Die Pathologie der allgemeinen Unterkühlung des Menschen

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Aus dem Pathologischen Institut der Universit~it Erlangen (Direktor: Prof. Dr. Erich Miiller).

Die Pathologie der allgemeinen Unterkiihlung des Menschen.

Von

Erich Mailer.

Mit 8 Textabbildungen.

Eine Berichterstattung fiber allgemeine Unterkfihlungssch/iden beim Men- schen stellt den Pathologen vor grol3e Schwierigkeiten. Er kann zum einen nur fiber Befunde bei Todesf~illen beriehten. Das bedeutet, dab er Befunde in extremis erhebt, wobei er h~iufig postmortale zusatzliche Gewebsersehei- nungen nieht mit absoluter Sicherheit abzugrenzen vermag. Er steht zum anderen noeh vor einer welt grN3eren Sehwierigkeit. Es wird von ihm nieht nur eine exakte Besehreibung, sondern aueh eine Deutung der Befunde erwartet.

Lassen Sie mieh die hierbei entstehenden Sehwierigkeiten kurz streifen. Die Deutung mikroskopiseher und histologischer Befunde effordert die Her- ausl6sung aus der Erstarrung, in der uns das tote Bild begegnet. Sie er- fordert die Auseinandersetzung mit einem Gesehehen, das Anfang, Gipfel und Ende besal3. Aus einem Endzustand und dem Endbild sind die Spuren herauszulesen und die Wege zurfiekzuveffolgen, die das t6dliehe Ereignis gegangen ist. DaB der Weg dabei in Phasen verlief, ist bei der Auskfihlung meist zu erwarten, da auf den physikalischen Zustand des W~irmeentzuges der Organismus mit Regulationen zu antworten pflegt. Ist sehon deren Aus- maB und deren zeifliehe Dauer bei den in der Regel fehlenden klinisehen Untersuehungsm6gliehkeiten sehwer abzuschatzen, so sind noch schwerer die morphologisehen Befunde beim Auskfihlungstod retrospektiv in den weehselnden Entwieklungsgang einzuordnen.

So haben wir auf der einen SeRe die Sehwierigkeit der Auseinander- setzung mit dem Zeiffaktor, d.h. mit der Zuordnung bestimmter Befunde zu einem bestimmten Zeitpunkt und damit zu einer bestimmten Phase des Gesehehens. Auf der anderen Seite fehlt uns oft der riehtige Bewertungs- mal3stab ffir funktionelle Sttirungen, die nur zum Tell mit strukturellen Ver~inderungen verkn/ipft sind, die abet auch ohne zur Siehtbarkeitsgrenze aufzusteigen das Gesehehen beeinfluBt haben k6nnen.

Im Vordergrund der reflexm~iBigen Abwehr eines allgemeinen Unter- kiihlungsschadens dureh den Organismus stehen zweifellos Kreislauf-

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umschaltungen. Sie haben den Sinn, die W~irmeabgabe der Peripherie, ,,der Schale", zugunsten der inneren Organe, zugunsten des ,,Kernes'" zu dros- seln. Das Ausmal3 dieser Umschaltungen oder ihr Zusammenbruch beim Unterkfihlungstod l~il3t sich anatomisch nicht umgrenzen. Die Befunde rela- tiver Blutarmut der Extremit~iten, zum Teil aueh der Milz, und die Fest- stellung einer Blutverschiebung auf den Kern, die an der Leiche h~iufig beim Unterkfihlungstod als venSse Hyper~imie innerer Organe erscheint, sind sehr allgemeiner Natur; sie lassen feinere Uberlegungen fiber Durch- blutungsgrSBe, Durehblutungsgeschwindigkeit oder Intensit~it der Gef~iB- drosselung oder -erweiterung in einzelnen Absehnitten nieht zu. So bringt ein Referat fiber pathologiseh-anatomische und histologisehe Befunde beim Unterkfihlungstod des Mensehen nur einen Teilaspekt der Problematik. Die morphologisehen Bilder richtig zu deuten, dazu bedarf es der Hilfe dureh die Physiologie und pathologisehe Physiologie, der wir anderseits ffir ihre tdberlegungen die dokumentarisehen Beweisstfieke bringen k6nnen.

Pr~izisieren wir unsere Fragestellung auf das, was als morphologisehes Substrat eines Unterkfihlungssehadens, einer Auskiihlung, gelten kann, um mit dem Versueh einer Deutung eine Ordnung in die Befunde zu bringen. Ieh referiere hier im wesentliehen fiber Untersuchungen, die wir w~ihrend des Krieges an der Kanalkfiste und an der Kfiste der Nordsee durehffihren konnten (E. Miiller, Rotter, Carow und Kloos). Es handelte sieh um Aus- kiihlungstodesf~ille gesunder junger Manner, die ausnahmslos in Seenot ge- raten waren. Es liegt insofern hier ein besonders einheitliehes Unter- suehungsgut vor, als zus~itzliehe Faktoren, wie Blutverlust, Sehoekwirkung, Infektionen oder sonstige vorausgehende oder begleitende allgemeine Kreis- laufbelastungen nieht vorlagen und die Auskfihlung im Ern~ihrungszustand wie in der k/Srperliehen Verfassung ann/ihernd gleiehwertige Personen b e - fiel. Unvermeidbare Durehn~issung, meist bei stfirmiseher See, hat zweifel- los in vielen F~llen eine Steigerung des Warmeverlustes bedingt, doch liegt hierbei keine besondere Form der Auskfihlung vor. Die in Seenot Geratenen waren der Auskfihlung zwisehen wenigen Stunden und 81/2 Tagen aus- gesetzt.

Es ist von vornherein keine Einheitliehkeit der morphologisehen Bilder in Abh~ingigkeit vonde r K~ltedauer zu erwarten. In der Auskfihlung liegt ein sich steigernder Belastungsvorgang ffir den Gesamtorganismus vor, der unter Umst~inden sofort oder erst naeh einer Phase der Kompensation und einer weiteren Phase der relativen und zunehmend absoluten Insuffizienz des Organismus dem K~ilteeinflu/3 erliegt (Biichner u. a.). Die Physiologen unterseheiden eine Erregungsphase von einer L~ihmungsphase (Schoedel). Ffir die ErsehSpfung der Anpassungsf/ihigkeit an den Wiirmeentzug gibt es keine zeitlieh bestimmbare Gesetzm/il3igkeit. Sie i s t - yon ~iuBeren Be- dingungen, wie unzureichende Kleidung, Nahrungsmangel abgesehen individuellen Sehwankungen unterworfen, die im zum Tell Psyehisehen verankert sind: in der Aufgeregtheit, die sieh his zur Euphorie steigern kann, sowie in der gleiehgiiltigen Stumpfheit und Resignation tritt sie uns in zwei Formen entgegen, die den Energieverbrauch steigern oder zur Unterlassung jedes zweekgerichteten energiesparenden Verhaltens ftihren

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k6nnen. Dadurch unterscheidet sich die Ausktihlung hinsiehtlich der in- dividuellen Resistenz von lokalen K/ilteeinwirkungen, wo der Schaden von der momentanen, 5rtlich begrenzten Einwirkung der K/ilte und ihrer Inten- sit/it wesentlich eindeutiger abh/ingt.

Klinische Erfahrungen und Erfahrungen der Tierexperimente ermSg- lichen eine Gruppierung der Befunde. Bei morphologischen Ver/inderungen im Gefolge allgemeiner Auskiihlung lassen sich Befunde, die auf Steigerung oder Ubersteigerung kreislaufdynamischer, hormonaler oder-chemischer Steuerungen zuriickzufiihren sind, gegen solche abzugrenzen, die unter zu- nehmendem W/irmeentzug als Zell- und Gewebsschaden manifest werden. Die Ver/indemngen sind dabei in gewisser zeitlicher Abh/ingigkeit vonder K/ilteeinwirkung zu erwarten.

I.

Die Frage, die sich als erste aus den Uberlegungen nach dem EinfluB einer allgemeinen Auskfihlung ergibt, ist die nach h/imodynamischen Ver- /inderungen und Ver/inderungen des Gef/iBsystems. In der Zentralisation des Kreislaufes liegt eine zun/ichst sinnvolle Regulation vor, welche den KSrperkern zu Lasten der weniger empfindlichen Peripherie in der Erhal- tung einer gfinstigen Temperatur schfitzt. Wenn als erstes die K/ilterezep- toren des Trigeminus reagieren und zun/ichst eine erh5hte Durchblutung und AbstrSmung im Bereich der Vena cava superior sich einstellt, so ist damit eine bessere M5glichkeit des W/irmeschutzes ffir das Gehirn ge- geben. Das erkl/irt uns vielleicht, dab Peters bei den yon uns obduzierten F/illen yon Unterkfihlungstod keine Hirnver/inderungen, auch nicht am Zwischenhirn, fan& Auffallend scheint mir, dab wir in den meisten F/illen erheblicher und langdauernder Auskfihlung (bis zu 81/2 Tagen) eine starke Blutffille der inneren Organe (Sfters ist die Milz ausgenommen) und des Splanchnicusgebietes noch bei der Sektion finden konnten, was vielleicht als Zeichen daffir zu werten ist, dab die Zentralisation des Kreislaufes die dauerhafteste Regulation darstellt. Es ist naturgem/iB schwer, bei solchen t3berlegungen den EinfluB beginnender Kreislaufinsuffizienz und agonaler Blutverschiebungen abzugrenzen. Aus der starken Blutffille der Lungen und der Hirnh/iute 1/iBt sich schlieBen, dab es sich in der Regel n ich tum einen k/iltebedingten Kollaps handelt. Herz und Kreislaufsystem sind bei der Ausk/ihlung zweifellos schwer belastet. In nahezu allen F/illen fanden wir eine Dilatation der rechten Herzkammer, w/ihrend auch bei 1/inger- dauernder Auskfihlung der linke Ventrikel gut kontraktiert war. Hierzu fehlt uns eine Erkl/irung. Eine energetische Insuffizienz im Sinne einer GlykogenerschSpfung des Herzmuskels ist unwahrscheinlich, da hierbei in erster Linie ein Versagen des linken Ventrikels zu erwarten w/ire.

Ver/inderungen einzelner Gef/iBwandschichten sind bei K/ilteobduktionen hie erw/ihnt. Anderseits finden sich deutliche Anzeichen gesteigerter Kapillardurchl/issigkeit. So sahen wir mit steigender Dauer der Unter- kfihlung eine zunehmende EiweiBausscheidung durch die Nieren mit Auf- treten von EiweiBmassen im Bowmanschen Kapselraum und im Lumen von Harnkan/ilchen sowie mit Entwicklung eiweiBhaltiger Vakuolen in den

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Epithelien der Hauptstticke; wit fanden /Sfters subpleurale und subepi- cardiale Blutungen sowie als auffallend h~iufigen Befund Magenschleimhaut- blutungen und Heine Erosionen, was auch yon anderen Untersuehern re- gistriert wird (Wischnewsky, Krjukoff, Meixner; im Experiment: Altmann und Schubothe). Staemmler vergleicht die Magenerosionen mit den Bildern, die Merkel dutch gef~iBaktive Mittel (unter anderem Histamininjektionen) erzielte. Das stiitzt unsere Vermutung, dab sie durch Anderung und St6- rung zentraler Kreislaufregulationen entstanden sein k6nnen. Wit h~itten bier einen anatomischen Hinweis ffir kreislaufdynamische Schwankungen und vasomotorische Sttirungen, welche spastisch-bedingte isch~imische Zu- st~inde, vielleicht im Wechsel mit Gef~iBerschlaffung, hervorrufen k/Snnen. In solchen zirkulatorischen Extremlagen kann sowohl der AnlaB ftir eine gesteigerte Gef~iBwanddurchl~issigkeit - - wie bei den Nieren - - als auch {iir isch~imische Schleimhautnekrosen liegen.

Eine nicht zu deutende Feststellung vieler Untersuchungen ist das Flfissigbleiben des Leichenblutes; dieses ist verwunderlich, well es bei star- kerer Abkiihlung zu einer Wasserabgabe aus dem Blur ins Gewebe und dadurch zu einer starken Viskosit~itserh6hung kommen kann (Staemmler). Abktihlungsleukopenie mit Retention yon Leukozyten in Lungenkapillaren, Kalteh~imolyse mit Hamoglobin~imie, Resistenzschw~iche und Verminderung der Erythrozyten sind verschiedentlich nachgewiesene Kiiltesch~iden (Gold- scheider, Beineboth, Giese). Wenn eine H~imolyse sich in unseren Sektions- f~llen nicht nachweisen lieB, so ktinnte doch die mitunter auffallige Hamo- siderose der Leber ein Hinweis auf eine latente H~imolyse sein.

Wir k/Snnen also zusammenfassend {eststellen, dab kein charakteristi- scher Sektionsbefund yon seiten des Kreislaufes zu erheben ist. Die Zen- tralisation des" Kreislaufes scheint ein bis zum ~iuBersten erhaltenes Regu- lationsprinzip zu sein, wenn auch mit der Intensivierung der Auskiihlung sich St6rungen in der zentralen Kreislaufregulation in gesteigerter Kapillar- durchl~issigkeit und in geh~iuitem Auftreten yon Magenschleimhautblutun- gen und Erosionen andeuten.

II.

Eine weitere Grundfrage erhebt sich naeh den hormonalen Steuerungen, die der Erhaltung der lebensnotwendigen W~irmeregulation dienen. Auch diese Frage hat einen vorwiegend funktionellen Aspekt. Da die W~irme- produktion, abgesehen vom Muskelzittern, nur durch allgemeine Erhtihung der Oxydationsvorg~inge zu steigern ist, lag es nahe, zun~ichst in der Schild- driise als dem Steuerungsorgan des Grundumsatzes nach Ver~inderungen zu suchen. Hier ergab sich die fiberraschende Feststellung, dab auch bei extremster Auskiihlung fiber 8 Tage hinweg die menschliche Schilddriise keine Strukturver~inderungen erkennen l~iBt (MiiUer, Rotter, Carow, Kloos). Stets zeigt sich das Bild der ruhenden Sehilddrfise, deren Kolloidgehalt reichlich erscheint und deren Epithelien flachkubisch, also weder aktiviert noch gereizt sind (Abb. 1). Das tiberrascht nach experimentellen Erfahrun- gen, in denen die Unterk~hlung eines Tieres zur Schilddriisenaktivierung f/ihrt.

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Pichotka wies nach, dal3 bei Meerschweinchen eine akute tSdliche Aus- kfihlung bereits in einer Zeit yon 1 bis 2 Stunden zu einer starken Kolloid- ausschfittung in der Schilddrfise ffihren kann (Abb. 2). Er ~and ferner bei Tieren, die bei absoluter Insuffizienz der W~irmeregulationen starben, das histologische Bild einer ErschSpfung der Schilddrfise mit v511iger Kolloid- entleerung, hohen hellen Epithelien und Kernunregelm~il3igkeiten, was auf Beziehungen zwischen Versagen der W~irmeregulation. und ErschSpfung der Schilddrfisent~tigkeit hindeutet.

Abb. 1. Ruhende Schilddrfise mit flachkubisehem Epithel; kein Kolloidschwund (Tod nach 6t~igiger K~iltewirkung). (Abb. 1, g, 5, 6, 7, 8 nach E. Miiller, Rotter, Carow, Kloos, Beitr. path.

Anat. 108 [19431, 551.)

Nun kann die Einwirkung st~irkerer K~ilte auf den mangelhaft gesehtitz- ten Organismus zu einer akuten Auskfihlung ffihren, die, wie Erfahrungen zeigen, bereits nach einer Stunde Aufenthalt im kalten Wasser tSdlich sein kann. In einem solchen Falle sind Regulationen nieht wirksam und Be- funde an Regulationsorganen nieht zu erwarten. Kommt es jedoch zu einem weniger drastisehen W/irmeentzug, so ist eine Phase regulativ erhaltener Eigenw/irme, die Kompensationsphase, v o n d e r Dekompensationsphase der eigentliehen Unterkfihlung abzugrenzen (Biichner, Killian u. a.). Wir haben be i unseren Sektionsfallen menschlichen Auskfihlungstodes keine MaBstabe daffir, welche Phasen und wie schnell sie bis zur ErsehSpfung durchlaufen wurden. Da die 28 Todesf~ille abet fiber die ungew5hnliche Zeitbreite von

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einer Stunde bis zu 8U2 Tagen der Ausk/ihlung ausgesetzt waren, ist an- zunehmen, dab die ganze Skala der Mtiglichkeiten durchschritten wurde. Hier mul3 es also als eine Besonderheit vermerkt werden, dab die Schild- driisen unserer Auskiihlungstodesfalle keine Reaktionen zeigten. An Sehild- driisen Erfrorener land Watzka allerdings eine starke Kapillarhypefiimie mit Kolloidverfltissigung und Epithelzerfall. Es ist zu vermuten, dab diese ,,K~iltesehilddr/isen" aus einer anderen, winterbedingten ,,Ausgangslage" heraus entstanden.

Abb. 2. Schilddrlise eines akut tSdlich unterkiihlten Meerschweinchens (Tod nach 105 Minuten hei 19,20 C). Auftreten zahlreicher Randvakuolen als Zeiehen erheblicher Kolloidausschiit tung.

(Aus Pichotka, Arch. exper. Path. (D.) 216 [1952], 27I.)

Fiir die menschliehen Verhaltnisse ergibt sieh, dab der Unterkiihlungs- rod nicht an die Erschtipfung der Schilddr/ise gebunden ist. Die Frage, wie weir die menschliehe Schilddriise in die akute W~irmeregulation ein- greift, bleibt offen und es muB gefragt werden, ob die Ergebnisse der Tier- experimente auf den Menschen iibertragbar sin&

Charakteristisehe morphologisehe Befunde liegen fiber Vergnderungen der Nebennieren bei menschliehen Unterkiihlungstodesfallen vor. W~ihrend kurzfristige und schnell t6dliehe AusMihlungen keine Befunde in der Rindenzone ergaben, war bei allen F~illen der Gruppe, die bis zu 81/2 Tagen einem zuletzt t6dlichen W~irmeentzug ausgesetzt waren, ein hochgradiger Lipoidsehwund der Nebennierenrinde festzustellen. Er zeigte verschiedene GrtiBenordnungen von der herd- und fleckf6rmigen Lipoidentspeicherung

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Abb. 8 a. Lipoidgehal t einer normalen Nebennierenrinde.

Abb. 8 b. Hochgrad iger Lipoidschwund der Nebennierenr inde bei Tod nach tagelanger Unterkiihlung.

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fiber die Verkleinerung der einzelnen Lipoidtr6pfehen in den Zellen bis zum hast v611igen Verlust fiirberisch naehweisbarer Lipoidsubstanzen in der Rindenzone (Abb. 8). Diese Befunde liel3en sich aueh im Tierexperiment besfiitigen (Pichotka). Sie konnten soweit ergiinzt werden, dab in der Phase einer l~inger dauernden Kompensation eine Rindenhypertrophie mit starker Lipoidspeieherung sieh ausbildet; im Stadium der relativen Dekompensation kommt es aueh im Tierversueh zum LipoMschwund. Wie weit der Lipoid- sehwund nur eine gesteigerte Rindenhormonaussehiittung anzeigt oder wie welt er bereits Zeiehen einer Rindeninsuffizienz ist, l~il3t sieh aus dem histo- logisehen Befund nieht herauslesen.

Einen weiteren typisehen Befund kann das Nebennierenmark zeigen. W~ihrend eine akute, kurz- fristige, t6dliche Auskfih- lung keine strukturellen Ver- ~inderungen an den Zellen des Nebennierenmarkes ent- stehen liil3t, zeigten sieh bei allen Fallen langdauernder Unterkfihlung Vakuolenbil- dungen kleineren und gr6- Beren Ausmal3es. Die Vaku- olen sind im allgemeinen rund und seharf gegen das Cytoplasma der Markzellen abgesetzt. Sie sind fettfrei und zum Tell mit homo- genen, schwaeh eosinf~irb-

b a r e n Massen ausgefiillt Abb. 4. Vakuolenbildung in Markzellen der Neben- (Abb. 4). L e i d e r w a r e i n e ,liere bei t6dlicher allgemeiner Unterkiihlung. (Aus n~ihere f~irberisehe Differen- Liebegott, Verh. Dtsch. Ges. Path. 36 [19521, 22.)

zierung des Vakuoleninhal- tes ebenso wie eine Chromierung der Markzellen bei den unter sehwie- rigen Umstiinden durehgeffihrten Sektionen nieht m6glieh. Dennoeh mgehte ich unsere frfihere Deutung, dab es sieh nm eine vakuolige Degeneration der Markzellen gehandelt hat, revidieren. Wir sahen zwei Formen der Vakuolenbildung: optiseh leere, und solche mit hyalinem eiwei/3artigem In- halt. Optiseh leere Vakuolen sind bei gleichzeitiger Abnahme der Chromier- barkeit naeh Staemmler Zeichen einer Markaktivierung; hyaline Tropfen werden ebenfalls als Hinweis einer gesteigerten Markfunktion angesehen (Liebegott). Eine Deutung unserer Befunde als Zeiehen einer Aktivitiits- steigerung mit verst~irkter Adrenalinausschfittung ist bei der glykogen- abbauenden Wirkung des Adrenalins naheliegend. Diese Annahme erkliirt auch, warum nur bei den Todesf/illen nach langfristiger Ausktihlung und niemals bei schnell eintretendem Tod Befunde dieser Art gesehen wurden. Aktivierung des Nebennierenmarkes ist ein Effekt kompensatorischer Stoff- wechselsteigemng, die ja gerade beim akuten Ausktihlungstod mit dem so- fortigen Zusammenbruch der Wiirmebildung ausbleibt. Degenerative For-

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men der Vakuolenbildung miiBten entgegen unseren Befunden bei der Kurzfristigkeit ihrer Entstehungsm6gliehkeiten - - wir sahen sie beim HShentod bereits innerhalb yon 15 Minuten auftreten (E. Miiller und Bot- ter) - - sowohl beim akuten wie beim protrahierten Unterkfihlungst0d zu erwarten sein. Somit scheint die Annahme begffindet, dab die Nebennieren- markver~inderungen bei den engen Beziehungen der Nebenniere zum Gly- kogenumsatz Ausdruek einer zellul~iren Leistungssteigerung sind. Sie be- tonen die Bedeutung der Nebennieren in der Abwehr einer bedrohliehen Temperatursenkung. Zellvergr613erung und Zellvermehrung im Sinne einer Markhyperplasie wurde nieht beobaehtet. Eine solche ist aueh erst bei chroniseh gesteigerter langfristiger Beanspruehung zu erwarten, wie Liebe- gott an Nebennieren bei hypertrophiseher HerzvergrSi3erung zeigte.

Es war durch die ~iul3eren Umst~inde bedingt, dai3 eingehende Spezial- untersuehungen der Hypophyse nieht mSglieh waren. Der steuernde kor- relative EinfluB der Hypophyse auf die Bindenhormone der Nebenniere unter der krisenhaften Beanspruchung bei der Ausk~hlung l~il3t je naeh der Belastung Veriinderungen velmuten, die dem Naehweis durch gewShnliche F~irbemethoden entgehen kSnnten. Dieses sei zu der Tatsaehe bemerkt, dab wir die Hypophyse in unseren Unterkiihlungstodesf~illen unvefiindert fanden.

IIL

Schwierig ist die Entscheidung, welche Ver~inderungen auf eine Steige- rung oder einen Zusammenbruch der chemischen Begulationen hindeuten. Wenn ira akuten Unterkfihlungsversueh, wie schon Claude Bernard u. a. nachwiesen, und bei der Obduktion nach akutem K~iltetod kein wesent- licher Glykogenschwund in Leber, Herz- und Skelettmusknlatur nachweis- bar ist, so liegt das wohl an eineIn Circulus vitiosus. Die zu sehnell er- folgende Ausk/ihlung verhtitet offenbar die Ausnfitzung der Glykogen- reserven; mit dem sehnellen Erreiehen eines kritisehen Abkfihlungswertes kommt es zum Zusammenbruch der W~irmebildung, womit die Abkiihlung und damit konsequenterweise wiederum die Hemmung der W~irmebildung rapide und unaufhaltsam zunehmen. Der Naehweis nicht angegriffener Kohlehydratreserven ist in diesem Falle geradezu ein Anzeiehen der abso- luten Insuffizienz der ehemisehen W~irmebildung. Zunehmender Glykogen- schwund tritt dagegen bei langsamer Abkfihlung auf. Der Verbrauch von Glykogen ist ein Hinweis daffir, dab die chemisehen Regulationen bei sin- kender KSrpertemperatur auf ein ausgleiehendes Stoffweehselmaximum hin- steuern, welches ein ann~iherndes Gleichgewieht zwischen Wiirmeentzug und W~irmebildung - - unter Umst~inden auf einem um einige Grade er- niedrigten Temperaturniveau - - ermggliehen kann (Grosse-Brockhoff und Schoedel). Das entsprieht der Phase der Kompensation oder der relativen Dekompensation. Wit spreehen von relativer Dekompensation, well die aus- gleiehende MSgliehkeit zeiflieh begrenzt ist und hinsichtlieh der drohenden absoluten Insuffizienz nur eine Fristverliingemng darstellt. Wann und wie weir es zur Glykogenersehtipfung im ausgekiihlten Organismus kommt, l~iBt sieh naeh Untersuehungen an Leiehenorganen nicht feststellen. Der meist

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schnell einsetzende postmortale Glykogenschwund mahnt zur Vorsicht in der Beurteilung histologischer Befunde. Es kann aber wohl als den Er- wartungen entsprechend bezeichnet werden, wenn wir in keinem der einem langfristigen W~irmeentzug ausgesetzten Todesfalle mit der Bestschen Kar- minf~rbung Glykogen in den Leberzellen nachweisen konnten. Es sei aus der Morphologie des Tierexperimentes hier erganzend bemerkt, dal3 bei erfolgreicher Anpassung der Warmeregulation an die Abkfihlung trotz korn- pensatoriseh gesteigerter W/irmebildung - - die doeh einen vermehrten Glykogenverbrauch erwarten l~13t - - der Verlust an Muskel- und Leber- glykogen gering sein kann. Das kann auf eine vermehrte Glykogensynthese hinweisen (Bi~chner). Erstaunlich ist der unter gleichartigen Bedingungen nachzuweisende hochgradige Glykogenschwund in der Herzmuskulatur sol- cher Tiere; er ktinnte nach BiJchner und Mitarbeitern (Staudinger und Hiinel-Immend6rfer) auf eine warmeregulatoriseh veranlal3te Schilddrfisen- aktivierung mit erhiahter Thyrgxinausschfittung zur/ickgeffihrt werden. DaB der Glykogenschwund beim Menschen nicht zu einer frfihzeitigen energeti- schen Insuffizienz des Herzmuskels ffihrt, mag daran liegen, dab bei fallen- der Bluttemperatur einer zunehmenden Hypodynamie des Herzens eine venninderte Leistungsanforderung parallel geht (Killian), die sich im her- abgesetzten Minuten- und Schlagvolumen ~iul3ert.

Das Interesse des Morphologen wendet sich naturgem~iB nicht in letzter Linie den Schiiden za, die eine allgemeine Auskfihlung an den Geweben und Zellstrukturen im allgemeinen zu setzen vermag.

Hier ist als auffallend wiederkehrenderBefund an den Nieren die Eiwei13- ausscheidung in den Bowmanschen Kapselraum uncl in die Harn- kan~ilchenliehtungen zu registrieren. Sie land sich fiberaus haufig bei Todes- fallen nach kurzfristiger Auskfihlung ebenso wie naeh tagelangem W~irme- entzug. Ein primarer Nierensehaden liegt fliesem Befund sieherlich nicht zugrunde; wir fanden weder eine K~iltenephritis noeh eine Nephrose. Es ist zu bedenken, dab bei fallencter Bluttemperatur zun~iehst eine Blutdruck- erhiahung erfolgt, die zu ansteigendem Filtrationsdruck ffihrt (Killian). Es scheinen aber auch zirkulatorische Schwankungen in der Glomerulusdurch- blutung mitzuspielen, die in Verlangsamung der Kapillarzirkulation und in Stase fibergehen k/annen. Wenn Killian in seiner zusammenfassenden Dar- stellung vereinzelt eine hyaIine Degeneration an Glomerulussehlingen - - die als hypoxamische Aufquellung der Kapillarmembran gedeutet werden kann - - sowie eine Erythrozytenpassage und Erythrozytenzylinder neben hya- linen Zylindern im Harnkanalchenlumen erwahnt, dann sind das wohl Zeichen verschiedener Durchl~issigkeitsstufen, die auf kaltebedingte Durch- blutungsstarungen sich zurfickf~hren lassen.

Ein weiterer fr/ihzeitiger Befund sowohl bei den akuten Todesfallen wie bei denen nach langerem K~ilteeinfluB waren Vakuolenbildungen im Cyto- plasma yon Zellen. Sie fanden sich vereinzelt und im ganzen geringffigig in Herzmuskelfasern, wo sie einen zwar wiederkehrenden, aber keinen ent- scheidenden Befund darstellten. Dergleichen wurden sie in Tubulusepithe- lien der Nieren, in exkretorischen Zellen der Bauchspeicheldrfise uncl in Leberepithelien gesehen. Zumeist handelte es sieh urn scharf abgesetzte,

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fettfreie und in der Regel optisch leere Vakuolen, wie sie beim akuten Sauerstoffmangel nieht selten anzutreffen sind (Abb. 5). In der Leber traten bei den einer tagelangen Auskiihlung ausgesetzten Fallen auch eiweig- haltige Vakuolen auf; eine gesetzmagige Anordnung im Zentrum oder Peri- pherie der Leberlappchen lieB sich nieht erkennen.

Neben der Vakuolenbfldung, zum Tell mit ihr parallelgehend, finden sich Verfettungserscheinungen. Sie sind friihestens naeh erheblicher, fiber 1 bis

Abb. 5. Bi ldung fettfreier Vakuolen in exkretorischen Zellen der Bauchspeicheldrtise.

2 Tage sich hinziehender Auskfihlung gefunden worden. Das Bild, das sieh hierbei an Herz- und Skelettmuskulatur zeigt, ist ziemlieh einfSrmig; es ist das einer feintropfigen Faserverfettung, die herdfSrmig nach Art der Tigerung auftritt (Abb. 6). Sie erfghrt keine nennenswerte Steigerung mit der Dauer der Auskiihlung. Verwandte Bilder zeigt die Verfettung der Skelettmuskulatur (Abb. 7); sie erseheint als ein Ausdruek eines MiBverhalt- nisses von erhiShtem Sauerstoffbedarf beim Kiiltezittern und einer vermin- derten Sauerstoffabgabe aus dem Blur. Der O2-Bedarf kann dabei das sechs- faehe der Ruhenorm erreiehen; ein soleher Sauerstoffhunger macht sieh herdfSrmig im Bereieh der venSsen Kapillarsehenkel starker geltend und ffihrt bier unter Umstanden nach Art der Herzmuskeltigerung zu hypoxy- dotiseher Verfettung. Die Nieren zeigen, zunehmend mit der Dauer der

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Abb. 6. FleckfSrmige feintropfige Verfetttlng yon Herzmuskelfasern.

Abb. 7. Feintropfige Verfettung einzelner Skelettmuskelfasern.

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Auskfihlung, eine zum Teil recht erhebliehe, basale, fein- bis mittelgroBe Verfettung der Epithelien der Hauptstficke (Abb. 8). Vielgestaltig ist das Bild der Verfettung in der Leber. Hier linden sieh in wechselnder St~trke rein- bis mitteltropfige Leberzellverfettungen. In manchen F~illen ist die Verfettung im Zentrum der Leberlappehen, in anderen in der L~ippchen- peripherie entwiekelt, wieder andere F~ille zeigen eine diffus die L~ippehen /iberziehende Verfettung. Zus/itzlieh wurde bei einem Viertel der mittel-

Abb. 8. Basale Verfet tung d er Epithelien der Nierenhauptstt icke bei Tod nach 6t~igiger K~ltewirkung.

und langfristigen Auskfihlungsfiille eine Verfettung der Kupffersehen Stern- zellen gefunden.

Auf den Glykogensehwund wurde bereits hingewiesen. Er war mitunter auffallend im Bereieh des Fteizleitungssystems, dessen Fasern sieh sonst dureh Glykogenreiehtum auszeiehnen.

Sehen wir yon dem leieht erkl~irliehen Glykogensehwund - - soweit er sich mit histologischeI1 Fiirbemethoden umgrenzen liii3t - - ab, so treten uns die wesentliehsten Ver~nderungen im Wasser- und EiweiBhaushalt so- wie im Fettgehalt der Zellen entgegen. Sie treten uns in der Form einer Zellhypoxydose entgegen, die zum TeiI eharakteristiseh ffir den Sauerstoff- mangel ist (Pichotka, E. Mi~ller und Rotter, Altmann). Auszunehmen hier- von sind Bilder der peripheren Leberl~ippehenverfettung und der Ver-

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fettung der Kupffersehen Sternzellen; sie sind Ausdruck einer verst~irkten Fettmobilisation, die in der Leber zu tlesorptions- und Speicherungsm6glich- keiten fiihrt. Im Tierexperiment werden Verfettungen in der Regel nieht gesehen, w~ihrend Glykogenverarmung und Vakuolenbildung zu den experi- mentell erzielbaren Ver~inderungen gehSren. Diese Ver~inderungen wurden yon Biichner und yon uns als Folge einer aIlgemeinen Hypoxydose an- gesehen. Es blieb bei dieser Annahme vom Morphologischen her unent- sehieden, ob ein allgemeiner Kreislaufkollaps, eine st~irkere Bindung des Sauerstoffes an H~imoglobin oder Hemmungen der Atmungsfermente in den Zellen zu dieser Gewebshypoxydose ffihren.

Gegen die Annahme einer allgemeinen Hypoxydose kSnnen allerdings Einwendungen gemaeht werden. MSgliehkeiten eines terminalen Kollapses sind zwar bei fallender Bluttemperatur in der Abnahme des Sehlagvolumens und der zunehmenden Hypodynamie des Herzens, sie sind auch in der Um- kehr der per!pheren Kreislaufdrosselung zu einer Gef~ff3paralyse gegeben. Aber die morpbologischen Befunde des Kollapses sind andere: Stauung der serSsen H~iute. Odem der Sehleimhaut des Darmtraktes und Lungen6dem wurden beim Unterkfihlungstod nicht in entsprechender Weise gefunden. Beim Kollaps stehen ferner neben Kapillartranssudation schwere, zum Tell nekrotisieJ ende Ver~inderungen an der Herzmuskulatur, Wandverquellungen der Corofiargef~il3e, Ganglienzellnekrosen und Parenehymnekrosen in den L~ippchenzentren der Leber im Vordergrund. Das morphologisch uneinheit- lithe und stark schwankende Bild der Vakuolenbildung und Verfettung in Leber, Nieren, Herz- und Skelettmuskulatur bei den Auskfihlungsf~illen ist nieht das des allgemeinen Kollapses.

KiUian hat fiberzeugend dargelegt, dab bei lokaler Hypothermie der Schaden der 5rtliehen Erfrierung kein K/iltesehaden, sondern ein Wieder- erw~irmungsschaden ist. Auch K~ilteexperimente bei der kfinstlichen Hiber- nisation und andere Untersuehungen zeigen, dab der Grad der Gewebs- abkfihlung nieht entscheidend fiir einen Gewebsschaden ist; Zellen ertragen Einfrierung sogar ohne Seh~iden. Eine K~iltehemmung der Atmungsfermente kann also bei den Blut- und Gewebstemperaturen der Auskiihlung, die immer fiber 250 liegen, fiir morphologische hypoxydotische Ver/inderungen nieht ausschlaggebend sein. Nut wenn durch zus/itzliche Ereignisse der Sauerstoffbedarf des Gewebes nicht mehr gedeckt ist, treten Hypoxydose und Zellsch~iden auf. Es ist also nicht prim~ir die Dissoziationskurve des Oxyh~imoglobins oder die K~iltehemmung von Fermenten entscheidend ffir Gewebssch~iden, sondern es sind offensiehtlich zus~itzliehe Faktoren, welehe die zun~ichst angepal3te Stoffwechsellage allgemein oder lokal zum Sehaden der Gewebe yer~indern.

Vieles deutet auf eine lokale Gef~il3abh~ingigkeit der hypoxydotisehen Ver/inderungen bin. Wir kSnnen zwar nieht beweisen, aber vermuten, dab es in erster Linie 5rtlieh begrenzte vorfibergehende Durchblutungssehwan- kungen sind, die sieh in Vakuolenbildung und Verfettung wie auch in der Albuminurie zu erkennen geben. Die strukturellen Ver~inderungen sind, so- weit sie degenerativer Natur sind, nur insofem k~iltespezifisch, als Durch- blutungssehwankungen sehon in GrSBenordnungen, die fiir den wohltempe-

160 E. Miiller:

rierten Menschen unbedeutend und vor allem leicht ausgleichbar sind, bei zunehmendem KiilteeinfluB wirksam werden kSnnen. Zellvergnderungen sind daher meist erst bei l~ingerer K~ilteaussetzung gefunden worden. Wie welt andere Belastungen, wie die J~nderung des Blut-pH-Wertes oder die Wasserabwanderung ins Gewebe bei fortschreitender Ausktihlung zur Va- kuolenbildung im Cytoplasma f/ihren kSnnen, ist nicht untersueht.

Diese Uberlegungen riicken yon der Annahme einer allgemeinen kreis- Iaufdynamisch, hypoxiimiseh dureh verst~irkte O~.-Bindung oder histotoxiseh durch Fermentl~ihmung bedingten Hypoxydose zugunsten lokaler, zirkula- torisch oder sonstwie bedingter Belastungen ab, welche in umschriebenen Zellgruppen und Gewebsabschnitten Erscheinungen der Hypoxydose be- wirken kgnnen. Die histologischen Bilder und funktionellen MSgliehkeiten haben ftir die Annahme eines allgemeinen Sauerstoffmangels nicht ge- niigend Beweiskraft. Natiirlieh ist am Ende alles Hypoxydose, und Zell- und Gewebsuntergang mtindet immer einmal in das ErlSschen der Oxy- dationsprozesse ein. In der Zelle ist das Bild der Hypoxydose abet viel- gestaltig und vorerst nicht geniigend iibersehbar.

Eine Beobachtung erscheint mir bemerkenswert. Es finden sich beim Unterktihlungstod des Menschen weder beim akuten Zusamrnenbruch noch bei Fiillen, wetche versehiedene Phasen der t/egulationen und somit einen protrahierten Zusammenbruch erlebten, Zeichen der Zell- oder Gewebs- nekrose. Das ist insofern auffallend, als Anzeichen der Gewebsseh~idigung in der Vakuolenbildung und Verfettung zum Tell sicher vorliegen. Ent- sprechende Veranderungen bei Zell- und Gewebshypoxydose anderer Krank- heitsbilder pflegen mit Zellnekrosen einherzugehen, w~ihrend beim Unter- ktihlungstod Zellnekrosen nicht beschrieben sind, auch nicht an sonst so empfindlichen Elementen wie den Ganglienzellen, den Herzmuskelfasem oder den Leberzellen. Dieses erscheint mir als ein Hinweis, dab Zellen und Gewebe unter dem EinfluB der Auskiihlung auf Belastungen offensichtlich nur gedgmpft reagieren, gewissermaBen wie unter einer Zellnarkose. Das l~iBt vermuten, dab die K~ilte im Falle yon SchadensmSglichkeiten hemmend auf die Ausbildung yon Zell- und Gewebsnekrosen wirkt.

Eine zusammenfassende Analyse der morphologischen Befunde bei der allgemeinen Ausktihlung des Menschen ergibt somit keinen eindeutigen Hinweis flit eine allgemeine und gleichartige Atiologie dieser Veranderun- gen. EiweiBausscheidung dutch die Nieren, herdfSrmige oder diffuse Ver- ~ettung in Lebe r und Nieren, Vakuolenbildung, feintropfige Veffettung in Here- und Skelettmuskultur sind wohl seltener Ausdruck allgemeiner Hyp- oxydose; zum grSBeren Teil sind sie Folge lokaler KreislaufstSrungen, lokaler l~bersteigerungen des Verbrennungsvorganges, verstiirkthr Anflutung von Fett oder in den Vakuolenbildungen der Nebenniere Zeiehen iiber- steigerter Leistung. Die Isomorphie, die Gleiehartigkeit ihres Aussehens, l~il3t bei diesen Befunden nieht den SehluB auf eine gleiehe Verursaehung zu.

Wir k6nnen somit den strukturellen Ver~inderungen in der Beurteilung jewefls einen bestimmten, oft nut besehr~nkten Weft zumessen. Das grit vor allem hinsichtlieh der Todesursaehe bei der Auskiihlung des Mensehen.

Die Pathologie der allgemeinen Unterkiihlung des Menschen. 161

V~

Damit ist die letzte Problematik, die Bedeutung der morphologisehen Befunde ffir die Klarung der Todesursache beim K~iltetod, angeschnitten. Es erhebt sich die kritische Frage, ob wir vom Morphologischen her fiber- haupt einen Zugang zum Problem der Todesursache bei der allgemeinen Auskfihlung haben. Die morphologischen Befunde sind nicht eindeutig. Ihre Bewertung steht auf der Stufe des Indizie~abeweises; der Vermutbar- keit, die einer solchen Beweisf/ihrung zugrunde liegt, halter der Mangel einer Objektivierbarkeit an.

Wir hatten urspriinglich in der Deutung unserer Befmade als hypoxy- dotische Erscheinungsbilder eine allgemeine Sauerstoffmangelhypoxydose als Todesursache angenommen (BiJchner, E. Miiller, Rotter, Carow, Kloos). Diese Annahme grfindete sich auf die iJberlegung, dab der Anpassungs- f~ihigkeit des Organismus an die k~iltebedingte verst~irkte H~imoglobin- Sauerstoffbindung durch Herabsetzung des Oxydationsprozesses eine Grenze gesetzt sei. Von Werz hatte mit dem Begriff der Sauerstoffsehere den Ge- danken entwickelt, dab bei der gegenl~iufigen Entwicklung der vermehrt Sauerstofs fordernden chemischen W~irmebildung und der zunehmenden Verminderung der Sauerstoffabgabe die Krisis eintr~ite. Eine allgemeine Sauerstoffmangelhypoxydose l~iBt einen Erstickungsstoffwechsel erwarten; ein solcher ist aber, wie KiUian hervorhebt, nicht nachzuweisen. Somit kann die Annahme eines allgemeinen Sauerstoffmangels als Ursache fiir den K~iltetod zum mindesten keine Allgemeingfiltigkeit besitzen. Auch der Mor- phologie des Auskfihlungssehadens mangelt es an Beweiskraft ffir eine solche Annahme; die Vefiinderungen sind zum Tell unbedeutend und be- treffen gerade die sauerstoffempfindlichen und lebenswichtigen Zellen und Gewebe - - wie Gehim und Herzmuskulatur - - nicht oder nicht wesentlich.

Die gleichen Feststellungen gelten hinsichtlich der Frage des Kollaps- todes (der nach Killian in erster Linie bei Geretteten mit der Wiederauf- w~irmung zu beffirchten ist) oder hinsichtlich eines allgemeinen effektiven K~ilteschadens der Parenchyme. Vakuolenbildung und Verfettung zeigen uns ein Leben der Zellen unter ver~inderten Bedingungen an. Aber sie be- weisen doch immerhin in der Auseinandersetzung der Zellen mit einer neuen Situation deren Lebensf~ihigkeit. Erst die Nekrose wfirde das Er- liegen anzeigen und erst ihr kSnnte die Beweiskraft eines tSdlichen Er- eignisses zukommen. Nekrosen treten abet unter den Bedingungen der Aus- kfihlung nicht ein.

Da die histologischen Befunde Verwandtschaft zur Wirkstoff- und N~ihr- stoffmangelhypoxydose zeigen, liegt die Frage nahe, ob es eine StiJrung der energieliefernden Reaktionen sein kann, die den Tod herbeiffihrt. Unter- suchungen beim Auskiihlungstod des Menschen wie auch tierexperimentelle Untersuchungen zeigen einen zum Tell elektiven Glykogenschwund in der Herzmuskulatur (Staudinger und Hiinel-Immend6rfer). Wit wissen abet von der Thyroxinwirkung her, wie erstaunlieh das noch ertr~gliehe Mal3 der Glykogenerseh5pfung in der Herzmuskulatur ist. Wie welt St5rungen in der rhythmisehen Erregungsleitung des Herzens dureh die oft besonders

Aeta Neurovegetativa, Bd. XI, Heft 1--4. ] 1

162 E. Miiller:

auffallende Glykogenverarmung des Reizleitungssystems bedingt sind, laBt sich nieht entseheiden. Wenn Sektionsergebnisse ein starkes Him- und Lungen6dem zeigen, dann lassen diese Befunde nur far den Einzelfall und nicht im allgemeinen ein Iterzversagen erkennen. Da die histologischen Be- funde am Herzen gering sind, ist die Ursache einer kaltebedingten Herz- insuffizienz vorwiegend in einer histologisch nicht gekennzeichneten Adyna- mie zu suehen, wobei die Dilatation der reehten Herzkammer im Vorder- grund steht.

Eine gewisse Sonderstellung nehmen die Nebennieren ein, bei denen Vakuolenbildung und Lipoidentspeicherung bei l~ingerer Unterkfihlung ein Hinweis ffir eine verstarkte Belastung und vielleicht auch far eine hormo- nale Insuf-fizienz sein k6nnen.

Die Beantwortung der Frage, welchen yon unseren histologischen Be- funden nun eine zentrale Bedeutung hinsichflich des Todeseintrittes zu- kommt, bringt uns in Schwierigkeiten. Wir k6nnen keine entscheidende strukturelle "Veriinderung an[Shren. Wit kommen vielmehr auf die so ein- fach erscheinende Feststellung hinaus, dab in der hohen Differenzierung und verfeinerten Spezialisierung der vegetativen und sonstigen Steuerungs- systeme des Menschen die Gefahr des Versagens bei Extremlagen vorliegt. Mit dem Versagen wird nieht eine mikroskopisch siehtbare Strukturver~inde- rung, sondern die kiiltebedingte Funktionsunterbreehung autonomer Re- aktionen und Abl~ufe tSdlieh - - aber aueh der Zustand der allgemeinen k~Srperliehen Ersehtipfung beim Versagen der Regulationsm~igliehkeiten kann den Tod herbeifahren. Die Morphologie l~iBt nieht erkennen, ob es einen Untersehied in der Todesart bei akut oder bei protrahiert tSdlieh wirken- der Auskfihlung gibt. Naeh Grosse-Brockhof[ und Schoedel stehen im Tier- experiment die Lghmung der medull~iren Zentren sowie St5rungen der Erregungsbildung und -ausbreitung im Herzen im Vordergrund. Bigelow und Mitarbeiter zeigten im Tierversueh, dab bei Herzstillstand infolge K~ilteeinwirkung dureh elektrisehe Reize anf den Sinusknoten die Herz- aktion wieder in Gang gebracht werden konnte. Der Sehaden ist also zu- niiehst nieht irreversibel, nur der zu lange bestehende Herzstillstand ist tSd- lieh. Wo die Wiedererweekung - - wie beim Menschen - - nicht mSglieh ist, tritt mit dem Herzstillstand eben nach kurzer Zeit der Tod ein. Das gleiche gilt anch wohl ffir die Frage der Wiederbelebung wichtiger k~lteblockierter Hirnzentren.

Sinnvolle Ordnung ist ein Wesensmerkmal des Lebendigen. Die durch das aufeinander abgestimmte Spiel der Regulationen erhaltene Ordnung der W~irmebildung kann bei der Auskahlung sofort oder sp~iter den totaten Zusammenbrueh erfahren. Welches Organ oder welehe Funktion hierbei zuerst versagt, lgllt sieh vom Morphologisehen her nieht grunds~itzlich be- stimmen. Es ist durehaus wahrseheinlieh, dab es mehrere innere Todes- ursaehen gibt und dab nieht das gesetzm~igige Versagen eines bestimmten Organs in jedem einzelnen Fall den Tod herbeiffihrt.

Aueh far unsere ~berlegungen hat der Satz des Hippokrates Geltung, den der Kliniker Hoff kfirzlieh an das Ende seiner Ausffihrungen fiber die

Die Pathologie der allgemeinen Unterkiihlung des Mensehen. 1~3

Klinik der Nebennieren und ihrer Korrelationen setzte: ,,Alle Teile des KSrperhaushaltes bi lden einen Kreis, jeder Teil ist daher zugleich Anfang und Ende."

Zusammenfassung.

Das Referat basiert im wesentlichen auf Untersuchungen bei Todesfallen in Seenot, wobei die in Seenot Geratenen einer Auskiihlung von wenigen Stunden bis zu 8~/~ Tagen ausgesetzt waren. Einleitend wird auf die Schwierigkeit einer Deutung morphologischer Befunde bei Sektionsfallen hingewiesen. Es liegen hier vielfach Endstadien geweblicher Veranderungen vor, deren Bedeutung nur aus der Kenntnis dessen verstandlich wird, was die Physiologie und die pathologische Physio]ogie hier erarbeitet hat. Anderseits ist den morphologischen Befunden ein dokumentarischer Beweiswert fiir ~berlegungen funktioneller Art zuzusprechen. So kann das Referat nut einen Teilaspekt der Unterkiihlungssehaden bieten, der seine sinnvolle Erganzung dureh die Referate der Physiologen findet.

Eine zweekm~iBige Gruppierung morphologiseher Veriinderungen bei der all- gemeinen Ausktihlung wird dureh klinisehe und tierexperimentelle Erfahrungen ermSglieht. Sie lassen Befunde bei kreislaufdynamisehen, hormonalei1 und ehemi- sehen Regulationen gegen Veranderungen abgrenzen, die mit oder naeh dam Zu- sammenbrueh soleher Regulationen als Zell- und Gewebssehaden in Erseheinung treten.

Diesen Erwagungen entspreehend befaBt sieh das Referat zunaehst mit der Morphologie hamodynamiseher Veranderungen und mit Veranderungen des Ge- faBsystems. Ein eharakteristiseher makroskopiseher Sektionsbefund ist yon seiten des Kreislaufes nieht zu erheben. Allerdings seheint die Zentralisation des Kreis- laufs - - kennflieh an der starken Blufftille der inneren Organe einsehlieBlich des Gehirns - - die konstanteste Regulation selbst bei extremster und l~ingster Kalte- einwirkung zu sein. Ein Kaltekollaps erseheint naeh der Art der Blutverteilung unwahrseheinlieh. Mit der Intensivierung der Auskiihlung deuten sieh allerdings StSrungen in der zentralen Kreislaufregulation an; in deren Auswirkung fiihren funktionelle periphere DurehblutungsstSrungen in der Art weehselnder hyper- amiseher und isehamiseher Zustande zu gesteigerter Kapillardurehlassigkeit (EiweiBausseheidung dureh die Nieren, subepikardiale und subpleurale Blutungen) und zu geh~iuftem Auftreten h~morrhagiseher Erosionen der Magensehleimhaut.

Die Frage hormoneller Steuerungen hat die Sehilddriise in den Mittelpunkt experimenteller Untersuehungen gestellt. Im Gegensatz zu morphologisehen Ver- anderungen beim Tier, die bis zum Bilde der SehflddrtisenersehSpfung mit vSlliger Kolloidentleerung und Epithelreizung gehen kSnnen, sind bei den mensehliehen Todesf~illen weder beim akuten friihen Zusammenbrueh noeh bei den spat auftre- tenden Todesfallen morphologisehe Veranderungen siehtbar. Es finder sieh stets das Bfld der ruhenden kolloidreiehen Sehilddriise mit flaehkubisehem Epithel. Die Nebenniere zeigt beim akuten Auskiihlungstod keine strukturellen Ver~inde- rungen, wahrend langdauernder zuletzt tSdlieher Warmeentzug zu eineln hoeh- gradigen Lipoidsehwund in der Nebennierenrinde fiihrt. Es bleibt vom Morpho- logisehen her fraglieh, wie weir der Lipoidsehwund eine gesteigerte Rinden- hormonaussehiittung otter gar eine Rindeninsuffizienz anzeigt.

Morphologisehe Befunde, die das Problem der chemischen Regulationen - - in erster Linie also den Glykogengehalt der Gewebe - - beriihren, sind naturgelnaB yore Sektionstiseh her mit Vorsieht zu bewerten, da der postmortale Glykogen- abbau das intravitale Bild schnell verandern kann. Wenn beim akuten Aus-

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I 6 4 E. Mfiller:

kfihlungstod kein wesentlicher Glykogenschwund bei {riihzeitigen Sektionen zu linden ist, so zeigt dieses, dab die schnelle Reduktion des Stoffweehsels keine Aus- sch6pfung der Glykogenreserven zul~iBt. Im erhaltenen Glykogenbestand kann ein Anzeiehen absoluter Insuffizienz der ehemischen W~rmebildung gesehen werden, w~ihrend anderseits der Phase einer Kompensation oder einer nut relativen De- kompensation der W~irmebildung eine zunehmende Glykogenverarmung, in erster Linie in Leber, Herz- und Skelettmuskulatur, entspricht.

Die Insuffizienz der Regulationen bei anhaltender oder gesteigerter K~iltewir- kung - - also das funktionelle relative oder absolute Versagen aller Schutzmal3- nahmen des Organismus - - ffihrt zu gewebliehen Ver~inderungen. Diese zeigen das morphologisehe Bild der Sauerstoffinangelerscheinungen: Vakuolenbildung an Leberzellen, an Zellen des Nebennierenmarkes, an Zellen der Azini der Bauch- speicheldrfise sowie an Herzmuskelfasern; Veffettung azinozentraler Leberl~ipp- chenabschnitte, herdf6rmige Veffettung yon Herzmuskulatur und Skelettmuskula- tur, fleckf6rmige oder diffuse Veffettung von Epithelien der Harnkan~ilehen- hauptstficke. Diese Befunde treten erwartungsgem~iB nut bei l~ingerer Auskfihlung in der Phase der Dekompensation auf. Es ist nicht erwiesen, dab sie der Ausdruck eines MiBverh~iltnisses yon Sauerstoffangebot und Sauerstoffbedarf sind, da der verst~irkten O2-Bindung an H~imoglobin ein verminderter O~-Bedarf der Gewebe unter K~ilteeinwirkung parallel geht. Es ist wahrscheinlieh, dab Vakuolenbildung und Veffettung Zeichen einer allgemeinen intrazellul~en Fermentinaktivit~it bei zunehmender Zellauskfihlung sin& Sic sind demnach mehr dureh Erlahmung der intrazellulliren - - vorwiegend dcr oxydativen - - Stoffwechselvorg~inge bedingt und weniger hypoxiseh dureh verst~irkte O2-Bindung an H~imoglobin.

Die Frage der Todesursache l~igt sieh vom Morphologisehen allein nicht be- antworten. Eindeutige als Todesursache zu wertende Gewebsverlinderungen wur- den beim Menschen bisher nieht gefunden. Hypoxydose, Versagen yon Ferment- systemen und Blockade der Erregungsleitung im Herzen werden als Ursache des Unterkiihlungstodes diskutiert.

Summary. This report is based in substance on investigations in cases of death occurred

in naval accidents where the persons concerned were exposed to cold temperatures for a period of time ranging from a couple of hours to eight and a half days. At the beginning, the author points to the difficulty of an interpretation of morpho- logical findings in cases subjected to dissection. There are, in many instances, terminal stages of changes in the tissues, the significance of which may be under- stood only by the knowledge of the facts established in such cases by physiology and pathophysiology. On the other hand, we must attribute to the morphological findings a documentary value of proof for reflections of morphological nature. Thus, this report may offer only a partial aspect of cold injuries to be completed accordingly by the reports of the physiologists.

An available grouping of morphological changes at the general supercooling has been made possible by clinical experiences and by animal experiments. They enable us to delimit findings in dynamic regulations of circulation and in hormonal and chemical regulations from changes appearing as injuries to cells and tissues, with or after the breakdown of such regulations.

I view of these reflections, this report deals at first with the morphology of hemodynamic changes and with changes in the system of the blood vessels. Charactefistical macroscopic dissection findings may not be attained as far as the

Die Pathologie der allgemeinen Unterkiihlung des Menschen. 165

blood circulation is concerned. However, the centralization of blood circulation recognizable by the large quantities of blood in the interior organs including the brain, seems to be the most constant regulation, even under the influence of extreme and long lasting cold temperatures. A collapse caused by cold temperature seems to be improbable in view of the way in which the blood is distributed. With the intensification of supercooling, however, are observed disturbances in the central regulation of blood circulation. In consequence thereof functional peri- pheral circulation troubles in the way of changing hyperemic and ischemic states lead to an intensified permeability of the capillary vessels (renal secretion of protein, subepieardial and subpleural bleeding) and to an augmented occurrence of hemorrhagic gastric erosions.

The question of hormonal regulations has put the thyroid gland into the center of the experimental investigations. Contrary to morphological changes in animals, which may even assume the appearance of an exhaustion of the thyroid gland with complete release of the colloids and irritation of the epithelium, morphological changes are not visible in the human cases of death, either at the acute early breakdown or in the cases of later occurring death. There is always to be found a resting thyroid gland rich in colloids with fiat cubic epithelium. The adrenals do not show any structural changes at the acute death due to supercooling, while a long lasting and finally deadly loss of heat causes an extended loss of lipoids Jn the adrenal cortex. From a morphological point of view it remains questionable in how far the loss of lipoids indicates an increased secretion of the cortical hormones.

Morphological findings which touch the problem of chemical regulations, in the first place, therefore, the metabolism of glycogen in the tissues, are, from the point of autoptical view, to be judged with caution, as the postmortal reduction of glycogen may rapidly change the intravital state. If in cases of death occurred due to supercooling no considerable loss of glycogen may be found at early autopsy, this shows that the rapid reduction in the metabolism does not admit an exhaustion of the glycogen reserves. The remaining quantity of glycogen may be considered as a symptom of absolute insufficiency of the chemical production of heat, while, on the other hand, an increasing loss of glycogen, in the first place in the liver and in the musculature of the heart and skeleton, corresponds to the phase of a compensation or of a merely relative deeompensation in the pro- duction of heat.

The insufficiency of the regulation during a continuous or increased exposure to cold, i. e., the functionally relative or absolute failure of all protective measures of the organism, causes changes in the tissues. These changes show the morpho- logical picture of the symptoms of lack of oxygen: formation of vacuoles in the cells of the liver, the marrow of the adrenals, the acini of the pancreas, and in the heart muscle fibers; furthermore, fatty degeneration of the acinoeentral parts of the liver lobules, fociform fatty degeneration of the musculature of heart and skeleton, spotted or diffuse fatty degeneration of epithelia of the principal parts of the tubuli of the kidney. These findings occur, as expected, only after a long lasting exposure to cold in the phase of decompensation. It has not been proved that they are the expression of a disproportion in the supply of and in the demand for oxygen, as, under the influence of cold, the strengthened 02 binding to hemo- globin is parallel to the decreased demand of tl~e tissues for 02. It is probable that the formation of vacuoles and the fatty degeneration are symptoms of a general intracellular fermentative inactivity at the increasing supercooling of the cells. Therefore they are based rather on the paralyzation of the intracellular, chiefly oxydative metabolic processes than hypoxically on the strengthened 02 binding to hemoglobin.

166 E. Mfiller:

The question of the cause of death cannot be answered from a morphological point of view only. Distinct changes in the tissues which could be considered as the cause of death could not yet be found in man. Hypoxydosis, failure of fermen- tative systems, and blocking of the conduction of the cardial irritations are dis- cussed as causes of death due to supercooling.

Rdsumd.

Ce rapport s'appuye principalemcnt sur des recherches sur des eas mortels par suite d'aeeidents maritimes off les personnes en question ont 6td expos6es ~ des temp6ratures froides pendant des p~riodes de quelques heures jusqu'~ huit jours et demi. L'auteur ddmontre la diffleultd d'une interpr6tation de eonstatations morphologiques dans les cas diss6qu6s. I1 y a, en nombre de eas, des dtats finals tissnlaires dont l'importanee n e peut 6tre comprise que par la eonnaissanee des faits 6tablis en tels eas par la physiologic et la pathophysiologie. D'autre part, nous devons attribuer aux constatations morphologiqnes une valeur de preuve docu- mentaire pour des r6flexions de nature morphologique. Ainsi ee rapport ne peut offrir qu'un aspect partiel des alt@ations caus6es par le froid qui exige un com- pl6ment par les rapports des physiologistes.

Un groupement eonvenable de changements morphologiques ehez la surfusion g6n~ra]e a 6t6 rendu possible par des exp6rienees cliniques et par des exp6rhnen- tations animales. Elles nous rendent capables de d61imiter les r6sultats trouv6s dans des r6gulations dynamiques eireulatoires et dans des r6gulations hormonales et ehimiques des changements qui se manifestent eomme des perturbations des eel- lules et des tissus avee ou apr~s le eollapsus de telles r6gnlations.

En rue de ces r6flexions, ce rapport s,occupe, d'abord, de la morphologie de changements h~modynamiques et de ehangements du systbme des vaissaux san- guins. On ne trouve pas des rds~ltats de dissection earact6ristiques maeroseopiques eoncernant la circulation sanguine. Pourtant, la eentralisation de la circulation sanguine reconnaissable par les quantitds abondantes de sang dans les organes int6rieurs, y compris le eerveau, est, en apparence, la r6gulation la plus eonstante, m~me sous l'influenee de temp6ratures de froid extreme durant longtemps. Un collapsus eaus6 par une tempdrature froide est peu probable en 6gard ~ la mani~re de la distribution du sang. Avec l'intensification de la suffusion, pourtant, on observe des perturbations de la r6gulation sanguine. Par cons6quent, des alt6ra- tions cireulatoires p~riph6riques et fonctionelles de la mani&re d'dtats hyper- dmiques et isch6miques cbangeants m6nent ~ une perm6abilitd intensifi6e des capillaires (s6crdtion de proteine renale, h6morrhagie sub6picardiale et sub- pleurale) et ~ une manifestation augment6e d%rosions h6morrhagiques gastriques.

La question de r~gulations hormonales a mis la glande thyroYde au centre des reeherehes exp~rimentales. Contrastant avee les ehangements morphologiques dans des animaux qui peuvent adopter marne l'apparence d'une exhaustion de la glande thyroYde, avec une perte compl6te des eolloides et une irritation de l'@ith61ium, des changements morphologiques ne sont pas visibles chez des eas mortels hu- mains, ni ehez le eollapsus per aigu, ni ehez des eas morts plus tar& On tro,uve toujours la glande thyroide indiff6rente, fiche de collos avec un 3pith~lium plat cubique. Les glandes surr6nales ne pr6sentent pas de ehangements structurels ehez la mort aigu~ par suite de la surfusion tandis qu'une perte de cbaleur durant longtemps et finalement mortelle cause une perte dtendue de lipides dans l'6eoree snrr6nale. D'un point do vue morphologique il reste douteux iusqu'~ quel point la perte de lipides indique une s~er~tion augmentde des hormones eortieales.

Die Pathologie der allgemeinen Unterkiihlung des Menschen. 167

Des r6sultats morphologiques touchant le probl6me de r6gulations chimiques, surtout, par cons6quent, le m6tabolisme du glycog6ne dans les tissus, doivent, du point de vue de la dissection, 6tre jug6s avec pr6caution, parce que la r6duction de glycoggiie postmortelle peut rapidement changer l'6tat intravital. Si dans des cas mortels par suite de la suffusion des pertes consid6rables de glycog6ne man- quent en cas d'autopsie imm6diatement apr~s la mort, cela d6montre que la r6duction rapide du m6tabolisme n'admet pas une exhaustion des r6serves de glycog6ne. La quantit6 restante de glycog6ne peut 6tre consid6r6e comme un sympt6me d'insufficience absolue de la production chimique de la chaleur, tandis que, d'autre part, uiie perte augment6e de glycog6ne, surtout dans le foie et dans la musculature du coeur et du squelette, correspond ~ la phase d'une compen- sation ou d 'une d6compensation relative de la production de chaleur.

L'insuffleience des r6gulatioiis pendant une suffusion contiiiuelle et augmeiit6e, c'est-~-dire ]a manque fonctionnelle relative ou absolue de toutes les mesures de protection de l'organisme, provoque des changements des tissus. Ces changements pr6seiitent l 'image morphologique des sympt6mes de la manque d'oxyg6ne: for- mation de vacuoles dans les cellules h6patiques, dans la moelle des glandes surr6nales, dans les acini du pancr6as et dans les fibres musculaires du eoeur; ensuite, la d6g6n6ration graisseuse des centres aciiieux du foie, la d6g6n6ration graisseuse locale de la musculature de coeur et du squelette, la d6g6n6ration graisseuse diss6min6e ou diffuse de l'6pith61ium des parties principales du n6phron. Comme expect6, ces r6sultats n'arriveiit qu'aprbs uiie suffusion de longue dur6e dans ]a phase de d6composition. I1 II'a pas 6t6 prouv6 qu'fls sont une expression d'uiie disproportion de l'offre et du besoiii de l'oxyg6ne parce que, sons l'influence du ffoid, la combiiiaison fortifi6e de FOe et de l'h6moglobine est parall6le au besoin diminu6 des tissus de I'O2. I1 est vraisemblable que les vacuoles et la d6g6n6ration graisseuse sont des sympt6mes d 'une inactivit6 fermentative intra- cellulaire g6n6rale en cas de suffusion augment6e cellulaire. C'est alors qu'ils sont has6 plut6t sur la paralisation des processus m6taboliques intracellulaires avant tout oxydatifs que, hypoxiquemeiit, sur la eombinaison fortifi6e de 1'0~ et de l'h6moglobiiie.

On ne peut pas r6pondre ~ la question de la cause mortelle seulemeiit d 'un point de vue morphologique. Jusqu'~ pr6sent on n'a pas pu trouver ehez l 'homme des ehaiigements distinets des tissus que l 'on pourrait eonsid6rer eomme la cause mortelle. L'hypoxydose, la manque de syst6mes fermeiitatifs et le bloeage de la conduction des irritations eardiales oiit 6t6 discut6s eomme des causes de la mort part suite de ]a surfusioii.

Literatur.

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Ansehrift des Verfassers: Prof. Dr. Erich Miiller, Pathologischcs Institut der Universit~it, Erlangen.

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