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INHALT 1.DieMaßnahme:Exposé...........................................................................................................................1
2. Die Maßnahme: Inhalt und Form...............................................................................................................5
3. Die Maßnahme: Neue Allianzen................................................................................................................7
4. Die Maßnahme: Initiative „Die Maßnahme“...........................................................................................7
5. Die Maßnahme: Besetzung.........................................................................................................................8
5a. Die Maßnahme: Dreihundert SängerInnen.............................................................................................85b. Die Maßnahme: Der „junge Genosse“.............................................................................................................105c. Die Maßnahme: Vier AgitatorInnen....................................................................................................................115d. Die Maßnahme: Zehn MusikerInnen..................................................................................................................12
6. Die Maßnahme: Ästhetik..........................................................................................................................12
7. Die Maßnahme: Zeitplan..........................................................................................................................................148a. Die Maßnahme: Kraft der Stimmen im Prozess.............................................................................................148b. Die Maßnahme: Konfrontation.............................................................................................................................158c. Die Maßnahme: Aufführung...................................................................................................................................15
9a. Die Maßnahme: Inhaltliche Begleitung und Prototyp..................................................................................15
10. Die Maßnahme: Schluss.........................................................................................................................................1811a. Die Maßnahme: Soziale Fantasie und Fortschritt......................................................................................18
BESETZUNG DER ERSTE AGIGATOR (von dem/derselben Solist/in sind darzustellen: Der Leiter des Parteihauses, der Kuli, der Händler) DER ZWEITE AGIGATOR (Der zweite Kuli) DER DRITTE AGITATOR (Der Aufseher, der Polizist) DER VIERTE AGITATOR (Der junge Genosse Gemischter Chor
ORCHESTER
3 Trompeten, 2 Hörner, 2 Posaunen, Klavier, Schlagwerk, 2 paar Pauken, große Trommel, kleine Trommel, Rührtrommel, Becken, Tamtam
Aufführungsdauer: ca. 1 Stunde 30 Minuten
Der Text stellt die Fassung von 1931 dar
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P R O J E K T B E S C H R E I B U N G DIE MASSNAHME BRECHT/EISLER/DUDOW
1. Die Maßnahme: Exposé
“Die Maßnahme“ ist das erste gemeinsame
Meisterwerk Bertolt Brechts und Hanns Eislers. Seit
den durch sie initiierten Aufführungen in den 1930-er
Jahren ist das Werk nicht wieder mit einem Chor
von 300 SängerInnen auf die Bühne gebracht
worden. Brecht verfügte 1956 ein
Aufführungsverbot, das erst 1997 aufgehoben
wurde. Parallel nannte er „Die
Maßnahme“ sein Stück der Zukunft.
Philharmonie Berlin, 13.12.1930. Die Maßnahme. Text: Bertolt Brecht. Musik: Hanns Eisler. Inszenierung: Slatan Dudow. Berliner Arbeitersängerchor: Berliner Schubert-Chor, Gemischter Chor Groß-Berlin, Gemischter Chor Fichte. Dirigent: Karl Rankl. Einstudierung: Ernst Hermann Meyer, Karl Vollmer. Hauptsolist: A. M. Topitz. DarstellerInnen: Helene Weigel, Ernst Busch, Alexander Granach.
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So ist das Meisterwerk weithin unbekannt. Erarbeitet wird die erste Wiederaufführung mit
einem Chor von fast 300 SängerInnen.
In Anlehnung an Eisler und Brecht wird dabei zum ersten Mal wieder eine soziokulturelle
Ebene einbezogen. Während in der Uraufführung 1930 drei Berliner Arbeiterchöre sangen,
wird der aktuelle Chor von „Die Maßnahme“ einen Querschnitt der Gesellschaft heute bilden.
Es singen verschiedene Berliner Chöre, Laien aus diversen sozialen Institutionen Berlins,
SängerInnen in singulärer Initiative und ein Gebärdenchor.
Das Singen der Arbeiterlieder und ihrer künstlerischen Weiterentwicklungen wie „Die
Maßnahme“ ist seit 2014 ins bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes
aufgenommen, das Teil der innerstaatlichen Umsetzung des UNESCO-Übereinkommens zur
Erhaltung des Kulturerbes ist: „Mit der musikalisch innovativen Aufnahme und
Weiterentwicklung der Arbeiterlieder durch Kurt Weill, Hanns Eisler und Bertolt Brecht
erreichten sie im deutschen Kulturraum eine hohe
künstlerische Entwicklungsstufe, die international
besondere Anerkennung erfahren hat. (...) Das Singen
der Lieder der deutschen Arbeiterbewegung bietet ein
hervorragendes Beispiel dafür, wie Volkskultur in
Deutschland immer wieder aus fortschrittlichen und demokratischen Ansätzen heraus neu
gestaltet und interpretiert wurde. Sie sind über weite Strecken der deutschen Geschichte
verboten und unterdrückt worden und konnten nur unter schweren Bedingungen aufgeführt
werden. Nach dem Zweiten Weltkrieg mussten die Lieder der Arbeiterbewegung in
Deutschland zunächst wiederentdeckt und wieder erlernt werden.“ (Deutsche UNESCO-
Kommission e.V.)1
„Die Maßnahme“ wird als Dispositiv der Auseinandersetzung zur Verfügung gestellt: warum
sind wir zusammen und wie? Wie steht das Individuum in der Gesellschaft? Was kann für den
Aufbau einer gerechten Gesellschaft getan werden? Ein Schwerpunkt liegt auf der
Auseinandersetzung mit und Forschung nach dem Verhältnis von Subjekt und Gesellschaft.
Letztendlich geht es darum „nach einer besseren Möglichkeit“ zu fragen. (Die Maßnahme,
Fassung 1931, Kap.8)
1https://www.unesco.de/kultur/immaterielles-kulturerbe/bundesweites-verzeichnis/eintrag/singen-der-lieder-der-deutschen-arbeiterbewegung.html
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Die als Ganzes oder in großen Teilen beteiligten Chöre erarbeiten die Partitur mit ihrer
jeweiligen Chorleitung überwiegend autonom. An „Die Maßnahme“ sind neben den Chören
drei professionelle DarstellerInnen, eine Solistin, acht LaiendarstellerInnen und zehn
OrchestermusikerInnen beteiligt. Für die Proben der DarstellerInnen mit Solistin und für das
Orchester ist vor der Aufführung unabhängig von einander eine konzentrierte Proben-Phase
vorgesehen. Kurz vor der Aufführung werden alle Mitwirkenden zusammengeführt. So werden
die Voraussetzungen für die authentische Konfrontation aller am Aufführungsabend im
Kammermusiksaal der Philharmonie Berlin Anwesenden mit den durch „Die
Maßnahme“ aufgeworfenen Fragen geschaffen.
Marcus Crome übernimmt die musikalische Leitung. Er dirigierte 1997 die erste offizielle
deutsche Wiederaufführung von „Die Maßnahme“ am Berliner Ensemble und hatte 2008 an der
Volksbühne Berlin die musikalische Leitung und Chorleitung inne. Die szenische Leitung
übernimmt Fabiane Kemmann. Sie leitet außerdem die Produktion. Barbara Nicolier
übernimmt die künstlerische Begleitung.
Im Juni 2014 wurde ein Prototyp der Wiederaufführung von “Die Maßnahme” auf die Bühne
gebracht. Die Lesung mit Klavier und Chor fand am historischen Originalschauplatz der
„Großen Diskussion“ des Stücks nach der Uraufführung 1930 statt – in der „Aula
Weinmeisterstraße“. Teile des Chors der werktätigen Volksbühne und einzelne SängerInnen
der ersten Wiederaufführung von 1997 am Berliner Ensemble sangen als Grundchor,
SängerInnen aus sechs verschiedenen Berliner Chören und ein Gebärdenchor kamen hinzu,
SchülerInnen aus 5. – 9. Klassen der Freien Waldorfschule Berlin Mitte in der
Weinmeisterstraße übernahmen die Sprechrollen. Im November 2015 wurde ein Multi-Chor-
Prototyp realisiert. Im Rahmen der größten Fachtagung in der Geschichte der
Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe kamen vier Chöre, einzelne SängerInnen und
Laien-DarstellerInnen zur Aufführung von Kap. V „Was ist eigentlich ein Mensch?“ als Lesung
mit Klavier und Chor auf dem Pariser Platz zusammen.
Die Auswertung der Prototypen auf gesellschaftlicher, künstlerischer, dramaturgischer,
ökonomischer und politischer Ebene hat eine solide Basis geschaffen, auf der die
Wiederaufführung von „Die Maßnahme“ in der originalen Besetzung mit 300 SängerInnen
entwickelt wird. Inhalt und Form der Arbeit sind dazu angelegt, die Mitwirkenden miteinander
agieren und sich miteinander auseinandersetzen zu lassen. Was mit dem Meisterwerk heute zu
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lernen ist, können nur der Arbeitsprozess und die Aufführung von „Die Maßnahme“ zeigen.
2. Die Maßnahme: Inhalt und Form
In „Die Maßnahme“ stehen drei Darstellerinnen und ein Sopran (/Tenor) dem großen
„Gemischten Chor“ gegenüber. Als die „vier AgitatorInnen“ haben sie in einer Extremsituation
ihren jüngsten Genossen mit dessen Einverständnis erschossen und in eine Kalkgrube geworfen.
Vom „Gemischten Chor“ aufgefordert dies zu rechtfertigen, stellen die Vier dar, wie sich der
„junge Genosse“ in verschiedenen
Situationen verhielt und wie er in
einer Extremsituation unbewusst zu
einer Gefahr für die gemeinsame
Arbeit wurde.
„Auch ihr jetzt denkt nach über
eine bessere Möglichkeit“ wendet
sich der „Gemischte Chor“ an die
Zuschauer (Fassung 1931, Kapitel
8/5). Das Lehrstück spitzt Aspekte
gesellschaftlicher Wirklichkeiten
zu, um sie zur kontroversen
Auseinandersetzung in den Raum zu stellen. Dementsprechend war „Die Maßnahme“ in den
1930-er Jahren umstritten und ist es bis heute. Das Lehrstück ist nicht dazu gemacht didaktisch
eine Lehre zu vermitteln wie es der Name suggeriert. Mit ihm entwickelten Brecht, Eisler und
ihre MitstreiterInnen eine neue demokratische Spielform. Brecht sieht im Spiel des Lehrstücks
eine „Übung.“ Eisler formulierte: „Jeder Sänger muss sich des politischen Gehalts seines
Vortrags bewusst sein und ihn auch kritisieren können.“
„Im Stück muss es entschieden werden aber es ist nicht gesagt, dass es richtig entschieden ist,
also im Sinne Brechts, sondern das Ergebnis ist es, was zur Diskussion gestellt werden soll.
Das ist ja der Ansatz des Lehrstücks,“ formuliert Peter Villwock über den Manuskripten
Brechts im Bertolt Brecht Archiv. So initiiert und strukturiert das Lehrstück einen Klavierauszug: Die Maßnahme, Lehrstück von Bertolt Brecht und Hanns Eisler, Fassung 1931, S.2 ©Schott Universal Music
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Auseinandersetzungsprozess in Bewegung für eine Vielzahl von Akteuren. Ziel ist die Bildung
politischer Urteilskraft, sozialer Handlungsfähigkeit und sozialer Phantasie. Als Form der
Auseinandersetzung für eine Vielzahl von Akteuren ist das Lehrstück in Vergessenheit geraten.
Zugrunde liegt die Fassung von „Die Maßnahme“ aus dem Jahr 1931.
„Vielleicht ist heute auch wieder so eine Situation wie 1930 als Brecht das Stück geschrieben
hat,“ sagt Peter Villwock, “man weiß, die Verhältnisse können so nicht bleiben und zwar
nirgendwo auf der Welt. Die eine Richtung geht zum Nationalismus und Faschismus, die
andere in Richtung des globalisierten Kapitalismus und beides ist nicht zukunftsfähig, das weiß
man, aber was man tun kann, weiß man nicht. Bisher gibt es die schönen Seelen, die
einfach einen grundsätzlichen Pazifismus verlangen oder es gibt die Agitatoren, die einfach zur
Waffe greifen und die anderen niederknallen und es gibt Idealisten die versuchen mit
friedlichen Mitteln etwas zu bewirken. Was aber da jetzt sinnvoll ist, das weiß man nicht. Wir
sind in einer ähnlichen Situation wie damals. Brecht war vielleicht sogar ein Stück weiter, er
hatte eine Theorie, von der er dachte, sie sei richtig. Wir haben Theorien, Betrachtungsweisen,
aber wie und worauf das hinauslaufen soll, wissen wir nicht. Man weiß eigentlich nur, so wie
es ist, kann es nicht bleiben. Ob die Situation, in der wir sind in absehbarer Zeit akut
weltrevolutionär wird oder ob es noch ein paar Jahre oder Jahrzehnte so weiter trudelt, weiß
man nicht. Die Fragestellung ist jedenfalls brisant, auch für uns jetzt.“
Indem die Fragen des Meisterwerks in die Gegenwart geholt und an die Gegenwart gestellt
werden, wird das Lehrstück zum Dispositiv. Durch den Schwerpunkt auf der Frage nach der
gegenseitigen Verantwortung von Subjekt und Gesellschaft für einander rücken weitere
einfache Begriffe in den Fokus: Ich und Wir, Singularität, Vielfalt, Armut, Gerechtigkeit,
Wiederstand, Selbstbewusstsein, Einverständnis, Solidarität, Verantwortung, Frieden,
Unterdrückung, Zivilcourage, Gemeinschaft, Gemeingut, Dialektik, Kritik.
Das Projekt „Die Maßnahme“ löst strittige Fragen nicht in Lehren, sondern stellt sie in ihrer
Strittigkeit in den Raum. „Ändere die Welt, sie braucht es,“ gehört zu den bekanntesten Liedern
aus „Die Maßnahme“. Voraussetzung dafür ist es gemeinsam „nach einer besseren
Möglichkeit“ zu fragen.
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3. Die Maßnahme: Neue Allianzen Gegen Ende der 1920-er Jahre verließen Brecht, Eisler und ihre MitstreiterInnen den
geschlossenen Theater- und Musikbetrieb um außerhalb eingetretener Pfade nach neuen
Formen zu suchen. In dieser Zeit entstand die Form des Lehrstücks. Ihr Experiment- und
Übungscharakter erstreckt sich neben Probe und Aufführung auch auf die Suche nach neuen
soziopolitischen und ökonomischen Wegen und Wirksamkeiten für das Medium. „Die
Maßnahme“ ist die erste Zusammenarbeit Brechts und Eislers. Da heute die Arbeit mit dem
Lehrstück in seiner originalen Besetzung und Form keine Praxis vorfindet, müssen Wege des
Umgangs mit dieser Sonderform des Musik-Theaters neu erschlossen werden. Wer sind die
Stimmen von „Die Maßnahme“ heute? Eine substanzielle Auseinandersetzung mit dem
Meisterwerk verlangt nach neuen Allianzen.
4. Die Maßnahme: Initiative „Die Maßnahme“
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Musikalische Leitung: Marcus Crome (Berlin)
Szenische Leitung: Fabiane Kemmann (Berlin)
Künstlerische Begleitung: Barbara Nicolier (Paris)
Produktionsleitung: Fabiane Kemmann mit Katharina Husemann (Berlin)
2Philharmonie Berlin, 13.12.1930. Die Maßnahme. Text: Bertolt Brecht. Musik: Hanns Eisler. Inszenierung: Slatan Dudow. Berliner Arbeitersängerchor: Berliner Schuber-tChor, Gemischter Chor Groß-Berlin, Gemischter Chor Fichte. Dirigent: Karl Rankl. Einstudierung: Ernst Hermann Meyer, Karl Vollmer. Hauptsolist: A. M. Topitz. DarstellerInnen: Helene Weigel, Ernst Busch, Alexander Granach.
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5. Die Maßnahme: Besetzung
5a. Die Maßnahme: Dreihundert SängerInnen „Die Maßnahme“ gehört zu den bedeutendsten Kompositionen Hanns Eislers. Die Partitur
evoziert Elemente der klassischen und geistlichen Musik wie die Passionsoratorien Johann
Sebastian Bachs, sie enthält Anklänge an Händels Oratorium Israel in Ägypten, sie zitiert
Varieté-Musik der 20-er Jahre und Elemente des klassischen Jazz. Die Verwendung von
Eingangschor, Arien, Rezitativen, kanonischen und homophonen Chorsätzen ist im Vergleich
zu anderen Lehrstücken einmalig.
Eisler und Brecht komponierten und texteten das
Meisterwerk im Hinblick darauf, ein Stück zu
schreiben „für diejenigen, für welche es bestimmt ist,
und die alleine eine Verwendung dafür haben: von
Arbeiterchören, Laienspielgruppen, Schülerchören und
Schülerorchestern, also von solchen, die weder für
Kunst bezahlen, noch für Kunst bezahlt werden,
sondern Kunst machen wollen.“ In der Uraufführung
sangen drei Berliner Arbeiterchöre zum Teil mit
ungeschulten Stimmen und ohne Kenntnis von Notenschrift. Sie waren bis spät in die Nacht
beschäftigt, da die Mitglieder tags zum Teil arbeiteten. Die Uraufführung fand um Mitternacht
vom 13./14. Dezember 1930 in der ehemaligen Berliner Philharmonie in der Bernburger Straße
statt.
Die ArbeitersängerInnen-Bewegung zählte vor 1933 eine halbe Million SängerInnen. Nach
1945 gehörte sie zur zerstörten Vielfalt Berlins. Mit 300 SängerInnen wird das Projekt den
Aufführungen der ArbeitersängerInnen-Bewegung von 1930 zum ersten Mal wieder zumindest
nahe kommen.
Der „Gemischte Chor“ in „Die Maßnahme“ steht wie die DarstellerInnen im Spannungsfeld der
Auseinandersetzung mit den Fragen des Stücks. Er diskutiert, kommentiert, streitet sogar mit
Philharmonie Berlin, 13.12.1930. Die Maßnahme. Text: Bertolt Brecht. Musik: Hanns Eisler. Inszenierung: Slatan Dudow. Berliner Arbeitersängerchor: Berliner Schubert-Chor, Gemischter Chor Groß-Berlin, Gemischter Chor Fichte. Dirigent: Karl Rankl. Einstudierung: Ernst Hermann Meyer, Karl Vollmer.
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den DarstellerInnen und wendet sich auch an die Zuschauer. Der Chor nimmt verschiedene
gesellschaftliche Rollen ein, er singt aus der Perspektive der ausgebeuteten Reiskahnschlepper,
des Parteigerichts, der streikenden Arbeiter oder der „vier Agitatoren“.
Die Chöre erarbeiten die Partitur mit Ihren ChorleiterInnen an ihrem jeweiligen Probenort
unabhängig von einander. Auf diese Weise finden die Proben an verschiedenen öffentlichen
Orten Berlins teilweise gleichzeitig statt und es entsteht ein bewegliches Netzwerk. Im neu
gegründeten Projektchor der sozialen Einrichtung „Brückeladen“ der GEBEWO-sozialen
Dienste Berlin gGmbH werden sozial Benachteiligte und erfahrenere Laien-SängerInnen neben
der Chorleitung von qualifizierten SozialarbeiterInnen begleitet.
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5b. Die Maßnahme: Der „junge Genosse“ Es existiert ein Bericht von Fritz Sternberg, nach dem Bertolt Brecht dem „Blutmai“ am 1. Mai
1929 aus einem Fenster im Berliner Wedding zusah. Da die innenpolitische Lage aufgeheizt
war, kam es trotz Demonstrationsverbots in den Straßen zu Kundgebungen und Unruhen. Dabei
wurden viele Demonstranten und Passanten durch die Polizei getötet. Dem Bericht zufolge
erbleichte Brecht und sank auf einem Stuhl zusammen. Einige Zeit später finden sich in seinem
Notizbuch Aufzeichnungen, aus denen sich „Die Maßnahme“ entwickelte.
1. Manuskript BBA 448/96 Bertolt Brecht 1929; Manuskript BBA 448/96 Bertolt Brecht 1929 / 2. Transkription Dr. Peter Villwock ©Akademie der Künste Bertolt-Brecht-Archiv / 3. Bulgarien © Humanite.fr (Bildquelle auf Nachfrage)
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Der „junge Genosse“ reagiert spontan auf Elend, Ungerechtigkeit, Unterdrückung, lässt sich
von Mitgefühl leiten, empört sich, begehrt auf und ist nicht in der Lage rein taktisch
vorzugehen. In einer entscheidenden Extremsituation handelt er ohne sich mit den „vier
Agitatoren“ abzustimmen. Zuletzt stimmt er ihnen darin zu, dass er die gemeinsame Arbeit
gefährde. Er gibt sein Einverständnis dafür – der Punkt wurde durch Brecht in den
verschiedenen Fassungen von „Die Maßnahme“ mehrmals umgearbeitet – durch sie erschossen
und in eine Kalkgrube geworfen zu werden.
Die möglichen Lesarten dieser Theatervorgänge und die daraus zu ziehende
Schlussfolgerungen waren zur Zeit der ersten Aufführungen von „Die Maßnahme“ umstritten
und sie sind es bis heute.
Die Figur des „jungen Genossen“ wird teilweise mit einer professionellen Sopranistin besetzt.
Sie verfügt über Erfahrung als Darstellerin und ist in der Lage sich in herausragender Weise
sprechend und singend als Teil der Vielfalt des „Gemischten Chors“ und in singulärer Initiative
Gehör zu verschaffen. Darüber hinaus wird die Figur des „jungen Genossen“ teilweise von drei
professionellen DarstellerInnen und Laien übernommen und unterstützt.
5c. Die Maßnahme: Vier AgitatorInnen
Die „vier Agitatoren“ berichten die Ereignisse um den „jungen Genossen“ vor dem
„Gemischten Chor“ und den Anwesenden im Rückblick - aus einer Zukunft, der Brecht und
Eisler 1930 hoffnungsvoll entgegensahen, die sie sich vorstellten und die sie nicht kannten.
Für die Proben der DarstellerInnen sind die SchauspielerInnen Hermann Beyer, Roch
Leibovizi und Almut Zilcher angefragt. Hinzu kommen bis zu 27 Laien-DarstellerInnen. Unter
den Mitwirkenden sind SchülerInnen der 6.-9. Klassen der Freien Waldorfschule Berlin Mitte
und die Obdachlosentheatergruppe RATTEN 07.
Vor der Aufführung finden gemeinsame Proben für professionelle DarstellerInnen und Laien-
DarstellerInnen statt.
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In der Uraufführung von „Die Maßnahme“ 1930 übernahm der junge Slatan Dodow die
szenische Leitung. In Anlehnung an die historische Präfiguration übernimmt Fabiane
Kemmann die szenische Leitung und Barbara Nicolier begleitet diesen Prozess.
5d. Die Maßnahme: Zehn MusikerInnen Das Orchester von „Die Maßnahme“ setzt sich aus drei Trompeten, zwei Hörnern, zwei
Posaunen, Klavier und Schlagwerk - zwei Paar Pauken, großer Trommel, kleiner Trommel,
Rührtrommel und Tamtam - zusammen. Ein großer Teil der MusikerInnen hat die Partitur in
einer Theaterbetrieb-internen Inszenierung von „Die Maßnahme“ in der Volksbühne 2008
vierzig Mal gespielt.
6. Die Maßnahme: Ästhetik „Aufführungen von „Die Maßnahme“ in der originalen Besetzung sind nötig, weil nur in ihnen,
in der Einheit von Bühne, Schauspiel und Musik, das komplexe Kunstwerk erkennbar
Klavierauszug: Die Maßnahme, Lehrstück von Bertolt Brecht und Hanns Eisler, Fassung 1931, S. 84 © Schott Universal
DarstellerInnen
Margarita Breitkreitz, Bernd Grawert Ole Lagerpusch, Matthias Rheinheimer
Sopran: Winnie Böwe
LaiendarstellerInnen: RATTEN 07, ChoristInnen.
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wird.“ (Vgl. Geleitwort BBA, S.1) Die heutige Aufführung
von „Die Maßnahme“ orientiert sich am Modell der
Uraufführung von 1930 - das in die Gegenwart geholt wird.
So ist das Projekt „Die Maßnahme“ Modell für die
Wiederaneignung des Lehrstücks in seiner originalen Form,
einer seit 1933-1945 zur „zerstörten Vielfalt“ zählenden
Sonderform des Theaters. Die Aufführung wird ästhetisch arm
gehalten, Rollen werden teilweise von Fragment zu Fragment, von Kapitel zu Kapitel
gewechselt. Vor allem die Sopranistin wird auf Grund ihrer stimmlichen und darstellerischen
Voraussetzungen in der Lage sein, eine singuläre Spur im Raum zu hinterlassen. Sie und die
anderen AkteurInnen zeichnen die flüchtige Spur der Aufzeichnungen Brechts durch die Zeit.
Die Freifläche in der Mitte des Kammermusiksaals der Philharmonie Berlin ist das
darstellerische Zentrum, das Orchester spielt dort, die Chöre singen ebenda und im Saal.
Sparsame Mittel des Kostüm- und Bühnenbilds, wie ein Podest zur Verstärkung der
Spielfläche und Masken, können zum Einsatz
kommen. Eine einfache Saalbeleuchtung ist
verabredet. Sprache, Rollen und Musik werden nicht
als Mittel zur Festschreibung von Figuren eingesetzt
sondern zur Erforschung und Konturierung der Frage
nach einer „besseren Möglichkeit“.
Philharmonie Berlin, 13.12.1930. Die Maßnahme. Text: Bertolt Brecht. Musik: Hanns Eisler. Inszenierung: Slatan Dudow. Berliner Arbeitersängerchor: Berliner Schubert-Chor, Gemischter Chor Groß-Berlin, Gemischter Chor Fichte. Dirigent: Karl Rankl. Einstudierung: Ernst Hermann Meyer, Karl Vollmer.
Schulaula Weinmeistersstraße, 14.06.2014. Die Maßnahme. Text: Bertolt Brecht. Musik: Hanns Eisler. Prototyp. Skizze: Barbara Nicolier. Musikalische Leitung: Marcus Crome. Mitarbeit: Fabiane Kemmann, Franziska K. Huhn.
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7. Die Maßnahme: Zeitplan
7a. Die Maßnahme: Kraft der Stimmen im Prozess
Seit Januar 2016 haben die Berliner Chöre die Partitur mit ihrer Chorleitung an ihrem eigenen
Probenort selbstständig und unabhängig von einander einstudiert. Dabei stehen die
Mitwirkenden der Initiative „Die Maßnahme“ und MitarbeiterInnen als AnsprechpartnerInnen
zur Verfügung. Im Januar und Februar fanden Treffen aller
ChorleiterInnen mit der Initiative „Die Maßnahme“ und
MitarbeiterInnen statt. Interessierten SängerInnen und
TeilnehmerInnen aus sozialen Einrichtungen stehen
vornehmlich zwei „Die Maßnahme“-Projektchöre offen: der
neu gegründete Chor des DEGEWO-Brückeladens
Schöneweide (DEGEWO-Brückeladen-Chor) und der 2014
gegründete Die Maßnahme-Projektchor, der ursprünglich aus
SängerInnen des Chors der werktätigen Volksbühne und
SängerInnen des Prototyps von „Die Maßnahme“ besteht.
Interessierte SängerInnen können sich darüber hinaus auf die mitwirkenden Chöre verteilen.
Die Parallelität der Proben und die Vielfalt der öffentlichen Räume an welchen sie stattfinden,
ist einer von mehreren Wegen im Prozess der Erarbeitung von „Die Maßnahme“ mit
öffentlichen Ressourcen zu experimentieren. Parallel zu den Proben der Chöre haben die
Mitglieder der Initiative „Die Maßnahme“ das Konzept verfeinert und die Vorstellung
vorbereitet. Für die Darstellerinnen und Darsteller findet vor der Aufführung eine konzentrierte
Proben-Phase statt. Die Proben des Orchesters finden in der Hochschule für Musik Hanns
Eisler Berlin unter der Leitung der Hochschule statt.
7b Die Maßnahme: Konfrontation Kurz vor der Aufführung kommen die Mitwirkenden zusammen: Am 19.03.2016 und
02./03.04.2016 treffen die verschiedenen Berliner Chöre im Foyer des Russischen Hauses der
Kultur und Wissenschaft um 10 Uhr aufeinander. In der zweiten Hauptprobe (HP2) kommen
die DarstellerInnen hinzu. In Generalprobe (GP) am 08.04.2016 treffen der große Gemischte
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Chor, das Orchester, DarstellerInnen und Solistin im Kammermusiksaal der Philharmonie
Berlin aufeinander.
So werden die Voraussetzungen für die einmalige, authentische Konfrontation aller Beteiligten
– des Gemischten Chores, des Orchesters, der DarstellerInnen, der Sopranistin und des
Publikums - mit den durch „Die Maßnahme“ aufgeworfenen Themen und Fragen in der
Aufführung am Abend des 08.04.2016 im Kammermusiksaal der Philharmonie geschaffen.
7c. Die Maßnahme: Aufführung Die Uraufführung von „Die Maßnahme“ fand um Mitternacht am 13./14. Dezember 1930 in
der ehemaligen Berliner Philharmonie in der Bernburger Straße statt. In Anlehnung an den Ort
der Uraufführung ist die Premiere vorbehaltlich am 8. April 2016 im Kammermusiksaal der
Philharmonie Berlin angesetzt.
8. Die Maßnahme: Inhaltliche Begleitung
Die inhaltliche Begleitung des Probenprozesses und der Aufführung von „Die
Maßnahme“ findet auf drei Ebenen statt:
In Kooperation mit der Rosa Luxemburg Stiftung, der Universität Leipzig und mit dem Brecht-,
Friedens- und Konfliktforscher Dr. Reiner Steinweg.3
1. Ausgehend von einem Experiment des „Grundchors“, welches „’Die Maßnahme’ als
Instrument politischer Bildung für Einheimische und Flüchtlinge“ heißen wird, wird die
Rosa Luxemburg Stiftung das Projekt inhaltlich begleiten. Dabei wird Wert auf das von
der Bundeszentrale für politische Bildung formulierte Kontroversitätsgebot gelegt.
2. „Die Maßnahme“ wird von Studierenden – voraussichtlich von der Universität Leipzig
unter der Leitung von Professor Heeg - inhaltlich begleitet. Barbara Nicolier und
3https://de.wikipedia.org/wiki/Reiner_Steinweg und http://www.friedenspaedagogik.de/archiv/publikationen_mit_beschreibung_2010/ein_leben_gegen_gewalt_reiner_steinweg_ueber_seinen_weg_zur_friedensforschung_dvd
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Fabiane Kemmann werden einen für Flüchtlinge und ehemalige Obdachlose offenen,
praktischen und theoretischen Workshop an der Universität geben, Studierende werden
sich an der Projektdokumentation beteiligen und eine Ausstellung zur „vergessenen
Opfergruppe“ der vernichteten Arbeiter(sängerInnen)-Bewegung vorbereiten, welche
die Aufführung von „Die Maßnahme“ am 8. April begleiten wird.
3. Der Brecht- und Friedensforscher Reiner Steinweg wird als eventuell auch während der
Aufführung Fragen stellender Laien-Darsteller in die Aufführung und so auch in den
Probenprozess der DarstellerInnen eingebunden. Er hat aus intensiver Forschung zum
Lehrstück als Sonderform des Theaters eine Methode zur Gewaltprävention entwickelt,
zahlreiche Publikationen dazu herausgegeben und ist der verdienteste Forscher speziell
zu „Die Maßnahme“. Im Anschluss an die Aufführung findet ein zweitätiger
Lehrstückkurs statt.
Die Förderung der inhaltlichen Begleitung ist bei der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und
Zukunft“ im Förderprogramm zur Erinnerung an NS-Zwangsarbeit und vergessene Opfer, beim
Bezirkskulturamt Mitte und bei der Landeszentrale für politische Bildung beantragt.
9. Die Maßnahme: Prototyp 14. Juni 2014
Am 14. Juni 2014 wurde am historischen
Originalschauplatz der „großen Diskussion“ nach der
Uraufführung 1930 ein Prototyp des Projekts „Die
Maßnahme“ aufgeführt. SchülerInnen der 6.-9.
Klassen der Freien Waldorfschule Berlin Mitte
übernahmen die Sprechrollen. Es sangen SängerInnen
des Chors der werktätigen Volksbühne und
SängerInnen in singulärer Initiative aus
sechsverschiedenen Berliner Chören. Die Lesung mit
Klavier und Chor wurde öffentlich gefördert von der Stiftung Pfefferwerk e.V. Eine
Aufzeichnung als DVD liegt vor.
Abb.: Welt am Abend, 15.12.1930 (BBA Theaterdokumentation 2141) ©Akademie der Künste Berlin, Bertolt-Brecht-Archiv
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9b.DieMaßnahme:Multi-Chor-Prototyp11.November2015
Auf dem Pariser Platz experimentierten am 11. November 2015 im Rahmen der von der
Bundesarbeitsgemeinschaf Wohnungslosenhilfe veranstalteten Kundgebung „Solidarität statt
Konkurrenz - entschlossen handeln gegen Wohnungslosigkeit und Armut“ vier Chöre mit der
Möglichkeit spontan zusammen zu kommen: der GEBEWO-Brückeladen-Chor, der „Die
Maßnahme“-Grundchor, der Hard Chor ELLA und der Politchor. Hinzu kamen
TeilnehmerInnen der größten Fachtagung in der Geschichte des Bundesarbeitsgemeinschaft
Wohnungslosenhilfe unter dem Motto „Solidarität statt Konkurrenz – entschlossen Handeln
gegen Wohnungslosigkeit
und Armut“ und
Darstellerinnen der
Obdachlosentheatergruppe
RATTEN 07. Gemeinsam
setzten sie singend und
spielend ein Zeichen gegen
Armut, Wohnungslosigkeit
und jede Art der
Diskriminierung. Die
enorme menschliche
Vielfalt der Chöre und die
Spontaneität ihres
Zusammenkommens nach nur wenigen unabhängig organisierten Probenwochen wurden zum
Ausdruck von sozialer Fantasie und gelungener Integration. Im Mittelpunkt standen Text und
Musik aus „Kapitel V: Was ist eigentlich ein Mensch?“ Der unabhängige Chor-Prototyp war
gefördert aus Mitteln des Bezirksamts Mitte von Berlin, der Bundesarbeitsgemeinschaft
Wohnungslosenhilfe, des diakonischen Werks und der GEBEWO – soziale Dienste - Berlin
gGmbH.
Die Maßnahme, Kap. V Was ist eigentlich ein Mensch, Pariser Platz, 11.11.2015, Foto: Hilmar Franz
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10. Die Maßnahme: Schluss
10a. Die Maßnahme: Soziale Fantasie und Fortschritt
„Die Maßnahme“ ist – ähnlich der Meisterwerke etwa eines Aischylos oder Shakespeare – ein
Stück aus einer anderen Epoche, das nach einer zeitgemäßen Lesart und Herangehensweise
verlangt. Das Anliegen Bertolt Brechts, „wissenschaftlich einen Skandal zu organisieren“4
damit die „große Diskussion“ über gesellschaftliche Verhältnisse in Gang gesetzt wird, wurde
mit „Die Maßnahme“ in beeindruckender Weise verwirklicht.
Auch heute markiert das Meisterwerk wesentliche und hochaktuelle Einflussfaktoren
gesellschaftlicher Prozesse. Über den Inhalt hinaus ist „Die Maßnahme“ durch Fragen, welche
die komplexe Besetzung des Lehrstücks an die Gesellschaft der Gegenwart stellt, gerade in
unserer heutigen Situation ein Instrument der Innovation, das unbekannte Möglichkeiten des
Erkenntnisgewinns birgt.
Im Rahmen der Realisation des Projekts wird kulturelle Diskriminierung praktisch
durchbrochen und mit den Möglichkeiten von kreativer Nutzung öffentlicher Ressourcen
experimentiert. Indem das aufwendige Aufführungskonzept von 1930 in die Gegenwart geholt
wird, wird das komplexe Kunstwerk wieder erkennbar und Bertolt Brechts „Große
Diskussion“ wird aufgegriffen, neu initiiert und weitergeführt.5
Symbolisiert wird diese Verbindung durch die historischen Originalschauplätze des Projekts
„Die Maßnahme“6
Das Projekt ist prädestiniert dafür zum Modell der Wiederaneignung des Lehrstücks als
Instrument eines ganzheitlichen Auseinandersetzungsprozesses für eine Vielzahl von Akteuren
zu werden – zum Instrument der Auseinandersetzung mit individuellen und kollektiven
Handlungsmöglichkeiten, der Gesellschaftsanalyse, der sozialen Fantasie und des Fortschritts.
Gleichzeitig ist "Die Maßnahme" dazu konzipiert Modell für die Wiederverankerung der in
Deutschland kurz vor der Regression in den Nationalsozialismus gesamtgesellschaftlich
geführten Auseinandersetzung um gesellschaftliche und demokratische Werte im heutigen
öffentlichen Bewusstsein zu sein.
4BertoltBrecht5Vgl.ErdmutWizisla,GeleitwortBertoltBrechtArchivderAkademiederKünste,S.36Vgl. S. 21
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Die singulären Stimmen, welche „Die Maßnahme“ einstudieren, werden im Probenprozess in
kritischer und absehbar kontroverser Auseinandersetzung mit den Fragen von „Die Maßnahme7
aus ihrer Singularität heraus zu einem in Vielfalt/Vielstimmigkeit konzentrierten Klangkörper
vereint. Der gemischte Chor wird gegen Ende des Probenprozesses und in der Aufführung
durch DarstellerInnen und Solistin immer wieder mit singulären Stimmen konfrontiert. Am
Abend der Aufführung sind die Anwesenden in der Auseinandersetzung mit den Fragen von
„Die Maßnahme“ zur selbstständigen kritischen Auseinandersetzung und zu einem starken
gemeinsamen Erlebnis vereint.
In Anlehnung an Brecht und Eisler wird es wie 1930 zunächst eine Aufführung geben. Die
Intensivierung der Kooperation mit europäischen Partnern ist anvisiert, auch um eventuell in
einer Wiederaufführung die Fragen von „Die Maßnahme“ auf diese weitere Ebene zu bringen.
Inhalt und Form sind dazu angelegt, die Beteiligten miteinander agieren, sie miteinander nach
Heute fragen, sie Heute erkennen, Heute verändern und totalitären und diskriminierenden
Tendenzen jeder Art entgegentreten zu lassen.
7 Vgl. S.9
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