Die Molekülgröße der „Hendekamethylcellotriose” und ihre Bedeutung für die Konstitution der...

Preview:

Citation preview

77

Die MolektilgraBe der ,,Hendekamethylcellotriose" und ihre Bedeutung filr die Konstitution

der Cellulose. ') [Osmometrische Untersuchungen an verdunnten Losungen

polymerer Kohlenhydrate, II. "1; von Kwt Iless und Max Ulmann.

&fit 7 Figuren im Text.

[Aus dem Kaiser-Wilhelm-Institut fur Chemie.]

(Eingelaufen am 30. Juli 1932.)

A. Ein le i tung . Die zur Begrundung der Hauptvalenzkettenhypo these

fur Cellulose herangezogenen Versuche haben in den letzten Jahren nicht unerheblich an Beweiskraft eingebiiflt. So konnten bei der systematischen Anwendung der Rontgen- methode auf Cellulosederivate wichtige Folgerungen aus der rontgenographischen Strukturbestimmung an Cellulose und Hydratcellulose nicht bestatigt werden. Auf dem Ge- biete der Viscositatsmessungen verlor die von S taud inge r4 ) aufgestellte Regel iiber eine Beziehung zwischen Viscositat and Molekulargewicht durch Beschrankung6) auf immer

1) 46. Mitteilungiiber Cellulose; 45. Mitteilung F. Klages , A. 49i, 234 (1932).

I. Mitteilung M. Ulmann, Bio. Z. im Druek. s, Man vgl. dazu K. Hess u. C. T rogus , Mitteilungenin Ph.Ch. (B)

(1929-1932). Hinzukommt, daB heute gegeniiber rhtgenographiechen Strukturbestimmungen selbst bei einfachsten organischen Substanzen Zuriickbaltung geiibt wird (vgl. P. P. Ewald u. C. Hermann, Struk- turbericht 1913- 1928, Ergiinzungsband 1931).

4, Die hochmolekularen organischen Verbindungen Kautschuk und Cellulose, 1932.

5, K. H e s s , C. T rogus , L. Akim u. I. Sakurada , B. 64, 421, 425 (1931); I. Sakurada , B. 63, 2034 (1930); I. S a k u r a d a u. K. Hess , B. 64, 1174 (1931): K. Hess u. I. Sakurada , B. 64, 1183 (1931); R.Eisenachi tz u. B. Rab inowi t seh , B. 64, 2522 (1931); K. Hess u. B. Rabinowi tsch , B. 6b, im Druck.

78 H e s s und U l m a n n ,

kleinere MeBbereiche stark an Wert. Auch die fur eine Entscheidung der Cellulose-Konstitution herangezogenen Versuche uber die Kinetik der Polysaccharid-Hydrolyse sind von einer nicht unbedenklichen Mehrdeutigkeit-I) SchlieB- lich sei auf die gro5e Unsicherheit hingewiesen, der die Be- stimmungen der Endgruppen die Messungen der Diffusion und die Messungen des osmotischen Druckes unter Ver- wendung semipermeabler Membranen ausgesetzt sind.

Gegenuber diesem stark umstrittenen Versuchsmaterial kommt den Oligosacchariden fur die Konstitutionsfrage der Cellulose erhohte Bedeutung zu. Iliese bei der Hydrolyse und bei der Acetolyse der Cellulose entstehenden Abbau- produkte werden als hohere Polymerhomologe der Cellobiose aufgefabt. Trifft diese Auffassung zu, so konnen sie in der Ta t als ein sehr beachtenswertes Argument fur einen haupt- valenzkettenma5igen Aufbau der Cellulose herangezogen werden.

Zu ihnen gehiirt in erster Linie die unlangst von K. F r e u d e n b e r g 2, durch Acetolyse und nachfolgende Methylierung erhaltene Hendeka-methylcellotriose, der spater auch F. K l a g e s 3, bei der Untersuchung wasserloslicher Cellulosedextrine in unserem Laboratorium begegnet ist und die bei den guten Ausbeuten des Klagesschen Verfahrens in beliebig groSen Quantitaten zur Verfugung steht.

Die Auffassung der Konstitution der Hendeknmethyl- cellotriose als Trisaccharid der angegebenen Art stutzt sich auf den Methoxylgehalt der Substanz, der genau dem einer vollstandig methylierten Triose entspricht, ferner auf eine Mo1.-Gew.-Best. in Campher, die zu einer fur Hendeka-methyl- cellotriose sprechenden MolekulgroSe gefiihrt hat und schlieBlich auf die Synthese') der Substanz, die von F r e u d e n - ____-

1) Vgl. hierzu F. Klages , B. 65, 302 (1932); Ph. Ch. (A) 159, 357 (1932); K. Freudenberg u. W. Kuhn, B. 65, 484 (1932); W. Kuhn, Ph. Ch. (A) 159, 367 (1932).

2) B. 63,'1965 (1930); Naturw. 18, 1114 (1930); A. 494, 41 (1932); vgl. dazu auch W. N. Haworth, E. L. Hirst u. H. A. Thomas, Soc. 1931, 824.

3, A. 497, 234 (1932). 4, A. 494, 63 (1932).

Uie Molekiilgroj3e der ,,Hendekamethylcellotriose" usw. 79

b e r g und N a g a i auf einem allerdings uniibersichtlichen Wege durchgefiihrt worden ist.

Bei der uberragenden Bedeutung, die der Konstitution dieser Substanz fur die Konstitution der Cellulose zu- geschrieben wird, schien es wunschenswert, einwandfreie Mo1.-Qew.-Best. an ihr auszufuhren. Bekanntlich hat man auf diesem Gebiete, die Brauchbarkeit der Kryoskopie und Ebullioskopie stark angezweifelt. Urn so notwendiger er- schien es, an der in Frage stehenden Substanz Mo1.-Gew.- Best. mit Hilfe einer Methode durchzufiihren, bei der neben einer wesentlich gesteigerten Mefigenauigkeit auch eine grundsatzliche Erweiterung des Mefibereiches in bezug auf Konzentration, Temperatur und Zeitdauer der Beobachtungen gewlihrleistet ist. Dabei sollten moglichst die Fehlerquellen ausgeschlossen sein, die berechtigt oder unberechtigt gegen die Zulassigkeit der bisherigen Mol.-Gew.-Best. auf diesem Gebiet angefuhrt worden sind. I)

Diese Forderungen erfullt eine auf dem Prinzip der isothermen Destillation beruhende Methode zur Bestimmung von osmotischen Drucken, die von M. Ulm annZ) in Weiter- entwicklung einer Versuchsanordnung von J. C. W. F r a z e r und W. A. P a t r i c k 3 ) ausgearbeitet, worden ist, und die gegenwartig die empfindlichste und zuverlassigste Methode zur Bestimmung von Molekiilgr6Den in Losung sein durfte. Sie gestattet es, die Konzentration weit unter die Grenze herabzusetzen, die bei den klassischen Methoden der Kryo- skopie rind Ebullioskopie noch zulassig ist. Die Leistungs- fahigkeit der Methode ist bei bekannten Kohlenhydraten erprobt und hat bereits bei der Schard ingerschen u-Amy- lose zur Aufdeckung eines wichtigen Einflusses der Wasser- stoffionenkonzentration auf die MolekulgriiBe in waBriger Losung gefiihrt.3

I ) Literatur bei K. Hess, B. 63, 519 (1930); vgl. dam besonders E. Gar the u. I(. Hess , B. 61, 882 (1931.

9, Ph. Ch. (A) 166, 419 (1931). 3, Ph. Ch. (A) 130, 691 (1921); weitere Literaturangaben bei

4, M. Ulmann, Bio. Z. im Druck. M. Ulmann, a. a. 0.

80 H e s s und U l m a n n ,

]Die Untersuchung der Hendekamethyl-cellotriose nach dieser osmometrischen Ivfethode hat fur die Konstitution der Substanz zu einem vollstLndig anderen Ergebnia gefuhrt, als nach ihrer bisherigen Untersuchnng erwartet werden muSte. Die Hendekamethyl-cellotriose wird in waBriger Lbsung reversibel stufenweise bis zu Molekiilen von der GroBe einer Hexose gespalten, wobei die Umwandlung von C,, zu C,, + C,, sowie von C,, zu C, 3. C, durch einen autokatakinetischen Vorgang charakterisiert ist.

B. V e r s u c h s f ii h r u ng. 1. 7ersuchsanordnung.1)

In Fig. 1 ist der wichtigste Teil der Versuchsanordnung wieder- gegeben. Der Raum uber der LSsung ist hochevakuiert. Unter der porSsen Platte der im Innern des Destillationsgef aBes angeordneten

Jenenser Glasnutsche (3 G4) befindet sich das Lij-

W Fig. 1.

sungsmittel, das sich nach unten in eine Quecksilber- kapillare fortsetzt.2) Der hShere osmotische Druck der Losung bsw. ihre geringere Dampfspannung be- wirkt Destillation von der wassergetrankten Platte zur Liisung und damit Verschiebung des Queck- silbermeniskus (a) nach oben. Herrscht im System Gleichgewicht, d. h. destilliert keine Fliissigkeit van der Platte zur Losung, so bleibt die Lage des Queck- silbermeniskus unverandert. Die von der porijsen Platte getragene Quecksilbersaule (a-b) zuziiglich der auf Quecksilber umgerechneten Wassersaule unter- hrtlb der portisen Platte entspricht dem osmotischen Druck der Losung.

Wesentlich vorteilhafter ist es aber, den osmo- tischen Druck nicht bei Gleichgewicht des Systems, sondern aus der Destillationsgeschwindigkeit bei will- kurlich gewahltem Druck (verschiedene Einstellung der Hohe der Siiule a-b) und dem hierdurch ge- storten Gleichgewicht zu ermitteln.

Der grode Vorteil dieser Arbeitsweise geht aus fol- dem Beispiel hervor.

1) Einzelheiten vgl. M. U l m a n n , Ph. Ch. (A) 156. 419 (1931). 2) Die Anordnung zeichnet sich durch auflerordentliche Einfach-

heit aus. Da die Lijsung nur iiber die Dampfphase mit dem Lijsungs- mittel in Verbindung steht, sind irgendwelche Komplikationen, wie sie bei der Verwendung von halbdurchlassigen Mernbranen vorkommen kijnnen, ausgeschlossen.

Die MolekulgT6pe der ,,l~~ndekarnet~~ylcellotl.iose"' usw. 81

Mol C,,O,,H,,/L) von ,,Hendeka- methylcellotriose" (vgl. Tab. 1). I n Fig. 2 sind die Steighahen') des

0,3003-proc. Lijsung (= 4,56.

Dauer in Stunden

6 6

10 8 6

Fig. 2. Abhangigkeit der Ver- schiebung des Quecksilbermenis- kus von der Zeit, bei verschiedener Hohe der von der poriisen Platte

getragenen Quecksilbersiiule.

Steighijhe in mm

-I- 0,90 + 1475 + 1,20 + 0,78

- ____________--

+ 0,30

Fig.3. Destillationsgeschwindiglteit in Abhangigkeit von der Hijhe der von der porijsen Platte getragenen

Quecksilbersiiule.

Quecksilbermeniskus a bei verschiedener Hijhe (13,7, 25,s mm Hg usw.) der von der poriisen Platte getragenen QuecksilbersEiule in Abhangig- keit von der Zeit aufgetragen. Fig. 3 zeigt die Abhangigkeit der aus diesen Werten errechneten Destillationsgeschwindigkeit (mm Steighijhe: Zeit in Stdn.) von der Hiihe der getragenen QuecksilbersLule. Die Werte fur die Destillationsgeschwindigkeit liegen auf einer Geraden (11 in Fig. 3), deren Schnittpunkt mit der Abszisse der osmotische Druck der Lijsung ist.

Aus dem gefundenen Wert von 83,O mm Hg f u r den osmotischen Druck der Lijsung errechnet sich mit Hilfe der v a n ' t Hoffschen Glei- chung M = 22,41 (1 + 0,00367 t ) c/P (c = g Substanz im Liter, P = os- motischer Druck in Atm.) ein Mo1.-Gew. von 661,4, miihrend theoretisch f ur Hendekamethylcellotriose 658,4 gefordert wird.

Tabel le 1. Iielzdekarr~ethylcellotn'ose.

0,3003-proc. Loszmng, 20°, p~ = 4,4 [Punkt 2, li'i.q. 5).

Hijhe der ge- tragenen Hg-SBule

in mm bei O o

13,7 28,8 28,2 40,O 60,4

Destil1.-Geschw. in mm/Stunden

+0,150 +0,125 + 0,120 +0,097 4- 0,050

83,O = extrapolierter osmotischer Druck in mm Hg. = 0,1098 Atm. = MoLGew.: gef. 661,4 ber. 658,4.

1) Ablesung mit Hilfe einee Kathetometers, Ablesegenauigkeit f 0 , O l mm.

Annalen der Chemie. 498. Band. G

82 l l e s s und Ulmann,

Dauer in Stunden mln Hg bei O0

?4,9 7 29,2 12 50,l 6 84,O 7

Steigh6he Destil1.-Geschw. in mm in mm/Stunden

+0,42 + 0,060 -i- 0,60 + 0,050 f 0,oo f 0,000 -0,50 - 0,071

___-

mm Hg bei 0'

24,6 39,6

51,O 58,s 65,O 76,5 89,5

111,8 30,O

78,O

51,2 75,6 97,O

45,7

___ -

55,4

____

41,3 59,7 90,8

53,6 69,O 99,2

111,5 126,4

Dauer iu Stdn.

3 13 3

12 15

7 5

11 16 4 4

15

-_

5 4

12 2 6

14

6 4 7

12 13

0,3 -

Steighijhe in mm

+0,58 +1,90 +0,40 + 1,35 +1,30 +0,45 +0,1G +0,10 - 1,90

+ 0,76 -1- 0,49 f0190

~ ~~

0 Prdc., 200.

Destil1.- Geschw.

in mm/Std.

+0,193

-t 0,112 f0,087 +0,064 +0,032 -I- 0,009 - 0,07 5 + O , l Y O +0,122

+0,146 +0,13Y

- _ _ ~

+ 0,060

+0,170 f0 ,100 +0.043

+ 0,230 + O , t X O f0 ,093

+ 0,250 + 0,200 f0,111 4- 0,075 +0,031

a) c = 0,3220 o/io, PH = 4,O (Punkt 1, Fig. 5 ) , iiitra- polierter osmot. Druck P=87,0 mm Hg=0,1145 Atm. Mo1.-Gew. = 676,6

b) c = 0,4516 '/", PH = 4,5 (Puukt 22, Fig. 5), P= 100,O min, H y = 0,1316 Atm. Mo1.-Gew. = 826,5

P = 112,O = 0,1474 Atm.

d) (Entspricht Kurve l V i n Fig. 31, ~ = 0 , 7 7 6 ~ / ~ , pH= 4,1, P=123,0mm Hg= 0,1618 Atm. Mo1.- Gew.

e) c=1,003°/,, pH = 4,1, I'=137,0mmEIg=0,1803 Atm. Mo1.-Gew. = 1338,6

C) c =z 0,597'/,, PIX = 4,1,

ICloL-Gew. = 974,S __________

= 1163,4

Die .Molekiilgriipe der ,,Hendekamethylcellotriose(b usw. 83

Die Bestimmung des osmotischen Druckes einer Lijsung ist demnach bei dieser Arbeitsweise durch mehrere Reihen von Einzelbeobachtungen gesichert , deren Zuverlassigkeit durch ihre Anordnung auf einer Schar von Geraden gegeben ist. Einem Punkt der Geraden der Fig. 3 entspricht eine gauze Beobachtungsreihe der Fig. 2. Durch die Tatsache, daB alle Werte der beobachteten Destillationsgeschwindigkeit (Fig. 3) auf einer Geraden liegen, ist eine weitere Kontrolle der Messungen gegeben.

2. Messungsergebnisse. Abgrenznng dee van't Xoffschen Gebietes. -41s wich-

tigstes Ergebnis der Untersuchung stellen wir voran, daB die ,,Hendekamethylcellotriose" in wiiflriger Lasung osmo- tische Drucke aufweist, die entgegen der Auffassung ihrer Konstitution als Trisaccharid starke Abweichungen von dieser Molekiilgrobe zeigen. Nur in einem sehr engen Be- reich der Versuchsbedingungen beobachtet man das dieser Konstitution nach zn ermartende DiIol.-Gew. Insbesondere sind zuniichst in Abhangigkeit von der Konzentration fu r den osmotischen Druck 2 Gebiete zu unterscheiden. Bis zu Kon- zentrationen von etwa 0,3 Proc. (p, = 4,O; vgl. unten) reicht das van ' t Hoffsche Gebiet (P/c = R). Oberhalb 0,3Proc. nimmt der osmotische Druck langsamer zu als von der Theorie verlangt wird; e r bleibt noch starker zuriick, falls das pH der Liisung nach der alkalischen Seite hin verschoben wird.

Es ist daher nur bei Konzentrationen unterhalb 0,3 Proc. mijglich, mit Hilfe der van't Hoffschen Gleichung direkt das Mo1.-Gew. zu errechnen. Hierbei zeigt sich, da8 die gemessenen osmotischen Drucke molekularen Verteilungs- stufen entsprechen, die auf einen Zerfall des ,,Trisaccharides" in ,,L)isaccharid" und ,,Monosaccharid" sowie unter bestimmten Bedingungen ausschliefllich in Molekiile vom Umfang eines Monosaccharides hinweisen.

Besonders ubersichtlich treten diese Verhaltnisse in Fig.4 hervor. Die ausgezogenen Kurven I, I 1 und 111 ent- sprechen den theoretischen MoLGew. ( I fur Trisaccharid, 11 fiir ein mittleres Mo1.-Gew. einer Mischung aus Di-

G*

84 Iless und U l m a n n ,

saccharid und Monosaccharid 1 : 1, 111 f u r ein mittleres Mo1.-Gew. einer Mischung von 3(C,),. Auf den Geraden

Fig. 4. Osmotischer Druck wallriger LSsungen vou Hendekamethyl- cellotriose in Abhiingigkeit von der Koneentration (im Vergleich Bum

Verhalteu von Methylcellobiose).

liegen irn van ' t H o ffachen Gebiet in befriedigender Uber- einstimmung mit der Theorie die beobachteten Werte. Bei Konzeiitrationen oberhalb 0,3 Proc. (pa = 4) weichen die gefundenen Werte (Tab. 3.) von der Geraden I entsprechend den obigen Ausf iihrungen in einem mit der Konzentration zunehmendem Male ab.

Abhangigkeit der Molekiilgrofie von pH und Snbstanz- konzentration. In Fig. 5 sind die aus dem osrnotischen Druck berechneten MolekiilgroBen in Abhangigkeit yon pH nnd Substanzkonzentration wiedergegeben. Die untere punktierte Linie trennt angenahert den Existenzbereich der Monosen von dem der ,,Biose" (Mischung einer Biose und Monose 1 : 1). I)er oberen punktierten Linie entspricht der offenbar sehr kleine Existenzbereich der ,,Triose", welcher in das Nicht- van ' t Hoffsche Gebiet iiber geht.

3foleliiilgriips hei konstantem p,. Uerartige Versuche sind in bezug anf die Einstellung eines bestimmten pH1) irn

I) Die prr-Verschiebung wurde d u x h Zugabe vou Spuren HC1 oder NaOH durchgefiihrt. Die zugefiigten Mengen siud so gering, daB der osmotische Druck nicht meBbar beeinflult wird. Alle pH-Messungen erfolgten vorerst nur qualitativ mit dem Farbenindikator der FirmaMerck.

Die Molekiilgr$le der ,,Hendekamet?i~~cello~~iose" usw. 85

Gleichgewicht des L8sungszustandes vorlaufig noch etwas unsicher durchzufiihren, da das pH von der Konzentration der Snbstanz selbst abhangt und die GesetzmaBigkeit dieser Abhangigkeit noch iiicht bekannt ist.') Die im folgenden angefuhrten Beispiele entsprechen daher keinem im voraus

7

Fig. 5. MolekulgriiBe von Hendekamethylcellotriose in Wasser in Ab-

exakt bestimmten, sondern einem nur annahernd geschatzten, mehr oder weniger zufallig eingestellten Gleichgewichts-p,. Wie aus Fig.5 ersichtlich, kann bei einem und demselben pH die trimere Stufe, das Gemisch entsprechend monomerer und dimerer Stufe oder nur die monomere Stufe vorliegen. Nur

hiiugigkeit von pH und Substanzkoneentratiou.

l) Diesbezugliche Versuche sind in Vorbereitung.

86 H e s s und U l m a n n ,

Anderung der Substanzkonzentration kann fur diese ver- schiedenen Stufen mal3gebend sein.

Man vergleiche beispielsweise bei p, = 4,5 - 5,0, Punkt 2 , 5

MolekiilgrCbe bei konstaizter Substanzkonzentration. In gleicher Weise wie durch Anderung der Substanzkonzea- tration lassen sich auch durch h e r u n g des p, der Lijsung

Tabe l l e 4.

und 12 der Fig. 5 oder bei pH = 6,5 - 7, Punkt 3, 6 und 17.

iibergang dimere 3 monomere Stufe in 0,0987-proc. L6'sung durch Verschiebuwj des p, von 6,5 nach < 4,0, 20'.

0,36 1,22 0,42 0,34

0,120 a) pII = 6,5(Punkt8,Fig.5); 0,094 1' = 55,O mni Hg I 0,084 0,07237 A h . Mol. Gem. 0,057 = 328,l; ber. 389,2

(658,4 : 2)

Destil1.-

~ _ _ _ -

8,3

23,l 32,9

19,4

- 25,2

25,2 36,3 55,O 67,6

I

-

3 13 5 6

7 4

11 4 4 3

12

c

0,32

0,73 0,60 0,28 0,64

-

11,5 24,O 34,2 41,O

- 0,080? - 0,195 0,150

1 0,053 0,091

~

9 0,75 0,087 8 0,50 0,062

13 0,54 0,042 15 0,46 0,031

b)p,= < 4; nach der os- mometr. Uutersuchg. = 4,O (Punkt 13 Fig. 5); P= 83,O min Hg = 0,1092 Atm. Mol. Gem. = 217,4; ber. 219,5 (658,4: 3)

T a b e l l e 5. (Entspricht Kurve I in Fig. 3.)

Dimere Stufe der Hende?tumethylce/lotr~ose 0,0.960-proc. Liisuiay, 20O. Durch Verschiebtcng des p , = 4,O nach 8,9, Nuch der osmometr. Unter-

szrchung p H = 7,5 (Punkt 10, Fig. 5) - Dauer Steighahe Destil1.-Geschw.

mm Hg bei O' in Stunden in mm in mm/Stunden

Die MolekiilgrGpe der ,,Hendekameth~lce210tr~o~e1~ usto. 87

T a b e l l e 6. H~ndekamethylcellotriose 0,1974-proe. Losung, 20 O. Diireh Versehiebung

p , = 7,O (€'u,?t?ct 3, Fig. 5). des prr von 5,O nach 8,6. Naeh der osmornetr. Untersuclzung

Dauer Steighijhe Destil1.-Geschw. mm Hg bei O 0 in Stunden in mm in mm/Stundcn

- 16,2 30,O 31,s 39,7

- 6

5 0,33 0,066 17 1,07 0,063 12 i 0,48 0,040

4 0,100

__ 55,O = extrapolierter osmotiseher Druck in mm Hg.

0,07237 Atm. = Mol. Gew.: gef. 656,l bcr. 658,4

die verschiedenen Losungszustande der ,,Hendebamethyl- cellotriose" ineinander iiberfuhren, geeignete Konzentration der Substanz vorausgesetzt.

Beispielsweise geht in 0,l-proc. Lijsung die ,,Biose" des Gemisches der dimeren Stufe, pH = 6,5 nach Zusatz einer Spur Siiure (pH = <4,0) in die mouomere Stufe iiber (Punkt 8 und 13 der Fig. 5 und Tab. 4). Nach p,-Anderung auf 8,9 stellt sich wiederum das ursprungliche Gleichgewicht der dimeren Stufe ein (Punkt 10 der Fig. 5 und Tab. 5). Andererseits l&Bt sich das in 0,Z-proc. Losung, pH = 5,0, vorliegende Gemisch der dimeren Stufe (Punkt 5 der Fig. 5 und Tab. 13) durch pH-Verschiebung nach 8,5 in die Stufe der ,,Hendekamethylcellotriose" iiberfiihren (Punkt 3 der Fig. 5 und Tab. 6). Aber nur geniigend weite pII-Verschiebnng fuhrt zu Anderungen des Lijsungszustandes. So war beispielsweise die Verschiebung des pH einer O,O7-proc. Lasung von 5,9 nach 6,9 ohne EinfluB (Punkt 16 und 17 der Fig. 5 und Tab. 18a und 18 b), desgleichen die Verschiebung von pn = 7,5 nach 6,5 bei einer 0,l-proc. Liisung (Punkt 9 und 8 der Fig. 5 und Tab. 16 und 4).

Perziigerungs- und ~~erschreitun~sersclteinungen. Bei der Einstellung bestimmter Losungszustande in Abhangigkeit yon pH und Substanzkonzentration haben wir die fur das Wesen der Molekulumwandlnng offenbar sehr bemerkens- werte Beobachtung gemacht, da8 sich die entsprechend Fig, 5 zu erwartenden MolekiilgriiBen nicht immer ohne weiteres einstellen, Zur Auslosung der Effekte der Nolekul- umwandlungen in den Losungen sind in d e n Fallen Uber- schreitungen des pH oder anch der Substanzkonzentration notwendig (bzw. beides gleichzeitig).

88 H e s s und Ulmann,

So el-gab eine 0,45-proc. Lasung, pa = 4,5 (Punkt 22, Fig. 5 und Tab. 3 b) nach dem Verdiinnen auf 0,2 Proc., pn = 5,4, nicht den ent- sprechend F i g 5 zu erwartenden dimeren Lasungszustand, sondern es wurde das Mo1.-Gew. der Triose gefunden') (Punkt 23, Fig. 5 und Tab. 7 a). Nach weiterem Verdiinnen auf 0,l Proc., pa = 5,0, resultierte das zu erwartende Monosengemisch , wobei das pn sich nach 6,O verschob (Punkt 14, Fig. 5 nnd Tab. 7).

Tabe l l e 7. Ubergalzg der Hendekamethylcellotioae in die morcomere Stu f e dzirch

Iion~entrationsil?zder~ng: 0,2 Proc. 3 0,l Proc., 20 n.

Iteighijhe in mm

mm Hg bei O o

20,2

34,3

29,3 31,O

52,5

Destil1.- Geschw.

in mm/Std.

10,s 30,5 66,3

1,05 0,44 0,28 0152 0,oo

0,80 0,94 0,50

___-

Dauer n Stdu.

~ .___.

13 7 5 11 11

0,081 0,063 0,056 0,047 0,oo

0,160 0,117 0,042

5 8 12

30,7

88,3 60,l

5 0,93 0,186

11 0170 I 0,064 5 0,62 0,124

0,52 0,34 0,60

t ) ~ = 0,2007n/0; PA = 5,3 (Punkt23,Fig. 5);P= 55,O mm Hg = 0,07237 Atm. Mo1.-Gew. = 667,l; ber. 658,4.

0,173 0,113 0,050

3 ) c = 0,1035°/0; pw = 5,O; nach der osmometr. Mes- sung = 6,O (Punkt 14, Fig. 5); P=84,0=0,1105 Atm. MoL-Gew. = 218,4; ber. 219,5 (658,4: 3).

Tebe l l e 8. Ubergang des monomeren Zustandes in den dimeren durclz X o n x e n -

trationaerhb'hung: 0,14 Proc. -P 0,17 Proc. ZOO.

16,3 36,9 58,O 80,O

3 3 3 12

.- - _-______- ____.

a) c = 0,1434 o/i , , pH = 7,O (Puukt 24, Fig. 5), P = 120,O mm Hg = 0,1579 Atm. Mo1.-Gew. = 218,4; ber. 219,5 (658,4 : 3)

(Punkt 6, Fig. 5), P = 97,O mm Hg = 0,1276 Atm. Mo1.-Gew. = 326,8; ber. 329,2 (658,4 : 2)

b) c = 0,1734'/,, pE = 6,7

1) Die Wiederholung des Versuchs ergab das gleiche Resultat.

Die Molekulgrope der ,,€~endekarnelh?llcellotriose" usw. 89

Tabe l l e 9. Ausl6sung einer Ver,xb'gerung durch Impfen:

dimerer Zustand 3 trinwer Zusiand. 0,3003-proc. Liisung. 20 O.

Destil1.- Geschw.

in mm/Std.

1 0,320 0,246

0,162

-___

0,220

mm Hg bei 00

21,o 54,4

93>4

- _ _ _ ~

63,9

11,8 25,O 40,3 68.4

Dauer in Stdn.

SteighShe in mm

-..---___

0,114

0,063 I 0,090

0,000

_________ a) pH = 7,8 (Punkt 11,

Fig. 5), P = 166,O mm Hg = 0,2t84 Atm. M o L Gew. = 330,7; ber. 329,2 (658,4 : 2)

b) pH nach der osrnometr. Messung = 7,4 (Punkt 18, Fig. 5), P = 74,O mm Hg = 0,09737 Atm. Mo1.- Gew. = 741,9; ber. 658,4

Tabe l l e 10. (Entspricht Kurve 111 in Fig. 8.)

Ile~~dckamettzylcellotriose 0,5064-proc. Losung, ZOO, pH = 6,7 (Punkt 21, Fig. 5).

mm Hg bei O o

18,6 30,9 37,l 40,5 46,9 49,9 52,6 65,4 67,O

80,2 90,s

74, t

Dauer in Stunden

6 10 4 8

12 6 6 15 19 10 7 11

Steigh6he in mm

1,20

1,20

- -

1,70 O,GO

1,50 0,72 0,70 1,20 1,50 0,60 0,30 0,16

Destil1.-Geschw. in mmjstunden

0,200

0,150

0,120

0,170 0,150

0,125

0,117 0,080 0,080 0,060 0,043 0,015

96,O = extrapolierter osmotischer Druck in mm Hg = 0,1263 Atm. = Mo1.-Gew, gef. 964,3

ber. 658,4

Andererseits zeigte eine 0,l-proc. LSsung , die dem monomeren Zustand entsprach (Punkt 14, Fig. 5), bei Konzentrierenl) auf 0,14 Proc.,

l) Das Koneentrieren erfolgte im Exsiccator uber P,O, (ZOO, 14mm).

90 H e s s und Ulmann,

PH = 7 (Punkt 24, Pig. 5, Tab. Sa) nicht den zu crwartenden dimeren Zustand. Erst weitere Konzentrierung auf 0,17 Proc., pH = 6,7 fuhrte zu der erwarteten MolekulvergrGBerung (Tab. 8).

Besonders wichtig ist ein Beispiel, bei dem die Ver- zogerung durch Impfen ausgelost werden konnte. Eine 0,17-proc. Losung, entsprechend Pankt 6 , Fig. 5 (dimer), zeigte bei einer Konzentrierung auf 0,3 Proc., pH = 7,s (Punkt 11, Fig. 5) nicht den zu erwartenden osmotischen Druck entsprechend einer Molekiilgrobe, welche grober ware, als einer ,,Triose" zukame, sondern der dimere Zustand war erhalten geblieben (Tab. 9a). Erst auf Zusatz eines auberst kleinen Krystallchens der Substanz anderte sicli der Zustand schlagartig, entsprechend Punkt l S , Fig. 5 (Tab. 9). Bei Verschiebung des prr der Losung nach der sauren Seite hin (4,4) stellte sich das genau fur den trimeren Zu- stand zu erwartende Mo1.-Gew. ein (Punkt 2 , Fig. 5 und Tab. 1).

Zahlreiche weitere Beoachtungen von Verzogerungs- erscheinungen, auf deren Wiedergabe im einzelnen ver- zichtet wird, bestatigten die beschriebenen Erscheinungen.

T a b e l l e 11. Zeillichor Verlffiuf des Ubergunges der Henclekciiiiethylcellotriose iio clea dimeren Zzhstarzd izach Verdiinnen der Liisuizg: U,5 -+ 0,2532 Proc., 20° (Kzdrve I, Ffg. 7), p~ = 4,5, aach der osmomefrischem ~Wessztng = 5,5

(Pumkt 4, Fiy. 5).

Dsuer in

Stunden

6 3

16 8

15 4 4 4

12 5 6

13

___

SteighGht in mm __-

- 0,26 1,74 0,9J 1,95 0,30 0,20 0,12 0,8S 1 , l O

2,oo 0,50

--- ____ Destil1.- Gesehw.

in mm/dtdn. -~

- 0,086 0,109 0,l I9 0,130 0,075 0,050 0,030 0,073 0,220 0,083 0,154

Durch- schnittl. os- mot. Druck in mm Hg

- 60,5 70,O 76,O 83,O 91,o 94,O

109,O 127,5 135,5 135,5 135,5

Mo1.- Gew. --

- 765, l 661,3 609,l

508,7 492,4 424,7 363,O 341,6 341,6 341,6

557,7

Uie MoleRulgriipe der ,,€Iendekamethylcellotrioseii usw. 91

Verzogerungserscheinungen treten im allgemeinen nicht auf, wenn prr und Substanzkonzentration gleichzeitig ge- Bndert werdeo.

Tabe l l e 12. He~deku;meth~lcellotriose,

0,4516-proc. Lb'sung, 20°, pa. = 7,O (Punkt 20, Fig. 5).

mm Hg bei O 0

15,7 45,O 49,s 66,5 76,5

SteighGhe Desti1l.-Geschw. I in mm 1 in mm/Stunden Dauer

in Stunden -~ -~

6 1,04 0,173 5 0,52 0,104

11 1,05 0,095 10 0,55 0,055 8 0,24 0,030

Tabe l l e 13. Zeitlicher Verlauf des Uberganges der HeiL.delcanzethylcellotriose i.12 detb dirnel-en Zustand nach Verdiinnen der Lb'swng: 0,45 3 0,2000 Proc. 20° (Kurve II, Fig. 7), p,=4,0, naoh der osmonzetrischew Messung = 5,O

(Puialct 5, Fig. 5). ~~

L

E" 3 Pi

1 2 3 4 5 6

8 9

mg Hg bei O o

0 - 19,3 23,5 26,s 66,2 50,O 65,6

43,6 19,3

7 -

Dauer in

Stunden

5 2 3 8

11 6 6

1 2 4 3

SteighGhc in mm

___- -

0,22 0,36 0,28 0,80 0,84 0,62

0,65 0,67

-

Destil1.- Geschw.

in mm/Stdn.

0,110 0,120 0,140 0,073 0,140 0,103

0,162 0,223

____ -

-

Durch- ~chnittl. os- mot. Druclr in mm Hg

._

- 65,O 72,O

96,O 108,5

85,O

110,o

110,O 110,o

-

MoL- Gew.

- 564,5 509,6 431,7 352,Z 338,2 333,6

333,6 333,6

-

Regeneration der ,,Methyltriose" aus der monomeren Loanng dnrch Eindnnsten. Der nach dem Eindunsten der monomeren Liisung (30° i. V.) erhaltene trockne Ruckstand liefert aus Petrolatherlosung beim langsamen Konzentrieren

92 I Iess tind Ultnnnn,

(18-20 ') nur ,,Hendekamethylcellotriose" (identifiziert durch Schmelzpunkt, Drehwert, Methoxylgehalt und Rontgenbild). Eine Aufteilung der Snbstanz im Sinne der a. a. 0. be- schriebenen Zerlegung I) aer methylfreien ,,Triose" findet also unter diesen Bedingungen nicht statt. Wir sind mi t weiteren Versuchen daruber beschlftigt.

Zusarnmenfassend ergibt sicli, dap der Liisungszustand der ,,Iiendekamethylcellotriose'c durch scharf reproduzierbare Stufen charakterisiert ist, die sich nach fiberschreitung charakteristischer Schwellenzoerte f u r pA und Substanzlionzentratio~~ einsteblen. A l e Zustand-qforrnen sind revetsibel ineinander iiberfuhrbar.

Zeitliche Yeyfolguny dcs Dberyanyes einer MoZekuEart in die andere.

Trrimcr -+ dinier + monomer. Unter geeigneten Bedingungen la13t sich der Ubergang von einer Molekulart in die andere zeitlich verfolgen. Verdiinnt man beispielsweise eine 0,5-proc. Losung (Punkt 22, Fig. 5, Tab. 10) (p, = 6,7) mit TJ7asser auf eine O,BT>-proe. Losung (dabei verschiebt sich das pH auf 4,5), so andert sich der osmotische Uruck mit einer zeitlich

Fig. 6. Abhangigkeit der Verscliiebung des Quecksilbermeniskus von der Zeit bei verachiedener HBhe de!.von der porBsen Platte getragenen

Quecksilbersaule wahrend des Uberganges trimer -+ dimer.

verfolgbaren Geschwindigkeit (Tab. ll), um bei Vorliegen aes dimeren Zustandes zum Stillstand zu kommen (Punkt 4, Fig. 5).

l) K. Dz ienge l , C. T r o g u s u. K. Hess , B. im Druck.

Die Molekiilgri;$3e der ,,Hendekamet~~yylcellotriose" us20. 93

Dieser hderungsvorgang luBert sich in unserem Messungssystem in der Weise, daB die Destillationsgeschwindigkcit in Abhiingigkeit von der Quecksilbersaule nicht konstant bleibt , sondern sich entsprechend Fig. 6 (Punkt 1-8) bis zum Ablauf der Reaktion verschiebt und einern Endwert (Punkt 9-11) zustrebt, der einem mittleren Mo1.-Gew. einer Mischung aus Biosemolekulen und Monosemolekulen im Verhiiltnis 1 :I entspricht.

Die Bestimmung des osmotischen Druckes wiihrend der Reaktion erfolgt in der Weise, daB nach Ablauf der Reaktion, d. h. nach Konstant- werden des osmotischen Druokes, Parallelen zu den Geraden 9-11 durch die Punkte 1-8 gezogen wesden, deren Schnittpunkte mit der Abszisse die osmotischen Drucke in den verschiedenen Reaktionsstadien wiedergeben.

Entsprechend wurden Lijsungen verdunnt von 0,45 Proc., PH = 7,O (Punkt 20, Fig. 5 , Tab. 12) auf 0,2 Proc., pH = 4,O (Punkt 5 , Fig. 5, Tab. 13) und YOU 0,3 Proc., pH = 6,5 (Punkt 19, Fig. 5, Tab. 14) nuf 0,14 Proc., PH = 4,5 (Punkt 7, Fig. 5 und Tab. 15).

. 0 ID 2'0 30 40 SD 60 70 rn m. Irn no f20 7-30 740 Ze2 in Sfdn. -

Fig. 7. Zeitlicher Verlauf der Uinwandlung trimer --+ dimer -+ monomer.

I n Fig. 7 sind die iiber einen bestimmteiz Zeitabschnitt imVerlauf der drei 1etztenVersuche ermittelten Durchschnitts- werte des Mo1.-Qew. nach der Zeit aufgetragen.

94 €€ess und U l m a n n ,

.___ ~___ Dauer

Hg bei O 0 in Stunden

19,6 4

50,1 1 13 59,7 12

40,O 8

Die derart ermittelte Beaktionskume hat S-Form und hangt, wie aus Vergleich der Kurve I, II and .TI1 hervor-

Steighche 1 Destil1.-Gesch-w, in mm inmm/Stunden

__________ 0,62 0,155

1,oo 0,077 0,56 0,047

0,90 0,100

T a b e l l e 15. Zeitlicher Verluzc f des Uberganges der He.ILdekamet~iylcellotriose in den climereiz Zustund lzach Verdiiianelz der Lb'sung: 0,3 -+ 0,1400 Proc., 20° (I<zrr.ce l lI , Fig. 7). p H = 4,5; nnch der osrnoinefrischen Xesstmg = 5,5

(Punkt 7 , Fig. 5). I

Nr.

~ ~

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

mm Hg bei O o

___._

- 25,l 25,l 25,l 30,2 34,9 51,l 52,8 43,6

54,8 20,2

____

Dauer n Stdn.

~. __

3 3 2 2

14 2 9

13 6 5

13

lteighijhe in mm

___- ~ .-

- 0,20 0,lS 0,22 1,50 0,20 0,55 0,80 0,51 0,70 0,70

Desti1lat.- feschwind. n mm/Std. _ _ ~

- 0,067 0,090 0,110

0,100 0,107

0,06 1 0,062 0,085 0,140 0,054

--- ~ . _ _

Durch- schnittl. osmot. Druck

n mm Hg

- 51,O 61,O 69,O 73,O 75,O 75,O 77,O 77,O 77,O 77,O

____

Slo1.-Gew.

- 501,s 419,6 370,9 350,6 341,3 341,3 332,4 332,4 332,4 332,4

geht, in dem Sinne von der Konzentration ab, daO sie mit fallender Konzentration steiler wird, und ihre Ausbildung als S -Kurve weniger hervortritt. I n nocli verdunnterer

Die MolekulgrGJ?e der ,,Hendekamethylcellotriose" W W . 95

Losung ist dieser Ubergang mi t der verwendeten Versuchs- anordnung nicht mehr zu verfolgen.

Dauer in Stunden mm Hg bei O o

_______ _ _ ~ ~ - - - ~~

17,O 4 1 : -

12,8

27,4 G

Steighahe Destil1.-Geschw. in mm in mm/Stunden

__ ~ ~~- ~~ __ -

- 0,78 I 0 7 1 1 0,40 0,100 0,44 0,073

T a b e l l e 17. Zeitlicher Verlauf cles Uberganges cler diinerelz Xtufe in die inonomere nach Verdiinnen cler Losung: 0,14 -+ 0,1266 Proc., 20° (Kuree IV , Fig. 7), p , = 4,O; nach der osmometrische~z Nessung = 5,O (Pzmkt12, Fig. 5).

29,o 12 0,82 43,5 13 ~ 0,42

-~ ___

0,om 0,039

Dmer in Stdn.

k a,

8 3 z

6 3 5

10 5 4 3

12

mm Hg bei 0"

lteighohe in mm

- 0,12 0,30 l,oo 0,80 0,60 0,30 1,02

- 0,040 0,060 0,160 0,160 0,150 0,100 0,085

- G9,O 76,O 83,5

104,O 104,O 104,O 104,O

-- Mo1.- Gew. ~.

- 335,4 304,5 277,2 222,s 225,5 222,5 222,5

3 5 4 6 7

einen dem dimeren Zustande entsprechenden Wert, Punkt 9, Fig. 5 und Tab. 16).

35,2 25,O 30,2 56, l 62,s

96 IIess und Ulmann,

Bimer -+ monomer. Verdiinnt man die vorangehende Lii- sung (0,25 Proc.) nach Ablauf der Umwandlung auf 0,12 Proc., prr = 4,0 (Tab. 17), so beobachtet man eine Anderung des osmotischen Druckes , bzw. des Mo1.-Clew. entsprechend Kurve IT, Fig. 7 (Punkt 22, Fig. 5). Beim weiteren Ver- dunnen der 0,14-proc. Losung dagegen, beispielsweise auf 0,7 Proc., pH = 5,O verlauft der Ubergang in die monomere Stufe so schnell, daB cler Vorgang nicht messend verfolgt werden kann (Punkt 16, Fig. 5 und Tab. 18).

T a b e l l e 18. Nonomere Stufe der Hendeka?nethylcellotriose erhalten m c h Vercliinneia der Liisung: 0,14 3 0,070 Proc., 20°, p H = 5 , 0 ; nach der osmo-

metrischem Messung = 5,9 (Pzcnlct 16, Fig. 5).

inrn Hg bei 0 ,

9,9 17,5 30,l 34,5 44,4

..

21,9 79.3 89,O

Dauer in Stdn.

4 9

11 7

13

14 4 4

Steighahe in mm

~

0,40 0,75 0,55 0,30 0,28

+ 0,94 - 0,24 - 0,30

--- Destil1.- Geschw. n mm/Std.

0,100

0,050

0,022

0,093

0,043

+0,067 - 0,060 - 0,07 5

n) P = 52,O mtii Hg = 0,06842 Atm. Mol. Gew. = 246,l; ber. 219,s (658,4:3)

b) pH = 6,9 (Punkt 17, Fig. 5); P = 53,O mm Hg = 0,06974 Atm. Mo1.- Gew. = 241,4; ber. 219,5 (658,4: 3).

Besonders auffallend ist, daB bei Anderung der Mole- kiilgr6Be auch gleichzeitig eine Anderung der Wasserstoff- ionenkonzentration beobachtet wird, nnd zwar verschiebt sich das pH um relativ groDe Betrage nach der sauren Seite bei Polymerisation, nach der alkalischen Seite bei Depolymerisation. Man hat daraus zu folgern, daO der Vorgang der Molekiilverkleinerung mit einer Bindung von Wasserstoffionen durch die Substanz (dimer bzw. monomer) verkniipft ist.

Die Xolehiilgro~e der J,Hendekamethylcellotriose'c usw. 97

Der Verlauf der kinetischen Kurven ist nicht der einer normalen Dissoziation, er entspricht vielmehr dem auto- katalytischer bzw. autokatakinetischer Reaktionen und weist darauf hin, da8 es sich um einen grundsatzlich anderen Vorgang handelt, als bei der normalen Molekuldissoziation. Moglicherweise ist der beobachtete Kurvenverlauf der Aus- druck fur das Zusammenspiel mehrerer Teilvorgange, uber die vorlaufig nichts Naheres ausgesagt werden soll. Beruck- sichtigt man die oben beschriebenen Uberschreitungs- und Verzogerungserscheinungen und besonders deren huslosung durch Impfen, so gewinnt man den Eindruck, da5 die der Polymerisation und Depolymerisation zugrundeliegenden Vor- gange stark von einer Keimbildung nach Art der Vorgange bei der Krystallisation eines gelosten Korpers abhangen.

C. I)i s k u s si o n d e r V e r s u c h s e r g e b n i s s e. I m Hinblick auf die Ubersichtlichkeit der benutzten

Methode ihre groOe Me5genauigkeit sowie auch infolge der Geschlossenheit des gesamten Beobachtungsmateriales ist das Versuchsergebnis einer reversiblen Aufspal tung der Hendekamethylcellotriose in wa8riger Losung durch Ver- schiebungen von Wasserstoffionen- und Substanzkonzen- tration zu Nolekulen von der GroOe einer Hexose als ein- deulig zu betrachten. Dieses Ergebnis steht nicht mit dem Verhalten in Einklang, das auf Grund der dieser Substanz zngewiesenen Konstitution als das hohere ,,Polymerhomologe" der Oktamethylcellobiose zu erwarten ist.

Zum Vergleich sind in Fig. 4, Kurve 17, die an waO- rigen LGsungen von Oktamethylcellobiose l) in Abhangigkeit von der Konzentration bestimmten osmotischen Drucke wiedergegeben. Bei diesem, der Konstitution nach als Haup tvalenzverbindung einwandfrei erwiesenen Methylzucker beobachtet man bis zu den niedrigsten noch mefibaren

l) Dargesteiit nach F. Micheel u. O.Lit tmann, A. 466, 129 (1928).

Annalen der Chemie. 498. Band. 7

98 Hess und U l m a n n ,

Konzentrationen (bis 0,04 Proc. = 8,8. Mol./Liter) nur day dieser Konstitution nach zu erwartende Mol.-Gew.') Auch analog wie bei der Methyltriose vorgenolnmene p,-Verschiebungen nach der sauren Seite hin sind im v a n ' t Hoffschen Bereich ohne EinfluD auf diese Molekul- groSe.

Aus dem gegensatzlichen Verhalten von Methylbiose und ,,Methyltriose" folgt zweifelsfrei, dafl in der ,,Triose" ent- gegen der bisherigen Aunahme keine der Biose entsprechende Verkniipfung der C,-Gruppen vorliegen kann.

Uber die Natur der Bindungen der C,-Gruppen in dem ,,trimeren" Saccharid lassen sich auf Grund der bisherigen Versuche noch keine endgultigen Aussagen machen. Nimmt man hanptvalenzmaflige Verknupfung an, dann kann diese nur derartiger Natnr sein, da13 die Valenzen leichter gesprengt und wieder geschlossen werden, als es bisher fur Sauer- stoffbriicken bekannt ist. Uns scheint die Annahme naher- zuliegen, dafl dieses Abbauprodukt der Cellulose einer Gruppe von Kohlenhydraten2) angehort, die von dem Typus gluko- sidisch aufgebauter Oligosaccharide (Rohrzucker, Raffinose, Stachyose) nnterschieden werden mussen, und die den Cha- rakter von Molekiilverbindungen 3, haben (Koordinativer Typus ; Koordinierung von gleichartigen und ungleichartigen Anhydro hexosen und Hexosen).

l) Uber ein auch hier beobachtetes Nicht-van't Hoffsches Gebiet, in dem mit steigender Konzentration der osmotische Druck langsamer ansteigt, als dem Mo1.-Gew. nach ermartet werden eollte, wird in der nachsten Mitteilung berichtet.

Hierher gehiirt auch die unliingst untersuchte cc-Amglose von F. S c h a r d i n g e r (M.Ulmann, a. a. 0.); vgl. ferner auch K. D z i e n g e l , C. T r o g u s u. K. H e s s , A. 491, 103f. (1931).

8) Dieser Auffassung der Konstitution der Triose widerspricht die Deutung, die unlangst K. F r e u d e n b e r g u. W. N a g a i [A. 494, 63 (1932)l einem synthetischen Vorgang gegeben haben, der zu dieser Verbindung fiihrte. Unter der Vorausseteung, da8 die beschriebene Reaktion tatsachlich zu einem mit dem aus Cellulose gewonnenen iden- tischen Produkt fiihrt, liann dieser Vorgang nach dern beobachteten Verhalten der Substanz in LSsung kaum den von F r e u d e n b e r g und Nag a i beschriebenen Weg genommen haben.

Die Molekulgrcipe der ,,Heiidekamethylcellotriose" usw. 99

Selbstverstandlich ist ein derartiger Auf bau der Methyl- triose von groDer Bedeutung fur das Konstitutionsproblem der Cellulose. Wir stellen aber die eingehende Erorterung des Zusammenhanges des ,,trimeren" Znckers mit der Kon- stitution der Cellulose bis zur Bekanntgabe weiterer Ver- suchsergebnisse besonders in bezug auf das Verhalten der unmethylierten l) ,,Triose" zuruck.

I m Rahmen der vorliegenden Untersuchung sol1 nur noch darauf hingewiesen werden, daS ahnliche Erscheinungen wie bei der ,,Triose" auch bei anderen Korperklassen be- obachtet worden sind. So geht aus einer Untersuchung von W. B i l t z und A. v. Vegesack2) an einer 0,4-proc. wailrigen Benzopurpurinlosung hervor, daB die durch Visco- sitatsmessnngen verfolgte ,,AlterungcL derartiger Losungen ebenfalls gemaS einer S-formigen Kurve erfolgt, und daS bei Nachtklaulosungen Uberschreitungserscheinungen (krystallo- ider Zustand --f kolloider Zustand) durch Keimwirkungen ausgelost werden konnen. Zahlreich sind die Analogien zu dem Verhalten typischer Kolloide (Leim, Gelatine usw.), fur die ein krystalloider Losungszustand noch nicht bekannt ist, und fur die in vielen Fallen eine Wechselwirkung zwischen Elektrolytkonzentration und Substanzkonzentration auf die TeilchengroBe nachgewiesen worden ist. Auch hier spielen Keimwirkungen bei der Auslosung von Uberschreitungs- erscheinungen eine grode Rolle.

Durch den Vergleich derartiger Systeme mit dem Ver- halten der untersuchten ,,Triose" gewinnt man den Eindruck, daS die untersuchte Substanz den Kolloiden gegeuiiber wesensverwandte , infolge der Kleinheit der Molekiile aber besonders klar zu iibersehende Ziige aufweist. Ihre kon- sti tutive Aufklarung, namentlich in bezug auf die 0-Briicken in der C,-Gruppe, durfte daher einen wesentlichen Beitrag fur den Zusammenhang zwischen chemischer Konstitution _____

l) Diese ist inzwischen von Herrn K. D e i e n g e l aus den Ace- tolysenprodukten in guter Ausbeute und in reinem Zustande erhalten worden.

Ph. Ch. (A) 73, 481 (1910), besonders S. 500 u. 509. 7*

100 H e s s und Ulmann, ,,Hendekamethylcellotriose" ustu.

und kolloiden Eigenschaften organischer Snbstanzen er- warten lassen. SchlieBt man sich der Auffassung an, daD die Hendekamethylcellotriose noch in einem nahen Zusammen- hang mit der Cellulose steht, so durfte im besonderen diese ,,Triose" geeignet sein, bisher schwer widerspruchslos zu deutende Erscheinungen an Losungen von Cellulose und ihren Derivaten verstandlich zu machen.

Wir sind der I. Q. Farbenindustrie A,-Q., Werk Leverkusela, fur die Bereitstellung vou Mitteln, die die Untersuchung ermiiglicht habeu, zu besonderem Dank verbunden.

Der Notgemeilasohaft der Deutsohen Wissenschaft sprechen wir fur die uberlassung einea Kathetometers unsereu ergebensten Dank aus.

(Abgeschlossen am 5. September 1932.)

Recommended