellenwert der kognitiven Aktivierung wird bereits deutlich, indem die befragten Aus-
bilder schildern, dass die Teilnehmer besonders dann viel lernen, wenn sie selber Dinge erleben, aus-
probieren, Lösungen mit anderen besprechen und diskutieren. Darüber hinaus beschreiben die Inter-
viewten auch konkrete Methoden zur kognitiven Aktivierung der Teilnehmer. Als probate Mittel wer-
den demnach z.B. Provokationen bzw. Methoden zur Sensibilisierung und Fragen zu Inhalten, Erfah-
rungen und Meinungen eingesetzt. Das macht auch bereits deutlich, dass für eine kompetenzorien-
tierte Gestaltung von LLS sowohl die Gestaltung von Aufgaben als auch das aufgabenbezogene Han-
deln eine zentrale Rolle einnehmen. Eine treffende Möglichkeit im Sinne des aufgabenbezogenen Han-
delns zur kognitiven Aktivierung der Lernenden zeigt das folgende Zitat:
„Mein wichtigstes Mittel ist das der Fragen und… provozieren. Ich provoziere gerne, indem ich Thesen aufstelle,
von denen die Leute in dem Moment noch nicht genau wissen, ob die jetzt stimmen oder nicht (…) und die
Provokation setzt immer noch so einen kleinen humoristischen Reiz dazu (…) wo ich Dinge mal überspitze oder
absichtlich mal auch eine Frage stelle, die nicht so direkt zu beantworten ist, um die Leute mal kurz zu
verunsichern, aus der Reserve zu locken. Und dabei geht es mir nicht darum, dass dann jemand etwas richtig
oder falsch macht, sondern einfach ich möchte die Leute zum DENKEN anregen" (B_3_C).
Ergebnisse
189
Videoanalyse
Eine Umsetzung des Merkmals kognitive Aktivierung wurde (je nach Themengebiet) v.a. in LLS beo-
bachtet, in denen sich Phasen mit (sport-)praktischen Aufgaben und Phasen des Wissenserwerbs er-
gänzt haben. Einerseits wurde dies durch zunächst interaktive Inputphasen mit anschließenden Praxi-
sphasen umgesetzt. Andererseits wurden auch solche LLS in hohem Maße als kognitiv aktivierend ein-
geschätzt, in denen die Teilnehmer zunächst Bewegungs- bzw. Lernaufgaben bearbeitet und die Er-
gebnisse und daraus resultierenden Erfahrungen in Diskussions- und Reflexionsphasen immer wieder
expliziert haben.
Anhand des Good-Practice-Beispiels (Anhang 11) wird nachfolgend dargestellt, wie in einer eher
(sport)praktisch-orientierten LLS zum Thema Gruppenführung und Heterogenität kognitive Aktivie-
rung umgesetzt wurde. Das Beispiel zeigt eine Sequenz von aufeinander aufbauenden Lernaufgaben,
die in Einzel- oder Gruppenarbeit durchgeführt und im Anschluss jeweils nachbesprochen und disku-
tiert wurden. Zur exemplarischen Veranschaulichung werden einzelne Sequenzen daraus hier aufge-
griffen und erläutert:
Aufgabe: Die Teilnehmer sollen sich in Einzelarbeit über Differenzierungsmöglichkeiten des Liegestüt-
zes Gedanken machen, welche im Anschluss gemeinsam besprochen werden:
„Überlegt, wie kann ich drei verschiedene Anspruchsniveaus (unfitter Breitensportler, fitter Breitensportler,
Leistungssportler), wie kann ich eine Liegestütze gestalten, dieselbe Übung, aber so gestalten, dass ich sage,
jeder von euch, ich sage mal macht 15 Stück, wie gestalte ich die? Los geht’s! Vormachen! Jeder für sich“
(C_4_C).
Aufgabe: In dieser Teilsequenz sollen die Teilnehmer in Kleingruppen anhand eines Fallbeispiels (hete-
rogene Sportgruppe) und beigelegten Materialien (Prüfungsordnungen der einzelnen Gurtfarben) eine
differenzierte Trainingsgestaltung zur Prüfungsvorbereitung erarbeiten. Diese wird im Anschluss
mündlich vorgestellt und diskutiert:
„Überlegt mal, wie ihr Aufgaben gestalten könnt, dass alle gemeinsam trainieren können, … ihr aber inhaltlich
das unterscheiden könnt… Bodenaufgaben (A legt die Prüfungsordnungen auf den Boden): Wo sind Sinnzusam-
menhänge, wo ihr sagt, das passt zusammen und wie könnt ihr die vielleicht gemeinsam trainieren. Los geht’s.
Ihr habt dafür ungefähr fünf Minuten Zeit. Und dann stelle ich, was vor, wie ich es mache“ (C_4_C)..
Aufgabe: Nun soll in Partnerarbeit ein Peer-Tutorial-Zirkel mit verschiedenen Bewegungsaufgaben
durchlaufen werden. In der Nachbesprechung hebt der Ausbilder das Ziel des Zirkels nochmals hervor:
„Das ist das Erste (zeigt auf die erste Station des Zirkels), d.h. ihr… probiert aus. Wenn ihr das könnt, dürft ihr
eins weitergehen… Nummer zwei ist es, wenn ihr irgendwo nicht (weiter-)wisst…, ist es eure Aufgabe, euch
irgendeinen weiter oben zu fragen, ob er euch kurz weiterhelfen kann… Jetzt ist es eure Aufgabe, das
auszuprobieren. Ich möchte auf alle Fälle zwei Befreiungsprinzipien haben“ (C_4_C)..
Aufgabe: In dieser Sequenz diskutiert die Gesamtgruppe über Differenzierungsmöglichkeiten für
schnellere und langsamere Sportler. Diese probieren die Teilnehmer im Sinne des Peer-Tutorials in
Partnerarbeit aus:
“Jetzt dürft ihr trotzdem, bevor wir weitermachen, ganz kurz eine von den Sachen, die ich jetzt gerade gemacht
habe, einmal kurz ausprobieren. Bevor ihr mich fragt, falls ihr etwas vergessen habt, … steht auf, schaut dann
rum und schaut, was ein anderer macht, ob er das vielleicht richtig macht, dann fragt mal den zuerst… Probiert
was aus, was ihr glaubt…, ob das ist jetzt im Grenzbereich von dem ist, was ich jetzt noch kenne oder weiß. Und
wenn ihr es nicht sauber hinkriegt, fragt jemanden anderen. Und wenn ihr da keinen findet, dürft ihr mich fra-
gen“ (C_4_C).
Die Teilnehmer werden während der gesamten Einheit durch anwendungsbezogene und herausfor-
dernde Lernaufgaben dazu angeregt, selbsttätig Lösungswege zu entwickeln und auszuprobieren. Das
Erarbeiten von verschiedenen Liegestützausführungen beispielsweise erfordert eine kreative kognitive
Ergebnisse
190
Auseinandersetzung mit dem Thema. Zusätzlich werden sie durchgehend durch das aufgabenbezo-
gene Handeln des Ausbilders durch viele offene Fragen in Diskussionsrunden, Nachbesprechungen und
Reflexionen angeregt sich kognitiv zu involvieren. Subjektives Vorwissen wird aktiviert und mit neuen
Erfahrungen und objektivem Wissen verknüpft. Diese Punkte begründen den hohen kognitiven Akti-
vierungsgrad für alle Teilnehmer.
Weitere Lernaufgaben mit hohem kognitiven Aktivierungsgrad in eher theorie-orientierten LLS waren
z.B. wie folgt gestaltet:
Aufgabe: Die Teilnehmer haben in Kleingruppen die Aufgabe sich ein Skript zu einem Thema auszusu-
chen und dieses aufzuarbeiten, d.h. zusammenzufassen, zu visualisieren und zu bewerten. Die Ergeb-
nisse wurden anschließend in der Gesamtgruppe vorgestellt und diskutiert:
„Ihr geht in kleinen Gruppen zusammen… Ich habe zu jedem Thema zwei … Skripte… Ihr müsst eines wählen
jetzt in der Gruppe und das erarbeiten. Ihr sollt das durchlesen, kurz zusammenfassen…, eine Übersicht gestal-
ten (Tabelle, Graphik, Präsentation, Plakat) … Was ich auch möchte, ist, dass ihr das Ganze mal kritisch betrach-
tet… Und dann, das, was ihr diskutiert habt und erarbeitet habt, kurz vorstellen… maximal zehn Minuten“
(C_2_B).
An dieser Stelle werden die Lernenden dazu angeregt sich kognitiv zu involvieren, indem sie Informa-
tionen aus einem Text herauslesen und diese mit Hilfe ihres Vorwissens in einer prägnanten Form ver-
ständlich visualisieren und vorstellen.
Eine weitere Aufgabe im Bereich Rhetorik/Kommunikation wurde bereits im vorherigen Kapitel skiz-
ziert und hier zusammengefasst dargestellt:
Aufgabe: Die Teilnehmer haben die Aufgabe eine 10-minütige Rede zu erarbeiten und vorzutragen. Im
Vorfeld wurden wichtige Merkmale und Methoden zur Erstellung einer guten Rede erarbeitet. Anspre-
chend wurden die Reden anhand dieser Merkmale diskutiert und reflektiert. Da jeder der Teilnehmer
eine Rede vorgetragen hat, mussten sich alle Lernenden sehr stark kognitiv mit dem Thema auseinan-
dersetzen.
Neben dem Stellen von Lernaufgaben hat auch das aufgabenbezogene Handeln der Ausbilder zur kog-
nitiven Aktivierung der Lernenden beigetragen. Dieses war insbesondere in Aufgabeneinführungs- so-
wie Besprechungsphasen von besonderer Bedeutung. Hier nehmen die Ausbilder die Rolle eines Mo-
derators ein und geben bspw. durch Zusammenfassungen, Transfergedanken und offene Fragen Im-
pulse dazu sich kognitiv zu involvieren. In den beobachteten LLS hat sich dies vorwiegend durch das
Stellen offener Fragen gezeigt:
Fragen im Rahmen des aufgabenbezogenen Handelns:
• „Was ist euer Gedankengang?“, „Glaubt ihr, das war für mich jetzt anstrengend als Trainer?“
„Was war mein Zweck, was war mein Sinn mit dieser Übung?“
• „Wie können wir ‚Konzentration‘ mental trainieren? Welche Trainingsformen im Kopf kennt
ihr denn im Sport?“
• „Was für Möglichkeiten gibt es da? Was kann man machen? Was wäre eure Idee?“
7.3.1.2 Offenheit
Wie in Kap. 4.4.2 ausführlich beschrieben wurde, sollen offene Lernaufgaben in kompetenzorientierten
LLS verschiedene alternative Lösungswege und Ergebnisse sowie verschiedene Deutungen und Erfah-
Ergebnisse
191
rungen für Lernende ermöglichen (Bloemen & Schlömer, 2012; Kurz, 2003). Nachfolgend werden ei-
nerseits Interviewaussagen zum Stellenwert und der Umsetzung von Offenheit in LLS und andererseits
exemplarische LLS dazu dargestellt und erläutert.
Interviewanalyse
Die Interviewten benennen die Offenheit von Aufgaben als ein wichtiges Merkmal, das aber nicht im-
mer einfach zu realisieren sei:
„Ja, das ist ja die Kunst bei der Sache" (D_8_B).
Als Beispiele für offene LLS werden einerseits offen gestellte Fragen (aufgabenbezogenes Handeln)
genannt, die verschiedene Antwortmöglichkeiten zulassen. Andererseits werden offene Aufgabenstel-
lungen beschrieben, bei denen ein Rahmen und eine Zielstellung vorgegeben werden, bei denen aber
sowohl der Lösungsweg als auch das Ergebnis offen sei:
„Im Spielsport gibt es keine wirklich richtigen oder wirklich falschen Lösungen, sondern günstigere und ungün-
stigere Lösungen" (B_3_C).
„Allerdings lasse ich die ungerne ins kalte Wasser springen, also so einfach nur eine Vorgabe, sondern ich gebe
schon mal ein, zwei Richtungen vor, aber sie sind da ganz flexibel und können daraus machen, was sie wollen"
(C_5_C).
Dazu seien besonders Aufgaben geeignet, bei denen die Teilnehmer Dinge vernetzen und Entschei-
dungen abwägen müssen, bei denen es kein richtig oder falsch gebe und sie ihre Entscheidungen dann
begründen müssen.
Es gebe aber auch Themen, bei denen es nur eine richtige Lösung gebe. Dann müsse von außen stärker
gelenkt werden. An dieser Stelle wird auch eine Differenzierung anhand von Lizenzstufen vorgenom-
men, in dem gesagt wird, dass in den niedrigeren Lizenzstufen eine stärkere Steuerung nötig sei, als in
den höheren. Schwierigkeiten ergeben sich dann, wenn die Teilnehmer selbst nicht zur angedachten
Zielvorstellung gelangen:
„Wobei ich mich manchmal dann schwertue, wenn die mir einen Lösungsvorschlag geben, wo ich weiß, der ist
nicht gut, aber ich jetzt nicht möchte, dass ich sage ‚ne, der ist nicht gut‘, sondern ich möchte, dass die erkennen,
woran das jetzt hapert, woran das jetzt ausgeht. Und das ist immer ein schwieriger Kampf natürlich“ (B_1_A).
Videoanalyse
Wie in der Definition oben beschrieben, wurden LLS immer dann als in hohem Maße offen eingestuft,
wenn die Lernenden die Möglichkeit hatten sich über verschiedene Wege einem vorgegebenen Ziel-
kontinuum zu nähern. Wobei Offenheit an dieser Stelle nicht meint, dass jede erzielte Lösung gut oder
richtig ist. Entsprechende Lösungsvarianten sollten vor dem Hintergrund des vorgegebenen Ziels dis-
kutiert und eingeschätzt werden.
In eher sport-praktischen LLS wurde das Merkmal Offenheit z.B. wie folgt umgesetzt:
Aufgabe: Im Rahmen der praktischen Ski-Ausbildung hat der Ausbilder einem Teilnehmer während der
Liftfahrt (ca. 5 Minuten) die Aufgabe gegeben eine kurze Trainingseinheit zu einem bestimmten Tech-
nikmerkmal zu konzipieren und durchzuführen. Die Umsetzung erfolgte in direktem Anschluss. An-
schließend wurde die durchgeführte Einheit diskutiert und reflektiert68.
68 Transkript nicht vorhanden, da Aufgabe im Zweiergespräch zwischen Ausbilder und Teilnehmer gestellt wurde.
Ergebnisse
192
Offenheit bestand an dieser Stelle insofern, dass der Teilnehmer das Thema anhand seiner Interessen
und Fähigkeiten ausdifferenzieren und sich auf einen Teilbereich festlegen konnte. Und zum anderen
dadurch, dass er die methodische Umsetzung (Lösungsweg) komplett frei wählen konnte.
Weitere Lernaufgaben mit hohem Offenheitsgrad in eher theorie-orientierten LLS waren z.B. wie folgt
gestaltet:
Aufgabe: Die Teilnehmer sollen in einem Rollenspiel zu dritt bzw. zu viert (ein Klient mit einem realen
Problem und zwei bzw. drei Berater) die ersten vier Phasen des ‚Problemlösetrainings‘ durchspielen,
welches im Anschluss vorgestellt werden soll:
„Der Klient, so nennen wir den mal, erklärt möglichst viel zu seinem Problem… Die Berater fragen möglichst viel
nach, um dieses Problem möglichst genau beschreiben zu können… Sobald diese Analysephase vorbei ist…, dann
dreht der Klient sich um oder weg und die anderen zwei oder drei Berater sammeln Ideen… Wenn diese Phase
rum ist, auch wieder 10-15 Minuten, dann geht es darum, dass sich der Klient wieder rumdrehen darf und sich
überlegen darf: Ok, welche Idee spricht mich jetzt am meisten an? Ja? Und als Nächstes überlegt er sich konkrete
Schritte, gerne auch in der Diskussion mit den Beratern“ (C_1_B).
Hier äußert sich die Offenheit dadurch, dass die Teilnehmer sich zunächst selbst zu Gruppen zusam-
menfinden, dann Themen entsprechend der Interessen und Bedürfnisse gewählt werden und kein Er-
gebnis vorgegeben ist.
Das aufgabenbezogene Handeln der Ausbilder bildet sich hinsichtlich des Merkmals Offenheit in glei-
cher Weise ab, wie bei der kognitiven Aktivierung – v.a. durch offene Fragen und Transferimpulse (s.o.).
7.3.1.3 Reflexion
Laut Definition (vgl. Kap. 4.4.2) sollen LLS Phasen beinhalten, in denen Erfahrungen und Aufgabenlö-
sungen hinterfragt und diskutiert werden. Als Sonderform wird unter Metareflexion die übergreifende
Reflexion von Lern(fort)schritten verstanden (Feindt & Meyer, 2010; Kleinknecht, 2010).
Nachfolgend werden einerseits Interviewaussagen zum Stellenwert und der Umsetzung von Reflexion
in LLS und andererseits exemplarische LLS dazu dargestellt und erläutert.
Interviewanalyse
Bei der Frage nach dem Reflexionsverständnis und dessen Umsetzung lassen sich die größten Unter-
schiede zwischen den Ausbildern erkennen. Reflexion wird teilweise als Ergebnisanalyse verstanden
und weniger als Methode für einen erweiterten Erkenntnisgewinn der Teilnehmer. Darüber hinaus ist
festzustellen, dass Reflexion häufig synonym für Feedback verwendet wird und diese beiden Prozesse
häufig nicht voneinander abgegrenzt werden können:
„Da ist, glaube ich bei den Leuten viel mehr passiert, als sie es ausprobiert haben und sich Reflexion von einem
Kollegen geholt haben" (C_1_B).
Teilweise wird das Wort Reflexion auch verwendet, um generell das „Nachdenken über etwas“ zu be-
schreiben:
„Wichtig MIR ist dabei, dass alle Teilnehmer in den Prozess miteinbezogen sind. Nicht bloß immer konsumieren,
sondern auch direkt sich Gedanken über die Trainerarbeit machen und indem ich jedem einfach bewusst ver-
schiedene Aufgaben gebe, währenddessen der eine Teilnehmer die Trainerarbeit erledigt, reflektieren die ein-
fach deutlich mehr" (D_5_C).
Unabhängig von diesem Verständnis wird Reflexion in der Trainerausbildung als ein „MUSS“ (D_8_B)
angesehen.
Ergebnisse
193
Etwa ein Viertel der Ausbilder geht souverän mit dem Reflexionsbegriff und damit zusammenhängen-
den Methoden um. Diese Ausbilder beschreiben, dass sie sowohl Reflexions- als auch Feedbackmetho-
den bewusst einsetzen und können deren unterschiedliche Zielstellungen auch benennen. Sie sind der
Ansicht, dass reflektiertes Wissen deutlich nachhaltiger sei. Als Ziel der Reflexion wird ein erweiterter
Erkenntnisgewinn auf Seiten der Teilnehmer beschrieben, z.B. durch die Reflexion über den Grad der
Zielerreichung einer Einheit:
„Was war der Anfang der Stunde und wo wollten wir am Ende hin?" (C_4_C).
„Ich gebe Feedback. Ich gebe Anregung zur Eigenreflexion und ich sorge dafür, dass die Teilnehmer untereinan-
der sich besprechen, also drei Dimensionen" (E_4).
Beispiele für konkrete Reflexionsmethoden werden nur von einzelnen Ausbildern genannt. Als gängige
Reflexionsmethoden werden an dieser Stelle einerseits schriftliche Verfahren beschrieben, bei denen
die Teilnehmer aufgefordert werden ihre gemachten Erfahrungen Revue passieren zu lassen und an-
schließend ihre wichtigsten Erkenntnisse zu notieren. Andererseits wird ein Szenario geschildert, in
dem die Teilnehmer am Ende des Tages in einer offenen Reflexionsrunde über ihre gemachten Erfah-
rungen sprechen:
„Und am Tagesende finde ich es auch immer wichtig, nochmal eine kurze Reflexionsrunde zu machen und auch
am Ende von Übungen, um zu wissen, was hat man jetzt da hier gemacht, was hat das für eine Intention gehabt
und dann ist auch wichtig für mich, dann zu erfahren, wie es die Teilnehmer dann empfunden haben. Ob sie das
auch so gesehen haben, wie ich es mir vorgestellt habe, oder anders" (A_3_C).
Ein weiterer Ausbilder beschreibt eine Anbahnung zur Selbstreflexion, indem er die Teilnehmer zu-
nächst gezielt Erfahrungen sammeln lässt, diese dann in der Gruppe diskutiert und zielorientiert ord-
net. Andere Ausbilder beschreiben ein Vorgehen, bei dem zu verschiedenen Zeitpunkten der Ausbil-
dung Einzelgespräche geführt werden (z.B. über Ziele, Voraussetzungen, Erwartungen), die dann re-
gelmäßig hinterfragt und abgeglichen werden.
Metareflexion im Sinne der Überprüfung des Kompetenzzuwachses der einzelnen Teilnehmer führen
die Ausbilder in ihren Einheiten nicht durch und verweisen darauf, dass dies eher ein Prozess im Rah-
men der Gesamtausbildung sei und in der Hand des Ausbildungsleiters liege.
Mit Feedback scheinen die Interviewten insgesamt vertrauter zu sein. Dies äußert sich einerseits darin,
dass die Ausbilder den Teilnehmern regelmäßig Feedback zu ihren Leistungen geben, andererseits in
der Form, dass sie sich Feedback zur Gestaltung der Ausbildung von den Teilnehmern einholen. Als
Feedbackmethoden lassen einzelne Ausbildern nach einer Aufgabenbearbeitungsphase im Sinne eines
„peer-coachings“ zunächst andere Teilnehmer Feedback geben, bevor sie selber Rückmeldungen ge-
ben.
Videoanalyse
Die Umsetzung und auch die Analyse von Reflexionsprozessen sollte im Rahmen einer ganzen LLS be-
trachtet werden. Damit unterscheidet sich dieses Merkmal ein Stück weit von den bisherigen. Die Qua-
lität einer Reflexion ist immer in Hinblick auf das Lernziel zu betrachten. Eine Aufgabe kann einen ho-
hen Grad an kognitiver Aktivierung oder Offenheit aufweisen, obwohl die Aufgabe nicht das festge-
legte Ziel ansteuert. Eine Reflexion hängt hingegen maßgeblich vom Lernzielbezug ab. Weiterhin sollte
jede Aufgabe in einer LLS bspw. offen und kognitiv aktivieren gestaltet sein, hingegen kann es sinnvoll
sein, Reflexionsphasen erst nach einer Reihe verschiedener Aufgaben anzustoßen, um auf sämtliche
gesammelten Erfahrungen zurückzugreifen. Daher wurde die Umsetzung von Reflexionsphasen maß-
geblich anhand der Zielorientierung und der Qualität der Umsetzung eingeschätzt.
Ergebnisse
194
In eher sport-praktisch-orientierten LLS wurden Reflexionsphasen häufig wie folgt umgesetzt:
Aufgabe: In einer LLS zur Thema Schulung koordinativer Fähigkeiten haben die Teilnehmer zunächst
die Rolle der Athleten eingenommen. In einer Sequenz voneinander aufbauenden, in der Schwierigkeit
ansteigenden technischen Übungen, haben die Teilnehmer Bewegungsaufgaben gelöst. Nach jeder Se-
quenz wurden vom Ausbilder Impulse für Erkenntnisse und deren Transfer in den Traineralltag gege-
ben und kurze Gruppendiskussionen geführt. Abschließend wurde die Gesamteinheit eingeordnet. Die
erste Sequenz behandelt das Erkennen von akustischen Signalen als Unterstützung für Bewegungsab-
folgen:
Zunächst benennt der Ausbilder das Ziel der ersten Sequenz: „Ziel, ist es jetzt in der ersten viertel
Stunde, weg von dem akustischen, weg von dem optischen Reiz hin zum taktilen-kinästhetischen“
(C_1_A).
Dann demonstriert der Ausbilder eine Bewegungsabfolge und spricht den Rhythmus beim Vormachen
mit. Die Teilnehmer sollen das Schrittmuster in Partnerarbeit nachmachen: „Aufwärmschrittmuster.
Ganz leicht. Nur zum Reinkommen. Probiert es“ (ebd.).
„Ziel ist es jetzt einen Rhythmus zu erkennen und wir versuchen zunächst die Hilfestellung zu geben
über eine akustische Orientierung… Jetzt habt ihr die Aufgabe, jeder gibt einmal eine Akustik vor“
(ebd.).
„Und jetzt versucht einmal selbstständig herauszufinden, wie schaffe ich es, das Signal auf den Partner
zu übertragen ohne ein akustisches oder optisches Signal zu geben, sondern ein leichtes taktiles oder
kinästhetisches (ebd.)“ (Die Teilnehmer sollen in das Schrittmuster graduelle Unterschiede (gro-
ßer/kleiner Schritt, langsam/schnell) einbauen. Der Ausbilder erklärt dazu Änderungen in der takti-
len/kinästhetischen Hilfestellung).
Die anschließende Reflexionsphase ist wie folgt aufgebaut:
Der Ausbilder demonstriert mit einer anderen Teilnehmerin zunächst noch einmal das Schrittmuster,
ohne eine akustische Unterstützung. Dadurch versetzt er die Teilnehmer in die Rolle des Trainers und
fragt: „Was hat sie (Partnerin) am Anfang gemacht? Was hat ihr gefehlt?“. Der Ausbilder unterstützt
den Reflexionsprozess durch erneutes Vormachen der Übung mit und ohne akustische Unterstützung.
In einer kurzen Gruppendiskussion wird über Gelingensfaktoren der Aufgabe und den Transfer in den
Trainingsalltag gesprochen. Anschließend erläutert er die akustische Orientierung als Mittel der Rhyth-
misierung und geht auf den Zusammenhang zwischen Taktfrequenz und Bewegungslernen ein und er-
weitert die Aufgabenstellung:
Aufgabe: „Ihr müsst mal für euch selber herausfinden, welches denn die bessere (Idee) ist, damit wir
auch das Lernziel (s.o.) erreichen“ (ebd.).
Von der Systematik ähnlich, hat ein Ausbilder in einer anderen beobachteten LLS Reflexionsprozesse
angebahnt, indem die Lernenden durch unterschiedliche sportpraktische Aufgaben immer wieder Er-
fahrungen gesammelt und diese anschließend nachbesprochen haben. In der Nachbesprechung wur-
den u.a. die in der Einheit angebahnten Erfahrungen und die Arbeitsprozesse der bearbeiteten Aufga-
ben diskutiert und schrittweise durch - am Stundenthema orientierten - offenen Fragen analysiert.
Zusätzlich hat der Ausbilder Überlegungen zum Transfer in den Trainingsalltag angestoßen, z.B. durch
Fragen, wie „Was ist euer Gedankengang?“, „Glaubt ihr, das war für mich jetzt anstrengend als Trai-
ner?“ „Was war mein Zweck, was war mein Sinn mit dieser Übung?“ (C_4_C).
Diesem Prinzip folgend, sprich Erfahrungen sammeln, das Erlebte hinterfragen, einordnen und trans-
ferieren, um zu weiterführenden Erkenntnissen zu gelangen, wurde sowohl in sportpraxis- als auch in
theorie-orientierten LLS beobachtet. In einer eher theorie-orientierten LLS wurde eine Reflexion z.B.:
wie folgt umgesetzt:
Ergebnisse
195
Im Anschluss an die oben skizzierte Aufgabenstellung zur kognitiven Aktivierung (lesen, zusammenfas-
sen und visualisieren eines Skripts) stellt der Ausbilder folgende Reflexionsfragen (aufgabenbezogenes
Handeln), die zunächst den Lerngegenstand vertiefen und dann einen Transfer in den Traineralltag
anbahnen:
• „Was ist euch aufgefallen?“
• „Ist irgendetwas bei allen Texten, die ihr gelesen habt, aufgefallen?“
• „Habt ihr Unterschiede erkennen können, was das Umfeld, das System anbelangt?“
• „Was hat das mit einer Rahmentrainingskonzeption zu tun? Nützt denn so eine Rahmentrai-
ningskonzeption?“
Statt in der LLS eigene Erfahrungen zu sammeln, wurde in anderen LLS auch auf bereits bestehende
Erfahrungen zurückgegriffen. Ein zentraler Aspekt für eine hohe Einstufung des Merkmals Reflexion
war, dass der Ausbilder bewusst und systematisch zur Eigenreflexion der Teilnehmer anregt und die
Teilnehmer beim Transfer der gewonnenen Erkenntnisse in ihren Traineralltag unterstützt hat. Eine
Zusammenfassung und Bewertung des Ausbilders ist in diesem Sinne nicht als Reflexion einzuschätzen.
Resümierend wird aber deutlich, dass das Merkmal Reflexion maßgeblich durch das aufgabenbezogene
Handeln der Ausbilder umgesetzt wird. Vorherige Aufgaben bilden jedoch die Basis für dessen Umset-
zung.
7.3.1.4 Strukturierung
Laut Definition (vgl. Kap. 4.4.4) sollen LLS eine für Lernende transparente Struktur hinsichtlich kompe-
tenzorientierter Lernziele, methodischer Schritte sowie nachvollziehbarer Rück- und Ausblicke aufwei-
sen (Kleinknecht, 2010; Vogelsang, 2014). Nachfolgend werden einerseits Interviewaussagen zum Stel-
lenwert und der Umsetzung von Strukturierung in LLS und andererseits exemplarische LLS dazu darge-
stellt und erläutert.
Interviewanalyse
Eine klare Ausbildungs- und Unterrichtsstruktur wird von allen Ausbildern als wichtig empfunden. So-
wohl was die eigene Unterrichtsstruktur und –gestaltung (z.B. Gliederung oder Prinzipien, wie vom
Allgemeinen zum Detaillierten) angehe als auch die Zieltransparenz und Absprache mit den Teilneh-
mern:
„Die Erfahrung musste ich sammeln, aus der Vergangenheit hatte ich mal ein Seminar, das hat mich so ein biss-
chen dahingehend geprägt, dass mir ein Teilnehmer, oder zwei, drei Teilnehmer am Ende einer Drei-Tages-Ver-
anstaltung gesagt hat: ‚es hätte wahnsinnig geholfen, wenn du uns am Anfang mal gesagt hättest, wo die Reise
hingeht. Wir waren anderthalb Tage etwas irritiert, weil das Ganze so Fragmente waren. AM ENDE war uns das
klar, wo du hinwillst, aber am Anfang und in der Mitte nicht" (E_1).
„Ich versuche dann trotzdem am Anfang der Stunde zu sagen: passt auf, diese beiden Hauptthemenblöcke habe
ich mir herausgesucht. Das wollen wir heute erarbeiten und da zeige ich euch ein paar unterschiedliche Wege,
wie wir da hinkommen" (C_1_B).
Unterschiede bestehen in der Meinung zur Kommunikation der Ziele einzelner Einheiten. Dabei sind
Ausbilder teilweise unterschiedlicher Auffassung, ob die Ziele jeder Einheit den Teilnehmern bekannt
sein müssten bzw. sei dies themenabhängig. Ein Teil der Befragten sieht in dieser Hinsicht eine beson-
dere Verknüpfung zwischen strukturellen Ankern und der kognitiven Aktivierung der Lernenden. In-
dem Übersichten, Aus- und Rückblicke gegeben werden, können die Lernenden das Wissen besser und
nachhaltiger abspeichern.
Ergebnisse
196
„Da ist es wichtig, dass das sauber strukturiert ist, weil sonst bleibt das Wissen einfach nicht hängen, dann
verschwindet das in irgendwelchen Schubladen, die dann nicht mehr zugreifbar sind" (D_5_C).
Deshalb benennt dieser Teil der Befragten die Ziele jeder Einheit. Ein anderer Teil der Ausbilder be-
nennt die Ziele der Gesamtausbildung, aber nicht jeder Einheit:
„Manchmal mache ich das den Teilnehmern teilweise transparent, indem ich zu Beginn einer Stunde ein
bisschen sage, worauf es aufbauen wird und wohin es hingeht. Es ist allgemein verhältnismäßig selten. Es ist
häufiger mal so, dass ich gegen Ende der Stunde noch einmal resümiere und die Struktur in dem gerade be-
sprochenen nochmal versuche zu verdeutlichen und welche Gedanken nun dahintergesteckt haben“ (B_3_C).
„Für den Ausbildungsgang am Anfang der Woche für die gesamte Woche, ja. Aber nicht in jeder einzelnen
Stunde" (B_1_B).
Nach Ansicht einzelner Befragter sei eine gute Struktur ebenfalls die Basis für gute Reflexionsmöglich-
keiten. Andererseits könne auch gelegentlich bewusst weniger Struktur vorgegeben werden, um die
Teilnehmer durch fehlende Informationen zum Nachdenken anzuregen (=kognitive Aktivierung).
Videoanalyse
Im Laufe der Beobachtung wurden zwei unterschiedliche Perspektiven auf das Merkmal Strukturierung
deutlich. Zum einen der Blick auf die Oberflächenstruktur der LLS, d.h., ob die aufeinanderfolgenden
Sequenzen in einem logischen Zusammenhang zueinander stehen. Zum anderen hinsichtlich der Lern-
zieltransparenz zu Beginn einer Einheit und Zusammenfassungen, Aus- und Rückblicke unter Berück-
sichtigung der Ziele zum Ender der LLS. Unterschiede in der Ausprägung zeigten sich dahingehend, dass
die transparente Darlegung von Lernzielen sowie die Nutzung von Aus- und Rückblicken nicht durch-
gehend zu beobachten waren, während eine logische Oberflächenstruktur durchgehend erkennbar
war. Im Sinne einer strengeren Auslegung des Merkmals, wurde Strukturierung sowohl in eher sport-
praktischen als auch eher theorie-orientierten LLS wie folgt umgesetzt:
Als Beispiel wird auf die unter dem Merkmal Reflexion (Kap. 7.3.1.3) beschriebene LLS zum Koordina-
tionstraining zurückgegriffen:
Zunächst wurde das Ziel der Stunde transparent gemacht (Lernzieltransparenz): „Ziel, ist es jetzt in der
ersten viertel Stunde, weg von dem akustischen, weg von dem optischen Reiz hin zum taktilen-kinäs-
thetischen“ (C_1_A).
Anschließend folgten aufeinander aufbauende Sequenzen bestehend aus Aufgaben und Kurzreflexio-
nen.
Abschließend wurde das Ziel noch einmal aufgegriffen und das Erlebte in einen Gesamtrahmen einge-
ordnet (Zusammenfassung, Aus- und Rückblick): „Zielsetzung dieser Stunde war aus meiner Sicht nicht
unbedingt die Inhalte des Koordinationstrainings euch näher zu bringen, sondern einfach mal Beispiele
aus dem Koordinations-/Techniktraining zur Hilfe zu nehmen, um euch klar zu machen, wie man ein
Gefühl für eine Lösungsmöglichkeit oder für eine Situation auf den Partner überträgt. Das heißt, sich
mal ein so bisschen rauszunehmen und die Aufgaben relativ offen zu gestalten, die aber lösbar sind,
und ihr müsst selber aber die Lösungen finden… Jetzt ging es einfach darum, wir lernen miteinander
zu arbeiten… Das ist eines der wichtigsten Ziele, die wir haben, im Nachwuchsleistungssport. Eigenver-
antwortung in die Gruppe zu geben, Eigenverantwortung an die Sportler zu geben und nicht immer
exakt vorzugeben du musst das machen und das machen und das machen. Das gehört natürlich im
Leistungssport auch dazu… aber das ist dann eine komplett andere Trainingseinheit. Wenn ich sowas
mache, wo es um Lernen geht, um Variationen, um Lösungen von offenen Situationen, dann ist ganz
viel Kreativität gefragt und ganz viel Gefühl gefragt. Und dieses Gefühl möchte ich so ein bisschen in
die Gruppe und in die Partner vermitteln. Ich hoffe, das ist so ein bisschen rübergekommen“ (ebd.).
Ergebnisse
197
Dadurch wird deutlich, dass sich dieses Merkmal nur durch das Zusammenspiel aus den gestellten Auf-
gaben und dem begleitenden aufgabenbezogenen Handeln umsetzen lässt.
Im Gegensatz zu den vorherigen Merkmalen, wurde ein hoher Ausprägungsgrad der Strukturierung
teilweise auch in Vorträgen beobachtet, wenn Ziele formuliert, diese konsequent behandelt wurden
und anschließend Aus- und Rückblicke gegeben wurden.
7.3.1.5 Individualisierung
Laut Definition (vgl. Kap. 4.4.5) sollen LLS individuelle Voraussetzungen (z.B. Lernstand, Interessen)
berücksichtigen und Lernenden die Möglichkeit bieten, Lernaufgaben ihren Voraussetzungen gemäß
zu bearbeiten. Die Steuerung durch die Lehrkraft wird mit Differenzierung beschrieben (Kleinknecht,
2010; Pfitzner, 2014). Nachfolgend werden einerseits Interviewaussagen zum Stellenwert und der Um-
setzung von Individualisierung in LLS und andererseits exemplarische LLS dazu dargestellt und erläu-
tert.
Interviewanalyse
Bezüglich der Individualisierung im Rahmen von LLS sind sich die Interviewten einig, dass es in den
Trainerausbildungen eine große Heterogenität gibt. Diese beziehe sich auf das Vorwissen - „man kann
von keinen einheitlichen Grundkenntnissen ausgehen“ (D_11_D) -, eigenen Erfahrungen/Können als
Trainer und als Athleten im Leistungs- oder Breitensport und beruflichen Qualifikationen:
„Wir haben natürlich hier in der Ausbildung sagen wir mal eine maximale Heterogenität an beruflichen Qualifi-
kationen und auch akademischem Hintergrund" (D_8_B).
Nur vereinzelt sind sich die Ausbilder auch über Unterschiede zwischen den Teilnehmern hinsichtlich
ihrer Lernwege und Arbeitstempi bewusst. Die größte Heterogenität sehen alle Befragten im Rahmen
der C-Lizenz. Das Ziel sei es deshalb, in der C-Ausbildung „ein einheitliches Niveau herzustellen“
(D_4_A).
Diese Unterschiedlichkeit wird in zwei Verbänden eher als Erschwernis bewertet. Um damit umzuge-
hen, beschreiben die Ausbilder deshalb, dass sie einerseits versuchen unterschiedliche Lernwege an-
zubieten, z.B. „kognitiv analytisch“ oder eher „emotional, erfahrungsbasiert“ (B_3_C). Andererseits er-
klären sie, dass sie die Komplexität des zu vermittelnden Wissens und die Sprache an die Gruppe an-
passen. Das bedeute auch, dass wenn erfahrene Spieler auf einem sehr hohen Niveau diskutieren, so
eingegriffen werden müsse, dass auch die weniger Erfahrenen wieder folgen können. Wichtig sei je-
doch, dass auch die „Besserqualifizierten“ etwas lernten:
„Das ist schwierig. Ich bemühe mich, so detailliert über Dinge zu sprechen, dass Leute zwar verstehen, was die
wichtigen Grundsäulen und Grundpfeiler oder Eckpfeiler sind einer gewissen Stunde, aber auch, dass immer für
die Besserqualifizierten Details dabei sind, dass jeder etwas aus dieser Stunde rausnimmt" (B_3_C).
In drei Verbänden hingegen wird diese Unterschiedlichkeit überwiegend als gewinnbringend oder als
ein „schöner Ausgleich“ (A_2_C) verstanden, da die Stärken und Schwächen der Einzelnen Lernenden
gut mit in die Ausbildung einfließen können:
„Also ich bitte die Teilnehmer, ihre Erfahrungen einfach einfließen zu lassen in unser Geschehen und sage dann
auch, dass wir gerne jeder von jedem profitieren möchten" (A_3_C).
Das zeigen auch die folgenden Zitate:
„Die kommen alle aus einem unterschiedlichen sozialen Umfeld, die haben unterschiedliche Sportvorerfahrung
[Sportart anonymisiert]. Spitzenwettkämpfer, ein Vizeweltmeister dabei. Und eher breitensportorientierte
Sportler und, dass ich versuche, irgendwie die Gruppe so zusammenzufassen, dass jeder etwas davon hat. Dass
sie voneinander profitieren, ja und nicht nur der Schlechte von dem Guten, sondern auch der Gute von dem
Ergebnisse
198
Schlechten etwas mitnimmt, indem er sieht, ‚aha, okay, vielleicht kann ich ja an der Stelle eingreifen, um ihm
ein bisschen zu helfen‘" (C_1_B).
„Also die Spitze lernt da vor allem dadurch, dass sie eigentlich den anderen helfen (…) ich bin eigentlich immer
froh, wenn welche drin sind, die selber aktiv diesen Sport gemacht haben [Sportart anonymisiert] und eventuell
sogar schon als Trainer arbeiten und die versuchen wir dann letztendlich mit ihrer Erfahrung auch in die Ausbil-
dung einzubauen“ (D_4_A).
Ein anderer Ausbilder beschreibt hingegen, dass sich die Aufteilung in homogenere Gruppen bewährt
habe. Je kleiner eine Gruppe sei, desto besser könne man mit ihr arbeiten. Ein anderer Ausbilder be-
schreibt, dass der Umgang mit Heterogenität „das Geschick des guten oder schlechten Dozenten [ist]
... da gibt es keine Formel. Das ist das, was den Lehrer ausmacht. In der Schule oder hier in der Trai-
nerausbildung, ganz egal" (E_4).
Gleichzeitig fordere diese Heterogenität aber auch, dass Fremdwörter reduziert bzw. erläutert und das
sprachliche Niveau an die Gruppe angepasst werden müsse.
Eine andere Möglichkeit auf die Individualität der Teilnehmer eingehen zu können, sei das Stellen of-
fener Aufgaben, die die Teilnehmer dann selber gestalten können.
Die Individualisierung und Heterogenität der Teilnehmer spielt in der Trainerakademie eine besondere
Rolle. Die interviewten Ausbilder stellen durch die unterschiedlichen Sportarten eine besonders große
Heterogenität fest, wobei die Unterscheidung der Sportarten nicht die größte Herausforderung in die-
ser Hinsicht sei:
„Und die Konstellation, die viel schwieriger ist, muss man sagen, ist nicht, dass die aus verschiedenen Sportarten
kommen, sondern, dass die Konstellation ist, dass die ein sehr, sehr unterschiedliches Vorwissen mitbringen.
Und das Vorwissen reicht ja, da sind welche, die bestimmt auch ein Studium hinter sich haben, oder die Biologie
Leistungskurs bis hin ins Unermessliche hatten. Und es gibt andere, ich weiß nicht, ob das jetzt in DER Einheit
war, oder heute Morgen, kam das dann raus, der sagte auch, ‚ich komme von der Hauptschule, so etwas haben
wir nicht gehabt‘“ (anonymisiert).
Videoanalyse
Das Merkmal der Individualisierung zeigt eine besonders enge Verknüpfung mit dem Merkmal der Of-
fenheit. Immer dann, wenn eine LLS eine hohe Offenheit aufweist, wurde die Individualisierung hoch
eingestuft, da die Möglichkeit innerhalb einer Aufgabenstellung Lösungswege frei wählen zu können,
es ebenfalls ermöglicht, dass die Lernenden die Aufgabe entsprechend ihrer Voraussetzungen und In-
teressen anpassen können. Als exemplarische Umsetzungsbeispiele wird daher auf das Kapitel zur Of-
fenheit (7.3.1.2) verwiesen.
Ergänzend dazu wurde eine weitere Möglichkeit zur Gestaltung einer individualisierten theorie-orien-
tierten LLS beobachtet:
Aufgabe: Die Teilnehmer erstellen einen mehrwöchigen Trainingsplan in Kleingruppen. Dabei hatten
sie Wahlmöglichkeiten bezüglich ihrer Partner, des zu bearbeitenden Themenbereichs sowie der Aus-
wahl einer bestimmten Zielgruppe.
Analog der vorherigen Merkmale bieten Vorträge kaum Potenzial zur Individualisierung. Durch die Vor-
tragsstruktur und fehlende Lernaufgaben können individuelle Voraussetzungen der Lernenden nicht
berücksichtigt werden und damit werden auch keine Differenzierungsmöglichkeiten genutzt.
Weiterhin wird deutlich, dass das Merkmal Individualisierung primär durch Aufgaben und weniger
durch aufgabenbezogenes Handeln umgesetzt wird.
Ergebnisse
199
7.3.1.6 Lebensweltbezug
Laut Definition (Kap. 4.4.6) sollen LLS einen Bezug zu Sport im Alltag sowie einen erkennbaren Nutz-
wert für die Anwendung erworbener Kompetenzen in spezifischen Settings, bspw. als Trainer oder
Sportlehrkraft besitzen (Kleinknecht, 2010; Feindt & Meyer, 2010). Nachfolgend werden einerseits In-
terviewaussagen zum Stellenwert und der Umsetzung von Lebensweltbezug in LLS und andererseits
exemplarische LLS dazu dargestellt und erläutert.
Interviewanalyse
Die Ausbilder in allen fünf Verbänden sind weitestgehend der Ansicht, dass ein Lebensweltbezug in der
Trainerausbildung i.d.R. immer gegeben sei und dieser nicht expliziert werden müsse. Grund dafür sei,
dass viele Aufgaben gestellt werden, die aus der alltäglichen Praxis stammen und mit der die Teilneh-
mer häufig sowohl als Athlet als auch als Trainer vertraut sind:
„Ich glaube die Sache selber macht das schon deutlich eigentlich" (A_1_B).
Vereinzelt bemühen sich Ausbilder aber auch explizit darum, zu verdeutlichen, warum der behandelte
Inhalt für die Teilnehmer von Bedeutung sei, z.B. durch „SEHR lebensnahe Metaphern“ (B_1_B) oder,
indem die dahinterstehende Leistungskomponente im Rahmen der Wettkampfstruktur deutlich ge-
macht werde. Sei der Bezug einmal nicht klar, so werde der Transfer in Anschlusseinheiten hergestellt.
In der Spezialisierungs-Ausbildung der Trainerakademie komme hinzu, dass sich die Teilnehmer die
Themen und Ausbildungen aus eigenem Interesse aussuchen. Vereinzelt bemühen sich Ausbilder aber
auch explizit darum zu verdeutlichen, warum der behandelte Inhalt für die Teilnehmer von Bedeutung
ist, z.B. in Form von offenen Fragen, wie etwa: „Was hat das denn… für was brauchen wir das eigentlich
bei der Sportart?“ (anonymisiert).
Videoanalyse
Das Merkmal Lebensweltbezug stellt in der Trainerbildung insofern eine Besonderheit dar, als dass es
omnipräsent erscheint; sowohl in sportpraxis- und in theorie-orientierten Einheiten als auch in primär
aufgabenbasierten Einheiten und in Vorträgen. Die Einschätzung der Kodierer deckt sich an dieser
Stelle mit den Interviewaussagen der Ausbilder. Die behandelten Themen in der Trainerausbildung
ergeben sich demnach unmittelbar aus dem täglichen Trainingsalltag. Jeder der Teilnehmer habe zuvor
ein Training aus mindestens einer Perspektive miterlebt (Trainer, Athlet).
Alle in den vorherigen Kapiteln beschriebenen Aufgaben und LLS behandeln Themen, die unmittelbar
aus dem Trainingsalltag stammen und werden an dieser Stelle nicht wiederholt. Es ist anzunehmen,
dass diese Themen daher eine subjektive Bedeutsamkeit für die Lernenden haben.
Eine explizite Verdeutlichung des Lebensweltbezugs wurde teilweise durch ein aufgabenbezogenes
Handeln beobachtet, indem durch Fragen an die Teilnehmer der Bezug verdeutlicht wurde, z.B.: „Wa-
rum ist das für wichtig? Wann braucht ihr das?“.
So sollte sich der Lebensweltbezug unmittelbar aus den gestellten Aufgaben ergeben als ggf. auch er-
gänzend durch das aufgabenbezogene Handeln verdeutlicht werden.
7.3.1.7 Zusammenfassung und ergänzende Befunde
Die vorangegangenen Ausführungen und exemplarischen Beschreibungen dazu, wie die sechs Merk-
male einer kompetenzorientierten Aufgabenkultur in der Trainerbildung umgesetzt werden, haben fol-
gende übergreifende Erkenntnisse gebracht:
Ergebnisse
200
Die Umsetzung der Merkmale manifestiert sich sowohl in einzelnen Lernaufgaben (v.a. kognitive, Ak-
tivierung, Offenheit, Individualisierung, Lebensweltbezug), im Zusammenspiel einzelner Aufgaben in
einer LLS (v.a. Strukturierung, Reflexion) sowie im begleitenden aufgabenbezogenem Handeln (kogni-
tive, Aktivierung, Offenheit, Reflexion, Strukturierung, Lebensweltbezug).
Dadurch, dass sich einige Merkmale erst durch das Zusammenspiel verschiedener Aufgaben bzw. Un-
terrichtsphasen zeigen, ist bei der Einschätzung zu berücksichtigen, dass darin einzelne Phasen enthal-
ten sein können, die zunächst nicht den Merkmalen entsprechen, sich durch ihre Einbettung in den
Gesamtkontext dennoch als gewinnbringend erweisen. So können bspw. vereinzelte Inputphasen oder
auch motorische Aufgaben, die weder kognitiv aktivierend, noch offen gestaltet sind dazu genutzt wer-
den, um Wissen anzureichern oder spezifische Erfahrungen zu sammeln, die dann im Gesamtkontext
zur kompetenzorientierten Gestaltung beitragen.
Weiterhin hat die exemplarische Darstellung gezeigt, dass sich unterschiedliche Aufgaben oder das
aufgabenbezogene Handeln zu einzeln Merkmalen auch zur Illustration weiterer Merkmale geeignet
haben. Das heißt, dass davon auszugehen ist, dass verschiedene Merkmale in einem Zusammenhang
miteinander stehen. Insbesondere gilt das für folgende Merkmale:
Die Merkmale Offenheit und Reflexion schienen maßgeblich Einfluss auf den Grad der kognitiven Akti-
vierung zu nehmen. Im Zuge der Einstufung wurde angenommen, dass offen gestellte, herausfor-
dernde Lernaufgaben, die dazu anregen, selbsttätig Lösungswege zu entwickeln und auszuprobieren
bei den Teilnehmern in hohem Maße eine kognitive Aktivierung auslösen. Selbiges gilt für Reflexions-
prozesse, bei den die Lernenden ihre gemachten Erfahrungen sowie ihr subjektives Vorverständnis ex-
plizieren und diese mit neuem objektivem Wissen verknüpfen. Außerdem scheinen offene Aufgaben
ein hohes Individualisierungspotential zu besitzen. Weiterhin scheint eine klare Strukturierung, v.a.
hinsichtlich der Lernzieltransparenz eine Grundlage für Reflexionsprozesse zu sein, da diese das Kennen
und Einordnen der angestrebten Ziele voraussetzt und diese mit den gemachten Erfahrungen im Laufe
der LLS verknüpft werden.
Als zwischenzeitliches Fazit kann weiterhin festgehalten werden, dass sich eine kompetenzorientierte
Aufgabenkultur v.a. durch (Lern-)aufgaben und begleitendes aufgabenbezogene Handeln der Ausbil-
der umsetzen lässt. Eher input-orientierte Lehr-Lernformen, wie Vorträge oder Referate können die
Merkmale nur bedingt erfüllen. Wie oben dargestellt, können sie dennoch bestimmte Funktionen im
Rahmen einer LLS erfüllen, wenn sie entsprechend in das Gesamtkonzept eingebettet werden.
Anteile von Input- und Aufgabenphasen
Unter der Annahme, dass die Merkmale kompetenzorientierter LLS, insbesondere die kognitive Akti-
vierung, Offenheit und Individualisierung in Input- und Aufgabenphasen unterschiedlich stark ausge-
prägt sein können, wurde zunächst analysiert, wie sich die gesamte Beobachtungsdauer je Verband
und Lizenzstufe einerseits auf die Vortragszeit und andererseits auf die Aufgabenzeit verteilt.
Grundsätzlich wurden v.a. folgende Lehr-Lernformate beobachtet:
• Aufgabenorientiert:
o sportpraktisch-orientierte Lernaufgaben (Verknüpfung aus Motorik und Kognition)
o theorie-orientierte Lernaufgaben (ohne motorische Anteile)
o (formative) Lehrproben
o Übung von Bewegungsfertigkeiten (Fokus auf Motorik, wenig Kognition)
• Vorträge/Inputphasen
Ergebnisse
201
Unter Vorträgen/Inputphasen werden auch Vorträge mit wiederkehrenden Kurzantwortfragen an das
Plenum verstanden, durch die die Teilnehmer gelegentlich eingebunden werden. Alle anderen o.g.
Formate werden nachfolgend als Aufgabenzeit dargestellt.
Folgende Teilfragestellung liegt zu Grunde:
(c3) Wie unterscheiden sich die zeitlichen Anteile von Input- und Aufgabenphasen in den LLS der
einzelnen Verbände und Lizenzstufen?
Bei Betrachtung der Verteilung der zeitlichen Anteile von Vortrags- und Aufgabenphasen der fünf Ver-
bände zeigt sich zunächst ein relativ ähnliches Bild bei drei der fünf Verbände. Die V1, V3 und V5 zeigen
ein annähernd ausgewogenes Verhältnis von ca. 45-55% Aufgaben- und Vortragszeit. Bei V2 und V4
liegt hingegen ein deutliches Ungleichgewichtvor: Während V2 mit 71% ein deutliches Übergewicht zu
Gunsten von Vortragsphasen aufweist, ist bei V4 mit 78% Aufgabenphasen das Gegenteil festzustellen
(Tab. 37).
Tab. 37: Zeitliche Anteile von Vortrags- und Aufgabenphasen nach Verband
V1 V2 V3 V4 V5
Dauer aller Einheiten in Stunden 10:56 27:28 15:50 7:46 9:13
davon Vortragszeit 5:00 (46%) 19:36 (71%) 7:05 (45%) 1:44 (22%) 4:55 (53%)
davon Aufgabenzeit 5:56 (54%) 7:52 (29%) 8:44 (55%) 6:01 (78%) 4:19 (47%)
Bei Betrachtung der Verteilung anhand der drei Lizenz-Stufen C- bis A-Lizenz69 sowie der Grundlagen
(GL) und Spezialisierungsausbildung (Spez.) der Trainerakademie (Tab. 38), zeigt sich insgesamt ein
unausgeglichenes Verhältnis zwischen Vortrags- und Aufgabenphasen. In der C- Lizenz sowie der Spe-
zialisierungsausbildung konnte ein deutliches Übergewicht zu Gunsten der Aufgabenzeit beobachtet
werden (68%). In der B- und A-Lizenz sowie der GL-Ausbildung hingegen lag der Schwerpunkt verstärkt
auf Vorträgen.
Tab. 38: zeitliche Anteile von Vortrags- und Aufgabenphasen nach Lizenzstufe
C-Lizenz B-Lizenz A-Lizenz GL Spez.
Dauer aller Einheiten in Stunden 22:58 17:57 12:59 4:12 5:01
davon Vortragszeit 7:24 (32%) 11:28 (64%) 10:11 (78%) 3:20 (79%) 3:26 (32%)
davon Aufgabenzeit 15:34 (68%) 9:46 (36%) 2:48 (22%) 0:53 (21%) 1:35 (68%)
Auf Grund der hier gezeigten Unterschiede zwischen den einzelnen Verbänden und Lizenzstufen wird
nachfolgend eine Detailanalyse der einzelnen Verbände unter Berücksichtigung der Lizenzstufen vor-
genommen.
69 Da nur eine sportartspezifische Diplom-Trainerausbildung beobachtet wurde, wird dieser Wert in der Tabelle
nicht dargestellt.
Ergebnisse
202
Verband 1
Die Gesamtbeobachtungsdauer je Ausbildungsstufe in V1 beträgt zwischen 1:58h (Trainer-A) und
5:02h (Trainer-C). Insgesamt nehmen Vorträge/Inputphasen einen größeren zeitlichen Anteil in An-
spruch, als Aufgabenphasen, wobei die Verteilung zwischen den Lizenzstufen schwankt. Während in
der C-Lizenz das Verhältnis mit 86% stark zu Gunsten von Aufgabenphasen ausfällt, ist dies in der B-
und v.a. in der A-Lizenz mit 66% bzw. 88% Vortragszeit in umgekehrter Weise der Fall.
Tab. 39: Zeitliche Anteile von Vortrags- und Aufgabenphasen V1
C-Lizenz B-Lizenz A-Lizenz
Dauer aller Einheiten in Stunden 5:02 3:54 1:58
davon Vortragszeit 0:41 (14%) 2:34 (66%) 1:44 (88%)
davon Aufgabenzeit 4:21 (86%) 1:20 (34%) 0:14 (12%)
Verband 2
Die Gesamtbeobachtungsdauer in V2 je Ausbildungsstufe beträgt zwischen 4:46h (Diplom-Trainer) und
7:58h (Trainer-A). Insgesamt nehmen Vorträge/Inputphasen mehr Zeit in Anspruch als Aufgabenpha-
sen. Während in der B- und C-Lizenz das Verhältnis relativ ausgewogen ist, herrscht in der A- und Dip-
lom-Trainer Ausbildung ein deutliches Übergewicht zu Gunsten von Vorträgen/Inputphasen (beachte
Fußnoten).
Tab. 40: Zeitliche Anteile von Vortrags- und Aufgabenphasen V2; *spArt = sportartspezifisch
C-Lizenz B-Lizenz A-Lizenz Diplom *spArt70
Dauer aller Einheiten in Stunden 6:48 7:54 7:58 4:46
davon Vortragszeit 4:04 (60%) 4:14 (54%) 6:55 (86%) 4:22 (87%)
davon Aufgabenzeit 2:44 (40%) 3:40 (46%) 1:03 (13%) 0:24 (13%)
Verband 3
Die Gesamtbeobachtungsdauer je Ausbildungsstufe in V3 beträgt zwischen 3:02h (Trainer-A) und
6:40h (Trainer-C). Insgesamt nehmen Vorträge/Inputphasen und Aufgabenphasen in etwa gleich viel
Zeit in Anspruch, wobei die Verteilung zwischen den Lizenzstufen schwankt. Während in der C-Lizenz
das Verhältnis mit 86% stark zu Gunsten von Aufgabenphasen ausfällt, ist dies in der B-Lizenz mit 76%
Vortragszeit in umgekehrter Weise der Fall. Das Verhältnis in der A-Lizenz ist dagegen ausgeglichen.
Tab. 41: Zeitliche Anteile von Vortrags- und Aufgabenphasen V3
C-Lizenz B-Lizenz A-Lizenz
Dauer aller Einheiten in Stunden 6:40 6:07 3:02
davon Vortragszeit 0:54 (14%) 4:38 (76%) 1:31 (50%)
davon Aufgabenzeit 5:45 (86%) 1:28 (24%) 1:31 (50%)
70 Ein Großteil der beobachteten Einheit zum Diplom-Trainer ist methodisch als Mischform aus Vortrag und im-
mer wieder eingestreuten Gruppendiskussionen zu beschreiben. Zur besseren Handhabung wurde jeweils für
jede in sich geschlossene Sequenz die Zeit entweder zu Vortrag oder zu Aufgabe gewertet. Aus diesem Grund ist
der Wert für die Diplom-Trainer-Ausbildung mit Vorsicht zu interpretieren und spiegelt den Verlauf nicht adäquat
wieder. Ebenfalls ist zu berücksichtigen, dass die besonderen Bedingungen der Diplom-Trainer Ausbildung, wie
die geringe Teilnehmerzahl einen Einfluss auf die methodische Gestaltung nimmt.
Ergebnisse
203
Verband 4
Die Gesamtbeobachtungsdauer je Ausbildungsstufe in V4 beträgt 4:37h beim Trainer-C und 3:18h beim
Trainer-B. Insgesamt nehmen Aufgabenphasen deutlich mehr Zeit in Anspruch als Vorträge/Inputpha-
sen. Beim Trainer-B wurden nur Aufgabenphasen beobachtet, beim Trainer-C ein Verhältnis von 61%
zu 39%.
Tab. 42: Zeitliche Anteile von Vortrags- und Aufgabenphasen V4
C-Lizenz B-Lizenz
Dauer aller Einheiten in Stunden 4:37 3:18
davon Vortragszeit 1:44 (39%) 0:00 (0%)
davon Aufgabenzeit 2:43 (61%) 3:18 (100%)
Verband 5
Die Gesamtbeobachtungsdauer in V5 beträgt zwischen 4:12h (GL) bzw. 7:54 (Spez.). Vorträge/Input-
phasen nehmen in der GL-Ausbildung mit 68% deutlich mehr Zeit in Anspruch als Aufgabenphasen. In
der Spez.-Ausbildung hingegen herrscht mit 79% ein deutliches Übergewicht zu Gunsten von Aufga-
benphasen.
Tab. 43: Zeitliche Anteile von Vortrags- und Aufgabenphasen V5
GL-Ausbildung Spez.-Ausbildung
Dauer aller Einheiten in Stunden 4:12 7:54
davon Vortragszeit 3:19 (79%) 1:34 (32%)
davon Aufgabenzeit 0:53 (21%) 3:26 (68%)
Nachfolgend wird dargestellt, in wie vielen LLS die einzelnen Merkmale beobachtet wurden.
Ausprägung der Merkmale kompetenzorientierter LLS
Weiterhin wurde analysiert, in wie vielen der LLS die sechs Merkmale einer kompetenzorientierten
Aufgabenkultur (vgl. Kap 4.4) beobachtet werden konnten. Folgende Teilfragestellung liegt zu Grunde:
(c4) Wie häufig sind die sechs Merkmale kompetenzorientierter LLS zu beobachten?
Zur Erfassung wurde von zwei unabhängigen Kodierern ein Rating zu jeder Ausbildungseinheit anhand
der sechs Merkmale kognitive Aktivierung, Offenheit, Reflexion, Strukturierung, Lebensweltbezug und
Individualisierung vorgenommen (vgl. Kap. 6.4.4). Ergebnisse zur Häufigkeitsverteilung („keine/nied-
rige“ vs. „moderate/hohe“ Ausprägung) gesamt, pro Verband, pro Lizenzstufe sowie pro Kompetenz-
kategorie werden für jedes Merkmal nachfolgend dargestellt. Die Abb. 15, Abb. 16, Abb. 17 und Abb.
18 zeigen die Häufigkeitsverteilung der sechs o.g. Merkmale für eine „moderate/hohe Ausprägung“.
Bei der nachfolgenden Auswertung ist zu berücksichtigen, dass die dargestellten Ergebnisse keine Aus-
sagen über die Qualität der Umsetzung der Merkmale aussagen. Dargestellt wird, in wie vielen LLS ein
Merkmal mindestens hin und wieder (‚moderat‘, vgl. Kodierleitfaden) beobachtet wurde.
Die Gesamtbetrachtung (alle Verbände/Lizenzstufen und Kompetenzkategorien) der Häufigkeitsver-
teilung zeigt folgende Ergebnisse (Abb. 15):
Das Merkmal Lebensweltbezug wurde durchgängig in jeder LLS beobachtet und scheint in der Trainer-
ausbildung omnipräsent zu sein.
Ergebnisse
204
Die Merkmale Strukturierung und kognitive Aktivierung wurden ebenfalls relativ häufig, in mehr als
80% der LLS, beobachtet. Das bedeutet, dass einerseits eine erkennbare Struktur der LLS erkennbar ist
und, dass andererseits die Lernenden in den meisten LLS zumindest hin und wieder kognitiv aktiviert
werden.
Die Merkmale Offenheit (ca. 70%), Reflexion (ca. 50%) sowie Individualisierung (ca. 50%) wurden hin-
gegen seltener beobachtet. Das bedeutet, dass in der Mehrzahl der LLS offene Aufgabenstellungen
eine Rolle spielen, also auch solche Aufgaben gestellt werden, die unterschiedliche Lösungswege, -
ergebnisse und Deutungen zulassen. Trotzdem ist nur in ca. der Hälfte der LLS zu beobachten, dass
Individualisierungsmöglichkeiten für die Lernenden vorliegen, d.h. die Möglichkeit Aufgaben auszu-
wählen und zu bearbeiten, die den individuellen Interessen und Fähigkeiten entsprechen in nur ca. der
Hälfte der LLS gegeben werden. Selbes gilt für die Reflexion. In der Hälfte der beobachteten LLS wurden
keine Reflexionsphasen beobachtet, in der anderen Hälfte waren diese mindestens hin und wieder
beobachtbar.
Die verbandsspezifische Betrachtung dokumentiert folgende Ergebnisse (Abb. 16):
V4 und V5 zeigen eine überdurchschnittlich hohe Ausprägung bei nahezu allen Merkmalen. Im Rahmen
einer Interpretation ist an dieser Stelle zu berücksichtigen, dass mit jeweils N=4 am wenigsten LLS be-
obachtet wurden. Dementsprechend kann konstatiert werden, dass in den jeweils vier beobachteten
LLS der Verbände 4 und 5 alle Merkmale einer kompetenzorientierten Aufgabenkultur beobachtet
wurden.
Auffällig ist, dass im V1 in nur drei von neun LLS Reflexionsprozesse und in fünf von neun LLS struktu-
rierende Prozesse beobachtet wurden. Bei V1 wurden insgesamt am wenigsten Merkmale beobachtet.
Die Häufigkeitsverteilung der anderen beiden Verbände zeigt geringfügige Unterschiede, ist jedoch
eher als unauffällig zu charakterisieren. D.h., dass sie mittlere Werte auf dem Kontinuum zwischen den
einerseits sehr hohen Ausprägungen von V4 und V5 und andererseits den niedrigeren Ausprägungen
von V1 zeigen.
Die lizenzstufenspezifische Betrachtung zeigt folgende Ergebnisse (Abb. 17):
In den beiden beobachteten Spezialisierungsausbildungen wurden alle sechs Merkmale beobachtet.
Der Blick auf die Verteilung von Input- und Aufgabenphasen (vgl. Kap. 7.3.2; Tab. 43) zeigt, dass in den
beiden LLS ca. zwei Drittel Aufgabenzeit beobachtet wurde.
Weiterhin wurden insbesondere die drei Merkmale kognitive Aktivierung, Offenheit sowie Reflexion
sehr häufig in LLS der C-Lizenz beobachtet (ca. 80%/80%/60%; N=14). Auch in der C-Lizenz lag der An-
teil an beobachteten Aufgabenphasen bei 68%.
Im Gegensatz dazu wurden insbesondere die vier Merkmale kognitive Aktivierung, Offenheit, Reflexion
sowie Individualisierung in der A-Lizenz (N=7) verhältnismäßig selten beobachtet. Der Blick auf die Ver-
teilung von Input- und Aufgabenphasen (s.o.) zeigt an dieser Stelle, dass in der A-Lizenz ca. 78% Input-
phasen beobachtet wurden. Somit wurden die sechs Merkmale in der A-Lizenz insgesamt am seltens-
ten beobachtet. Diese Beobachtungen stützen die Annahme, dass die Umsetzung der Merkmale einer
kompetenzorientierten Aufgabenkultur und damit einer kompetenzorientierten Gestaltung der LLS
primär durch Aufgaben gewährleistet werden kann.
Die Betrachtung anhand der unterschiedlichen Kompetenzkategorien (PSK, FK, MVK oder LLS in denen
mehrere Kompetenzkategorien zum Thema gemacht wurden [„mehrere“]), zeigen folgende Ergeb-
nisse (Abb. 18):
Am häufigsten wurden die sechs Merkmale in LLS beobachtet, in denen mehrere Kompetenzkatego-
rien integriert thematisiert wurden (ca. 95%/90%/85%/90%/100%/70%; N=18). Auch in LLS zur PSK
wurden die sechs Merkmale ebenfalls überdurchschnittlich häufig beobachtet. In LLS zur MVK und v.a.
zur FK hingegen wurden insbesondere die Merkmale kognitive Aktivierung, Offenheit, Reflexion und
Ergebnisse
205
Individualisierung deutlich seltener beobachtet. In nur jeweils einer LLS zur FK wurden Reflexionen o-
der Individualisierungen beobachtet.
Abb. 15: Gesamtbetrachtung der Häufigkeitsverteilung "moderate/hohe" Ausprägung der sechs Merkmale
kompetenzorientierter LLS
Abb. 16: Gesamtbetrachtung pro Verband der Häufigkeitsverteilung "moderate/hohe" Ausprägung der
sechs Merkmale kompetenzorientierter LLS
0%
20%
40%
60%
80%
100%
Häufigkeit "moderat/hoch" - Gesamt
0%
20%
40%
60%
80%
100%
Häufigkeit "moderat/hoch" - Verbandsspezifisch
V1 (N=9) V2 (N=14) V3 (N=11) V4 (N=4) V5 (N=4)
Ergebnisse
206
Abb. 17: Gesamtbetrachtung pro Lizenzstufe der Häufigkeitsverteilung "moderate/hohe" Ausprägung der
sechs Merkmale kompetenzorientierter LLS
Abb. 18: Gesamtbetrachtung pro Kompetenzkategorie der Häufigkeitsverteilung "moderate/hohe" Ausprä-
gung der sechs Merkmale kompetenzorientierter LLS
0%
20%
40%
60%
80%
100%
Häufigkeit "moderat/hoch" - Lizenzstufenspezifisch
C-Lizenz (N=14) B-Lizenz (N=16) A-Lizenz (N=7) GL (N=2) Spez. (N=2)
0%
20%
40%
60%
80%
100%
Häufigkeit "moderat/hoch" -Kompetenzkategorienspezifisch
PSK (N=8) FK (N=9) MVK (N=7) mehrere (N=18)
Zusammenfassung und Diskussion
207
8 Zusammenfassung und Diskussion
In diesem Kapitel werden die zentralen Ergebnisse der Studie zusammengefasst, in Hinblick auf iden-
tifizierte Passungen und Differenzen auf Anspruchs- und Wirklichkeitsebene in den theoretischen Rah-
men eingeordnet (Kap. 2-4) und diskutiert. Die Diskussion richtet sich maßgeblich an der Frage aus, in
welchem Maß die Trainerausbildung im DOSB den selbstgesteckten Ansprüchen der Kompetenzorien-
tierung (auf Anspruchs- [F1] und Wirklichkeitsebene [F2]) gerecht wird. Dazu werden in diesem Kapitel
die Ergebnisse der Anspruchs- und der Wirklichkeitsebene der drei Kategorien (a) Kompetenzverständ-
nis, (b) Ziele sowie (c) methodische Gestaltung jeweils zusammengeführt.
Darüber hinaus werden die methodische Vorgehensweise sowie die verwendeten Methoden zusam-
mengefasst und kritisch diskutiert.
8.1 (a) Kompetenzverständnis
Zunächst werden die zentralen Ergebnisse zum Kompetenzverständnis auf Anspruchs- und Wirklich-
keitsebene dargestellt und diskutiert. Dabei geht es einerseits um die in den Ausbildungsdokumenten
angelegten Modellvorstellungen und Definitionen (a1) sowie das in den Interviews skizzierte Kompe-
tenzverständnis (a1) der Ausbilder und andererseits um die Qualität der kompetenzorientierten Ziel-
formulierungen auf Dokumentenebene (a2).
Zusammenfassung
(a1) Modelle und Definitionen
Hinsichtlich des beschriebenen Kompetenzverständnisses zeigt sich auf Dokumentenebene zunächst
eine grundlegende Passung: Alle vier Mitgliedsverbände greifen in Orientierung an die RRL explizit die
grundlegenden Kompetenzkategorien PSK, FK, MVK sensu Roth (1971) auf. Explizite Definitionen von
Handlungskompetenz werden in zwei von vier Verbänden vorgenommen und betonen die Verknüp-
fung von Wissen und Können. Bedeutsame Differenzen zeigen sich jedoch bezüglich Art und Umfang
dieser Definitionen und der Charakterisierung der drei Kompetenzbereiche PSK, FK und MVK sowie der
Strukturierung der Ziele entlang dieser drei Kompetenzbereiche. So ist nur in einem Verband eine
durchgehende, stringente Orientierung an den RRL festzustellen. In den anderen Verbänden werden
entweder die Handlungskompetenz oder Teilkompetenzen nicht definiert und/oder die Ziele nicht den
drei Teilkompetenzen zugeordnet (vgl. Kap. 7.1.1.1).
In den Interviews (zu Erfassung der Ausbildungswirklichkeit) zeigen sich Passungen v.a. dahingehend,
dass die Ausbilder durchgehend ein Kompetenzverständnis beschreiben, bei dem Wissen und Können
zwangsläufig miteinander verknüpft werden müssen. Das dahinter liegende Ziel sei laut den Befragten,
dass die angehenden Trainer das gelernte Wissen in der Praxis - der täglichen Trainerarbeit - anwenden
können. Differenzen zeigen sich v.a. im sprachlichen und inhaltlichen Umgang mit unterschiedlichen
Aspekten der Kompetenzorientierung. Im Rahmen der Interviewanalyse konnten ca. ein Drittel der
Ausbilder sprachlich souverän mit Begriffen der Kompetenzorientierung umgehen, knapp zwei Drittel
zeigte sich bemüht, jedoch verunsichert. Ein Ausbilder nahm eine eher ablehnende Haltung gegenüber
der Kompetenzdiskussion ein. Bezüglich des Stellenwertes der verschiedenen Kompetenzkategorien
wird verbandsübergreifend in den Interviews häufig eine Polarisierung zwischen der FK und der PSK
deutlich. Einerseits sei die FK das Fundament des Trainerhandelns. Andererseits sei aber die PSK letzt-
endlich ausschlaggebend für einen guten Trainer. Als Maßstab für einen guten Trainer legen einige
Ausbilder den sportlichen Erfolg und andere die Persönlichkeitsentwicklung der Athleten an. Zur MVK
wird relativ wenig ausgesagt, hier herrscht ein recht einheitliches Verständnis: MVK bedeute, das Fach-
wissen auf das Training zu übertragen (vgl. Kap. 7.2.1).
Zusammenfassung und Diskussion
208
(a2) Formulierung kompetenzorientierter Ziele
Dass das Paradigma der Kompetenzorientierung noch nicht vollständig in der Trainerbildung imple-
mentiert ist, zeigt auch die Art und Weise der Zielformulierung der einzelnen Verbände. Trotz einer
dokumentierten Orientierung an den drei Kompetenzkategorien der RRL (s.o.) folgen die Zielformulie-
rungen zumindest in zwei Verbänden nur bedingt den Kriterien kompetenzorientierter Ziele und wei-
sen somit eine Differenz zu den RRL auf (vgl. Kap. 3.4). Die Ziele der RRL vom Trainer-C bis A liegen
durchgehend auf der höchsten Rangordnung 1a, sind also – im Sinne der festgelegten Kriterien – durch-
gängig korrekt kompetenzorientiert formuliert (z.B. „Die Teilnehmer erläutern die Grundtechniken der
Sportart“).
Die Formulierungsqualität der ta-Dokumente (Diplom-Trainer) unterscheidet sich maßgeblich inner-
halb verschiedener vorliegender Dokumente (Kompetenzportfolio, Curriculum, Studien- und Prüfungs-
ordnung). Während die Ziele im jüngsten Dokument der ta, dem Kompetenzportfolio, weitgehend al-
len Formulierungskriterien entsprechen, sind die Ziele der anderen beiden Dokumente überwiegend
input-orientiert (Rangordnung 1I) und damit nur bedingt kompetenzorientiert formuliert. An dieser
Stelle sind demnach bereits Differenzen innerhalb der bildungspolitischen Anspruchsebene zu erken-
nen.
Die Formulierungsqualität in den Ausbildungskonzeptionen der MV liegt insgesamt unter der der RRL.
Es wurden 93 von 447 Zielen (21%) der MV auf Grund ihrer Formulierungsqualität ausgeschlossen
(Rangordnung 3/4). 186 Ziele wurden der Rangordnung 1a („entspricht allen Kriterien“), 83 Ziele der
Rangordnung 1b („entspricht weitgehend den Kriterien“), 12 Ziele der Rangordnung 1I („input-orientiert
formuliert“) und 73 Ziele der Rangordnung 2 („entspricht noch den Kriterien“) zugeordnet (vgl. Tab. 25).
Diskussion
„Altes“ erziehungswissenschaftliches vs. „neues“ bildungswissenschaftliches Kompetenzverständ-
nis?
Mit ihrem Verständnis von Handlungskompetenz und den darunterliegenden Kompetenzkategorien
PSK, FK und MVK sind die Ausbildungsrahmen des DOSB und die Ausbildungskonzeptionen der MV
zumindest in großen Teilen anschlussfähig an den erziehungswissenschaftlichen Kompetenzansatz
sensu Roth (1971), der teilweise noch prägend in der beruflichen Bildung und der Sportwissenschaft
ist (Sygusch & Liebl, 2012; Kap. 3.5). Nur bedingt anschlussfähig sind sie an die Kompetenzdiskussion
der empirischen Bildungsforschung, die den erziehungswissenschaftlichen Ansatz deutlich kritisiert
und sich davon abgrenzt (vgl. Kap. 3.2).
Bezüglich der vorliegenden Dokumente zum Diplom-Trainerstudium haben Sygusch und Liebl (2013b)
in ihrer Expertise bereits herausgestellt, dass insgesamt wenig einheitliche Anbindung an die aktuelle
Kompetenzdiskussion zu erkennen ist. Dem stehen jedoch einige Veröffentlichungen aus den Reihen
der Trainerakademie gegenüber, die sich systematisch mit dem Thema Trainer(aus)bildung und Trai-
nerkompetenz auseinandersetzen (u.a. Nordmann, 2006, 2007, 2010; vgl. Kap. 3.5). Diese Veröffentli-
chungen zeigen – vielmehr als die formalen Dokumente der Trainerakademie – einen systematischen
Bezug zur Kompetenzdebatte.
Wie in Kap. 3.5 dargelegt wurde, ist die Mehrheit der Arbeiten aus der Trainerbildungsforschung (na-
tionale konzeptionelle und empirische Arbeiten) ebenfalls primär dem Roth’schen (1971) Kompetenz-
ansatz mit einer Orientierung an der Handlungskompetenz und einer Ausdifferenzierung in v.a. Sach-/
Fach-/ und personale Kompetenzfacetten zuzuordnen (z.B. Apitzsch, 2012; Blumhoff, 2009; Nord-
mann, 2006, 2007). Darüber hinaus werden an verschiedenen Stellen Erweiterungen, z.B. um eine Re-
flexionskompetenz (Nordmann, 2006) oder eine Strategie-Kompetenz (Brack & Hohmann, 2005) vor-
genommen.
Zusammenfassung und Diskussion
209
Gleichzeitig werden in der Trainerbildungsforschung auch Definitionen erstellt, die eine große Nähe
zum Kompetenzverständnis der empirischen Bildungsforschung aufweisen. Dabei wird die Verknüp-
fung von Wissen und Können bzw. Fähigkeiten sowie weiteren Dispositionen, wie Einstellungen und
Haltungen verstärkt herausgestellt (z.B. Dolch, 2010; Nordmann, 2006; Volck, 2012), z.B.:
„Handlungskompetenzen setzen sich aus Fähigkeiten, Kenntnissen und Haltungen zusammen und gehen damit
über Wissen im engeren Sinne weit hinaus. Sie sind situationsgebunden und werden über einen längeren Zeit-
raum sowohl in formalen als auch informellen Lernprozessen erworben" (Dolch, 2010, S. 45).
Sowohl im englisch- als auch im deutschsprachigen Raum ist darüber hinaus festzustellen, dass v.a. in
eher praxisorientierten Arbeiten häufig keine klare Verortung oder Abgrenzung eines Kompetenzver-
ständnisses vorgenommen wird (vgl. Kap. 3.5).
Auf Grundlage dieser unterschiedlichen Kompetenzansätze, die in der Trainerbildungsforschung teil-
weise miteinander vermischt werden, verwundert es deshalb nicht, dass auch in der Ausbildungspraxis
(Anspruchs- und Wirklichkeitsebene) kein durchgehend einheitliches, stringentes Verständnis vorliegt.
Praxisprobleme des erziehungswissenschaftlichen Ansatzes in der Trainerausbildung
Hauptkritikpunkt am Roth’schen Kompetenzansatz ist, dass sich die Kompetenzkategorien (hier: PSK,
FK, MVK) als übergeordnete, relativ grobe Oberkategorien eignen, sie jedoch nicht trennscharf opera-
tionalisiert und voneinander abgegrenzt werden können (z.B. Gogoll, 2011b). Im Rahmen der vorlie-
genden Differenzanalyse sind Probleme dieser Art aufgetreten, insbesondere bei der Zuordnung von
Zielen zu den drei Kompetenzkategorien. Die RRL beschreiben dazu:
„Diese Kompetenzbereiche bilden ein Ganzes und bedingen sich wechselseitig. Für ihre Ausprägung leisten alle
Ausbildungsanteile ihren spezifischen Beitrag. In der Addition ergeben sie, wie oben erwähnt, die Handlungs-
kompetenz, das Leitziel für alle Ausbildungsgänge und -stufen.
Bei der Formulierung der Ziele einzelner Ausbildungsgänge werden die Kompetenzen im Sinne eines analyti-
schen Verfahrens getrennt voneinander aufgeführt“ (DSB, 2005, S. 15).
Dadurch wird bereits angedeutet, dass die drei Kompetenzbereiche nicht losgelöst voneinander exis-
tieren, sondern sich wechselseitig bedingen und erst im Zusammenspiel eine Einheit bilden, nämlich
die Handlungskompetenz. Das bedeutet, dass eine separate Betrachtung bzw. Loslösung dieser Wech-
selbeziehungen immer nur einzelne Ausschnitte eines Ganzen wiedergeben kann. Im Sinne eines ana-
lytischen Verfahrens wird versucht einzelne Ausschnitte möglichst abgrenzbar voneinander zu betrach-
ten. Sowohl für die wissenschaftliche Analyse als auch für die Umsetzung in der Praxis, führt dieses
Verfahren zu Schwierigkeiten. Dies soll an zwei Beispielen verdeutlich werden:
Erstens wird das Thema Motivierung in den RRL sowohl im Bereich PSK als Motivierung der Athleten
beschrieben und zum anderen im Bereich FK als Schaffung eines motivierenden Sportangebots.
Zweitens weisen die beiden folgenden Ziele sehr große Schnittmengen auf (DSB, 2005, S. 57):
„Der Trainer/die Trainerin…
• …kann Training und Wettkampf systematisch planen, organisieren, individuell variieren, aus-
werten und steuern.
• … kann Trainingsinhalte, -methoden und -mittel zielgerichtet und systematisch einsetzen so-
wie individuell variieren“.
Diese beiden relativ umfassend formulierten Ziele umreißen beide u.a. die zielgerichtete und systema-
tische Gestaltung von Training. Das obere Ziel ist der Teilkompetenz FK und das untere Ziel der MVK
zugeordnet. Zweifelsohne sind für diesen Prozess sowohl fachliche als auch methodische (und auch
soziale) Kompetenzen erforderlich. Eine analytische Trennung fällt daher umso schwerer. Im Rahmen
Zusammenfassung und Diskussion
210
der Analyse wurde offensichtlich, dass ähnliche Ziele der MV teilweise der FK und teilweise der MVK
zugeordnet wurden. Außerdem war es im Rahmen der Zuordnung weiterer Ziele für die Forscher kaum
möglich trennscharfe Operatoren zu entwickeln, um entsprechende Ziele eindeutig der FK oder MVK
zuzuordnen. Selbiges gilt für das erste Beispiel zum Thema Motivation. Diese beiden Beispiele zeigen
sehr deutlich die Schwierigkeiten in der Abgrenzung und eindeutigen Operationalisierung einzelner
Kompetenzbereiche und entsprechenden Zielen, die in der Bildungsforschung kritisiert werden. Dies
erschwert sowohl die Vergleichbarkeit in der Analyse als auch die konkrete Umsetzung in der Konzep-
tion und Gestaltung von LLS, da eine trennscharfe Orientierung fehlt.
Auf dieser Grundlage verwundert es auch nicht, dass es vermehrt zu Differenzen im tieferen Kompe-
tenzverständnis, v.a. bei der Zielzuordnung in den Ausbildungskonzeptionen der Verbände, kommt. In
den Ausbildungsdokumenten fällt auf, dass die Beschreibung des Kompetenzverständnisses (Benen-
nung und Definition der Handlungskompetenz und der drei Teilkompetenzen) von zwei Verbänden
weitgehend von den RRL übernommen wurde (V1, V2). Wobei V1 die Handlungskompetenz nicht als
Leitziel benennt, sondern nur die drei Teilkompetenzen beschreibt und definiert. Die beiden anderen
Verbände (V3, V4) verweisen lediglich auf das Kompetenzverständnis der RRL, führen jedoch keine
Erläuterungen oder Definitionen an. Unter der Annahme, dass eine trennscharfe Zuordnung von Zielen
zu den drei Kompetenzkategorien mit Schwierigkeiten verbunden ist (s.o.), verwundert es deshalb
auch nicht, dass zwei der vier Verbände (V1, V3) ihre Ziele nicht den drei Kompetenzkategorien zuord-
nen und ein Verband (V4) nur eine Unterteilung zwischen einerseits Fachkompetenz und andererseits
Persönliche- und sozialkommunikative/Methoden- und Vermittlungskompetenz vornimmt. V2 hat den
Weg gewählt sich möglichst eng an den RRL zu orientieren und ähnliche Ziele, wie in den RRL formu-
liert, zuzuordnen. Durch diese Mechanismen haben die Verbände versucht o.g. Schwierigkeiten zu um-
gehen, was wiederum zu einer Verwässerung und erschwerenden Vergleichbarkeit der Konzeptionen
führt.
Neben diesen analytischen Schwierigkeiten bieten die drei Kompetenzkategorien für die Ausbildungs-
wirklichkeit aber auch eine pragmatische und handhabbare Möglichkeit Anforderungen an Trainer zu
formulieren und darzustellen. So haben die Interviews v.a. Passungen in der Form gezeigt, dass alle
Ausbilder eine Vorstellung der drei Kompetenzbereiche haben und diese charakterisieren können. Es
fällt jedoch auf, dass die einzelnen Kompetenzen nicht von jedem Ausbilder gleich beschrieben werden
und, dass weitere Kompetenzen, wie z.B. eine Wissenskompetenz genannt werden. Das führt einerseits
dazu, dass die Kompetenzbegriffe ihren Weg in die Ausbildungspraxis finden und häufig ein Minimal-
konsens über deren Bedeutung herrscht. Andererseits birgt das aber auch die Gefahr, dass der Kom-
petenzbegriff als sozial erwünschte Worthülse dient, deren Bedeutung und die dahinterstehende Idee
nicht vollständig transportiert werden (vgl. dazu auch Borggrefe et al., 2006, S. 18).
Minimalkonsens und Konsequenzen des Kompetenzverständnisses in der Ausbildungspraxis
Gemeinsam und eindeutig übereinstimmend zeigt sich jedoch das paradigmatische Grundverständnis
der Kompetenzorientierung, indem Kompetenzen als Zusammenspiel von Wissens- und Könnens Be-
standteilen verstanden werden. So stimmen alle Befragten darin überein, dass ein kompetenter Trai-
ner nicht nur über Fachwissen verfügt, sondern dieses in der täglichen Trainerarbeit auch anwenden
kann (Stichwort Handlungskompetenz). Inwiefern sich dieses Grundverständnis auch in der methodi-
schen Gestaltung der LLS widerspiegelt, wird später unter methodischen Gesichtspunkten diskutiert.
Eine Einordnung in die internationale Diskussion gestaltet sich insgesamt schwieriger, da an dieser
Stelle keine einheitliche theoretische Basis ausgemacht werden konnte (vgl. Kap. 3.5.2). Als Minimal-
konsens kann festgehalten werden, dass auch im internationalen Sprachraum Kompetenzen v.a. durch
die Verknüpfung von Wissen und Können ausdrückt.
Zusammenfassung und Diskussion
211
Heterogene Zielformulierungen
Ein Grund für die uneinheitliche Art und Weise bzw. Qualität der Zielformulierungen in den Ausbil-
dungskonzeptionen der MV kann sein, dass entsprechende Literatur mit Orientierungsfunktion, so-
wohl wissenschaftliche Literatur (z.B. Schaper, 2012) als auch entsprechende Praxisleitfäden (z.B.
Cursio & Jahn, 2014) deutlich später entstanden sind, als die Anpassung der RRL (2005) und darauffol-
gend der Ausbildungskonzeptionen. Gleichzeitig muss jedoch auch angemerkt werden, dass die RRL
selber in hohem Maße den angelegten Kriterien zur Formulierung entsprechen und damit eine eindeu-
tige Orientierung bieten. Ein anderer Grund kann sein, dass der Wechsel einer input-orientierten Aus-
richtung hin zum kompetenzorientierten Paradigma komplexe Abläufe beeinflusst, dessen Verständnis
und Umsetzung in den Verbänden nicht unmittelbar gewährleistet werden kann.
Für eine stringente und systematische Kompetenzorientierung in der Trainerbildung sollten die formu-
lierten Ziele in allen Ausbildungsdokumenten (RRL, ta-Dokumente, MV) den Anforderungen der Kom-
petenzorientierung genügen. Vorhandene Leitfäden (s.o.) und die RRL bieten an dieser Stelle klare Ori-
entierungen und Praxisbeispiele. Kompetenzorientierte Zielformulierungen sind aus zweierlei Grün-
den von Bedeutung: Zunächst dienen die Ziele als unmittelbare Grundlage für die gesamte Ausbildung.
Im Sinne des CA (Biggs, 2014) sollen sich die LLS unmittelbar an den formulierten Zielen ausrichten.
Wenn die formulierten Ziele bspw. eine input-orientierte Ausrichtung vorgeben, indem sie zu behan-
delnde Inhalte, statt den Output der Lernenden festlegen, kann kaum davon ausgegangen werden,
dass entsprechende LLS output-orientiert gestaltet werden. Des Weiteren führen unscharf formulierte
Ziele (v.a. Rangordnung 2) häufig dazu, dass sich ihr Interpretationsspielraum vergrößert (vgl. Kap. 3.4).
Damit wächst die Wahrscheinlichkeit, dass unterschiedliche Ausbilder die Ziele unterschiedlich ausle-
gen und somit eine einheitliche Zielvorstellung und Ausbildungsqualität nicht gewährleistet werden
kann.
8.2 (b) Ziele
Nachfolgend werden die zentralen Ergebnisse der Kategorie (b) Ziele anhand der drei Subkategorien
(b1) Themenbereiche, (b2) DQR-Zuordnung sowie (b3) Übertragung der DQR-Zuordnung auf die RRL-
Kompetenzkategorien dargestellt, theoretisch eingeordnet und diskutiert.
Zusammenfassung
(b1) Themenbereiche der drei Kompetenzkategorien PSK, FK, MVK
Für einen Vergleich zwischen RRL und Ausbildungskonzeptionen der MV wurde zunächst analysiert,
welche Themenbereiche in den DOSB-Ausbildungsrahmen und dort genauer in den drei Kompetenzka-
tegorien PSK, FK und MVK genannt werden. Im Rahmen der Differenzanalyse wurde dann überprüft,
ob die MV mit ihren Zielen die gleichen Themen (z.B. Grundregeln der Kommunikation) wie die RRL
aufgreifen und welche Themenbereiche sie darüber hinaus formulieren. So wird einerseits die prozen-
tuale Passung (wieviel % der RRL-Themen werden in den MV genannt?) pro Verband und Kompetenz-
kategorie herausgestellt und anderseits werden Differenzen an den Stellen aufgedeckt, an denen die
MV weitere Themenbereiche formulieren.
Die Ergebnisse der Differenzanalyse zwischen den DOSB-Ausbildungsrahmen und den Ausbildungskon-
zeptionen der MV hinsichtlich der formulierten Themenbereiche werden nachfolgend anhand zentra-
ler Passungen und Differenzen zusammengefasst:
Passungen auf Anspruchsebene der MV zeigen sich in dem…
Zusammenfassung und Diskussion
212
• vier Themenbereiche der RRL von allen vier Verbänden aufgegriffen werden, davon einer im
Bereich PSK (Berücksichtigung der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen), einer im Be-
reich FK (Organisation von leistungsorientiertem Training und Wettkampfvorbereitung und -
betreuung) und zwei im Bereich MVK (z.B. Basisrüstzeug Methoden im Grundlagentraining).
• 20 Themenbereiche von zwei bzw. drei Verbänden aufgegriffen werden, davon zehn im Be-
reich PSK (z.B. Gruppenführung), acht im Bereich FK (z.B. Grundtechniken) und zwei im Be-
reich MVK (z.B. Systematischer Einsatz von Trainingsinhalten und -methoden).
• alle Themenbereiche der RRL in mindestens einem Verband genannt werden. Sieben The-
menbereiche werden von jeweils einem Verband aufgegriffen, davon drei im Bereich PSK
(z.B. Geschlechtsspezifische Interessendifferenzierung), zwei im Bereich FK (z.B. Motivieren-
des Angebot) und zwei im Bereich MVK (z.B. Ableitung von Individual- und Gruppentrainings-
plänen).
Differenzen auf Anspruchsebene sind in der Form festzustellen, dass…
• die MV mit ihren Zielen Themenbereiche formulieren, die nicht in den RRL aufgeführt sind:
34% (N = 152) aller formulierten Ziele (N = 447) der MV bilden Themenbereiche ab, die über
die der RLL hinausgehen. Diese können zwar den drei Kompetenzkategorien PSK, FK und
MVK zugeordnet werden, aber entsprechen nicht unmittelbar einem Themenbereich der
RRL. Die 152 Ziele enthalten 16 ‚neue‘ Themenbereiche, davon sechs im Bereich PSK (z.B.
Feedback) und zehn im Bereich FK (z.B. eigene technische Demonstrationsfähigkeit).
• im Rahmen der Analyse vereinzelte und unsystematische Auffälligkeiten festgestellt wurden:
Bspw. wird der Aspekt Coaching bzw. Gruppenführung in den RRL explizit nur in der C-Lizenz
genannt wird, in den MV hingegen in unterschiedlichen Lizenzstufen mehrfach aufgeführt,
z.B. V1, A-Lizenz: „Er/ Sie betreut Athleten auf Wettkämpfer unter leistungssportlichen Ge-
sichtspunkten“.
• fachwissenschaftliche Themen, wie Sicherheitsaspekte, Rechtsaspekte, Anatomie, Ernährung
oder Medien in den RRL explizit kaum vorkommen, in den Verbänden aber ebenfalls an ver-
schiedene Stellen genannt werden.
Dabei zeigen sich deutliche verbandsspezifische Unterschiede: Die prozentuale Übereinstimmung zwi-
schen DOSB-Ausbildungsrahmen und MV reicht von 26% (V1) bis 100% (V2) (vgl. Kap. 7.1.2.1).
In der Ausbildungswirklichkeit wurde einerseits in Form von Interviews erfasst, mit welchen Themen-
bereichen die befragten Ausbilder die drei Kompetenzkategorien charakterisieren, d.h. es wurde ana-
lysiert, welche Themenbereiche sie je Kompetenzkategorie als relevant erachten. Andererseits wurde
durch die Beobachtung der LLS geprüft, welche Themenbereiche in den Ausbildungen tatsächlich um-
gesetzt werden.
Passungen ergeben sich durch die Themenbereiche, die sowohl auf Anspruchsebene (RRL und/oder
MV) als auch in der Ausbildungswirklichkeit (Interviews und/oder LLS) erfasst wurden:
• Sechs Themenbereiche, spielen auf allen Ebenen eine Rolle, sprich sowohl auf Anspruchs-
ebene (RRL und Ausbildungskonzeptionen der MV) (vgl. Kap. 7.1.2.1) als auch auf Wirklich-
keitsebene (Interviews und LLS) (vgl. Kap. 7.2.2):
o PSK: Grundregeln der Kommunikation (inkl. Kommunikation mit Athleten und ande-
ren Akteuren, Umgang mit Medien, kollegiale Beratung), (Gruppen-/Athleten)Füh-
rung.
o FK: Grundtechniken (inkl. Fehlerkorrektur und Bewegungsvorbild), Leistungsdiagnos-
tik (in der Trainingssteuerung), (Kenntnis und Berücksichtigung) konditioneller und
koordinativer Fähigkeiten.
Zusammenfassung und Diskussion
213
o MVK: Systematischer Einsatz von Trainingsinhalten und -methoden und Basisrüstzeug
• Eine Passung zwischen Ausbildungskonzeptionen und Ausbildungswirklichkeit liegt zusätzlich
bei folgenden drei Themenbereichen vor, die in den MV mehrfach auf Anspruchs- und Wirk-
lichkeitsebene thematisiert werden, aber kein Pendant in den RRL haben:
o PSK: Feedback (inkl. Konfliktmanagement, Empathie Fähigkeit), Reflexion des Selbst-
bilds, des eigenen Verhaltens und der eigenen Rolle.
o FK: Eigene technische Demonstrationsfähigkeit.
Differenzen zeigen sich zunächst dort, wo Themenbereiche von den Ausbildern thematisiert oder in
LLS beobachtet wurden, die aber nicht in den Ausbildungsansprüchen zu finden sind. Darüber hinaus
wird auch gezeigt, welche Themen nur auf Anspruchsebene erfasst wurden.
• Der Themenbereich Umsetzung der Rahmenkonzeption/Rahmentrainingspläne (FK) wurde in
den RRL genannt sowie auch in der Ausbildungswirklichkeit beobachtet, jedoch nicht in den
Konzeptionen der MV formuliert.
Trotz bestehender Passungen ist beim Blick auf die absolute Anzahl der Passungen und Differenzen
festzustellen, dass insgesamt mehr Differenzen als Passungen vorliegen. 21 Themenbereiche bzw. kon-
krete Ausdifferenzierungen wurden von den befragten Ausbildern genannt und/oder in LLS beobach-
tet (Ausbildungswirklichkeit), die weder in den RRL, noch in den Ausbildungskonzeptionen der MV
(Ausbildungsansprüche) eine unmittelbare Berücksichtigung finden (5 PSK, 10 FK, 6 MVK).
(b2) DQR-Zuordnung
Im Rahmen der Analyse wurden alle Ziele der Ausbildungsrahmen des DOSB und der MV auf den acht
Niveaustufen des DQR zugeordnet. Zunächst entlang der vier DQR-Kompetenzkategorien (Wissen, Fer-
tigkeiten, Selbstständigkeit, Sozialkompetenz) (b2) und anschließend entlang der drei Kompetenzkate-
gorien der RRL (PSK, FK, MVK) (b3). Dadurch konnten jeweils Passungen und Differenzen in der Zuord-
nung zwischen den DOSB-Zielen und den MV-Zielen anhand des Anspruchs auf Ebene von Niveaustu-
fen und Kompetenzkategorien vorgenommen werden.
Auf Zielebene zeigen sich bzgl. der DQR-Niveaustufeneinordnung sowohl Passungen als auch Differen-
zen über alle Kompetenzkategorien und Lizenzstufen (vgl. Kap. 7.1.2.2).
Passungen:
• Ziele zu personalen Kompetenzen (Sozialkompetenz, Selbständigkeit) werden als anspruchs-
voller (z.B. C-Lizenz DOSB: 4,8/5,0; Verband 171: 6,0/4,5) eingeordnet, als die Ziele zu fachli-
chen Kompetenzen (Wissen, Fertigkeiten) (z.B. C-Lizenz DOSB: 3,2/3,4; Verband 1: 4,0/3,0).
• In den Ausbildungsdokumenten von DOSB (C-Lizenz: 4,1 bis Diplom-Trainer: 6,3) und Mit-
gliedsverbänden (C-Lizenz: 3,3 – 4,9 bis Diplom-Trainer: 4,8 – 6,4) liegt verbandsintern wei-
testgehend ein konsekutiver Anstieg des Kompetenzniveaus vor.
Differenzen:
• Die Mitgliedsverbände liegen in allen Lizenzstufen sowie auf einzelnen Kompetenzkategorien
häufiger unterhalb des Niveaus der DOSB-Ausbildungsdokumente.
• Lizenzstufen: Die größten Differenzen sind beim Diplom-Trainer festzustellen: Die Niveaustu-
fen der Mitgliedsverbände liegen am deutlichsten unter denen der DOSB-Ausbildungsrah-
men (hier: Ausbildungsdokumente der ta).
71 V1 wird exemplarisch zur Illustration dargestellt.
Zusammenfassung und Diskussion
214
• Kompetenzkategorie: Die größten Differenzen sind im Bereich Sozialkompetenz festzustellen:
Die Niveaustufen der Mitgliedsverbände liegen mit einer Ausnahme am deutlichsten unter
denen der DOSB-Ausbildungsrahmen.
(b3) Übertragung der DQR-Niveaustufen auf die RRL-Kompetenzkategorien
In der Kategorie (b3) geht es sowohl um eine methodologische als auch um eine inhaltliche Analyse,
die eine Erweiterung der ursprünglichen Differenzanalyse darstellt. Maßgeblich wurden drei Fragestel-
lungen verfolgt:
• Wie verändern sich die Niveaustufen der DOSB-Ausbildungsrahmen?
Die DQR-Niveaustufenzuordnung zu den drei Kompetenzkategorien der RLL (PSK, FK, MVK) zeigt zu-
nächst ein relativ ausgeglichenes Anspruchsniveau in den drei RRL-Kompetenzkategorien. Die Ausbil-
dungsziele zur PSK liegen auf einem etwas höheren Niveau (MW über alle Lizenzstufen 5,0), als die
Ziele der Kompetenzbereiche FK (MW 4,8) und MVK (MW 4,8). Damit fallen die Abweichungen deutlich
geringer aus, als im Rahmen der DQR-Zuordnung. Dort wurden die personalen Kompetenzen Sozial-
kompetenz und Selbstständigkeit deutlich anspruchsvoller eingeordnet, als die fachlichen Kompeten-
zen Wissen und Selbstständigkeit (vgl. Kap. 7.1.2.2).
Weiterhin stellt sich eine vollständige Progression von der C-Lizenz bis zum Diplom-Trainer in allen drei
Kompetenzkategorien dar: Von den Niveaustufen 3-4 (C-Lizenz, MW 3,7), 4 (B-Lizenz, MW 4,4), 5 (A-
Lizenz, MW 5,0) bzw. 6 (Diplom-Trainer; MW 6,3). Dies war im Rahmen der DQR-Zuordnung nicht der
Fall. Dort gab es zwei deutliche Abweichungen von der Progression (vgl. Kap. 7.1.2.2).
• Wie verändern sich die Niveaustufen der MV?
Insgesamt liegen die Niveaustufen zwischen 3,1 (C-Lizenz, FK, V4) und 6,0 (Diplom-Trainer, FK und
MVK, V1). Somit ist das Anspruchsniveau auch hier insgesamt etwas niedriger, als bei der Zuordnung
zu den DQR-Kompetenzkategorien.
Auch an dieser Stelle zeigt sich eine leicht bis moderat höhere Niveaustufenzuordnung der Ziele zur
PSK, im Vergleich zur FK sowie MVK. Dies gilt gleichermaßen für alle Verbände in allen Lizenzstufen.
Mit nur drei geringfügigen Ausnahmen, liegt in allen Verbänden eine vollständige Progression von der
C-Lizenz bis zum Diplom-Trainer vor. Im Rahmen der DQR-Zuordnung lagen deutlichere Abweichungen
von der Progression vor.
• Wie verändern sich die Passungen und Differenzen auf Ebene der Niveaustufen zwischen
DOSB-Ausbildungsrahmen und MV?
An dieser Stelle werden die Passungen und Differenzen zwischen DOSB-Ausbildungsrahmen und den
Ausbildungskonzeptionen der MV der DQR-Zuordnung mit den Passungen und Differenzen der Zuord-
nung anhand der drei RRL-Kategorien miteinander verglichen. Da es bei der Zuordnung zu den drei
RRL-Kompetenzkategorien eine Kompetenzkategorie weniger gibt, als bei der Zuordnung zu den vier
DQR-Kompetenzkategorien, liegen absolut gesehen weniger Passungen und Differenzen vor. Entschei-
dend ist deshalb die relative Verteilung der Passungen und Differenzen. In den Passungen und Diffe-
renzen zwischen RRL und MV zeigen sich zunächst folgende Gemeinsamkeiten:
• Die Zuordnung der DOSB-Ausbildungsrahmen fällt insgesamt etwas höher aus, als die der
MV.
• Die Niveaustufen in den Bereichen der Sozialkompetenz (PSK bzw. Sozialkompetenz, Selbst-
ständigkeit) werden anspruchsvoller eingestuft, als die anderen Kompetenzbereiche.
• Es liegt eine Progression der Niveaustufen vom C- bis zum Diplom-Trainer in den DOSB-Aus-
bildungsrahmen vor.
Zusammenfassung und Diskussion
215
• Es gibt mehr niedrigere Zuordnungen der MV im Vergleich zu den DOSB-Ausbildungsrahmen,
als höhere.
• Differenzen liegen bei allen Verbänden, in allen Kompetenzkategorien und in allen Lizenzstu-
fen vor.
• Auf Ebene der Verbände gibt es die meisten Abweichungen bei V1
• Auf Ebene der Lizenzstufen gibt es die meisten Abweichungen beim Diplom-Trainer.
• Auf Ebene der Kompetenzkategorien gibt es die meisten Abweichungen im Bereich PSK bzw.
Sozialkompetenz.
Hingegen zeigen sich folgende Veränderungen:
• Die Niveaustufenunterschiede zwischen den einzelnen Kompetenzkategorien fallen bei der
Zuordnung zu den drei Kategorien PSK, FK, MVK geringer aus, als bei der Zuordnung zu den
vier DQR-Kategorien.
• Die Unterschiede zwischen den einzelnen Lizenzstufen (v.a. im Bereich Sozialkompetenz und
Selbstständigkeit) der RRL und der MV sind bei den Kategorien PSK, FK, MVK deutlich gerin-
ger.
• Die Progression von der C-Lizenz zum Diplom-Trainer in den MV fällt in den Kategorien PSK,
FK, MVK stringenter aus.
• Bei der Zuordnung zu den Kategorien PSK, FK, MVK zeigen sich mehr Passungen, als Differen-
zen (23 vs. 19). In den DQR-Kategorien zeigen sich hingegen weniger Passungen, als Differen-
zen (24 vs. 31).
• Bei der Zuordnung zu den Kategorien PSK, FK, MVK ist das Verhältnis zwischen niedrigeren
und höheren Niveaustufenzuordnungen (MV zu RRL) annähernd ausgeglichen (acht vs. neun;
zweimal k.A.). In den DQR-Kategorien gibt es dreimal mehr niedrigere als höhere Zuordnun-
gen (sieben vs. 21; dreimal k.A).
Diskussion
Was bedeuten Handlungskompetenz, PSK, FK und MVK in der Trainerbildung?
Wie oben bereits gezeigt, ist die Ausdifferenzierung der Handlungskompetenz in die drei Kompetenz-
bereiche PSK, FK und MVK anschlussfähig an die aktuelle normative und empirische Trainerbildungs-
forschung. Ein Anschluss an theoretisch hergeleitete pädagogisch-psychologische Kompetenzmodelle
und damit an den aktuellen bildungswissenschaftlichen Kompetenzdiskurs liegt in der Trainerbildungs-
forschung gegenwärtig (noch) nicht vor, wenngleich mehrfach Kompetenzdefinitionen in Anlehnung
an Weinert (2001) beschrieben werden (s.o.). Ansätze einet theoriegeleiteten und empiriegestützten
Ausdifferenzierung und Operationalisierung einzelner Kompetenzkategorien liegen jedoch v.a. für den
Bereich der Sozialkompetenz vor. Hier bieten die Arbeiten von Borggrefe et al. (2006) und Blumhoff
(2009, 2014) im Sinne der in Kap. 3.2 beschriebenen bildungswissenschaftlichen Ansprüche (Klieme &
Hartig, 2007) eine fundierte Grundlage für die weitergehende kompetenzorientierte Modellierung und
empirische Überprüfung. Apitzsch (2012) hat darüber hinaus eine empirisch gestützte Ausdifferenzie-
rung von verschiedenen Kompetenzbereichen vorgenommen (vgl. Kap. 3.5).
Ganz grundlegend sind die Ausbildungsrahmen des DOSB, die Ausbildungskonzeptionen der MV und
die Interviewaussagen der Ausbilder hinsichtlich der Ausdifferenzierung der drei Kompetenzbereiche
PSK, FK und MVK und ihrer Darstellung in Form von Zielen anschlussfähig an die aktuelle Trainerbil-
dungsforschung. Sozialkompetenz wird hier vermehrt mit Kommunikationsfähigkeit, Kooperationsfä-
higkeit, Konfliktlösungsfähigkeit oder Sprachgewandtheit (z.B. Apitzsch, 2012, S. 179) umschrieben. Im
Bereich der Fach- und Methodenkompetenzen geht es demnach primär um fachspezifisches Wissen
Zusammenfassung und Diskussion
216
und dessen intelligentes Einsetzen in beruflichen Handlungssituationen. Die empirische Ausdifferen-
zierung in Teilkompetenzen führt z.B. zu analytischen Fähigkeiten, Fleiß, Fachwissen oder Konzeptions-
stärke (Apitzsch, 2012, S. 179) (vgl. Kap. 3.5.1.2). In ähnlicher Art und Weise werden die drei Kompe-
tenzbereiche auch in den Ausbildungsdokumenten beschrieben und von den Ausbildern skizziert (vgl.
Kap. 7.1.2.1, 7.2.2).
Bezüglich der Fachkompetenzen fällt sowohl in der Literatur als auch in der Ausbildungswirklichkeit
(Dokumente und Interviews) auf, dass Fachkompetenzen häufig mit Fachwissen umschrieben und cha-
rakterisiert werden. Im Sinne eines Kompetenzverständnisses, in dem v.a. Wissens- und Könnens Be-
standteile miteinander verknüpft werden, sind solche Umschreibungen von Fachkompetenzen unvoll-
ständig. Die Anwendung in der Praxis müssen neben dem Fachwissen gleichermaßen berücksichtigt
werden, wenn es um Kompetenzen geht.
Welchen Stellenwert haben die drei Kompetenzkategorien? In welchem Verhältnis stehen sie zuei-
nander und welche konzeptionellen Konsequenzen leiten sich daraus ab?
Bezüglich des Stellenwertes bzw. der Gewichtung einzelner Kompetenzkategorien zeigt sich in einigen
Studien, dass Fach- und Methodenkompetenzen zwar essentielle, nicht aber ausreichende Vorausset-
zung für erfolgreiches Coaching sind. Brack (2002) zeigt am Beispiel von Handballtrainern, dass der
Sozialkompetenz die größte Bedeutung zukommt, gefolgt von Fach- und Strategie-Kompetenz. Borg-
grefe et al. (2006) stellen ebenfalls heraus, dass Fachkompetenz als eine Erfolgsbedingung bei der
Mehrzahl der Trainer im Spitzensport gegeben ist, Sozialkompetenz allerdings der Faktor ist, der er-
folgreiche von weniger erfolgreichen Trainern trennt. Auch Blumhoff belegt den hohen Stellenwert der
Sozialkompetenz aus Sicht von Trainern (2009) und Athletinnen (2014). Ehnold et al. (2015) verweisen
gleichzeitig darauf, dass die Ausbildungsmethoden und -dokumente in diesem Bereich Nachholbedarf
aufweisen (vgl. Kap. 3.5).
Diese Ergebnisse spiegeln sich, in teils ambivalenter Form, auch in der vorliegenden Studie wider: In
den Ausbildungsdokumenten erfährt die PSK, an der Anzahl der Ziele und Themenbereiche gemessen,
insgesamt einen ähnlich hohen Stellenwert, wie die FK. In den RRL liegt die Anzahl der formulierten
Ziele der PSK leicht unterhalb der FK, in einigen Verbänden darüber. Auffällig ist jedoch, dass viele Ziele
der PSK vergleichsweise umfassend und anspruchsvoll angelegt sind.
Ein ähnliches Bild zeigt sich auch im Rahmen der DQR-Zuordnung der Ausbildungskonzeptionen, wo
sich zunächst eine Ähnlichkeit zu den DOSB-Ausbildungsrahmen zeigt, auch wenn die Werte der DOSB-
Ausbildungsrahmen durchschnittlich etwas höher sind, als die der MV. Besonders auffällig sind auch
auf Verbandsebene die hohen Einordnungen im Bereich der personalen Kompetenzen. Auf Ebene der
einzelnen Verbände zeigen sich vereinzelt größere Abweichungen (vgl. Kap. 7.1.2.2), die jedoch auf
keine systematische Verschiebung hinweisen und daher in den Einzelfällen von den jeweiligen Verbän-
den überprüft werden sollten. Hinsichtlich der verhältnismäßig hohen Abweichungen beim Diplom-
Trainer, sollte eine systematische(re) Vernetzung zunächst auf Dokumenteneben zwischen der Trai-
nerakademie (Diplom-Trainer) und dem DOSB (C- bis A-Lizenz) sichergestellt werden. Darüber hinaus
scheint es auch lohnend die Verknüpfung des Diplom-Trainers zwischen ta und Verbänden in der Aus-
bildungspraxis nochmals stärker zu beleuchten.
Was sind „Kernthemen“ der Trainerbildung?
Unter dem Fokus der Differenzanalyse hat die konkrete Ausdifferenzierung der einzelnen Kompetenz-
kategorien und Themenbereiche auf verbandsspezifischer Ebene gezeigt, welche Themenbereiche der
DOSB-Ausbildungsrahmen von den einzelnen Verbänden aufgegriffen wurden und welche Themenbe-
reiche darüber hinaus formuliert wurden, die es nicht in den DOSB-Ausbildungsrahmen gibt (s.o.).
Zusammenfassung und Diskussion
217
Die in der vorliegenden Studie identifizierten Passungen hinsichtlich zentraler Themenbereiche unter-
streichen damit deren Bedeutung und bestätigen der Ausbildungspraxis (Anspruchs- und Wirklichkeits-
ebene) die Berücksichtigung zentraler Themenbereiche in der Trainerausbildung. Die identifizierten
Differenzen geben darüber hinaus Denkanstöße zur Weiterentwicklung der formulierten Themenbe-
reiche: Dass einige Themenbereiche nur vereinzelt von Verbänden aufgegriffen werden, kann unter-
schiedliche Gründe haben. Es ist vorstellbar, dass die MV deren Bedeutung anders einschätzen oder
auch, dass die Ziele mit entsprechenden Themenbereichen zu abstrakt formuliert und daher nicht un-
mittelbar greifbar für die Verbände sind.
Hinsichtlich der formulierten Themenbereiche, die über die DOSB-Ausbildungsrahmen hinausgehen,
ist anzunehmen, dass diese Erweiterungen bewusst ergänzt wurden, weil sie (für die jeweilige Sport-
art) als besonders relevant erachtet werden. Bereits mit der Bezeichnung „Rahmenrichtlinien“ machen
die DOSB-Ausbildungsrahmen deutlich, dass es dabei um ein orientierendes Konzept geht, dass für
eine Vielzahl von Sportverbänden und Sportarten umsetzbar sein muss. Daher ist es explizit die Auf-
gabe der einzelnen Verbände sich innerhalb dieses Rahmens so zu bewegen und solche Adaptionen
vorzunehmen, die für den entsprechenden Verband notwendig sind. Eine hundert-prozentige Passung
ist demnach weder gefordert, noch zu erwarten. Die Analyse hat gezeigt, dass sich alle vier MV wei-
testgehend innerhalb dieses Rahmens bewegen. An vereinzelten Stellen wird dieser Rahmen erweitert
oder verkürzt. Aufgabe der Verbände kann es sein zu überprüfen, ob diese Abweichungen vom Rah-
men bewusst vorgenommen wurden oder ob es an manchen Stellen zu ungewollten Differenzen
kommt, die korrigiert werden können.
Ebenso gilt es für den DOSB zu hinterfragen, ob an den Stellen, an denen eine Mehrzahl der (unter-
suchten) Verbände systematisch von den Ausbildungsrahmen abweicht, eine Anpassung der DOSB-
Ausbildungsrahmen sinnvoll ist. Dies gilt einerseits für die Themenbereiche, die von den Verbänden
kaum Berücksichtigung finden - benötigt es diese Themen? Andererseits gilt es insbesondere zu hin-
terfragen, ob solche Themenbereiche, die von den MV erweitert wurden, wie Feedback, Reflexionsfä-
higkeit und technische Demonstrationsfähigkeit, die auch in der Trainerbildungsforschung intensiv dis-
kutiert werden (Kap. 3.5), in den RRL ergänzt werden sollten.
Sonderfall Sozialkompetenz
Ergänzend zu den Ergebnissen der Dokumentenanalyse hat die Auswertung der Interviews hinsichtlich
der PSK folgende Ergebnisse aufgezeigt:
• Die meisten Ausbilder betonen eine große Bedeutung der PSK (s.o.).
• Gleichzeitig wurde häufig eine Dichotomisierung gegenüber der FK vorgenommen.
• Die Ausbilder stellen fest, dass der Schwerpunkt der Ausbildungen häufig zu oft auf der FK
liege und die PSK im Rahmen der Ausbildung zu wenig Beachtung finde.
• Gleichzeitig beschreiben viele Ausbilder, dass es besonders schwierig sei die PSK der Lernen-
den zu fördern.
Unter diesen Voraussetzungen (hohe DQR-Zuordnung, große Bedeutung und schwierig zu fördern)
wäre zu erwarten, dass die Themen der PSK eine besonders intensive Beachtung in den LLS erfahren.
Das konnte im Rahmen der Beobachtung (LLS) jedoch nicht festgestellt werden. Bereits im Vorfeld der
Datenerhebung hat sich gezeigt, dass sich die PSK zu einem Sonderfall entwickeln würde. So fiel es den
zu beobachtenden Ausbildern verhältnismäßig leicht eine Ausbildungseinheit zu benennen, in der die
FK oder MVK thematisiert wird; deutlich seltener konnten dagegen Einheiten benannt werden, in de-
nen das Thema PSK explizit angesteuert wird. Häufig wurde dies dadurch begründet, dass das Thema
PSK nebenher mitläuft, z.B. durch Gruppenarbeiten (in denen die Lernenden zwangsläufig kommuni-
zieren müssen). Explizite Ausbildungseinheiten, die maßgeblich Themenbereiche der PSK umfassten,
Zusammenfassung und Diskussion
218
gab es dementsprechend weniger. Es kann festgehalten werden, dass die vorliegende Studie die Er-
kenntnisse des aktuellen Forschungsstands bezüglich des Stellenwerts der PSK bestätigt. D.h. ihr wird
eine große Relevanz zugeschrieben. Trotz dieser betonten Relevanz findet das Thema nach wie vor
(explizit) noch wenig Beachtung bzw. systematische Umsetzung in der Trainerbildung (vgl. Ehnold et
al., 2015). Drei mögliche Gründe für dieses Phänomen sind denkbar:
1) „Das passiert ja eh“: Indem die PSK von den Ausbildern möglicherweise in einem Alltagsver-
ständnis sehr allgemein als die Fähigkeit zum Umgang mit Menschen verstanden wird,
schlussfolgern sie, dass es zur Förderung der PSK genügt die Lernenden miteinander in Inter-
aktion zu bringen. D.h. indem bspw. fachliche Themen durch Gruppenarbeiten umgesetzt
werden, nehmen sie an, dass damit auch die PSK der Lernenden gefördert wird. In einem all-
gemeinen Verständnis von PSK könnte diese Schlussfolgerung auch zutreffend sein. Proble-
matisch dabei ist, dass die PSK und die entsprechenden Ziele sowie Themenbereiche in den
Ausbildungsdokumenten eben nicht ein Alltagsverständnis von PSK widerspiegeln, sondern
ganz bestimmte Kompetenzen festlegen. D.h. in diesem Deutungsansatz wären nicht die
Ziele der Ausbildungsdokumente handlungsleitend, sondern das eigene subjektive Verständ-
nis der Ausbilder zur PSK. Dieser Erklärungsansatz kann durch die vorliegenden Daten nicht
fundiert werden. Dazu sind weitere Erhebungen notwendig, die sich explizit mit solchen sub-
jektiven Theorien beschäftigen. Besonders im Bereich der Lehrerbildung haben ähnliche Stu-
dien derartige Ergebnisse bereits gezeigt. Bekannt ist in diesem Zusammenhang der Unter-
schied zwischen dem offiziellen und dem heimlichen Lehrplan, der auf den subjektiven Theo-
rien bzw. handlungsleitenden Kognitionen der jeweiligen Lehrkräfte beruht (z.B. Hapke,
2017; Ptack, i.V.).
2) „Fehlende Qualifizierung/Unsicherheit“: Ein alternativer Deutungsansatz beruht auf der An-
nahme, dass den Ausbildern die speziellen Kompetenzen, Ziele und Themenbereiche der PSK,
die in den Ausbildungsdokumenten formuliert werden, bekannt sind und sie versuchen diese
anzusteuern. Für diese Annahme spricht, dass durchaus Passungen zwischen Ansprüchen
und Wirklichkeit vorliegen (s.o.). Dadurch, dass einige Themenbereiche der PSK sehr komplex
und umfassend sind (bspw. Berücksichtigung und persönlichkeitsfördernde Nutzung von Sozi-
alfaktoren) ist dessen Ansteuerung in einer LLS verhältnismäßig anspruchsvoll. Dies gilt in
ähnlicher Form bspw. auch für Aspekte der Gruppenführung. Im Rahmen dieser Deutung
wird angenommen, dass persönliche Grundvoraussetzungen der Lernenden, wie Verhaltens-
weisen, Selbstbewusstsein oder Charakterzüge für diese Themenbereiche eine größere Rolle
spielen, als bspw. in stärker wissensorientierten Themenbereichen. Daher sind auch Verän-
derungen in diesen Bereichen deutlich schwieriger zu erzielen. Eine systematische, zielorien-
tierte LLS in diesen Bereichen zu gestalten kann also als anspruchsvoller angenommen wer-
den, als in anderen Bereichen.
In den Verbänden werden diese Anforderungen unterschiedlich gelöst. Teilweise werden für
die PSK externe Experten, bspw. Psychologen herangezogen, teilweise liegt die Verantwor-
tung für diese Bereiche in den Händen der Ausbilder. Bedenkt man nun, dass die meisten
Ausbilder selbst Trainer waren, können sie zwar auf einen eigenen Erfahrungsschatz zurück-
greifen, sind aber nur in den wenigsten Fällen speziell in diesem Themenfeld ausgebildet. So
könnte es sinnvoll sein, einen besonderen Fokus auf die Konzeption und Umsetzung der The-
menbereiche zur PSK zu legen und entweder die Ausbilder gesondert zu schulen oder ent-
sprechende Themenbereiche von Fachexperten durchführen zu lassen.
Zusammenfassung und Diskussion
219
3) „Bewusste integrierte Ansteuerung“: Ein weiterer Deutungsansatz beruht auf der Annahme,
dass in den Ausbildungsdokumenten, wie oben dargestellt, zwar eine analytische Trennung
(vgl. Deutscher Sportbund, 2005, S. 15) zwischen den drei Kompetenzkategorien vorgenom-
men wird, den Ausbildern jedoch bewusst ist, dass in der Realität jederzeit das Zusammen-
spiel der einzelnen Kompetenzbereiche gefordert ist. So beschreiben die meisten Ausbilder
als Leitziel, im Sinne der Handlungskompetenz, die Handlungsfähigkeit eines Trainers im All-
tag. Daher ist es möglich, dass in LLS bewusst eine integrative Vermittlung der verschiedenen
Kompetenzbereiche angestrebt wird und Gruppenarbeiten bspw. so gestaltet und begleitet
werden, dass Ziele aus unterschiedlichen Kompetenzkategorien angesteuert werden. Um die
LLS möglichst realitätsnah an den Anforderungen des Traineralltags auszurichten wäre dieses
Bestreben sehr gewinnbringend – in der Umsetzung aber auch sehr anspruchsvoll. Problema-
tisch wird eine integrierte Vermittlung an der Stelle, an der es bspw. um eine systematische
Reflexion des Gelernten geht. Im Sinne des Constructive Alignments müssten auch hier dann
alle angesteuerten Ziele systematisch aufgegriffen werden. Eine integrierte Vermittlung läuft
dabei Gefahr, einzelne Bestandteile aufgrund der Komplexität zu vernachlässigen. Wird der
erste Deutungsansatz mit einbezogen (PSK‚ ‚passiert ja eh‘), ist die Gefahr groß, dass das
Thema PSK vernachlässigt wird. Mit Blick auf die Analyse der methodischen Gestaltung (c),
wurde bereits deutlich, dass insbesondere das Anleiten von Reflexionen zum einen an-
spruchsvoll ist und zum anderen häufig vernachlässigt wird. So bietet ein integrierter Ver-
mittlungsansatz große Chancen und Potentiale, erfordert gleichzeitig aber auch höchst-quali-
fizierte Ausbilder und Konzeptionen. Erschwerend würde an dieser Stelle hinzukommen, dass
in den Ausbildungsdokumenten eben bislang eine analytische Trennung der Kompetenzkate-
gorien vorgenommen wird, was einen integrativen Ansatz erschwert.
Wie bereits angedeutet bieten die drei skizzierten Interpretationen lediglich Deutungsansätze, die
durch eine weitere, spezifische Überprüfung bestätigt oder widerlegt werden müssen. Weitere For-
schung, insbesondere im Bereich der PSK scheint aufgrund der oben geschilderten Bedeutsamkeit und
den wahrgenommenen Umsetzungsherausforderungen sehr lohnend. Auf Grundlage der bestehenden
Daten deutet sich jedoch bereits an, dass das Prinzip des Constructive Alignement, das eine systemati-
sche Abstimmung zwischen Zielen, LLS und Prüfungen fordert, wie von Schaper (2012) für den Bereich
der Hochschule kritisiert, auch im Bereich der Trainerbildung bislang keine systematische Umsetzung
erfährt. Folgt man der Grundannahme des Constructive Alignments, dass formulierte Ziele explizit in
LLS angesteuert werden, so müssten auch LLS von den Ausbildern benannt werden können, in denen
Ziele aus dem Bereich der PSK angesteuert werden. Wie oben skizziert, war dies aber nicht der Fall.
Die Übertragung der DQR-Niveaustufen auf das RRL-System wird unter methodologischen Gesichts-
punkten in Kap. 8.4 diskutiert.
8.3 (c) methodische Gestaltung
Die vorliegende Arbeit hat gezeigt, dass sowohl die DOSB-Ausbildungsrahmen als auch die Ausbil-
dungskonzeptionen der MV nur wenige methodische Gestaltungshinweise formulieren. Aus diesem
Grund wurde die Analyse der methodischen Gestaltung maßgeblich erweitert. Es wurde ein erster ex-
plorativer Ansatz verfolgt, um die Umsetzung einer kompetenzorientierten Aufgabenkultur in der Trai-
nerbildung zu analysieren. Nachfolgend werden sowohl die zentralen Ergebnisse der Differenzanalyse
als auch die Ergebnisse zur Aufgabenkultur zusammengefasst, theoretisch eingeordnet und diskutiert.
Zusammenfassung und Diskussion
220
Zusammenfassung
Die RRL geben allgemeine „didaktisch-methodische Grundsätze“, wie z.B. Teilnehmerinnen- /Teilneh-
merorientierung und Transparenz oder Handlungs- und Prozessorientierung, vor und sind damit an-
schlussfähig an die aktuelle Sport- und Bildungswissenschaft. Allerdings liegen sie nicht auf dem Kon-
kretisierungsgrad, wie die Merkmale zur Aufgabenkultur. Die Ausbildungskonzeptionen der MV orien-
tieren sich in weiten Teilen an den Vorlagen der RRL. In einem Verband (V4) werden darüber hinaus
konkrete, an Zielen orientierte Gestaltungsvorlagen gegeben (vgl. Kap. 7.2.3). Im Vergleich zu den Ge-
staltungsvorlagen der Ausbildungsrahmen des DOSB ist in der grundsätzlichen Ausrichtung und der
Idee der Gestaltung einer Trainerausbildung eine hohe Passung zwischen Ausbildungsdokumenten
und den Aussagen der Ausbilder festzustellen. Dies manifestiert sich v.a. in der Orientierung der LLS
an den Lernenden. Zum einen zeigt sich das daran, dass die Lehrenden die Rolle eines Lernbegleiters
einnehmen und solche Lehr-Lernformate wählen, in denen die Lernenden möglichst aktiv und eigen-
initiativ arbeiten, um sich Kompetenzen selbstständig anzueignen. An vielen Stellen weisen die Aus-
führungen der befragten Ausbilder aber einen deutlich höheren Konkretisierungsgrad und eine grö-
ßere Praxisnähe als die formulierten Gestaltungsvorlagen auf (vgl. Kap. 7.2.3). Daher werden nachfol-
gend die zentralen Ergebnisse der Video- und Interviewanalyse zur Aufgabenkultur dargestellt.
Grundlagen der Gestaltung von LLS und Rollenverständnis (Interview)
Die interviewten Ausbilder aller fünf Verbände beschreiben mehrheitlich ein Rollenverständnis, bei
dem sie ihre Rolle als Lernbegleiter und -förderer verstehen. Sie erläutern ihr Rollenverständnis wie
folgt:
• Sie möchten LLS an den Lernenden ausrichten und einen Rahmen vorgeben, innerhalb des-
sen die Teilnehmer sich Kompetenzen eigenständig aneignen können. Nur ein Ausbilder be-
schreibt auch Ansätze eines lehrendenzentrierten Rollenverständnisses.
• Alle Ausbilder beschreiben ihren Lehr- und Führungsstil vornehmlich als demokratisch, ledig-
lich die Rahmenbedingungen müssen klar vorgegeben werden. Weiterhin beschreibt die
Mehrheit der Ausbilder, dass es wichtig sei den Teilnehmern einerseits auf Augenhöge zu be-
gegnen und andererseits eine Vorbildfunktion einzunehmen.
• Sie favorisieren Lehr-Lernformate, in denen die Teilnehmer möglichst praxisorientiert Inhalte
selbstständig erarbeiten. Aufgaben, in denen die Teilnehmer selbst denken, Dinge miteinan-
der vernetzen, präsentieren und diskutieren, beschreiben die Ausbilder als deutlich nachhal-
tiger, als eine reine Wissensvermittlung. Als probates Mittel zum Einbezug der Teilnehmer
verwenden sie, laut Interviewaussagen, häufig Fragen zu Inhalten, Erfahrungen und Meinun-
gen sowie Provokationen.
• Frontalvorträge bzw. Inputphasen werden von der Mehrheit der Ausbilder hingegen über-
wiegend als ‚notwendiges Übel‘ angesehen. Nur vereinzelt beschreiben Ausbilder in gewissen
Situationen einen größeren Mehrwert von Inputphasen. Insgesamt sei es wichtig eine gute
Mischung aus Theorie- und Praxisphasen zu gewährleisten. Eine gute Mischung sehen die
Ausbilder in einem Verhältnis der Theorie zur Praxis von 1:1, bis hin zu vier Fünftel. Insge-
samt beziffern jedoch nur wenige Ausbilder ihre diesbezüglichen Vorstellungen.
• Neben den formellen Anteilen der Trainerausbildung werden vereinzelt auch informelle Lern-
gelegenheiten, z.B. Gespräche beim Abendessen oder in Pausen sowie Mentorenprogramme,
von den Ausbildern als gewinnbringend eingeschätzt.
Zusammenfassung und Diskussion
221
Umsetzung der Merkmale einer kompetenzorientierten Aufgabenkultur
Die Ergebnisse der Interviewauswertung zeigen, dass alle sechs Merkmale, die literaturgestützt für die
Analyse der Aufgabenkultur abgeleitet wurden, auch in der Ausbildungspraxis von den Ausbildern als
relevant eingeschätzt werden. Weiterhin zeigt sich, dass die Ausbilder von einigen Merkmalen ein sehr
klares Bild haben und deren Umsetzung nachvollziehbar beschreiben können (z.B. kognitive Aktivie-
rung, Offenheit). Hinsichtlich der Wichtigkeit einer nachvollziehbaren Strukturierung von LLS herrscht
ebenfalls Einigkeit. Unterschiede bestehen bei der Frage, inwiefern die jeweiligen Ziele einer LLS den
Lernenden bekannt sein sollten (Lernzieltransparenz).
Auch die Individualisierung von LLS beschreiben die Ausbilder als ein wichtiges Merkmal und begrün-
den dies durch die große Heterogenität in der Trainerausbildung, besonders in der C-Lizenz. Den Um-
gang mit dieser Heterogenität beschreiben die Ausbilder different. Während eine Hälfte der Befragten
diese Heterogenität eher als Erschwernis ansieht und in LLS versucht „den kleinsten gemeinsamen
Nenner zu finden“ (B_4_B), beschreibt die andere Hälfte der Ausbilder diese Heterogenität als einen
Mehrwert und versucht diese bewusst in die LLS einzubeziehen.
Einen Lebensweltbezug in LLS schätzen die Ausbilder ebenfalls als bedeutsam ein, weiterhin sind sich
die Befragten an dieser Stelle einig, dass dieser in der Trainerbildung per se vorliege. Dies sei darauf
zurückzuführen, dass jeder Teilnehmer bereits als Trainer und/oder Athlet den Trainingsalltag kennen-
gelernt habe.
Bezüglich der Reflexion zeigt sich durch die Auswertung der Interviews, dass an dieser Stelle kein ein-
heitliches Verständnis vorliegt und die meisten Ausbilder Schwierigkeiten haben, dessen Umsetzung
zu erläutern (vgl. Kap. 7.3.1).
Weiterhin wurde anhand exemplarischer Aufgaben sowie Verhaltensweisen in Bezug auf das aufga-
benbezogene Handeln dargestellt, wie die einzelnen Merkmale in LLS umgesetzt wurden (s. Kap. 7.3.1).
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich eine kompetenzorientierte Aufgabenkultur
v.a. durch offene (Lern-)aufgaben, die die Teilnehmer zur kognitiven Auseinandersetzung und Prob-
lemlösung herausfordern und ein begleitendes aufgabenbezogenes Handeln, das sich v.a. durch offene
Fragen und Transferimpulse auszeichnet, umsetzen lässt. Eher input-orientierte Lehr-Lernformen, wie
Vorträge oder Referate können die Merkmale nur bedingt erfüllen. Sie können dennoch bestimmte
Funktionen im Rahmen einer LLS erfüllen, wenn sie entsprechend in das Gesamtkonzept eingebettet
werden. Weiterhin kann festgehalten werden, dass die Merkmale in wechselseitiger Beziehung zu ei-
nander stehen. Insbesondere die Merkmale Offenheit und Reflexion schienen maßgeblich Einfluss auf
den Grad der kognitiven Aktivierung zu nehmen.
Zeitlicher Anteil von Vortrags- und Aufgabenphasen (Video)
Unter der o.g. Annahme, dass sich aufgabenorientierte Lehr-Lernformate besser zur Umsetzung kom-
petenzorientierter LLS eignen, als bspw. Vorträge, wurde analysiert, wie die Verteilung dieser Phasen
in den beobachteten LLS war.
Insgesamt (über alle Verbände, Lizenzstufen und Kompetenzkategorien) zeigt sich ein in etwa ausge-
wogenes Verhältnis zwischen aufgaben- und input-Phasen. Bei einer differenzierteren Betrachtung zei-
gen sich hingegen, teils deutliche, Unterschiede. Bei Betrachtung der Verteilung anhand der drei Li-
zenz-Stufen C- bis A-Lizenz72 sowie der Grundlagen (GL) und Spezialisierungsausbildung (Spez.) der
Trainerakademie, zeigt sich ein unausgeglichenes Verhältnis zwischen Vortrags- und Aufgabenphasen.
72 Da nur eine sportartspezifische Diplom-Trainerausbildung beobachtet wurde, wird dieser Wert in der Tabelle
nicht dargestellt.
Zusammenfassung und Diskussion
222
In der C- Lizenz sowie der Spezialisierungsausbildung konnte ein deutliches Übergewicht zu Gunsten
der Aufgabenzeit beobachtet werden (68%). In der B- und A-Lizenz sowie der GL-Ausbildung hingegen
lag der Schwerpunkt verstärkt auf Vorträgen. Damit zeigt sich ein Bild zur methodischen Gestaltung,
das ein Stück weit von dem Bild abweicht, dass die Ausbilder in den Interviews beschreiben. Während
die Ausbilder ein wünschenswertes Verhältnis von mind. 1:1 bis vier Fünftel Praxisphasen beschreiben,
zeigt sich in den beobachteten LLS ein größerer Anteil an Vortrags- bzw. Inputphasen.
Ausprägung der Merkmale einer kompetenzorientierten Aufgabenkultur
Anhand eines Ratingverfahrens wurde abschließend die Umsetzung der sechs Merkmale kognitive Ak-
tivierung, Offenheit, Reflexion, Strukturierung, Lebensweltbezug und Individualisierung vorgenommen
und per Häufigkeitsverteilung überprüft, wie häufig die einzelnen Merkmale mindestens ‚hin und wie-
der‘ (=moderate Ausprägung, vgl. Kodierleitfaden) beobachtet werden konnten (Kap. 6.4.4).
Insgesamt können die beobachteten LLS als „bedingt kompetenzorientiert“ bewertet werden. Die er-
fassten Merkmale kompetenzorientierter Aufgabenkultur sind in unterschiedlicher Weise zu identifi-
zieren: Am häufigsten, in nahezu jeder LLS, wurden die Merkmale Lebensweltbezug sowie Strukturie-
rung beobachtet. Damit scheinen diese Merkmale ein fester Bestandteil im Rahmen der Trainerausbil-
dung zu sein. Auch das Merkmal kognitive Aktvierung wurde in den meisten LLS beobachtet. Die Merk-
male Offenheit, Reflexion sowie Individualisierung wurden hingegen deutlich seltener beobachtet.
Unterschiede zeigen sich bei der Betrachtung…
• der einzelnen Verbände: es wurden bspw. bei V1 im Durchschnitt 61% aller Merkmale beo-
bachtet, bei V2 97%,
• der Lizenzstufen: Im Durchschnitt aller Merkmale von allen Verbänden wurden in der A-Li-
zenz am wenigsten der Merkmale beobachtet, in der Spezialisierungsausbildung [Diplom]
wurden alle Merkmale beobachtet. Diese Ergebnisse sind aufgrund ihrer geringen Fallzahl
jedoch mit Vorsicht zu betrachten.
• der Kompetenzkategorien: Im Durchschnitt wurden im Bereich FK in nur ca. der Hälfte der
LLS die Merkmale beobachtet. In Einheiten, in denen mehrere Kompetenzkategorien ange-
steuert wurden, konnten hingegen alle Merkmale weitgehend beobachtet werden. Beson-
ders auffällig ist, dass die Merkmale Reflexion und Individualisierung im Bereich FK jeweils
nur in einer von 9 LLS beobachtet wurden.
In Hinblick auf die Verteilung von Input- und Aufgabenphasen wird deutlich, dass in den stärker aufga-
benorientierten LLS die Ausprägung der sechs Merkmale deutlich häufiger beobachtet werden konnte
(vgl. Kap. 7.3.3).
Diskussion
Die deutlich gewordenen Anknüpfungspunkte zur Aufgabenkultur, die die Ausbilder in den Interviews
schildern, zeigen einerseits, dass die sechs Merkmale einer kompetenzorientierten Aufgabenkultur in
der Trainerbildung als wichtig empfunden werden und andererseits, wie die befragten Ausbilder die
einzelnen Merkmale umsetzen möchten. Besonders groß ist laut Aussagen der Befragten die Überein-
stimmung im Rollenverständnis der Lehrenden als Lernbegleiter. Weiterhin betonen die Ausbilder,
dass sie LLS so gestalten möchten, dass die Lernenden möglichst aktiv sind und sich die Kompetenzen
selber aneignen können.
Durch den triangulativen Forschungsansatz der vorliegenden Studie ergibt sich nicht nur die Möglich-
keit Passungen und Differenzen zwischen Anspruch und Wirklichkeit zu bestimmen, sondern auch die
Zusammenfassung und Diskussion
223
Selbstwahrnehmung der Ausbilder (Interviews) mit der Außenwahrnehmung durch die Forscher (Vi-
deos) zu vergleichen. Dabei fällt auf, dass die Selbstwahrnehmung bzw. das, was die Ausbilder gerne
machen möchten, stärker kompetenzorientiert ist, als das was tatsächlich beobachtet wurde. Dies zeigt
sich zunächst in der zeitlichen Verteilung zwischen Aufgabenphasen vs. Input-/ Vortragsphasen. In den
beobachteten LLS konnte im Durchschnitt eine annähernde Gleichverteilung festgestellt werden, wäh-
rend die Ausbilder als wünschenswert ein Übergewicht zu Gunsten von Aufgabenphasen beschreiben.
In den Stimulated-Recall-Interviews wurde deutlich, dass sich die Ausbilder dieser Diskrepanz teilweise
bewusst sind. V.a. ‚zu wenig Zeit‘ wird als Grund dafür angegeben, dass LLS doch in Vortragsformen
umgesetzt werden, auch wenn Aufgabenformen als gewinnbringender eingeschätzt werden. An dieser
Stelle ist zu hinterfragen, ob das ‚zu wenig Zeit‘ Argument tatsächlich der ausschlaggebende Faktor ist
oder Ausbilder teilweise den Erarbeitungs- und Vorbereitungsaufwand von eher aufgabenorientierten
LLS scheuen und sich stattdessen für input-orientierte Formate entscheiden. Unabhängig davon deu-
ten diese Erkenntnisse darauf hin, dass die Ausbilder weitgehend ein Lehr-Lernverständnis im Sinne
der Kompetenzorientierung haben und ihre LLS entsprechend gestalten möchten, es in der konkreten
Umsetzung allerdings noch zu Unstimmigkeiten kommt. Dies könnte u.a. daran liegen, dass es bislang
keine systematische ‚Ausbildung zum Trainerausbilder‘ gibt. Eine einheitliche, verbandsübergreifende
Qualifizierung wird durch das DOSB-Ausbilderzertifikat zwar empfohlen, jedoch nicht vorgeschrieben.
So könnte ein einheitliches und verpflichtendes Qualifizierungssystem für die Trainerausbilder dazu
beitragen die Ausbildungsqualität zu erhöhen. U.a. könnten in diesem Rahmen methodische Hilfestel-
lungen zur kompetenzorientierten Gestaltung von LLS erarbeitet werden. Die Auswirkungen von solch
einer ‚Qualifizierungskette‘ (‚Wer bildet Trainerausbilder aus?‘) wird z.B. in Studien zur Schüler- und
Lehrerbildung intensiv diskutiert (z.B. Heß, Strobl, Töpfer, Sygusch & Tittlbach, 2017).
Die Videoanalyse zur Merkmalsausprägung führt zu folgenden weiteren Erkenntnissen:
• Die sechs Merkmale werden unterschiedliche häufig beobachtet (s.u.).
• Es besteht ein Zusammenhang einzelner Merkmale.
• Hohe Ausprägungen aller Merkmale zeigen sich unabhängig davon, ob es primär sportprakti-
sche oder theorie-orientierte LLS sind, immer dann, wenn alle Lernenden eigenständig Auf-
gaben bearbeiten.
• In input-orientierten LLS werden nur vereinzelte Merkmale einer kompetenzorientierten Auf-
gabenkultur beobachtet.
Ausprägung der Merkmale einer kompetenzorientierten Aufgabenkultur
Die Analyse der sechs Merkmale der Aufgabenkultur hat zunächst gezeigt, dass die Merkmale Lebens-
weltbezug sowie Strukturierung in nahezu jeder LLS beobachtet werden konnten. Beim Merkmal Le-
bensweltbezug ist dieses Ergebnis wenig überraschend: In den Interviews erläutern die Ausbilder, dass
es bei den wenigsten Themen notwendig sei einen Lebensweltbezug explizit herzustellen, da sich die
Themen und Aufgaben i.d.R. unmittelbar aus der Alltagswelt der angehenden Trainer ergeben (Klein-
knecht, 2010; Kap. 4.4.6 „authentischer Lebensweltbezug“). Da die Trainerausbildung zum einen frei-
willig ist und zum anderen häufig sportartspezifische Zugangsvoraussetzungen aufweist, unterscheidet
sich das Setting Trainerbildung an dieser Stelle maßgeblich von z.B. der Schülerbildung. Die angehen-
den Trainer haben i.d.R. bereits Erfahrungen im Trainingsalltag, häufig bereits als Trainer und fast im-
mer zumindest in der Rolle des Athleten, gesammelt, weshalb sie entsprechende Anforderungen ken-
nen. Das Merkmal Lebensweltbezug nimmt an dieser Stelle keinen geringeren Stellenwert ein, als
bspw. in der Schülerbildung, es scheint an vielen Stellen jedoch einfacher umzusetzen zu sein bzw.
zeigt sich in der Konzeption und Gestaltung ein sehr authentischer Lebensweltbezug.
Zusammenfassung und Diskussion
224
Die hohe Ausprägung des Merkmals Strukturierung kann sowohl inhaltlich als auch forschungsmetho-
disch diskutiert werden: Ausgewertet wurde, ob eine klare und nachvollziehbare Unterrichtsstruktur
beobachtet werden konnte. Dies war in sehr hohem Maße der Fall. In Anbetracht der Ausführungen
zum Thema Strukturierung im Rahmen von kompetenzorientierten LLS (Kap. 4.4.4) fällt auf, dass in der
vorliegenden Studie nur ein Teilaspekt von Strukturierung analysiert wurde. Bspw. Kleinknecht (2010)
stellt eine wichtige Verknüpfung zwischen kognitiver Aktivierung und strukturierenden Elementen, z.B.
durch Lernzieltransparenz, Aus- und Rückblicken her. Demnach sollen die Lernenden die Möglichkeit
haben ihre Zielerreichung selbst zu steuern und Lernprozesse sowie deren Ergebnisse zu hinterfragen.
Betrachtet man das Merkmal Strukturierung unter diesen Gesichtspunkten, so wurde in der vorliegen-
den Studie lediglich die strukturierte Oberflächenstruktur, nicht die Lernzieltransparenz erfasst.
Das Merkmal kognitive Aktivierung, das im Rahmen kompetenzorientierte LLS einen zentralen Stellen-
wert erfährt (Kap. 4.4) konnte in vielen LLS beobachtet werden. Auch in den Interviews zeigt sich, dass
sich die Ausbilder des hohen Stellenwertes bewusst sind. Trotzdem wurde in knapp 20% der LLS keine
bzw. kaum kognitive Aktivierung der Lernenden beobachtet. Im Sinne der Annäherung an die kompe-
tenzorientierten Ansprüche sollte ein noch größerer Fokus daraufgelegt werden, dass die Lernenden
in jeder LLS kognitiv aktiviert werden.
Eine Umsetzung der Merkmale Offenheit und Individualisierung wurde weniger häufig beobachtet, als
kognitive Aktivierung. Insgesamt wurde aber die Mehrheit der beobachteten LLS so eingeschätzt, dass
die Lernenden die Möglichkeit haben auf unterschiedlichen Wegen zu unterschiedlichen Lösungen zu
kommen und sie auch die Möglichkeit bekommen Aufgaben entsprechend ihrer Kompetenzen sowie
Interessen zu bearbeiten. Wie bei der kognitiven Aktivierung gilt aber auch hier im Sinne einer weite-
ren Optimierung LLS noch häufiger offen und individualisiert zu gestalten.
Übereinstimmen zeigen sich die Ergebnisse der Video- und Interviewanalyse zur Reflexion. Die meisten
Ausbilder hatten Schwierigkeiten den Reflexionsbegriff zu erläutern. Reflexion wird häufig mit Feed-
back gleichgesetzt und damit nicht als Möglichkeit gesehen, Erfahrungen und Wissen zu erweitern.
Daher überrascht es nicht, dass reflexive Anteile am Lernprozess zum einen verhältnismäßig selten
beobachtet und zum anderen auch nur zum Teil als gelungen wahrgenommen wurden. Reflexionspha-
sen werden u.a. deshalb als besonders gewinnbringend für kompetenzorientierte LLS angesehen, da
in diesen Phasen gemachte Erfahrungen und Erkenntnisse systematisch in die Wissensstruktur der Ler-
nenden eingebunden werden und individuelle Transferleistungen vorgenommen werden können (Kap.
4.4.3).
Auffällige Ergebnisse zeigen sich weiterhin bei der Betrachtung der Merkmalsausprägung anhand der
einzelnen Kompetenzkategorien. Auf der einen Seite wurde nur in einer von neun LLS zur Fachkompe-
tenz Reflexionsprozesse beobachtet, während in Einheiten, in denen (integriert) mehrere Kompetenz-
kategorien zum Thema gemacht wurden die höchsten Ausprägungen zu beobachten waren. Diese Be-
obachtung ist insbesondere vor dem Hintergrund eines integrierten (Kompetenzkategorie-übergrei-
fenden) Vermittlungsansatzes von Bedeutung, der bereits im Rahmen der besonderen Rolle der Sozi-
alkompetenz diskutiert wurde. Um diese Ergebnisse zu untermauern, sollte die Umsetzung der Merk-
male zur Aufgabenkultur unter dem Gesichtspunkt von LLS zu einzelnen Kompetenzkategorien vs. ei-
nes integrierten Vermittlungsansatzes weitergehend analysiert werden. Sollten sich die hier explorativ
identifizierten Beobachtungen bestätigen, sollte die oben dargestellte analytische Trennung in Kom-
petenzkategorien spätestens bei der Konzeption und Umsetzung von LLS aufgelöst werden.
Zusammenfassung und Diskussion
225
Zusammenhang einzelner Merkmale der Aufgabenkultur
Weiterhin hat sich gezeigt, dass hohe Ausprägungen bestimmter Merkmale in Zusammenhang mit ho-
hen Ausprägung anderer Merkmale stehen. Wobei im Rahmen der durchgeführten explorativen Ana-
lyse weder Wirkrichtungen noch Kausalzusammenhänge belegt werden können. Folgende Zusammen-
hänge zeichnen sich jedoch ab:
• Offene Aufgaben besitzen in besonderem Maße Potential zur Individualisierung. Offene Auf-
gabenstellungen bieten häufig unterschiedliche Bearbeitungsmöglichkeiten, Lösungswege
und Ergebnisse. So, dass die Lernenden die Aufgabe entsprechend ihrer individuellen Voraus-
setzungen und Interessenlage bearbeiten können, was wiederum positive Auswirkungen auf
die kognitive Aktivierung hat.
• Offene Aufgaben mit einem hohen Lebensweltbezug besitzen Potential zur kognitiven Akti-
vierung. Offene Aufgaben, in deren Mittelpunkt eine Problemstellung mit subjektiver Be-
deutsamkeit aus der Lebenswelt der Lernenden steht, motiviert die Lernenden dazu, sich ak-
tiv kognitiv mit der Aufgabe auseinanderzusetzen.
• Reflexionen erfordern zwangsläufig eine kognitive Aktivierung. Da Reflexionsprozesse die
kognitive Verarbeitung von Erfahrungen umfassen, ist hier eine kognitive Aktivierung obliga-
torisch. Zentral dafür ist jedoch, dass die Lernenden zur Selbstreflexion angeregt werden. Zu-
sammenfassungen oder Fremdreflexionen durch den Ausbilder führen nicht zwangsläufig zu
eigenen kognitiven Prozessen.
• Strukturierende Elemente sind eine Voraussetzung für Reflexionen. Um gemachte Erfahrun-
gen vor dem Hintergrund einer klaren Zielstellung zu reflektieren, muss den Lernenden die
Struktur sowie die Zielstellung der LLS bekannt sein.
Zusammenhänge und Wechselwirkungen dieser Art gehen Konform mit vorliegenden Studien, so be-
tont bspw. Kleinknecht (2010) den Zusammenhang zwischen Strukturierung und kognitiver Aktivie-
rung. Bei Feindt und Meyer (2010) wird der Zusammenhang verschiedener Merkmale bereits durch
die Visualisierung ihrer ausgewählten Merkmale deutlich. Die vorliegende Studie bestätigt diese Zu-
sammenhänge auf einer ersten explorativen Basis auch für die Trainerbildung. Es deutet sich darüber
hinaus an, dass Merkmale, wie Offenheit, Lebensweltbezug und Individualisierung notwendig sind, um
die Lernenden kognitiv zu aktivieren. Die empirischen Ergebnisse unterstützen dahingehend die theo-
retischen Annahmen (Kap. 4.4). Eine Überarbeitung und Ausdifferenzierung des Kodierleitfadens ist
notwendig, um diese Zusammenhänge genauer betrachten zu können, um daran anschließend ggf.
auch quantitative Messverfahren zu entwickeln und angenommene Zusammenhänge zu prüfen.
Unterschiedliche Lehr-Lernformate und ihr Potential für eine kompetenzorientierte Aufgabenkultur
Die Analyse der beobachteten LLS hat zunächst gezeigt, dass in der Trainerausbildung häufig folgende
Lehr-Lernformate angewendet werden:
• sportpraktisch-orientierte Lernaufgaben (Verknüpfung aus Motorik und Kognition)
• theorie-orientierte Lernaufgaben (ohne motorische Anteile)
• (formative) Lehrproben
• Übung von Bewegungsfertigkeiten (Fokus auf Motorik, wenig Kognition)
• Vorträge/Inputphasen
Die Auswertung der Ausprägung der sechs Merkmale kompetenzorientierter LLS hat ein eindeutiges
Bild aufgezeigt, bei welchen Lehr-Lernformaten die Ausprägungen höher bzw. niedriger sind. Dies wird
Zusammenfassung und Diskussion
226
in Abb. 1973 schematisch illustriert. Die Ausprägung der sechs Merkmale wurde häufig, unabhängig
davon, ob motorische oder theoretische Ziele im Vordergrund standen, in Lernaufgaben beobachtet.
In (formativen) Lehrproben, in denen ein Teilnehmer die Rolle des Trainers einnahm und die anderen
Teilnehmer die Rolle der Athleten einnahmen, wurden die Merkmale nur teilweise für die Gesamt-
gruppe beobachtet, da i.d.R. nur für jeweils einen Teilnehmer unmittelbar eine Lernmöglichkeit ge-
schaffen wurde. An dieser Stelle sollte sichergestellt werden, dass jeder TN die Möglichkeit hat eine
entsprechende Lehrprobe durchzuführen. Durch anschließende Reflexionen können die gemachten
Erfahrungen des Teilnehmers in der Lehrendenrolle dann diskutiert und transferiert werden. Zu be-
rücksichtigen bleibt bei diesem Format dennoch die Tatsache, dass die meiste Zeit die Mehrheit der
Teilnehmer in einer passiven Rolle sind. Neben Lehrproben gilt dies auch für exemplarische Übungen,
die nur jeweils ein Teil der Teilnehmer durchgeführt haben.
Während des Einübens von Bewegungsfertigkeiten, z.B. durch Imitationsübungen, waren die Teilneh-
mer ebenfalls überwiegend in einer Rolle, in der wenig kognitive Lernprozesse angestoßen wurden.
Anders hat es sich verhalten, wenn Aufgaben zum Einüben von Bewegungsfertigkeiten mit darüber
hinaus gehenden (kognitiven) Aufgaben verknüpft wurden (siehe Lernaufgaben). An dieser Stelle
grenzt sich das Setting Sport von anderen Settings bzw. auf Schulebene von anderen Fächern ab, indem
eine motorische Komponente stärker im Fokus stehen kann. Die Diskussion über verschiedene Aufga-
benformate (Kap. 4.2; z.B. Seiler et al., 2016) macht die damit einhergehenden Herausforderung für
die Konzeption und Umsetzung von kompetenzorientierten LLS im Sport deutlich. In diesem Sinne kön-
nen Übungs- bzw. Bewegungsaufgaben bewusst eingesetzt werden, um motorische Fertigkeiten zu
üben, was bei den hier angelegten Merkmalen zur Aufgabenkultur häufig zu einer niedrigeren Ausprä-
gung führt. An der Stelle müssen zwangsläufig die anzusteuernden Ziele mit in den Blick genommen
werden, um zu hinterfragen, welche Relevanz das Einüben motorischer Fertigkeiten in der Traineraus-
bildung hat. Aussagen einzelner Ausbilder deuten darauf hin, dass sie von den angehenden Trainern
ein Mindestniveau in der Eigenrealisation erwarten. Sollte dieses Niveau nicht vorherrschen, müsse es
im Rahmen der Trainerausbildung erreicht werden. Wieviel Eigenrealisation von den Trainern der ein-
zelnen Lizenzstufen zu erwarten ist, wird i.d.R. in den Ausbildungskonzeptionen nicht explizit festge-
legt, weshalb eine abschließende Beurteilung dieses Themenkomplexes nicht möglich ist. Insgesamt
ist aber zu hinterfragen, inwiefern bzw. in welcher Ausprägung die Eigenrealisation eines Trainers für
seine Arbeit bedeutsam ist. Da verhältnismäßig viele LLS beobachtet wurden, in denen zumindest auch
technische Fertigkeiten angesteuert wurden, ist weiterhin zu hinterfragen, ob die Ausbildungszeit an
diesen Stellen effizient genutzt wurde. Wenn die Eigenrealisation eine Voraussetzung für die Trainer-
ausbildung ist, sollte diese auch formal integriert werden. Entweder durch entsprechende Zugangsvo-
raussetzungen oder durch die Integration entsprechender Ziele in den Ausbildungskonzeptionen. Bis-
lang scheint dieses Thema nicht explizit diskutiert zu werden.
Reine Vortrags- bzw. Inputphasen wurden durchgehend niedrig ausgeprägt eingestuft. Daher wird für
eine kompetenzorientierte Trainerausbildung empfohlen Vortragszeiten soweit es geht zu reduzieren
und eine integrative Wissensvermittlung, z.B. durch die Kombination aus Praxisphasen, Inputphasen
und Diskussionen sowie Reflexionen, anzustreben.
Darüber hinaus bestätigen sich die Ausführungen von Kleinknecht (2010), dass das aufgabenbezogene
Handeln der Ausbilder insbesondere für die Merkmale kognitive Aktivierung, Offenheit und Reflexion
von zentraler Bedeutung ist (vgl. Kap. 4.3).
73 Das hier dargestellte Kontinuum dient zur exemplarischen Illustration der qualitativen Ergebnisse. Es steht in
direktem Zusammenhang mit den zuvor beschriebenen quantifizierten Ergebnissen, stellt jedoch nicht diese dar.
Zusammenfassung und Diskussion
227
Abb. 19: Kontinuum des Ausprägungsgrads der Merkmale kompetenzorientierter LLS bei unterschied-
lichen Lehr-Lernformaten
Neben den formellen LLS haben die Interviewten auch den Mehrwert von informellen Lernmöglichkei-
ten hervorgehoben. Diese werden nachfolgend diskutiert.
Informelle Lerngelegenheiten
Zum einen werden bspw. bereits Mentorenprogramme oder Hospitationen ergänzend eingesetzt oder
als wünschenswert beschrieben. Zum anderen werden auch Gespräche abseits der formellen LLS,
bspw. beim gemeinsamen Abendessen, auf dem Weg zur Trainingsstätte oder bei Treffen auf Ver-
bandsveranstaltungen als sehr gewinnbringend eingestuft. Diese Einschätzungen decken sich sowohl
mit dem nationalen als auch mit dem internationalen Forschungsstand (vgl. Kap. 4.5). Bspw. plädiert
Nordmann (2007) für die stärkere Verknüpfung von formellen und informellen Lerngelegenheiten. Jo-
nes und Allison (2014) kommen in ihrer Längsschnittstudie zu dem Ergebnis, dass der Mehrwert des
persönlichen Austauschs und informeller Lerngelegenheiten von den Teilnehmern eines Ausbildungs-
programms sogar höher eingeschätzt wird, als der Mehrwert des formellen Ausbildungsteils.
Auf Grundlage dieser Befunde sollten Überlegungen dazu angestellt werden, solche bislang informel-
len Lernmöglichkeiten systematisch in die Trainerausbildung zu integrieren. An dieser Stelle sei auf die
Herausforderung hingewiesen, diese Lernprozesse transparent und vergleichbar zu gestalten (z.B. im
Bestreben einer DQR-Zuordnung und [internationalen] Vergleichbarkeit). Zentral dafür wird es sein die
informell erworbenen Erfahrungen und Erkenntnisse systematisch formell einzubinden, zu reflektieren
und transferieren.
8.4 Diskussion der Forschungsmethoden
Als letzter Diskussionspunkt werden das Studiendesign sowie die angewendeten Methoden und Ver-
fahren diskutiert, um Stärken und Schwächen der Arbeit herauszustellen.
In der vorliegenden Arbeit wurde ein qualitativer Forschungsansatz verfolgt (vgl. Kap. 6.1). Dieser ist
auch retrospektiv als sinnvoll zu bewerten, da insbesondere im Setting Trainerbildung noch zu wenig
Erkenntnisse hinsichtlich der Umsetzung kompetenzorientierter Bildungsansprüche vorliegen, die ein
quantitatives Vorgehen begründen könnten. Im Sinne des Differenzanalytischen Ansatzes (z.B. Balz &
Zusammenfassung und Diskussion
228
Neumann, 2005) wurden zwei Anspruchsebenen (DOSB-Ausbildungsrahmen, Ausbildungskonzeptio-
nen der MV) sowie zwei Wirklichkeitsebenen (Forschersicht, Sicht der Lehrenden) betrachtet und sys-
tematisch anhand der Fragestellungen (F1, F2) miteinander verglichen. Grundsätzlich hat sich der Dif-
ferenzanalytische Ansatz zur Beantwortung der beiden Hauptfragestellungen als geeignet erwiesen.
Insbesondere die systematische Fokussierung auf ausgewählte Anspruchs- und Wirklichkeitsebenen
haben den Blick auf den Forschungsgegenstand entscheidend verdichtet.
Anspruchsanalyse
Als strukturgebender Rahmen wurde in Orientierung an die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring
(z.B. 2010) ein Untersuchungsplan für die Anspruchsanalyse erstellt, der systematisch die Prozesse von
der Ausdifferenzierung der Fragestellung, über die Datenerhebung und -aufbereitung bis zur -auswer-
tung darstellt (vgl. Kap. 6.3). Die Orientierung an dem Untersuchungsplan hat sich als gewinnbringend
herausgestellt, um alle notwendigen Schritte im Forschungsprozess zunächst zu durchlaufen und diese
dann transparent darzustellen.
Die zu untersuchenden Ausbildungsdokumente lagen bereits vor und wurden von den Projektpartnern
zur Verfügung gestellt. Es hat sich herausgestellt, dass die Ausbildungskonzeptionen der einzelnen MV
recht heterogen waren. Dies gilt insbesondere für die Formulierung der Ziele. Um eine vergleichbare
Auswertung vornehmen zu können, mussten die Zielformulierungen teilweise aufbereitet werden. Die
Kriterien zur Formulierung von kompetenzorientierten Zielen (vgl. Kap. 3.4) haben sich als eine gute
Orientierungsgrundlage erwiesen. Dennoch war eine Klassifizierung und Aufbereitung mit einem ver-
hältnismäßig großen Aufwand verbunden, da für sehr unterschiedliche Formulierungsansätze eindeu-
tige Zuordnungsregeln festgelegt werden mussten. Für eine einheitliche und transparente Auswertung
war dieser Schritt jedoch unumgänglich. Gleichzeitig ist die Datenaufbereitung in Form einer Umfor-
mulierung bereits ein interpretativer Schritt, der eine (formale) Veränderung des Datenmaterials mit
sich führt. Die einhergehenden Umformulierungen legen die Interpretationen jedoch transparent of-
fen. Die Ziele, bei denen die Interpretationsleistung am größten war, wurden den entsprechenden
Verbandsverantwortlichen zur Prüfung vorgelegt. Dadurch wurde sichergestellt, dass keine inhaltliche
Veränderung des Datenmaterials vorgenommen wurde, sondern lediglich eine formale. Nach der Da-
tenaufbereitung wurden die Ausbildungskonzeptionen orientiert an der qualitativen Inhaltsanalyse
(Mayring, 2010) anhand der Auswertungskategorien (a) Kompetenzverständnis, (b) Ziele, (c) methodi-
sche Gestaltung ausgewertet und abschließend gegenübergestellt (siehe Differenzanalyse). Die Aus-
bildungsdokumente wurden mittels strukturierender Inhaltsanalyse und im Rahmen der DQR-Zielzu-
ordnung mit einer skalierenden Inhaltsanalyse ausgewertet. Entsprechende Kodierleitfäden wurden
deduktiv erstellt und induktiv am Material erweitert. Diese Vorgehensweise hat sich als geeignet er-
wiesen, um einerseits den Analysefokus auf Grundlage des theoretischen Vorverständnisses und den
Fragestellungen festzulegen (deduktive Kategorien) und andererseits dem Forschungsgegenstand of-
fen zu begegnen (induktive Erweiterung). Durch die Prüfung der Inter- und Intracoderreliabilität (Kap.
6.3.4.4) wurde den Einzelanalysen eine hohe Reliabilität (Zuverlässigkeit) bestätigt.
Im Rahmen der DQR-Zuordnung wurde der DQR-Glossar Sport sowie der entsprechende Kodierleitfa-
den (s. Anhang) sukzessive erweitert, da in jedem Verband neue Ziele und Zielformulierungen erfasst
wurden. Die Schwierigkeit an dieser Stelle bestand darin Regeln und Operatoren festzulegen, die eine
trennscharfe Zuordnung für alle Ziele ermöglichen. Dies hat gezeigt, dass die Anwendung des DQR im
Sport mit einer verhältnismäßig großen ‚Übersetzungsleistung‘ verbunden ist. Um in Zukunft dieses
System weiterzuentwickeln wurde zunächst geprüft, ob eine einfache Übertragung der DQR-Niveau-
stufen auf die RRL-Kompetenzkategorien möglich ist. Diese Übertragung wird nachfolgend gesondert
diskutiert.
Zusammenfassung und Diskussion
229
Zwei Systeme, ein Ziel? RRL-System vs. DQR-System (b3)
Die notwendigen ‚Übersetzungsleistungen‘ (Ausbildungskonzeptionen zu DQR) sind erforderlich, da
weder die RRL, noch die Ausbildungskonzeptionen der MV vor dem Hintergrund erstellt wurden, um
an den DQR anschlussfähig zu sein. Im derzeitigen DOSB-System sind die drei Kompetenzkategorien
PSK, FK und MVK handlungsleitend. Diese finden sich in unterschiedlichen Kategorien des DQR wieder.
Deutlich wurde, dass diese ‚Übersetzungen‘ in DQR Sprache immer wieder zu Herausforderungen ge-
führt haben und Interpretationen erforderlich gemacht haben. Der Einsatz von zwei Kodierern und
regelmäßigen Überprüfungen der Intercoderreliabilität mit einhergehenden Optimierungen der Ko-
dierregeln hat sich in diesem Zug als wertvoll und notwendig herausgestellt.
Durch diese Vorgehensweise konnten die Ausbildungskonzeptionen zuverlässig mit den DOSB-Ausbil-
dungsrahmen verglichen werden. Dennoch ist zu hinterfragen, welche weiteren Zwecke mit dem DQR
im organisierten Sport verfolgt werden sollen oder können. Aufgrund des relativen großen ‚Überset-
zungsaufwandes‘ und dem damit einhergehenden Interpretationsspielraum scheint es nicht sinnvoll
diese beiden Kompetenzsysteme (DQR, RRL) parallel weiterzuentwickeln.
Kritisch zu betrachten sind an dieser Stelle vier Aspekte:
• Die analytische Trennung im DQR zwischen Wissens- und Fertigkeitsbestandteilen – jedoch
nur bei den fachlichen, nicht bei den sozialen Kompetenzen – ist nicht vollständig passfähig
mit einem integrierten Kompetenzverständnis (vgl. Kap. 3).
• Die Ausdifferenzierung auf acht Niveaustufen ist sehr fein und deren Operationalisierung in
der Praxis nicht immer trennscharf anwendbar, was eine klare Zuordnung zu den einzelnen
Stufen erschwert.
• Übersetzungsleistungen zwischen Ausbildungskonzeptionen und DQR erfordern Interpretati-
onen und können den vergleich innerhalb des Systems verzerren.
• Auf übergeordneter Ebene ist zu hinterfragen, ob ein eher erziehungswissenschaftliches
Kompetenzverständnis, was derzeit der DQR und die DOSB-Ausbildungsrahmen aufweisen,
langfristig den richtigen Weg kennzeichnet. Vertreter der empirischen Bildungsforschung
kritisieren u.a., dass eine trennscharfe Abgrenzung der einzelnen Kompetenzkategorien
kaum möglich ist (vgl. Kap. 3.2). Dieser Gedanke, ergänzt um einen Alternativvorschlag wird
im nachfolgenden Kapitel weiter ausgeführt.
Um diese notwendige ‚Übersetzungsleistung‘ langfristig zu vereinfachen wurde in der vorliegenden
Arbeit geprüft, inwiefern eine Übertragung der DQR-Niveaustufenzuordnung auf Zielebene auf die drei
Kompetenzkategorien der RRL vorgenommen werden kann. Das gewählte Vorgehen (vgl. Kap. 6.3.4)
hat sich als relativ einfach umsetzbar erwiesen. Die daraus resultierenden Ergebnisse der Neu-Zuord-
nung müssen zunächst jedoch mit Vorsicht betrachtet werden, da dieser Übertrag von einem Katego-
riensystem auf ein anderes inhaltlich einige Unwegsamkeit mit sich bringt; z.B. die Tatsache, dass bei
der Übertragung teilweise aus zwei DQR-Werten der Mittelwert gebildet wurde, ist forschungsmetho-
disch kritisch zu bewerten. An dieser Stelle ging es jedoch nicht vorrangig um die daraus resultierenden
Ergebnisse, sondern viel mehr darum einen ersten Vorstoß in diese Richtung zu wagen und für die
Schwierigkeiten im Rahmen der DQR-Zuordnung zu sensibilisieren. Ungeachtet dessen zeigen die Er-
gebnisse ein deutlich homogeneres Bild und verhältnismäßig mehr Passungen, als bei der DQR-Zuord-
nung (vgl. Kap. 7.2.2). Für eine angepeilte Transparenz nach innen sprechen diese Erkenntnisse zu-
nächst dafür, einen Vergleich zwischen Verbänden und Ausbildungsrahmen anhand der zu Grunde ge-
legten Kompetenzkategorien (PSK, FK, MVK) vorzunehmen. Anstelle des DQR ist ggf. ein Instrument
oder Modell dazu besser geeignet, das eine klare Operationalisierung und eine trennscharfe Abgren-
zung von Themenbereichen oder Kompetenzkategorien ermöglicht und ohne ‚Übersetzungshilfen‘ für
das Setting Sport und im speziellen die Trainerbildung anwendbar ist. Dieser Gedanke zu Weiterent-
wicklung geht über die DQR-Zuordnung hinaus und ist grundsätzlicher zu diskutieren. Weiterführende
Zusammenfassung und Diskussion
230
Impulse dazu werden deshalb im anschließenden Kapitel gegeben. Für eine politische Legitimation und
Transparenz nach außen sollten die Bestrebungen für eine DQR-Zuordnung jedoch weiterverfolgt wer-
den.
Wirklichkeitsanalyse
Analog zum Untersuchungsplan der Anspruchsanalyse wurde auch für die Wirklichkeitsanalyse ein Un-
tersuchungsplan erstellt (vgl. Kap. 6.4). Die Daten für die Wirklichkeitsanalyse wurden per Videogra-
phie und mittels problemzentrierten- sowie Stimulated-Recall-Interviews erhoben. Komplexe Gesche-
hen mit einer hohen Interaktionsdichte, wie sie in LLS vorherrscht, umfassend zu erheben und auszu-
werten, stellt Forscher vor große Herausforderungen (Dinkelaker & Herrle, 2009). Insbesondere die
Videos der LLS wurden daher selektiv entsprechend der Fragestellungen ausgewertet. So kann das
vorhandene Datenmaterial bspw. unter anderen Schwerpunkten oder mit Hilfe anderer Auswertungs-
verfahren analysiert werden.
Die triangulativen Daten bieten verschiedene Perspektiven auf den Forschungsgegenstand: Die beo-
bachteten LLS erfassen die Trainerausbildung aus Forschersicht; Die Sichtweise der Ausbilder wird mit-
tels problemzentrierten- sowie Stimulated-Recall-Interviews einbezogen. Diese Vorgehensweise ver-
hindert möglicherweise blinde Flecken oder einseitige Schlussfolgerungen. Der Mehrwert dieses Vor-
gehens wurde v.a. an den Stellen deutlich, an denen Ergebnisse der Interview- und Videoauswertung
zusammengeführt wurden (z.B. hinsichtlich der Aufgabenkultur).
Durch eine verhältnismäßig große Stichprobe (Kap. 6.4.2.1) wurde sichergestellt, einen breiten Einblick
in die (kompetenzorientierte) Trainerbildung der MV zu erhalten. Neben dem DOSB (RRL, ta) wurden
vier Mitgliedsverbände auf vier Lizenzstufen betrachtet. In jedem MV wurden unterschiedliche Ausbil-
der zu mehreren Zeitpunkten beobachtet und befragt. Dadurch wurde das Risiko verringert, dass Er-
kenntnisse aus Einzelfällen verallgemeinert werden. Neben dieser beobachteten Breite wurde u.a.
durch das triangulative Verfahren sichergestellt, auch ein tiefes Verständnis des Forschungsgegen-
stands zu generieren. Da die Aspekte Breite und Tiefe entsprechend des damit verbundenen For-
schungsaufwands auf einem Kontinuum eher gegenläufige Pole einnehmen, führt jede Entscheidung
für die eine Seite zu Abstrichen auf der anderen Seite. So musste im Laufe der Studie auf Grund ver-
bandsspezifischer Besonderheiten von der geplanten Stichprobe abgewichen werden. Einerseits hat
sich herausgestellt, dass in unterschiedlichen Lizenzstufen immer wieder dieselben Ausbilder auftreten
und daher weniger Ausbilder als geplant beobachtet werden konnten. Andererseits hat sich auch ge-
zeigt, dass nicht alle drei Kompetenzkategorien (explizit) im gleichen Umfang ausgebildet werden, wes-
halb bspw. weniger LLS zur PSK beobachtet wurden, als zu den beiden anderen Kategorien. Diese Ab-
weichung von der Stichprobe stellt damit bereits ein erstes Ergebnis dar. Insgesamt sind der Umfang
und die Aufteilung der untersuchten Stichprobe als gute Datenbasis einzuschätzen. Bei der Gesamtbe-
trachtung der Studie ist jedoch zu berücksichtigen, dass davon auszugehen ist, dass eher solche Ver-
bände und Ausbilder an der Studie partizipiert haben, die sich in dem Thema ‚sicher fühlen‘ bzw. ‚gut
aufgestellt sind‘. Es ist zu erwarten, dass im Rahmen dieser Studie mehr Passungen und weniger Diffe-
renzen gefunden wurden, als es im Durchschnitt über alle Verbände und Ausbilder zu erwarten wäre.
Für die Auswertung war es essentiell alle Daten (Ausbildungsdokumente, Interviews, Videos) anhand
derselben Kategorien auszuwerten. Auch für diesen Zweck hat sich die qualitative Inhaltsanalyse als
passend herausgestellt. Wenngleich sich teilweise Subkategorien unterschieden haben bzw. nicht alle
Datenquellen unter jeder Kategorie ausgewertet wurden. Bspw. wurde das Kompetenzverständnis der
Ausbilder ‚nur‘ über die Interviews erfasst.
Dadurch, dass auf Anspruchsebene nur relativ wenig konkrete Orientierungspunkte hinsichtlich der
methodischen Gestaltung vorlagen, wurde die vorliegende Differenzanalyse ergänzt. Zur Konzeption
Zusammenfassung und Diskussion
231
und Gestaltung kompetenzorientierter LLS herrscht insbesondere in der empirischen Bildungsfor-
schung unter dem Stichwort ‚Aufgabenkultur‘ eine rege Diskussion. Es wurden sechs Merkmale iden-
tifiziert, die setting-übergreifend eine große Relevanz haben. Mit Hilfe bestehender Kodierleitfäden
(v.a. Kleinknecht, 2010; Vogelsang, 2014) wurde ein eigener Leitfaden entwickelt, um die Umsetzung
der sechs Merkmale in der Trainerbildung zu erfassen. Dieses Vorgehen ist als ein erster explorativer
Schritt für die Trainerbildung zu betrachten. Die Werte der Intercoderreliabilität (Kap. 6.4.4.4) belegen
eine hohe Zuverlässigkeit für die Auswertung. Dennoch müssen die Ergebnisse mit Vorsicht betrachtet
werden. Eingeschätzt wurde auf Ebene einer gesamten LLS, die sich aus verschiedenen Phasen (z.B.
Aufgaben, Vorträge, Lehrproben) zusammensetzt, ob die einzelnen Merkmale mindestens ‚hin und
wieder‘ (moderat) beobachtet wurden. Direkte Rückschlüsse auf die Qualität der Umsetzung können
an dieser Stelle nur eingeschränkt gezogen werden.
Insgesamt wird deutlich, dass das gewählte qualitative Verfahren erste, teils explorative Einblicke lie-
fert, jedoch naturgemäß keinen Anspruch auf Repräsentativität erhebt. Zur Absicherung und Erweite-
rung der gewonnenen Erkenntnisse müssen entsprechende Verfahren, insbesondere der Kodierleitfa-
den zur Einschätzung der sechs Merkmale einer kompetenzorientierten Aufgabenkultur, weiterentwi-
ckelt, ausdifferenziert und letztlich validiert werden. Mit Blick auf ähnliche Leitfäden (z.B. Kleinknecht,
2010; Vogelsang, 2014) zeigen sich Möglichkeiten die bislang zwei-stufig angelegte Nominalskala wei-
ter auszudifferenzieren, bspw. hin zu einer vier-stufigen Likert-Skala zu entwickeln. Diese Vorgehens-
weise würde ein differenzierteres Bild der methodischen Gestaltung ermöglichen. Dazu muss die Her-
ausforderung gelöst werden, eindeutig beobachtbare Indikatoren für jede Ausprägung zu definieren,
die zu einer reliablen Auswertung führen. Darüber hinaus sind zwei Dinge zu überlegen: Zum einen
muss bei einer Ausdifferenzierung des Leitfadens eindeutig festgelegt werden, wie das (Nicht-)Vor-
kommen der Merkmale in einzelnen Phasen einer LLS im Gesamtkontext der LLS zu bewerten ist. Zum
anderen sollte geprüft werden, ob es eine Möglichkeit gibt die Aufgaben und das aufgabenbezogene
Handeln mit eigenen Indikatoren getrennt voneinander zu betrachten. Die Analyse hat gezeigt, dass
diese beiden Aspekte für die Umsetzung der einzelnen Merkmale in unterschiedlicher Form relevant
sind. Darüber hinaus ist auch eine inhaltliche Weiterentwicklung anzustreben. Die Auswertung hat be-
reits konkrete Überarbeitungspotentiale dazu aufgezeigt. So wurde bspw. hinsichtlich des Merkmals
Strukturierung lediglich die Oberflächenstruktur und weniger die Lernzieltransparenz erfasst, was ggf.
zu einer (zu) hohen Ausprägung bei der Messung geführt hat (vgl. Kap. 7.3).
Differenzanalyse
In der vorliegenden Studie wurde zunächst der Differenzanalytische Ansatz erweitert, indem bereits
Passungen und Differenzen zwischen zwei Anspruchsebenen bestimmt wurden. Dieses Vorgehen
scheint grundsätzlich lohnend, da die vorliegende Studie gezeigt hat, dass bereits Differenzen zwischen
zwei Anspruchsebenen existieren können.
Die Auswertung der Einzelanalysen, zunächst zwischen den DOSB-Ausbildungsrahmen und den Ausbil-
dungskonzeptionen der MV, konnten aufgrund der Auswertung über die kategoriengeleitete qualita-
tive Inhaltsanalyse (s.o.) gegenübergestellt und miteinander verglichen werden. Im zweiten Schritt
wurde die erfasste Ausbildungswirklichkeit den Ansprüchen gegenübergestellt. An dieser Stelle be-
stand die Herausforderung darin, beide Anspruchsebenen im Blick zu behalten. Ziel war es zunächst
Passungen und Differenzen je Verband zwischen den eigenen Ausbildungskonzeptionen und deren
Umsetzung in LLS und Interviews zu bestimmen. Da sich die Ausbildungskonzeptionen der MV jedoch
eng an den DOSB-Ausbildungsrahmen orientieren, wurden in der vorliegenden Arbeit immer beide
Anspruchsebenen im Blick behalten. Dieses Vorgehen hat sich insbesondere an den Stellen als gewinn-
bringend herausgestellt, an denen verbandsübergreifende Ergebnisse über die Umsetzung der DOSB-
Ausbildungsrahmen in der Trainerbildung generiert wurden, so z.B. im Rahmen der Analyse der The-
menbereiche (b1).
Zusammenfassung und Diskussion
232
Für die abschließende Differenzanalyse konnten die Ergebnisse der Einzelanalysen der einzelnen Kate-
gorien gegenübergestellt und hermeneutisch verglichen werden. Dadurch, dass alle Datenquellen an-
hand der gleichen Kategorien ausgewertet wurden, war der Vergleich problemlos möglich.
Bei der abschließenden Gesamtbetrachtung sind zwei Aspekte hervorzuheben: Zum einen die theore-
tische Passung zwischen Studiendesign, Erhebung und Auswertung und zum anderen die Einordnung
in das Angebots-Nutzungsmodell.
Theoretische Passung des Studiendesigns, der Erhebungsmethoden und Auswertungsverfahren
Alle verwendeten Methoden und Verfahren basieren auf einem konstruktivistischen Lehr-Lernver-
ständnis. Dies zeichnet sich auf theoretischer Ebene bereits im Kapitel zur Kompetenzorientierung und
dem Constructive Alignement ab (z.B. Biggs & Tang, 2011; Kap. 2, 3) und wird im Rahmen der Diskus-
sion zur Aufgabenkultur maßgeblich konkretisiert (z.B. Duit, 1995; Kap. 4.1.1). Demnach liegt der Arbeit
ein moderat konstruktivistisches Lehr-Lern Verständnis zu Grunde, was bedeutet, dass Wissen und
Kompetenzen nur durch eine individuelle Konstruktion der Lernenden entstehen und nicht von einer
Person, wie ein Gut, an eine andere weitergegeben werden können. In diesem Verständnis verorten
Balz und Neumann (2005) auch den Differenzanalytischen Ansatz und Mayring das Prinzip der qualita-
tiven Inhaltsanalyse (z.B. 2016). Daher herrscht eine hohe Passung zwischen dem theoretischen Grund-
verständnis, dem Studiendesign sowie den Methoden der Datenauswertung und die Interpretation der
Ergebnisse unter Berücksichtigung der theoretischen Grundlagen. Das bedeutet auch, dass alle gewon-
nenen Erkenntnisse auf dem in Kap. 2-4 dargelegten theoretischen Verständnis basieren. Die Datener-
hebung, Auswertung und Interpretation geschah daher aus einem bestimmten Blickwinkel (s.o., Kom-
petenzorientierung, Konstruktivismus). Blinde Flecken auf theoretischer Ebene sind daher nicht aus-
zuschließen und alternative Ansätze und Perspektiven auf den Forschungsgegenstand können helfen
die Erkenntnisse zu vertiefen.
Einordung in das Angebots-Nutzungsmodell (z.B. Helmke, 2015)
Forschungsleitend war die Frage, inwiefern die Ausbildungskonzeptionen und die LLS der MV den kom-
petenzorientierten Ansprüchen der DOSB-Ausbildungsrahmen gerecht werden. D.h. zu prüfen, ob ein
Kompetenzerwerb der Lernenden grundsätzlich ermöglicht wird. Ordnet man die vorliegende Arbeit
in das Angebots-Nutzungsmodell (z.B. Helmke, 2015) ein, so wurde an dieser Stelle die Angebotsseite
betrachtet. In welchem Maß die Lernenden tatsächlich Kompetenzen erworben haben, wurde im Rah-
men der vorliegenden Studie (bewusst) nicht erfasst. Instrumente, die die Kompetenzentwicklung oder
das Kompetenzniveau von Lernenden, insbesondere in der Trainerbildung erfassen, liegen derzeit
nicht vor. In anderen Settings gibt es bereits Vorstöße in diese Richtung, z.B. zur Erfassung der sport-
bezogenen Gesundheitskompetenz von Schülern (Töpfer, 2017). Wichtig an dieser Stelle ist jedoch, dass
bevor so etwas wie Trainerkompetenzen und deren Entwicklung erfasst werden (können), ein eindeu-
tiger theoretischer Orientierungsmaßstab vorliegt. U.a. in Kap. 3.5 wurde gezeigt, dass bislang in der
Trainerbildung weder ein einheitliches Kompetenzverständnis herrscht, noch einheitliche Ziele vorlie-
gen. Bis zur Messung von Trainerkompetenzen scheint es daher noch ein langer Weg zu sein, der nicht
vorschnell eingeschlagen werden sollte. Das zeigt sich auch darin, dass auf Ebene der Dokumente
(Ziele) mit Hilfe des DQR eine Niveaustufeneinschätzung vorgenommen werden konnte, der DQR in
seiner jetzigen Form aber nicht anwendbar ist, um die Ausbildungspraxis (LLS) zu erfassen. Ein Ver-
gleich zwischen Ausbildungsanspruch und -wirklichkeit auf Niveaustufenebene erfolgte daher nicht.
Fazit und Ausblick
233
9 Fazit und Ausblick
Um Erkenntnisse zu generieren, die über die Ergebnisse der Einzelanalysen hinausgehen, werden in
diesem Kapitel die Diskussionen der Einzelergebnisse miteinander verknüpft und daraus Ausblicke für
die Weiterentwicklung der Forschungspraxis und der Ausbildungspraxis abgeleitet. Dabei werden die
drei Hauptkategorien (a) Kompetenzverständnis, (b) Ziele und (c) methodische Gestaltung berücksich-
tigt.
Als Fazit der vorliegenden Studie hinsichtlich der Ergebnisse zur eingangs gestellten Frage nach Pas-
sungen und Differenzen:
Werden die Kompetenzansprüche der Ausbildungsrahmen des DOSB zum Trainer-Leistungssport in
den Ausbildungskonzeptionen und der Ausbildungswirklichkeit der Mitgliedsverbände eingelöst?
und einer abschließenden Einordnung in den Forschungs- und Kenntnisstand der aktuellen Trainerbil-
dungsforschung kann auf den Ebenen (a) Kompetenzverständnis, (b) Ziele und (c) methodische Gestal-
tung folgendes festgehalten werden:
Hinsichtlich des (a) Kompetenzverständnisses konnten Passungen zwischen der Ausbildungswirklich-
keit und den Ausbildungsansprüchen v.a. in der paradigmatischen Grundausrichtung durch die Ver-
knüpfung aus Wissen und Können sowie einer Orientierung an den drei Kompetenzkategorien PSK, FK
und MVK festgestellt werden. Die Einordnung in den Forschungs- und Kenntnisstand der (Trainer-)Bil-
dungsforschung zeigt eine Anschlussfähigkeit an den erziehungswissenschaftlichen Kompetenzansatz
sensu Roth (1971). Dies führt u.a. zu Schwierigkeiten in der Abgrenzung und Operationalisierbarkeit
sowohl in der Konzeption und Umsetzung als auch in der Analyse. Zentral ist eine eindeutige und strin-
gente theoretische Verortung. Für eine kompetenzorientierte Weiterentwicklung der Trainerbildung
wird ein Anschluss an das Kompetenzverständnis der empirischen Bildungsforschung (stellv. Klieme &
Hartig, 2007; Weinert, 2001) empfohlen (s. u.).
Hinsichtlich der Themenbereiche der formulierten (b) Ziele hat sich gezeigt, dass es einige Themenbe-
reiche gibt, die sich durchgehend auf jeder Ebene und in jedem Verband zeigen und die sich damit als
besonders relevant auszeichnen. Andere Themenbereiche der DOSB-Ausbildungsrahmen hingegen
werden von den Verbänden seltener aufgegriffen und wieder andere ergänzt. Ggf. ist hier eine Annä-
herung sinnvoll. Insbesondere der Bereich der Sozialkompetenz hat sich als äußerst ambivalent darge-
stellt, in dem er einerseits als sehr wichtig für die Trainerbildung dargestellt wird und andererseits von
den Ausbildern als schwer anzusteuern und zusätzlich eher unterrepräsentiert wahrgenommen wird.
Hierin scheint eine besondere Herausforderung in der (Trainer-)Bildung zu liegen, die verstärkt in den
Blick genommen werden sollte. Hinsichtlich der Ziele zeigt sich weiterhin einerseits ein ähnliches An-
spruchsniveau zwischen DOSB-Ausbildungsrahmen und Ausbildungskonzeptionen der MV und somit
eine geforderte Transparenz nach Innen. Auch wenn das Anspruchsniveau der DOSB-Ausbildungsrah-
men durchgängig höher ist, als dass der Ausbildungskonzeptionen. An dieser Stelle sollte v.a. für die
als anspruchsvoll eingestufte Sozialkompetenz ein umsetzbares Anforderungsniveau von DOSB und
Verbänden festgelegt werden. Darüber hinaus sollten die Dokumente der ta und die RRL systema-
tisch(er) miteinander verknüpft werden.
Für eine systematische Weiterentwicklung der Trainerbildung scheint der DQR nur bedingt geeignet
zu sein, da er im Kompetenzverständnis zwar anschlussfähig an die sportliche Bildung ist, jedoch immer
eine Übersetzungsleistung vorgenommen werden muss. Um Anforderungsniveaus unmittelbar mess-
bar zu machen, könnten die DQR-Niveaustufen systematisch auf die RRL-Kompetenzkategorien über-
tragen werden.
Hinsichtlich der (c) methodischen Gestaltung kann festgehalten werden, dass die Ausbildungsdoku-
mente, sowohl des DOSB als auch der Verbände deutlich hinter dem Potential einer kompetenzorien-
tierten Aufgabenkultur zurückbleiben. In der Praxis kann die Umsetzung entsprechender Merkmale
Fazit und Ausblick
234
und damit eine systematische Kompetenzorientierung dennoch in Teilen beobachtet werden. Es zeigt
sich, dass insbesondere die Merkmale Reflexion, Offenheit und Individualisierung wenig umgesetzt
werden.
Somit zeigt sich, dass die untersuchten Verbände auf einem guten Weg sind die kompetenzorientierten
Ansprüche der DOSB-Ausbildungsrahmen umzusetzen, dass aber in allen drei betrachteten Kategorien
in jedem Verband Differenzen festzustellen sind. Die größte Herausforderung scheint in der methodi-
schen Gestaltung zu liegen, zu der auf Ebene der Ausbildungsansprüche nur wenig Textmaterial vor-
liegt. Diese Differenzen zwischen dem kompetenzorientierten Anspruch und dessen Umsetzung sollte
einerseits durch eine konzeptionelle Weiterentwicklung oder Neuausrichtung der Ausbildungsdoku-
mente und andererseits durch Ausbilderschulungen verkleinert werden.
Konkrete Ausblicke und Ansatzpunkte, sowohl für die Ausbildungspraxis, als auch die Forschungspraxis
werden nachfolgend skizziert.
Eine einheitliche Basis schaffen
Die bis dato vorliegenden Vermischungen und unterschiedlichen Operationalisierungen auf Grundlage
unterschiedlicher Zugänge (u.a. Erziehungswissenschaft vs. Bildungswissenschaft) führen insgesamt zu
einer gewissen Konturlosigkeit des Kompetenzbegriffs, wie ihn Behm (2008) bereits moniert hat. So-
wohl für die Konzeption und Gestaltung der Trainerausbildung im DOSB (Ausbildungspraxis) als auch
für die Möglichkeit einer Analyse und Evaluation (Forschungspraxis), ist eine einheitliche Orientie-
rungsgrundlage notwendig. Dies bedeutet auf der einen Seite für die Trainerbildungsforschung eine
eindeutige Verortung innerhalb einer Forschungslinie vorzunehmen und sich auf eine konsensfähige
Kompetenzdefinition für die Trainerbildung zu einigen. Auf der Grundlage können geforderten Trai-
nerkompetenzen transparent und abgrenzbar operationalisiert werden.
Selbiges gilt für die Trainerbildungspraxis, sprich auch die Ausbildungsdokumente und die LLS sollten
auf einer stringenten theoretischen Basis fußen. Wie oben dargestellt führen die großen wechselseiti-
gen Beziehungen und Überschneidungen der drei aktuell angelegten Kompetenzbereiche PSK, FK und
MVK derzeit zu Unsicherheiten und Verwässerungen.
Das führt zu folgenden Konsequenzen für
… die Forschungspraxis:
• (Weiter-)Entwicklung eines einheitlichen und stringenten Kompetenzverständnisses;
… für die Ausbildungspraxis:
• Formulierung und Berücksichtigung eines einheitlichen und stringenten Kompetenzverständ-
nisses in den Ausbildungskonzeptionen.
Systematische Verknüpfung von Zielen, LLS und Prüfungen: Konzeptionelle Weiterentwicklung
Weiterhin erfordert eine stringente Orientierung an formulierten Zielen, dass konkrete Ziele auf Ebene
einzelner LLS vorliegen. Im Rahmen der vorliegenden Studie wurden die Ziele der Ausbildungskonzep-
tionen betrachtet, die auf übergeordneter Ebene die Ziele der jeweiligen Lizenzstufe beschreiben.
Strukturgebend sind dabei die drei Kompetenzkategorie PSK, FK und MVK. Auch wenn dies nicht expli-
zit formuliert wird, kann davon ausgegangen werden, dass die Ziele durch die Gesamtheit der einzel-
nen LLS erreicht werden sollen. Daraus resultiert, dass die Ziele in der Form nur bedingt geeignet sind,
um sie unmittelbar in einzelnen LLS anzusteuern. Als Zwischenschritt ist es an dieser Stelle erforderlich
die Ziele von Ebene der Lizenzstufe systematisch auf Modul- bzw. direkt auf Ebene einzelner LLS aus-
zudifferenzieren. Ansätze einer solchen Ausdifferenzierung waren nur in der Ausbildungskonzeption
eines Verbandes erkennbar. Liegen dann Ziele auf LLS-Ebene vor, können diese explizit durch konkrete
Fazit und Ausblick
235
kompetenzorientierte Lernaufgaben in LLS angesteuert werden. Für die Verknüpfung von Zielen und
konkreten Aufgaben bieten sich Kompetenzmodelle, wie z.B. das EKSpo-Modell (vgl. Kap. 3.3), an.
Durch die drei Ebenen Prozesse, Inhalte und Anforderungsniveau können für formulierte Ziele unmit-
telbar kompetenzorientierte Aufgaben abgeleitet werden, die das entsprechende Ziel explizit ansteu-
ern.
Weitblickend ist auch eine viel grundsätzlichere Neuausrichtung in Betracht zu ziehen. Kritik seitens
der empirischen Bildungsforschung gegenüber dem erziehungswissenschaftlichen Kompetenzansatz
besteht v.a. hinsichtlich der Operationalisierbarkeit und Messbarkeit der Kompetenzkategorien PSK,
FK und MVK (vgl. Kap. 3.2). Wie oben dargestellt, kam es genau durch diese fehlende Operationalisier-
barkeit und fehlenden Abgrenzbarkeit auch in der vorliegenden Studie zu Schwierigkeiten. Schwierig-
keiten wurden einerseits in der Konzeption und Umsetzung von entsprechenden Zielen in den Ausbil-
dungsdokumenten beobachtet. Andererseits wurden Herausforderungen in der empirischen Analyse
der LLS (v.a. Zuordnung der Ziele zu einer Kompetenzkategorie) deutlich. Eine vollständige Abkehr vom
erziehungswissenschaftlichen Kompetenzansatz hin zum Kompetenzansatz der empirischen Bildungs-
forschung könnte dargestellte Schwierigkeiten und Herausforderungen verringern. Statt einer Unter-
teilung und Formulierung von Zielen für einzelne Kompetenzbereiche (PSK, FK, MVK) – wohl wissend,
dass entsprechende Kompetenzen in der Praxis i.d.R. zusammen gefordert werden – können Ziele the-
menspezifisch und voneinander abgrenzbar formuliert werden und sich stärker auf die unmittelbaren
Alltagsanforderungen eines Trainers (Output) fokussieren. In jedem Fall, ob im Rahmen einer grundle-
genden Neuausrichtung oder einer trennschärferen Operationalisierung des bestehenden Ansatzes,
sollten zunächst abgrenzbare Ziele formuliert werden. Im Sinne des Constructive Alignments sollten
darauf aufbauend Aufgaben entwickelt werden, die entsprechende Ziele explizit ansteuern.
Das führt zu folgenden Konsequenzen für
… die Forschungspraxis:
• Ausdifferenzierung von Zielen und Themenbereichen,
• (Weiter-)Entwicklung von Modellen zur Konzeption und Analyse von Zielen, LLS und Prüfun-
gen (Ziele/Themen, Prozesse und Niveaustufen);
… die Ausbildungspraxis:
• Kompetenzkategorien und Themenbereiche festlegen,
• Ausdifferenzierung von Zielen auf Ebene einzelner LLS,
• Systemtische Verknüpfung von Zielen, LLS und Prüfungen, z.B. durch die Adaption eines ent-
sprechenden Modells.
Aus der geführten Methodendiskussion (Kap. 8.4) hinsichtlich des Anspruchsniveaus der Ziele und ei-
ner entsprechenden Überprüfung (z.B. über den DQR) ergeben sich folgende Konsequenzen für
… die Forschungspraxis
• Rolle des DQR für die Trainerbildung diskutieren;
… die Ausbildungspraxis
• Einheitliches und umsetzbares Anspruchsniveau festlegen (DQR).
In der vorliegenden Arbeit wurde gezeigt, dass die Grundlagen zur methodischen Gestaltung des DOSB
und der MV sich dem Prinzip der Kompetenzorientierung nicht verschließen, aber zu unkonkret für
den Ausbildungsalltag bleiben. Trotzdem konnten die sechs Merkmale zur Aufgabenkultur (kognitive
Aktivierung, Offenheit, Reflexion, Strukturierung, Individualisierung, Lebensweltbezug) in der Ausbil-
dungspraxis in unterschiedlicher Ausprägung beobachtet werden (Kap. 7.3). Für eine systematische
Fazit und Ausblick
236
kompetenzorientierte Gestaltung der LLS sollte eine stringente Verankerung der Merkmale zur Aufga-
benkultur sichergestellt werden. Für die Forschungspraxis heißt das zunächst die bestehenden Ansätze
(z.B. Ehnold et al., 2015; Volck, 2012) und die Ergebnisse der vorliegenden Studie weiterzuentwickeln
und eine ‚Aufgabenkultur Trainerbildung‘ zu manifestieren und Testverfahren zu validieren. Für die
Ausbildungspraxis heißt das, die Merkmale zunächst auf Dokumentenebene in den Ausbildungskon-
zeptionen zu verankern und im zweiten Schritt in die Traineraus- und Fortbildungen zu integrieren. Es
wurde gezeigt, dass dies insbesondere für das Merkmal Reflexion notwendig ist. In diesem Zusammen-
hang ist auch eine konzeptionelle Weiterentwicklung kompetenzorientierter LLS mit Blended-Learn-
ing-Formaten in Betracht zu ziehen. In einigen Verbänden sind solche Bestrebungen bereits zu be-
obachten und kündigen vielversprechende Ergebnisse an (vgl. auch Dolch, 2010). Die Analyse der Auf-
gabenkultur hat weiterhin gezeigt, dass Lernaufgaben den Kern von LLS bilden und Vortrags- bzw. reine
Inputzeiten minimiert werden sollten und, dass das aufgabenbezogene Handeln ebenfalls eine zentrale
Rolle einnimmt.
Das führt zu folgenden Konsequenzen
… für die Forschungspraxis:
• (Weiter-)Entwicklung einer kompetenzorientierten Aufgabenkultur für die Trainerbildung,
• (Weiter-)Entwicklung von Testverfahren/Kodierleitfäden zur Analyse der Aufgabenkultur;
… für die Ausbildungspraxis:
• Konzeption und Implementation einer kompetenzorientierten Aufgabenkultur Trainerbil-
dung.
Abschließend ist in einem weiteren Schritt sicherzustellen, dass in den Prüfungen auch die Kompeten-
zen abgeprüft werden, die auf Zielebene formuliert und auf Ebene von LLS angesteuert werden. Dieser
Aspekt wurde in der vorliegenden Studie nicht berücksichtigt. Eine Zuhilfenahme oben skizzierter Mo-
dellen unterstützt im Sinne des Constructive Alignments neben der Verknüpfung von Zielen und Me-
thoden, auch die Verknüpfung mit Prüfungen.
Das führt zu folgenden Konsequenzen, zunächst für die Forschungspraxis:
• Analyse der Prüfungen
Nachfolgend werden die zentralen Ansatzpunkte für die Forschungs- und Ausbildungspraxis zusam-
mengefasst dargestellt und anschließend mögliche Herausforderungen, die damit einhergehen, disku-
tiert.
Fazit und Ausblick
237
Zusammenfassender Ausblick für die Forschungspraxis:
• (Weiter-)Entwicklung eines einheitlichen und stringenten Kompetenzverständnisses
• Ausdifferenzierung von Zielen und Themenbereichen
• (Weiter-)Entwicklung von Modellen zur Konzeption und Analyse von Zielen, LLS und Prüfun-
gen (Ziele/Themen, Prozesse und Niveaustufen)
• Rolle des DQR für die Trainerbildung diskutieren
• (Weiter-)Entwicklung einer kompetenzorientierten Aufgabenkultur für die Trainerbildung
• (Weiter-)Entwicklung von Testverfahren/ Kodierleitfäden zur Analyse der Aufgabenkultur
• Analyse der Prüfungen
Zusammenfassender Ausblick für die Ausbildungspraxis (DOSB und Verbände):
• Formulierung und Berücksichtigung eines einheitlichen und stringenten Kompetenzverständ-
nisses in den Ausbildungskonzeptionen
• Kompetenzkategorien und Themenbereiche festlegen
• Ausdifferenzierung von Zielen auf Ebene einzelner LLS
• Systemtische Verknüpfung von Zielen, LLS und Prüfungen, z.B. durch die Adaption eines ent-
sprechenden Modells
• Einheitliches und umsetzbares Anspruchsniveau festlegen (DQR)
• Konzeption und Implementation einer kompetenzorientierten Aufgabenkultur Trainerbildung
Abschließend wird ein kurzer Ausblick darüber gegeben, welche Herausforderungen sich damit v.a. für
die Ausbildungspraxis ergeben:
Eine systematische Weiterentwicklung in diesem Umfang stellt die Verantwortlichen auf Seiten des
DOSB und der ta sowie in den MV vor große Herausforderungen. Beachtet man, dass Schaper (2012)
einen Mangel an Systematik in der Umsetzung des Constructive Alignments bereits auf Hochschul-
ebene feststellt, auf der Festangestellte, ausgebildete Pädagogen/Experten die Verantwortung tragen,
so verwundert es nicht, dass in der derzeitigen Struktur des organisierten Sportes mindestens ebenso
große Lücken offensichtlich werden. U.a. die Personalstruktur sowie die verfügbaren Ressourcen sei-
tens der Verbände (v.a. kleinerer Verbände) erschweren die Konzeption, Implementation und Evalua-
tion so weitreichender Konzepte. Um eine solch konzeptionelle, systematische Konzeption, basierend
auf der Abstimmung von Zielen, LLS und Prüfungen verbandsintern erfolgreich umzusetzen, ist zu-
nächst ein erheblicher Unterstützungsbedarf seitens des DOSB notwendig. Bspw. indem oben skiz-
zierte Konzepte und Modelle auf verbandsübergreifender Ebene systematisch als Vorlage für die Ver-
bände erstellt werden. Die Verbände müssen ihrerseits offen dafür sein, eine konzeptionelle Neuaus-
richtung bzw. Überarbeitung vorzunehmen und adäquate Ressourcen für diese Herausforderungen
bereit zu stellen. Neben einer konzeptionellen Überarbeitung wird auch deutlich, dass diesen Anfor-
derungen in der Praxis nur hoch-qualifizierte Ausbilder nachkommen können. Umfassende metho-
disch-didaktische (Weiter-)Qualifizierungsmaßnahmen (z.B. über das DOSB-Ausbilderzertifikat) sollten
daher eine zentrale Rolle im Rahmen der Trainerbildung einnehmen. Hinzu kommt, dass aus den In-
terviews ersichtlich wurde, dass ein Teil der Ausbildungen von aktiven Trainern durchgeführt wird, die
selbst über keine weitere Qualifikation eines Trainerausbilders verfügen. Da sich die Rollen und Anfor-
derungen eines Athleten, eines Trainers und eines Trainerausbilders maßgeblich unterscheiden, ist die
Annahme, dass ein guter Athlet automatisch ein guter Trainer ist und, dass ein guter Trainer automa-
tisch ein guter Trainerausbilder ist, ein Trugschluss. Dieses häufig genutzte ressourcenschonende Kon-
zept festangestellte Trainer für einzelne Ausbildungen ‚abzustellen‘ gerät daher schnell an seine Gren-
zen.
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Anhang
253
Anhang
Anhang 1: DQR-Glossar-Sport (Sygusch und Liebl, 2012; erweitert durch Verfasser)
Erläuterung der DQR Kompetenzkategorien vor dem Hintergrund der Tätigkeitsfelder des DOSB
Fachkompetenz im Sinne des DQR umfasst Wissen und Fertigkeiten und „ist die Fähigkeit und Bereit-
schaft, Aufgaben- und Problemstellungen eigenständig, fachlich angemessen, methodengeleitet zu be-
arbeiten und das Ergebnis zu beurteilen“ (DQR, 2011, S. 8). Diese Definition deckt sich weitgehend mit
derjenigen der RRL. Hier ist mit Fachkompetenz „das (sportfachliche) Wissen und Können gemeint,
das zur inhaltlich qualifizierten Planung, Durchführung und Auswertung von Sportangeboten sowie im
Vereins-/ Verbandsmanagement notwendig ist“ (RRL, S. 15). Da die untergeordneten Kompetenzkate-
gorien des DQR (Wissen und Fertigkeiten) jedoch enger gefasst sind, können Ausbildungsziele der RRL
im Bereich Fachkompetenz unter Umständen auch den personalen Kompetenzen des DQR zugeordnet
werden (z.B. wird „schafft für die definierte Zielgruppe ein attraktives und motivierendes Sportange-
bot“ in den RRL als Fachkompetenz aufgeführt, aber im DQR-Glossar-Sport der Sozialkompetenz zuge-
ordnet). Die Fachkompetenzen Wissen und Fertigkeiten werden im DQR-Glossar folgendermaßen de-
finiert (AK DQR, 2011, S. 8, 10):
• „Wissen bezeichnet die Gesamtheit der Fakten, Grundsätze, Theorien und Praxis in einem
Lern- oder Arbeitsbereich (z.B. in einer bestimmen Sportart) als Ergebnis von Lernen und Ver-
stehen. Der Begriff Wissen wird synonym zu ‚Kenntnisse‘ verwendet“.
• „Fertigkeiten bezeichnen die Fähigkeit, Wissen anzuwenden und Know-how einzusetzen, um
Aufgaben auszuführen und Probleme zu lösen“ (z.B. Rahmentrainingsplänen umsetzen kön-
nen).
Personale Kompetenz umfasst Sozialkompetenz und Selbständigkeit. Sie bezeichnet die Fähigkeit und
Bereitschaft, sich weiterzuentwickeln und das eigene Leben eigenständig und verantwortlich im jewei-
ligen sozialen, kulturellen bzw. beruflichen Kontext zu gestalten Sozialkompetenz und Selbständigkeit
werden im DQR-Glossar wie folgt definiert (AK DQR, 2011, S. 9):
• „Sozialkompetenz bezeichnet die Fähigkeit und Bereitschaft, zielorientiert mit anderen zu-
sammenzuarbeiten, ihre Interessen und sozialen Situationen zu erfassen, sich mit ihnen rati-
onal und verantwortungsbewusst auseinanderzusetzen und zu verständigen sowie die Ar-
beits- und Lebenswelt mitzugestalten“ (z.B. das Leiten einer Trainingsgruppe).
• „Selbständigkeit bezeichnet die Fähigkeit und Bereitschaft, eigenständig und verantwortlich
zu handeln, eigenes und das Handeln anderer zu reflektieren und die eigene Handlungsfähig-
keit weiterzuentwickeln“ (z.B. die systematische Planung und Auswertung von Trainingsein-
heiten oder Wettkämpfen).
Der Unterschied zwischen den Kategorien Fertigkeiten und Selbstständigkeit liegt im Sport vor allem
in den Aspekten Eigenständigkeit und Verantwortung. Also immer, wenn deutlich wird, dass es um die
generelle, eigenständige und verantwortungsbewusste Gestaltung eines Trainingsangebotes geht,
wird das Ausbildungsziel der DQR Kompetenzkategorie Selbstständigkeit zugeordnet (z.B. Planen, Or-
ganisieren, Auswerten und Steuern von Trainingseinheiten). Werden hingegen einzelne Aspekte der
Trainingsgestaltung benannt (z.B. Individualtrainingspläne aus Rahmentrainingsplänen ableiten kön-
nen), fällt das Ausbildungsziel in die DQR Kompetenzkategorie Fertigkeiten.
Bei Lehrtätigkeiten besteht zwischen Selbstständigkeit und Sozialkompetenz lediglich ein gradueller
Unterschied, da die selbstständige Arbeitsweise z.B. eines Trainers immer auch auf die Interaktion mit
Sportlern bzw. anderen Trainern abzielt. Um dennoch eine (analytische) Unterscheidung treffen zu
Anhang
254
können, werden Ausbildungsziele der RRL, die schwerpunktmäßig auf eigenständiges Planen, Auswer-
ten und Steuern/Koordinieren von Trainingseinheiten schließen lassen, der Kategorie Selbstständigkeit
zugeordnet. Steht hingegen primär die Interaktion im Vordergrund (z.B. Gruppen leiten oder führen)
fällt das Ausbildungsziel in die Kategorie Sozialkompetenz.
Methodenkompetenz im Sinne des DQR „bezeichnet die Fähigkeit, an Regeln orientiert zu handeln.
Dazu gehört auch die reflektierte Auswahl und Entwicklung von Methoden“ (AK DQR, 2011, S. 9). Sie
„wird als Querschnittskompetenz verstanden und findet deshalb in der DQR-Matrix nicht eigens Er-
wähnung“ (ebd.). Da Methoden- und Vermittlungskompetenz in Lehrberufen jedoch eine zentrale
Funktion einnimmt und in den RRL als eigenständige Kompetenzkategorie aufgeführt wird, werden
entsprechende Ausbildungsziele der RRL (a) der Kategorie Wissen zugeordnet, wenn methodische
Kenntnisse beschrieben werden, oder (b) der Kategorie Fertigkeiten zugeschrieben, wenn es darum
geht, methodisches Wissen und Know-how einzusetzen, um Lern- und Bildungsprozesse im Sport zu
planen, durchzuführen, zu reflektieren und weiterzuentwickeln (vgl. Kap. 3). Die in den RRL formulier-
ten Methoden- und Vermittlungskompetenzen können aber ggf. auch in die DQR Kompetenzkatego-
rien Sozialkompetenz oder Selbstständigkeit eingeordnet werden, sofern sie die o.g. Definitionen der
personalen Kompetenzen erfüllen.
Die RRL führen in den Qualifikationen zum/zur Vereinsmanager/-in ergänzend Strategische Kompetenz
auf. Diese beinhaltet „das Denken in Netzwerken, das Wissen um die Bedeutung der strategischen
Positionierung sportlicher Angebote, die Weiterentwicklung von Sportorganisationen und die Refle-
xion, wie diese den internen und externen Rahmenbedingungen angepasst werden können“ (DSB,
2005, S. 15). Gemäß dieser Definition können strategische Kompetenzen der DQR Kompetenzkategorie
Wissen, Fertigkeiten oder Selbstständigkeit zugeordnet werden. Die Abgrenzung zwischen diesen Ka-
tegorien erfolgt anhand der DQR-Matrix. So wird z.B. die strategische Kompetenz „besitzt die Fähigkeit
zur Lösung von Problemen“ (DSB, 2005, S. 70) auf Grund der Übereinstimmung mit dem Deskriptor
„über (...) Fertigkeiten verfügen, die selbstständige Aufgabenbearbeitung und Problemlösung (...) er-
möglichen (...)“ (AK DQR, 2011, S. 6) der DQR Kompetenzkategorie Fertigkeiten auf der vierten Niveau-
stufe zugewiesen.
Fallen zwei Aspekte eines Lernziels in unterschiedliche Niveaustufen, so wird es zur höheren Stufen
gezählt.
Wenn Wissen und Fertigkeiten in einem Ziel beschrieben werden, sollten sie i.d.R. nicht mehr als eine
Niveaustufe abweichen.
Erläuterung von Subkategorien und weiteren Begriffen
Für die Zuordnung zu den einzelnen Niveaustufen wird im DQR Bewertungssystem auf verschiedene
Subkategorien zurückgegriffen. Dies sind bei der Kompetenzkategorie Wissen Tiefe und Breite, bei der
Kompetenzkategorie Fertigkeiten instrumentale Fertigkeiten, systemische Fertigkeiten und Beurtei-
lungsfähigkeit, bei der Kategorie Sozialkompetenz Team-/ Führungsfähigkeit, Mitgestaltung und Kom-
munikation und bei der Kompetenzkategorie Selbständigkeit Eigenständigkeit, Verantwortung, Refle-
xivität und Lernkompetenz. Bei der Kompetenzkategorie Wissen werden zusätzlich die für die Einstu-
fung relevanten Begriffe Fachwissen und fachtheoretisches Wissen erläutert.
Wissen
Besonders schwierig scheint die Trennung zwischen den Niveaustufen 3-5. Im Kodierleitfaden werden
deshalb Regeln und Beispiele beschrieben, die eine klare Zuordnung ermöglichen sollen.
• Tiefe von Wissen bezeichnet den Grad der Durchdringung eines Bereichs des allgemeinen,
beruflichen oder wissenschaftlichen Wissens. Im Sport bezieht sich Tiefe z.B. auf den Durch-
dringungsgrad im Bereich Sportpädagogik, Sportpsychologie oder Trainingswissenschaft.
• Breite bezieht sich auf die Anzahl von Bereichen des allgemeinen, beruflichen oder wissen-
schaftlichen Wissens, die mit einer Qualifikation verbunden sind. Im Sport ist mit Breite z.B.
Anhang
255
Wissen aus den Bereichen Sportpädagogik, Sportpsychologie und Trainingswissenschaft ge-
meint. Einen gewissen Grad an Breite besitzt z.B. integriertes Fachwissen. Damit sind zum ei-
nen fachtheoretische Wissensbestandteile aus mindestens zwei unterschiedlichen Berei-
chen/ Disziplinen gemeint (z.B. „kennt entwicklungsgemäße und geschlechtsspezifische Be-
sonderheiten“). Zum anderen gilt es implizite Hinweise für integriertes Fachwissen zu berück-
sichtigen (z.B. „verfügt über umfassendes pädagogisches Grundwissen“).
• Fachwissen bezeichnet Fakten, Regel- und/ oder Begründungswissen. Dabei ist davon auszu-
gehen, dass das Begründungswissen auf den höheren Niveaustufen an Bedeutung gewinnt.
Im Sport beinhaltet Fachwissen z.B. Kenntnisse über Wettkampfregeln, Vermittlungsmetho-
den, Technikausführungen bzw. über Planung und Organisation von Trainingseinheiten.
• Fachtheoretisches Wissen bezeichnet Fachwissen, zu dem die Kenntnis der bedeutendsten
Theorien eines Fachs gehört. Diese Formulierung bringt zum Ausdruck, dass avanciertes be-
rufliches Wissen einerseits seiner Anlage nach praxisbezogen ist, andererseits zur Bewälti-
gung komplexer Handlungssituationen auf Theoriewissen zurückgreift. Fachtheoretisches
Wissen im Sport heißt, dass sport(art)spezifisches Fachwissen mit Kenntnissen z.B. aus den
Bereichen Sportpädagogik, Sportpsychologie und/oder Trainingswissenschaft verknüpft ist.
Fertigkeiten
• Instrumentale Fertigkeiten sind Fertigkeiten der Anwendung, sei es von Ideen, Theorien, Me-
thoden oder Hilfsmitteln, Technologien und Geräten. Auf den Sport übertragen heißt das z.B.
bestimmte Trainingsmethoden beherrschen oder ein bestimmtes Lehr-/ Lernverständnis be-
sitzen und umsetzen können, aber auch Trainingspläne anwenden und bestimmte Vorausset-
zungen in der Trainingsplanung berücksichtigen können.
• Systemische Fertigkeiten sind auf die Generierung von neuem gerichtet. Sie setzen instru-
mentale Fertigkeiten voraus und erfordern die Einschätzung von und den adäquaten Umgang
mit komplexen Zusammenhängen. Ein Beispiel für systemische Fertigkeiten im Sport ist etwa
die Ableitung individueller bzw. gruppenspezifischer Trainingspläne anhand von Rahmentrai-
ningsplänen.
• Beurteilungsfähigkeit ist die Fähigkeit, Lern- oder Arbeitsprozesse und ihre Ergebnisse mit
relevanten Maßstäben zu vergleichen und auf dieser Grundlage zu bewerten. Im Sport be-
deutet Beurteilungsfähigkeit z.B. den Entwicklungsstand von Sportlern hinsichtlich sozialer
Kompetenz, Selbstbewusstsein und/oder motorischer Fähigkeiten und Fertigkeiten einord-
nen und bewerten können.
Sozialkompetenz
Sozialkompetenz immer dann, wenn eine Interaktion mit anderen zwingend notwendig ist (z.B. Mo-
deration, Motivation)
• Teamfähigkeit ist die Fähigkeit, innerhalb einer Gruppe zur Erreichung von Zielen zu koope-
rieren. Teamfähigkeit bezieht sich im Sport z.B. auf die konstruktive Zusammenarbeit mit an-
deren Trainerinnen/Trainern.
• Führungsfähigkeit bezeichnet die Fähigkeit, in einer Gruppe oder einer Organisation auf ziel-
führende und konstruktive Weise steuernd und richtungsweisend auf das Verhalten anderer
Menschen einzuwirken. Sie wird in Verbindung mit Teamfähigkeit gesehen und gewinnt auf
den höheren Niveaustufen an Bedeutung. Im Sport besitzt Führungsfähigkeit, wer z.B. Grup-
pen eigenverantwortliche führen sowie gruppendynamische Prozesse wahrnehmen und an-
gemessen reagieren kann.
• Mitgestaltung bezeichnet die Fähigkeit, sich konstruktiv mit Verbesserungsvorschlägen in die
sozialen Prozesse in einem Lern- oder Arbeitsbereich einzubringen (vgl. Niveaustufe 8: in
Anhang
256
fachspezifischen Diskussionen innovative Beiträge einbringen). Mitgestaltung im Sport kön-
nen Beobachtungshinweise des Trainerassistenten oder das Einbringen von Vorschlägen ei-
nes Funktionärs im Rahmen von Verbandssitzungen sein.
• Kommunikation bezeichnet den verständigungsorientierten Austausch von Informationen
zwischen Personen, in Gruppen und Organisationen. Im Sport z.B. die verbale bzw. non-ver-
bale Kommunikation zwischen Trainer und Sportler mit Hilfe sportartspezifischer Fachbe-
griffe bzw. Gesten.
Selbstständigkeit
Besonders schwierig scheint hier die Abgrenzung zu Fertigkeiten: Immer, wenn mehrere Fertigkeiten
zum erfolgreichen Gelingen des Prozesses notwendig sind und eine generell eigenständige und ver-
antwortungsbewusste Gestaltung erwartet wird, wird das Ziel der Selbstständigkeit zugeordnet. Dies
gilt z.B. auch für die Gestaltung von Lehr-Lernsituationen. Darüber hinaus fallen Reflexionsprozesse
(ggf. mit einhergehender Verantwortungsübernahme) in den Bereich Selbstständigkeit. Die Abgren-
zung zwischen den Niveaustufen 4 und 5 scheint nicht immer eindeutig. Eine gesteigerte Komplexität
der Gesamtaufgabe ist nicht immer eindeutig.
• Eigenständigkeit bezeichnet die Fähigkeit und das Bestreben, in unterschiedlichen Situatio-
nen angemessene Entscheidungen zu treffen und ohne fremde Hilfe zu handeln. Im Sport z.B.
Trainingseinheiten bzw. Wettkämpfe systematisch planen, organisieren, auswerten und steu-
ern.
• Verantwortung bezeichnet die Fähigkeit und Bereitschaft, selbstgesteuert zur Gestaltung von
Prozessen, unter Einbeziehung der möglichen Folgen, beizutragen. Im Sport übernehmen
Trainer z.B. die Verantwortung für die sportliche und die allgemeine Persönlichkeitsentwick-
lung von Kindern und Jugendlichen.
• Reflexivität beinhaltet die Fähigkeit, mit Veränderungen umzugehen, aus Erfahrungen zu ler-
nen und kritisch zu denken und zu handeln. Im Sport sollen Trainer und Funktionäre z.B. auf
gesellschaftliche Unterschiede und Veränderungen eingehen können.
• Lernkompetenz ist die Fähigkeit, sich ein realistisches Bild vom Stand der eigenen Kompeten-
zentwicklung zu machen und diese durch angemessene Schritte weiter voranzutreiben. Sie
bezieht sich auf die Verfügung über Lernstrategien, aber auch auf die Fähigkeit, Lernbedarf
selbstständig zu erkennen (z. B. Niveaustufe 3 und 7: Lernberatungen nachfragen und ver-
schiedene Lernhilfen auswählen und Wissen selbstständig erschließen). Lernkompetenz heißt
im Sport z.B. die eigene Traineraus- und Weiterbildung selbstständig planen und organisieren
können.
Anhang
257
Anhang 2: Kodierleitfaden DQR (Sygusch und Liebl, 2012; erweitert vom Verfasser)
Katego-rien
Deskriptoren der DQR-Matrix mit Erklärungen
Ankerbeispiele Anmerkungen und Glossar-
verweise
Fach
kom
pe
ten
z
Wis
sen
1. Über elementares allgemeines Wissen verfügen. Einen ersten Einblick in einen Lern- oder Arbeitsbereich haben.
Kein Ankerbeispiel vorhanden
2. Über elementares allgemeines Wissen verfügen. Über grundlegendes allgemeines Wissen und grundlegendes Fachwissen in einem Lern- oder Arbeitsbereich verfügen.
... kennt die Grundregeln der Kommunikation. … kennt die Ansprechpartner bei Fragestellungen im Antidoping-Kampf. … beschreibt einen Unterrichtsablauf.
grundlegendes allg. Wissen
3. Über erweitertes allgemeines Wissen oder über erweitertes Fachwissen in einem Lernbereich oder beruflichen Tätigkeitsfeld verfügen. Höhere Niveaustufe bei steigender Komplexität: Ein fachlicher Wissensbestandteil = Niveau 3; Abgrenzung zu Niveau 2: Fachwissen wird immer als erweitertes Wissen gedeutet = mind. Niveau 3 (z.B. Rahmentrainingsplan = Fachwissen); Training wird als komplexer Sachverhalt gedeutet und setzt deshalb erweitertes Wis-sen voraus = Niveau 3 (z.B. kennt Trainingsformen); Abgrenzung zu Niveau 5: umfassende Kenntnisse über Planung und Leitung….;
... kennt die Grundtechniken der jeweiligen Sportart und deren wett-kampfmäßige Anwendung. ... besitzt Grundkenntnisse über aktuelle Regeln, Sportgeräte und ein-schlägige Sporteinrichtungen. ... kennt den Ehrenkodex für Trainerinnen und Trainer. ... kennt Struktur, Funktion und Bedeutung der jeweiligen Sportart als Leistungssport. … versteht den Rahmentrainingsplan. … erläutert den Talentbegriff. … nennt die Inhalte des Kletterscheins Vorstieg. … kann zu Sicherheits- und Rechtsfragen Stellung beziehen.
(erweitertes) Fachwissen
4. Über vertieftes allgemeines Wissen oder über fachtheoretisches Wissen in einem Lernbereich oder beruflichen Tätigkeitsfeld verfügen. Mehrere verknüpfte Wissensbestandteile; Abgrenzung der Niveaustufen 4 und 5: Wechselwirkungen von zwei Wissensbestand-teilen = integriertes Wissen (Niveau 5), Kenntnisse aus zwei Bereichen, die ohne Ver-knüpfung nebeneinander stehen = Niveau 4 (z.B. Struktur, Funktion und Bedeutung);
... kennt die Bedeutung ihrer/seiner Sportart für die Gesundheit sowie die Risikofaktoren im sportartspezifischen Leistungssport. ... kennt entwicklungsgemäße Besonderheiten speziell bei Kindern/Ju-gendlichen. ... hat Struktur, Funktion und Bedeutung der jeweiligen Sportart als Leis-tungssport verinnerlicht. … versteht den Rahmentrainingsplan des DJB – speziell für die Trai-ningsetappe Anschlusstraining. … beschreibt die Vermittlungsschritte. … nennt didaktische Begriffe und Prinzipien.
fachtheoreti-sches Wissen mehrere unab-hängige Wis-sensbestandteile
Anhang
258
5. Über integriertes Fachwissen in einem Lernbereich oder über integriertes berufli-ches Wissen in einem Tätigkeitsfeld verfügen. Das schließt auch vertieftes fachtheo-retisches Wissen ein. Umfang und Grenzen des Lernbereichs oder beruflichen Tätig-keitsfelds kennen. Umfassendes Wissen aus einem Bereich = Niveau 5, auch wenn nur ein Wissensbe-standteil;
... kennt entwicklungsgemäße und geschlechtsspezifische Besonderhei-ten spezieller Leistungsgruppen. ... verfügt über umfassendes pädagogisches Grundwissen zur Planung, Organisation, Durchführung und Auswertung von Lern- bzw. Trainings-einheiten. ... kennt alle wesentlichen Trainingsinhalte, -methoden und -mittel der Sportart bzw. Disziplin innerhalb des langfristigen Leistungsaufbaus. ... kennt die sozial- und entwicklungspsychologischen sowie pädagogi-schen Besonderheiten des Übergangs vom Jugend- in das Erwachsenen-alter. … kann die Stellung von Trainer/-innen im gesamtgesellschaftlichen Be-dingungsgefüge definieren und interpretieren.
integriertes Fachwissen umfassendes Wissen
6. Über breites und integriertes Wissen einschließlich der wissenschaftlichen Grund-lagen, der praktischen Anwendung eines wissenschaftlichen Faches sowie eines kriti-schen Verständnisses der wichtigsten Theorien und Methoden (entsprechend der Stufe 1 [Bachelor-Ebene] des Qualifikationsrahmens für Deutsche Hochschulab-schlüsse) oder über breites und integriertes berufliches Wissen einschließlich der ak-tuellen fachlichen Entwicklungen verfügen. Kenntnisse zur Weiterentwicklung eines wissenschaftlichen Faches oder eines beruflichen Tätigkeitsfeldes besitzen. Über ein-schlägiges Wissen an Schnittstellen zu anderen Bereichen verfügen.
… besitzen integrative Wissensbestandteile, um selbstständig Lösungs-strategien für berufliche Aufgaben in der Komplexität künftiger Anfor-derungen im (Hoch-) Leistungssport zu erarbeiten, sie kritisch zu prüfen und anzuwenden. … erwerben umfassendes, integriertes Fachwissen über die Zusam-menhänge zwischen Leistung, Training und Wettkampf inklusive der zu Grunde liegenden wissenschaftlichen Theorien, Modelle und Ansätze der menschlichen Leistungsentwicklung und des sportlichen Trainings. … hat umfassende wissenschaftlich begründete Kenntnisse über das Lernen und Lehren der Technik im Skisport.
7. Über umfassendes, detailliertes und spezialisiertes Wissen auf dem neuesten Er-kenntnisstand in einem wissenschaftlichen Fach (entsprechend der Stufe 2 [Master-Ebene] des Qualifikationsrahmens für Deutsche Hochschulabschlüsse) oder über um-fassendes berufliches Wissen in einem strategieorientierten beruflichen Tätigkeitsfeld verfügen. Über erweitertes Wissen in angrenzenden Bereichen verfügen.
… verfügen über ein umfassendes, breites detailliertes Wissen auf dem aktuellen trainingswissenschaftlichen Stand.
8. Über umfassendes, spezialisiertes und systematisches Wissen in einer Forschungs-disziplin verfügen und zur Erweiterung des Wissens der Fachdisziplin beitragen (ent-sprechend der Stufe 3 [Doktoratsebene] des Qualifikationsrahmens für Deutsche Hochschulabschlüsse) oder über umfassendes berufliches Wissen in einem strategie- und innovationsorientierten beruflichen Tätigkeitsfeld verfügen. Über entsprechen-des Wissen an den Schnittstellen zu angrenzenden Bereichen verfügen.
Kein Ankerbeispiel vorhanden
Anhang
259
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1. Über kognitive und praktische Fertigkeiten verfügen, um einfache Aufgaben nach vorgegebenen Regeln auszuführen und deren Ergebnisse zu beurteilen. Elementare Zusammenhänge herstellen.
Kein Ankerbeispiel vorhanden
2. Über grundlegende kognitive und praktische Fertigkeiten zur Ausführung von Auf-gaben in einem Lern- oder Arbeitsbereich verfügen und deren Ergebnisse nach vorge-gebenen Maßstäben beurteilen sowie Zusammenhänge herstellen. Die Wiedergabe von Wissen, bei der nicht der Wissenserwerb (=Wissen) und nicht die Präsentationsfähigkeit (=Soz.) im Vordergrund steht
… etwas wiedergeben, darstellen, definieren. … dokumentiert Trainings- und Wettkampfdaten in einem Trainingsta-gebuch. … kann den Aufbau und die Struktur des Sports in Deutschland und im DSV darstellen. … kann die Inhalte des Kletterscheins Toprope / Vorstieg anwenden (Knoten, Partnercheck, ein Sicherungsgerät,...).
3. Über ein Spektrum von kognitiven und praktischen Fertigkeiten zur Planung und Bearbeitung von fachlichen Aufgaben in einem Lernbereich oder beruflichen Tätig-keitsfeld verfügen. Ergebnisse nach weitgehend vorgegebenen Maßstäben beurtei-len, einfache Transferleistungen erbringen. Die Anwendung bzw. Abwandlung vorhandener Konzepte in einem abgeschlossenen Themenbereich Abgrenzung zwischen Niveau 3 und 4: Einbeziehung von Handlungsalternativen = Ni-veau 4 (z.B. verschiedene Randori- und Wettkampfformen entsprechend der Trai-ningsphase)
... verfügt über das Basisrustzeug von Lehr-, Lern- und Trainingsmetho-den im Grundlagentraining. ... beherrscht die Grundprinzipien für zielorientiertes und systemati-sches Lernen im Sport. ... kann die konditionellen und koordinativen Voraussetzungen für die jeweilige Sportart in der Trainingsgestaltung berücksichtigen. ... beachtet den Ehrenkodex für Trainerinnen und Trainer. … wandelt die Methoden auf das Klettern und ihre Zielgruppe ab ... schult koordinative Fähigkeiten und entwickelt diese weiter … kann motorische Lernprozesse einordnen und steuern. … wenden die beiden Methoden des Umbauens an.
Spektrum → in-strumentaler Fertigkeiten
4. Über ein breites Spektrum kognitiver und praktischer Fertigkeiten verfügen, die selbstständige Aufgabenbearbeitung und Problemlösung sowie die Beurteilung von Arbeitsergebnissen und -prozessen unter Einbeziehung von Handlungsalternativen und Wechselwirkungen mit benachbarten Bereichen ermöglichen. Transferleistungen erbringen.
... wirkt den Risikofaktoren im sportartspezifischen Leistungssport in der Sportpraxis entgegen. ... setzt die jeweilige Rahmenkonzeption für das Grundlagentraining so-wie die entsprechenden Rahmentrainingspläne um. ... kann die Möglichkeiten nachwuchsspezifischer Fördersysteme für ihre/seine Sportlerinnen und Sportler nutzen. … wertet Trainings- und Wettkampfdaten aus und gewinnt Rückschlüs-sen für die weitere Trainingsarbeit. … erstellt und analysiert Kämpferprofile bzw. Kampfkonzeptionen für bestimmte Wettkampftypen.
breites Spekt-rum → instru-mentaler Fertig-keiten
... kann Individual- und Gruppentrainingspläne aus den Rahmentrai-ningsplänen der Spitzenverbände ableiten. … setzt die jeweilige Rahmenkonzeption für das Aufbautraining bis hin zum Anschlusstraining auf der Grundlage der entsprechenden Rahmen-trainingspläne der Skidisziplinen um.
→ systemische Fertigkeiten
Anhang
260
... berücksichtigt entwicklungsgemäße Besonderheiten speziell bei Kin-dern/Jugendlichen. ... hat ein Lehr- und Lernverständnis, das den Teilnehmenden genügend Zeit zur Informationsverarbeitung und Gelegenheit für Eigeninitiativen lässt.
Einbeziehung von Handlungs-alternativen
5. Über ein sehr breites Spektrum spezialisierter kognitiver und praktischer Fertigkei-ten verfügen. Arbeitsprozesse übergreifend planen und sie unter umfassender Einbe-ziehung von Handlungsalternativen und Wechselwirkungen mit benachbarten Berei-chen beurteilen. Umfassende Transferleistungen erbringen.
... verfügt über eine umfassende Palette von Lehr-, Lern- und Trainings-methoden im Bereich des Grundlagen-, Aufbau- und Anschlusstrainings. ... kann das Anschluss- und Hochleistungstraining auf der Basis der Struktur- und Rahmentrainingspläne der Spitzenverbände realisieren.
Sehr breites Spektrum → in-strumentaler Fertigkeiten
... kann Trainingsinhalte, -methoden und -mittel zielgerichtet und syste-matisch einsetzen sowie individuell variieren. ... hat ein Lehr- und Lernverständnis, das den Athletinnen und Athleten genügend Zeit zur Informationsverarbeitung lässt und sie in den Prozess der Leistungsoptimierung mitverantwortlich einbezieht. … berücksichtigt unterschiedliche Mechanismen der Steuerung und Re-gelung der sportlichen Leistung in Training und Wettkampf. … vermittelt und stabilisiert Judotechniken und Kampfhandlungen für Wettkämpfer und entwickelt koordinative und konditionelle Fähigkei-ten.
Einbeziehung von Handlungs-alternativen
6. Über ein sehr breites Spektrum an Methoden zur Bearbeitung komplexer Probleme in einem wissenschaftlichen Fach, (entsprechend der Stufe 1 [Bachelor-Ebene] des Qualifikationsrahmens für Deutsche Hochschulabschlüsse), weiteren Lernbereichen oder einem beruflichen Tätigkeitsfeld verfügen. Neue Lösungen erarbeiten und unter Berücksichtigung unterschiedlicher Maßstäbe beurteilen, auch bei sich häufig ändern-den Anforderungen.
… erwerben ein breites Spektrum trainingsmethodischer Maßnahmen zur Entwicklung der motorischen Leistungsvoraussetzungen (Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer, Koordination). Sie sind selbständig in der Lage situationsgerechte, trainingsmethodische Lösungen für komplexe Prob-leme der Leistungssportpraxis zu entwickeln und anzuwenden. … erkennen die Individualität der menschlichen Leistungsfähigkeit und sind in der Lage Trainingsprogramme Adressaten gerecht zu adaptieren. … werden befähigt, aus konkreten Beispielen Ihrer Sportart/Disziplin für strategisch-taktisches Fehlverhalten die wahrscheinlichen Ursachen zu erkennen und daraus Konsequenzen für das Training abzuleiten. … plant neue, zielgruppengerechte Wettkampfformen und entwickelt diese mit. … erstellt einen kompletten Jahrestrainingsplan für eine Einzelperson. … gestaltet die Konzeption des Trainingsbetriebs im Verein mit, in die das Training eingebettet ist.
Anhang
261
7. Über spezialisierte fachliche oder konzeptionelle Fertigkeiten zur Lösung auch stra-tegischer Probleme in einem wissenschaftlichen Fach (entsprechend der Stufe 2 [Mas-ter-Ebene] des Qualifikationsrahmens für Deutsche Hochschulabschlüsse) oder in ei-nem beruflichen Tätigkeitsfeld verfügen. Auch bei unvollständiger Information Alter-nativen abwägen. Neue Ideen oder Verfahren entwickeln, anwenden und unter Be-rücksichtigung unterschiedlicher Beurteilungsmaßstäbe bewerten.
... erstellt eine systematische Analyse der Sportart und bewertet diese.
8. Über umfassend entwickelte Fertigkeiten zur Identifizierung und Lösung neuartiger Problemstellungen in den Bereichen Forschung, Entwicklung oder Innovation in einem spezialisierten wissenschaftlichen Fach (entsprechend der Stufe 3 [Doktoratsebene] des Qualifikationsrahmens für Deutsche Hochschulabschlüsse) oder in einem berufli-chen Tätigkeitsfeld verfügen. Innovative Prozesse auch tätigkeitsfeldübergreifend konzipieren, durchführen, steuern, reflektieren und beurteilen. Neue Ideen und Ver-fahren beurteilen.
Kein Ankerbeispiel vorhanden
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1. Mit anderen zusammen lernen oder arbeiten, sich mündlich und schriftlich infor-mieren und austauschen.
Kein Ankerbeispiel vorhanden
2. In einer Gruppe mitwirken. Allgemeine Anregungen und Kritik aufnehmen und äu-ßern. In mündlicher und schriftlicher Kommunikation situationsgerecht agieren und reagieren.
... berücksichtigt die Grundregeln der Kommunikation. … nimmt Feedback an und gibt konstruktives Feedback. … kommuniziert angemessen mit den Stakeholdern.
3. In einer Gruppe mitwirken und punktuell Unterstützung anbieten. Die Lern oder Ar-beitsumgebung mitgestalten, Abläufe und Ergebnisse adressatenbezogen darstellen.
... beachten im Unterricht die Prinzipien guten Feedbacks. … arbeitet in Gremien und Ausschüssen mit.
4. Die Arbeit in einer Gruppe und deren Lern- oder Arbeitsumgebung mitgestalten und kontinuierlich Unterstützung anbieten. Abläufe und Ergebnisse begründen. Über Sach-verhalte umfassend kommunizieren. Vermitteln von Inhalten setzt Kooperation voraus = Niveau 4
... kennt wichtige Grundlagen der Kommunikation und ist in der Lage, Konflikte sachlich und konstruktiv zu lösen. ... ist befähigt zur Präsentation von Inhalten. … geht mit Medienvertretern um. … nimmt Stellung gegenüber Dritten (Eltern, Schiedsrichtern). … hilft im Bezirks- und Verbandstraining oder vermittelt selbständig In-halte. … betreut in angemessenem Umfang Athleten eigenverantwortlich. … koordiniert Verein und Schule.
Anhang
262
5. Arbeitsprozesse kooperativ, auch in heterogenen Gruppen, planen und gestalten, andere anleiten und mit fundierter Lernberatung unterstützen. Auch fachübergreifend komplexe Sachverhalte strukturiert, zielgerichtet und adressatenbezogen darstellen. Interessen und Bedarf von Adressaten vorausschauend berücksichtigen.
... berücksichtigt geschlechtsspezifische Bewegungs- und Sportinteres-sen. ... schafft für die definierte Zielgruppe ein attraktives und motivierendes Sportangebot. … betreut/coacht bei Training und Wettkampf. … betreut Wettkämpfe unter leistungssportlichen Gesichtspunkten. … berücksichtigt die Bedürfnisse der Zielgruppe.
Interessen von Adressaten be-rücksichtigen
6. In Expertenteams verantwortlich arbeiten oder Gruppen oder Organisationen (z.B. Verein) verantwortlich leiten. Die fachliche Entwicklung anderer anleiten und voraus-schauend mit Problemen im Team umgehen. Komplexe fachbezogene Probleme und Lösungen gegenüber Fachleuten argumentativ vertreten und mit ihnen weiterentwi-ckeln.
... schafft ein individuell attraktives und motivierendes Spitzensportan-gebot. ... kann Gruppen führen, gruppendynamische Prozesse wahrnehmen und angemessen reagieren. … führt eine leistungsorientierte Mannschaft über einen längeren Zeit-raum.
Gruppen verant-wortlich leiten
... kann mit anderen Trainern, Wissenschaftlern, Sportmedizinern, Funk-tionären und weiteren Spezialisten kooperieren und diese in den Pro-zess der Leistungsentwicklung effektiv einbinden. … überträgt Aufgaben auf andere Personen oder Institutionen und ko-ordiniert diese
in Experten-teams verant-wortl. arbeiten
7. Gruppen oder Organisationen im Rahmen komplexer Aufgabenstellungen verant-wortlich leiten und ihre Arbeitsergebnisse vertreten. Die fachliche Entwicklung ande-rer gezielt fördern. Bereichsspezifische und bereichsübergreifende Diskussionen füh-ren.
... versteht es, die Motivation der Sportlerinnen und Sportler für eine langfristige Sportkarriere zu entwickeln und auszubauen. ... leistet Beiträge für die Lehrarbeit innerhalb des Spitzenverbands. … befähigt, die pädagogische Relevanz ihrer/seiner Tätigkeit zu erken-nen und ausgehend von einer hohen fachlichen und sozialen Kompetenz die Athletinnen bzw. Athleten verantwortungsvoll und ergebnisorien-tiert zu führen. … fördert Trainer/-innen in ihrer Trainingsarbeit auf den untergeordne-ten Leistungsstufen. … unterstützt, berät und betreut Kollegen und Hilfstrainer im Verein o-der Verband.
fachliche Ent-wicklung ande-rer gezielt för-dern
8. Organisationen oder Gruppen mit komplexen bzw. interdisziplinären Aufgabenstel-lungen verantwortlich leiten, dabei ihre Potenziale aktivieren. Die fachliche Entwick-lung anderer nachhaltig gezielt fördern. Fachübergreifend Diskussionen führen und in fachspezifischen Diskussionen innovative Beiträge einbringen, auch in internationalen Kontexten.
… kann die Mitglieder der Nationalmannschaften als Team führen und leiten und aus einem funktionierenden Mannschaftsgefüge individuelle Höchstleistungen entwickeln.
Anhang
263
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1. Unter Anleitung lernen oder arbeiten. Das eigene und das Handeln anderer ein-schätzen und Lernberatung annehmen.
Kein Ankerbeispiel vorhanden
2. In bekannten und stabilen Kontexten weitgehend unter Anleitung verantwortungs-bewusst lernen oder arbeiten. Das eigene und das Handeln anderer einschätzen. Vor-gegebene Lernhilfen nutzen und Lernberatung nachfragen.
… nimmt Unterrichtsgestaltung als Aufgabenfeld wahr.
3. Auch in weniger bekannten Kontexten selbstständig und verantwortungsbewusst lernen oder arbeiten. Das eigene und das Handeln anderer einschätzen. Lernberatung nachfragen und verschiedene Lernhilfen auswählen. Erste-Hilfe leisten setzt eine selbstständige Entscheidung über das eigene Handeln in einem größeren Kontext voraus = Sel3
... kann ihre/seine eigene Aus-, Fort- und Weiterbildung selbstständig planen und organisieren. … leistet Erste-Hilfe bei Sportverletzungen. … sorgt bei Fahrten für eine Unterbringung. … übernimmt Verantwortung. … weist andere Kletterer angemessen auf negatives Sicherungsverhalten hin.
→ Eigenständig-keit
4. Sich Lern- und Arbeitsziele setzen, sie reflektieren, realisieren und verantworten. Verantwortung über einen Arbeitsbereich (z.B. Training planen und durchführen) Abgrenzung zwischen Niveau 4 und 5: Ziele sind Selbstgesteckt (=4), Ziele sind fremd-gesteckt (=5) (z.B. Organisation eines Wettkampfes); Sich mit dem Trainerberuf auseinandersetzen heißt die eigene Rolle zu reflektieren = Sel4; Sich über etwas bewusst sein, setzt Selbstreflexion über diesen Aspekt voraus = Sel4
… vermag bei der Durchführung von Bewegungsangeboten ihr/sein Rol-lenverständnis zu reflektieren. … reflektiert seine Ziele und das Verhalten als Trainer. … erlangt Bewusstsein über den Umgang und die Kommunikation mit den Athleten. … hat einen eigenen Coachingstil entwickelt und sich über ihre persön-lichen Ziele Klarheit verschafft. … erhält die Eigenmotivation zum Lernen und Lehren. … kann Training planen und durchführen. … bietet leistungsorientiertes Training an. … schraubt verantwortlich Boulder. … organisiert Ideenbörsen, Elternnachmittage bzw. -Sprechstunden.
→ Eigenständig-keit
Anhang
264
5. Eigene und fremd gesetzte Lern- und Arbeitsziele reflektieren, bewerten, selbstge-steuert verfolgen und verantworten sowie Konsequenzen für die Arbeitsprozesse im Team ziehen.
... kann leistungsorientiertes Training sowie sportartspezifische Wett-kämpfe organisieren. ... ist sich der Verantwortung für die sportliche und allgemeine Persön-lichkeitsentwicklung von Kindern/ Jugendlichen bewusst und handelt entsprechend den bildungspolitischen Zielen des DSB. ... kann Training und Wettkampf systematisch planen, organisieren, in-dividuell variieren, auswerten und steuern. ... setzt Struktur, Funktion und Bedeutung der jeweiligen Sportart als Leistungssport im Prozess der Trainings- und Wettkampfoptimierung im Hochleistungsbereich um. …kann auf der Grundlage trainingswissenschaftlicher Erkenntnisse den Trainingsprozess zielgerichtet analysieren, planen und leiten. … plant, dokumentiert, analysiert und wertet Trainings- und Wett-kampfmaßnahmen unter Zuhilfenahme von allgemeinen und speziellen Test- und Untersuchungsverfahren und Methoden der Trainingsdaten-dokumentation aus.
→ Eigenständig-keit → Verantwor-tung → Großes Aufga-benfeld
6. Ziele für Lern- und Arbeitsprozesse definieren, reflektieren und bewerten und Lern- und Arbeitsprozesse eigenständig und nachhaltig gestalten.
... kann zu den Rahmentrainingsplänen der Spitzen- und Landesver-bände konzeptionelle Beiträge leisten. ... verfolgt die nationalen und internationalen Entwicklungen der Sport-art und gestaltet sie mit. … reflektiert eigene Erfahrungen auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse. … diskutiert ein Anforderungsprofil der Sportart Judo und gestaltet die-ses mit. … arbeitet in der Aus- und Weiterbildung von Übungsleitern und Trai-nern mit.
7. Für neue anwendungs- oder forschungsorientierte Aufgaben Ziele unter Reflexion der möglichen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Auswirkungen defi-nieren, geeignete Mittel einsetzen und hierfür Wissen eigenständig erschließen.
… erkennen den Zusammenhang zwischen pädagogischer Führung und Selbstständigkeit und werden überzeugt, dass sich auch das sportartspe-zifische Nachwuchstraining der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung stellen muss.
8. Für neue komplexe anwendungs- oder forschungsorientierte Aufgaben Ziele unter Reflexion der möglichen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Auswir-kungen definieren, geeignete Mittel wählen und neue Ideen und Prozesse entwickeln.
Kein Ankerbeispiel vorhanden
Anhang
265
Anhang 3: Stichprobe Wirklichkeitsanalyse
Detaillierte Stichprobe der Wirklichkeitsanalyse je Ausbilder (anonymisiert), Lizenzstufe(n), videographierten
Kompetenzkategorien inklusive SRI sowie PZI; grau eingefärbten Felder sind erhoben worden; *= Die Ausbilder
B2 sowie D1 und D2 wurden nicht interviewt, Fragen zu ihren LLS wurden im Interview mit den verantwortli-
chen Ausbildern B1 bzw. D4 gestellt
Kürzel Lizenzstufe(n) Videographiert + SRI PZI
PSK FK MVK
A1 B
A2 C1
A3 C2
B1 A *
B1
B2 A *
B3 C2 / B2
B4 C1
C1 A
B1
C6 A
C2 B1
C3 B2
C4 C1
C5 C2
D7 Diplom
D9 Diplom
D1 A *
D2 A *
D3 A B1
D4 A * *
D5 B2
D6 B1
C1
D7 C2
D8 C2
E1 GL1
E2 GL2
E3 Spez1
E4 Spez2
Anhang
266
Anhang 4: Informationsbrief Verband
Institut für Sportwissenschaft und Sport Gebbertstraße 123b, D-91058 Erlangen Lehrreferentinnen und Lehrreferenten, Trainerausbilderinnen und -ausbilder des Verbandes X
Der Verband X ist Kooperationspartner im Forschungsprojekt „QuaTro“
Sehr geehrte Lehrreferentinnen und Lehrreferenten, Trainerausbilderinnen und -ausbilder,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
der Verband X engagiert sich – neben vier weiteren Spitzenverbänden – als Kooperationspartner im
Forschungsprojekt „Qualifizierung im DOSB: Trainer/-in Leistungssport zwischen Anspruch und Wirk-
lichkeit“ (QuaTro) und sieht darin eine wichtige Maßnahme zur Qualitätssicherung und Qualitätsstei-
gerung im Judo-Spitzensport. DOSB Vorstand Dr. Karin Fehres bekräftigt darüber hinaus die Bedeutung
der Untersuchung für die Ausbildungsarbeit des organisierten Sports insgesamt:
„Die Studie und die hieraus erfolgenden Handlungsempfehlungen sind für uns zentrale Bausteine in
der Weiterentwicklung der DOSB-Lizenzausbildung. Denn wir brauchen gerade an der Schnittstelle von
Theorie und Praxis dringend die Unterstützung der Sportwissenschaft. Mit der Studie wird eine Lücke
geschlossen.“
Der Verband X leistet hierbei einen entscheidenden und wertvollen Beitrag!
Ziel des dreijährigen (2015-2017) Projektes ist es, Handlungsempfehlungen für die Weiterentwicklung
der DOSB Trainer/innen-Ausbildung zu formulieren – sowohl verbandsspezifisch für den Verband X als
auch verbandsübergreifend. Die zentrale Frage lautet: Werden die in den DOSB-Rahmenrichtlinien for-
mulierten Kompetenzen in den Ausbildungskonzepten und v.a. der Ausbildungswirklichkeit der Mit-
gliedsverbände eingelöst? Weitere Informationen siehe Anhang.
Zur Überprüfung der Ausbildungswirklichkeit werden nach forschungsmethodischen Gesichtspunkten
und in enger Abstimmung mit Person X (Verband X) Lehrreferenten/innen und Trainerausbilder/innen
und ausgewählt, die anschließend vom Projektkoordinator, Herrn Raphael Ptack (FAU), weitere spezi-
fische Informationen erhalten. Die ausgewählten Personen tragen maßgeblich zum Erfolg der Studie
bei – wir bitten Sie daher schon jetzt um Ihre Unterstützung!
Mit freundlichen Grüßen
Gudrun Schwind-Gick
(DOSB, Ressortleiterin Bildung
und Olympische Erziehung)
Prof. Dr. Ralf Sygusch
(FAU Erlangen-Nürnberg,
Projektleiter)
Anhang
267
Anhang 5: Informationsbrief Ausbilder
Institut für Sportwissenschaft und Sport Gebbertstraße 123b, D-91058 Erlangen Lehrreferentinnen und Lehrreferenten, Trainerausbilderinnen und -ausbilder des Verbandes X
Datenerhebung im Forschungsprojekt „QuaTro“
Sehr geehrter Herr X,
herzlichen Dank für Ihre Bereitschaft, sich im Forschungsprojekt „Qualifizierung im DOSB: Trainer/-in
Leistungssport zwischen Anspruch und Wirklichkeit“ (QuaTro) zu beteiligen – Sie tragen damit maß-
geblich zum Erfolg der Studie bei!
Wie Sie vielleicht schon wissen, ist es das Ziel des dreijährigen (2015-2017) Projektes, einen Beitrag zur
Weiterentwicklung der Ausbildung von Leistungssport-Trainern zu leisten. Die zentrale Frage lautet:
Werden die Kompetenzansprüche der Ausbildungsrahmen des DOSB in den Ausbildungskonzepten
und der Ausbildungswirklichkeit der Mitgliedsverbände eingelöst? Zur Erfassung der Ausbildungswirk-
lichkeit möchten wir drei Lehr-Lerneinheiten (je ca. 45-90 Minuten) Ihrer Trainerausbildung per Video
beobachten und Sie im Anschluss einmal mündlich interviewen. Die Auswahl der Lehr-Lerneinheiten
erfolgt vorab und in enger Abstimmung mit Ihnen.
Alle erhobenen Daten werden anonymisiert, nur für das Forschungsprojekt verwendet und nicht an
Dritte weitergegeben. Außerdem werden keine Rückschlüsse auf Ihre Arbeit als Lehrreferent gezogen,
sondern ausschließlich personenübergreifende, strukturelle Ableitungen getroffen.
Für die Datenerhebung benötigen wir von Ihnen und Ihren Ausbildungsteilnehmern Einverständniser-
klärungen. Damit Sie die Ausbildungsteilnehmer frühzeitig über die Studie und Erhebung informieren
können, erhalten Sie von uns einen Informationsbrief, den Sie vorab per Mail an die angemeldeten
Teilnehmer/innen weiterleiten können. Das Einholen der Einverständniserklärungen stimmen wir mit
Ihnen telefonisch ab, um diesen Prozess bestmöglich zu vereinfachen und an Ihre Gegebenheiten an-
zupassen. Hierzu werde ich Kontakt mit Ihnen aufnehmen.
Bei Rückfragen können Sie sich gerne und jederzeit an mich wenden (Kontaktdaten s.o.).
Mit freundlichen Grüßen
Raphael Ptack (Projektkoordinator)
Anhang
268
Anhang 6: Einverständniserklärung
Institut für Sportwissenschaft und Sport Gebbertstraße 123b, D-91058 Erlangen
Für die Teilnehmer(innen)
Ausbildungsbeobachtung mit Video- und Tonaufnahmen im Rahmen der Verband X C-Lizenz Trainer
Ausbildung Leistungssport
Liebe Teilnehmerinnen, liebe Teilnehmer,
im Rahmen des Projekts „Qualifizierung im DOSB: Trainer/-in Leistungssport zwischen Anspruch und
Wirklichkeit (QuaTro)“74 untersuchen wir Unterschiede zwischen
• dem Ausbildungsanspruch (Zielformulierungen in Rahmenrichtlinien des DOSB und Ausbil-
dungskonzeptionen der Mitgliedverbände) und
• der Wirklichkeit (Lehr-/Lern-Arrangements) in der Ausbildung zum Leistungssport.
Hierfür müssen die Lehr-/Lern-Arrangements pro Ausbildungsstufe in mehreren Lehr-/Lerneinheiten
beobachtet werden. Die Lehr-/Lerneinheiten werden per Video aufgezeichnet und anschließend ana-
lysiert. Da die Lehr-/Lerneinheiten immer in Interaktion mit Ihnen, den Teilnehmer(inne)n, stattfinden,
kann nicht vermieden werden, dass Sie ebenfalls auf dem Video zu sehen sein werden. Dadurch sind
Rückschlüsse auf Sie zwar prinzipiell möglich, diese sind jedoch nicht Inhalt der Erhebung. Eine Analyse
Ihrer Handlungen wird nicht vorgenommen.
Ihr Ausbilder hat sich bereit erklärt, an unserer Untersuchung teilzunehmen und für die Videoaufzeich-
nung Lehr-/Lerneinheiten zur Verfügung zu stellen. Um die Lehr-/Lerneinheiten Ihres Ausbilders auf-
zeichnen zu können, benötigen wir Ihre Zustimmung. Wir möchten Sie daher bitten, die beiliegende
Einverständniserklärung zu unterzeichnen und an den Untersuchungsleiter zurückzugeben.
Die erhobenen Daten werden selbstverständlich streng vertraulich und gemäß den Bestimmungen des
Datenschutzes behandelt. Sie werden ausschließlich für wissenschaftliche Zwecke verwendet und wer-
den nicht an Dritte weitergeleitet. Die Datenspeicherung, -verarbeitung und -nutzung ist ausschließlich
dem Institut für Sportwissenschaft und Sport der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen-
Nürnberg vorbehalten. Es werden keinerlei Rückschlüsse auf einzelne Teilnehmer(innen) gezogen. Die
erhobenen Primärdaten werden gemäß der „Richtlinien der FAU Erlangen-Nürnberg zur Sicherung gu-
ter wissenschaftlicher Praxis“ zehn Jahre auf gesicherten Trägern aufbewahrt, um die Nachvollziehbar-
keit und ggf. Wiederholbarkeit der Untersuchung sicherstellen zu können. Anschließend werden alle
Primärdaten gelöscht.
Die Teilnahme an der Untersuchung ist freiwillig. Sie können Ihr Einverständnis bis zum Ende der Pro-
jektlaufzeit (Dezember 2017) ohne Angabe von Gründen widerrufen. Sowohl bei Nichtteilnahme als
auch bei Widerruf entstehen Ihnen keine Nachteile.
74 Das Projekt wird mit Forschungsmitteln des Bundesinstituts für Sportwissenschaft (BISp) gefördert.
Anhang
269
Wir bedanken uns herzlich für Ihre Unterstützung und stehen Ihnen für Rückfragen gerne zur Verfü-
gung.
Mit freundlichen Grüßen,
Prof. Dr. Ralf Sygusch Raphael Ptack
__________________________________________________________________________________
Einverständniserklärung
Ich,
_________________________________________________
(Name, Vorname in Druckbuchstaben)
willige ein, an der Studie im Rahmen des Projekts „Qualifizierung im DOSB: Trainer/-in Leistungssport
zwischen Anspruch und Wirklichkeit (QuaTro)“ teilzunehmen. Ich erkläre mich damit einverstanden,
dass die 2015/2016 durchgeführten Interviews als Ton-Aufzeichnung sowie mehrere meiner Lehr-
/Lerneinheiten als Video-Aufzeichnung für wissenschaftliche Zwecke verwendet werden dürfen.
Mir wurde zugesichert, dass die erhobenen Daten gemäß den Bestimmungen des Datenschutzes
streng vertraulich behandelt, ausschließlich für wissenschaftliche Zwecke verwendet und nicht an
Dritte weitergeleitet werden.
Ich wurde darauf hingewiesen, dass meine Teilnahme an der Untersuchung freiwillig ist, sowie dass ich
mein Einverständnis zur Teilnahme bis zum Ende der Projektlaufzeit (Dezember 2017) ohne Angabe
von Gründen widerrufen kann, und dass mir sowohl bei Nichtteilnahme als auch bei Widerruf keine
Nachteile entstehen.
__________________________ ___________________ ___________________
Unterschrift Datum Ort
Anhang
270
Institut für Sportwissenschaft und Sport Gebbertstraße 123b, D-91058 Erlangen
An Ausbilder X
Einverständniserklärung zu Tonband- und Videoaufnahmen
Sehr geehrter Herr X,
im Rahmen des Projekts „Qualifizierung im DOSB: Trainer/-in Leistungssport zwischen Anspruch und
Wirklichkeit (QuaTro)“75 untersuchen wir Unterschiede zwischen
• dem Ausbildungsanspruch (Zielformulierungen in Rahmenrichtlinien des DOSB und Ausbil-
dungskonzeptionen der Mitgliedverbände) und
• der Wirklichkeit (Lehr-Lern-Arrangements) in der Ausbildung zum Leistungssport.
Da die Ausbilder(innen) selbst Experten für die Gestaltung ihrer Lehr-/Lerneinheiten sind, bilden ihre
Handlungen und Aussagen die Datenbasis unserer Studie. Sofern Sie einwilligen, an der Studie teilzu-
nehmen, werden wir folgende Erhebungen mit Ihnen durchführen:
• Video-Beobachtung mehrerer ausgewählter Lehr-/Lerneinheiten innerhalb verschiedener
Ausbildungsstufen
• Stimulated-Recall-Interview zu ausgewählten Videosequenzen der beobachteten Lehr-
/Lerneinheiten (ca. 60 Min., Ton-Aufzeichnung)
Wir möchten Sie bitten, die beiliegende Einverständniserklärung zu unterzeichnen und sie uns mög-
lichst zeitnah zukommen zu lassen.
Die erhobenen Daten werden selbstverständlich streng vertraulich und gemäß den Bestimmungen des
Datenschutzes behandelt. Sie werden ausschließlich für wissenschaftliche Zwecke verwendet und wer-
den nicht an Dritte weitergeleitet. Die Datenspeicherung, -verarbeitung und -nutzung ist ausschließlich
dem Institut für Sportwissenschaft und Sport der Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen-
Nürnberg vorbehalten. Es werden keinerlei Rückschlüsse auf einzelne Teilnehmer(innen) gezogen. Die
erhobenen Primärdaten werden gemäß der „Richtlinien der FAU Erlangen-Nürnberg zur Sicherung gu-
ter wissenschaftlicher Praxis“ zehn Jahre auf gesicherten Trägern aufbewahrt, um die Nachvollziehbar-
keit und ggf. Wiederholbarkeit der Untersuchung sicherstellen zu können. Anschließend werden alle
Primärdaten gelöscht.
Die Teilnahme an der Untersuchung ist freiwillig. Sie können Ihr Einverständnis bis zum Ende der Pro-
jektlaufzeit (Dezember 2017) ohne Angabe von Gründen widerrufen. Sowohl bei Nichtteilnahme als
auch bei Widerruf entstehen Ihnen keine Nachteile.
75 Das Projekt wird mit Forschungsmitteln des Bundesinstituts für Sportwissenschaft (BISp) gefördert.
Anhang
271
Wir bedanken uns herzlich für Ihre Unterstützung und stehen Ihnen für Rückfragen gerne zur Verfü-
gung.
Mit freundlichen Grüßen,
Prof. Dr. Ralf Sygusch Raphael Ptack
__________________________________________________________________________________
Einverständniserklärung
Ich,
_________________________________________________
(Name, Vorname in Druckbuchstaben)
willige ein, an der Studie im Rahmen des Projekts „Qualifizierung im DOSB: Trainer/-in Leistungssport
zwischen Anspruch und Wirklichkeit (QuaTro)“ teilzunehmen. Ich erkläre mich damit einverstanden,
dass die 2015/2016 durchgeführten Interviews als Ton-Aufzeichnung sowie mehrere meiner Lehr-
/Lerneinheiten als Video-Aufzeichnung für wissenschaftliche Zwecke verwendet werden dürfen.
Mir wurde zugesichert, dass die erhobenen Daten gemäß den Bestimmungen des Datenschutzes
streng vertraulich behandelt, ausschließlich für wissenschaftliche Zwecke verwendet und nicht an
Dritte weitergeleitet werden.
Ich wurde darauf hingewiesen, dass meine Teilnahme an der Untersuchung freiwillig ist, sowie dass ich
mein Einverständnis zur Teilnahme bis zum Ende der Projektlaufzeit (Dezember 2017) ohne Angabe
von Gründen widerrufen kann, und dass mir sowohl bei Nichtteilnahme als auch bei Widerruf keine
Nachteile entstehen.
__________________________ ___________________ ___________________
Unterschrift Datum Ort
Anhang
272
Anhang 7: Interviewleitfaden
Vor dem Interview
• Auswahl der Videosequenzen
• Aufnahmetechnik kontrollieren, testen
• Aufnahmegerät einschalten
• Glas Wasser für Interviewpartner
Einstiegsinformation:
„Vielen Dank, dass du dir Zeit für unser Interview genommen hast. Im ersten und im letzten Teil des
Interviews werde ich Dir verschiedene offene Fragen stellen, bei denen ich dich grundsätzlich bitte,
mir all das zu erzählen, was für dich in Bezug auf Deine Trainerausbildungen relevant und wichtig ist.
Im zweiten Teil unseres Interviews geht es mir ganz speziell um dein Handeln in verschiedenen Situa-
tionen der beobachteten Stunden und Deine dahinterliegenden Gedanken. Dazu werde ich Dir einige
Videosequenzen Deines Unterrichts zeigen. Ich bitte dich, dich jeweils in die Situation hineinzuverset-
zen und mir zu erzählen, was Dir während der Situation oder auch während der Planung der Situation
durch den Kopf ging. Du kannst auch Bezug auf Aktionen nehmen, die in direktem Zusammenhang mit
dieser Szene stehen, aber nicht gezeigt wurden. Versuche bitte, auswertende Reflexionen im Nach-
hinein zu vermeiden. Die Szenen wurden von uns nicht bewertet und nicht nach „gut“ oder „schlecht“
ausgewählt, sondern nach Aspekten, zu denen Deine Meinung und Intention uns besonders wichtig
erscheint“.
„Ich werde dich während unseres Interviews nicht unterbrechen. Es gibt auch kein „richtig“ oder
„falsch“, sondern nur Deine persönlichen Einstellungen zählen. Zeitlich brauchst Du dich nicht unter
Druck gesetzt fühlen – wir haben von meiner Seite aus alle Zeit der Welt, die Du dir nehmen möchtest.“
„Wie ich im Vorfeld bereits erwähnt habe, möchte ich das Interview für die spätere Auswertung auf-
nehmen und es anschließend verschriftlichen.“
„Ist das soweit in Ordnung für dich? Oder hast Du noch Fragen?“
„Dann beginnen wir mit der ersten Frage…“
Nach dem Interview
„Jetzt haben wir einiges besprochen. Gibt es von Dir aus noch etwas, was Du gerne noch erzählen
möchtest, was Dir wichtig ist, und was bisher im Interview noch nicht zur Sprache gekommen ist?“
„Dann hätte ich noch eine Frage: Wie hast Du denn das Interview empfunden, wie war das so für dich?
„Ja, dann vielen herzlichen Dank für Deine Teilnahme.“
• Aufnahmegerät ausschalten
• Postskript
• Aufnahme sichern
Anhang
273
Leitfaden für problemzentriertes und Stimulated-Recall-Interview
A) Einstiegsfragen
1. Erzähle doch einmal von deiner Arbeit als Trainerausbilder. Was beschäftigt dich momentan am meis-ten dabei?
Biographie und Verbandsstruktur
2. Kannst du mir erzählen, wie du zum Trainerausbilder im Verband X geworden bist?
- Struktur/ Vorgehen Verband - (Ausbilder-)Zertifikate
- Standards/ Voraussetzungen - Fortbildungen
- Wie ist das beim Verband X üblich?
- Gibt es vom Verband so etwas wie Mindeststandards, Zertifikate, Qualifikationen, o.ä., die ein Trainerausbilder aufweisen muss?
B) Videosequenzen
1. PSK
2. PSK
3. FK
4. FK
5. MVK
6. MVK
Beschreibe bitte einmal in deinen Worten, was hier in dieser Szene passiert. (Szene!)
- Ziele
- Inhalte
- Methodische Überlegungen zur Szene
- (Was ging dir in dieser Szene oder auch bei der Planung durch den Kopf?)
- (Was denkst du), welche Idee steckt hinter deinem/ dem Vorge-hen hier?
- Was möchtest/ soll (du) bei den TN erreichen?
Worum ging es (dir) in dieser Stunde? (Stunde!)
- Ziele der gesamten Stunde
- Aufgabenkultur
- Bezug zu Ausbildungsdokumenten
- Was war das Ziel der Stunde?
- Wie ist dieses Ziel in den beiden Szenen deutlich geworden?
- In wieweit ist deiner Ansicht nach ein Bezug zu den Ausbildungs-dokumenten zu erkennen?
In wieweit ist diese Stunde typisch für deine/ die Ausbildung zu diesem Thema? (Stunde!)
- Repräsentativität der Stunde (v.a. Methoden) - Struktur der Ausbildung
- Wird das Stundenthema an anderer Stelle in der Ausbildung noch einmal behandelt?
- Wenn Ja: Wie gehst du da vor?
C) weiterführende Fragen
Methodik (Wie?) - Planung
3. Wie gehst du üblicherweise bei der Gestaltung einer Trainerausbildung vor? (Beispiele!)
- Planungsgrundlagen - Orientierungsmöglichkeiten (Hilfe durch Ausbildungsdokumente)
- Was wären die ersten Schritte, wenn du jetzt z.B. eine Ausbil-dungsstufe übernehmen sollst, die du bisher noch nicht gemacht hast? - Welche Grundlagen erhältst du vom Verband?
Anhang
274
- Persönlicher Spielraum - Input- vs. Outputorientierung
- Helfen dir die Dokumente (s.o.) bei der Planung oder - Gibt es an irgendeiner Stelle Schwierigkeiten diese Umzusetzen?
Ziele (Wozu?)
4. Wie sieht denn deiner Meinung nach ein "idealer" Trainer aus? (Beispiele!)
- pers. Trainerbild & des Verbands - pers. Ziele der Ausbildung & im Ver-band - Handlungskompetenz
- Auftrag der Ausbildung
- Was bedeutet Handlungskompetenz als Trainer für dich?
- Welche Kompetenzen sind besonders wichtig? - Wovon können seine Sportler am meisten profitieren? - Wie wurde „der Verband“ einen „idealen“ Trainer beschreiben?
Methodik (Wie?) - Ausbilderhandeln
5. Wie verhältst du dich als Ausbilder, um darauf Einfluss zu nehmen, dass die Trainer/innen diesem Ide-albild möglichst nah kommen? (Beispiele!)
- Inhalte, Methoden der Ausbildung - Lehrhaltung - Rolle des Ausbilders
- Wie würdest du deinen Lehrstil beschreiben?
- Welche Vorteile hat dieser Lehrstil für die TN?
- Was glaubst du, was für einen Lehrstil der DJB präferiert, um er-folgreich seine Ziele umzusetzen? Gibt es da Unterschiede?
Methodik (Wie?) - Aufgaben
6. Wie sollte deiner Meinung nach eine gute Lehr-/ Lerneinheit gestaltet sein? (Beispiele!)
- Merkmale Ko-LLS - Lehr-/ Lernformen
- Durch welche Unterrichtsformen lernen die TN am meisten? - Wie gehst du mit unterschiedlichem Vorwissen der Teilneh-mer/innen um (kognitive Aktivierung/ Differenzierung)?
- Wie wichtig ist es für dich, den TN am Anfang einer Einheit über die Ziele und die Vorgehensweise aufzuklären (Strukturierung)?
- Wie versuchst du den TN die Relevanz des Unterrichtsgegen-stands für ihre Tätigkeit deutlich zu machen (Lebensweltbezug)?
- Wie versuchst du Aufgaben zu gestalten, damit sie verschiedene Lösungswege zulassen (Offenheit)?
- Mit welchen Methoden reflektierst du mit den TN über ihren ei-genen Kenntnisstand und Erfahrungsgewinn (Metakognition)?
7. Glaubst du, dass die Ausbildungsziele im Großen und Ganzen umgesetzt werden können?
- Differenz Anspruch und Wirklichkeit - Gründe für Differenzen
- Sind die Trainer nach der Ausbildung auf dem Niveau, wie du und der Verband sich das vorstellen? - Wenn Nein: Warum nicht?
Anhang
275
Anhang 8: Raster Video-Protokoll (Blanko)
Überblick
Kürzel Bearbeiter:
Kürzel Video:
Kompetenzkategorie laut Ausbilder:
Thema der Einheit:
Ort der Aufnahme:
Anzahl / Benennung /Zeiten der Sequenzen:
Vortrag (V), Gruppendiskussion (GD), Einzelarbeit (EA), Partnerarbeit (PA), Gruppenarbeit (GA), Prä-
sentation / Diskussion (PD)
1) V: Sequenz Vortrag zum Thema XY
2) EA: Aufgabe zum Thema XY
__________________________________________________________________________________
Sequenzen
1)
Inhaltliche Schlagworte:
Ziel der Sequenz:
Z.B. „TN kennen Bewegungsformen für das Ausdauertraining“, „TN können eine Trainingseinheit pla-
nen“, „Warm-up“
Zitieren, wenn Ausbilder das Ziel klar benennt, sonst interpretativer Schritt!
Beschreibung der LLS + ggf. zentrale Transkripte Ausbilder: (Was, Wie, Wohin?)
(Aufgaben-)Einführung:
Aufgabenstellung:
wenn möglich von Beamer oder Tafel; wenn mündlich vorgetragen entweder transkribiert (wenn ver-
ständlich in 2-3 Sätzen beschrieben wurde) oder paraphrasiert;
(Aufgaben-)Durchführung:
(Aufgaben-)Besprechung / Reflexion:
TN-Aktivität…
(Aufgaben-)Einführung:
(Aufgaben-)Durchführung:
(Aufgaben-)Besprechung/ -nachbereitung:
Anhang
276
Anhang 9: Kodierleitfaden Videoanalyse
Analyse kompetenzorientierter Aufgabenkultur in der Trainerbildung Leistungssport
Kompetenzorientierung erfordert „eine veränderte Sicht auf die Rollen von Lehrenden und Lernenden
im Lernprozess bzw. beim Kompetenzerwerb“ (Schaper, 2012, S. 57), die häufig als ‚Shift from teaching
to learning‘ beschrieben wird (ebd.). Mit einem Rollenverständnis als Lernförderer oder -berater be-
trachten Lehrende den anvisierten Kompetenzerwerb aus Sicht der Lernenden. Sie initiieren, begleiten
und unterstützen Lernaktivitäten, die Lernende zur eigen- und selbstständigen Auseinandersetzung
mit Anforderungen und Problemen anregen und auf diese Weise zum Kompetenzerwerb beitragen
sollen (u. a. Kleinknecht, 2010). Zur Gestaltung kompetenzorientierter Lehr-Lernsituationen - hier hat
sich der Begriff Aufgabenkultur etabliert (u. a. Kleinknecht, 2010; Pfitzner & Aschebrock, 2013) - liegt
in der Literatur eine hohe Zahl an Merkmalen vor, die sich in weiten Teilen überschneiden oder subsu-
mieren lassen. Die Analyse der Lehr-Lernsituationen (LLS) soll anhand folgender sechs Merkmale sowie
der Verknüpfung von Wissenserwerb und Wissensanwendung, durchgeführt werden: Kognitive Akti-
vierung, Strukturierung, Lebensweltbezug, Individualisierung, Offenheit und Reflexion. Eine Erläute-
rung folgt.
Es wird eine Einzelbeurteilung vorgenommen, ob eine „moderat/hohe“ oder „keine/geringe“ Ausprä-
gung je Merkmal beobachtet werden kann. Dabei soll sowohl die Häufigkeit als auch die Intensität
berücksichtigt werden. Die Einschätzung erfolgt jeweils über eine gesamte Lehr-Lernsituationen (Tab.
44). Nachfolgend werden zunächst die Merkmale erläutert und anschließend Indikatoren abgeleitet,
die zur Beurteilung herangezogen werden sollen.
Tab. 44: Ausprägungsgrad der Merkmale kognitive Aktivierung, Offenheit, Reflexion, Strukturierung, Lebens-
weltbezug, Individualisierung
Item Ausprägung
keine/geringe moderate/hohe
kognitive Aktivierung
Offenheit
Reflexion
Strukturierung
Lebensweltbezug
Individualisierung
Die kognitive Aktivierung nimmt als zentrales Merkmal kompetenzorientierter Aufgabenkultur einen
besonderen Stellenwert ein: Lernende werden mittels komplexer, anwendungsbezogener und heraus-
fordernder Lernaufgaben angeregt, selbsttätig und kreativ Lösungswege zu entwickeln und auszupro-
bieren. Solchen Aufgabentypen wird eine zentrale Funktion zugeschrieben, „weil Kompetenzen aus-
drücklich dazu befähigen sollen, auch völlig neue und unbekannte Anforderungssituationen zu meis-
tern“ (Feindt & Meyer, 2010). Um Wissen zu explizieren, anzureichern und zu vernetzen, sollen in LLS
z.B. durch Lernaufgaben vorhandene subjektive oder objektive Wissensbestandteile aktiviert werden.
Es soll dazu angeregt werden, neues Wissen selbsttätig zu erkunden, aufzunehmen und abzuspeichern
sowie vorhandenes Wissen zu ordnen, zu vergleichen oder zu interpretieren. Um vorhandenes Wissen
in die Planung, Handlung und Nachbereitung umzusetzen, soll in LLS z.B. durch Lernaufgaben der Trans-
fer vorhandenen Wissens zur Lösung, Erprobung und Anpassung konkreter Anforderungssituationen
initiiert werden.
Anhang
277
• moderate/hohe Ausprägung: Die Lernenden werden mindestens hin und wieder dazu ange-
regt sich aktiv (kognitiv) mit der Thematik auseinanderzusetzen, in dem Sie vorhandenes Wis-
sen aktivieren, dieses mit neuem Wissen vernetzen und / oder selbsttätig Lösungen für Prob-
leme erarbeiten, ausprobieren und nachbearbeiten
• keine/geringe Ausprägung: Die Lernenden befinden sich überwiegend in einer Konsumenten-
haltung und werden nur selten dazu angeregt sich aktiv (kognitiv) mit der Thematik ausei-
nander zu setzen.
Offenheit: Lernaufgaben in kompetenzorientierten Lehr-Lernsituationen ermöglichen verschiedene al-
ternative Lösungswege und Ergebnisse sowie verschiedene Deutungen und Erfahrungen (Bloemen &
Schlömer, 2012; Kurz, 2003). Schwerpunkt liegt hier v.a. auf der kognitiven und nicht der motorischen
Komponente.
• moderate/hohe Ausprägung: Die LLS bietet den Lernenden mindestens hin und wieder die
Möglichkeit für unterschiedliche Arten der Aufgabenbearbeitung hinsichtlich des Lösungswe-
ges, des -ergebnisses oder der -darstellung sowie unterschiedliche Deutungen und Erfahrun-
gen. Die Offenheit führt zu keiner Überforderung der Lernenden.
• keine/geringe Ausprägung: Die LLS bietet den Lernenden kaum die Möglichkeit für unter-
schiedliche Arten der Aufgabenbearbeitung hinsichtlich der o. g. Aspekte. Lösungen und Lö-
sungswege sind weitestgehend vorgegeben.
Reflexion: Lehr-Lernsituationen beinhalten Phasen, in denen Erfahrungen und Aufgabenlösungen hin-
sichtlich ihres Ergebnisses oder des Prozesses hinterfragt und diskutiert werden. Als Sonderform meint
Metareflexion die übergreifende Reflexion von individuellen Lern(fort)schritten (Feindt & Meyer,
2010; Kleinknecht, 2010).
Definition nach Korthagen (2002): Reflexion als mentaler Prozess, bei dem ein Problem oder bestehen-
des Wissen strukturiert bzw. restrukturiert wird, was die „grundlegende Rolle der Bildung neuer men-
taler Strukturen beim Lernen einer Person hervor[hebt]. Dies unterscheidet Handlungen, die auf Re-
flexion basieren, grundlegend von Routinehandlungen“. Reflexionsanlässe können sich aus erwarteten
oder unerwarteten Handlungen der Lernenden ergeben. Ebenso kann nach einer Aufgabe oder einer
Aufgabensequenz reflektiert werden. Ausgewertet werden vom Lehrenden initiierte Reflexionspro-
zesse. Das Vorgehen bei einer kollektiven Reflexion kann wie folgt aussehen (Humpl, 2004):
• Quellen: Individuelle Erfahrungen und Beschreibungen von Erlebnissen
• Relevanz sollte sich aus den Zielen ergeben
• Ablauf:
• Beteiligte und Kontext des Reflexionsprozesses müssen klar definiert werden
• Transfer der individuellen Erfahrungen von der individuellen Ebene auf eine kollektive Ebene
• Als Impuls können Fragen des individuellen Reflexionsprozesses verwendet werden:
• Zur Rückschau: Was war die konkrete Situation? / Welche Probleme sind aufgetaucht? / Wie
war es als Teilnehmer?
• Zur Analyse und Interpretation: Welche Erwartungen haben sich auf Grund dieser Situation
ergeben? / Welche Rollen gab es? Welche Vorteile hatte das? / Ist der Unterschied zwischen
Erwartung und Wahrnehmung selbstrelevant?
• Zum Transfer: Welcher Veränderungsbedarf lässt sich daraus ableiten? / Was bedeutet das
für das Training?
Anhang
278
• Ergebnisse sind Basis für Veränderungen im (kollektiven) Regelsystem in Form direkt ableit-
barer organisationaler Lern- und Veränderungsprozesse und bieten Potential für weiterfüh-
rende Lernprozesse.
Es besteht somit eine klare Abgrenzung zwischen Fragen zur kognitiven Aktivierung oder Hinführung /
Erweiterung einer Aufgabe und Reflexionsprozessen. Reflexionsprozesse zielen darauf ab eine erlebte
Situation kognitiv aufzuarbeiten und in weiterführende Erkenntnisse zu überführen.
• moderate/hohe Ausprägung: Sowohl Erfahrungen des Wissenserwerbs als auch der -anwen-
dung werden mit den Lernenden nachbesprochen, hinterfragt und diskutiert. Ziel ist es aus
Erfahrungen Erkenntnisse zu generieren. Der Lehrende initiiert den Lernprozess systematisch
durch gezielte Fragen (s.o.) und gibt den Lernenden genügend Raum zum Nachdenken und
Antworten. Nicht jede Situation muss reflektiert werden. Entscheidend ist die Tiefe der Refle-
xion.
• keine/geringe Ausprägung: Reflexionsprozesse kommen nicht / nur selten vor, sind ober-
flächlich und bieten kaum neue Erkenntnisse.
Strukturierung: Lehr-Lernsituationen weisen eine für Lernende transparente Struktur hinsichtlich kom-
petenzorientierter Lernziele, methodischer Schritte sowie nachvollziehbarer Rück- und Ausblicke auf
(Kleinknecht, 2010; Vogelsang, 2014).
• moderate/hohe Ausprägung: Es liegt eine, für die Lernenden weitgehend transparente,
Struktur vor. Die methodischen Schritte sind weitestgehend nachvollziehbar und werden
durch Aus-/ und Rückblicke verstärkt.
• keine/geringe Ausprägung: Eine klare Struktur ist für die Lernenden nicht erkennbar. Eine
methodische Schrittigkeit ist nur bedingt erkennbar. Aus-/ und Rückblicke werden nur selten
gegeben.
Lebensweltbezug: Lehr-Lernsituationen besitzen einen Bezug zu Sport im Alltag sowie einen erkenn-
baren Nutzwert für die Anwendung erworbener Kompetenzen in spezifischen Settings (Kleinknecht,
2010; Feindt & Meyer, 2010). Als Trainer z.B. Techniken vormachen, Trainingspläne erstellen, Training
leiten oder Bewegungshandeln analysieren und Rückmelden.
• moderate/hohe Ausprägung: Der Lebensweltbezug in der LLS ist authentisch. Die Lernenden
beschäftigen sich mit einer für sie relevanten Problemstellung, die tatsächlich auch gelöst
werden muss; der Lebensweltbezug ist dabei weitgehend präsent (vgl. Kleinknecht, 2010).
• keine/geringe Ausprägung: In der LLS wird keine Verknüpfung zwischen Fachwissen und Er-
fahrungswelt der Lernenden vorgegeben oder gefordert (vgl. Kleinknecht, 2010).
Individualisierung: Lehr-Lernsituationen berücksichtigen individuelle Voraussetzungen (Lernstand, In-
teressen) und bieten Lernenden die Möglichkeit, Lernaufgaben ihren Voraussetzungen gemäß zu be-
arbeiten. Die Steuerung durch die Lehrkraft wird mit Differenzierung beschrieben (Kleinknecht, 2010;
Pfitzner, 2014).
• moderate/hohe Ausprägung: Lehrende nutzen Differenzierungsmöglichkeiten (z.B. Partner-
wahl, Differenzierungen in der Aufgabenstellung, Umfang / Schwierigkeit der Aufgabe).
• keine/geringe Ausprägung: Eine Differenzierung durch o. g. Maßnahmen ist nicht beobacht-
bar.
Anhang
279
Anhang 10: Kodierleitfaden Interviewanalyse
Kategorie Definition Ankerbeispiel
a Kompe-tenzver-ständnis
Textstellen, in denen Kompetenzkategorien benannt werden oder Bezüge zur Kompe-tenzdiskussion hergestellt werden.
"wir haben sehr viel... in den Trainerausbildungen, Trainerfortbildungen beschäftigen wir uns sehr viel mit der Sachkompetenz: Trainingslehre, Biomechanik, Techniktraining, was weiß ich was alles, aber eben das VERHAL-TEN eines Trainers hat (1) wahrscheinlich eine mindestens genauso große Wirkung"
Kategorie Definition Ankerbeispiel
b Ziele Textstellen, die Ausbildungsziele für die Lernenden beschrei-ben und keiner der Subkategorien zuzuordnen sind, weil sie einen Sonderfall darstellen (Anker 1) oder mehrere (Kompe-tenz-)Facetten beinhalten (Anker 2) (v.a. Frage 4a).
1) „Bestrebt darum, in der Ausbildung allen Teilnehmern möglichst viel Chancen zu geben und einzuräumen, durch eine gute Leistung hier und auch weiter... dass man … dass man dann im berufsalltag da auch standhalten kann."
2) „Dass die am Ende das, was wir da formuliert haben, die Kompetenzen, dass sie das zei-gen und dazu gehört eine soziale Kompetenz, dazu gehört eine Handlungskompetenz, dazu gehört eine Wissenskompetenz, also das sind alles die Ziel Felder, die wir im Lehrplan drin haben"
b1 Persönliche- und sozialkom-munikative Kompetenz
Textstellen, die Ausbildungsziele für die Lernenden beschrei-ben und deren Inhaltskomponente einer Inhaltskomponente der Ziele der RRL (vgl. DSB, 2005) (Anker 1) zur Sozialkompe-tenz entspricht oder diese explizit erwähnt (vgl. Anker 2).
1) „Sollte er halt eine gewisse Persönlichkeit haben. das heißt, er muss auch vor der gruppe stehen können, muss klare Anweisungen geben können. das ist mal das eine, also… okay, ‚Standing‘ sage ich es jetzt einfach mal so"
2) „Umtriebig bin ich ein bisschen in die Richtung, dass wichtige Sozialkompetenzen, das ist ein wichtiges Thema im Sport in der Vergangenheit mal gewesen, irgendwo mit Einfluss finden. Da denke ich, sind... sind wir nicht immer ganz gut aufgestellt. Das versuche ich dort irgendwo mit zu integrieren"
b2 Methoden- und Vermitt-lungskompe-tenz
Textstellen, die Ausbildungsziele für die Lernenden beschrei-ben und deren Inhaltskomponente einer Inhaltskomponente der Ziele der RRL (vgl. DSB, 2005) (Anker 1) zur Methoden- und Vermittlungskompetenz entspricht oder diese explizit er-wähnt (vgl. Anker 2).
1) „Wie richte ich irgendwie so ein Übungsgelände ein? Natürlich immer so mit diesem As-pekt, ‚okay, Sicherheit‘. Das ist einfach bei uns mit dem Klettern so und das soll halt einfach nicht runterfallen"
2) „Auch Vermittlungskompetenzen, ja. nach Fachwissen streben wir immer. Die sind dann auch anzuwenden und richtig zu vermitteln mit dem Sportler in Interaktion richtig an den Sportler, an die Sportlerin zu bringen, das ist sicherlich so die größte Herausforderung, die ich mir eigentlich bei jeder Planung von so einer Unterrichtseinheit, oder Lehreinheit ei-gentlich immer vornehme und das stellt sich immer wieder als große Herausforderung"
b3 Fachkompe-tenz
Textstellen, die Ausbildungsziele für die Lernenden beschrei-ben und deren Inhaltskomponente einer Inhaltskomponente
1) „Grundlegendes fundiertes Fachwissen sollte er besitzen"
Anhang
280
der Ziele der RRL (vgl. DSB, 2005) (Anker 1) zur Fachkompe-tenz entspricht oder diese explizit erwähnt (vgl. Anker 2).
2) „Das heißt, auf der einen Seite brauche ich eine natürlich eine sehr hohe Fachkompetenz, das ist unbestritten"
Kategorie Definition Ankerbeispiel
c methodi-sche Gestal-tung
Textstellen, die etwas über Methoden für die Gestaltung von LLS in der Trai-nerausbildung aussagen und keiner der Subkategorien zuzuordnen sind (v.a. Frage 6).
-
c1 Rollenver-ständnis
Textstellen, in denen das eigene Verhalten gegenüber den Lernenden und die eigene Rolle im Lehr-Lernprozess beschrieben wird und keiner der Sub-kategorien zuzuordnen ist.
-
c1.1 Lehren-denzentriert
Textstellen, in denen der Lehrprozess (und nicht der Lernprozess) beschrie-ben wird und es darum geht, dass der Lehrende den Lernenden Wissen "weitergibt" oder "vermittelt".
„Wenn die Trainer das nicht annehmen, was denen hier erzählt wird, wenn die nicht bereit sind, sich darauf einzulassen, was denen erzählt wird, dann nutzt die ganze Ausbildung nichts"
c1.2 Lernen-denzentriert
Textstellen, in denen der Lernprozess (nicht Lehrprozess) beschrieben wird und eine Ausrichtung am Lernenden deutlich wird.
„Wir versuchen da schon, nicht nur Wissen zu vermitteln, oder klar vorzuge-ben, ‚wenn du das und das lernst, dann kommst du zum Erfolg‘, so wäre es ja im Training auch: ‚hier, kante den Ski mehr auf, halte den Arm mehr so, dann kommen wir zum Erfolg‘. Da versuchen wir eher, dass wir den Rahmen vorge-ben und sie es dann selber verknüpfen müssen"
c1.3 Lehr-/ Führungsstil
Textstellen, in denen der eigene Führungsstil (zwischen Laissez-faire und au-tokratisch) beschrieben wird.
„Also Laissez-faire bin ich bestimmt auch nicht. Ich bin dazwischen, ja. Demo-kratisch. Aber ich bin auch nicht unbedingt autoritär. Ich denke, das hast du auch gemerkt"
c1.1 Augen-höhe mit TN
Textstellen, in denen beschrieben wird, dass es wichtig ist, den Lernenden auf Augenhöhe zu begegnen, wertschätzend miteinander umzugehen und die Erfahrungen der TN miteinzubeziehen.
„Ich versuche auch einerseits, die Teilnehmer irgendwie so auf Augenhöhe zu treffen"
c1.5 Authenti-zität/Vorbild-funktion
Textstellen, in denen beschrieben wird, dass es wichtig ist, authentisch zu sein (vgl. Anker 1) und eine Vorbildrolle (vgl. Anker 2) einzunehmen.
1) „Einmal, das ist für mich ganz wichtig, indem ich es vorlebe. Ich bin der Mei-nung, wenn du als Trainer oder als Ausbilder das nicht vorlebst, wie irgendwo … naja, ja, eigentlich vorlebst, dann hast du keine Chance, dass das irgendwo haften bleibt. Also du musst authentisch sein.
2) „und ich versuche als Vorbild auch dazustehen, ob das immer klappt, weiß ich nicht. Dass man eben ein offenes Ohr für die Teilnehmer hat, für ihre Sor-gen, was ich auch wiederum von denen dann verlange, dass nachher zu haben. Echt so die Mischung von einem Trainer, der mitmachen kann und trotzdem
Anhang
281
irgendwie so der Ausbilder, der Chef, das ist danach als Trainer das gleiche im Endeffekt"
c2 Lehr-Lern-methoden
Textstellen, in denen etwas über verschiedene Unterrichtsbausteine oder Sozialformen (z.B. Gruppen-/Einzelarbeit, Diskussion), Lehr-Lernmethoden sowie das Verhältnis von Theorie und Praxisanteilen ausgesagt wird und kei-ner der Subkategorien zuzuordnen sind.
-
c2.1 Vorträge /Input durch Lehrende
Textstellen, in denen primär Input vom Lehrenden in LLS beschrieben wird (z.B. durch Referate, Vorträge (Anker 1), Erfahrungen weitergeben) Es wer-den auch Negativaussagen zu Frontalvorträgen kodiert (Anker 2).
1) „Die Präsentationen, die ich hier mache, die kriegen die Teilnehmer alle zu-geschickt natürlich, aber die basieren immer auf Literatur, die ich ihnen schon gegeben habe, die sie sich gekauft haben. Weil natürlich musst du das alles nochmal nachlesen da immer im Detail, die Folien an sich sind nicht selbster-klärend, aber sie wissen dann nochmal, wenn sie daheim sind in einem halben Jahr und auf die Prüfung dann lernen, ‚okay, oh das war ihm nochmal wichtig, wo steht denn das da im Buch?‘“
2) „Also die schlimmste Form, die habe ich auch leider manchmal drin, oder MÜSSEN drin sein, ist so etwas wie Präsentationen und Vorträge, da lernen sie am wenigsten meiner Ansicht nach"
c2.2 Aufgaben /Eigenaktivität
Textstellen, in denen Aufgabenformen beschrieben werden, die die Lernen-den zur Lösung eines Problems anregen (Gruppenarbeiten, Partnerarbeiten, Einzelarbeiten, Gruppendiskussionen, Fallbeispiele; Anker 1) oder die Inter-aktion und Initiierung von Eigenaktivität beschreiben (Anker 2). Kodierung auch hier, wenn zunächst Input vom Lehrenden als Vorbereitung für eine Aufgabe beschrieben wird (Anker 3).
1) „Wir werden das heute Abend auch nochmal mit einem Referat untermau-ern. Dann gehen wir den nächsten Schritt und versucht, auf diesen stand dann eigene Erfahrungen sammeln zu lassen. Sprich, wenn es darum geht... Kursset-zung zum Beispiel, dann werden alle Teilnehmer auch eigene Läufe setzen, weil das sind Dinge, learning by doing, das kann man nur erlernen, indem man es macht. Indem man auch mal Fehler macht. Indem man Dinge dann revidiert, mal nochmal umsetzt. Genauso, wenn man dann, morgen selber Trainer Arbeit macht. Wenn man mit dem Wissen, was man sich jetzt angeeignet hat, be-wusst in den Trainingsalltag geht mit den Kollegen, man kriegt eine kurze Auf-gabe, ‚trainiere Rennschwung zum Beispiel‘ und dann hat der Teilnehmer eine Aufgabe und hat ein Zeit Kontingent und dann muss er mal in den klassischen Trainingsbetrieb übergehen, was er dann auch später mit dem Athleten macht. Genau, und dann kann er das theoretische Wissen, was man irgendwo sich er-worben hat, auch mal bewusst umsetzen und"
2) „Wie gesagt, indem wir sie eben sehr, sehr viel mit einbinden. Das ist auch das Thema, dass sie sich daheim nochmal Gedanken machen, also jetzt ein ganz konkretes Beispiel, das sehr positiv war: Sie müssen ihre Heimarbeiten,
Anhang
282
ihre Themen vorstellen vor der Gruppe und die werden in der Gruppe disku-tiert"
3) „Also für mich war es wichtig, dass die, was sie heute von mir gehört haben in der ersten Stunde, in der zweiten Stunde noch einmal versuchen, in die Pra-xis umzusetzen"
c2.3 Theorie-Praxis-Verhält-nis
Textstellen, in denen etwas über das Verhältnis von Theorie und Praxisan-teilen ausgesagt wird.
„Dann Theorie immer in einem Wechselspiel. Keinesfalls Frontalvortrag aus-schließlich. Sondern zwei Drittel, WENN nicht sogar vier Fünftel Praxis Übung"
c2.4 Infor-melle Lernge-legenheiten
Textstellen, in denen etwas über Situationen in der Ausbildung, die abseits vom gesteuerten Unterricht stattfinden (z.B. Gespräche beim Abendessen) ausgesagt wird.
„Ich versuche auch immer, in den Pausen vielleicht auch mal, wenn ich über Nacht hier bin, über Gespräche, Smalltalk, die Leute auch kennenzulernen und meines Erachtens finden auch bei solchen Gesprächen außerhalb des Unter-richtes oftmals auch sehr, sehr wertvolle Gespräche statt“
c2.5 Hospitati-onen /Mento-ring
Textstellen, in denen etwas über Hospitations- oder Mentorenprogramme als Lerngelegenheit ausgesagt wird.
„Und im Hockey glaube ich, läuft viel über Mentoring, dass man also einen Trainer hat oder gewisse Trainer, die einem viel vormachen, vorleben, von de-nen man sich etwas abschaut und dann seinen eigenen Stil irgendwie verfei-nert und entwickelt daraus. Von daher ist dieser Ausbildungslehrgang oder sind diese Ausbildungslehrgänge auch nur gewisse Anteile der Ausbildung, denn alle Anteile der Ausbildung kann man nicht tragen als Fachverband"
c3 Merkmale kompetenz-orientierter LLS
Textstellen, in denen die etwas über die Merkmale für die Gestaltung kom-petenzorientierter LLS (s. Subkategorien) in der Trainerausbildung aussagen und keiner der Subkategorien zuzuordnen sind.
"also, die Teilnehmer sollten (.) ich sage mal emotional angesprochen werden, das heißt, ich muss... wenn ich etwas lerne, muss eine Emotion dabei sein. Das heißt, die beste Emotion ist für mich immer: es macht Spaß, da ist irgendwo Freude dabei, dann lerne ich auch eher"
c3.1 kognitive Aktivierung
Textstellen, in denen die etwas über kognitive Aktivierung (vgl. Kap. 4.4) in LLS ausgesagt wird (z.B. Verständnis, Stellenwert, Umsetzung).
„Mein wichtigstes Mittel ist das der Fragen und… provozieren. Ich provoziere gerne, indem ich Thesen aufstelle, von denen die Leute in dem Moment noch nicht genau wissen, ob die jetzt stimmen oder nicht (…) und die Provokation setzt immer noch so einen kleinen humoristischen Reiz dazu (…) wo ich Dinge mal überspitze oder absichtlich mal auch eine Frage stelle, die nicht so direkt zu beantworten ist, um die Leute mal kurz zu verunsichern, aus der Reserve zu locken. Und dabei geht es mir nicht darum, dass dann jemand etwas richtig oder falsch macht, sondern einfach ich möchte die Leute zum DENKEN anre-gen"
c3.2 Offenheit Textstellen, in denen etwas über offene Aufgabenstellungen (vgl. Kap. 4.4) ausgesagt (z.B. Verständnis, Stellenwert, Umsetzung; Anker 1) oder solche beschrieben werden (Anker 2).
1) „Weil es gibt Themen, die kann ich ein bisschen offener gestalten, es gibt natürlich aber auch Themen, da gibt es jetzt nur eine Möglichkeit. Also es gibt nur eine Möglichkeit, irgendwie ein sicherungsgerät richtig zu bedienen. Da
Anhang
283
gibt es jetzt nicht viele Varianten, sonst führt es irgendwie zum Absturz. Also ich denke, das ist stark themenabhängig. Aber was jetzt das vermitteln angeht, klar, da gibt es immer verschiedene Wege. Also inhaltlich gibt es meistens nur, sage ich mal, so das eine, aber wie ich da zu dem Ziel hinkomme, da gibt es immer verschiedene Möglichkeiten"
2) s. Ankerbesispiel c2.2
c3.3 (Meta-)Reflexion
Textstellen, in denen etwas über (Meta-)Reflexion) (vgl. Kap. 4.4) ausgesagt wird: Entweder ein Reflexionsverständnis (Anker 1), unkonkrete Beschrei-bungen (Anker 2) oder Einflussfaktoren (Anker 3).
1) „Nein, ich mache es jetzt nicht… das ist aber auch eine Frage der Zeit, muss ich sagen. es gibt hier das Curriculum, durch das ich sowieso schon eine ganze Menge an Diskussionen mit denen… oder die Diskussion zulasse, ist das mit dem Stoff dann sowieso schon immer ein schmaler Grat, damit das dann zum allergrößten Teil durchgeht. Deswegen frage ich dieses explizit so nicht ab. Aber am Ende muss man sagen, implizit wird man schon feststellen, zu sagen ‚wo stehen sie denn?‘. Bilde mir ein, dass ich das zwischendurch mitbekomme, wer von den Kandidaten, die da drin sind, welchen stand auch hat"
2) „Ja, finde ich schon wichtig. da will ich den Teilnehmern auch Zeit einräumen dafür, dass das da ist. Deswegen war mir das jetzt schon wichtig, dass wir das noch machen, mit dem Ganzen"
3) „Das kommt darauf an, wenn es sich halt anbietet. Also es ist klar, in so Aus-bildungen ist es ein MUSS, weil wir nur sehr wenig Zeit miteinander verbringen in der PRAXIS, im täglichen Training kommt es darauf an, ob es Sinn macht. In so, ich sage mal, sehr GEBLOCKTEN Wissenstransfer- und Wissensvermitt-lungsphasen, so wie jetzt hier, da will ich einfach sicherstellen, dass die wich-tigen Punkte zumindest genannt werden. Wenn ich das jeden Tag im Training machen würde, würden sie sagen, ‚lass mich bloß in Ruhe!‘ halt, ja. Deswegen ist es immer halt situationsbedingt. Aber in der Ausbildung ist es ein Muss“
c3.4 Struktu-rierung
Textstellen, in denen etwas über die Strukturierung der LLS (vgl. Kap. 4.4) hinsichtlich der strukturellen Organisation der LLS (z.B. Aus- und Rückblicke, Leerlaufphasen, vom Einfachen zum Schweren) ausgesagt wird.
„Und, dass die Zeit, die man hat, gut ausgefüllt ist. Ich habe selber genug ge-sehen (lacht), auch selber miterlebt in Trainerausbildungen, ja, dass Planung eine Rolle spielt, eben, dass es zeitlich gut geplant ist, dass keine leeren Teile drin hat, sage ich mal so oder der Dozent dann nicht mehr weiß, wie es weiter-geht und so Dinge, also das ist MIR einfach persönlich wichtig. Gute Struktur, gute Planung und dann, nehme ich mir auch viel Zeit dafür“
c3.5 Individua-lisierung
Textstellen, in denen etwas über individualisierte Lernmöglichkeiten (vgl. Kap. 4.4) ausgesagt wird (z.B. Verständnis, Stellenwert, Umsetzung). Zu ko-dieren sind sowohl die Feststellung von Heterogenität (Anker 1) als auch der
1) „Weil in gerade der c-Ausbildung unterschiedliches, sehr heterogenes Ni-veau ist"
Anhang
284
methodische Umgang damit (z.B. Austausch, Einbezug der Besseren, Hete-rogenität ausgleichen, bilaterale Gespräche; Anker 2).
2) „Die kommen alle aus einem unterschiedlichen sozialen Umfeld, die haben unterschiedliche Judovorerfahrung. Spitzenwettkämpfer, ein Vizeweltmeister dabei. Und eher breitensportorientierte Judoka und, dass ich versuche, irgend-wie die gruppe so zusammenzufassen, dass jeder etwas davon hat. Dass sie voneinander profitieren, ja und nicht nur der Schlechte von dem Guten, son-dern auch der Gute von dem Schlechten etwas mitnimmt, indem er sieht, ‚aha, okay, vielleicht kann ich ja an der Stelle eingreifen, um ihm ein bisschen zu helfen‘"
c3.6 Lebens-weltbezug
Textstellen, in denen etwas über den Lebensweltbezug der Trainerausbil-dung (vgl. Kap. 4.4) ausgesagt wird (z.B. Verständnis, Stellenwert, Umset-zung).
„Durch SEHR lebensnahe Metaphern, die ich aufbaue, oder Bilder, die ich auf-zeige, wo ich sage ‚guck mal da, kann dir das helfen?‘ und da kann ich mal... ich arbeite sehr viel mit Bildern, die die Teilnehmern selber in ihren Köpfen malen müssen und die sie dann vergleichen müssen mit ihren Realitäten und wenn das zum großen Einklang kommt, dann haben sie ihre Zielbilder"
c4 Einflussfak-toren und Pla-nung
Textstellen, in denen etwas über Einfluss- oder Gelingensfaktoren der me-thodischen Gestaltung von LLS ausgesagt wird (z.B. Gruppe, äußere Um-stände, Vorgaben) (v.a. Frage 3).
-
c4.1 Planungs-grundlagen /-eckpfeiler
Textstellen, in denen etwas über Planungsgrundlagen von LLS ausgesagt wird (z.B. Ziele, Inhalte, Absprachen, Erfahrungen).
„Also die ersten Schritte ist, ich frage, wie (lacht)... je nachdem, was ist wo... was ist vorher passiert, hat man schon Unterlagen? Bevor ich alles neu von Grund auf erarbeiten muss. Dann informiere ich mich über: ‚was ist neu? Gibt es Literatur, neue Literatur dazu?‘, lese mich ein in das Thema"
c4.2 Zeitliche Rahmenbedin-gungen
Textstellen, in denen etwas über den zeitlichen Rahmen als zentralen Orien-tierungsfaktor gesagt wird.
„Grundlage für mich ist das Zeitfenster. Als allererstes. So und dann schaue ich, dann haben wir ein Curriculum, das ist ganz gut im deutschen Skiverband or-ganisiert, ja, also, da steht da eigentlich relativ detailliert drin, was für Inhalte kommen sollten, an denen orientiere ich mich grob"
c4.3 Örtliche Rahmenbedin-gungen /Wet-ter
Textstellen, in denen etwas über die örtlichen Rahmenbedingungen (Semi-narräume, Konstellationen, Hallen, etc.) / das Wetter als zentralen Orientie-rungsfaktor gesagt wird.
„Wenn es mal heißt, dass man dann eine Stunde Theorie machen muss, weil der Lift noch nicht geht wegen Schneefall, wegen wind, etc., dann sind wir ei-gentlich alle so flexibel und versuchen, den Inhalt des Tages kurz theoretisch vorzubereiten, um dann vielleicht am Hang effektiver arbeiten zu können"
Anhang
285
Anhang 11: Good-Practice-Beispiel
Thema: Umgang mit heterogenen Gruppen; Ort: Sporthalle
Die Ausbildungseinheit besteht aus fünf Aufgaben-Sequenzen, wobei sich die ersten beiden Sequenzen
nochmals in drei bzw. zwei Teilsequenzen untergliedern lassen (Gesamtzeit: 01:23:38).
• Sequenz 1a: Die Einheit wird mit einer Gruppendiskussion eröffnet, in der der Ausbilder of-
fene Fragen zum Stundenthema „Umgang mit heterogenen Gruppen“ stellt und Antworten
sammelt (00:11:28).
• Sequenz 1b: In einem zweiten Schritt sollen sich die Teilnehmer kurz in Einzelarbeit über Dif-
ferenzierungsmöglichkeiten des Liegestützes Gedanken machen, welche im Anschluss ge-
meinsam besprochen werden (00:02:00).
• Sequenz 1c: In der dritten Teilsequenz sollen die Teilnehmer in Kleingruppen anhand eines
Fallbeispiels (heterogene Sportgruppe) und beigelegten Materialien (Prüfungsordnungen der
einzelnen Gurtfarben) eine differenzierte Trainingsgestaltung zur Prüfungsvorbereitung erar-
beiten. Diese wird im Anschluss mündlich vorgestellt und diskutiert (00:06:26).
• Sequenz 2a: Nun soll in Partnerarbeit ein Peer-Tutorial-Zirkel mit verschiedenen Bewegungs-
aufgaben durchlaufen werden. In der Nachbesprechung hebt der Ausbilder das Ziel des Zir-
kels nochmals hervor (00:08:17).
• Sequenz 2b: In dieser Sequenz diskutiert die Gesamtgruppe Differenzierungsmöglichkeiten
für schnellere und langsamere Sportler. Diese probieren die Teilnehmer im Sinne des Peer-
Tutorials in Partnerarbeit aus (00:16:17).
• Sequenz 3: Als nächstes sollen die Teilnehmer zunächst in Partnerarbeit in verschiedenen
Rollen (z.B. sehr engagiert) kämpfen. Im Anschluss daran wird das Ziel der Methode gemein-
sam reflektiert (12:02).
• Sequenz 4: In der vierten Sequenz sollen die Teilnehmer in Partnerarbeit Technikdifferenzie-
rungen für unterschiedliche Niveaustufen erarbeiten und ausprobieren. Anschließend sollen
ausgehend von vorgegebenen Ausgangssituationen differenzierte Techniken erprobt werden
(00:11:18).
• Sequenz 5: In der letzten Sequenz werden ausgehend von offenen Fragen durch den Ausbil-
der Probleme im Training in einer Gruppendiskussion besprochen (00:15:38).
Die gesamte Einheit setzt sich aus primär sportpraktischen Aufgaben zusammen, in denen Erfahrungen
gesammelt werden, die anschließend nachbesprochen und reflektiert werden. Folgende Ausführun-
gen begründen die hohe Ausprägung der Merkmale einer kompetenzorientierten Aufgabenkultur.
Die Teilnehmer werden während der gesamten Einheit durch anwendungsbezogene und herausfor-
dernde Lernaufgaben dazu angeregt, selbsttätig Lösungswege zu entwickeln und auszuprobieren. Das
Erarbeiten von verschiedenen Liegestützausführungen beispielsweise erfordert eine kreative kognitive
Auseinandersetzung mit dem Thema. Zusätzlich werden sie durchgehend durch offene Fragen in Dis-
kussionsrunden, Nachbesprechungen und Reflexionen angeregt sich kognitiv zu involvieren. Subjekti-
ves Vorwissen wird aktiviert und mit neuen Erfahrungen und objektivem Wissen verknüpft. Diese
Punkte begründen den hohen kognitiven Aktivierungsgrad für alle Teilnehmer.
Der hohe Offenheitsgrad ergibt sich durch die ergebnisoffenen Aufgabenstellungen, die den Teilneh-
mern verschiedene Lösungswege und Erkenntnisse ermöglichen. Bei der Erarbeitung differenzierter
Aufgabenstellungen in der Sequenz 1c beispielsweise, kommen die verschiedene Kleingruppen zu un-
terschiedlichen Lösungen. Diese werden anschließend vorgestellt und diskutiert. Zudem stellt der Aus-
bilder viele offene Fragen, die in Diskussionsrunden diskutiert werden.
Anhang
286
Die Reflexionsprozesse werden in dieser Einheit ebenfalls deutlich. Die in der Einheit angebahnten
Erfahrungen und die Arbeitsprozesse der bearbeiteten Aufgaben werden angesprochen und schritt-
weise durch - am Stundenthema orientierte - offene Fragen analysiert. Zusätzlich stößt der Ausbilder
Überlegungen zum Transfer in den Trainingsalltag an. Fragen wie „Was ist euer Gedankengang?“,
„Glaubt ihr, das war für mich jetzt anstrengend als Trainer?“ „Was war mein Zweck, was war mein Sinn
mit dieser Übung?“ hinterfragen in erster Linie das Erlebte und unterstützen den Transfer zu weiter-
führenden Erkenntnissen.
Die Einheit war strukturiert und nachvollziehbar aufgebaut, die Lernziele der Aufgaben wurden vom
Ausbilder teilweise sogar direkt angesprochen. Auch der Lebensweltbezug ist mit der Thematisierung
von Trainingsgestaltung und dem Umgang von heterogenen Trainingsgruppen offensichtlich gegeben.
Die eng mit dem Merkmal Offenheit zusammenhängende Individualisierung zeigt sich in der Auswahl-
möglichkeit bezüglich der Aufgabenbearbeitung, z.B. in der ersten Sequenz. Gerade das Peer-Tutoring
bietet eine gute Möglichkeit mit individuell verschiedenen Voraussetzungen und Arbeitstempi umge-
hen zu können. Der Input des Ausbilders und die Erkenntnisse aus den Reflexionen führten zum Erwerb
neuen Wissens und die praktischen Aufgaben sowie der in den Reflexionen besprochene Transfer in
reale Trainingseinheiten bieten Möglichkeiten das neue Wissen auch anzuwenden.
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