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Universität Trier
Fachbereich I – Pädagogik
Erstgutachter: Prof. Dr. Philipp Gonon
Zweitgutachter: Dr. Randolf Körzel
Die PISA-Studie im bildungspolitischen Diskurs Eine Untersuchung der Reaktionen auf PISA in Deutschland und im Vereinigten Königreich
Diplomarbeit im Bereich „Allgemeine Pädagogik“
Vorgelegt von:
Tanja Maria Weigel
Hauptstr. 8
66636 Hasborn
Trier, im November 2004
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung ............................................................................................................................ 1
2 Theoretische und methodische Grundlagen der Arbeit ................................................. 6
2.1 Internationale Bildungsforschung ................................................................................. 6
2.2 Diskursiver Ansatz........................................................................................................ 9
2.3 Inhaltsanalytischer Ansatz .......................................................................................... 12
2.4 Anwendung auf die Analyse und Implikationen für die Vorgehensweise.................. 14
3 Die PISA-Studie................................................................................................................ 19
3.1 OECD als Akteur von PISA........................................................................................ 19
3.2 Anlage von PISA ........................................................................................................ 21
3.3 Wesentliche Ergebnisse von PISA.............................................................................. 24
4 Reaktionen in Deutschland.............................................................................................. 26
4.1 Grundzüge des Bildungswesens in Deutschland ........................................................ 26
4.2 Haltungen im Vorfeld von PISA................................................................................. 29
4.3 Urteile über PISA........................................................................................................ 34 4.3.1 PISA als „anspruchsvollste Schulstudie der Bildungsgeschichte“ ...................... 35 4.3.2 PISA als Vergleich von „Äpfeln mit Birnen“...................................................... 36
4.4 Die globale Perspektive .............................................................................................. 40 4.4.1 Die globale Perspektive in der Ergebnisdarstellung von PISA ........................... 40 4.4.2 Die globale Perspektive in der Reformdiskussion ............................................... 42
4.5 Kernthemen im unmittelbaren Diskurs nach PISA..................................................... 45 4.5.1 Verbesserung des Unterrichts .............................................................................. 46 4.5.2 Situation der Lehrer ............................................................................................. 48 4.5.3 Frühkindliche Bildung ......................................................................................... 52 4.5.4 Schulstrukturfrage................................................................................................ 56
4.6 Kernthemen im weiterführenden Diskurs nach PISA................................................. 60 4.6.1 Situation der Lehrer ............................................................................................. 60 4.6.2 Schulstrukturfrage................................................................................................ 64 4.6.3 Bildungsföderalismus .......................................................................................... 69
4.7 Zwischenfazit für Deutschland ................................................................................... 74
5 Reaktionen im Vereinigten Königreich.......................................................................... 79
5.1 Grundzüge des Bildungswesens im Vereinigten Königreich ..................................... 79
5.2 Haltungen im Vorfeld von PISA................................................................................. 83
5.3 Urteile über PISA........................................................................................................ 85 5.3.1 “PISA is the most thorough study ever done” ..................................................... 85 5.3.2 Vereinzelte Kritik ................................................................................................ 87
5.4 Die globale Perspektive .............................................................................................. 88 5.4.1 Die globale Perspektive in der Ergebnisdarstellung von PISA ........................... 89 5.4.2 Die globale Perspektive in der Reformdiskussion ............................................... 91
5.5 Kernthemen im unmittelbaren Diskurs nach PISA..................................................... 94 5.5.1 PISA “as a vindication of the reforms?”.............................................................. 94 5.5.2 Mehr Chancengleichheit nach PISA.................................................................... 97
5.6 Kernthemen im weiterführenden Diskurs nach PISA................................................. 99 5.6.1 Chancengleichheit.............................................................................................. 100 5.6.2 Die Beschäftigung mit Deutschland .................................................................. 105 5.6.3 Situation der Lehrer ........................................................................................... 107 5.6.4 Kritik an Leistungstests...................................................................................... 110
5.7 Zwischenfazit für das Vereinigte Königreich ........................................................... 111
6 Fazit ................................................................................................................................. 116
Anhang .................................................................................................................................. 122
Literaturverzeichnis............................................................................................................. 131
Abkürzungsverzeichnis........................................................................................................ 157
Kapitel 1: Einleitung 1
1 Einleitung
PISA, die Abkürzung für „Programme for International Student Assessement“,
repräsentiert die bisher umfassendste Schulleistungsstudie.1 Im Dezember 2001 wurden
die bisherigen Ergebnisse von PISA für alle 32 teilnehmenden Länder vorgestellt. Diese
Ergebnisse haben internationale Beachtung gefunden und auch zu einer weiten Resonanz
und Diskussion über Bildungspolitik in der Öffentlichkeit geführt.2
Gerade diese Diskussion hat die OECD, die PISA durchgeführt hat, bezweckt:
„Eine Studie wie PISA kann allein keine eindeutigen Antworten hinsichtlich der
Faktoren geben, die die unterschiedlichen Leistungen verursachen und kann daher nicht
den bildungspolitischen Kurs vorgeben, den die Länder einschlagen sollten. Einer der
großen Vorteile von PISA besteht aber darin, dass sie den einzelnen Ländern ihre
jeweiligen Stärken und Schwächen aufzeigen und die Diskussion über die gegenwärtige
Bildungspolitik und Schulpraktiken anregen kann.“ 3
Die Diskussion um Bildungspolitik und Schulpraktiken konnte tatsächlich angeregt
werden. Dies stellt den Anknüpfungspunkt der vorliegenden Arbeit dar, denn gerade
diese Diskussion nach PISA soll näher beleuchtet werden. Sie wird durch eine Analyse
der Medienberichterstattung zu PISA untersucht, wobei der Fragestellung nachgegangen
wird: Was sagt die öffentliche Meinung, die sich in der Medienberichterstattung
widerspiegelt, 4 zu PISA?
Für die Untersuchung werden exemplarisch zwei Staaten ausgewählt: Deutschland und
das Vereinigte Königreich.5 Beide Staaten sind demokratische, hochentwickelte
Industrienationen, was eine gemeinsame Basis darstellt. Die Wahl ist aber besonders
deshalb interessant, da beide Staaten trotz wirtschaftlichen und politischen
1 Vgl. OECD (2003): Literacy Skills for the World of Tomorrow. Paris, S.12: „PISA is the most comprehensive and rigorous international effort to date that seeks both to assess student performance and to collect data on the student, family and institutional factors that can help to explain differences in performance.“ 2 Vgl. dazu den OECD-Pressespiegel: Hier finden sich Medienberichte zu PISA aus allen an der Studie teilnehmenden Ländern: www.pisa.oecd.org/News/cntry.htm [14.11.04]. 3 OECD (2002a): Bildungspolitische Analyse 2002. Paris, S.66. 4 Dass sich die öffentliche Meinung hier reflektiert, kann behauptet werden, da Rattinger öffentliche Meinung als die innerhalb eines bestimmten Zeitraumes gegebene Themenstruktur in den Medien kennzeichnet. Vgl. Rattinger (1995): Aussenpolitik und öffentliche Meinung in der Bundesrepublik. Ein Datenhandbuch zu Umfragen seit 1954., S.13. 5 „Vereinigtes Königreich“ ist die offizielle Bezeichnung für England, Wales, Schottland und Nordirland. Die Bezeichnung „Großbritannien“ schließt dagegen Nordirland aus. Vgl. Oxford Advanced Learner’s Dictionary (1994) Berlin, S. 546 und S.1385. In britischen Zeitungsberichten über PISA wird daher von „United Kingdom“ oder meist von „UK“ gesprochen, wenn der Gesamtstaat gemeint ist. Diesem Sprachgebrauch folgend wird auch in dieser Arbeit anstatt der längeren Bezeichnung „Vereinigtes Königreich“ zum großen Teil das Kürzel „UK“ verwendet.
Kapitel 1: Einleitung 2
Gleichgewichts unterschiedliche Bildungssysteme6 entwickelt haben. Außerdem hat
Deutschland schwache Ergebnisse bei PISA erzielt, während im Gegensatz dazu das
Vereinigte Königreich sehr gute Ergebnisse erreicht hat. Indem ein Staat mit guten und
ein Staat mit schlechten Ergebnissen gewählt werden, können sich Hinweise ergeben,
inwiefern die Diskursrichtung von den Ergebnissen mitbestimmt sein kann.
Die Untersuchung in den Medien konzentriert sich auf vier Zeitungen aus Deutschland
und vier aus UK. Ausgewählt wurden für Deutschland die Frankfurter Allgemeine
Zeitung, die Frankfurter Rundschau, die Zeit und die GEW. Für UK wird im
wesentlichen The Times, The Guardian, The Independent und die TES verwendet.7 Mit
dieser Auswahl wird versucht, die politischen Positionen zwischen links-liberal und
rechts-konservativ in beiden Staaten abzudecken, sowie in Form der GEW und der TES
je eine Zeitung in die Analyse mit einzubeziehen, die sich stärker an den Belangen der
Lehrer orientiert.
Die spezifische Leistung der Arbeit ist es, dass sie ein eigenes Raster für den Diskurs
über PISA entwirft. Dieses dient dem internationalen Vergleich, da die Reaktionen auf
PISA in zwei Staaten in dem Raster direkt einander gegenüber gestellt werden können.
Um diesem Raster eine Struktur zu geben, wurden mit Rückgriff auf theoretische
Grundlagen8 konkrete Einzelfragen formuliert, die dann in groben Zügen das Raster für
beide Staaten widerspiegeln. Die Fragen lauten im einzelnen:
- Wie wird PISA im Diskurs in Deutschland und UK beurteilt?
- Welchen Einfluss hat die globale Perspektive bzw. der Verweis auf das Ausland in
dem Diskurs?
- Über welche Themen wird unmittelbar nach PISA diskutiert?
- Wie entwickelt sich der Diskurs im Folgejahr nach PISA?
Die erste Frage dreht sich um die Urteile über PISA. Diese Frage wird gestellt, da die
Validität einer Studie ein entscheidender und prägender Faktor für den Umgang eines
Landes mit Daten aus internationalen Vergleichen ist. Bei der zweiten Frage wird
6 Der Begriff “Bildungssystem” soll in dieser Arbeit ein Synonym für die nationale Ausgestaltung eines Bildungswesens in seiner Gesamtheit sein. Mit dieser Verwendung des Begriffs wird einem gängigen Sprachgebrauch gefolgt: Vgl. Gonon (1998): Das internationale Argument in der Bildungsreform. Die Rolle internationaler Bezüge in den bildungspolitischen Debatten zur schweizerischen Berufsbildung und zur englischen Reform der Sekundarstufe II. Bern et al. S.40; Der Begriff „Bildungssystem“ soll nicht systemisch gedeutet werden. 7 Für UK werden im zweiten Untersuchungszeitraum noch drei Beiträge der BBC und ein Beitrag von Press Release in die Untersuchung miteinbezogen. Dies ist erfolgt, da die Berichterstattung in UK insgesamt viel geringer ist als in Deutschland. Durch Hinzunahme dieser vier Artikel kann ein umfassenderes Bild von dem Diskurs im zweiten Untersuchungszeitraum dargestellt werden.
Kapitel 1: Einleitung 3
geprüft, ob in dem PISA-Diskurs der Verweis auf andere Länder dazu dient,
Reformdruck zu erzeugen oder auch Reformvorstellungen umzusetzen. Dafür wird in der
Analyse eine globale Perspektive herausgearbeitet, die eben diesen Verweis auf andere
Länder beinhaltet. Das erkenntnisleitende Interesse der dritten Frage ist es, die
Kernthemen im Diskurs herauszuarbeiten, um damit feststellen zu können, inwiefern eine
Reformperspektive nach PISA zum Ausdruck kommt. Die vierte Frage schließlich
untersucht den Aspekt von Kontinuität und Wandel der Kernthemen, wodurch wiederum
ein Rückschluss auf die Reformperspektive gezogen werden kann, um zu zeigen, ob
diese sich weiterentwickelt, sich verstärkt oder sich vermindert.
Insgesamt ist es nicht der Anspruch der Arbeit zu beurteilen, ob die Diskurse in
Deutschland und UK falsch oder richtig sind, d.h. es soll kein eigener Standpunkt im
Diskursgeschehen eingenommen werden. Es geht vielmehr darum, verschiedene Akteure
und deren Standpunkte im Diskurs im Hinblick auf die zentralen Fragestellungen
herauszustellen und so ein Meinungsbild der Öffentlichkeit zu reflektieren. Allerdings
kann die Arbeit nicht den Anspruch auf eine Generalisierung erheben, da die Ergebnisse
aufgrund der jeweiligen Eigenheiten von Staaten und deren Bildungssystemen nur im
Hinblick auf Deutschland und UK Relevanz haben können.
Die Thematik um PISA hat, obwohl die erste Erhebung der Studie schon im Jahr 2000
erfolgt ist, durchaus noch Aktualität. Die Erhebung von 2000 stellt nämlich nur den
ersten Teil der Studie dar, insgesamt läuft das Vorhaben noch bis 2006, wobei in einem
Dreijahreszyklus nach 2000 weitere Erhebungen folgen bzw. schon gefolgt sind.9 Zu
PISA besteht in Bezug auf Primäranalysen keine Forschungslücke mehr,10 aber die
Reaktionen auf PISA sind bisher nicht umfassend ausgewertet. Für die OECD arbeiten
verschiedene Forschungsteams an dieser Thematik, wobei hauptsächlich das
OECD/INES- Network A zu nennen ist, dessen Ergebnisse in einem vierteljährlichen
Newsletter veröffentlicht werden.11 Dort sind die Reaktionen auf PISA in einer eher
8 Für die exakte Entwicklung der Fragen mittels der theoretischen Grundlagen vgl. Kapitel 2, S.xxx. 9 OECD (2003a), S.14. 10 Vgl. hierzu zum Beispiel: Ramseier/Brühwiler (2003): Herkunft, Leistung und Bildungschancen im gegliederten Bildungssystem: Vertiefte PISA-Analyse unter Einbezug der kognitiven Grundfähigkeiten. In: Schweizerische Zeitschrift für Bildungswissenschaften 25/1, S.23-57.; Vgl.: Moschner/ Kiper/ Kattmann (2003): Perspektiven für Lehren und Lernen. PISA 2000 als Herausforderung. Baltmannsweiler; Vgl.: Liebe-Harkort (2002): Muttersprachediskussion und PISA. In: Interkulturell 1/2, S.16-37; Einen Überblick über weitere Analysen zu PISA bietet auch das Max-Planck-Institut für Bildungsforschung unter: www.mpib-berlin.mpg.de/pisa [14.11.04]. 11 Interessant hierzu vor allem der Beitrag: OECD/INES/Network A (2004): Review of Assessment Activities. Issue 16, February/March 2004. Verfügbar als Download unter: www.nces.ed.gov/surveys/international/INES/pdf/Newsletter_Issue16 [07.11.04].
Kapitel 1: Einleitung 4
„realpolitischen“ Richtung untersucht, indem zum Beispiel die Länder nach konkreten
Maßnahmen als Konsequenz auf PISA befragt werden. Dahingegen sind in dieser Arbeit
die öffentliche Meinung und nicht nur die politischen Aktionen berücksichtigt. Die
vorliegende Analyse greift zum großen Teil auf den Pressespiegel der OECD zurück, der
zwar von der OECD erstellt, aber bisher nicht näher ausgewertet ist. Daher ist in diesem
Forschungsbereich eine Lücke ausgemacht worden, die diese Arbeit im Hinblick auf
zwei Staaten zu füllen sucht.
Insofern präsentiert die Arbeit einen eigenen Beitrag zu der Auswertung der Reaktionen
auf PISA, der sich von anderen internationalen Analysen, die sich mit dieser Thematik
beschäftigen, abhebt.
Die Untersuchung der Medienberichterstattung ist in drei Phasen gegliedert. Diese
Teilung ist vor allem nötig, um Wandel oder Kontinuität der Kernthemen aufzeigen zu
können.
Die erste Phase umfasst die Zeitspanne vor der Veröffentlichung von PISA. Dieser
Zeitraum konnte, da im Vorfeld nicht viele Beiträge über PISA publiziert wurden, weit
ausgelegt werden. In UK findet sich sogar nur ein Beitrag, in Deutschland sind es 8-9
Beiträge, wobei der erste schon aus dem Jahr 1999 und die anderen aus den Jahren 2000
und 2001 stammen. Die Analyse dieser ersten Phase, die also ungefähr 1999 beginnt und
mit der Veröffentlichung von PISA im Dezember 2001 endet, hat den Charakter einer
Voruntersuchung. Die Urteilsbildung über PISA ist nämlich mit der Erwartungshaltung
im Vorfeld eng verknüpft ist, was die Begründung dafür liefert, dass der Analyseblick
auf die Berichterstattung vor PISA erweitert wird.
Die zweite Phase, auf der das Hauptgewicht der Untersuchung liegt, umfasst die
Zeitspanne unmittelbar nach der Veröffentlichung der PISA-Ergebnisse. Darunter fällt
der Dezember 2001 und der Januar des Jahres 2002, also der Zeitraum von circa zwei
Monaten. Die Artikel, die in dieser Phase analysiert werden, sind im wesentlichen dem
Pressespiegel der OECD entnommen, der die Medienreaktionen von jedem Land, das an
PISA teilnahm, zusammengestellt hat. Die Wahl eines Zeitraumes von zwei Monaten hat
den pragmatischen Grund, dass auch der Pressespiegel der OECD sich über diesen
Zeitraum erstreckt. Daher erschien es sinnvoll, alle Berichte, die die OECD noch
aufgenommen hat, als die „unmittelbaren Reaktionen“ zu kennzeichnen, danach eine
Trennungslinie zu markieren und so die dritte Untersuchungsphase abzugrenzen.
Kapitel 1: Einleitung 5
Diese letzte Phase erstreckt sich über ein Jahr und reicht bis Ende Februar 2003. Sie
wurde zum einen nicht kleiner gewählt, da eine Konstanz oder Änderung der zentralen
Themen innerhalb eines längeren Zeitraums geprüft werden soll, wofür die Zeitspanne
von einem Jahr nötig schien. Zum anderen ist die Zeitspanne aber nicht noch
ausgedehnter behandelt worden, da die Anzahl der Artikel gerade in Deutschland auch
im Jahr 2002 und 2003 noch so hoch ist, dass ein größerer Untersuchungszeitraum zu
viel Material geboten hätte. Die Einteilung dient also einer pragmatischen
Grenzmarkierung, um die Forschungsfragen bearbeitbar zu halten.
Im folgenden werden zunächst die theoretischen und methodischen Grundlagen der
Arbeit vorgestellt und diese dann präzise auf die Vorgehensweise der empirischen
Analyse bezogen. Hierbei wird auch die Entwicklung der Forschungsfragen anhand der
theoretischen Grundlagen aufgezeigt und der Zusammenhang zwischen beiden
veranschaulicht. Dann folgt im dritten Kapitel eine Übersicht über Ziele, Anlage und
relevante Ergebnisse von PISA mit der Funktion, eine Einordnung und ein
Hintergrundwissen zu dem Diskurs über PISA in Deutschland und UK zu schaffen. Im
empirischen Teil dieser Arbeit wird der Diskurs für Deutschland und UK
zusammenfassend nachgezeichnet und belegt, dabei werden die unterschiedlichen
bildungspolitischen Standpunkte herausgestellt. Am Ende des Kapitels über Deutschland
und UK findet sich je ein Zwischenfazit, das die Ergebnisse für jeden Staat bündelt. In
dem abschließenden Fazit werden die weiter oben vorgestellten vier Einzelfragen wieder
aufgenommen und für Deutschland und UK zusammenfassend beantwortet.
Ein kurzer Überblick darüber, wie die einzelnen Kapitel im konkreten untergliedert sind
und welcher Funktion sie jeweils dienen, findet sich zudem am Anfang jedes Kapitels.
Dies soll dem Leser eine bessere Übersicht über Aufbau und Struktur der Arbeit bieten.
Kapitel 2: Theoretische und methodische Grundlagen 6
2 Theoretische und methodische Grundlagen der Arbeit
Dieses Kapitel soll die theoretische und methodische Einordnung der empirischen
Analyse dieser Arbeit aufzeigen.
Die Diplomarbeit ist in der Internationalen Bildungsforschung zu verorten, daher wird im
folgenden kurz auf Ziele und Thesen Internationaler Bildungsforschung, die eine
Relevanz für die Fragestellung aufweisen, eingegangen. Die Arbeit hat außerdem einen
diskursiven Ansatz. Durch die Erläuterung relevanter Begriffe der Diskurstheorie soll das
Vorgehen im empirischen Teil der Arbeit theoretisch verankert werden. Im Anschluss
daran wird das Verfahren der qualitativen Inhaltsanalyse vorgestellt, da die Analyse der
Zeitungsartikel mit dieser Methode erfolgt ist. Im letzten Teil des Kapitels werden die
theoretischen und methodischen Ansätze auf die Vorgehensweise bei der empirischen
Analyse bezogen und Herausforderungen, die sich bei der Vorgehensweise ergeben
haben, reflektiert.
2.1 Internationale Bildungsforschung
Die Arbeit ist dem Bereich der Internationalen Bildungsforschung zuzurechnen, da die
bildungspolitischen Diskurse in zwei Staaten, in Deutschland und in dem Vereinigten
Königreich, einander gegenüber gestellt werden.
Das Thema „Bildung“ hat einen hohen Grad an Aktualität in den Agendas vieler
Regierungen, da sich Bildungssysteme historisch neuen Herausforderungen
gegenübersehen.12 Wissen, Bildung und der Erwerb relevanter Kompetenzen sind
wichtig für die Wirtschaft und für die Überlebens- und Konkurrenzfähigkeit dieser im
globalen Wettkampf. Bildungssysteme sollen daher wirtschaftlichen Belangen genügen
und die immer höher werdenden Anforderungen der Gesellschaft erfüllen. Diese
erhöhten Anforderungen begründen das Interesse an Internationaler Bildungsforschung.
Diese Forschung soll im Allgemeinen, je nachdem welche Position als Ausgangspunkt
markiert wird, verschiedenen Zielen genügen.13 Wenn man von einer universalistischen
Position ausgeht, soll durch einen Vergleich in der Internationalen Forschung eine
12 Green et al (1999): Convergence and Divergence in European Education and Training Systems. Institute of Education University of London, S.1. 13 Epstein (1992): The problematic meaning of “Comparison” in Comparative Education. In: Schriewer et al.: Theories and methods in Comparative Education. Frankfurt a.M., S.3-23.
Kapitel 2: Theoretische und methodische Grundlagen 7
allgemeine universelle Bildungstheorie entwickelt werden.14 In einer eher relativistischen
Option gilt als Ziel, durch Beschreibungen und Vergleiche hindurch, Muster,
Zusammenhänge und Gesetzmäßigkeiten sichtbar zu machen.15 Von Bedeutung ist bei
jeder Ausgangsposition, dass internationale Analysen eine Bildungs- und
Reformperspektive herausstellen und dadurch eine bildungspolitische Dimension
erhalten.16
Die Bildungspolitik selbst ist aber meist nicht Gegenstand der Internationalen Forschung,
stattdessen geht es primär darum, bildungspolitische Entscheidungen mit Informationen
zu versehen und so eine Unterstützung für die Bildungspolitik anzubieten.17 Dies soll
nicht in der Form einer direkten Entscheidungshilfe geleistet werden, sondern durch die
Analyse von internationalen Tatsachen, Trends, Problemen und Diskursen eher im Sinne
eines politikberatenden Wertes.18 Ein konkreter Nutzen Internationaler Forschung kann
darin liegen, Wandel und Innovationen in Bezug auf den Bildungsbereich sichtbar zu
machen und so Raum für neue Anregungen zu schaffen.19
Bei einem Vergleich der Zielsetzungen von Schule in Industriegesellschaften ist hierbei
die These in der Internationalen Forschung dominant, dass Industriegesellschaften in
diesem Bereich fast identische Zielvorstellungen haben.20 In allen modernen Staaten der
Welt gibt es Schulen, die im Groben ähnlich strukturiert sind und nach ähnlichen
Mustern funktionieren.21 Das Bildungswesen geht zugleich davon aus, dass Bildung für
eine Gesellschaft ein konstitutiver und zum Fortschritt beitragender Faktor ist. Die
homologen Funktionen im Bildungsbereich haben sich daher weltweit auf ihre jeweiligen
Kontexte bezogen durchgesetzt.22 Ähnliche soziale und ökonomische
Entwicklungsprobleme führen hierbei zu ähnlichen Bildungsproblemen in den
Industriestaaten, die wiederum alle auf Lösungen hin zustreben müssen.23 In
Bezugnahme darauf ist in der Internationalen Forschung das Ausland als ein
14 Khoi (1992): Conceptual Problems in Inter-Cultural Comparisons. In: Schriever/Holmes (Eds.): Theories and Methods in Comparative Education. Bern, S.87-113. 15 Allemann-Ghionda (1999): Schule, Bildung und Pluralität. Bern et al., S.29. 16 Gonon (1998), S. 103. 17 Noah/Eckstein (1992): Denpendency Theory in Comparative Education. Twelve Lessons from the Literature. In: Schriewer (Ed.): Theories and Methods in Comparative Education. Frankfurt a.M., S.165ff. 18 Hölzle (1994): Bildungspolitik in der Europäischen Gemeinschaft. Die Angleichsproblematik von Bildungssystemen in der Europäischen Gemeinschaft am Beispiel Spaniens. Frankfurt a.M., S. 213. 19 Ross et al (1992): On Shifting Ground: the post-paradigm identity of comparative education 1979-1988. In: Compare 22/1992, Siehe auch: Gonon (1998), S.103. 20 Thomas (1990): The Goals of Education. In: Thomas: International Comparative Education. Practices, issues & prospects. Exeter, S. 42. 21 Adick (1995): Formation of a World Educational System. In: Roeder et al (Eds.): Pluralism and Education. Current World Trends in Policy, Law and Administration. Berkley, S.41-60. 22 Gonon (2002): Arbeit, Beruf und Bildung. Bern, S.328.
Kapitel 2: Theoretische und methodische Grundlagen 8
entscheidendes Argument für die bildungspolitische Reformdiskussion im Inland erkannt
worden.24 Reformanliegen erhalten nämlich ein zusätzliches Gewicht dadurch, dass
unterschiedliche Lösungsansätze anderer Staaten für ähnliche Problemlagen betrachtet
werden können. Internationalität, bzw. die Bezugnahme auf andere Länder, ist somit als
Argument vorhanden und kommt je nach Anlässen zum Vorschein, wobei es vom
politischen Kontext oder bildungspolitischen Klima abhängt, ob solche Bezugsetzungen
als legitim anerkannt werden.
Dieser internationale Aspekt von Bildung und Bildungspolitik ist vor allem von
internationalen Organisationen wie der OECD oder der UNESCO schon länger
aufgenommen worden.25 Diese Organisationen zeigen ein großes Interesse an
internationalen Vergleichen und vertreten hierbei in ihren eigenen Studien eine
Perspektive, welche den Aspekt der Internationalität durch den Einbezug nationaler
Daten hervorhebt, wodurch wiederum Rückfragen auf das jeweilige nationale
Bildungswesen ermöglicht werden. Die Studien prüfen durch eine Orientierung an der
Outputsteuerung anstelle der Input- und Prozesssteuerung, inwiefern Schule bestimmte
Ziele erreicht. Sie bieten einerseits Informationen über das eigene Schulsystem,
andererseits liefern sie Daten über andere Systeme und zeigen dadurch „Benchmarks“ 26
aus dem Ausland. Gerade diese Studien bleiben meist nicht ohne Einfluss auf nationale
Bildungspolitiken und die öffentliche Meinung.27
Zusammenfassend lässt sich daher festhalten, dass internationale Bezüge in der
Forschung und auch in der nationalen Bildungspolitik eine zunehmende Bedeutung
erlangt haben.
23 Hölzle (1994), S.213. 24 Die These, dass das Ausland ein Argument in der bildungspolitischen Diskussion darstellt, hat Bernd Zymek schon 1975 in seiner Untersuchung pädagogischer Zeitschriften für Deutschland so formuliert. Vgl. Zymek (1975): Das Ausland als Argument in der pädagogischen Reformdiskussion. Rattingen; Die These wurde von Philipp Gonon 1998 aufgegriffen und anhand der Rolle und Funktion von internationalen Bezugsetzungen im Bildungsdiskurs auch für England und die Schweiz belegt. Beide Länder untermauern Innovationen in den Bereichen Berufsbildung und Reformen der Sekundarstufe II durch Argumente mit internationalen Bezügen. Vgl.: Gonon (1998), S.127. 25 Gonon (1998), S.93. 26 Klemm (17.06.02): Wenn schon kein Umbau, dann auch keine Rolle rückwärts. In: Frankfurter Rundschau. 27 Noah geht auf den Einfluss von OECD-Studien in verschiedenen Staaten ein: Siehe: Noah (1991): Bildungspolitik und Internationale Studien zum Bildungswesen. In: Bildung und Erziehung, 44, S.27-38. Die Resonanz dieser Studien hat auch zu Kontroversen über ihre Validität geführt. Vgl. dazu zum Beispiel: Meaghan/Casas (1995): On the Testing of Standards and Standardized Achievement Testing: Panacea, Placebo, or Pandora’s Box?. In: Interchange. 26, S.33-58. Zur internationalen Beachtung dieser Studien, vgl. zum Beispiel: Loxley (1994): Comparative Education and International Education. Organizations and Institutions. In: Husén/Postlethwaite (Eds.): The International Encyclopedia of Education. Oxford, S.933-942
Kapitel 2: Theoretische und methodische Grundlagen 9
2.2 Diskursiver Ansatz
Die Arbeit hat auch einen diskursiven Ansatz, da die bildungspolitischen Diskurse über
PISA in Deutschland und im Vereinigten Königreich analysiert werden. Aufgrund dieses
Ansatzes ist es nötig, in der Arbeit auch diskurstheoretische Grundlagen zu
berücksichtigen.
Zunächst lässt sich feststellen, dass es keine einheitliche Theorie zu Diskursen gibt,
sondern dass eine Vielzahl von diskurstheoretischen Ansätzen nebeneinander
existieren.28 Diskursive Ansätze betonen hierbei besonders die Funktion der Sprache. Der
Diskurs selbst wird als Referenzrahmen von dem jeweiligen Bereich, in dem er
stattfindet, wie zum Beispiel der Bildungspolitik, verstanden. Beim Diskurs geht es
zugleich immer um einen gemeinsamen Bezugsrahmen, nicht um individuelle
Auffassungen von der Wirklichkeit. Aber genauso wie keine einheitliche Theorie
existiert, gibt es auch keine einheitliche Definition von Diskurs. Nach Keller werden
unter Diskursen zum Beispiel „öffentliche, geplante und organisierte
Diskussionsprozesse, die sich auf spezifische Themen von allgemeinem
gesellschaftlichem Belang beziehen.“29 verstanden. Foucault dagegen definiert Diskurse
als „coherent, self-referential bodies of statements that produce an account of reality by
generating knowledge about particular objects or concepts and also by shaping the rules
of what can be said and known about those entities.“30 Ein Diskurs besteht demnach aus
einzelnen Aussagen, die zusammenhängen. Er produziert Wirklichkeit, da er Wissen über
bestimmte Themen vermittelt. Diskurse spiegeln so gesellschaftliche Wirklichkeit wider,
ermöglichen sie sogar erst und führen gleichzeitig gegenüber der Wirklichkeit ein
Eigenleben.31
Diskurse sprechen nicht für sich, sondern sie haben Produzenten oder Akteure.
28 Vgl. zum Beispiel: Dijk (1988): Handbook of discourse analysis. London.; Donati (1992): Political discourse Analysis. In: Diani/Eyerman (Eds.): Studying collective action. London, S.136-167. 29 Keller et al. (2001a): Zur Aktualität sozialwissenschaftlicher Diskursanalyse – Eine Einführung: In: Keller (Hrsg.): Handbuch Sozialwissenschaftliche Diskursanalyse. Bd 1 Theorien und Methoden. Opladen, S.7. 30 Foucault (1972): The Archeology of Knowledge. London.; Diskurstheoretische Ansätze basieren meist auf Arbeiten von Michel Foucault, Ernesto Laclau, Chantal Mouffe und Jacques Derrida. Vgl. dazu: Childers/ Hentzi (1995): The Columia Dictionary of Modern Literacy and Cultural Criticisam. New York. 31 Vgl. Jäger (2001): Diskurs und Wissen. Theoretische und methodische Aspekte einer Kritischen Diskursanalyse. In: Keller (Hrsg.): Handbuch Sozialwissenschaftliche Diskursanalyse. Bd 1, Theorien und Methoden. Opladen, 85.
Kapitel 2: Theoretische und methodische Grundlagen 10
„Diskurse sprechen nicht für sich selbst, sondern werden erst durch Akteure lebendig.
Akteure vollziehen die Akte, durch die Diskurse existieren. (...) sie sprechen und
schreiben für den Diskurs und aus dem Diskurs heraus.“32
Die Akteure sind Sprecher oder Repräsentanten von größeren sozialen Gruppen wie
politischen Gruppierungen, Professionen, Organisationen etc. Diskurse bestehen somit
aus verschiedenen Stimmen der Akteure.33 Es kommt hierbei nicht auf innere Motive
oder Interessen der Akteure, sondern auf die Interaktion der Akteure als ein Element des
diskursiven Systems an. Durch die Analyse von Diskursen soll als Zielaspekt ermöglicht
werden, mit Überzeugungen und Standpunkten der Akteure umzugehen und ihr Handeln
nachvollziehbarer zu machen. Zu beachten ist hierbei, dass Akteure interessenbezogen
und strategisch handeln, um ihre Deutungen zu verbreiten.
„Sie produzieren Wissen, argumentieren, marschieren, dramatisieren, moralisieren,
mobilisieren gängige Alltagsmythen, Klischees, Symbole, Bilder für ihre Zwecke. Sie
entwickeln eine Geschichte, in der die Rollen von Gut und Böse verteilt sind und die
Handlungsprobleme benannt sind. Sie konstituieren dadurch ihre eigene kollektive
Identität.“34
Individuelle und kollektive Akteure bilden daher Diskursgemeinschaften oder
Koalitionen, die eine gemeinsame Diskursposition haben. Mit der Diskursposition ist der
spezifische Standort, von dem aus argumentiert wird, gemeint, dem oft eine Ideologie der
betreffenden Diskursgemeinschaft zu Grunde liegt.35
Die Akteure äußern sich auf Ebenen, die die sozialen Orten, von denen aus gesprochen
wird, darstellen.36 Diese Ebenen wirken aufeinander ein, beziehen sich aufeinander und
nutzen einander. Auf der Medienebene können zum Beispiel wissenschaftliche
Spezialdiskurse, Politikerdiskurse etc. in gebündelter, zugespitzter Form aufgenommen
werden. Dadurch können die Medien das gesellschaftliche Denken regulieren und
mitunter einen erheblichen Einfluss auf die nationale Politik haben. Generell sind
Diskurse auf Medien als die Bedingungen des Aussagens angewiesen.37 Einzelne
Diskursebenen sind in sich stark verflochten. Dies zeigt sich zum Beispiel daran, dass
32 Keller (2001b): Wissenssoziologische Diskursanalyse. In: Keller (Hrsg.): Handbuch Sozialwissenschaftliche Diskursanalyse. Bd 1 Theorien und Methoden. Opladen, S. 133. 33 Donati (2001): Die Rahmenanalyse politischer Diskurse. In: Keller (Hrsg.): Handbuch Sozialwissenschaftliche Diskursanalyse. Bd 1 Theorien und Methoden. Opladen, S. 153. 34 Keller (2001b), S. 134. 35 Jäger (1996): Fatale Effekte. Die Kritik am Patriarchat im Einwanderungsdiskurs. Duisburg, S.47. 36 Jäger (2001), S.99; Vgl. auch ausführlicher: Jäger (1999): Kritische Diskursanalyse. Eine Einführung. Duisburg. 37 Sarasin (2001): Diskurstheorie und Geschichtswissenschaft. In: Keller (Hrsg.): Handbuch Sozialwissenschaftliche Diskursanalyse. Bd 1 Theorien und Methoden. Opladen, S.62.
Kapitel 2: Theoretische und methodische Grundlagen 11
auch Leitmedien Inhalte aller Art, die auch so schon in anderen Medien behandelt
wurden, übernehmen. Dies wiederum legitimiert von DEM Mediendiskurs zu sprechen,
der, was vor allem die dominierenden Medien betrifft, als einheitlich zu betrachten ist.
Dies schließt aber nicht aus, dass in verschiedenen Medien bestimmte
Diskursgemeinschaften den Diskurs stärker prägen als andere, was mit der
Diskursposition der jeweiligen Medien zusammenhängt. So werden zum Beispiel in einer
konservativen Zeitung eher konservative Meinungen veröffentlicht, in einer
linksliberalen Zeitung findet man dagegen eher dieser Richtung entsprechende
Grundargumentationen.
Die Kerne von Diskursen sind Themen. „Unter Themen wollen wir bezeichnete, mehr
oder weniger unbestimmte und entwicklungsfähige Sinnkomplexe verstehen, über die
man reden und gleiche, auch verschiedene Meinung haben kann.“38 Themen realisieren
sich in der Kommunikation und definieren im gewissen Sinne das, was für Handelnde
thematisch interessant werden kann, indem sie es im Diskurs anbieten.39 Die innerhalb
eines bestimmten Zeitraumes gegebene Themenstruktur stellt hierbei nach Rattinger die
öffentliche Meinung dar.40 Man findet im deutschsprachigen Bereich in einer groben
Einteilung drei Konzeptionen von öffentlicher Meinung: eine normative, eine
systemtheoretische und eine eher positivistische.41 Durch Medienanalysen kann diese
Themenstruktur, sprich die öffentliche Meinung, aufgezeigt werden. Es geht dann darum
herauszustellen, wer, wann, welche Themen vermittelt.
Durch die Analyse von Diskursen lassen sich auch diskursive Ereignisse feststellen. Dies
sind Ereignisse, die politisch und auch durch die Medien besonders hervorgehoben
werden und als solche die Richtung und die Qualität des entsprechenden Diskurses mehr
38 Luhmann (1971): Öffentliche Meinung. In: Luhmann (Hrsg.): Politische Planung. Aufsätze zur Soziologie von Politik und Verwaltung. Opladen, S.13. 39 Knoblauch (2001): Diskurs, Kommunikation und Wissenssoziologie. In: Keller (Hrsg.): Handbuch Sozialwissenschaftliche Diskursanalyse. Bd 1, Theorien und Methoden, Opladen, S.216. 40 Rattinger (1995), S.13. 41 Die normative Fassung wird vor allem mit Habermas verbunden. Im Sinne der Aufklärung können durch Kommunikation und Diskurse vernünftige Entscheidungen hervorgebracht werden. Die öffentliche Meinung gilt als Gegengewicht zur politischen Herrschaft. Vgl.: Habermas (1990): Strukturwandel der Öffentlichkeit. Untersuchungen zu einer Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft. Frankfurt a. M; In systemtheoretischer Sicht stellt Luhmann öffentliche Meinung als funktionale Selbsthilfe im Prozess der politischen Kommunikation dar. Es wird zwischen Thema und Meinung unterschieden. Themen dienen dem Einfangen von Aufmerksamkeit, erst anhand von Themen können sich Meinungen bilden. Da Themen entstehen, Meinungen sich über sie bilden und wieder verschwinden, und nicht alle Themen immer präsent sind, kann Öffentlichkeit als eine Struktur von Themen zu einem bestimmten Zeitpunkt beschrieben werden. Die Funktion öffentlicher Meinung ist demnach, politische Kommunikation durch institutionalisierte Themen zu strukturieren. Vgl: Luhmann (1971), S.12f; Die positivistische Konzeption begreift öffentliche Meinung als die Ergebnisse von Meinungsumfragen. Wenn diese Konzeption auch theoretisch eher anspruchslos erscheint, so hat sie doch den Vorteil, dass öffentliche Meinung hier einfach erhoben werden kann. Vgl: Converse (1987): Changing Conceptions of Public Opinion in the Political Process. In Public Opinion Quarterly, S.14.
Kapitel 2: Theoretische und methodische Grundlagen 12
oder minder stark beeinflussen.42 Ob ein Ereignis zu einem diskursiven Ereignis wird
oder nicht, hängt oft von jeweiligen politischen Dominanzen und Konjunkturen ab. Als
ein Beispiel für ein diskursives Ereignis in Deutschland kann „Tschernobyl“ angesehen
werden, da es in Deutschland zu einer sich ändernden Atompolitik beigetragen hat.
Bei der Untersuchung von Diskursen empfiehlt es sich größere Zeiträume zu analysieren,
um die Stärke, mögliche Änderungen, Brüche, Versiegen, Wiederauftauchen etc. des
Diskurses aufzeigen zu können. Faucoult sagt hierzu, es sei eine „Archäologie des
Wissens“, eine „Genealogie“43 zu betreiben. Dies sei Grundlage für eine diskursive
Prognostik, die in der Zukunft zu erwartende diskursive Ereignisse mitbehandelt.
Insgesamt gesehen, kann und soll nicht bestimmt werden, ob Diskurse falsch oder
richtig sind.44 Es geht stattdessen darum festzulegen, welchen Stellenwert der Diskurs in
der Gesellschaft hat.
2.3 Inhaltsanalytischer Ansatz
Die Arbeit hat einen inhaltsanalytischen Ansatz, da die Auswertung der Zeitungsartikel
mit dem Verfahren der qualitativen Inhaltsanalyse erfolgt ist. Die qualitative
Inhaltsanalyse hat sich hierbei als ein Analyseverfahren ausgezeichnet, das sich sowohl
für die Behandlung der Thematik der Diplomarbeit wie auch für die Operationalisierung
des Untersuchungsgegenstandes geeignet hat.
Die Inhaltsanalyse gilt als „eine Methode zur Erhebung sozialer Wirklichkeit, bei der von
Merkmalen eines manifesten Textes auf Merkmale eines nichtmanifesten Kontextes
geschlossen wird.“45 Sie basiert auf einem Kommunikationsmodell, nach dem ein
Kommunikator einem Rezipienten innerhalb einer sozialen Situation einen
Kommunikationsinhalt übermittelt. Die Untersuchung des Kommunikationsinhalts, die
mittels der Inhaltsanalyse erfolgt, soll ermöglichen, einen Rückschluss auf den
Kommunikator, den Rezipienten oder die soziale Situation zu ziehen. Daher steht bei der
qualitativen Inhaltsanalyse die Analyse der Bedeutung des Textes im Vordergrund und
weniger formale oder linguistische Aspekte.
42 Jäger (2001), S.98. 43 Vgl. dazu: Foucault (1974): Die Ordnung des Wissens. München. 44 Vgl dazu auch: Holm (1997): The French Garden is no longer what it used to be. In: Jorgensen (Eds.): Reflective Approaches to European Governance. London, S.128-145. 45 Merten (1995): Inhaltsanalyse. Einführung in Theorie, Methoden und Praxis. Opladen, S.15f.
Kapitel 2: Theoretische und methodische Grundlagen 13
Die qualitative Inhaltsanalyse zielt auf die Auswertung von bereits erhobenem Material
ab, das in schriftlicher Form vorliegen sollte.46 Sie ermöglicht eine Reduktion der
Textmenge, indem sie sich ganz gezielt auf die Inhalte beschränkt, die interessant für die
Forschungsfrage sind.47
Bei dem inhaltsanalytischen Verfahren nach Mayring, das in der Diplomarbeit als
Bezugsmodell gilt, sind als wesentliche Kennzeichen der qualitativen Inhaltsanalyse die
Orientierung an expliziten Regeln, die Formulierung einer inhaltlichen Fragestellung
sowie der Rückgriff auf theoretische Grundlagen benannt.48 Durch diese Merkmale soll
den Kriterien der Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit qualitativer Forschung
gerecht werden.
Mayring unterscheidet drei Grundformen der inhaltsanalytischen Vorgehensweise: die
Zusammenfassung, die Explikation sowie die inhaltliche Strukturierung.49 Für die
Diplomarbeit ist die Strukturierung gewählt, da keine Zusammenfassung der Artikel
erfolgen, sondern bestimmte Inhalte hervorgehoben und herausgearbeitet werden sollen.
Ziel einer inhaltlichen Strukturierung ist es dementsprechend, bestimmte Themen, Inhalte
oder Aspekte aus dem Material herauszufiltern und zu bündeln. Welche Inhalte aus dem
Material extrahiert werden sollen, wird durch ein Kategoriensystem festgelegt.50 Die
Entwicklung dieses Systems stellt die größte Leistung in der Anwendung der inhaltlichen
Strukturierung dar. Um die Strukturierung durchzuführen, muss vorab ein exakter
Zuordnungsmechanismus für extrahierte Textpassagen definiert werden, durch den
deutlich wird, wann und warum eine Textstelle unter einer bestimmten Kategorie
einzuordnen ist.51 Zu beachten ist auch, dass dennoch eine Modifikation der entwickelten
Kategorien und Unterkategorien im Verlauf der Untersuchung möglich ist, damit zum
einen eine eindeutige Zuordnung gewährleistet und zum anderen die Offenheit als ein
wesentliches Prinzip qualitativer Forschung erhalten bleibt.
46 Flick (1998): Qualitative Forschung. Theorie, Methoden, Anwendung in Psychologie und Sozialwissenschaften. Hamburg, S.212 ; Mayring (1997), S.11. 47 Merten (1995), S.147.; Flick (1998), S.212. 48 Mayring (1997): Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken. Weinheim, S.12f, S.48f, S.50. 49 Für eine genaue Erläuterung der drei Grundformen Zusammenfassung, Explikation und Strukturierung vgl. Mayring (1999): Einführung in die qualitative Sozialforschung. Weinheim, S.92. 50 Mayring (1997), S.83. 51 Ebd., S.77.
Kapitel 2: Theoretische und methodische Grundlagen 14
2.4 Anwendung auf die Analyse und Implikationen auf die Vorgehensweise
Die Ergebnisse der Internationalen Bildungsforschung begründen die Fragestellungen
dieser Arbeit. Die Artikel werden nur auf spezielle Fragen hin untersucht, obwohl sie
noch wesentlich mehr Informationen enthalten als das, was im empirischen Teil der
Arbeit ausgeführt wird. Die Konzentration der Darstellung auf die Urteile über PISA, die
globale Perspektive im Diskurs und die Kernthemen wurde aus folgenden Gründen so
gewählt:
Die „Kernthemen“ gelten zunächst als das wesentliche Element der Analyse, daher
nehmen sie auch den meisten Raum ein. Im Kapitel über die Internationalen Bezüge in
der Bildungsforschung ist als wesentlicher Zielaspekt von internationalen Analysen das
Herausstellen einer Reformperspektive betont worden.52 Bezugnehmend auf diesen
Zielaspekt der Internationalen Forschung wird in der empirischen Analyse ein starkes
Augenmerk auf die Reformperspektive gelegt, deren Auftreten durch ein Herausarbeiten
der Kernthemen im Diskurs geprüft werden soll. Unter „Kernthemen“ werden hierbei die
zentralen Themen im Diskurs verstanden, bzw. die Themen, die quantitativ die meiste
Beachtung finden. Durch die Bestimmung dieser Themen kann gezeigt werden,
inwiefern über Reformen diskutiert wird und wie stark die Reformperspektive im
gesamten Diskurs auftritt. Um die Entwicklung der Reformperspektive nachzuvollziehen,
ist im dritten Untersuchungszeitraum eine Änderung oder Konstanz der Kernthemen
geprüft worden. Damit soll dem erkenntnisleitenden Interesse Internationaler Forschung,
Wandel oder Konstanz sichtbar zu machen, gerecht werden.
In der Internationalen Bildungsforschung gilt in Bezug auf die Reformperspektive auch,
dass das Ausland als Argument für diese eingesetzt wird.53 Mit dieser These setzt sich
daher das Kapitel „Die globale Perspektive“ auseinander. Dieser Analyseschwerpunkt
wird also mit Rückgriff auf die bisherigen Ergebnisse der Internationalen Forschung
eingeführt mit der Intention, sie im konkreten Fall des bildungspolitischen Diskurses
nach PISA zu überprüfen.
Die Urteile über PISA werden als dritter Baustein der Analyse überprüft, da
internationale Organisationen eine bestimmte Zielsetzung mit ihren vergleichenden
Studien verfolgen, die dem oben benannten politikberatenden Faktor nahe kommen.54
Damit diese Unterstützungsform für die Bildungspolitik erreicht werden kann, ist es
52 Vgl. S.7 dieses Kapitels. 53 Vgl. Gonon (1998) S.30 und S.359.; Vgl. Zymek (1975). 54 Vgl. ausfühlicher zu der Zielsetzung der OECD: Kapitel 3, S.19f.
Kapitel 2: Theoretische und methodische Grundlagen 15
wesentlich, wie die Studien in Bezug auf ihre Validität überhaupt aufgenommen und
beurteilt werden, da diese Urteile den weiteren Umgang mit den Daten bestimmen. Aus
diesem Grunde wird also nach der Beurteilung über PISA gefragt. Da die
Erwartungshaltung im Vorfeld von PISA Einfluss auf die Urteilsbildung hat, wird auch
die Erwartungshaltung in der Analyse betrachtet.
Aufgrund zeitlich-logischer Aspekte beginnt die Darstellung in der Analyse aber in
umgekehrter hier vorgestellter Reihenfolge, d.h. begonnen wird mit der
Erwartungshaltung, dann werden die Urteile angesprochen, danach die globale
Perspektive und schließlich die Kernthemen.
Neben der Orientierung an der Internationalen Bildungsforschung wird auch mit
diskursiven Ansätzen gearbeitet. Es geht hierbei weniger darum einer speziellen
Diskurstheorie zu folgen, sondern es sollen die Kriterien, die einer Analyse von
Diskursen allgemein zu Grunde gelegt werden, in der Arbeit vertreten sein.
Um dem Kriterium der Überprüfung von Konstanz oder Änderung des Diskurses zu
genügen, erstreckt sich der Untersuchungszeitraum auf etwas über ein Jahr. Da ein
Diskurs auf Akteuren gründet, sind die verschiedenen Akteure im PISA-Diskurs anhand
des Materials festgelegt worden. Es handelt sich hierbei um die Diskursgemeinschaften
„Politik“, „Wirtschaft“, „Wissenschaft“, „Lehrer“, „Eltern“ und „Medien“. Vertreter
dieser einzelnen Gruppen werden in der entsprechenden Diskursgemeinschaft
zusammengefasst. Um einen Diskurs zu analysieren und seine Struktur aufzuzeigen, ist
eine solche generalisierende Einteilung nötig. Dennoch wird gesehen, dass nicht alle
Vertreter der Diskursgemeinschaften zwangsläufig die gleiche Diskursposition
einnehmen. Daher wird an den Stellen, an denen eine Differenz der Positionen ersichtlich
wird, diese Differenz auch innerhalb der jeweiligen Diskursgemeinschaft
herausgearbeitet. An Stellen, an denen nur eine Meinung zu einem Sachverhalt geäußert
wird, gilt diese Meinung dann aber generalisierend als die Meinung der
Diskursgemeinschaft.
Zu bemerken ist auch, dass die Quantität der Äußerungen von einzelnen
Diskursgemeinschaften nicht im Gleichgewicht zu anderen steht. Diesen quantitativen
Aspekt berücksichtigend ist die Darstellung im folgenden empirischen Teil auch
dahingehend verschoben, dass bestimmte Diskursgemeinschaften mehr Raum finden und
andere weniger. Dies entspricht aber in etwa ihrer positionellen Gewichtung in der
Medienberichterstattung.
Kapitel 2: Theoretische und methodische Grundlagen 16
Bei der ersten Sichtung der Artikel hat sich bereits gezeigt, dass PISA in Deutschland zu
erheblich mehr Kontroversen geführt hat als in UK, in Deutschland ist die Menge an
Artikeln also wesentlich höher. Für den dritten Untersuchungszeitraum finden sich sogar
so viele Artikel in Deutschland, dass nur eine spezielle Auswahl mit in die Analyse
einbezogen werden konnte. Aufgrund der Quantität der Berichterstattung lässt sich
vermuten, dass PISA in Deutschland zu einem diskursiven Ereignis geworden ist. Dies
bestätigt sich bei der Betrachtung der Inhalte der Artikel, da deutlich wird, dass PISA zu
einer sich ändernden Bildungspolitik führen wird.
In Bezug auf das methodische Vorgehen ist weiter oben die qualitative
Inhaltsanalyse als Auswertungsmethode vorgestellt worden. Die Stärke der qualitativen
Inhaltsanalyse liegt zunächst in ihrer Fähigkeit, alle Arten von schriftlichen Texten
auswerten zu können.55 Da im Rahmen der Arbeit Zeitungsartikel verschiedener Art wie
Kommentare von Redakteuren, Stellungnahmen von Politikern, Interviews, Leserbriefe
etc. ausgewertet wurden, hat sich die Inhaltsanalyse als vorteilhaft erwiesen. Außerdem
trägt die qualitative Inhaltsanalyse zu einer Reduktion des Textmaterials dadurch bei,
dass mittels eines Kategoriensystems wesentlichen Inhalte herausgefiltert werden
können.56 Große Mengen von Textmaterial, insgesamt in etwa 185 Artikel, konnten
dadurch ausgewertet werden.
Als größte Herausforderung hat sich hierbei gestellt, ein adäquates Kategoriensystem zu
entwickeln. Als grobes Muster galten die Ergebnisse der internationalen Forschung.
Somit stand fest, dass die Bereiche „Urteile zu PISA“, „Globale Perspektive“ und
„Reformperspektive“ als Oberkategorien gelten sollten. Im Hinblick auf diese
Oberkategorien erfolgte eine erste Sichtung des Materials und eine Zusammenfassung
jedes Artikels im Hinblick auf den Aussagewert für diese Oberkategorien.
Die Kategorie „Urteile zu PISA“ umfasst alle Aussagen, die zur Validität von PISA
gemacht werden, ob in positiver oder negativer Hinsicht. Es erfolgt dann in Deutschland
und in UK eine Unterscheidung bezüglich positiver und negativer Urteile und der
Erwartungshaltung vor PISA. Unter die Oberkategorie „Globale Perspektive“ fallen
zunächst alle Inhalte, die das Ausland bzw. den Verweis auf andere Länder beinhalten.
Die globale Perspektive untergliedert sich bei beiden Ländern in „die globale Perspektive
in der Ergebnisdarstellung von PISA“ und „die globale Perspektive in der
Reformdiskussion.“ Diese zweite Unterkategorie wird wiederum differenziert betrachtet.
55 Mayring (1997), S.11.; Flick (1998) S.212. 56 Mayring (1997), S.83.; Merten (1995), S.147.; Flick (1998), S.212.
Kapitel 2: Theoretische und methodische Grundlagen 17
Die Kategorie „Reformperspektive“ schließlich umfasst sämtliche nach PISA
vorgeschlagenen Änderungen und Erklärungen für das Ergebnis von PISA. Sie findet
sich in dem Kapitel „Kernthemen“ wieder. Hier wird versucht, die Themen
herauszustellen, die quantitativ bei den strukturierenden Zusammenfassungen
vorherrschend sind. Dies sind im zweiten Untersuchungszeitraum in Deutschland die
Unterkategorien: „Unterricht“, „Situation der Lehrer“, „frühkindliche Bildung“ und
„Schulstruktur“, in UK zeigt sich die Reformperspektive nur in dem Thema
„Chancengleichheit“. Daneben stehen quantitativ Erklärungen für das PISA-Ergebnis in
UK im Vordergrund. Diese Unterkategorien wurden induktiv anhand der inhaltlich
strukturierenden Zusammenfassungen festgemacht.
Im dritten Untersuchungszeitraum werden nur zusammenfassend die Kernthemen
betrachtet, da festgestellt werden soll, wie stark die Reformperspektive noch ist. In
Deutschland werden hier die Unterkategorien „Situation der Lehrer“, „Schulstruktur“
und „Bildungsföderalismus“ identifiziert, die sich alle auf die Reformperspektive
beziehen. In UK bestehen die Kategorien „Chancengleichheit“, „Lehrer“ und „Kritik an
Vergleichstests“, die einen Bezug zur Reformperspektive haben, daneben tritt die globale
Perspektive in dieser Phase in UK so dominant auf, dass sie als eigene Unterkategorie
noch einen Platz erhält.
Abschließend soll noch auf gewisse Probleme hingewiesen werden, die sich bei der
Analyse ergeben haben. Dies betrifft zum einen, wie schon angesprochen, die Zuordnung
von Textstellen zu Kategorien und Oberkategorien und zum anderen die Auswahl der
Zeitungsartikel für Deutschland für die dritte Untersuchungsphase.
Bei der Zuordnung der Kategorien kommt es im Falle von UK zu Überschneidungen. Die
Reformperspektive ist hier nicht so ausgeprägt wie in Deutschland. Daher findet sich bei
UK unter den Kernthemen in der zweiten Phase das Thema „Beschäftigung mit
Deutschland“, das eigentlich zu der globalen Perspektive zählt. Diese Überschneidung
und unterschiedliche Schwerpunktsetzung ist aufgrund der unterschiedlichen Debatte in
beiden Ländern nicht zu umgehen.
Außerdem gibt es für den dritten Untersuchungszeitraum für Deutschland eine so große
Anzahl von Artikeln zu PISA, dass nicht alle Artikel aufgenommen werden konnten,
daher wurde entschieden, nur spezielle auszuwählen. Die Auswahl ist in gewisser Weise
subjektiv, denn sie richtete sich danach, wie stark die Artikel das Thema „PISA“
behandeln. Dabei galt die Benennung von PISA in der Überschrift nur als Indiz.
Kapitel 2: Theoretische und methodische Grundlagen 18
Wichtiger war der inhaltliche Bezug des Artikels zu PISA. Daran wurde letztendlich
festgemacht, ob der Artikel für die Analyse verwendet wurde.
Für UK hat sich dieses Problem nicht gestellt, da die Gesamtanzahl der Artikel, die sich
mit PISA auseinander gesetzt haben, behandelt werden konnte.
Kapitel 3: Die PISA-Studie 19
3 Die PISA-Studie
Dieses Kapitel dient dazu, die PISA-Studie in Kürze vorzustellen. Dadurch wird der
bildungspolitische Diskurs um PISA durch zusätzliches Hintergrundwissen um seine
Bewandtnis eingeordnet. Es wird zunächst auf die OECD als „Akteur“ von PISA
eingegangen und deren Zielsetzung und Interessen in der Bildungsforschung beleuchtet.
Dann wird die Anlage von PISA näher behandelt, da ein im Vergleich zu früheren
Studien neues Design bei PISA vorliegt, das diesen großen internationalen
Schulleistungsvergleich erst derart ermöglicht hat. Schließlich wird noch auf wesentliche
Ergebnisse von Deutschland und UK bei PISA verwiesen mit dem Ziel, die Diskurse um
PISA in diesen beiden Staaten nachvollziehbarer zu machen.
3.1 OECD als Akteur von PISA
Die OECD besteht seit 1961 und umfasst 30 Mitgliedsstaaten, darunter die weltweit
führenden Industrienationen. Sie hat ihren ständigen Sitz in Paris und hat sich als Ziel
gesetzt, eine Politik zu fördern, die darauf gerichtet ist:
„in den Mitgliedsstaaten eine optimale Wirtschaftsentwicklung und Beschäftigung zu
fördern, in den Nichtmitgliedsstaaten, die in wirtschaftlicher Entwicklung begriffen sind,
zu einem gesunden wirtschaftlichen Wachstum beizutragen, und auf multikultureller und
nichtdiskriminierender Grundlage zur Ausweitung des Welthandels beizutragen.“57
Als allgemeine Ziele der OECD kann man also festhalten, dass sie für
Wirtschaftswachstum verbunden mit einem hohen Grad an Beschäftigung und
finanzieller Stabilität in den Mitgliedsstaaten eintritt.
Die OECD betont auch den Bildungsbereich als entscheidende Ressource für die
Entwicklung am Weltmarkt und die Konkurrenzfähigkeit der Wirtschaft. Andreas
Schleicher, der Chefkoordinator von PISA, hebt diese wirtschaftlichen Gesichtspunkte in
Bezug auf den Bildungsbereich hervor.58 Jedes Land müsse sich am Weltmarkt messen
lassen. Wenn das Bildungssystem versage, fehlten qualifizierte Leute, daher seien
Investitionen in Bildung langfristig erfolgreicher als Rendite auf dem Kapitalmarkt.
Bildung wird von der OECD somit als Mittel zum Fortschritt und zu mehr Gerechtigkeit
angesehen: „Wenn die Bildungssysteme nicht durchweg verbessert werden, wird die
57 OECD (2002a): Bildungspolitische Analyse. Paris, S.2. 58 Heinemann (24.10.02): Wer seine Probleme nicht kennt, sackt ab. Interview mit Andreas Schleicher. In: FR.
Kapitel 3: Die PISA-Studie 20
Globalisierung negative Folgen haben. Die Bildung ist der einzige Schlüssel, wie wir
das verändern können. Das human capital ist der Schlüsselfaktor, für die
Entwicklungsländer wie für die Industrieländer.“59
Im Bildungsbereich hat die OECD also einen doppelten Ansatz: Einerseits ist Bildung in
enger Beziehung zu den allgemeinen Zielen des Wirtschaftswachstums zu sehen, da sie
einen entscheidenden Beitrag für eben dieses Wachstum leistet. Andererseits hat Bildung
auch eine Eigendynamik, „die nur zweckfrei zur Steigerung des allgemeinen
Wohlstandes beitragen kann.“60 Der Bildung wird somit eine eigenständige Bedeutung
zuerkannt.61
An der Bildungsforschung hat die OECD schon länger ein Interesse, was sich auch daran
zeigt, dass sie regelmäßig vergleichende Studien durchführt.62 Schulleistungsvergleiche
haben nach Schleicher dazu beigetragen, die Effektivität von Bildungssystemen zu
beurteilen:
„School-based assessments of competencies have contributed to assessing how
effectively and equitably education systems function, what the key determinants of
educational performance are, and how the delivery of education can be improved.”63
Als eine Zielsetzung von vergleichenden internationalen Analysen wird von der OECD
auch formuliert, dass diese Studien nationale Ergebnisse in einen größeren
Zusammenhang stellen und so die Beurteilungen und Einschätzungen über das
entsprechende Bildungssystem eines Landes erweitern oder vertiefen.64 Länder könnten
erkennen, in welchem Bereich ihre relativen Stärken und Schwächen liegen, eigene
Fortschritte einschätzen und durch den Vergleich mit anderen bessere Eigenleistungen
anstreben. Die vergleichenden Analysen der OECD sollen so eine Orientierungshilfe für
die nationale Bildungspolitik, die Lehrplangestaltung, die Unterrichtspraxis in den
Schulen wie auch für die Lernenden selbst darstellen. Die OECD will hierbei, da eine
Vielzahl internationaler Organisationen in der Vergleichsforschung aktiv ist, einen
einzigartigen Beitrag für die nationale Entwicklung der Politik leisten.65 Wichtig für die
59 Heinemann (24.10.02). In: FR. 60 Papadopoulos (1996): Die Entwicklung des Bildungswesens von 1960 bis 1990. Der Beitrag der OECD. Bildungsforschung internationaler Organisationen 13. Frankfurt a.M., S.14. 61 Vgl. auch Kraus (2001): Lebenslanges Lernen - Karriere einer Leitidee. Bielefeld, S.111. 62 Vgl. zum Beispiel der jährlich erscheinende Bericht „Bildungspolitische Analyse“ oder der jährliche Bericht „Bildung auf einen Blick“ der OECD. 63 Schleicher (2003): Developing a long-term strategy for international assessments. In: Rychen/Salganik (Eds.): Key Competencies for a successful life and a well-functioning society. Göttingen, S.161. 64 OECD (2002a), S.43. 65 Schleicher (2003), S.169.
Kapitel 3: Die PISA-Studie 21
OECD ist, wie die Ergebnisse von internationalen Studien in den Ländern analysiert
werden und ob die Ergebnisse die relevanten Akteure vor Ort überhaupt erreichen.66
3.2 Anlage von PISA
Seit 1997 haben die OECD-Mitgliedsländer auf der Grundlage früherer internationaler
Studien daran gearbeitet, einen vergleichbaren Rahmen zu entwickeln, der es ihnen
ermöglicht, zu bewerten, wie gut die jeweiligen Schulsysteme die wichtigsten Ziele
erreichen.67 Das Ergebnis dieser Arbeit ist PISA, das Programme for International
Student Assessment. Es soll vergleichende Daten über die Ressourcenausstattung,
individuelle Nutzung sowie Funktions- und Leistungsfähigkeit der Bildungssysteme
liefern. Ziel von PISA ist es dabei auch, den Regierungen der teilnehmenden Staaten
Indikatoren zur Verfügung zu stellen, mit denen das nationale Bildungssystem verbessert
werden kann.68
Die in PISA getesteten Indikatoren beziehen sich auf die Bereiche Lesekompetenz,
mathematische Grundbildung, naturwissenschaftliche Grundbildung und
fächerübergreifende Kompetenzen. Damit definiert PISA einen neuen, übercurricularen
Zugang, Wissen und Fähigkeiten zu überprüfen und zu vergleichen.69 Mit PISA sollen
nach der Vorstellung der OECD sogenannte Basiskompetenzen erfasst werden, die in
modernen Gesellschaften für eine befriedigende Lebensführung in persönlicher und
wirtschaftlicher Hinsicht sowie für eine aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben
notwendig sind. Der zu Grunde liegende Gedanke richtet sich also auf die Funktionalität
der erworbenen Kompetenzen im Hinblick auf die Lebensbewältigung.70
Dieser Ansatz wurde auch schon bei TIMSS so aufgenommen. Allerdings wurde bei
TIMSS noch versucht, ein Kompromiss zwischen Anwendungsorientierung und
curricularer Anbindung der Testaufgaben zu schaffen. PISA dagegen lässt Fragen
bezüglich des Curriculums weiter in den Hintergrund treten, was dadurch erreicht wird,
dass die Betonung auf einer neuen Definition von „Literacy“ liegt. Das Konzept
„Literacy“ wurde schon früher eingeführt als eine neue Definition von Wissen und
Fähigkeiten, die es erst ermöglichte, Vergleiche weniger auf das Curriculum hin
66 Schleicher (2003), S.179. 67 OECD (2002a), S.42. 68 Baumert, Jürgen et al. (2003): PISA 2000 – ein differenzierter Blick auf die Länder der Bundesrepublik Deutschland. Opladen, S.12. 69 Schleicher (2003), S.176. 70 Baumert (2003), S.16.
Kapitel 3: Die PISA-Studie 22
auszurichten.71 In PISA sollte in der Literacy- Definition aber noch mehr als bisher die
aktive Rolle des Lesers bei dem Aneignen von Texten betont werden. Dementsprechend
definiert die OECD „Reading Literacy“:
„Reading literacy is defined in PISA as the ability to understand, use, and reflect on
written text in order to achieve one’s goal, to develop one’s knowledge and potential,
and to participate effectively in society.”72
PISA beschränkt den Begriff der „Reading Literacy“ also nicht auf das Entziffern von
Worten und Texten. Insgesamt werden fünf Schichten von Lesefähigkeit durch die
Aufgaben in PISA überprüft, angefangen damit, ob der Leser ein grobes allgemeines
Verständnis vom Text erlangt bis hin zu der Stufe, ob er Merkmale wie Ironie, Humor
und logischen Aufbau erkennt.
Die OECD dehnt bei PISA das Konzept von Literacy außerdem aus, indem sie es nicht
nur auf das Lesen beschränkt, sondern es auf mathematische und naturwissenschaftliche
Literacy erweitert. Die mathematische Literacy gilt als „the capacity to identify,
understand and engage in mathematics as well as to make well-founded judgements
about the role that mathematics plays in an individual’s current and future life as a
constructive, concerned and reflective citizen.“73 Unter “Scientific Literacy” wird die
Fähigkeit definiert „to use scientific knowledge, to identify questions and to draw
evidence-based conclusions in order to understand and help make decisions about the
natural world and human interactions with it.“74
Literacy gilt somit als eine Fähigkeit der menschlichen Natur, die in der Interaktion mit
der Gesellschaft deutlich wird. Für die Forschung ist diese neue Art, Literacy zu
betrachten, sehr nützlich, da die Dichotomie zwischen gesellschaftlichem Mikro- und
Makrolevel einfacher analysierbar wird.75 Wenn man daher über dieses Konzept von
Literacy bei PISA spricht, spricht man über Mikro- und Makroebene zugleich.
Die konkrete Aufgabenauswahl bei PISA orientiert sich aufgrund der derartigen
Betonung von Literacy auf Verwendungs- und Lebenssituationen über deren jeweilige
71 Der Begriff „Literacy“ wurde schon in den 60ern diskutiert. Die UNESCO verwandte den Begriff in ihren Veröffentlichungen. Vgl. Gray (1956): The Teaching of Reading and Writing. Chicago: Literacy as „the process and content of learning to read and write to the preparation for work and vocational training, as well as means of increasing the productivity of the individual.” Frühere Vergleichsstudien haben auch schon Reading Literacy betont, so zum Beispiel IEA/RLS und IALS: Reading Literacy galt als “the ability to understand and use those written language forms required by society and/or valued by the individual.” Vgl.: OECD: What PISA assesses. How the definition was derived. Download: www.pisa.oecd.org/read/defhist.htm. [23.09.04] 72 OECD (2003a): Literacy Skills for the World of Tomorrow. Further Results from PISA 2000. Paris, S.19. 73 Ebd., S.20. 74 Ebd., S.21. 75 Pettersson (2004): Politics of Assessments: International organizations and globalisation of educational steering. Abstract. (not published yet) Uppsala, S.9.
Kapitel 3: Die PISA-Studie 23
Gewichtung pragmatisch entschieden wird. Das Standardrepertoire der Sekundarstufe I
bleibt in Beachtung, ohne dass man sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner der
Lehrpläne der beteiligten Länder beschränkt. In diesem Pragmatismus unterscheidet sich
PISA von früheren situationsorientierten Ansätzen der Curriculumentwicklung. PISA
vollzieht aber nicht den rationalistischen Fehlschluss, dass sich ein schulischer Kanon
aus den Analysen von Lebenssituationen ableiten ließe. Durch den Verzicht auf eine
eindeutige Curriculumsorientierung und im Gegenzug dazu die Konzentration auf
Basiskompetenzen erhält PISA ein didaktisches und bildungstheoretisches Konzept, das
als normativ zu bezeichnen ist. 76
Ein weiteres Merkmal von PISA ist, dass PISA sich auf die Kompetenzprüfung 15-
Jähriger beschränkt. Der Stichprobenumfang im ersten Zyklus im Jahr 2000 umfasst
mehr als eine Viertel Million Schülerinnen und Schüler, stellvertretend für nahezu 17
Millionen 15-Jähriger, die in den 32 Teilnehmerländern zur Schule gehen.77 Zwei weitere
Erhebungen werden in einem Dreijahreszyklus folgen. In jedem Zyklus wird ein
Hauptbereich gründlicher getestet, dem dann zwei Drittel der Testzeit zugeteilt wird,
wohingegen in den beiden anderen Bereichen zusammenfassende Leistungsprofile
erstellt werden. Im Jahr 2000 liegt der Hauptbereich in der Lesekompetenz, 2003 in der
mathematischen Grundbildung und im Jahr 2006 in der naturwissenschaftliche
Grundbildung. Die konkrete Testmethodik besteht aus einer Mischung aus Multiple
Choice-Aufgaben und Fragen, bei denen die Schüler eigene Antworten ausarbeiten
müssen.78 Die Schüler beantworten außerdem einen Fragebogen mit Hintergrundfragen
über sich selbst, die Schulleistungen und Fragen über ihre Schule. In PISA werden so
familiäre und institutionelle Kontexte, individuelle Lernvoraussetzungen und
Verarbeitungsprozesse miterhoben. So kann beispielsweise erfasst werden, in welchem
Maße Schulsysteme und Schulen in der Lage sind, die Unterschiede im sozio-
ökonomischen Status ihrer Schüler auszugleichen und welches die entscheidenden
Faktoren für schulische Leistungen sind.79
Trotz der theoriegeleiteten Programmentwicklung hat PISA Grenzen, wenn es um
kausale Schlussfolgerungen geht.80 Aufgrund der querschnittlichen Anlage von PISA
sind belastbare kausale Aussagen oder Urteile in der Regel nicht möglich. Im Gegensatz
76 Baumert (2003), S.16. 77 OECD: Executive Summary: Knowledge and Skills for Life. First results from PISA 2000, S.2. 78 Baumert (2003), S.13f. 79 Schweitzer (07.05.99): Keine Angst vor PISA. Was Leistungsvergleiche leisten und wo ihre Chancen liegen (könnten). In: FR. 80 Baumert (2003), S.18.
Kapitel 3: Die PISA-Studie 24
dazu kann PISA aber ein Medium präsentieren, um die Wissensbasis in Bezug auf die
entsprechenden Felder wie Schule, Unterricht und Lernen sowie die Voraussetzungen für
Diskurse über diese Felder zu verbessern.
3.3 Wesentliche Ergebnisse von PISA
PISA zeigt sowohlUnterschiede zwischen den teilnehmenden Ländern als auch zwischen
Schulen und Schülern innerhalb der einzelnen Länder.81 Die Länder unterscheiden sich
hinsichtlich des durchschnittlichen Leistungsniveaus und bei der Streuung um den
Durchschnittswert. Sie unterscheiden sich auch darin, inwieweit der familiäre
Hintergrund die Leistungen der Schüler beeinflusst.
Da PISA also insgesamt zu sehr vielen Ergebnissen in den unterschiedlichsten Bereichen
geführt hat, die von der OECD in umfassenden Berichten veröffentlicht wurden, soll hier
nur kurz auf einige wesentliche Ergebnisse von Deutschland und UK verwiesen werden.
Das Wissen um diese Ergebnisse erhöht insgesamt die Verständlichkeit der folgenden
Analyse um die bildungspolitischen Diskurse in diesen Ländern, obwohl auch in der
Analyse selbst noch zum Teil auf relevante Ergebnisse hingewiesen wird. Daher erfolgt
die Darstellung an dieser Stelle in aller Kürze.
Deutschland erreicht im Lesen unter 32 Nationen Platz 22, UK erreicht Platz 8. In
Mathematik erreicht Deutschland Platz 21, UK Platz 9, in den Naturwissenschaften ist
Deutschland an 22. Stelle und UK an fünfter.82 Deutschland gehört somit eindeutig zu
den leistungsmäßig schwachen Ländern, während UK der Sprung zu der Gruppe der
internationalen Spitzenländer gelungen ist.
In Deutschland zeigen sich insbesondere bei anspruchsvollen Aufgaben, die ein
inhaltliches Verständnis von Sachverhalten verlangen, Schwächen. 9% der deutschen
Schüler erreichen nicht einmal die erste Kompetenzstufe beim Lesen und weitere 13%
befinden sich auf der Kompetenzstufe I, was zusammenfassend bedeutet, dass knapp ein
Viertel der Schüler am Ende der achten Klasse nur mit Mühe lesen kann oder Texte nur
81 Für eine ausführliche Darstellung der Ergebnisse vgl.: OECD (2002a); OECD (2003a); OECD (2003b): Student Engagement at School. A sense of belonging and participation. Results from PISA 2000. Paris. Für eine zusammenfassende Darstellung vgl.: OECD: Executive Summary: Knowledge and Skills for Life. First results from PISA 2000.; OECD: Executive Summary: A sense of belonging and participation. Results from PISA 2000.; OECD: Executive Summary: Learners for Life. Student approaches to learning. Results from PISA 2000. 82 OECD (2003a): Ergebnisse im Lesen: S.80, Ergebnisse in Mathematik: S.102, Ergebnisse in Naturwissenschaften: S.110; Vgl. dazu auch: Anhang dieser Arbeit, S.122f. , Abbildung 1-3.
Kapitel 3: Die PISA-Studie 25
auf elementarem Niveau versteht.83 Der Abstand in Deutschland zwischen den
schwächsten 5% und den stärksten 5% unter den Lesern ist größer als in allen anderen
Ländern. Dennoch gehören zur Spitzengruppe in Deutschland, d.h. zu den Schülern, die
die Kompetenzstufe V erreichen, nur 9%, womit Deutschland unter dem OECD-
Durchschnitt bleibt. Schüler, die nicht gerne lesen, sind in Deutschland mit 42% dagegen
besonders häufig. 84
UK hat im Vergleich dazu eine relativ hohe Anzahl von Schülern, die das beste
Leselevel, das Kompetenzlevel V, erreicht haben. Die Anzahl liegt bei 16%, wohingegen
der OECD-Durchschnitt nur bei 10% liegt. Somit gehört UK in diesem Bereich zu den
ersten fünf Ländern in der Rangtabelle.85 Allerdings schafft UK es zwar gut, seine
begabten Schüler zu fördern, aber die Zahl auf dem Kompetenzlevel I oder darunter ist
auch sehr hoch. Sie liegt bei 9% auf Level I, bei 4 % unter dem Level I. UK gelingt es
also gut, die Begabten zu fördern, es gelingt aber nicht gut, die schwachen Schüler
ebenso zu fördern.
Leistungsunterschiede zwischen den Schülern sind in keinem anderen Land so stark
durch die soziale Herkunft bedingt wie in Deutschland. Die Chancenungleichheit stellt
somit für Deutschland ein zentrales Problem dar, zumal es auch die Schulen nicht
schaffen, die Nachteile, die sich aus der sozialen Herkunft ergeben, zu kompensieren.86
UK liegt in dieser Frage allerdings ebenso im unteren Bereich, was zeigt, dass auch in
UK die soziale Herkunft einen ernst zunehmenden Einfluss hat.
Dies sind einige wesentliche Ergebnisse von PISA zu Deutschland und UK. Dieser
Überblick kann nur einen Eindruck von der ungefähren Position vermitteln, in der sich
die beiden Staaten befinden. PISA hat zu erheblich mehr Ergebnissen geführt, was auch
im folgenden Teil der Arbeit deutlich werden wird.
83 OECD (2003a), S.69. : Insgesamt werden beim Lesen 5 Kompetenzstufen unterschieden. 84 OECD: Executive Summary: Knowledge and Skills for Life. First Results from PISA 2000, S.15: In UK ist die Zahl derjenigen, die nicht gerne lesen, nicht so auffällig hoch wie in Deutschland. Sie liegt in UK bei 29%. Vgl. dazu auch Anhang S.128. 85 OECD (2003a), S.69 und auch S.74. 86 Ebd., S.215.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 26
4 Reaktionen in Deutschland
In diesem Kapitel werden die Ergebnisse der empirischen Analyse für Deutschland
vorgestellt. Bevor mit dieser Darstellung begonnen wird, werden zunächst in Gestalt
einer Kurzcharakterisierung die Grundzüge des Bildungswesens in Deutschland
aufgezeigt, um den Diskurs auch in dieser Richtung, nicht nur in der bereits präsentierten
Richtung der PISA-Studie, einzubetten und Hintergrundwissen zu liefern. Danach
beginnt der eigentliche Analyseteil, der zuerst die Haltungen zu PISA im Vorfeld
beschreibt und danach die Urteilsbildung über PISA darlegt. Im weiteren Verlauf wird
dann eine globale Perspektive im PISA-Diskurs herausgearbeitet und anschließend
werden die zentralen Diskursthemen nach zwei Untersuchungszeiträumen getrennt
vorgestellt. In dem abschließenden Zwischenfazit werden die Ergebnisse der Analyse für
Deutschland zusammengefasst.
4.1 Grundzüge des Bildungswesens in Deutschland
In dieser Kurzcharakterisierung geht es darum, auf einige Züge des deutschen
Schulsystems zu verweisen, die im Hinblick auf das Thema der Arbeit signifikant sind.87
Dabei wird auch auf die bisherige internationale Ausrichtung der Bildungsforschung und
-politik eingegangen.
Das Bildungswesen in Deutschland ist föderalistisch gestaltet.88 Der Staat hat nach dem
Grundgesetz von 1949 die Führungsrolle bei der Organisation, der Verwaltung und der
Aufsicht über die Schulen. Die Bundesländer sind zuständig für die Gesetzgebung,
welche die Organisation der Bildungsstrukturen, die Ausbildung der Lehrkräfte sowie die
Inhalte der Bildung festlegt. Die Länder arbeiten im Rahmen der Ständigen Konferenz
der Kultusminister und der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und
Forschungsförderung zusammen. Die Zusammenarbeit besteht darin, dass in
Grundsatzfragen jeweils ein Konsens89 angestrebt wird, der aufgrund der Selbstbindung
87 Für eine genaue Darstellung vgl.: Mitter (1990): Grundfragen im Überblick. In Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen (Hrsg.): Vergleich von Bildung und Erziehung in der Bundesrepublik Deutschland und in der Deutschen Demokratischen Republik. Köln; Vgl. auch: Lehmann (1994): Germany: System of Education. In: Husén/Postlethwaite (Eds.): International Encyclopedia of Education. Oxford, S.2470-2480. 88 Fuchs/Reuter (2000): Bildungspolitik in Deutschland. Entwicklungen, Probleme, Reformbedarf. Opladen, S.38; Vgl. auch: Hölzle (1994): Bildungspolitik in der Europäischen Gemeinschaft. Frankfurt a.M., S.203. 89 Beispiele für einen Konsens in Grundsatzfragen: Reform der gymnasialen Oberstufe 1972 und 1977, Anerkennung der Abschlusszeugnisse der Gesamtschule 1982. Vgl.: Allemann-Ghionda (1999), S.58.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 27
und des Zertifikatswesens erfolgen muss.90 Wegen der Länderhoheiten bestehen dennoch
teils markante Unterschiede im Bereich der Bildungsstrukturen, was sich besonders im
Aufbau des Schulwesens widerspiegelt. Dort zeigt sich dies beispielsweise in der
Unterschiedlichkeit der Dauer der Schulpflicht, der unterschiedlichen Dauer der
Grundschule oder der Struktur der unteren Sekundarstufe, die auch von Land zu Land
anders gestaltet ist.91
Der Besuch vorschulischer Einrichtungen in Deutschland ist im Allgemeinen
kostenpflichtig. Für eingewanderte sowie für minderprivilegierte Familien ist der Aspekt
der Finanzierung wenig vorteilhaft und hat zur Folge, dass ausländische Kinder die
deutsche Sprache oft erst in der Schule erlernen.92
Die Grundschule dauert in den meisten alten Bundesländern vier Jahre. In einigen
Ländern gibt es eine sechsjährige Grundschule, wobei die fünfte und die sechste Klasse
eine Orientierungsphase sind.
Die Sekundarstufe I ist in der Regel ein dreigliedriges bis viergliedriges System mit den
Zügen Hauptschule, Realschule, Gymnasium und in manchen Ländern noch dem Typus
der Gesamtschule. Die Anzahl der Schüler an den Hauptschulen nimmt seit 1960/61
stetig ab, der Anteil an den Gymnasien und Gesamtschulen dagegen vergrößert sich.93
Viele schwache Schüler und ein überprozentual großer Anteil von Einwandererkindern
an Hauptschulen ebenso wie die Qualität des Unterrichts und die geringe Akzeptanz der
Hauptschule unter Pädagogen und Eltern haben mit dazu geführt, dass sie zur
„Restschule“ tituliert wird.94 Die Realschule bereitet auf anspruchsvollere Wege in der
beruflichen Bildung und formal auch auf den Übertritt zum Gymnasium vor. Das
Gymnasium wird in den 70er Jahren einer Reform unterzogen, um ihm zum Teil den
elitären Charakter einer Vorbereitung auf die Universität zu nehmen. In der Tat schlagen
heute viele Gymnasiasten den Weg der dualen beruflichen Bildung ein.95
In einigen Bundesländern wird neben dem herkömmlich dreigliedrigen System Ende der
60er Jahre die Gesamtschule eingeführt. Sie ist Gegenstand von Polarisierung in der
90 Für eine nähere Erläuterung vgl.: Fuchs/Reuter (2000), S.36.: Selbstbindung der Länder: Einschränkung der bildungspolitischen Gestaltungsmöglichkeiten der Länder, vereinbart im Rahmen des Hamburger Abkommens und der KMK-Vereinbarung; Zertifikatswesen: die Mobilität der Absolventen im ganzen Bundesgebiet zwingt zu einer Politik der wechselseitigen Anerkennung der Bildungsabschlüsse, die auch Kompromisse über Ausbildungsgänge, -inhalte und –dauer erfordern. 91 Lehmann (1994), S.2472; Vgl. auch: Fuchs/Reuter (2000), S.37ff: Die Schulpflicht umfasst neun bis zehn Jahre Vollzeit, die Grundschule vier bis sechs Jahre, die Struktur der unteren Sekundarstufe ist je nach Bundesland zwei bis viergliedrig, zum Teil mit Gesamtschule, zum Teil ohne Gesamtschule. 92 Allemann-Ghionda (1999), S.59. 93 Ebd., S.59. 94 Lehmann (1994), S.2473. 95 Allemann-Ghionda (1999), S.60.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 28
Bildungsdiskussion und eng verbunden mit der Debatte um gleiche Chancen im
Bildungswesen.96 Befürworter der Gesamtschule sehen das gegliederte Schulwesen als
sozial selektiv, Gegner der Gesamtschule sind der Meinung ein strukturell gegliedertes
Schulwesen werde besser den unterschiedlichen Begabungen von Schülern gerecht. Das
Grundproblem der Gesamtschulen in Deutschland ist, dass sie nicht, wie beabsichtigt,
das dreigliedrige System ersetzen, sondern eine vierte Säule bilden. Das Weiterbestehen
der Gymnasien führt für die Gesamtschulen außerdem zu dem sogenannten Creaming-
Effekt. 97 Somit bleibt ihr Konzept chancenlos.
In Bezug auf Betreuungsangebote durch die Schulen beschränkt sich in Deutschland die
Aufsicht meist auf die Unterrichtszeit.98 Die Ganztagsschule hat sich somit bisher nicht
als feste Schulform etablieren können, sondern bildet eher die Ausnahme.
Im Vergleich mit anderen Ländern hat Deutschland nicht viel empirische Forschung in
der Bildung unternommen.99 Erst seit den 50er Jahren kann sich, wohl auch ausgelöst
durch den Sputnik-Schock, die Vergleichende Erziehungswissenschaft zunehmend
etablieren.100 Es entsteht größeres Interesse an ausländischen Bildungssystemen, da in
den aufkommenden Diskussionen auch der Entwicklungsstand der ausländischen
Erziehungssysteme eine Rolle spielt.
Einen zusätzlichen Auftrieb erhalten internationale Studien dann auch durch die
Gesamtschulfrage, die als Reform in den 60er und 70er Jahren in mehreren Ländern
diskutiert wird und daher Vergleiche mit anderen nahe legt.101 Vergleichsstudien mit
anderen Ländern bleiben aber noch längere Zeit ungewohnt in Deutschland.102 Die
vorherrschende Meinung unter Lehrern und Bildungspolitikern ist, dass die Qualität von
Schulen und Schulsystemen nicht messbar und nicht vergleichbar ist. Daher werden
96 Anweiler et al. (1992): Bildungspolitik in Deutschland 1945-1990. Ein historisch-vergleichender Quellenband. Opladen, S.13. Zur Gesamtschule vgl. auch: Tillmann (1988): Comprehensive schools and traditional education in the Federal Republic of Germany. In: International Journal of Educational Research. 12, S.474ff. 97 Fuchs/Reuter (2000), S.45 und S.54, 55: „Creaming-Effekt“: die Cream, d.h. die besten Schüler, besuchen weiterhin das Gymnasium und fehlen somit der Gesamtschule. 98 Allemann-Ghionda (1999), S.60. 99 Vgl. dazu ausführlich: Ingenkamp et al. (1992): Empirische Pädagogik 1970-1990. Eine Bestandsaufnahme der Forschung in der Bundesrepublik Deutschland. Weinheim. 100 Zymek (1975), S.353; Gonon (1998), S.114: Als die ersten Promotoren einer internationalen Bildungsforschung in Deutschland gelten Franz Hilker und Friedrich Schneider. Vgl. dazu: Hilker (1962): Vergleichende Pädagogik. Eine Einführung in ihre Geschichte, Theorie und Praxis. München. 101 Gonon (1998), S.114; Vgl. auch: Blumenthal et al. (1995): Entwicklungslinien der Vergleichenden Erziehungswissenschaft in der Bundesrepublik Deutschland bis zum Ende der 80er Jahre. Institutionalisierungsprozesse, Kommunikationsstrukturen, Themenschwerpunkte. In: Willmann (Hrsg.): Bildungsreform und Vergleichende Erziehungswissenschaft: Aktuelle Probleme, historische Perspektiven. Münster, S.112-147. 102 Ohne Angabe (2002): Schulen im Test. Abgedruckt in: ZEITdokument (2002): Schock für die Schule. Die Pisa-Studie und ihre Folgen, S.84.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 29
internationale Vergleichsstudien in Deutschland kaum beachtet und man verweigert
lange Zeit eine Teilnahme.103
Die Wende kommt erst 1997 durch die TIMSS-Studie.104 Den deutschen Schülern
werden nur mittelmäßige Kenntnisse in Mathematik und in den Naturwissenschaften
attestiert. Seit TIMSS wird dann wieder über Leistung gesprochen und auch innerhalb
von Deutschland beginnt man zu testen. Die PISA-Studie im Jahr 2000 hat ein sehr
großes Echo hervorgerufen und wird in Deutschland so intensiv wie kaum in einem
anderen Land diskutiert.105
4.2 Haltungen im Vorfeld von PISA106
Die PISA-Studie hat, wie bereits mehrfach erwähnt, zu einer breiten Resonanz in der
Öffentlichkeit geführt. Im Vorfeld der Veröffentlichung sind in Deutschland bereits
verschiedene Stimmungsfelder in Bezug auf PISA zu unterscheiden: von Medien wird
Angst vor den Ergebnissen von PISA geschürt, von einem Teil der Lehrer und
Wissenschaftler wird Kritik an PISA und Vergleichstests im Allgemeinen geübt, andere
Wissenschaftler, Lehrer und Politiker versuchen schließlich, die Vorteile und Chancen
von PISA zu vermitteln. In Deutschland ist die Haltung gegenüber PISA also von sehr
unterschiedlichen, zum Teil sich widersprechenden Erwartungen geprägt.
Bemerkenswert ist aber, dass überhaupt vielfältige Erwartungen geäußert werden, woraus
geschlussfolgert werden kann, dass man, ob positiv oder negativ besetzt, PISA mit
Spannung entgegenblickt.
103 Das deutsche Schulsystem wird dennoch vor allem in UK als erfolgreich eingeschätzt. Vgl. dazu: McLean (1995): Educational traditions compared. Content, teaching and learning in industrialized countries. London S.111; Internationale Studien, an denen Deutschland in den 90ern teilgenommen hat, sind die erste Leseverständnisstudie (IRLS) von 1990/91, die TIMSS-Studien für die Mittel- und Oberstufe (1994-1996), PISA 2000 und später noch IGLU (Ergebnisse 2003) für den Grundschulbereich. Parallel dazu wurden nationale Studien durchgeführt: Hamburger Lau-Studien (1996 bis 2000), Quasum in Brandenburg (1999) und Markus in Rheinland-Pfalz (2000). Vgl. hierzu: Klemm (17.06.02): Wenn schon kein Umbau, dann auch keine Rolle rückwärts. In: FR. 104 Mönch (06.12.01): Belehrte Unwissenheit. Die PISA- Studie: Welche Schulen, welche Lehrer hat das Land? In: FAZ. 105 Spiewak (2002a): Freiheit für die Schule. Was ist in Deutschland seit Pisa passiert? Ein Gespräch über lernende Politiker, geknebelte Pädagogen und die Gesamtschule mit Kultusministerin Annette Schavan und dem Pisa-Koordinator Andreas Schleicher. In: Die Zeit Nr. 50/2002. 106 Bei den Artikeln, auf die in dieser Analyse per Fußnote verwiesen wird, ist auf eine Angabe der Seitenzahl verzichtet. Dies hängt damit zusammen, dass die Quellen der Artikel nicht die eigentlichen Zeitungen in ihrer Originalausgabe sind. Daher ist die Seitenanzahl, auf der sich die Artikel in der Originalzeitung befinden, nicht verfügbar. Die Artikel wurden per Internet über den OECD-Pressespiegel, über die Archive der jeweiligen Zeitungen oder CD-Datenbanken gesucht. Im Literaturverzeichnis finden sich nur die Seitenzahlen der Artikel, die aus dem Pdf-Dokument des OECD-Pressespiegels stammen.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 30
Stimmungsmache durch die Medien
Vor allem von den Medien, d.h. den Journalisten und Redakteuren der untersuchten
Zeitungen, werden im Vorfeld Ängste geschürt. Es finden sich in den Zeitungen
Schlagzeilen und Phrasen wie „Angst vor dem Bildungs-GAU – Warten auf PISA.“107
Die Veröffentlichung von PISA werde geplant „wie ein Bombenangriff“, daher werde
ein „Kollateralschaden“108 vermutet. Die Zeit schreibt PISA werde eine „Art geistigen
BSE-Alarm“ auslösen. BSE bedeute in diesem Falle: „Bildungs-Skandal-Erreger.“109 Die
Studie werde einen Schock auslösen, da im besten Fall Mittelmäßigkeit zu erwarten sei.
Dies hätten schon frühere Studien, allen voran TIMSS gezeigt.110 „Wie grausam und
beschämend wird das Ergebnis ausfallen?“ fragt die Frankfurter Rundschau und folgert:
„Wer sich so fürchtet, muss sich schlechter Noten sicher sein.“111
Dieser Ausschnitt soll also ein Stimmungsbild in der Gesellschaft widerspiegeln, das von
Unsicherheit in Bezug auf PISA geprägt ist. Dies mag mit dem schlechten Ergebnis
Deutschlands bei der internationalen Vergleichsstudie TIMSS, deren Resultate erst 1998
veröffentlicht wurden, zusammenhängen.112 Es kann daher die Befürchtung nicht
ausgeschlossen werden, dass Deutschland bei PISA abermals ein schlechtes Ergebnis
erhält. Die Medien schüren im Vorfeld in plakativer Form diese Befürchtungen.
Kritik an Vergleichstests von Lehrern und Wissenschaftlern
Bei vielen Lehrern, vor allem in der GEW, stößt das Vorhaben der PISA-Studie zunächst
auf Misstrauen. In Gesamtschulkreisen wird sogar über einen Boykott an PISA
diskutiert.
Marianne Demmer, die im Hauptvorstand der GEW tätig ist, vertritt den Standpunkt
PISA sei ein Irrweg, da „Leistungsvergleiche die Logik von Großtechnologien in die
Schule übertragen“ und so „gleichschrittigen Unterricht“ 113 hervorrufen würden. Die
Entscheidung über Lerninhalte käme in die Hände kommerzieller Testinstitute. Ein
107 Demmer (28.11.01): Angst vor dem Bildungs-GAU – Warten auf PISA. In: GEW. 108 Heinemann (28.11.01): Eiertänze - Desorientierung um PISA. In: GEW. 109 Kahl (29.11.01): Der Studien-Rat. In: Die Zeit. 110 Kerstan (03.12.01): Sitzen geblieben – wieder schockt eine Studie die deutschen Schulpolitiker. In: Die Zeit. 111 Feuck (30.11.01): Die Krise des Bildungssystems und die Gründe dafür sind altbekannt – sie betreffen im Kern die Lehrkräfte. In: FR. 112 Näheres zu TIMSS: vgl.: TIMSS/III-Germany-Homepage: www.timss.mpg.de [13.10.04]: Eine direkte Länderrangreihe hat es bei TIMSS nicht gegeben, da die Untersuchungspopulationen der Teilnehmerländer generell nicht vergeleichbar sind. Die Testleistung der deutschen Schüler liegt im Bereich der mathematisch-naturwissenschaftlichen Grundbildung in der Gruppe vergleichbarer Länder aber im unteren Bereich. 113 Heinemann (23.03.00): Die Qual der Lehrer vor dem Test. PISA oder: das schiefe Bild der Gewerkschaft. In: FR.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 31
mögliches schlechtes Ergebnis bei PISA würde außerdem, wie schon bei TIMSS, für
einen Schulformvergleich zu Ungunsten der Gesamtschulen genutzt. Zusätzlich bestehe
das Risiko, dass, sowohl bei Schülern als auch bei Lehrern, nur noch die Leistung zähle,
die messbar sei.
Der Wissenschaftler Jochen Schweitzer, Vertreter der KMK bei PISA und deutscher
Vertreter im OECD-INES-Netzwerk „Bildungsergebnisse“, fasst die Ängste der Lehrer,
aus denen deren ablehnende Haltung gegenüber PISA resultiert, zusammen:114 Es gäbe
die Angst vor einem Ranking und dem „Normerfüllungsdruck“, der durch die Meßlatte
der Leistungsvergleiche entstehen könne, die Angst, dass Bildung auf Leistung und auf
das durch Tests Messbare reduziert werde und die Angst, der angestrebten (Teil)-
Autonomie von Schulen werde durch Leistungsvergleiche entgegengewirkt.
Der Schulreformer Heinz Klippert meint, Deutschland habe kein Erkenntnis-, sondern
ein Kompetenzproblem und Tests wie PISA würden nicht dazu beitragen, bei den
Lehrern Kompetenz zu entwickeln.115 Statt teuren Tests müssten die Lehrer weiter
qualifiziert werden. Durch die Tests fühlten die Lehrer sich ohnmächtig und bekämen
ihre Minderwertigkeit vor Augen geführt, obwohl sie im Unterricht nur das täten, was sie
an der Universität gelernt hätten, nämlich dozentenhaft zu lehren und Wissen zu
vermitteln.
Auch andere Bildungsexperten wie Wolfgang Klafki, Ralf Arnold und Otto Herz halten
die Tests für kontraproduktiv, weil sie in die alte Paukschule zurückwerfen und das
Sachwissen zu stark gewichten würden. Durch solche Tests käme ein „quantitativ-
technokratisches Bildungsverständnis“116 zum Ausdruck.
Weitere Wissenschaftler befürworten zwar die PISA-Studie an sich, stehen aber einer zu
großen Anzahl an Vergleichstests skeptisch gegenüber. So spricht sich zum Beispiel der
Essener Bildungsforscher Klaus Klemm gegen zu viele Leistungstests aus.117 Besser als
ein Übermaß an internationalen Leistungsvergleichen findet er schulinterne
Vergleichsarbeiten und Evaluation. Auch der Bildungsforscher Klaus-Jürgen Tillmann
zeigt in dieser Frage Bedenken. Er bezweifelt, dass die Kultusministerien mit dem
derzeitigen Boom von Leistungsvergleichsstudien umgehen und die empirischen
114 Schweitzer (07.05.99): Keine Angst vor PISA: Was Leistungsvergleiche leisten und wo ihre Chancen liegen (könnten). In: FR. 115 Schwarz (22.11.01): Entwickeln statt vermessen – Kritiker von Vergleichstests warnen vor der Rückkehr zur „Paukschule“. In: FR. 116 Schwarz (22.11.01). In: FR. 117 Heinemann (23.3.00). In: FR.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 32
Ergebnisse noch ordentlich verarbeiten könnten.118 Die Befürchtung Tillmanns ist, dass
bei der Vielzahl von Vergleichstests im Unterricht nur stur für den nächsten Test gelernt
werde und öffentliche Ranking-Listen entstünden, die soziale Verwerfungen zwischen
Schulen noch verschärften, da Eltern, die es sich leisten könnten, ihre Kinder gezielter
auf die „besseren Schulen“ schicken würden.
Diese Beispiele zeigen, dass im Vorfeld von PISA nicht nur bei den Medien eine
negative Stimmungsmache zu beobachten ist, sondern dass das Misstrauen gegenüber
PISA auch bei Lehrern und Wissenschaftlern anzutreffen ist. Es werden Bedenken und
Kritik gegen internationale Leistungsvergleiche geäußert. Dies entspricht der im
vorherigen Kapitel beschriebenen Abschottung der deutschen Bildungspolitik gegenüber
Vergleichen mit anderen Ländern.
Die Kritikpunkte lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: Durch Vergleichstests
kann der eigentliche Auftrag von Schule nicht mehr wahrgenommen werden. Der
Auftrag, allgemeine Bildung zu vermitteln, wird auf die Vorbereitung für den nächsten
Vergleichstest reduziert. Gleichsam zählt dann nur das Wissen, das im Vergleichstest
mess- und prüfbar ist. Dies hat Auswirkungen auf den Unterricht, der auf die Tests
vorbereiten muss und dadurch an Flexibilität und Eigenlebendigkeit verliert. Durch die
Tests kommt es zu einem Ranking zwischen den Schulen, was zu einer höheren sozialen
Differenzierung auch innerhalb der Schülerschaft führen kann. Die Tests selbst werden
zwar Schüler und Lehrer kontrollieren, aber nicht für bessere Kompetenzen auf Seiten
der Lehrer sorgen. Eine zu große Anzahl an Vergleichstests lässt außerdem keinen Raum
für eine ordentliche Evaluation der Ergebnisse.
Chancen von PISA
Die obigen Aussagen stellen die eine Seite der Erwartungshaltung gegenüber PISA dar.
Es existiert aber noch eine andere Seite, die eine eher optimistische Stimmungslage
vermittelt. Obwohl man ein schlechtes Ergebnis fürchtet, werden Hoffnungen und
Erwartungen an PISA gesetzt. Die Argumentation ist von der Grundüberzeugung
geprägt, dass man sich dem Vergleich mit anderen Ländern öffnen und die
Abschottungspolitik im Bildungswesen beenden muss. Dies sind zum großen Teil auch
die Kräfte, die sich für eine Teilnahme Deutschlands an PISA eingesetzt haben.
Vor allem vom wissenschaftlichen Standpunkt aus argumentierend finden sich Artikel,
die die Angst gegenüber PISA nehmen wollen. Jochen Schweitzer beispielsweise
118 Feuck (29.11.01): Wertvolle Wahrheiten. In: FR.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 33
versucht, die öffentlichen Bedenken zu entkräften.119 Die in PISA getesteten
Kompetenzen seien die Basis dafür, dass andere Lernziele besser erreicht und gesichert
würden. Es könne daher entlastend wirken, wenn PISA widerlege, dass in den Schulen zu
wenig und noch dazu das Falsche gelernt würde. Da kein Fachwissen bei PISA getestet
werde, sei es unwahrscheinlich, dass Paukschulen die besten Ergebnisse erzielten. Hinter
den Ängsten der Lehrer steckten möglicherweise Abwehrhaltungen, die daher rührten,
dass die Lehrtätigkeit in der Schule seit jeher ohne nennenswerte Evaluation erfolgt sei.
Schweitzer appelliert, die Chancen von PISA zu beachten: Es könne eine neue qualitative
Bildungsoffensive begründet und initiiert werden. Diese Chancen ständen nicht schlecht,
da PISA für alle Beteiligten Lernanlässe in vielfältiger Form bieten werde. Einige
Mängel von TIMSS seien bei PISA überwunden und die Qualitätskriterien seien höher
geschraubt, vor allem sei PISA transparenter und werde mit breitester Beteiligung und
Mitgestaltung aller teilnehmenden Länder durchgeführt.
Auch die Medien formulieren, neben ihrem Spiel mit den öffentlichen Ängsten,
Hoffnungen an PISA. Nach der FR ist es das Ziel von PISA, die Schieflage des
Schulsystems näher zu untersuchen.120 Das deutsche Schulsystem befinde sich in einer
Schieflage, was empirisch durch TIMSS belegt sei. Nähere Gründe für diese Schieflage
und eine mögliche Lösung solle PISA erbringen. Die Politik würde von PISA auch
Auskunft erhalten, wie groß der Leistungsabstand zwischen Schülern aus sozial besser
und schlechter gestellten Familien im Vergleich zu anderen Staaten sei. PISA werde auch
auf Zusammenhänge zwischen Schulmerkmalen und Leistungsniveau der Schüler
hinweisen.121
Von den Medien werden also umfassende Informationen über das deutsche
Bildungssystem mit Defizitanalysen und Lösungsvorschlägen von PISA erwartet.
Die GEW, die sich nach anfänglicher Skepsis dann doch zum großen Teil hinter PISA
stellt, erhofft, dass die Diskussion um die Leistungsfähigkeit von Schulsystemen wieder
neu entfacht wird und ein Anstoß zu einer Qualitätsdebatte gelingt.122 Ebenso wird dafür
plädiert, dass PISA der Anfang einer „unaufgeregten Ursachenforschung“123 über die
Chancengleichheit im deutschen System werden soll. Es wird dann auch von Seiten der
GEW versucht, die Skepsis der Lehrer gegenüber PISA zu brechen. NRW-Chef
Schmitter von der GEW meint, es sei unprofessionell, wenn Lehrer Angst vor Evaluation
119 Schweitzer (07.05.99), In: FR: 120 Heininger (16.11.99): PISA soll die Schieflage des Schulsystems näher untersuchen. In: FR: 121 Feuck (29.11.01), In: FR. 122 Demmer (27.11.01): Wenig Sachkenntnis – fragwürdige Argumente. In: GEW. 123 Demmer (28.11.01). In: GEW.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 34
hätten, Sachsen-Chefin Sabine Gerold verweist auf die Niederlande und den Osten. Dort
seien Leistungskontrollen und Zentralabitur selbstverständlich, während dies in
Deutschland für großen Aufruhr sorge.124
Von Seiten der Politik wird betont, dass man nach der Bekanntgabe der Ergebnisse nicht
in ideologische Grabenkämpfe zurückwolle, sondern sich eine „ideologiefreie
Leistungsbewertung“125 deutscher Schulen von PISA erhoffe. Der damalige KMK-
Präsident Willi Lemke erwartet sogar von PISA, dass man am Ende jeder einzelnen
Schule sagen könne, woran es bei ihr hapere. Dieser Erwartung widerspricht Jürgen
Baumert aber. Man dürfe eben nicht von PISA erwarten, dass man jeder Schule sagen
könne, was bei ihr schief laufe, denn PISA sei eine Stichprobenerhebung, die daher nur
Steuerungswissen auf der Systemebene, aber keine Evaluation von Einzelschulen liefern
könne.126
Bezüglich der Chancen, die durch PISA gesehen werden, zeigt sich also ein bunt
gemischtes Meinungsbild. Verschiedene Interessengruppen wie Politik, Lehrer, Medien
und Wissenschaft haben unterschiedliche Erwartungen, vor allem die Wissenschaft zeigt
sich darum bemüht, die Skepsis der Lehrer gegenüber PISA zu brechen. Als
gemeinsamer Konsens der Erwartungen kann festgehalten werden, dass man sich durch
PISA einen neuen Aufschwung in Bildungssystem und Bildungspolitik erhofft.
4.3 Urteile über PISA
Auf die Frage, ob man die Ergebnisse von PISA als valide betrachten kann, findet man in
allen vier untersuchten Zeitungen direkte oder indirekte Urteile.
Die Zeit äußert sich gegenüber PISA ausschließlich positiv, die GEW im Grunde auch, es
findet sich in diesem Untersuchungszeitraum nur eine Kritik an PISA in der GEW von
Prof. Hans Brügelmann. Die FAZ, aber vor allem die FR, sind im Gegensatz dazu mit
kritischen Stimmen zu PISA nicht zurückhaltend. Dies lässt unterschiedliche
Grundeinstellungen der Zeitungen zu internationalen Vergleichstests vermuten.
124 Heinemann (23.03.00), In: FR. 125 Ebd. 126 Ebd.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 35
4.3.1 PISA als „anspruchsvollste Schulstudie der Bildungsgeschichte“
Nach anfänglicher Skepsis im Vorfeld der Untersuchung äußert die GEW, als die PISA-
Ergebnisse veröffentlicht sind, keine Kritik hinsichtlich Anlage und Umsetzung der
Studie. Die Ergebnisse seien einwandfrei und klar.127 Es lohne sich nicht, die Ergebnisse
in Frage zu stellen, da sie wissenschaftlich fundiert seien. Man könne Details kritisieren,
aber insgesamt stelle PISA das Spitzenniveau von großen Leistungsuntersuchungen
dar.128 Insbesondere sei dies der Fall, da das deutsche PISA-Konsortium für die
Umsetzung der Studie in Deutschland Verbesserungen in den Bereichen vorgenommen
habe, die bei früheren internationalen Untersuchungen unzulänglich gewesen seien.
Dem Wissenschaftler Prof. Klaus Klemm zufolge, der Beiträge für die GEW schreibt,
erhärtet PISA zentrale Befunde, die man aus früheren Vergleichsstudien aus den 90er
Jahren, allen voran TIMSS, kennt. So würden die Studien der 90er durch PISA bestätigt
und gleichzeitig würde PISA durch die älteren Studien abgesichert. Für Klemm liefert
PISA damit „eine bisher so nicht vorhandene empirische Basis für Diagnose und
Behandlung des so offensichtlich schwächelnden deutschen Schulsystems.“129
Auch Zeit-Redakteur Reinhard Kahl bedient sich des Arguments, auf Ergebnisse anderer
Studien zu verweisen, um die Befunde von PISA zu bestätigen und somit methodische
Unzulänglichkeiten zu verneinen.130 Er verweist auf TIMSS und die Ergebnisse der
Hamburger Lau-Studie.131
Zeit-Redakteur Thomas Kerstan beruft sich demgegenüber nicht auf andere Studien,
sondern auf die Entwicklung der PISA-Studie durch internationale und nationale
Expertengruppen, um ihre Validität zu verdeutlichen.132 Beispielsweise sei jede Frage
einer Aufgabe mehrfach übersetzt und geprüft worden, damit sie für ein Kind aus Japan
ebenso fair sei wie für ein Kind aus Mexiko. Aufgaben, die Schüler bestimmter
Kulturkreise bevorteilten, seien ausgesondert worden. Da der Kern von PISA das
127 GEW (02.12.01): Stellungnahme: Stange fordert Qualitätsoffensive für Bildung. In: GEW: 128 Rolff (10.12.01): Und was nun? Koordinierte Qualitätsoffensive starten. In: GEW. 129 Klemm (06.12.01): Unfähig die Schwächen der Schüler zu erkennen. Die Pisa-Studie kreidet Deutschland den Sonderweg im Bildungssystem sowie grundsätzliche Fehler im Unterricht an. In: GEW. 130 Kahl (27.12.01): Nivelliert nach unten. In: Die Zeit. 131 TIMSS belegt, dass die Leistungen deutscher Schüler in der mathematisch-naturwissenschaftlichen Grundbildung im unteren Bereich liegen. Die innerdeutsche Lau-Studie wird in Hamburg durchgeführt, derselbe Schülerjahrgang muss seit 1996 im Zweijahresrhythmus eine Prüfung in Mathematik, Deutsch, den Naturwissenschaften und in den Fremdsprachen machen. Ergänzt werden die Tests durch Erhebungen zum Unterricht und zum sozialen und kulturellen Umfeld der Schüler. Lau zeigt vor allem die Grenzen der Schule: Das Bildungsniveau der Eltern entscheidet zum großen Teil über die Leistungen der Grundschüler. Außerdem zeigt Lau, dass Schulen mit gleicher Ausgangslage ihre Schüler zu unterschiedlichen Leistungen führen können. Näheres vgl.: Arbeitskreis Gesamtschule in Hamburg: www.gesamtschule-hamburg.de/lau9.htm [13.10.04]. 132 Kerstan (06.12.01): Ein lehrreiches Desaster. In: Die Zeit.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 36
Literacy-Konzept133 sei, stimmten die Anforderungen von PISA mit dem jeweiligen
nationalen Lehrplan insofern überein, als dass, wer gut Kalküle lösen könne, auch die
Mathematik als Sprache richtig zu nutzen wisse. Bei der Frage, ob Qualität von Schule
wirklich messbar sei, argumentiert Kerstan, dass der Geist einer Schule sich in
Umgangsformen, in den Fähigkeiten der Schüler oder in Persönlichkeitsmerkmalen
dieser niederschlage. Dadurch wiederum würde er einer Untersuchung zugänglich. PISA
sei hierbei „die umfassendste und anspruchsvollste internationale Schulstudie der
Bildungsgeschichte.“134
Argumentationen, die jegliche Zweifel an der Validität von PISA abwehren, finden sich
somit in der GEW und in der Zeit.
4.3.2 PISA als Vergleich von „Äpfeln mit Birnen“
Da schon im Vorfeld von PISA einige Gruppen der Studie mit Misstrauen
entgegengesehen haben, findet sich auch erwartungsgemäß nach der Veröffentlichung
der Ergebnisse Kritik an PISA.
In der FAZ sind kritische Bemerkungen, die aber nicht näher ausgebaut werden. Es ist
davon die Rede, dass die Fragen bei PISA zum Teil zu anspruchsvoll gestellt seien. Der
Humangenetiker Volkmar Weiss meint, die Anforderungen von PISA entsprächen fast
denen von Intelligenztests.135 In einem anderen Beitrag der FAZ heißt es, dass die
Ergebnisse plakativ und groß herausgestellt würden, zur Methodik von PISA heißt es
aber, sie stehe „auf wackligen Beinen“.136 Dies wird aber nicht näher ausgeführt.
In der GEW findet sich, wie bereits erwähnt, ein Kommentar von Prof. Hans
Brügelmann.137 Dieser stellt kritische Fragen an PISA zu Ungereimtheiten, die er in den
Befunden der Studie ausgemacht hat.
1991 sind deutsche 9- und 14-jährige Schüler bei der internationalen Lesestudie IEA im
Mittelfeld gelandet.138 1994 wird unter den 16- bis 25-jährigen Deutschen im Vergleich
zu anderen Ländern eine besonders geringe Quote an Leseschwachen festgestellt. Die
deutschen 16- bis 25-Jährigen liegen mit Kanada in etwa gleich auf und deutlich vor den
133 Zur Erläuterung des „Literacy“-Konzepts, das PISA zugrunde liegt: vgl. Kapitel 3: Anlage von PISA, S.21f. 134 Kerstan (06.12.01), In: Die Zeit. 135 O. Angabe (11.12.01a): Experte: Gezielte Zuwanderung für Bildung wichtig. Interview mit Volkmar Weiss. In: FAZ. 136 O. Angabe (11.01.02d): Humankapital. In: FAZ. 137 Brügelmann (11.12.01): Besserwisser und Alleskönner. Ein allererster Kommentar zur Relativierung von Folgerungen aus den Ergebnissen der PISA-Studie und ihrer Rezeption in den Medien. In: GEW. 138 Ausführlich vgl. Lehmann et al. (1995): Leseverständnis und Lesegewohnheiten deutscher Schülerinnen und Schüler. Weinheim/Basel.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 37
USA.139 Schweden liegt 1994 deutlich vor Kanada, bei PISA im Jahr 2000 aber deutlich
dahinter. Diese Ergebnisse weichen also voneinander ab. Brügelmann fragt daher, wie
diese Ergebnisse von 1991 und 1994 zu dem Ergebnis von PISA passen können. Er
vertritt die Meinung, dass Unterricht und seine Auswirkungen sich nicht so kurzfristig
verändern könnten, da institutionelles Lernen schwerfällig sei. Daher gibt es für ihn
Unklarheiten bei PISA.
In der FR sind in den untersuchten Artikeln zwei Beiträge zu dieser Thematik erschienen.
In dem Artikel „Wie man Äpfel mit Birnen vergleicht und das Ergebnis auspresst“ von
Prof. Peter Struck von der Universität Hamburg setzt dieser große Fragezeichen hinter
das Ergebnis von PISA.140
Die Unterschiede in den Schülerleistungen zwischen den 32 in PISA getesteten Staaten
seien eigentlich nur marginal: Beim Lesen erreicht Mexiko 422 Punkte und somit Platz
31, Finnland hat 546 Punkte und Platz 1, die USA erreichen 504 Punkte und liegen somit
fast im OECD-Durchschnitt, der 500 Punkte beträgt. Deutschland liegt mit 484 Punkten
nur knapp unter diesem Durchschnitt. Der Abstand zwischen den Staaten sei nicht so
groß, wie er dargestellt werde.
Struck fragt also, was PISA wirklich wert sei. Er führt weitere Argumente an:141
- Luxemburg, mit nur 11 bis 13 Schülern in reich ausgestatteten Klassen, die über
Nebenräume mit PC verfügen und Lehrern, die viel mehr Gehalt bekommen als ihre
deutschen Kollegen, liegt bei PISA neben Mexiko, wo Unmassen von armen
Straßenkindern überhaupt nicht zur Schule gehen und so bei PISA auch nicht
mitgemessen werden. Dies kann nach Struck nicht zusammenpassen.
- Bei den Vergleichsstudien, die in den letzten Jahren durchgeführt worden sind, liegen
immer völlig andere Länder oben und andere unten. Bei TIMSS liegen Schweden und die
Niederlande ganz oben.142 Bei PISA sind nun andere Länder an der Spitze, die noch dazu
sehr unterschiedliche Zugänge zum Unterricht haben: einerseits Länder wie Finnland und
Kanada, die eine Art Lernwerkstatt haben, in denen viel gesprochen wird und Fehler als
Mittel und Hilfe beim Weiterlernen angesehen werden und Lehrer zu Lernberatern
gewandelt sind, andererseits Länder wie Korea und Japan, die autoritäre Paukschulen mit
hohen Notenhürden und Ausleseprüfungen besitzen.
139 Ausführlich vgl.: OECD & Statistics Canada (1995): Literacy, economy and society. Results of the first International Adult Literacy Survey. Paris/Ottawa. 140 Struck (13.12.01): Wie man Äpfel mit Birnen vergleicht und das Ergebnis auspresst. In: FR. 141 Die folgenden Aussagen, die durch Spiegelstriche voneinander getrennt sind, beziehen sich alle auf Äußerungen Strucks.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 38
- Es ist nicht bekannt, ob Schüler in Deutschland genauso ernst an Fragebögen
herangehen wie in Korea und ob sie nicht doch die Aufgaben bewältigen können, ohne
dass dies im Testergebnis zum Ausdruck kommt.
- Die englische Sprache ist leichter zu erfassen als die deutsche, Finnisch ist aber noch
komplizierter als Deutsch. Unter solchen Voraussetzungen ist es schwierig deutsche,
englische und finnische Kinder im Lesen zu vergleichen. Finnisch erfordert vielleicht
gerade durch die Schwierigkeit der Sprache eine erhöhte Anstrengungskultur und so
mehr Leistung bei den Finnen. Über diese Hintergründe und Einflüsse weiß man nicht
genügend Bescheid und es wird stattdessen einfach eine Sprache der anderen
gleichgesetzt.
- In Hamburg sind vier bekanntermaßen schwache Schulen getestet worden, nicht aber
die vielen guten Privatschulen.143
- Deutschland hat überfüllte Lehrpläne, es bleibt somit kaum Zeit zum Üben und
Anwenden. Länder, die bei PISA oben stehen, haben eher dürftige Lehrpläne und große
Übungs- und Anwendungsteile, woraus dann auch deren bessere Testergebnisse bei PISA
resultieren.
- Finnland und Korea haben in ihren Schulen kaum Ausländerkinder, Deutschland hat
einen der größten Anteile an Ausländerkindern überhaupt. Diese werden aufgrund des
selektiven Systems in Deutschland sehr früh von den besseren Schülern abgekoppelt,
wodurch dann große Leistungsbandbreiten resultieren. Da Länder wie Finnland und
Korea kaum Ausländerkinder haben, stellt sich dort die Herausforderung der Integration
von Ausländerkindern erst gar nicht.
- Die OECD als Wirtschaftsorganisation will Schulen unter Gesichtspunkten eines
verschärften globalen ökonomischen Wettbewerbs beurteilt wissen. Die Frage, ob man
Schüler in ihrem Leistungsprofil wirklich stimmig vermessen kann, bleibt hierbei
unbeachtet.
Struck steht PISA somit eindeutig kritisch gegenüber und führt die obigen
Argumente an, um seine Haltung zu stützen. Die Kritik wird in der FR publiziert.
142 Dieses Ergebnis sei deshalb auch sehr interessant, da Schweden ein staatliches Gesamtschulwesen hat und die Niederlande ein im wesentlichen zergliedertes Schulsystem. Vgl. Struck (13.12.01), In: FR: 143 Auf dieses Argument wird auch im Beitrag: O. Angabe (17.01.02): Dissonante Töne im Jammerchor – Gute Gründe, die PISA-Studie unaufgeregt auszuwerten. In: FR. eingegangen. Der Autor ist sogar der Meinung, dass Deutschland nur gewöhnliche Schulen und keine von den etwa 5000 besonders guten in die PISA-Studie eingebracht habe, während skandinavische Länder und Kanada eine Positivauswahl testen ließen.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 39
Die FR enthält noch einen weiteren PISA-kritischen Beitrag. PISA wird wegen
folgender Argumente als „fehlerhaft“144 bezeichnet:
- PISA hat die deutsche Schule, die als Halbtagsschule zwangsläufig mit
nachmittäglichen Fernseheinflüssen verbunden ist mit den Ganztagsschulen anderer
Länder, die im Gegensatz dazu Lebensmittelpunkte ihrer Schüler sind, verglichen.
- Die Schulen, die bei PISA teilgenommen haben, zeigen nicht das
Gesamtleistungsspektrum der Schulen in den jeweiligen Ländern. In Deutschland sind
zum Beispiel mehr mittelmäßige Schulen, in Skandinavien und Kanada mehr bessere
Schulen getestet worden.
- Finnische Kinder werden mit sieben Jahren eingeschult, in Luxemburg beginnt die
obligatorische Vorschule mitsamt zweier Fremdsprachen schon mit vier Jahren. Dennoch
steht Finnland ganz oben und Luxemburg ganz unten bei PISA.145 In Finnland sind
Kinder außerdem erschwertes Lesen auch ohne Schule gewohnt, da fast alle Filme mit
finnischen Untertiteln im Fernsehen gezeigt werden, in Luxemburg werden dagegen als
einzigem Land den Kindern die Fragebögen nicht in ihrer Muttersprache, sondern in
Deutsch oder Französisch vorgelegt.
- Finnland hat insofern einen Vorteil, der unbeachtet bei PISA bleibt, da es nur 5 Mio.
Einwohner mit sehr homogenen Familiensituationen in überwiegend ländlichen
Regionen hat und einen Ausländeranteil, der fast bei Null liegt.
Diese Kritikpunkte sind insgesamt durchaus von Bedeutung, wenn man internationale
Vergleiche durchführen will. Es gilt auf die kulturellen Eigenheiten eines Landes zu
achten. Genau das ist gemeint, wenn von einem Vergleich von Äpfeln mit Birnen die
Rede ist. Genau unter diesen Vergleich kann man nämlich alle Kritiken an PISA
subsumieren. Jedes Land und jedes Bildungssystem unterscheidet sich von einem
anderen, wie auch ein Apfel sich von einer Birne unterscheidet. Apfel und Birne gehören
zwar beide zu der Kategorie „Obst“, sie unterscheiden sich aber in der Farbe, in der
Form, im Geschmack etc. So unterscheiden sich Bildungssysteme in ihrer Auffassung
von Bildung, in ihren Unterrichtsmethoden und Schulstrukturen. Zusätzlich haben
Staaten eigene soziale, demographische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen, die
wiederum Einflüsse auf die Leistungen im Bildungsbereich haben. Es wirken dadurch
144 O.Angabe (17.01.02), In: FR: Die Aussagen, die unter den Spiegelstrichen aufgelistet sind, spiegeln die Meinung des Autors von obigem Artikel wider. 145 Die Angaben zu Finnland werden von einer finnischen Diplom-Psychologin, die in Deutschland lebt, und von der FR nach den Gründen für das gute Abschneiden ihres Heimatlandes befragt wurde, gemacht.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 40
eine Vielzahl von Faktoren zusammen, die die jeweilige eigene Ausprägung des
Bildungssystems eines Staates bedingen. Will man verschiedene Bildungssysteme
vergleichen bzw. deren Ertrag, indem man die Leistungen der Schüler betrachtet, so ist
diese Vielzahl von Faktoren mit einzubeziehen. Da dies eigentlich nicht möglich ist,
bleibt als gemeinsamer Nenner wie bei dem Apfel und der Birne zumindest die Kategorie
„Obst“. Da dies aber nur der kleinste gemeinsame Nenner ist, sind internationale
Vergleiche in dieser Hinsicht für Kritik angreifbar.
Auf weitere Vorwürfe, wie zum Beispiel, dass in manchen Ländern eher schwache
Schulen und in anderen eher starke Schulen untersucht worden seien, nimmt die OECD
Stellung und widerlegt diese durch empirische Daten.146
Insgesamt gibt es in der Berichterstattung über PISA also Urteile, die sich völlig
widersprechen. Zum einen werden die Ergebnisse mit uneingeschränkter Gültigkeit
angesehen, zum anderen zeigt sich scharfe Kritik, die von Teilen der Wissenschaft und
der Medien geäußert wird. Als entscheidend festzuhalten ist, dass man sich in
Deutschland in der Medienberichterstattung mit Kritik an PISA auseinander gesetzt hat,
dies hat aber nicht die Intention der OECD, der Bildungspolitik durch ihre Studie eine
Hilfestellung und Orientierung zu geben147, beeinflusst. Die Politik selbst übt nämlich
keine Kritik an PISA, sondern nimmt im Gegensatz dazu die Ergebnisse von PISA sogar
sehr ernst, was sich im folgenden Teil der Arbeit noch zeigen wird.
4.4. Die globale Perspektive
Mit der globalen Perspektive ist der Verweis auf andere Länder im PISA-Diskurs
gemeint. Dieser Verweis tritt in Deutschland sowohl auf, wenn über die Ergebnisse von
PISA berichtet wird, als auch wenn es um die Konsequenzen aus PISA, also die
Reformen im Bildungssektor, geht. Im folgenden soll gezeigt werden, dass das Ausland
ein entscheidendes Argument für Reformen in dem innerdeutschen PISA-Diskurs ist.
4.4.1 Die globale Perspektive in der Ergebnisdarstellung von PISA
Die globale Perspektive tritt in der Ergebnisdarstellung von PISA dann stark auf, wenn
die Ergebnisse eine hohe Brisanz mit sich bringen. Dabei ist zu beobachten, dass Länder
genannt werden, die schlechter sind als Deutschland und Länder, die besonders gute
146 Vgl. hierzu: Adams (2003): Response to “Cautions on OECD`s Recent Educational Survey”(PISA). In: Oxford Review of Education, Vol 29, No.3, S. 377-391. 147 Zur Zielsetzung der OECD vgl. Kapitel 3, S.19f.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 41
Resultate erzielt haben. Länder, die besser sind, werden aber eindeutig mehr betont. Sie
dienen als Referenzpunkt, um zu zeigen, wie schlecht man selber und wie groß der
Abstand zu den besseren ist, wodurch dann auch ein Reformdruck erzeugt wird.
Ein aufsehenserregendes Ergebnis ist, dass die Gruppe der leistungsschwachen Schüler in
Deutschland besonders hoch ist. Sie liegt in etwa bei 25%. Damit ist Deutschland sogar
„Weltmeister in sozialer Selektion“.148 Als Vergleich werden die „guten“ Länder
Frankreich und Österreich angesprochen, bei denen die Zahl der leistungsschwachen nur
bei 10 bis 15% liegt. Mehr schwache Schüler, so wird in der FAZ erwähnt, gibt es nur in
Luxemburg, Mexiko und Brasilien.149 Die leistungsstärksten Schüler in Deutschland sind
auch nicht so gut wie vorab vermutet. Es wird darauf verwiesen, dass selbst die besten
deutschen Schüler nur die Durchschnittswerte der internationalen Spitzengruppen
erreichen.150
Ein ebenso brisantes Ergebnis ist, dass in keinem anderen Land die soziale Herkunft so
entscheidend für den Schulerfolg ist wie in Deutschland. Es wird auch hier auf die
„guten“ Länder wie Kanada, Finnland, Japan, Korea und Schweden verwiesen, die
herkunftsbedingte Lernnachteile ausgleichen könnten.151 Chancengleichheit und gute
Leistungen müssten kein Gegensatz sein, das zeigten Finnland und Japan deutlich, wo
soziale Ungleichheiten sehr gut ausgeglichen würden und dennoch die besten Ergebnisse
vorlägen. In Deutschland dagegen könnten weder die sozialen Ungleichheiten
ausgeglichen werden noch gäbe es gute Ergebnisse.
In Bezug auf die Integration von Migrantenkindern, die in Deutschland ebenfalls sehr
schlecht ist, wird wieder auf bessere Länder verwiesen: Norwegen, Schweden, Österreich
und die Schweiz haben einen ähnlich hohen Anteil an Migrantenkindern wie
Deutschland, aber es gelingt ihnen besser, diese Kinder zu integrieren.152 Bei Ländern
wie Australien, Kanada und Neuseeland liegt der Zuwandereranteil sogar zwischen 20
und 23 % - in Deutschland im Vergleich dazu nur bei 14% - , dennoch erzielen diese
Länder Spitzen-Ergebnisse.153
Ein weiteres Thema, bei dem viel auf andere Länder hingewiesen wird, sind schließlich
noch die Bildungsausgaben. In Deutschland wird weniger Geld in den Vorschulbereich
und in die Grundschule investiert als in anderen OECD-Staaten. Der damalige
148 Loewe (10.12.01): Am Geld allein liegt’s nicht – negative Spitzenwerte. In: GEW. 149 O. Angabe (03.12.01a): Überblick: Schlechte Noten für das gesamte deutsche Schulsystem. In: FAZ. 150 Klemm (06.12.01), In: GEW. 151 Spiewak (06.12.01): Die Schule brännt. In: Die Zeit; Vgl. auch: Loewe (10.12.01), In: GEW. 152 Loewe (10.12.01), In: GEW; Vgl. auch: O. Angabe (03.12.01a), In: FAZ.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 42
Bundespräsident Johannes Rau weist in seiner Rede daraufhin, dass andere Länder sogar
60-90% mehr für diesen Bereich ausgeben.154 Die FAZ berichtet, dass Deutschland pro
Schüler vom 1.bis zum 15. Lebensjahr 46 000 Euro ausgebe, Österreich, das in dieser
Kategorie an der Spitze steht, gebe 80 000 Euro aus, die USA komme auf 75 000.155
Der Vergleich mit den stärkeren Ländern ist also vorherrschend. Indem man sich mit den
stärksten Ländern vergleicht, wird der eigene Reformrückstand noch mehr betont und so
erhöhter Druck auf die nach PISA folgende Reformdiskussion ausgeübt. Hier deutet sich
schon an, dass das Ausland für die bildungspolitische Diskussion von Bedeutung ist.
Diese These kann bei Betrachtung der Reformdiskussion näher belegt werden.
4.4.2 Die globale Perspektive in der Reformdiskussion
Das Ausland als Argument für Reformen
Das Ausland wird bei allen Bereichen als Argument für Reformen aufgegriffen, die auch
in der Ergebnisdarstellung angesprochen werden: bei der Förderung schwacher Schüler
und damit verbunden dem Streben nach mehr Chancengleichheit, bei der besseren
Integration von Migrantenkindern und bei den Bildungsausgaben.
Anhand der Schulstrukturfrage bezogen auf integrative vs. selektive Systeme und
Ganztags- vs. Halbtagsschulen soll nun an einem konkreten Beispiel die globale
Argumentation verdeutlicht werden:
Die GEW betont, dass alle Länder mit sehr guten Leistungen Ganztagsschulen haben.
Außerdem würden die Kinder auch nicht so früh in verschiedene Schulformen getrennt,
sondern blieben mindestens bis zur 9. Klasse zusammen. Hieran solle man sich ein
Beispiel nehmen und von diesen Ländern lernen.156 GEW-Vorsitzende Stange nennt
PISA-Gewinner Finnland als Beispiel für ein Land, in dem keine Auslese stattfindet und
Ganztagsschulen die Regel sind. Genau mit diesen Merkmalen hänge Finnlands gutes
Ergebnis zusammen.157
In Deutschland sei die Selektion dadurch begründet, dass zu viele schwache Schüler in
einer Klasse beim Lernen bremsen würden. Dies werde durch PISA widerlegt, denn in
erfolgreichen Ländern wie Schweden, Finnland, Kanada, Irland, UK oder Japan lernten
153 O. Angabe (11.12.01a), In: FAZ; Australien hat Platz 4, Kanada Platz 2, Neuseeland Platz 3 bei der Lesekompetenz in PISA, Vgl.: OECD (2003a), S. 76. 154 Rau (03.12.01): Das brüchige Fundament unseres Bildungswesens verstärken. In: FR; Vgl. auch: O. Angabe (03.12.01a), In: FAZ. 155 Christmann (10.12.01): PISA und die Folgen. In: FAZ. 156 O. Angabe (04.12.01j): Miserable Noten für deutsche Schüler – Radikale Reformen verlangt. In: GEW; Vgl. auch: GEW (04.12.01): Stellungsnahme: 10x Qualität für bessere Schulen – GEW zu den PISA-Ergebnissen. In: GEW.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 43
gute und schwache Schüler mindestens neun Jahre zusammen.158 Überhaupt teilten nur
Österreich und einige Kantone der Schweiz ihre Kinder wie Deutschland.159 Die
Trennung in Deutschland wird sogar überspitzt als „Selektionswahn“160 beschrieben.
Dieser sei in Schweden sogar gesetzlich verboten.
In Bezug auf die Ganztagsschule führten nur Griechenland, Österreich und Deutschland
die Halbtagsschule, Italien und Portugal hätten Ganztags- und Halbtagsschulen und alle
anderen Länder der EU Ganztagsschulen. Wenn man PISA folgen wolle und die
schwachen Schüler mehr zu fördern suche, bedeutet dies nach Prof. Klaus Klemm, dass
man mit dem internationalen Standard gleichziehen und den Ganztagsschulbereich
ausbauen müsse.161 In den Spitzenländern von PISA sei die Schule stärker der
Lebensmittelpunkt von Kindern, da in den Ganztagsschulen mehr Zeit verbracht werde.
In Deutschland dagegen spiele die Freizeit eine zu große Rolle.162
Das Ausland wird aber auch als Argument gegen integrative Systeme genutzt.
Brügelmann weist darauf hin, dass Österreich, das ebenso selektiert, bessere und Italien,
das ein integratives System hat, genauso schlechte Ergebnisse hat wie Deutschland.163
Die Schulstruktur könne daher nicht ausschlaggebend sein. Auch der saarländische
Kultusminister Schreier argumentiert in dieser Richtung, wendet sich aber eher gegen die
Ganztagsschule und meint, sie sei kein Wundermittel, was sich an Luxemburg zeige.164
Luxemburg hat nämlich ein Ganztagsschulsystem und ist dazu noch Europas reichstes
Land, liegt aber bei PISA an drittletzter Stelle.
Zusammenfassend ist zu beobachten, dass die Fragen der Schulstruktur hauptsächlich in
der GEW debattiert werden. Dort finden sich wiederum hauptsächlich solche Beiträge,
die ein integratives System fordern und sich, um diese Forderung zu stützen, auf die
Länder beziehen, die bei PISA an der Spitze liegen. Der Erfolg dieser Länder wird kausal
mit deren integrativem System in Verbindung gebracht. Das Ausland wird hier also als
Argument genutzt, um die eigenen Reformvorstellungen bezüglich eines Gesamtschul-
oder Ganztagsschulsystems für Deutschland stark zu machen und den Erfolg zu belegen.
157 O. Angabe (04.12.01l): Nach Schul-Desaster fordert Gewerkschaft GEW Qualitätsoffensive. In: GEW. 158 Roth (04.12.01): Nachsitzen für die deutsche Schule. In: GEW. 159 Klemm (06.12.01), In: GEW. 160 Kahl (10.12.01): Depressive Zirkel gibt es genug – PISA zur Mutter der Erneuerung machen. In: GEW. 161 Welzel (10.12.01a): Preis der frühen Auslese – Gespräch mit Klaus Klemm. In: GEW. 162 O. Angabe (10.12.01a): Expertin: Jetzt sind die Kindergärten gefragt. In: FAZ. 163 Brügelmann (11.12.01), In: GEW. 164 Feuck (11.12.01): Minister: Alle sind mitschuldig – PISA für Schreier harter Schlag. In: FR.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 44
Die PISA-Sieger als neue Vorbilder
Einige Artikel sind ganz der Beschreibung von Bildungssystemen anderer Länder
gewidmet. Es wird nicht nur darauf hingewiesen, dass bestimmte Länder in diesem oder
jenem Bereich in PISA besser sind und dies auf eine kausale Ursache wie ihr integratives
System, ihre Ganztagsschule, ihre erhöhten Bildungsausgaben o.ä. zurückgeführt.
Stattdessen wird in den Artikeln, die ein Vorbildland proklamieren, eingehender auf eben
das jeweilige Land eingegangen und beschrieben, wie die Lernprozesse dort ablaufen.
Solche Artikel beschäftigen sich mit den skandinavischen Ländern Finnland und
Schweden, aber auch ostasiatische Länder wie Japan werden als neue Vorbilder
proklamiert.165
In Schweden zum Beispiel wird von der GEW besonders die PreSchool gelobt und näher
dargestellt.166 Die GEW hat einen Besuch dorthin unternommen, um von den Schweden
zu lernen. Als Hauptmerkmale der PreSchools in Schweden hat sie festgehalten, dass es
dort wenig Spielzeug gibt, außerdem läuft klassische Musik in den PreSchool-Zimmern
im Hintergrund und die Erzieherinnen sind studierte Pädagoginnen. Die Konkurrenz
unter den Pre Schools, die dezentralisiert von den Kommunen verwaltet werden, sei groß.
Auch die Zeit weist neben Finnland und Kanada auf Schweden als ein Vorbild für
Deutschland hin.167 In der Zeit wird besonders hervorgehoben, dass die Schulen in
Schweden quasi eigenständige Unternehmen seien. Vor 25 Jahren gab es eine nationale
Schulbehörde, die das Budget, die Lehrerstellen und die Stundenpläne verwaltete, so wie
man es in Deutschland von Kultusministerien und Schulämtern kennt. Mitte der 70er
übertrug aber die sozialdemokratische Regierung die Verantwortung für die Schulen den
Kommunen. Die Schulbehörde umgewandelt in die Bildungsagentur Skolverket hat sich
so von einer Instanz, die Anweisungen gibt zu einem Beobachter entwickelt, der den
Schulen von außen den Spiegel vorhält. Da die Schule eigenständig ist, kann sie
entscheiden, wie sie ihr Geld einsetzt, ob in Lehrerfortbildung, in eine neue Küche oder
in den Unterricht. Die nationalen Lehrpläne sind kurz und bündig, nur Ziele und
Zeitvorgaben sind definiert, aber jährlich müssen die Schulen den Kommunen Bericht
erstatten. In Klasse 9 ist der nationale Test in Schwedisch, Mathematik und Englisch für
alle Schüler verbindlich und die nationalen Durchschnittswerte und die Ergebnisse der
einzelnen Schulen werden dann ins Internet gestellt. Die Lehrer sind seit 1989
165 Für Finnland vgl. zum Beispiel: Kahl (06.12.01b): Die Musterschüler. In: Die Zeit; Für Japan vgl.: O. Angabe (18.12.01): Japanische Kinder lernen lieber, Interview mit Florian Coulmas, Bildungsexperte für Japan. In: FAZ. 166 Welzel (10.12.01a): Zu Besuch im Rosengarden – PreSchool in Schweden. In: GEW. 167 Kahl (06.12.01a): Die Bürokratie geschlachtet. In: Die Zeit.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 45
verpflichtet an zwei bis drei Tagen in der Woche von morgens bis nachmittags in der
Schule zu bleiben. In den 70ern wurde in Schweden über die Vereinzelung von Lehrern
diskutiert wie heute in Deutschland und die Anwesenheitspflicht, die dann eingeführt
wurde, sollte zu mehr Dialog und Austausch zwischen den Lehrern führen.
Es wird dann von der Zeit die Parallele gezogen, dass in Deutschland nun auch über eine
solche Anwesenheitspflicht diskutiert wird wie generell über mehr Autonomie für
Schulen. Schweden gilt somit in der Zeit und in der GEW eindeutig als ein Vorbildland,
das die Reformen, die nun in Deutschland bezüglich frühkindlicher Erziehung und
Schulautonomie anstehen, schon Jahrzehnte vorher ausgeführt hat.
In ähnlicher Weise wird von den Vorzügen Finnlands, Japans oder auch Kanadas
berichtet. UK wird im übrigen bei dieser Argumentation nicht so sehr wie die
skandinavischen Länder als Vorbild aufgegriffen, es wird hauptsächlich im Hinblick
darauf erwähnt, dass die Reformen dort nun ihre Wirkung gezeigt hätten.168
In dieser Form der Berichterstattung tritt das Ausland als Argument also nicht auf, um
direkte Forderungen zu unterstützen, da kein expliziter Reformvorschlag gemacht wird.
Dennoch wird indirekt ein Reformdruck erzeugt, da durch die Darstellung der Systeme
anderer Länder deren Vorzüge betont werden. Das Ausland wird in der
Reformdiskussion also genutzt, um neue Anreize und neuen Ansporn für die Diskussion
im Deutschland zu schaffen. Der Blick über den Tellerrand soll gewagt werden, dafür
wird dargestellt, was andere Länder von Deutschland unterscheidet. Für diese
ausführlicheren Beschreibungen von Bildungssystemen werden aber nur die Systeme von
Ländern gewählt, die bei PISA an der Spitze liegen.
4.5 Kernthemen im unmittelbaren Diskurs nach PISA
In Deutschland stehen bei dem unmittelbaren Diskurs nach PISA mögliche Reformen
und Verbesserungen des Bildungssystems im Vordergrund. Man hat zwar, wie gezeigt,
über PISA zum Teil kritisch geurteilt, insgesamt wird PISA aber sehr ernst genommen.
In kaum einem anderen Land werden die Ergebnisse und möglichen Folgerungen so
intensiv diskutiert wie in Deutschland.169 In den untersuchten Zeitungen werden im
168 Kerstan/Spiewak (06.12.01): Wieso, weshalb, warum? Über die Ursachen der Bildungsmisere und wie man Schule besser machen kann. Jürgen Baumert und Herrmann Lange im ZEIT-Gespräch. In: Die Zeit 169 Spiewak (2002a): Freiheit für die Schule. Was ist in Deutschland seit Pisa passiert? Ein Gespräch über lernende Politiker, geknebelte Pädagogen und die Gesamtschule mit Kultusministerin Annette Schavan und dem Pisa-Koordinator Andreas Schleicher. In: Die Zeit, Nr. 50
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 46
Dezember 2001 und im Januar 2002 vier zentrale Themen als Konsequenz auf PISA
behandelt, die alle eine Reformperspektive beinhalten. Diese Themen sind der
„Unterricht“, die „Situation der Lehrer“, die „frühkindliche Bildung“ und die
„Schulstruktur“. Das soll nicht bedeuten, dass nur diese vier Themen von den Medien
nach PISA angesprochen werden, es gibt auch weitere.170 Jedoch sind die benannten vier
Themenfelder als die Kernthemen identifiziert worden, weil der Diskurs in den
untersuchten Zeitungen quantitativ am meisten um eben diese kreist.
Die Reformforderungen, die sich auf die vier Themen beziehen, sollen im folgenden
zusammenfassend nachgezeichnet und dabei versucht werden, einzelne
bildungspolitische Standpunkte der unterschiedlichen Diskursgemeinschaften deutlich zu
machen. Dadurch soll ersichtlich werden, wer welche Bereiche als reformbedürftig
ansieht.
4.5.1 Verbesserung des Unterrichts
Der Unterricht in den Schulen bildet ein zentrales Thema nach PISA. Die
Hauptforderungen, die sich auf den Unterricht beziehen, umfassen das Vermitteln von
Problemlösefähigkeit, das Schaffen eines positiven Lernklimas, eine Orientierung auf
Anwendbarkeit des Gelernten hin und die gezielte Förderung schwacher Schüler
innerhalb des Unterrichts.
Der Hintergrund für die Beschäftigung mit dem Unterricht liegt darin, dass dieser von
vielen Gruppen als das entscheidende für die Verbesserung der schulischen Leistungen
identifiziert wird. „Es geht nicht um mehr, sondern um besseren Unterricht!“171 schreibt
die FAZ hierzu. Die Zeit folgert, dass die ideologische Bildungsdebatte der letzten
Jahrzehnte Verschwendung gewesen sei.172 Bildungsforscher hätten festgestellt, dass die
Themen Gesamtschule oder Gymnasium, Abitur nach 12 oder 13 Jahren etc., alle nicht
so wichtig seien für die Leistung der Schüler. Stattdessen zähle der Unterricht, in dem die
Lösung für die Probleme, die PISA offenbart habe, liege.
Auch Bildungsforscher Jürgen Baumert kann nachweisen, dass der Leistungsstand der
Schüler weder von der Klassengröße noch von der Menge der Unterrichtsstunden und
170 Beispiele für weitere Themen: „Leistungskultur“: vgl.: O. Angabe (08.12.01): Koch für „Kultur der Anstrengung“. In: FR; „Erziehungsoffensive“: vgl. O. Angabe (07.12.01b), In: FAZ; „Landesweite Vergleichsarbeiten“: vgl.: O. Angabe (07.12.01a), In: FAZ; „Mehr Zusammenarbeit innerschulischer Akteure“ (Schulleitung, Lehrer, Schüler, Eltern): vgl.: GEW (04.12.01) Stellungnahme, In: GEW. 171 O. Angabe (04.12.01d): Weit unterdurchschnittlich. In: FAZ. 172 Kerstan (03.12.01), In: Die Zeit.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 47
schon gar nicht von der Systemfrage, sprich Gesamtschule oder Gymnasium, abhängt.173
Ein guter Unterricht, so Baumert, sei dadurch gekennzeichnet, dass Schüler selbst geistig
aktiv würden und eigenständig nach Lösungen suchen sollten. Es gebe keine feste
Methode für den Lehrer, um dies zu erreichen, sondern es müsse ein Mix an
verschiedenen Unterrichtsmethoden praktiziert werden.174 Das deutsche Unterrichten -
Lehrer fragt, Schüler antwortet - sei dagegen nicht nur für die Schüler unvorteilhaft, auch
für den Lehrer sei diese Methode sehr anstrengend, weil er stets konzentriert sein müsse
und keine Minute zurücktreten könne.
Die GEW schließt sich Baumert an und fordert, dass mehr Anreize zum eigenen
Nachdenken im Unterricht gegeben werden müssten.175 Zusätzlich solle Neugier und
Spaß am Lernen den Unterricht bestimmen.176 Die FAZ argumentiert in diese Richtung
und gibt an, dass für einen guten Unterricht ein lernförderliches Klima entscheidend
sei.177 Dieses ergebe sich aus der Zusammenarbeit zwischen Lehrern und Schülern,
positivem Schulklima und klaren Leistungsanforderungen. Nur wenn ein Schüler wisse,
dass man von ihm Leistung erwarte, werde er diese auch erbringen. Die Motivation,
wirklich lernen zu wollen, sei wichtig und solle im Unterricht geweckt werden. Die
Motivierung der Schüler sowie die klaren Leistungsanforderungen spielten für ein
lernförderliches Klima und somit für einen erfolgreichen Unterricht also eine
entscheidende Rolle.
Auch aus der Politik werden von der KMK-Präsidentin Annette Schavan Forderungen
zum Unterricht geäußert. Dieser solle eine handlungs- und anwendungsorientierte
Kompetenz der Schüler fördern.178 Man solle weg von lebensferner Bildung. PISA habe
dies gezeigt und dadurch auch frühere Untersuchungen wie TIMSS bestätigt. Der
Mathematikunterricht zum Beispiel sei zu stark an Rechenroutine orientiert und die
mathematische Grundbildung komme dagegen zu kurz. Dass die Anwendbarkeit des
Gelernten gerade bei mathematischen und naturwissenschaftlichen Fächern von
Bedeutung ist, betont auch das Max-Planck-Institut für Bildungsforschung.179 Die
Kultusminister der Länder geben hierzu als erste Reaktion auf PISA in einer
173 Kahl (29.11.01): Der Studien-Rat. In: Die Zeit. 174 Ebd. 175 O. Angabe: (04.12.01j): Miserable Noten für deutsche Schüler – Radikale Reformen verlangt. In: GEW. 176 GEW, Stellungnahme (04.12.01), In: GEW. 177 O. Angabe (04.12.01d), In: FAZ. 178 Ebd. 179 Schmoll (06.12.01): Es fehlt am verstehenden Lernen. Mögliche Gründe für die Schwächen der deutschen Schüler. In: FAZ.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 48
gemeinsamen Erklärung an, dass sie die Lehrpläne reduzieren werden, um mehr Raum
für Anwendung und Übung zu lassen und so die Qualität von Unterricht zu verbessern.180
Eine andere Forderung den Unterricht betreffend bezieht sich darauf, dass mehr
individuell gelernt werden soll, so dass schwache und starke Schüler entsprechend ihres
jeweiligen Leistungspotentials gefördert werden können. Die GEW begründet dies damit,
dass jedes Kind einen eigenen Lernrhythmus habe.181 Hermann Lange, Staatsrat der
Hamburger Schulbehörde und PISA-Beauftragter der KMK, meint, dass speziell die
schwachen Schüler in einem guten Unterricht besonders gefördert werden müssten, da
gerade der untere Leistungsbereich in Deutschland zu stärken sei.182 Von der Politik wird
insbesondere auf die Zuwandererkinder verwiesen, die besser integriert werden
müssten.183 Im Unterricht bedeute dies eine spezielle Förderung für diese Kinder in
besonderen Klassen oder in Ferienkursen.184 Außerdem solle mehr Druck ausgeübt
werden, dass sie die deutsche Sprache erlernen.185
Insgesamt gesehen machen die GEW und die FAZ aus der Diskursgemeinschaft der
Medien und weiterhin die Gruppen „Politik“ und „Wissenschaft“ Vorschläge zur
Verbesserung des Unterrichts. Es findet sich zwischen den verschiedenen Gruppen keine
größere Meinungsunstimmigkeit, zumindest greift keine der Gruppen die Vorschläge
anderer zur Verbesserung des Unterrichts an. Mehr Eigentätigkeit der Schüler im
Unterricht und eine verbesserte individuelle Förderung lassen sich als Kernforderungen
festhalten.
Da in dieser Arbeit Zeitungsartikel analysiert werden, ist es nicht überraschend, dass sich
eher Anstöße zu einem verbesserten Unterricht als konkrete Konzepte finden.
Entscheidend ist, dass der Unterricht als ein Reformfeld erkannt wird und man sich über
neue Unterrichtsmethoden bzw. -ziele austauscht.
4.5.2 Situation der Lehrer
Bei der Ursachensuche für das schlechte Ergebnis bei PISA werden auch die Lehrer
genannt. Die bisherige Ausbildung der Lehrer und ihre Art zu unterrichten, wird kritisiert
und es finden sich Forderungen beides als Konsequenz aus PISA zu ändern. Konkret soll
180 O. Angabe (07.12.01b): Kultusminister wollen Konsequenzen ziehen. In: FAZ. 181 GEW, Stellungnahme (04.12.01), In: GEW. 182 Kerstan/Spiewak (06.12.01), In: Die Zeit. 183 O. Angabe (04.12.01g): NRW-Bildungsministerin will „alles auf den Prüfstein stellen“. In: GEW. 184 O. Angabe (04.12.01d), In: FAZ.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 49
die didaktische und die diagnostische Kompetenz der Lehrer in der Ausbildung
verbessert, mehr Fortbildung bei den Lehrern eingeführt und die Lehrer zu mehr
Kooperation veranlasst werden. Insbesondere diese letzte Forderung findet auch bei den
Lehrern Zustimmung. Bei den vorangehenden Forderungen zeigt sich bei den Lehrern
die Tendenz, sich zu rechtfertigen und zu erklären, warum dies bisher nicht möglich war.
Am schärfsten angegriffen werden die Lehrer im übrigen von der Politik.186
Die FR beschreibt zunächst die Mängel bei der Lehrerausbildung, die von der
Terhart-Kommission analysiert wurden, folgendermaßen:
„Ein zerfleddertes und an den falschen Stellen detailverliebtes Universitäts-Studium, ein beliebiger und loser Flickenteppich aus Fachdidaktik, Erziehungswissenschaften und Schulpraktika, ein brüchiger Übergang ins mies bezahlte Referendariat, in dem zu viele schlecht qualifizierte Ausbilder den Praxis-Schock beim Nachwuchs auskosten und folgenreiche Lektionen erteilen: Das Fachwissen wird zum höchsten Gut erhoben, Praxisbezüge und ein robustes didaktisch-methodisches Repertoire stehen hintenan. Junge Lehrerinnen und Lehrer steigen in einen Beruf ohne große Karrierechancen ein, mutieren noch viel zu oft zu Einzelkämpfern und vernachlässigen die Pflicht zum kontinuierlichen Weiterlernen im Beruf.“ 187 Dieses Zitat umschreibt umfassend die Schieflage, an der dann die Hauptforderungen
nach PISA ansetzen.188
Bei der Ausbildung wird kritisiert, dass der Schwerpunkt zu sehr auf dem Fachwissen
liegt. Von der Politik wird verlautet, man brauche keine Wissenschaftler, sondern
Pädagogen mit der Fähigkeit zur Vermittlung.189 Die methodische und auch die
diagnostische Kompetenz müsse bei der Ausbildung daher mehr betont werden.190
Dass es an der diagnostischen Kompetenz hapert, zeigt sich in PISA, da nur ein Zehntel
der schwachen Leser von den Lehrern in Deutschland als solche überhaupt erst
identifiziert werden.191
Die stärkste Kritik bezüglich der Methodik der Lehrer ist, dass noch zu viel
Frontalunterricht praktiziert wird. Diese Methode sei veraltet und nicht sehr wirksam, so
185 Schmoll (09.01.02): Wie erwartet. Die Reaktionen auf die Pisa-Ergebnisse und die Empfehlungen des „Forum Bildung“. In: FAZ. 186 Vgl. zum Beispiel: Kerstan/Spiewak (12.12.01): Organisierte Verantwortungslosigkeit. Was folgt nach dem Pisa-Schock? Interview mit Gabriele Behler und Peter Heesen. In: Die Zeit.: Behler wirft den Lehrern eine „Bunkermentalität“ vor. 187 Feuck (30.11.01), In: FR. 188 Von der GEW wird außerdem hervorgehoben, dass nicht nur die Ausbildung reformbedürftig sei, sondern dass Lehrer auch mit geringem Prestige ihres Berufes in der Bevölkerung zu kämpfen hätten. Vgl. GEW, Stellungnahme (04.12.01), In: GEW. 189 O. Angabe (07.12.01a): Ein heilsamer Schock. In: FAZ. 190 O. Angabe (07.12.01b), In: FAZ. 191 Welzel (10.12.01b): Preis der frühen Auslese, Interview mit Klaus Klemm. In: GEW.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 50
Peter Heesen, der Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes.192 Es müsse mehr auf
Verstehen und problemlösendes Denken gesetzt werden.193 Wenn dies im Unterricht
praktiziert werde, würde das auch die Lehrer entlasten, denn den ganzen Tag zu dozieren,
sei extrem anstrengend. Auch Prof. Sander aus Gießen meint die Lehrer müssten weg
vom unselbständigen Lernen und der starken Lehrerzentrierung, weg von der alten
Schule mit Frontalunterricht und stupidem Auswendiglernen.194 Bis in die 80er Jahre sei
Didaktik sehr vernachlässigt worden. Vor allem Lehrer die damals studierten, hätten
daher nur Fachwissen erworben und es gäbe Mängel bei der Vermittlung des Stoffs.
Lehrer, die in der Praxis stehen, sind mitunter selbst mit ihrer Ausbildung nicht
zufrieden. Es gebe zum Beispiel zu wenig Betreuer für Referendare.195 Es wird auch
kritisiert, dass die Lehrpläne so voll seien, dass man den Stoff mit Mitteln, die für die
Schüler nicht so interessant seien wie zum Beispiel dem Frontalunterricht und dem
schnellen Einpauken durchnehmen müsse.196 Auch an die Eltern richten die Lehrer einen
Appell. Kinder seien schwer für den Unterricht zu motivieren, daher sollten Eltern die
Hausaufgaben, den Medienkonsum etc. ihrer Kinder mehr kontrollieren.197
Außer diesen Reaktionen sind keine Stellungnahmen der Lehrer zu den häufig
geäußerten Vorwürfen, ihnen fehle diagnostische und methodische Kompetenz, in den
untersuchten Artikeln zu finden. Die entsprechenden Stellungnahmen befinden sich
außerdem nicht, wie vielleicht zu erwarten wäre, in der GEW, sondern in der FR und der
FAZ.
Die nächste Forderung nach mehr Fortbildung für Lehrer ist von wissenschaftlicher
Seite, von der Wirtschaft, der Politik und von dem Elternbund zu hören.198 Jürgen
Baumert meint hierzu zum Beispiel, dass die Einführung einer regelmäßigen Fortbildung
bei Lehrern sinnvoll sei, da das von der Universität mitgebrachte Fachwissen schnell
veralte und Fachliteratur selten gelesen werde. Außerdem sei Fortbildung nötig, da
192 Kerstan/Spiewak (12.12.01), In: Die Zeit. 193 Vgl. dazu die Forderungen im Vorkapitel, die sich auf den Unterricht beziehen: In dieser Hinsicht zeigt sich eine enge Verknüpfung der Themenfelder „Unterricht“ und „Lehrer“. Dies ist natürlich, da die Lehrer im Hinblick auf die Gestaltung des Unterrichts die Ausführenden und somit die entscheidenden Gestalter sind. 194 O. Angabe (05.12.01c): Nach der PISA-Studie: Bildungsexperten wollen’s richten. In: FAZ. 195 O. Angabe (14.12.01b): Statt Unterrichtsgarantie heißt es „Lehrer kommt vielleicht“ – Schüler, Pädagogen und Eltern berichten aus den Schulen. In: FR. 196 O. Angabe (13.12.01a): Die Schule ist keine Kuschelecke. In: FAZ. 197 O. Angabe (07.12.01b), In: FAZ. 198 Zur Wissenschaft: O. Angabe (05.12.01d) :Mehr Präsenz für Lehrer – Konsequenzen aus PISA. In: FR; Vgl. auch Prof. Sander in: O. Angabe (05.12.01c), In: FAZ; Zur Wirtschaft: O. Angabe (04.12.01h): BDA: PISA beweist – wir stehen vor einer Bildungskatastrophe. In: GEW: Außer der Forderung nach Fortbildung, fordert die Wirtschaft auch eine leistungsorientierte Bezahlung für Lehrer sowie mehr Leistungsbereitschaft von Seiten der Schüler; Zur Politik: O. Angabe (04.12.01j), In: GEW; Zu den Eltern: Fischer (05.12.01): Nach PISA müssen auch die Frankfurter Schulen umdenken. In: FR.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 51
Konzepte zur Wissensvermittlung, die im Referendariat gelernt werden sollten, in
Deutschland in den letzten 30 Jahren im Gegensatz zu anderen Ländern nicht
weiterentwickelt worden seien.199 In Deutschland würden dagegen nur Routinen
weitergegeben und Lehrer hätten oft zu anspruchsvolle Unterrichtskonzepte.
Lehrer äußern zu der Frage der Fortbildung, dass diese organisatorisch schwierig sei, da
sie meist in der Unterrichtszeit stattfinde.200 Die Möglichkeit zur Fortbildung an sich
werde nicht abgelehnt, es scheitere aber meist an der praktischen Umsetzung.
Die dritte große Forderung in Bezug auf die Lehrer ist die nach mehr Kooperation
zwischen Lehrern. Hier wird von allen Gruppen mehr Kooperation gefordert, auch von
den Lehrern selbst. Dieser Punkt scheint also einhellig als Problem identifiziert.
Die GEW fordert professionelle Lerngemeinschaften (PLG) nach nordamerikanischem
Vorbild einzurichten.201 Diese PLG’s bestehen meist aus kleinen Gruppen von drei bis
zehn Lehrern, die sich innerhalb von Schulen zusammenschließen. Sie sind zum einen
auf die Verbesserung von Schülerleistungen bezogen, zum anderen auf die professionelle
Weiterentwicklung ihrer Mitglieder bedacht nach dem Motto „Lehrer als Lerner“: man
lernt voneinander und miteinander. Bei jeder Aktion, jedem Vorschlag wird gleichzeitig
gefragt, was dies dem Lernerfolg der Schüler nützen kann. Die GEW schlägt vor, dass
solche PLG’s versuchen sollten, die PISA-Ergebnisse zu analysieren und zu verstehen.
Die Lehrer in den PLG’s könnten dann Ziele und Bedingungen für bessere
Schülerleistungen nennen.202
Heiko Crost vom Hessischen Landesinstitut für Pädagogik meint, Lehrer müssten mehr
in Teams arbeiten und die Fachlehrer von Parallelklassen sollten ihren Unterricht und die
Arbeiten aufeinander abstimmen.203 Vorstellbar seien auch verpflichtende Präsenzzeiten
für Lehrer, diese würden Absprachen und eine gemeinsame Unterrichtsplanung
erleichtern, da man während bestimmter Präsenzzeiten davon ausgehen könne, dass der
entsprechende Kollege in jedem Fall in der Schule anwesend sei.
Auch nach Meinung von Jürgen Baumert und Hermann Lange müssen sich Lehrer einer
Kooperation öffnen.204 Es fehle an Absprachen und Austausch von neuen Konzepten
sowie gegenseitigen Unterrichtsbesuchen. Auch ein Unterricht mit Videoüberwachung
sei nicht grundsätzlich abzulehnen, da so ein Feedback für die Lehrer gegeben werden
199 O. Angabe (05.12.01c), In: FAZ. 200 O. Angabe (13.12.01a), In: FAZ. 201 Rolff (10.12.01): Und was nun? Koordinierte Qualitätsoffensive starten. In: GEW. 202 GEW, Stellungnahme (04.12.01), In: GEW. 203 O. Angabe (05.12.01d), In: FR; Vgl. dazu auch die ähnliche Aussagen von Peter Heesen, In: Kerstan/Spiewak (12.12.01), In: Die Zeit.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 52
könne. Es ginge bei Videoaufnahmen nicht um Überwachung, sondern um
Selbstkontrolle. Hier spielt also die Evaluation mit hinein in die Forderung nach mehr
Zusammenarbeit.
Insgesamt ergeben sich diese Forderungen in Bezug auf die Situation der Lehrer
aus Defizitanalysen, die durch PISA verstärkt zum Ausdruck gekommen sind. Bei der
Diskussion um die Lehrer beteiligen sich dann alle Diskursgemeinschaften: die
Wissenschaft, die Wirtschaft, die Politik, Eltern, Medien und Lehrer selbst formulieren
Reformforderungen, die sich größtenteils sehr ähneln. Die Lehrer kritisieren hierbei zum
Teil selbst ihre Ausbildung, bemängeln die fehlenden Möglichkeiten zu Fortbildungen
und geben dadurch zu verstehen, dass diese Bereiche nicht in ihrem Einfluss liegen.
Erhöhte Kooperation zwischen den Lehrern wird im Konsens von allen Seiten gefordert.
4.5.3 Frühkindliche Bildung
Die frühkindliche Bildung ist ein Thema, bei dem Reformforderungen in der
Folgediskussion nach PISA aufkommen, da man der Meinung ist, dass gerade dieser
Bereich in Deutschland zu sehr vernachlässigt worden ist. Die Hauptforderungen im
Diskurs um den Bereich der frühkindlichen Bildung205 sind mehr finanzielle Ausstattung
für diesen Sektor, mehr Vermittlung von Bildung und Lust am Lernen in Kindergärten,
eine frühere Einschulung, eine Förderung der Lesefähigkeit und einen Beitrag zur
Integration von Zuwandererkindern zu leisten. Da diese Forderungen alle den
frühkindlichen Sektor als Ausgangs- oder Zielpunkt haben, sind sie in diesem Oberpunkt
zusammengefasst.
Die GEW betont, dass ein wiederholt schlechtes Abschneiden bei internationalen Tests
dazu dränge, mehr Augenmerk auf die frühkindliche Bildung zu legen.206 Als großes
Problem wird angesehen, dass der Staat für die frühkindliche Bildung zu wenig Geld zur
Verfügung stelle. Gemessen am internationalen Status gebe Deutschland in diesem
Sektor viel weniger aus als andere Länder.207 Dies gelte für Kindergärten und
Grundschulen.
Diese Feststellung findet sich nicht nur bei der GEW, sondern quer durch die
verschiedenen Diskursgruppen. In der FR fordert beispielsweise der damalige
204 Kerstan/Spiewak (06.12.01), In: Die Zeit. 205 Der Bereich der frühkindliche Bildung wird in den untersuchten Artikeln als die Zeit im Kindergarten und in der Grundschule verstanden, obwohl die Grundschule genaugenommen keine frühkindliche Bildung mehr ist. Da in den Artikeln der Kindergarten und die Grundschule aber aus einer Perspektive her betrachtet werden, soll der Begriff also in Anlehnung an das Verständnis in den Artikeln für beide Bereiche stehen. 206 Welzel (10.12.01a): Zu Besuch im Rosengarden – PreSchool in Schweden. In: GEW.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 53
Bundespräsident Johannes Rau mehr Geld für Grundschulen und identifiziert die
geringen finanziellen Mittel für diesen Sektor als „eine der entscheidenden Ursachen für
die gravierenden Defizite bei PISA.“208 Für Rau gilt es als erstrebenswert, wenn
Kindergartenplätze kostenlos wären. Auch Jürgen Baumert und Hermann Lange
bemängeln, dass die Mittel in Deutschland nicht effizient eingesetzt würden – zu wenig
Gelder gingen an die Grundschulen.209
Für den Bereich des Kindergartens und der Grundschule liegt also in der höheren
Finanzierung eine gemeinsame Forderung der verschiedenen benannten Gruppen.
Im Kindergarten soll des weiteren mehr Bildung vermittelt werden, sozusagen
organisierte Lernzeit. Die Forderung der GEW in diesem Zusammenhang ist, dass der
Kindergarten in der jetzigen Form abgeschafft und stattdessen nach ausländischem
Vorbild eine ganztägige Kinderschule eingerichtet werden soll. Für diese Kinderschule
sei es nötig, dass Erzieherinnen ein Hochschulstudium absolvierten, um die Kinder auch
entsprechend fördern zu können.210 Die Kinderschule sei nicht vergleichbar mit der
folgenden Grundschule, aber es werde in ihr bereits mit altersangemessenen
pädagogischen Konzepten gearbeitet, so dass sie einen stärkeren Bildungsauftrag
wahrnehmen könne. 211
Diese Forderung nach einer direkten „Kinderschule“ findet sich derart nicht bei den
anderen Diskursgruppen, aber die Forderung, dass Kindergärten mehr Bildung bzw. Lust
am Lernen vermitteln müssten, ist allgemein.212 Es sei eine Herausforderung, den
Kindern nicht die Lust am Lernen zu nehmen, „an der selbstständigen Aneignung der
Welt, die sie umgibt“.213 Dieser Herausforderung müssten sich gerade die Erzieher
stellen, denn die frühkindliche Phase sei sehr entscheidend für die spätere Entwicklung.
Was hier nicht geschehe, bleibe auf Dauer versäumt. In der Bildung komme es auf den
Anfang an: auf die Vorschule und auf die Grundschule.214
207 Ebd. 208 Rau (11.01.02): Das brüchige Fundament unseres Bildungswesens verstärken. In: FR. 209 Kerstan/Spiewak (06.12.01), In: Die Zeit. 210 GEW, Stellungnahme (04.12.01), In: GEW. 211 GEW, Stellungnahme (02.12.01), In: GEW. 212 Vgl. dazu: Küchemann (10.12.01): Die „Pisa“-Falle. Dossier: PISA und die Folgen. In: FAZ: Küchemann spricht sich für mehr Freude am Lernen aus; Vgl. auch: Kerstan/Spiewak (06.12.01), In: Die Zeit: Hermann Lange sagt im Interview, dass die Kindergärten zu wenig auf Bildung ausgerichtet seien; Vgl. auch: Rau (11.01.02), In: FR: Rau fordert, dass die Neugier und die Lust am Lernen bei kleinen Kindern mehr gefördert werden solle. 213 Küchemann (10.12.01), In: FAZ. 214 Schmoll (04.12.01): Unterforderte Schüler. In: FAZ; Vgl. ebenfalls: Kahl (04.01.02): Requiem der Berufsprediger. Ein Nachruf auf das Forum Bildung. In: Die Zeit.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 54
Mit dieser Argumentation ist auch die Forderung nach einer früheren Einschulung der
Kinder verknüpft. Die Kultusminister haben schon einen Tag nach der Veröffentlichung
von PISA beschlossen, dass im Kindergarten altersgemäß gelernt werden und so auf eine
frühe Einschulung vorbereitet werden soll.215 Die Vorschule soll mehr mit der
Grundschule verzahnt werden, damit die frühere Einschulung erreicht wird.216 Auch die
FAZ plädiert für eine frühere Einschulung, allerdings mit einer anderen Begründung:
PISA gebe Anlass über eine frühere Einschulung nachzudenken, da zurückgestellte
Kinder und Wiederholer schlechtere schulische Leistungen aufweisen.217 Sitzenbleiben
und Zurückstellen sei zusätzlich zum Zeitverlust schulpädagogisch nicht sinnvoll.218
Die Forderung nach einer größeren Anstrengung zur Förderung der Lesefähigkeit
ist wiederum von allen identifizierten Gruppen zu beobachten. Der Hintergrund dafür ist,
dass Lesen als wesentliche Fähigkeit für alle Bildungsgänge und für die Beteiligung an
der Wissensgesellschaft gilt. Eine Untersuchung der Stiftung Lesen im Frühjahr 2001 hat
aber ergeben, dass nur noch ein Viertel aller Eltern ihre Kinder zum Lesen animieren.219
Zehn Jahre zuvor hatte das noch die Hälfte aller Eltern getan. In der Bevölkerung hat die
tägliche Buchlektüre um mehr als 50% abgenommen. Medienwissenschaftlerin Sabine
Gross meint, dass eine Ursache für das schwindende Leseinteresse sein könne, dass in
der Familie für das Vorlesen wie für das selbstständige Lesen des Kindes wenig Ruhe
und Zeit sei. Eine dem Lesegenuss förderliche Atmosphäre sei wichtig und könne z.B.
durch gemütliche Leseecken erzeugt werden.220 Unter Experten herrscht weiterhin
Einigkeit über drei Grundvoraussetzungen für das Leseinteresse:221 es hilft, wenn Eltern
vorlesen; wer früh selbstständig liest, bleibt in der Regel dabei; wer bis zum zwölften
Lebensjahr kein souveräner Leser geworden ist, wird es auch nicht mehr.
An die Eltern könne man somit in der Nachbereitung durch PISA nur appellieren;
Kindergärten und Schulen aber müssten lesepädagogisch aufgerüstet werden.222 Es
finden sich hier Forderungen nach mehr Deutschstunden, besseren Schulbibliotheken und
215 Loewe (10.12.01), In: GEW. 216 O. Angabe (07.12.01b), In: FAZ; Vgl. dazu auch: O. Angabe (05.12.01a): Bulmahn: Bekannte Mängel und Defizite. In: FAZ. 217 O. Angabe (05.12.01b): Kurzschlussig. In: FAZ. 218 Auch Jürgen Baumert vertritt den Standpunkt, dass Sitzenbleiben schulpädagogisch nicht sinnvoll ist. Er gibt folgende Gründe an: 1.Sitzenbleiber erreichen im Schnitt nicht das mittlere Niveau der folgenden Klasse. 2. In Deutschland verteilen sich die 15 Jährigen über die meisten Klassenstufen, von der 7. bis zur 10. Klasse. Andere Länder haben fast 100% in einer Jahrgangsstufe. Vgl.: Kerstan/Spiewak (06.12.01), In: Die Zeit. 219 Gaschke (13.12.01): Lies! Mir! Vor! In: Die Zeit. 220 Ebd. 221 Ebd. 222 Vgl. die verschiedenen Forderungen in: Schmoll (04.12.01), In: FAZ; Vgl.: Schmoll (06.12.01), In: FAZ; Vgl. auch: Brügelmann (11.12.01), In: GEW.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 55
Lehrern, die bei ihren Schülern Begeisterung für Geschichten wecken können. Man solle
außerdem Möglichkeiten entwickeln, um die Lesegewohnheiten mit dem Unterricht zu
verknüpfen, so dass unabhängig vom Elternhaus ein Anreiz entstehe, ein Buch zu lesen.
Die Leseförderung solle nicht nur im Deutschunterricht, sondern in allen Fächern
umgesetzt werden. Kindergärtnerinnen sollten den Kindern vorlesen und erzählen und so
zum Lesen anleiten. Der Leseunterricht insgesamt müsse anspruchsvoller werden.
Diese Palette von Forderungen zielt also darauf, die Lesefreude bei den Kindern so früh
wie möglich zu wecken und dem Trend in der Gesellschaft, dass immer weniger gelesen
wird, entgegenzuwirken.
Schließlich spielt bei der frühkindliche Bildung auch noch die Integration von
Zuwandererkindern eine Rolle. Bundespräsident Rau sagt hierzu, dass eine Förderung
von Zuwandererkindern ohne Integration nicht gelingen könne. Der Schlüssel zur
Integration sei die deutsche Sprache. Kindergärten und Grundschulen müssten so
umgestaltet werden, dass sie ihren Beitrag zur Integration leisten könnten und vor allem
verstärkt, die deutsche Sprache zu lehren versuchen.223 Jürgen Baumert schließt sich dem
insofern an, als dass er sagt, dass ausländische Kinder dann die gleichen Chancen im
Bildungssystem hätten, wenn sie Deutsch so gut sprächen wie einheimische Kinder. Er
weist darauf hin, dass Kinder in anderen Ländern erst dann eingeschult werden, wenn sie
die Sprache ausreichend beherrschen und so dem Unterricht folgen können.224 Gefordert
werden von verschiedenen Seiten der Politik Deutsch-Intensivsprachkurse für Migranten,
die so früh wie möglich, am besten vor Schulbeginn, besucht werden sollen.225
Im Prinzip ist abschließend eine Einigkeit zwischen den verschiedenen
Diskursgruppen dahingehend zu beobachten, dass die frühkindliche Bildung ein Feld ist,
dem man mehr Aufmerksamkeit zuwenden muss, obwohl von den verschiedenen
Gruppen unterschiedliche Schwerpunktsetzungen in Bezug auf den frühkindlichen
Bereich gesetzt werden. Die Politik benennt hier beispielsweise am häufigsten das
altersgemäße Lernen im Kindergarten und die Integration von Zuwanderern, die GEW
betont am stärksten den Aspekt der Finanzierung und den Bildungsauftrag für die
Kindergärten. Insgesamt werden aber alle Forderungen von fast allen Gruppen mehr oder
minder deutlich vertreten, es ist also kein Konflikt zwischen den Gruppen erkennbar und
die frühkindliche Bildung gilt durchgängig als reformbedürftig.
223 Rau (11.01.02), In: FR. 224 Kerstan/Spiewak (06.12.01), In: Die Zeit. 225 O. Angabe (13.12.01b): Wünsch dir was. In: FR.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 56
4.5.4 Schulstrukturfrage
Unter dem Oberthema „Schulstruktur“ sind alle Diskurse zusammengefasst, die die
allgemeine strukturelle Gestaltung des Schulsystems betreffen. Dies ist zunächst die
Frage, die schon seit den 60er Jahren die Bildungsdiskussion immer wieder entfacht: die
Frage nach einem selektiven oder integrativen Schulsystem für Deutschland. Auch PISA
hat dieser Debatte wieder Aufwind gegeben. Des weiteren geht es in diesem Kapitel auch
um die Ganztagsschule. PISA hat auch Diskussionen in dieser Richtung ausgelöst, da die
Halbtagschule vielen nicht mehr zeitgemäß erscheint. Eine letzte Forderung befasst sich
mit den innerschulischen Strukturen. Es wird nach PISA mehr Autonomie für die
einzelne Schule verlangt. Das wesentliche der Diskussion aus diesen drei
Hauptforderungen zur Schulstruktur soll im folgenden rekonstruiert werden.
Ein wichtiges Ergebnis der PISA-Studie für Deutschland ist, dass nirgendwo die
soziale Herkunft eine so große Rolle spielt wie in Deutschland. „In Deutschland ist
Herkunft ein Schicksal geblieben“226 kommentiert die Zeit diesen Befund und an ihm
entzündet sich auch die Debatte um die klassische Schulstrukturfrage. Es werden
Stimmen laut, die aus den PISA-Befunden Argumente für ein integratives Schulsystem
ableiten und Stimmen, die behaupten, PISA zeige, dass es eben nicht auf ein integratives
System ankomme.
Gegen das selektierende deutsche System spricht sich in erster Linie die GEW aus. Die
Begründung für die Selektion, wonach zu viele schlechte Schüler in einer Klasse beim
Lernen bremsen, werde durch PISA mit Hinblick auf die erfolgreichen Länder „tief
erschüttert“.227 Die GEW fordert daher ein System ohne Brüche und Selektion,228 damit
alle Schüler besser gefördert werden könnten.229
Auch Prof. Klaus Klemm, der in der GEW selbst veröffentlicht und in der FR zitiert
wird, ist gegen das deutsche selektive System. Die nach TIMSS stets wiederholte These,
es gäbe in integrierten und in differenzierten Systemen gute und schlechte Ergebnisse,
daher liege es nicht am System, wie Qualität entwickelt werde, könne nicht mehr
aufrechterhalten werden.230 PISA gebe starke Hinweise, dass es das frühe Selektieren sei,
durch das lernschwache Schüler besonders schlechte Leistungen erbringen würden.
In PISA sind hierzu zwei Schülergruppen mit gleichem sozialen Hintergrund und
gleicher kognitiver Kompetenz, von denen eine Gruppe das Gymnasium, die andere die
226 Spiewak (06.12.01), In: Die Zeit. 227 Reith (04.12.01): Nachsitzen für die deutsche Schule. In: GEW. 228 GEW, Stellungnahme (02.12.01), In: GEW. 229 GEW, Stellungnahme (04.12.01), In: GEW. 230 Welzel (10.12.01b), In: GEW.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 57
Hauptschule besucht, verglichen worden. Das Ergebnis ist, dass das anregungsärmere
Milieu der Hauptschule die Entwicklung des vorhandenen Potentials bremst.231
Die bisherige deutsche Meinung ist, dass homogene Gruppen besser zusammen lernen.
Dem wird nach Klemm durch PISA nun widersprochen.232 PISA habe gezeigt, dass es
gerade an den ersten schulstrukturellen Hürden, sprich der frühen Auslese nach der
vierten Klasse, liege, dass soziale Ungleichheit so stark sei. Gleichzeitig liefere PISA
durch die Siegerländer Belege, dass die Heterogenität in integrativen Systemen ein Motor
auf dem Weg zu einer verbesserten Lern- und Unterrichtskultur sei.233
Auch außerhalb von PISA gebe es zwei praktische Gründe, warum man die
Schulstrukturfrage nicht einfach ausblenden dürfe: erstens gingen den Hauptschulen die
Lehrer aus. Und zweitens stehe nach dem Schülerrückgang in Ostdeutschland dies nun
auch in Westdeutschland bevor. Das zergliederte Schulsystem stoße somit an die
Grenzen der Machbarkeit und Finanzierbarkeit. Das Urteil von Klemm lautet
dementsprechend, dass PISA die Chance eröffne, empirisch gestützt, das deutsche
Schulsystem auf den Prüfstand zu stellen und eine Synthese zwischen inhaltlichen und
strukturellen Verbesserungen zu suchen.
Diese Kritik an dem selektiven System wird aber auf der anderen Seite von vielen
abgewehrt. Die Kultusminister wollen erst gar nicht über die Schulform diskutieren. Das
bestehende selektive System wird von der Politik nicht in Frage gestellt.234
Prof. Hans Brügelmann bezieht aber zur Frage der Schulstruktur Stellung und
argumentiert gegen Klemm.235 Wenn behauptet werde, dass früh selektierende
Schulsysteme schlechter seien als integrative, so Brügelmann, dann könne man sich
fragen, warum ein ebenfalls selektives System wie Österreich deutlich besser abschneide
als Deutschland und warum ein integratives wie Italien nicht besser.236 Das Urteil
Brügelmanns dazu lautet, dass die Schulstruktur allein nicht ausschlaggebend sein könne.
Festhalten ließe sich bloß, dass früh selektierende Schulsysteme keine besonders guten
Leistungen sichern würden. Integrative Systeme dagegen ermöglichten sowohl eine
geringe Streuung zwischen oberster und unterster Leistungsgruppe als auch gleichzeitig
eine hohe Spitzenleistung. Diese Möglichkeit sei bisher sowohl von der Bildungspolitik
231 Heinemann (25.01.02): Warum sollten wir uns Scheuklappen aufsetzen? Streitgespräch zwischen Gabriele Behler (SPD), Brigitte Schumann (Grüne) und Klaus Klemm. In: FR. 232 Klemm (06.12.01), In: GEW. 233 Heinemann (25.01.02), In: FR. 234 Ebd. 235 Brügelmann (11.12.01), In: GEW. 236 Österreich hat bei PISA im Lesen Platz 11 erreicht, Italien Platz 21. Vgl.: OECD (2003a), S.76.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 58
als auch von der Wissenschaft in Frage gestellt worden und in dieser Frage biete PISA
nun ein wichtiges Gegenargument.
Nach Brügelmann würde dennoch die Einführung der Gesamtschule Deutschland nicht
automatisch zur Spitzennation machen. Es komme vor allem darauf an, was in den
Schulen bzw. im Unterricht geschehe. Das zeige auch PISA, da erhebliche Differenzen
zwischen verschiedenen integrativen Systemen aufgedeckt worden seien. Dasselbe gelte
für die Ganztagsschule, die Vorschulerziehung und andere strukturelle Momente. Sie
könnten Möglichkeiten eröffnen, aber das Potential müsse, um Erfolg zu haben, vor Ort
entfaltet werden.
Zu diesem Diskurs äußert sich auch Prof. Jürgen Baumert. Er hält fest, dass PISA nicht
bestätigt, dass im Gymnasium die Besten lernen. Die deutsche Spitze im internationalen
Vergleich sei sogar „sehr unauffällig“.237 Homogene Klassen seien daher offenbar nicht
das „Allheilmittel“.238 Auf der anderen Seite, so Baumert, zeige PISA aber auch, dass die
Schulform nicht entscheidend für die Qualität des Unterrichts sei.239 Er warnt davor,
wieder in schulstrukturelle Grabenkämpfe zu verfallen.240 In der Zeit heißt es daher, dass
in Baumerts Forschungen sowohl Gegner als auch Befürworter der Gesamtschule ihre
Argumente fänden.241
Während die Politik sich, wie aufgezeigt, gegen eine Beschäftigung mit der Frage
nach einem integrativen Schulsystem wehrt, ist die Forderung nach mehr
Ganztagsschulen in der Politik dominant. Die Forderung nach Ganztagsschulen zeigt sich
zwar hauptsächlich bei dem linken Lager der Politik, während das rechte eher an der
Halbtagsschule festhalten will,242 immerhin aber hat die KMK einheitlich verkündet, den
Ganztagsschulbereich ausbauen zu wollen.243
Begründet wird die Ganztagsschule von Hermann Lange mit der Lernzeit der Schüler.
Diese sei auf zu engem Raum, wenn nur vormittags unterrichtet werde.244 Johannes Rau
begründet die Forderung auch mit arbeitsmarkttechnischen und frauenpolitischen
Aspekten sowie mit einer gerechteren Förderung für Kinder.245 Die Schulpolitik sei
237 Kahl (27.12.01): Nivelliert nach unten. In: Die Zeit. 238 Kerstan/Spiewak (06.12.01), In: Die Zeit. 239 Heinemann (25.01.02), In: FR. 240 Mönch (06.12.01): Belehrte Unwissenheit. Die PISA-Studie: Welche Schulen, welche Lehrer hat das Land? In: FAZ. 241 Kahl (04.12.01): Der Studien-Rat. In: Die Zeit. 242 O. Angabe (07.12.01a), In: FAZ. 243 O. Angabe (07.12.01b), In: FAZ. 244 Kerstan/Spiewak (06.12.01), In: Die Zeit. 245 Rau (11.01.02), In: FR. Vgl. dazu auch: GEW, Stellungnahme (02.12.01), In: GEW.: Wie schon erwähnt, tritt auch die GEW für Ganztagsschulen ein. Schule solle ein Lebensraum werden, in dem die Kinder als Individuen
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 59
immer noch so, dass es den Frauen schwer gemacht werde, Familie und Beruf zusammen
zu bringen. In einer Gesellschaft, in der immer mehr Frauen erwerbstätig seien und die
Gesellschaft bzw. der Arbeitsmarkt auf die Erwerbstätigkeit der Frau angewiesen sei,
bräuchten die Eltern mehr Unterstützung. Ganztagsschulen seien daher von Vorteil für
die Eltern, insbesondere die Mütter, die sich nicht zwischen Kind und Karriere
entscheiden müssten und auch gut für die Kinder, denn deren Chancen zur Teilhabe an
Bildungsangeboten würden steigen.
Die dritte Forderung, die unter dem Oberpunkt „Schulstruktur“ subsumiert ist,
betrifft die Forderung nach mehr Autonomie für die Schulen. Nach PISA schneidet eine
Schule tatsächlich umso besser ab, je autonomer sie ist.246
Von der Zeit wird daher gefordert, Schulen sollten mehr Freiheit haben, ihr Budget
eigenständig verwalten, ihre Lehrer selbst einstellen und sie nach Leistung bezahlen.247
Die Ergebnisse von Tests sollten zum Vergleich mit anderen offen gelegt werden, und
die Schulen sollten sich fragen, was sie unternehmen würden, wenn ihre Schüler
schlechter seien als anderswo. Die Kultusministerin von NRW, Gabriele Behler, verweist
in diesem Zusammenhang auf das Projekt „Selbstständige Schule“. Dieses Projekt sei aus
der Erkenntnis gereift, dass man Schulen nicht von oben steuern könne, sondern dass sie
Freiheit bräuchten, um selbstverantwortlich zu handeln.248 Behler meint hierzu, eine
Schule sollte die Möglichkeit haben, ihre eigenen Schwächen aufzudecken und diese
dann selbstständig zu beheben. Auch Hermann Lange argumentiert in diese Richtung.
Schulen seien kein System, wo man an der Öffnung etwas mit einem Trichter einfülle
und dann gleich das Ergebnis herauskäme.249 Schule müsse sich selbst steuern, der
Schulleiter mehr Verantwortung übernehmen, auch Verantwortung für die Ergebnisse,
die seine Schule erbringe. Ein öffentliches Ranking von Schulen, wie dies zum Beispiel
in UK praktiziert wird, lehnt Lange aber ab. Dies würde schlechte Schulen nur an den
Pranger stellen.
Zu diesem Diskurs lässt sich abschließend festhalten, dass es Stimmen gibt, die aus PISA
Forderungen nach einem integrativen Schulsystem ableiten und solche, die PISA so
interpretieren, dass der Erfolg eines Schulsystems eben nicht mit einem integrativen oder
wahrgenommen würden. Lernen erfordere Zeit, daher sei eine Ganztagsschule besser geeignet auf den Einzelnen einzugehen. 246 Kahl (10.12.01), In: GEW. 247 Spiewak (06.12.01), In: Die Zeit. 248 Kerstan/Spiewak (12.12.01), In: Die Zeit. 249 Kerstan/Spiewak (06.12.01), In: Die Zeit.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 60
selektiven System zusammenhängt. Für ein integratives System plädieren hauptsächlich
die GEW und Klaus Klemm. Die übrigen Zeitungen äußern sich zu dieser Frage nicht
eindeutig. Von der Politik wird eine Diskussion über das selektive System ganz verneint.
Dennoch hat PISA dieser Debatte neuen Auftrieb gegeben, denn die Forderungen nach
einem integrativen System werden zumindest von der GEW sehr häufig geäußert.
Bei der Frage nach mehr Ganztagsschulen für Deutschland hat die KMK beschlossen,
dass mehr solcher Schulen entstehen sollen, obwohl diese von den konservativen
Parteien eher negativ besehen werden. Die Forderung nach mehr Schulautonomie wird
vor allem in der Zeit diskutiert und vorgetragen.
Die Reformperspektive tritt in diesem Untersuchungszeitraum also bei allen vier
Kernthemen auf. Es wird nur über Themen diskutiert, bei denen PISA offensichtliche
Defizite aufgedeckt hat oder Bereiche, die von bestimmten Diskursgemeinschaften als
ursächlich für das Ergebnis bei PISA gesehen werden. Die Motivation das
Bildungssystem zu verändern bzw. zu reformieren, steht hier im Vordergrund des
Diskurses.
4.6 Kernthemen im weiterführenden Diskurs nach PISA
Der weiterführende Diskurs ist auf einen Untersuchungszeitraum von circa einem Jahr
festgelegt. Da hier geprüft werden soll, ob sich der Diskurs verändert hat, wird nach
Themenfeldern unterschieden, die schon unmittelbar nach PISA angesprochen wurden
und solchen, die neu auftauchen. Themen, die unmittelbar nach PISA behandelt werden,
sind die Diskurse um „Lehrer“ und „Schulstruktur“. Diese Diskurse sind im Jahr 2002/03
immer noch dominant in der Medienberichterstattung. Sie haben aber zum Teil andere
Schwerpunktsetzungen als direkt nach PISA. Als ein neues Thema taucht die Debatte um
den Bildungsföderalismus auf, die im Zusammenhang mit der innerdeutschen PISA-
Ergänzungsstudie zu sehen ist.
4.6.1 Situation der Lehrer
In dem weiteren Diskurs um die Lehrer geht es vor allem darum, dass bemängelt wird,
wie gering deren gesellschaftlicher Status in der öffentlichen Meinung ist. Außerdem
werden, wie schon unmittelbar nach PISA, die Ausbildung und die Fortbildung
angesprochen, als Möglichkeiten unterstützend einzugreifen, um die Lehrerkompetenzen
zu verbessern und Mitverantwortung für PISA zu übernehmen. Die öffentliche
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 61
Erkenntnis scheint sich durchgesetzt zu haben, dass man die Lehrer lange Zeit allein
gelassen hat, nun will man dazu beitragen, dass der Lehrerberuf und damit das deutsche
Schulsystem attraktiver werden.
Es wird festgestellt, dass in den PISA-Erfolgsländern die Einkommen der Lehrer nicht so
hoch sind wie in Deutschland, dass aber die Bedingungen für Lehre und Lernen um ein
Vielfaches besser sind.250 Damit hänge es zusammen, dass die Schüler in diesen Ländern
bessere Leistungen erbringen und dass die Lehrer gleichzeitig mehr Freude an ihrer
Arbeit hätten. Außerdem würden Lehrer ein höheres öffentliches Ansehen in jenen
Ländern genießen. In Finnland beispielsweise wollten die besten Schüler Lehrer werden
und es sei der beliebteste akademische Beruf.251 Der Lehrernachwuchs in Deutschland
komme dagegen aus dem schwächsten Drittel der Abiturienten. Außerdem gebe es
Engpässe beim Angebot von Lehrern. Die Zahl der Studienabschlüsse liege deutlich
unter der Zahl der Neueinstellungen und jeder fünfte Lehrer sei zudem älter als 55
Jahre.252
Die Lehrer in Deutschland hätten auch keine gute gesellschaftliche Stellung mehr, da
ihnen die Schuld an allen gesellschaftlichen Missständen zugewiesen werde.253 Die Zeit
mahnt daher, dem Beruf des Lehrers wieder mehr Anerkennung und Respekt
entgegenzubringen. Man solle Lehrern zugestehen, dass sie ihre Arbeit verstehen und sie
nicht für gesellschaftliches Versagen verantwortlich machen.
Peter Heesen vom Deutschen Philologenverband mahnt vor allem mehr Achtung seitens
der Politik für den Lehrerberuf.254 Die KMK und die Lehrerorganisationen sollten
zusammen arbeiten und für bessere Lehrerfortbildung und Unterrichtsqualität sorgen.
Auch die GEW und die FR fordern die Zusammenarbeit mit den Lehrern.255 Es müsse
eine Vertrauens- und Motivationsbasis zwischen Politik und Lehrern geschaffen werden,
da nur mit Hilfe der Lehrer eine Veränderung des Schulsystems überhaupt möglich sei.
Um die Situation der Lehrer zu ändern, plädiert der Professor für Pädagogik an der
Universität Bielefeld, Eiko Jürgens, für eine Reform der grundständigen
250 Stimpel (01.02.03): Gradmesser für Bildung. In: FAZ. 251 Kahl (2002): Dreißig Jahre Krieg. In: Die Zeit, Nr. 28. 252 O. Angabe (25.06.02): Kultusministerkonferenz will einheitliche Bildungsstandards. In: FAZ. 253 Lenzen (2002): Schuld war nur der Lehrer. In: Die Zeit, Nr.27; Vgl. auch: Gaschke (28.02.02): Tatort Schule. In: Die Zeit. 254 O. Angabe (06.07.02): Lehrer sollen lernen. In: FR. 255 GEW (04.07.02): Presseerklärung: GEW regt bundesweiten „Tag der Bildung“ an. In: GEW; Vgl. auch: Jung (25.11.02): Gemeinsam auf der Schulbank. In: FR.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 62
Lehrerausbildung und integrierende Elemente in der Berufsmotivation.256 Da in
deutschen Schulen der Wunsch nach Auslese und Einheitlichkeit herrsche, damit in einer
Klasse die „richtigen“ Schüler seien, um somit „besseren“ Unterricht zu haben, komme
es überwiegend zur Negativauslese mit der Folge, dass in deutschen Schulen viel mehr
Abstieg als Aufstieg produziert werde. Negativ ausgelesene Gruppen leiden nach Jürgens
aber nicht an Überforderung, sondern an Unterforderung. Im Lehrerbewusstsein bestehe
die irrige Auffassung, ein Hauptschüler müsse, um nicht intellektuell überfordert zu
werden, von abstrakten Denkvorgängen verschont bleiben. Anspruchslose Erwartungen
führten zu anspruchsloserem Unterricht und dies wiederum zu geringeren
Lernleistungen, was den Lehrer in seiner vorurteilsgeprägten Bewusstseinlage mit der
Notwendigkeit zur Selektion bestätige. Jürgens folgert daraus, dass solange sich eine
solche Haltung bei den Lehrern nicht wandele, PISA auch nicht zu einer Wende führen
könne. Diese Haltung habe aber ihre Wurzeln schon in der Lehramtsausbildung, die zu
selektiv sei mit einer zu unterschiedlichen Studiendauer und zu unterschiedlichen
Studienangeboten. Dadurch entstünden die schulformbezogenen Einstellungen und
Vorbehalte.
Jürgens fordert also eine neue Lehrerausbildung, die nicht das Trennende, sondern das
Integrierende betont. In der Schweiz und in Schweden beginne die Lehrerausbildung mit
einer ein- bis zweijährigen integrierten Phase, während der ein gemeinsames Curriculum
und praktische Berufsfelderkundung im Mittelpunkt stehen.257 Ein solches
Kerncurriculum für alle Lehrer wäre nach Jürgens auch für Deutschland sinnvoll.
Vorgeschlagen werden Lernschleifen, die durch unterschiedliche Schwerpunktsetzungen
das Kerncurriculum abrunden sollen.
Prof. Peter Struck von der Universität Hamburg fordert ebenfalls eine Reform in der
Ausbildung. Er macht den Vorschlag ein sogenanntes „Klassenlehrer-Studium“ 258
einzurichten. Dieser neue Studiengang soll Erziehungswissenschaft und das Studium
eines exemplarischen Unterrichtsfaches und seiner Didaktik umfassen, während das
zweite herkömmliche Fach durch ein Bündel aus Bewegungserziehung,
Ernährungskunde, Verhaltensgestörtenpädagogik, Gewalt-/ Suchtprävention und
Lernpsychologie ersetzt wird. Es sollten 50% der bisherigen Lehramtstudenten wie
bisher zum Fachlehrer ausgebildet werden und die restlichen 50% zum Klassenlehrer.
256 Jürgens (17.06.02): Es wird viel mehr Abstieg als Aufstieg produziert. In: GEW. 257 Jürgens (17.06.02), In: GEW. 258 Struck (18.07.02): Ein Klassenlehrer-Studium muss her. In: FR.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 63
Neben der Ausbildung wird auch wie im vorherigen Untersuchungszeitraum die
Möglichkeit gesehen, an der Fortbildung anzuknüpfen, um die Misere der Lehrer zu
wenden.
Der Bildungsforscher Heinz Klippert verlangt eine Qualifizierungsoffensive, die Lehrern
helfe, den Defiziten zu begegnen und ihre Methoden weiterzuentwickeln.259 Eine zu
große Anzahl an Vergleichstests lehnt Klippert zwar ab, aber durch einzelne Tests
könnten Impulse gegeben werden, was durch PISA nun geschehen sei. Unter den Lehrern
werde jetzt statt neuer Testreihen zu Recht nach Unterstützungs- und
Qualifizierungsmaßnahmen verlangt.260
Auch Bildungsforscher Tillmann plädiert für solche Maßnahmen.261 Fortbildungen seien
sehr nötig für Lehrer, um ihre diagnostische Kompetenz und ihr methodisches
Handwerkszeug zu verbessern. Hartmut Wolf, der Leiter des Hessischen Landesinstituts
für Pädagogik, meint hierzu, dass die Lehrerfortbildung nach PISA umgestellt werden
solle.262 Sie müsse auch das schulische Umfeld, die Elternhäuser oder Kindergärten
einbeziehen, wenn sie die Voraussetzung für einen Unterricht darstellen solle, der
Schüler in der ganzen Breite ihres Leistungsvermögens anspreche. Fortbildungen sollten
auch nicht mehr auf der Einzelentscheidung des Lehrers beruhen, sondern Resultat
innerschulischer Vereinbarungen sein. Das Hessische Institut sei hierbei bemüht, den
Schwächen, die durch PISA aufgedeckt wurden, wie der fehlenden Diagnosefähigkeit bei
Lehrern, in Fortbildungen zu begegnen. Ein Problem dabei sei aber die fehlende Zeit für
Fortbildungen vor Ort. Daher erhebt Wolf die Forderung an die Politik, dass die
Fortbildung ein fester Bestandteil der Arbeitszeit werden muss. Der Verweis auf die
Ferien genüge nicht, da eine die Praxis verbessernde Fortbildung den Unterricht als
Handlungsfeld mit einzubeziehen habe.
Für die Aus- und Fortbildung gibt es also neue Ideen und Anregungen, die derart im
vorherigen Untersuchungszeitraum nicht zur Sprache gekommen sind, obwohl auch
schon dort über die Aus- und Fortbildung diskutiert wurde. Dass über dieses Thema
immer noch berichtet wird, deutet daraufhin, dass die Situation der Lehrer als
Konsequenz aus PISA große Beachtung findet.
259 Schwarz (25.07.02): Tests wirken keine Wunder. Interview mit Heinz Klippert. In: FR. 260 Ähnliche Äußerungen hat Heinz Klippert bereits vor PISA gemacht. Vergleiche dazu: Haltungen vor PISA. Kritik von Lehrern und Wissenschaftlern. 261 Otto (21.02.02): Lasst das nutzlose Aussortieren! Interview mit Klaus-Jürgen Tillmann. In: Die Zeit. 262 O. Angabe (04.07.02): Fortbildung für Lehrer wird zur Pflicht. Interview mit Hartmut Wolf. In: FR.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 64
4.6.2 Schulstrukturfrage
Die Schulstruktur, worunter die Frage nach einem selektiven oder integrativen System,
der Halbtags- oder Ganztagsschule und dem Maß an autonomem Arbeiten einer Schule
subsumiert ist, taucht auch in dem Folgejahr nach PISA als Thema in der
Medienberichterstattung auf.
Bei der Frage, ob ein integratives oder selektives System die größeren Vorteile bietet ist
bemerkenswert, dass bei den Medien – ausgenommen der FAZ - zunehmend eine größere
Aufgeschlossenheit gegenüber dem integrativen System zu beobachten ist. Zum Beispiel
plädiert die Zeit mittlerweile offen für ein solches. Allerdings wird auch von allen
Berichterstattern erkannt, dass ein Gesamtschulsystem zum jetzigen Zeitpunkt in
Deutschland nicht realisierbar ist. Dafür ist der politische Widerstand noch zu groß. Die
KMK weigert sich nämlich noch immer, über dieses Thema zu diskutieren.
Bezüglich der Ganztagsschule finden sich keine Unstimmigkeiten: Die KMK hat
beschlossen das Angebot an Ganztagseinrichtungen zu erhöhen, der Bund hat sich in die
Diskussion eingemischt und will sogar zusätzliche Gelder für den Ausbau von
Ganztagsschulen bereit stellen. Man ist sich ebenso einig, dass Schulen mehr Autonomie
brauchen. Hier ist es in diesem Untersuchungszeitraum aber bei den wiederholten
Forderungen nach mehr Autonomie geblieben, es sind noch keine klaren
Handlungsansätze zu beobachten.
Die FAZ argumentiert gegen ein integratives System. Die Ergebnisse der besten
Teilnehmerstaaten bei PISA zeigten, dass eine systematische Qualitätssicherung zu
höheren Lernergebnissen führen würde. Die Frage der Schulform hingegen sei
„zweitrangig“.263 Dem schließt sich Annette Schavan, Vorsitzende der KMK, an. Ihrer
Meinung nach reicht es, die Schulformen durchlässiger zu machen und die Lehrer so
fortzubilden, dass sie mit Leistungsunterschieden besser umgehen können.264 Um bessere
Gesamtleistungen zu erreichen, brauche man nicht die Schulstruktur zu ändern, dies
könne auch in dem gegliederten System erreicht werden. Als Beispiel für gute
Leistungen im gegliederten System nennt Schavan die CDU-regierten Länder, die bei der
innerdeutschen PISA-E-Studie, wenn man nur die Leistung und keine sozialen
263 Schmoll (18.02.03): Gelenk schulischer Arbeit. In: FAZ. 264 Spiewak (2002a), In: Die Zeit.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 65
Indikatoren betrachtet, insgesamt besser abgeschnitten haben als die SPD-regierten
Länder.265
Die Befürworter eines integrativen Systems sind in diesem Zeitraum aber in der
Überzahl. Vor allem bei der Zeit ist ein Wandel zu beobachten. Sie hat zwar unmittelbar
nach PISA nicht gegen ein integratives System plädiert, hat sich allerdings auch nicht
positiv dazu geäußert. Dies geschieht erst jetzt.
Der Zeit-Redakteur Martin Spiewak meint, dass die Bilanz ein Jahr nach PISA trübe
ausfalle, da die wichtigste Frage, nämlich wie Deutschland die Chancenungleichheit
mindern könne, unbeantwortet geblieben sei.266 Sozial benachteiligte Kinder würden
schon im Kindergarten und in der Grundschule nur unzureichend gefördert, selbst wenn
sie das Gymnasium schaffen könnten, trauten ihnen Lehrer und Eltern meist nur die
Hauptschule zu. Die eingeschlagene Schullaufbahn sei kaum zu korrigieren.267 In
anderen Ländern liege die Verantwortung stärker bei den Lehrern, die die Kinder mehr
fördern müssten, so dass diese dem Unterricht folgen könnten. Dies wiederum scheine
auch mit der Schulform zusammenzuhängen. Das selektive System entlasse nämlich den
Lehrer aus der Pflicht, sich um schwierige Schüler zu kümmern. Dennoch, so Spiewak,
wage in Deutschland niemand, die Systemfrage zu stellen. Dabei habe PISA gezeigt, dass
die Bestenauslese eben nicht die Leistungsfähigkeit aller steigere. Chancengleichheit sei
„weder pädagogische Sekundärtugend noch linker Luxus.“268 Daher der dringende
Appell von Spiewak: Deutschland brauche Gesamtschulen. Jedoch, so fügt er hinzu,
nicht in der deutschen Version, bei der die Gesamtschulen als vierte Form neben dem
dreigliedrigen System existierten und in Großstädten mittlerweile eher zu Hauptschulen
geworden seien.
Auch Zeit-Redakteur Reinhard Kahl schließt sich dieser Argumentation Spiewaks an. Er
zeigt auf, dass das deutsche Schulsystem in der bestehenden Form nicht das Optimum ist.
In Bayern zum Beispiel seien die Leistungen zwar insgesamt gut, aber nur wenige
würden zum Abitur geführt, was für eine Industrienation mit einem hohen Bedarf an
265 Diese Äußerung von Schavan erfolgt in dem Zeit- Interview von Martin Spiewak (Spiewak 2002a), an dem auch Andreas Schleicher teilnahm. Schleicher reagiert auf diese Äußerung Schavans, indem er darauf verweist, dass die Leistungen der CDU-regierten Länder im internationalen Vergleich dennoch nicht ausreichend seien. Hier bewegen sich die besten CDU-Länder nur im Mittelfeld. Ausführlicher Bericht zu PISA-E vgl.: Baumert et al. (2002): PISA 2000 – Die Länder der Bundesrepublik Deutschland im Vergleich. Zusammenfassung zentraler Befunde. Verfügbar als Download: www.mpib-berlin.mpg.de/pisa/PISA_E_Zusammenfassung2.pdf [11.11.04]. 266 Spiewak (2002b): Penne(n) trotz PISA. In: Die Zeit, Nr.49. 267 Auf hundert Kinder, die in eine niedrigere Schulform absteigen, kommen nur fünf Kinder, die in eine höhere Schulform aufsteigen. Vgl.: Spiewak (2002b), In: Die Zeit. 268 Spiewak (2002b), In: Die Zeit.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 66
Akademikern keine Lösung sein könne.269 Wenn aber viele zum Abitur geführt würden,
wie in den SPD-regierten Ländern, schwäche dies bei der frühen Auslese in Deutschland
die restlichen Schüler, die kein Abitur machten. Dieses Problem existiere bei
Skandinaviern oder Kanadiern nicht, denn deren Schulen seien als Gemeinschaftsfeld der
Gesellschaft eingerichtet. Diese Modernisierungsleistung, so Kahl, habe Deutschland
noch vor sich. Dazu wäre ein integratives System nötig.
Auch Andreas Schleicher, der OECD-Chefkoordinator von PISA, plädiert dafür, über die
Schulform zumindest nachzudenken.270 Alle internationalen Vergleiche zeigten, dass
kein erfolgreicher Staat auf eine so frühe Auslese und scharfe Abgrenzung setze wie
Deutschland. Man brauche zwar nicht alle Diskussionen auf die Schulstruktur zu
verengen, aber Deutschland müsse sich fragen, wo es in 20 Jahren stehen wolle. Hier
zeige PISA eine klare Richtung: Der Zusammenhang zwischen fehlender
Chancengleichheit und früher Schülerauslese sei heute nicht mehr umstritten. Schleicher
bezweifelt daher, dass Deutschland sein größtes Problem, den immensen Einfluss der
sozialen Herkunft, im gegliederten System werde lösen können.
Auch andere Bildungsexperten wie Heinemann271 und Tillmann272 stehen einem
integrativen System positiv gegenüber. Sie verweisen auf die erfolgreichen PISA-Länder,
die fast alle ein integratives System haben.
Gleichzeitig wird aber von allen, die sich in dieser Frage zu Wort melden, erkannt, dass
ein integratives System in Deutschland politisch zur Zeit nicht durchsetzbar ist.
Auch Klaus Klemm, der sich bereits unmittelbar nach PISA als immenser Verfechter der
Gesamtschule offenbart hat, gesteht in seinem Beitrag, der in der FR und in der GEW
veröffentlicht wird, ein, dass ein integratives System nicht realisiert werden kann.273
Klemm fasst alle Argumente, die für ein integratives System sprechen, noch einmal
zusammen:274
- PISA zeigt mit Blick auf die Siegerländer, dass das Lernen in heterogenen Gruppen
erfolgreicher ist.
- Das gegliederte Schulsystem in Deutschland sortiert nicht leistungsgerecht. Beim
Übergang von der Grundschule in die weiterführenden Schulen gelingt es bis zum Ende
der Pflichtschulzeit nicht, Leistungshomogenität herzustellen. Die innerdeutschen
269 Kahl (12.07.02): Eine zweite Irritation. In: GEW. 270 Spiewak (2002a), In: Die Zeit. 271 Heinemann (12.07.02): Für den D-Day gewappnet. In: GEW. 272 Vgl. Otto (21.02.02), In: Die Zeit. 273 Klemm (17.06.02): Wenn schon kein Umbau, dann auch keine Rolle rückwärts. In: GEW. 274 Die unter den Spiegelstrichen aufgeführten Aussagen beziehen sich auf die Aussagen Klemms.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 67
Studien Lau und Markus275 sowie die internationalen Studien TIMSS und PISA haben
große Überlappungen von Schülerleistungen festgestellt. Von einer leistungsgerechten
Verteilung der Schüler auf die Schulformen entlang ihrer Fähigkeiten kann daher keine
Rede sein.
- In Deutschland war die Annahme verbreitet, Schulen könnten an gesellschaftlicher
Ungleichheit nichts ändern. PISA hat dies widerlegt.
- Schulen des gegliederten Systems blockieren die Potenzialentfaltung. Nach PISA
bremst das anregungsärmere Umfeld die Entwicklung eines Schülers und das
anregungsreichere befördert die Entwicklung. Die Hauptschulen in Deutschland als
anregungsarmes Umfeld bremsen, aber selbst den Gymnasien gelingt es nicht, ihre
Schüler sehr gut zu fördern.276
Da es trotz dieser Kenntnisse in Deutschland nicht vorstellbar sei, Mehrheiten für eine
Umstrukturierung auf ein integratives System hin zu gewinnen, fordert Klemm, dass
zumindest keine strukturellen Änderungen rückwärts in Angriff genommen werden
sollten, wie zum Beispiel die geplante Abschaffung der Orientierungsstufe in
Niedersachsen oder der Förderstufe in Hessen.
Reinhard Kahl schreibt hierzu: „So bleibt nur die Möglichkeit für einen deutschen
Sonderweg, um aus dem zerklüfteten System heraus zu finden, in das der bisherige
deutsche Sonderweg geführt hat.“277 Somit wird quasi die Schulstrukturdebatte um ein
selektives oder integratives System für Deutschland vorläufig beschlossen, obwohl sich
mittlerweile mehr Gruppen für ein integratives System aussprechen.
Wie schon oben angedeutet, ist die Diskussion um die Ganztagsschulen nicht derart
gespalten. Gerhard Schröder fordert aus familienpolitischen Gründen und „zum Wohl der
Kinder“278 mehr Ganztagseinrichtungen. Die Bundesregierung will daher auch vier
Milliarden Euro an die Bundesländer geben, damit die Zahl der Ganztagsschulen in
Deutschland und auf diese Weise auch das Niveau der schulischen Bildung erhöht
werden kann.279 Die Auszahlung des Geldes wird an zwei Bedingungen geknüpft: das
Geld müsse für ein zusätzliches Angebot an Ganztagsschulen eingesetzt werden und die
275 Näheres zu Lau vgl.: Arbeitskreis Gesamtschule in Hamburg: www.gesamtschule-hamburg.de/lau9.htm [13.10.04]; Zu Markus: Schraml, Petra, Deutscher Bildungsserver: www.forumbildung.de/templates/imfokus_inhalt.php?artid=104 [13.10.04]. 276 Hier fand die Lau-Studie heraus, dass der Lernzuwachs im Verlauf der Klassen sieben und acht an Hamburger Gymnasien im Durchschnitt geringer ist als an Realschulen, Gesamtschulen und Hauptschulen Vgl.: Lau-Studie: www.gesamtschule-hamburg.de/lau9.htm [13.10.04]. 277 Kahl (12.07.02), In: Die Zeit. 278 Schröder (27.06.02): Ein Gesetz für alle Schulen. In: Die Zeit.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 68
Bewerberschulen müssten den Ländern ein Konzept vorlegen und darin ersichtlich
machen, wie sie künftig die ganztägige Arbeit an ihren Schulen organisieren wollten.280
Dieses Konzept solle den Ländern vorgelegt werden, da diese aus Furcht um ihre
schulpolitische Eigenständigkeit zunächst mit Bedenken auf den Plan des Bundes
reagierten.
Die GEW wertet diese Initiative der Regierung zu mehr Ganztagsschulen als den
„Startpunkt für eine wirklich umfassende Bildungsreform in Deutschland.“281 Bei der
Vergabe der Mittel solle aber beachtet werden, ob Mindeststandards bei den
pädagogischen Konzepten und bei der personellen Ausstattung eingehalten würden.
Auch die „Zeit“ wertet den geplanten Ausbau an Ganztagsschulen positiv.282 Die
Ergebnisse zur Chancengleichheit in Deutschland würden darauf verweisen, dass man
mehr Betreuung, mehr Unterricht und somit mehr Ganztagsschulen brauche.
Hartmut Holzapfel, ehemaliger Kultusminister in Hessen, urteilt, dass man zu Recht über
die Ganztagsschule diskutiere, da sie ein gemeinsames Merkmal all der Länder sei, die
bei PISA bessere Ergebnisse hatten.283 Aber neben der Ganztagsschule sei in diesen
Ländern wichtig, dass man dort den Schülern zutraue, dass sie sich weiter entwickeln
könnten. Das gleiche gelte für die Schulen. Daher werde auf Detail-Regelungen
verzichtet, es gäbe knappe Lehrpläne, aber zugleich verbindliche Ziele. Die Schulen
stellten sich dem Vergleich mit anderen Schulen, honorierten gute Arbeit und zögen
Konsequenzen aus schlechter. Dies alles wirke für den Erfolg jener Länder zusammen.
Von der FR wird diese Forderung, die eine größere Selbstverantwortung der Schulen mit
einschließt, aufgenommen. Man müsse die Schulen in die Lage versetzen, ihre Funktion
zu erfüllen.284 Ein System ließe sich nicht reformieren, sondern nur optimieren und dies
nur, indem man die Lösung seiner Aufgabe ihm selbst übertrage, nicht einer
übergeordneten Instanz. Gefordert wird also, wie schon unmittelbar nach PISA, den
Schulen mehr autonomes Arbeiten zu ermöglichen.285
Andreas Schleicher sieht dies u.a. als ein großes Reformhindernis in Deutschland an. Die
Steuerung der Schulen verlaufe sehr zentral und dies gleich 16-fach, da jedes Land für
279 O. Angabe (11.02.03): Vier Milliarden Euro für mehr Ganztagsschulen. In: FAZ. 280 O. Angabe (11.02.03), In: FAZ. 281 GEW (16.04.02): Presseerklärung: Eine richtige Antwort auf PISA. In: GEW. 282 Gaschke (14.02.02): Den lieben langen Tag. In: Die Zeit. 283 Holzapfel (25.06.02): Jedes einzelne Kind fördern. In: FR. 284 Schneider (02.08.02): Der Schule vertrauen. In: FR. 285 Auch die Politik hat diese Forderung aufgenommen. Zum Beispiel plädiert Bundeskanzler Gerhard Schröder für mehr Eigenverantwortung der Schulen. Vgl.: Schröder (27.06.02), In: Die Zeit.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 69
seine Schulen verantwortlich sei und nur diese steuere.286 PISA habe hierzu gezeigt, dass
in keinem anderen Land, außer Italien, die Schulen so geringen Freiraum bei der
Gestaltung der Lernumgebung und der Lerninhalte und bei der Auswahl der Lehrer
verspürten wie in Deutschland.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich als Konsequenz aus PISA bei der
Lehreraus- und –fortbildung sowie bei der Forderung nach mehr Ganztagsschulen in
Deutschland etwas bewegt hat. Die KMK arbeitet an beidem. Die Forderung nach einem
integrativen System wird zwar noch vorgetragen, aber nicht umgesetzt. Bei der
Forderung nach mehr Autonomie für Schulen ist es in diesem Zeitraum auch lediglich bei
Forderungen geblieben.
4.6.3 Bildungsföderalismus
Als ein „neues“ Thema ist im Jahr 2002 die Debatte um den Föderalismus in der
Bildungspolitik aufgetaucht. Dieser Diskurs ist im Zusammenhang mit der
innerdeutschen PISA-E-Studie zu sehen. Es gibt hierbei Gruppen, die PISA-E als
Scheitern des Bildungsföderalismus interpretieren und Gruppen, die das Gegenteil
behaupten. Als Lösung wird von einigen eine verstärkte Zusammenarbeit von Bund und
Ländern gefordert. Außerdem sollen nationale Bildungsstandards in Deutschland
eingeführt werden, deren Notwendigkeit im Konsens von allen Diskursgruppen
anerkannt wird.
Die Ergebnisse der innerdeutschen PISA-Studie sind ebenso wie die der internationalen
Studie nicht sonderlich gut für Deutschland. Kein Bundesland erhält einen Spitzenplatz,
die Siegerländer von PISA-E, Bayern und Baden-Württemberg, liegen im internationalen
Vergleich nur im Mittelfeld.287 Das schlechteste Land, Bremen, ist im internationalen
Vergleich gleichauf mit Lettland und Mexiko. Es besteht ein starkes Leistungsgefälle
zwischen den einzelnen Bundesländern, die in etwa mit den Differenzen zwischen
Deutschland und Mexiko vergleichbar sind. Bei der Lesekompetenz ist zwischen den 5%
leistungsstärksten Schülern in Bayern und den 5% leistungsschwächsten in Bremen sogar
ein größerer Abstand als zwischen den vergleichbaren Gruppen des PISA-Ersten
Finnland und des PISA-Letzten Mexiko.288
286 Spiewak (2002a), In: Die Zeit. 287 Kerstan (2002): Nach PISA ist vor PISA. In: Die Zeit. Nr.27. 288 Demmer (12.07.02): Der Bildungszwerg. Deutschland ungleich und in föderaler Schieflage. In: GEW.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 70
Obwohl Bayern bezüglich der Schülerleistungen klarer Sieger ist, ist es der Verlierer,
wenn die Bildungsbeteiligung als Indikator für ein leistungsfähiges Schulsystem
angesehen wird. Bayern hat mit einer Quote von 28,7% an AbiturientenInnen und
FachabiturientInnen das schlechteste Ergebnis, der Bundesdurchschnitt liegt hier bei
36,4%.289 Umgekehrt liegt Bayern bei der Zahl der Hauptschulabschlüsse mit 43,4% im
Gegensatz zum Bundesdurchschnitt von 27% an erster Stelle. Da die
Ausbildungschancen von Hauptschülern drastisch sinken, ist ihr hoher Anteil in Bayern
ein bedenklicher Bildungsfaktor.290 Die Koppelung von sozialer Herkunft und
schulischem Erfolg ist in allen deutschen Bundesländern sehr hoch, was die Ergebnisse
der internationalen PISA-Studie bestätigt. Die höchste Kopplung besteht bei Bayern, wo
ein Kind aus einer Arbeiterfamilie nur ein Zehntel der Chance auf den Besuch des
Gymnasiums hat als ein Kind aus einer Akademikerfamilie.291
Diese Ergebnisse liefern die Ursache für die Debatte um den Bildungsföderalismus.
Dieser wird vor allem in der GEW sehr stark diskutiert und hier vornehmlich ablehnend.
Die KMK solle akzeptieren, dass „in den Augen vieler Menschen PISA zu einem TÜV
des Bildungsföderalismus geworden sei“.292 Wenn in einem flächenmäßig relativ kleinen
Staat wie Deutschland zwischen den einzelnen Ländern bildungspolitische Welten lägen,
sei dies ein Zeichen dafür, dass es nicht gelungen sei, gleiche Bildungs- und somit
Lebenschancen herzustellen, wozu die Länder eigentlich verpflichtet seien. Die nationale
PISA-Studie habe somit die Krise des föderalen Bildungswesens offengelegt.293
Die GEW fordert dann, dass die Länder voneinander lernen und vor allem Erfahrungen
aus dem Ausland miteinbeziehen sollten. Nicht Bundesländer seien der entscheidende
Maßstab für Reformen, sondern Schweden und Finnland.294 Klaus Klemm schließt sich
hier an und warnt, nicht zu vergessen, dass kein deutsches Bundesland mit den wirklich
guten Nationen mithalten konnte.295 Nach PISA-E werde, so Hartmut Holzapfel, nur
diskutiert, „wer unter den Einäugigen König ist“. 296 Die Union fühle sich als überlegener
Sieger und vergesse dabei die internationale Messlatte.
289 GEW (22.06.02): Presseerklärung: Der Bildungsföderalismus ist gescheitert. In: GEW. 290 Vgl. hierzu die Zusammenfassung der Ergebnisse von PISA-E.: Baumert et al. (2002): PISA 2000 – Die Länder der Bundesrepublik Deutschland im Vergleich. Zusammenfassung zentraler Befunde. Verfügbar als Download: www.mpib-berlin.mpg.de/pisa/PISA_E_Zusammenfassung2.pdf [11.11.04], S.50. 291 Ebd., S.51. 292 GEW (28.06.02): Presseerklärung: Wichtiges bildungspolitisches Signal. In: GEW. 293 GEW (24.06.02): Presseerklärung: GEW kritisiert den föderalen Wettbewerb. In: GEW; GEW (22.06.02), Presseerklärung, In: GEW; Schlüter (18.06.02): Ranking. In: FR. 294 GEW (27.02.02): Presseerklärung: GEW fordert mehr Gemeinsamkeit in der KMK. In: GEW. 295 Heinemann (12.07.02), In: GEW. 296 Holzapfel (25.06.02), In: FR.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 71
Bundeskanzler Gerhard Schröder schaltet sich nach PISA-E in die Bildungsdebatte ein.
Für ihn steht durch die PISA-Ergebnisse „die föderale Organisation der Bildungspolitik
auf dem Prüfstand.“297 Es gebe einen Teufelskreis der Chancenlosigkeit in Deutschland,
auf den die Kultusminister bisher noch keine Antwort gefunden hätten. Der SPD-
Vorsitzende Müntefering relativiert Schröders Aussage dann aber nachträglich, Schröder
habe nicht den Föderalismus an sich in Frage gestellt, aber Föderalismus dürfe auch nicht
„Separatismus“298 bedeuten.
Nach Andreas Schleicher, Chefkoordinator von PISA, ist nicht der Föderalismus das
eigentliche Problem in Deutschland. Schleicher verweist auf Kanada, das ebenfalls
föderal organisiert und dennoch sehr erfolgreich sei.299
Besonders die Opposition verteidigt den Föderalismus immens. Nach Schipanski,
damalige Vorsitzende der KMK, ist der Föderalismus mit PISA keineswegs
gescheitert.300 Die Länder wollten sich der Verantwortung, mehr Qualität in den Schulen
einzuführen, stellen. Erfolgreiche Bildungspolitik bedürfe großer Nähe zur Schule, was
ein abstraktes Bundesgesetz nicht leisten könne. Föderalismus sei der Motor für
Wettbewerb und Verbesserung, daher solle sich der Bund aus der Schulpolitik fernhalten,
könne aber durch seine Wirtschafts- und Sozialpolitik unterstützend eingreifen, um die
Vergleichbarkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland zu sichern.
Auch die Zeit argumentiert in diese Richtung. Der Wettbewerb zwischen den
Bundesländern sei gerade nach PISA nötig. Die KMK habe sich erst 1997 auf
Leistungsvergleiche zwischen den Ländern geeinigt und der KMK nun „in einem ihrer
lichtesten Momente“ 301 die Kompetenz abzustreiten, sei kein gutes Timing von Kanzler
Schröder. Der Föderalismus könne nun erstmals seine Stärke zeigen, da der Wettbewerb
klare Maßstäbe und Regeln habe. Die deutschen Südstaaten würden zwar noch einige
Zeit im Bildungsbereich in Führung liegen, aber es käme bei der nächsten Überprüfung
darauf an, wer seine Leistungen am meisten gesteigert habe. Daraus folgert die Zeit:
„Jetzt schlägt nicht die Stunde der Zentralgewalt, sondern die des Föderalismus.“302
Als eine weitere Lösungsstrategie wird nicht der Föderalismus allein angesehen,
sondern eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern. Diese Forderung
ist sehr deutlich bei Stellungnahmen der GEW zu finden. In dem Maße wie die GEW
297 Schröder (27.06.02), In: Die Zeit. 298 Meng/Trunk (28.06.02): Schröders PISA-Vorstoß auch in der SPD strittig. In: FR. 299 Spiewak (2002a), In: Die Zeit. 300 Schipanski (2002): Wir haben schon genug Experten. In: Die Zeit. Nr. 28; Vgl. auch: O. Angabe (06.07.02): Lehrer sollen lernen. Nach Pisa-Desaster suchen Minister und Verbände Auswege. In: FR. 301 Kerstan (2002), In: Die Zeit.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 72
nämlich den Föderalismus kritisiert, plädiert sie auch für eine stärkere Zusammenarbeit
mit dem Bund.
Nach Marianne Demmer, Hauptvorstand der GEW, soll eine gesamtstaatliche
Bildungsanstrengung mit gemeinsamen Bildungszielen und deutlich verbesserter
Finanzierung folgen.303 Die GEW-Vorsitzende Stange fordert auf, zwischen Bund und
Ländern gemeinsame Lösungen zu erarbeiten und die Reformen somit als eine
Gemeinschaftsaufgabe zu betrachten.304 In dieser Forderung bekommt die GEW
Unterstützung von dem Bundeselternrat.305 Es werden von den Eltern gemeinsame
Absprachen über die Reformziele und über die finanzielle Situation der Länder verlangt.
Ein Länderfinanzausgleich im Bildungswesen sei Voraussetzung für gleiche
Bildungschancen.
Auch die Frankfurter Rundschau vertritt die Haltung, dass der föderale Wettkampf in
seiner bisherigen Form sich nicht bewährt habe, daher sei die Alternative ein besserer
Wettkampf, bei dem der Bund mitmische, ohne unrealistische Führungsansprüche zu
stellen. Entsprechend ihrer neuen Maxime für den Bildungssektor sollten die
Verantwortlichen in Bund und Ländern einander „fördern und fordern“.306 Dies könne
der von der Regierung gewünschte unabhängige „Rat für Bildungsberichterstattung“
leisten, indem dieser Rat aufzeige, in welchen Bereichen noch Stagnation herrsche. Die
Verantwortlichen von Bund und Ländern säßen dann endlich in einem Boot.
Für eine verstärkte Zusammenarbeit als beste Reaktion auf PISA plädieren also
zusammenfassend die GEW, die Elternvertretung, die Wirtschaft und die FR.
Eine weitere Reformforderung, die bei allen Diskursgruppen auf ein positives Echo
stößt307 und die von der KMK auch beschlossen wird, ist die Einführung von
Bildungsstandards in Deutschland. Diese stellen zwar einen drastischen Einschnitt im
302 Ebd. 303 Demmer (12.07.02), In: GEW. 304 GEW (24.06.02), Presseerklärung, In: GEW; GEW (22.06.02), Presseerklärung, In: GEW. 305 O.Angabe (24.06.02): Länderfinanzausgleich im Bildungswesen? In: FAZ; Neben der GEW und den Eltern fordert auch der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelstages, Ludwig Georg Braun, als Vertreter der Wirtschaft, einen bundesweiten Bildungskonsens. Vgl.: Meng/Feuck (25.06.02): Bulmahn macht Ländern Druck. In: FR. 306 Jung (25.11.02): Gemeinsam auf der Schulbank. In: FR. 307 Die Standards in der Bildung werden von der Regierung gefordert: Schröder (27.06.02), In: Die Zeit; Von der Wirtschaft: O. Angabe (26.06.02): Schröder stellt Bildungs-Kompetenz der Länder in Frage. In: FAZ.; Vom Bundeselternrat: O. Angabe (24.06.02): Länderfinanzausgleich im Bildungswesen? In: FAZ; Von wissenschaftlicher Seite von Prof. Klaus Klemm. In: Heinemann (12.07.02), In: GEW. Auch die Evangelische Kirche in Deutschland meldet sich hierin zu Wort und tritt für mehr Standards ein. Vgl.: Schmoll (13.02.03): Bildung ist mehr als Wissen und Lernen. In: FAZ.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 73
föderalen System dar, ihre Notwendigkeit wird nach PISA aber von niemandem mehr
bestritten. Die Standards sollen bis 2004 in Deutschland eingeführt sein.308
Prof. Eckhard Klieme vom DIPF wurde vom Bundesbildungsministerium mit einer
Expertise zu nationalen Bildungsstandards beauftragt. Bildungsstandards sollen nach
dieser Expertise Anforderungen an das Lehren und Lernen in der Schule formulieren.309
Sie benennen die Ziele der pädagogischen Arbeit und legen die erwünschten
Lernergebnisse der Schüler, die diese bis zu einer bestimmten Jahrgangsstufe mindestens
erworben haben sollen, fest. Bildungsstandards sollen also, indem Ziele und
Anforderungen von Schule für alle durchschaubar werden, eine klare Orientierung für
die Schüler, die Eltern und die Lehrer vermitteln. Nach der Expertise bleibt die
verbindliche Festsetzung der Standards und die entsprechende Evaluation der Schulen
aber eine Sache der Länder. Die Evaluation erfolgt durch die staatliche Schulaufsicht mit
Hilfe von regelmäßigen standardbezogenen Tests.
Die FAZ wendet sich an etwaige Kritiker dieser Standards und Tests und urteilt hierzu:
„Wer dies als eine Veräußerlichung von Bildungsidealen oder als Quelle zusätzlichen
Leistungsdrucks beklagen würde, hätte nicht verstanden, dass Schüler ein Recht auf diese
Art von Unnachgiebigkeit haben.“ 310
Insgesamt gesehen teilen sich bezüglich der Frage nach dem Bildungsföderalismus die
Meinungen. Es gibt Gruppen, zu denen die GEW und auch die Regierung gehören, die
PISA als ein Versagen des Föderalismus interpretieren. Von diesen Gruppen wird dann
aber nicht die Abschaffung des Föderalismus gefordert, sondern ein stärkerer Einfluss
des Bundes. Im Gegenzug dazu stehen die Gruppen, die gerade in der Situation nach
PISA den Föderalismus als die beste Möglichkeit zum Aufschwung betrachten. Hier ist
insbesondere die KMK zu nennen, die ein spezielles Interesse daran hat, sich ihren
eigenen Einfluss auf die Schul- und Bildungspolitik nicht schmälern zu lassen. Der
Vorschlag, gemeinsame nationale Bildungsstandards einzuführen, findet in dieser
Situation insgesamt ein positives Echo bei den unterschiedlichen Diskursgruppen.
308 Feuck (24.10.02): Noch blass und vordergründig. In: Frankfurter Rundschau. 309 Schmoll (18.02.03): Gelenk schulischer Arbeit. In: FAZ. 310 Knaube (20.02.03): Lehrstoffwechsel. In: FAZ.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 74
4.7 Zwischenfazit für Deutschland 311
Erster Untersuchungszeitraum: Haltungen vor PISA
In Deutschland finden sich verschiedene Erwartungsbilder gegenüber PISA: Die Medien
spielen mit den öffentlichen Ängsten vor einem schlechten Ergebnis bei PISA. Einige
Lehrer und Wissenschafter blicken PISA kritisch mit dem Hauptargument entgegen, dass
Vergleichstests den Auftrag von Schule hin zu einem quantitativen Bildungsverständnis
verändern, ohne die Kompetenzlage der Lehrer zu verbessern. Bei den Gruppen, die
PISA eher als Chance sehen, kann als gemeinsamer Konsens festgehalten werden, dass
man sich einen neuen Aufschwung im Bildungssystem und in der Bildungspolitik
erhofft. Diese Argumentation ist von der Grundüberzeugung geprägt, dass man sich dem
Vergleich mit anderen Ländern öffnen und die Abschottungspolitik im Bildungswesen
beenden muss.
Insgesamt kann festgestellt werden, dass man PISA in Deutschland mit Spannung und
einer großen Erwartungshaltung, sowohl positiver als auch negativer Prägung,
entgegenblickt.
Zweiter Untersuchungszeitraum:
Urteile zu PISA
Zum einen werden die Ergebnisse von PISA in Deutschland mit uneingeschränkter
Gültigkeit angesehen, dies vor allem von der Zeit und der GEW. PISA wird als „die
anspruchsvollste Schulstudie der Bildungsgeschichte“ bezeichnet. Begründungen dafür
liegen in der Entwicklung der PISA-Studie durch internationale und nationale
Expertengruppen und dem Verweis auf ähnliche Ergebnisse früherer Studien.
Zum anderen zeigt sich eine hauptsächlich in der FR geäußerte Kritik an PISA, in der es
im wesentlichen darum geht, dass bei PISA Äpfel mit Birnen verglichen werden.
Bildungssysteme unterscheiden sich in ihrer Auffassung von Bildung, in ihren
Unterrichtsmethoden, in ihren Schulstrukturen etc. Zusätzlich haben Staaten jeweilige
soziale, demographische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen, die erhebliche
Einflussfaktoren auf die Leistungen im Bildungsbereich darstellen. Will man
verschiedene Bildungssysteme vergleichen, so ist diese Vielzahl von Faktoren mit
einzubeziehen. Da dies eigentlich nicht möglich ist, bleibt als gemeinsamer Nenner wie
bei Apfel und Birne zumindest die Kategorie „Obst“. Da dies aber nur der kleinste
311 Vgl. dazu auch: Anhang, S.130, Abb.10.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 75
gemeinsame Nenner ist, sind internationale Vergleiche in dieser Hinsicht für Kritik
angreifbar.
Die globale Perspektive
Die globale Perspektive meint den Bezug auf andere Länder im Zuge der PISA-
Diskussion. Es wird festgestellt, dass das Ausland für die bildungspolitische Diskussion
in Deutschland eine große Rolle spielt.
Als die Ergebnisse von PISA in den Medien vorgestellt werden, tritt die globale
Perspektive dann besonders stark auf, wenn die Ergebnisse eine hohe Brisanz haben. Es
wird in Deutschland vor allem auf die Länder verwiesen, die in dem jeweiligen Bereich
die besten Ergebnisse erreicht haben. Dadurch wird der eigene Reformrückstand noch
stärker betont und zusätzlicher Druck auf die folgende Reformdiskussion ausgeübt.
In der Reformdiskussion nach PISA wird das Ausland als Argument genutzt, um eigene
Reformvorstellungen umzusetzen. Dies ist am Beispiel der Frage nach der Schulstruktur
gezeigt worden. Die GEW, die die Schulstruktur besonders intensiv diskutiert, fordert ein
integratives System und bezieht sich, um diese Forderung zu stützen, auf die Länder, die
bei PISA an der Spitze liegen. Der Erfolg dieser Länder wird dann kausal auf deren
integratives System zurückgeführt und dient somit als Beleg für die Richtigkeit der
eigenen Reformwünsche.
In einer weiteren Form der Berichterstattung tritt das Ausland als Argument auf, um
durch die genaue Beschreibung der Vorzüge eines anderen Bildungssystems neue
Anreize und neuen Ansporn für die Diskussion in Deutschland zu schaffen. Dadurch
wird indirekt ein Reformdruck erzeugt, da die Darstellung der Systeme anderer Länder
deren Vorzüge betont. Als neue Vorbilder für Deutschland werden hierbei die
skandinavischen Länder Finnland und Schweden, aber auch ostasiatische Länder wie
Japan proklamiert.
Kernthemen im unmittelbaren Diskurs nach PISA
PISA wird in Deutschland sehr ernst genommen, daher stehen bei der PISA-Diskussion
mögliche Reformen und Verbesserungen des Bildungssystems im Vordergrund. Die
Reformwünsche kreisen hauptsächlich um vier zentrale Themen: den Unterricht, die
Lehrer, die frühkindliche Bildung und die Schulstruktur.
Bezüglich des Unterrichts werden Vorschläge zu neuen Unterrichtsmethoden bzw.
Unterrichtszielen gemacht. Als Kennzeichen eines „guten“ Unterrichts lassen sich eine
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 76
größere Eigentätigkeit der Schüler im Unterricht und eine verbesserte individuelle
Förderung von Schülern als Kernforderungen festhalten. Diese Vorschläge zur
Verbesserung des Unterrichts werden von der GEW, von der FAZ und zum Teil von
Politik und Wissenschaft gemacht. Festzuhalten ist noch, dass keiner derjenigen, die sich
zu der Frage der Unterrichtsverbesserung äußern, die Vorschläge eines anderen zum
Unterricht angreift. Trotz unterschiedlicher inhaltlicher Schwerpunkte erscheint hier ein
gewisser Konsens in dem Diskurs.
In Bezug auf die Lehrer finden sich die zentralen Forderungen, die didaktische und
diagnostische Kompetenz der Lehrer in der Ausbildung zu verbessern, mehr Fortbildung
bei den Lehrern einzuführen und die Lehrer zu mehr Kooperation zu veranlassen. Die
Politik kritisiert in dieser Diskussion die Lehrer am stärksten, wohl um von der eigenen
Mitverantwortung an PISA abzulenken. Die Lehrer tendieren dazu, sich zu rechtfertigen.
Sie kritisieren zum Teil selbst ihre Ausbildung, bemängeln die fehlenden Möglichkeiten
zu Fortbildungen und geben dadurch zu verstehen, dass diese Bereiche nicht in ihrem
Einfluss liegen. Erhöhte Kooperation zwischen den Lehrern wird aber im Konsens von
allen Diskursgruppen, auch von den Lehrern selbst, gefordert.
Die Vernachlässigung der frühkindlichen Bildung in Deutschland sieht man quer durch
die verschiedenen Diskursgemeinschaften als mitursächlich für das schlechte Ergebnis
bei PISA. Die Hauptforderungen in Bezug auf die frühkindliche Bildung umfassen mehr
finanzielle Ressourcen für diesen Sektor zur Verfügung zu stellen, einen Bildungsauftrag
für Kindergärten, eine frühere Einschulung und Förderung der Lesefähigkeit und
schließlich einen Beitrag zur Integration von Zuwandererkindern zu leisten. Von diesen
fünf Hauptforderungen betont zum Beispiel die Politik am meisten die Integration der
Einwandererkinder, die Forderung zu einem verstärkten Bildungsauftrag wird von der
GEW in den Vordergrund gestellt. Trotz unterschiedlicher Schwerpunktsetzungen
besteht zwischen den verschiedenen Gruppen in dieser Thematik kein Konfliktherd. Im
Prinzip ist man sich einig, dass man der frühkindlichen Bildung mehr Aufmerksamkeit
schenken muss.
PISA hat außerdem der Debatte um das selektive Schulsystem in Deutschland wieder
Aufwind gegeben. Die GEW plädiert mit Verweis auf die Siegerländer bei PISA für ein
integratives System, die übrigen Zeitungen äußern sich zu dieser Frage nicht eindeutig.
Von der Politik wird eine Diskussion über das selektive System ganz verneint. PISA hat
außerdem Diskussionen um die Ganztagsschule ausgelöst, da die Halbtagschule vielen
nicht mehr zeitgemäß erscheint. Eine weitere Forderung, die sich aus PISA ergibt und
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 77
die vornehmlich in der „Zeit“ behandelt wird, ist die nach mehr Autonomie für die
einzelnen Schulen.
Dritter Untersuchungszeitraum: Kernthemen im weiterführenden Diskurs nach
PISA
Im dritten Untersuchungszeitraum, der sich über circa ein Jahr erstreckt, wird überprüft
ob eine Änderung der Berichterstattung bezüglich der Kernthemen vorliegt. Als Resultat
kann festgehalten werden, dass weiterhin über die Themen „Lehrer“ und „Schulstruktur“
berichtet wird, wohingegen die Berichterstattung über die Themen „frühkindliche
Bildung“ und „Unterricht“ an Quantität abgenommen hat. Als ein neues Thema in dem
innerdeutschen PISA-Diskurs ist der „Bildungsföderalismus“ identifiziert worden. Es
steht auch noch immer die Reformperspektive im Vordergrund, da alle in diesem
Zeitraum angesprochenen Themen Reformforderungen beinhalten.
Bei der Diskussion um die „Lehrer“ wird für ein höheres gesellschaftliches Ansehen des
Lehrerberufs plädiert. Auch die Ausbildung und die Fortbildung werden, wie im zweiten
Untersuchungszeitraum, als Möglichkeiten, die Lehrerkompetenzen zu verbessern,
diskutiert. Es gibt neue Ideen für die Aus- und Fortbildung, die derart unmittelbar nach
PISA nicht zur Sprache gekommen sind. Dass über dieses Thema immer noch berichtet
wird, deutet daraufhin, dass die Situation der Lehrer als Konsequenz aus PISA große
Beachtung findet.
Das zweite Thema, das in der Medienberichterstattung eine bedeutsame Rolle spielt, ist
die Schulstruktur. Bei der Frage, ob ein integratives oder selektives System die größeren
Vorteile bietet, ist festzustellen, dass sich mittlerweile mehr Diskursgemeinschaften, wie
zum Beispiel die Zeit und verschiedene Bildungsexperten, für ein integratives System
aussprechen. Obwohl nun mehr Gruppen für ein Gesamtschulsystem eintreten, wird von
allen Befürwortern erkannt, dass ein solcher Systemwandel zum jetzigen Zeitpunkt in
Deutschland nicht realisierbar ist, da der politische Widerstand noch zu groß ist.
Bezüglich der Ganztagsschule hat die KMK beschlossen, das Angebot an
Ganztagseinrichtungen zu erhöhen, der Bund hat sich in die Diskussion eingemischt und
will sogar zusätzliche Gelder für den Ausbau von Ganztagsschulen bereit stellen. Man ist
sich ebenso einig, dass Schulen mehr Autonomie brauchen. Hier ist es aber bei den
wiederholten Forderungen nach mehr Autonomie geblieben, es sind noch keine klaren
Handlungsansätze zu beobachten.
Kapitel 4: Reaktionen in Deutschland 78
Das Thema „Bildungsföderalismus“ ist neu in der Diskussion nach PISA. Es hängt mit
der innerdeutschen PISA-Ergänzungsstudie zusammen, deren Ergebnisse von der GEW
und der Regierung als ein Versagen des Föderalismus interpretiert werden. Von der
GEW und der Regierung wird als Konsequenz ein stärkerer Einfluss des Bundes auf die
Bildungspolitik gefordert. Demgegenüber stehen die Gruppen, die gerade in der Situation
nach PISA den Föderalismus als die beste Möglichkeit zum Aufschwung betrachten.
Hier ist insbesondere die KMK zu nennen, die ein spezielles Interesse daran hat, sich
ihren eigenen Einfluss auf die Schul- und Bildungspolitik nicht schmälern zu lassen. Als
Konsequenz wird zudem beschlossen nationale Bildungsstandards einzuführen, was bei
allen Gruppen ein positives Echo findet und gleichzeitig einen drastischen Einschnitt im
föderalen System Deutschlands darstellt.
Kapitel 5: Reaktionen im Vereinigten Königreich 79
5 Reaktionen im Vereinigten Königreich
In diesem Teil werden die Ergebnisse der empirischen Analyse für UK dargestellt. Es
wird, wie bei dem Kapitel über Deutschland, als zusätzliches Hintergrundwissen zu dem
PISA-Diskurs zunächst auf die Grundzüge des Bildungswesens in UK verwiesen, wobei
auf Aufbau und Struktur des Bildungssystems wie auch auf die internationale
Ausrichtung Bezug genommen wird. Dann beginnt der Analyseteil, der die Haltung zu
PISA im Vorfeld, die Urteile, das Herausstellen der globalen Perspektive und die
Untersuchung der Kernthemen in zwei verschiedenen Zeitphasen umschließt.
Anschließend sind die wichtigsten Ergebnisse in dem Zwischenfazit für UK
zusammengefasst.
5.1 Grundzüge des Bildungswesens im Vereinigten Königreich
Seit 1922, der Gründung des Irish Free State, der späteren Republik Irland, besteht die
Bezeichnung „Vereinigtes Königreich“, die sich auf England, Schottland, Wales und
Nordirland bezieht.312 Obwohl das Vereinigte Königreich ein Staat mit einer offiziellen
Sprache ist, gibt es große Unterschiede zwischen den verschiedenen „Ländern“ und so
auch zwischen den Bildungssystemen. Auf der britischen Insel selbst existieren drei
verschiedene Erziehungssysteme – das englische, das walisische und das schottische.
Hinzu kommt in der Betrachtung von UK noch das nordirische.
In diesem Überblick kann daher nur auf Grundzüge der jeweiligen Bildungssysteme
verwiesen werden. Eine stärkere Bezugnahme liegt aber auf England, da auch der
folgende Analyseteil seinen Schwerpunkt bei England hat. Dies hängt damit zusammen,
dass die Mehrzahl der untersuchten Artikel sich England widmen oder von UK als
Gesamtstaat berichten. Artikel, die speziell auf Schottland oder Nordirland eingehen,
sind nur ganz vereinzelt. Über Wales wird im PISA-Diskurs nicht explizit berichtet, da
keine Schulen aus Wales an PISA teilgenommen haben.
Das Bildungssystem in UK hat eine größere Entwicklung durchmacht. Seit 1965 hat sich
das ehemals gegliederte System in Großbritannien in ein Gesamtschulwesen gewandelt.
Nur in Nordirland ist das Bildungssystem in der gegliederten Form erhalten geblieben.313
312 Aldrich (1994): Vocational education in Britain. An historical an cultural analysis. In: Heikkinen (Ed.): Vocational education and culture – European prospects from history and life-history. Hämeenlinna, S.41. 313 Halls (1994): United Kingdom: System of Education. In: Husén/Postlethwaite (Eds.): International Encyclopedia of Education. Oxford, S.6520.
Kapitel 5: Reaktionen im Vereinigten Königreich 80
In Großbritannien existiert vor der Entwicklung des Gesamtschulwesens die Teilung in
Public Schools, Grammar Schools und Secondary-Modern Schools.314 Die Public
Schools sind die Eliteschulen der oberen Schichten, die ihre Schüler selbst auswählen
dürfen. Das Curriculum dieser Schulen betont traditionell Mathematik und die
sogenannte klassische Bildung, während neuere Fächer wie Naturwissenschaften,
Geographie und moderne Sprachen bis weit ins 20. Jahrhundert abgelehnt werden. Die
zweite Schulform, die Grammar School, wird von der aufstrebenden Mittelschicht
besucht und das Curriculum orientiert sich an dem der Public Schools. Bis 1965 existiert
als ein dritter Schultypus noch die Secondary-Modern School, die von Schülern der
Mittel- und Unterschicht besucht wird.
Der Reform Act von 1944 gilt dann als der Beginn eines neuen Zeitabschnitts in der
englischen Schul- und Bildungspolitik. Er stellt die Grundlage für eine allgemeine
Neubestimmung dar, wonach das Bemühen im Vordergrund steht, ein gerechteres
System zu etablieren.315 In Folge dieses Acts entstehen dann in England die
Comprehensive Schools, die für alle Schüler aus allen Schichten offen sein sollen und
seit 1965 die Secondary-Modern Schools mehr und mehr zu ersetzen beginnen.316 In
Folge der Etablierung der Comprehensive School geht die Zahl der Grammar Schools
zwischen 1965 und 1984 von 1180 auf 175 zurück und die der Secondary Modern
Schools von 3498 auf 285.317 Mittlerweile hat sich die Comprehensive School in
Großbritannien weitgehend als Regelschule durchgesetzt, obwohl auch noch vereinzelt
Public Schools, Grammar Schools oder Single Sex Schools existieren.
Die Sekundarstufe I umfasst mindestens fünf Jahre, man kann sie aber auch sieben Jahre
besuchen.318 Der Unterricht für die 16- bis 19-Jährigen findet dann sowohl in
Sekundarschulen als auch in speziellen Schulen wie Six Form Colleges und Tertiary
Colleges statt. Im Unterschied zu Deutschland kann man in England eine Klasse nicht
wiederholen.319 Daher sind die Abschlussprüfungen für die Schullaufbahn entscheidend.
Um eine Benachteiligung von leistungsschwachen Schülern zu vermeiden und diese
314 Thomas (1990): The goals of education. In: Thomas: International Comparative Education. Practices, issues & prospects. Exeter. S.48. 315 Higginson/Körner (1981): Entwicklungslinien der Bildungspolitik in England. 1945-1980. In: Körner/Seidenfaden (Hrsg.): Bildungspolitik in Norwegen und England. Gießen, S. 80. 316 McLean (1992): The promise and perils of educational comparison. London, S.113. 317 Stübig (1989): Bildungspolitik in England (1970-1985). Vergleichende Daten und Analysen. München, S.142f. 318 Vgl. Halls (1994), S.6517: In Schottland sind es sogar nur vier Jahre, die die Sekundarschule mindestens dauert. Man kann sie in Schottland insgesamt sechs Jahre besuchen. 319 Stübig (1989), S.146.
Kapitel 5: Reaktionen im Vereinigten Königreich 81
Schüler wieder auf den Stand ihrer Altersgenossen zu bringen, wird an vielen Schulen
Förderunterricht angeboten. Der Schulbesuch ist aber in der Regel halbtags.320
Bezüglich der Verwaltungsstruktur hat das Department for Education umfassende Macht
und Verantwortung für die Bildung in England, einschließlich der Universitäten in ganz
UK. Direkter Kontakt mit den Schulen läuft über Inspektoren, das Alltagsgeschehen aber
ist weitgehend unter Aufsicht der Local Education Authorities (LEA). Halls beschreibt
die Verwaltungsstrukturen daher als „national, but locally administered“.321 In
Schottland, Wales und Nordirland erfolgt die Administration in ähnlicher Form durch ein
entsprechendes Education Office, das für alle Bildungseinrichtungen mit Ausnahme der
Universitäten verantwortlich ist.
Als ein bedeutsames Ereignis der britischen Bildungsgeschichte, von dem das
Bildungswesen bis heute geprägt ist, ist außerdem die Einführung eines nationalen
Curriculums hervorzuheben. Dies erfolgt 1988 durch den Educational Reform Act in
England und Wales.322 Der Reform Act stellt einen Abschied von der Bildungspolitik seit
1944, während der die Verantwortung für das Curriculum bei den LEAs und den Schulen
lag, dar. Mit dem nationalen Curriculum wird ein bestimmter Kanon von Kernfächern
festgelegt, wodurch zugleich allen Kindern eine breitflächige Bildung ermöglicht und
einer frühen Spezialisierung entgegengewirkt werden soll. Der Haupteffekt ist, dass die
Macht der LEAs, die zuvor das Curriculum direkt kontrollieren konnten, gebrochen
wird.323
Durch das nationale Curriculum wird wegen der Betonung von Kernfächern auch die
zentrale Basis zu Schulvergleichen geschaffen.324 Es werden nationale Tests bei Schülern
im Alter von 7, 11, 14 und 16 Jahren eingeführt und seit 1992 sind diese in Mathematik
und Naturwissenschaft Pflicht.325 In den Folgejahren werden dann noch weitere Fächer in
die Tests eingebunden. Die Ergebnisse dieser Tests werden veröffentlicht, so dass Eltern,
Lehrer und Schüler sehen können, welche Schulen erfolgreich sind. Nach dem Test im
Alter von 16 Jahren erhält man das General Certificate of Secondary Education. Dieses
wird 1988 in England, Wales und Nordirland eingeführt.326 Wenn Schüler danach noch
320 Halls (1994), S.6517. 321 Halls (1994), S.6518. 322 Ebd., S.6520. 323 Ebd., S.6520: In Schottland existiert kein solches Curriculum. In Nordirland folgt das Curriculum weitgehend dem in England und Wales, wobei Nordirland aber das selektive Schulsystem beibehalten hat. 324 Aldrich (1994), S.53. 325 Halls (1994), S.6520. 326 Aldcroft (1992): Education, Training and Economic Performance. 1944 to 1990. Manchester, S.46.
Kapitel 5: Reaktionen im Vereinigten Königreich 82
weiterhin die Schule fortführen, können sie zwei Jahre später ein General Certificate of
Education Advanced Level machen.
Eine zweite wesentliche Reform durch den Educational Refom Act von 1988 ist die
Einführung eines Systems von Schulmanagement unter dem Namen „Local Management
of Schools.“ Jede Schule erhält ein festes Budget, das auch von der Schülerzahl an der
jeweiligen Schule abhängt.327 Dieser Teil des Reform Act führt zu einer Schwächung der
lokalen Schulbehörde, was einerseits mehr Gestaltungsspielraum für die einzelnen
Schulen, andererseits einen Transfer der Macht an die Zentralregierung, das Education
Secretary, bewirkt.328
Die aktuelle Regierung unter Tony Blair hat auf diesen wesentlichen Reformen
aufbauend eine Literacy-Strategie gestartet. Diese Strategie stellt eine Maßnahme dar,
durch die die Grundfertigkeiten in Lesen, Schreiben und Rechnen gestärkt werden
sollen.329 Zunächst gilt sie nur für die Grundschule, dann wird sie auch auf die
Sekundarschule ausgeweitet. Die Literacy-Strategie soll quer durch alle Fächer
praktiziert werden und Schüler wie Lehrer zu erhöhter Motivation und
Leistungsbereitschaft veranlassen. Durch nationale Tests wird dann überprüft, ob eine
Leistungssteigerung eingetreten ist.
Mit diesen Darlegungen sind die relevanten Momente des Bildungssystems in UK
zusammengefasst. Bezüglich der internationalen Ausrichtung der Forschung kann für den
angelsächsischen Raum dann festgehalten werden, dass man schon früh damit begonnen
hat, sich auf andere Staaten zu beziehen. Diese internationale Bezugsetzung hat gerade in
England eine lange Tradition.330 Im 19. Jahrhundert bietet Deutschland, danach die USA,
seit dem 2. Weltkrieg wiederum Deutschland und seit neuerem die asiatischen Staaten,
Anlässe für Vergleiche.331 Bis etwa 1985 gilt Deutschland in England noch als das
Vorbild schlechthin.332 Prais und Wagner stellen fest, dass im Alter von 16 Jahren nur ein
Viertel der britischen Schüler den Standard erreicht, den in Deutschland mehr als die
Hälfte derselben Alterskohorte hat.333 1993 kommen Green und Steedman zu einem
ähnlichen Ergebnis: britische 16- bis 18-Jährige würden hinter ihren Altersgenossen aus
327 Chitty (1992): The Education System transformed. A guide to the school reforms. Manchester, S.37. 328 Gonon (1998), S.336. 329 Barton (11.12.01): A new chapter. In: Guardian. 330 Gonon (1998), S.96 und S.320. Vgl. auch: Philipps (1992): Lessons of Cross-National Comparison in Education. Oxford Studies in Comparative Education. Wallington, S.8f. 331 Gonon (1998), S.389. 332 Aldrich (1994), S.52. 333 Prais/Wagner (1985): Schooling standards in England and Germany. Some summary comparisons bearing on economic performance. In: National Institute Economic Review Nr.112, S.62.
Kapitel 5: Reaktionen im Vereinigten Königreich 83
Frankreich, Deutschland und Japan zurückfallen.334 Das englische Bildungssystem selbst
wird vielfach kritisiert und durch die internationalen Vergleiche, in denen England nie
gute Ergebnisse erhält, sieht man sich in dieser Kritik bestätigt.
„England represents the most exceptional case of educational development. Of all the
countries considered it had the greatest accumulation of unsolved educational
problems.”335
Erst durch die internationalen Bezüge werde deutlich, dass England höhere Leistungen
im Bildungsbereich benötige, um den „world standards“336 gerecht zu werden.
Die Angst davor, der wirtschaftlichen Konkurrenz anderer Länder zu unterliegen,
beflügelt also Vergleiche im Bildungsbereich.337 Der Bezug zu anderen
Bildungssystemen wird genutzt, um zu erkennen, wie es um die eigene Wirtschaft und
die Situation im Bildungsbereich bestellt ist. Der internationale Vergleich dient dann
dazu, einen Reformdruck für das englische Bildungswesen zu erzeugen und den
Rückstand, in dem man sich sieht, wettzumachen.338 Dies intendieren die Reformen der
80er Jahre bis hin zu den heutigen unter der Blair-Regierung.
5.2 Haltungen im Vorfeld von PISA
In UK beschäftigt man sich im Vorfeld von PISA nur wenig mit der Studie. Dies kann
damit zusammenhängen, dass in UK oft Vergleichstests sowohl nationaler als auch
internationaler Ausrichtung durchgeführt werden, so dass PISA kein außergewöhnliches
Ereignis darstellt. Innerhalb der untersuchten Zeitungen werden auch nur in einem
Artikel konkrete Erwartungen an PISA formuliert.
Dieser Artikel zum Thema PISA-Studie findet sich im Guardian.339 Prof. Wynne Harlen
von der Universität Bristol erwartet, dass es durch PISA viel für die Universitäten zu
lernen gebe, so zum Beispiel, ob Schüler Informationen von Quellen wie Internet,
Medien oder Museen aufnehmen würden, Quellen, die sich also nicht direkt auf die
Schule beziehen.
334 Green/Steedman (1993): Educational achievement in Britain, France, Germany and Japan: a comparative analysis. London, S.36-44. 335 Green (1992): Education and State Formation. The Rise of Education Systems in England, France and the USA. London, S.312. 336 Walton (1994): After „Learning Succeed“. In: National Commission on Education Briefing New Series 1, S.2. 337 Gonon (1998), S.398. 338 Ebd., S.326. 339 O. Angabe (05.09.01): News in brief: Science classes tested. In: Guardian.
Kapitel 5: Reaktionen im Vereinigten Königreich 84
Dies wird in PISA insofern überprüft, als dass in einem Zusatzfragebogen nach den
familiären Hintergründen und dem „kulturellen Kapital“ in der Familie gefragt wird.
Darin einbeschlossen sind Fragen wie zum Beispiel, wie oft man mit den Eltern ins
Theater oder ins Museum geht, wie viel klassische Literatur zu Hause zur Verfügung
steht etc.340 Es wird dadurch, dass diese Daten mit den Ergebnissen der schulischen
Leistungen verglichen werden, überprüft, wie groß der Einfluss des kulturellen Kapitals
auf schulische Leistungen sein kann.
Prof. Harlen vermutet, dass die Ergebnisse hierzu entsprechend den informellen
Zugangsmöglichkeiten zu solchen Quellen von Staat zu Staat variieren würden. Wenn
PISA hier nähere Ergebnisse erbringen würde, könne man versuchen, im
Schulcurriculum die Einflüsse dieser Quellen mehr zu beachten.
Das Interesse, das hier an PISA geäußert wird, ist also rein wissenschaftlicher Natur.
Bedenken gegen PISA und Vergleichstests im Allgemeinen oder ein mediales Spiel mit
den Ängsten der Bevölkerung, wie dies in Deutschland zu beobachten ist, finden sich in
UK nicht. Dies mag damit zusammenhängen, dass UK neben seiner langen Tradition von
empirischer Vergleichsforschung zusätzlich in internationalen Vergleichen nie sonderlich
gute Ergebnisse erzielt hat.341
„Yet many of us who have worked in the education service have grown up
believing that our education system trails behind those in France, Germany and
elsewhere. Reports from Victorian times onwards have drawn attention to our
comparative failings. So deep had the message been drilled into our psyche by the 1990s,
that we came to believe it would always be true.”342
Man erwartet demnach vielleicht ein eher schwaches oder mittelmäßiges Ergebnis auch
bei PISA. Da dies für UK keine besondere Neuigkeit wäre, haben sich die Medien im
Vorfeld kaum mit PISA beschäftigt. Es herrscht somit eine eher gelassene Grundhaltung
gegenüber PISA.
Dass man mit einer guten Platzierung nicht gerechnet hat, lässt sich dann auch daran
erkennen, dass nach der Veröffentlichung der PISA-Ergebnisse viele zunächst mit
Verwunderung und Ungläubigkeit auf das gute Ergebnis reagieren.343 Nur ein Jahr zuvor
hat UK nämlich bei einem OECD-Test in der Überprüfung der Lesefähigkeit einen Platz
340 OECD (2003a), S.169f. 341 Vgl.: Kapitel: Grundzüge des Bildungswesens in UK, S.82f. 342 Barber (07.12.01): Pupils will never have had it so good. In: Times. 343 Barber (07.12.01), In: Times; Vgl. außerdem: Baker (08.12.01): Are our students really this bright? In: BBC; Vgl.: McRae (05.12.01): Some good news: we’re better than we thought at educating our children. In:
Kapitel 5: Reaktionen im Vereinigten Königreich 85
in der unteren Hälfte erhalten, in Mathematik sind die Ergebnisse noch schlechter
gewesen als beim Lesen. Nur in den Naturwissenschaften hatte UK einigermaßen gute
Resultate, doch es wurde vermutet, dass die Naturwissenschaften von den anderen
Ländern in den getesteten Gruppen nicht so ernst genommen wurden.344
Bei PISA wird es augenscheinlich, dass die Ergebnisse für UK diesmal besser sind, als
die OECD ankündigt, dass Estelle Morris, die Education Secretary von England, der
Londoner Pressekonferenz, bei der die PISA-Resultate veröffentlicht werden, beiwohnt.
Die Amtsvorgänger von Morris sind bei früheren Veröffentlichungen von Ergebnissen
internationaler Vergleichsstudien nie dabei gewesen.
Die Times schreibt, dass insgesamt nur wenige in UK diesen Umschwung in den
schulischen Leistungen vermutet hätten. Demzufolge sei die positive Überraschung groß
gewesen.345
Es ist also davon auszugehen, dass die Haltung in UK gegenüber PISA im Vorfeld eher
durch die Ahnung geprägt ist, ein mittleres bis schlechtes Ergebnis zu erhalten, vielleicht
auch durch ein Stückweit an Gleichgültigkeit oder Gelassenheit, da es ein hinlänglich
bekanntes Thema für UK ist, in internationalen Vergleichsstudien im unteren Mittelmaß
zu liegen.
5.3 Urteile über PISA
In UK finden sich nach der Veröffentlichung der PISA-Ergebnisse hauptsächlich positive
Urteile zu der Studie. Eine kritische Haltung ist nur sehr vereinzelt anzutreffen.
5.3.1 “PISA is the most thorough study ever done”
Die positiven Urteile zu PISA hängen mit der Erwartungshaltung im Vorfeld zusammen.
Man hat nicht damit gerechnet, ein besonders gutes Ergebnis zu erhalten und daher wird
vielfach Verwunderung und Unglauben geäußert. Es wird gefragt, ob man die Studie
ernst nehmen könne, ob also die Ergebnisse stimmen oder ob alles nur Zufall gewesen
sei.346
Independent; Vgl.: O’Leary (06.12.01): Are we not such dunces after all? A British success in OECD tests. In: Times. 344 O’Leary (6.12.01): In: Times. 345 Ebd. 346 Baker (08.12.01), In: BBC.
Kapitel 5: Reaktionen im Vereinigten Königreich 86
Die BBC gibt darauf die Antwort, dass es kein Zufall gewesen sei. 347 PISA habe eine
große Auswahl an Schülern getestet, mehr als 10 000 in UK und über eine Viertel
Million in den 32 teilgenommenen Staaten. Diese Auswahl sei eine so große Stichprobe,
dass ein Zufall ausgeschlossen werden könne.
Der Independent urteilt auf die Frage nach der Validität der PISA-Ergebnisse: „All one
can say to that is that this is the most thorough study ever done on the subject.“348 Es
wird argumentiert, dass die Länder, die keine guten Resultate bei PISA hatten, etwaige
Fehler an der Studie bereits entdeckt hätten. Wenn man nämlich höre, dass das eigene
Bildungssystem nicht gut sei, wolle man vor der Veröffentlichung solcher Informationen
wissen, ob die Studie und die Ergebnisse korrekt seien. Da von anderen Ländern keine
methodischen Mängel an PISA festgestellt worden seien, schlussfolgert der Independent,
dass die Ergebnisse also stimmen müssten.
Der Independent stellt aber noch weitere Überlegungen zur Validität von PISA an: So
wird zum Beispiel vermutet, dass die Sprache des jeweiligen Landes die Ergebnisse
verfälscht habe. Dies wird aber direkt widerlegt. Es heißt zunächst, dass
englischsprachige Länder verglichen mit nicht-englischsprachigen Länder relativ gute
Ergebnisse in der Disziplin „Lesen“ hätten.349 Alle Tests seien zwar in der Landessprache
durchgeführt worden, aber die Ergebnisse könnten damit zusammenhängen, dass in
anderen Sprachen weniger gern gelesen werde.
PISA stellt hierzu fest, dass mehr als 40% der Deutschen und Österreicher und sogar
55% der Japaner nie zum Vergnügen lesen. In UK liegt diese Zahl dagegen bei 29%.350
Der Independent meint, dass, da die Zahl der Schüler, die nicht gerne lesen in UK
geringer sei, dies zwar das gute Ergebnis in der Lesekompetenz bei PISA erklären könne.
Der Faktor „Spaß an der Sprache bzw. am Lesen“ könne aber nicht erklären, warum
englischsprachige Länder auch besser in Mathematik und in den Naturwissenschaften
seien, daher verfälsche der Einfluss der englischen Sprache die Ergebnisse nicht. Aus
diesen Überlegungen wird somit der positive Umkehrschluss gezogen „So let’s assume
the figures are right.”351
Auch die Times beurteilt PISA insgesamt sehr positiv. Ziel von PISA sei es, einen
Vergleich von Bildungsergebnissen in einer aussagekräftigeren Art als in früheren
347 Ebd. 348 McRae (05.12.01), In: Independent. 349 Australien, Neuseeland, Kanada, Irland, UK sind alle nahe der Spitze, die USA liegt immerhin noch im Durchschnitt. Vgl.: OECD (2003a), S.76. 350 OECD Executive Summary: Knowledge and Skills for Life. First results from PISA 2000, S.15. 351 McRae (05.12.01), In: Independent.
Kapitel 5: Reaktionen im Vereinigten Königreich 87
Studien zu gewährleisten. PISA wird dementsprechend beschrieben als “the most
sophisticated and reliable set of international comparisons ever undertaken.“352 Viele
Leute hätten zwar auf die Studie zunächst mit Ungläubigkeit reagiert, was den in der
Gesellschaft verwurzelten Minderwertigkeitskomplex in Bezug auf das Bildungssystem
widerspiegele, aber dies ändere nichts daran, dass die Ergebnisse durchaus verlässlich
seien.
5.3.2 Vereinzelte Kritik
Kritische Stimmen zu PISA findet man in den Zeitungen insgesamt nur sehr wenige.
Dies mag mit dem guten Ergebnis von UK zusammenhängen. Dennoch kommt die für
die OECD bedeutsamste Kritik353 aus UK, von Prof. Sig John Prais.354 Diese Kritik wird
aber nicht in den untersuchten Zeitungsartikeln veröffentlicht, insofern wird sie für diese
Analyse nicht verwendet.
Prof. Prais wird nur einmal in der Times zitiert.355 Prais gibt hier an, dass zum ersten eine
geringe Antwortrate bzw. Teilnahme von Schulen an PISA die Ergebnisse in UK
beeinflusst haben könnte. In UK liegt die Rückmelderate der Schulen nur bei 61%
verglichen mit vielen anderen Ländern, wo die Rate bei 80% liegt. Zum zweiten
entspricht nach Prais das Leistungsprofil der Schulen, die an PISA teilgenommen haben,
nicht dem Profil aller Schulen in UK. Es hätten weniger schwache Schulen
teilgenommen und dadurch sei das Ergebnis verzerrt.
Auf diese kritische Bemerkung von Prais folgt in der TES eine Stellungnahme von
Andreas Schleicher, dem OECD-Chefkoordinator von PISA.356 Andreas Schleicher
bezieht sich auf die Aussage von Prais, dass die Ergebnisse von UK davon beeinflusst
worden seien, dass nur wenige Schulen teilgenommen hätten, davon wiederum wenige
schwache und widerspricht diesen Behauptungen. UK habe zwar eine geringere
Antwortrate der Schulen als der Durchschnitt der Länder, aber gerade daher sei sehr
352 Barker (07.12.01), In: Times. 353 Dass es sich bei dem Beitrag von Prais um eine beachtete Kritik handelt, hat Andreas Schleicher auf Nachfragen hin derart angegeben. 354 Näheres zu der Kritik: Vgl. Prais (2003): Cautions on OECD’s recent educational survey. In: Oxford Review of Education. 29/2, S.139-163: Prais kritisiert die Validität von PISA in vier Punkten: 1. Die Fragen von PISA sind nicht am Curriculum orientiert, daher sind die Ergebnisse nutzlos für die Bildungspolitik. 2. Die Ergebnisse sind nicht repräsentativ: berufstätige 15-Jährige wurden nicht getestet. 3. Länder, die später einschulen, sind benachteiligt, weil die 15-Jährigen in diesen Ländern weniger Lernzeit hatten als anderswo. 4. In manchen Staaten ist die Teilnahmerate von Schulen an PISA nur gering. Auf diese Kritik hat die OECD reagiert in ihrem Beitrag: Adams, Raymond J. (2003): Response to “Cautions on OECD`s Recent Educational Survey”(PISA). In: Oxford Review of Education, Vol 29/.3, S. 377-391: Adams widerlegt die Einwände von Prais durch empirische Daten und wirft ihm Voreingenommenheit und mangelndes Verständnis für PISA vor. 355 Slater (07.12.01a): Shocking news – we are doing OK. In: Times. 356 Schleicher (21.12.01): Thorough review of English figure. In: TES.
Kapitel 5: Reaktionen im Vereinigten Königreich 88
genau geprüft worden, welche Schulen geantwortet hätten und es sei festgestellt worden,
dass das Profil der teilgenommenen Schulen statistisch nicht signifikant unterschiedlich
von dem aller Schulen in UK sei. Eine internationale Expertengruppe, die hierfür von der
OECD zusammengestellt worden sei, bescheinige, dass die niedrige Antwortquote in UK
das Ergebnis bei PISA nicht beeinflusse. PISA habe insgesamt höhere Ansprüche an die
Rückmeldungen als jede frühere Untersuchung und Länder, die diese Ansprüche nicht
erfüllt hätten, wie die Niederlande, seien von der Veröffentlichung der Ergebnisse
ausgeschlossen worden.
So wird auf die Kritik von Prais von Seiten der OECD also unmittelbar reagiert.
Die Medienvertreter an sich haben keine kritischen Worte für PISA. In der TES findet
sich lediglich der Beitrag eines Lesers, der ebenfalls die Ergebnisse anzweifelt.357 Das
Hauptargument ist hier, dass dieselben Schüler, die als 15-Jährige bei PISA zu den
Besten gehören, im Alter von 11 Jahren sehr schlechte Leistungen bei den nationalen
Tests erbracht hätten. Die Ergebnisse der nationalen Tests würden daher nicht mit PISA
zusammen passen. Für den Autor ist dies ein Beleg dafür, dass internationale Vergleiche
so sehr von kulturellen Faktoren beeinflusst werden, dass sie wertlos sind.
Trotz dieser vereinzelten Kritik wird PISA in der Medienberichterstattung in UK also
insgesamt sehr positiv dargestellt. Da man ein gutes Ergebnis erreicht hat, haben die
Medien auch kein Interesse daran, die Studie und somit die eigenen Leistungen schlecht
zu machen. Auffallend ist hierbei, dass ein Misstrauen der Bevölkerung gegenüber den
Ergebnissen von PISA trotz der positiven Beurteilung durch die Medien bis in den dritten
Untersuchungszeitraum hinein bestehen bleibt.358
5.4 Die globale Perspektive
Die globale Perspektive, die den Verweis auf andere Länder im Zuge der PISA-
Diskussion meint, ist auch in UK deutlich vorhanden. Sie zeigt sich bei der Darstellung
der Ergebnisse von PISA wie auch in der weiteren Reformdiskussion. In UK wird die
globale Perspektive sowohl genutzt, um zu zeigen, dass bestimmte Länder kein
Argument für Reformen mehr sind als auch, um in bestimmten Teilbereichen von den
PISA-Siegern noch zu lernen.
357 Richards (14.12.01): International Tests – letters extra. In: TES. 358 Im dritten Untersuchungszeitraum wird immer noch über Misstrauen in der Bevölkerung bezüglich der PISA-Ergebnisse geklagt. Vgl. hierzu: St John-Brooks (25.10.02): The unbelievable story of British success. In: TES.
Kapitel 5: Reaktionen im Vereinigten Königreich 89
5.4.1 Die globale Perspektive in der Ergebnisdarstellung von PISA
Die Darstellung der Ergebnisse in UK weist eine sehr starke globale Perspektive auf, die
in fast allen Artikeln, in denen auf die Ergebnisse von PISA eingegangen wird, zu finden
ist. Solche Artikel werden meist eingeleitet durch Lobsagungen an die britischen Schüler:
„British pupils have been transformed from global dunces into world-beaters“.359 UK
habe besser als viele andere Länder bei PISA abgeschnitten. „Pupils in the United
Kingdom are performing better than most of their counterparts in developed
countries.”360 Es wird dann Bezug genommen auf die jeweils besten in den drei
untersuchten Gebieten: Die Finnen seien die Besten im Lesen, die Japaner die Besten in
Mathematik, die Koreaner die Besten in den Naturwissenschaften. Obwohl bei der
Ergebnisdarstellung also Bezug auf diese Siegerländer von PISA genommen wird, wird
dennoch sehr die Leistung von UK selbst hervorgehoben: Unter den europäischen
Staaten lägen nur Finnland und Irland im Lesen über UK, in Mathematik nur Finnland
und die Schweiz, und bei den Naturwissenschaften nur Finnland.361
Als besonders erfreulich wird von den britischen Zeitungen außerdem das bessere
Ergebnis UK’s im Vergleich zu Deutschland und den USA hervorgehoben.362 Es wird
gesagt, dass Deutschland unter dem Durchschnitt in allen drei untersuchten Fächern liegt
und dass Schüler in den USA in allen drei Fächern ungefähr den Durchschnitt erreichen.
Dies sei für die USA als ein Staat, der die wirtschaftliche Weltmacht repräsentiere, aber
insgesamt zu durchschnittlich.363
Neben diesen positiven Nachrichten werden auch die Ergebnisse im globalen
Zusammenhang dargestellt, die für UK nicht so gut sind. Der Independent schreibt hierzu
zum Beispiel, dass PISA zwar die Schüler aus UK zur Weltspitze erklärt habe, dass aber
gleichzeitig eine große Lücke zwischen den Leistungen von reichen und armen Schülern
festgestellt worden sei.364 So kombiniere die Studie Lob für UK’s Bildungssystem mit
einer Warnung hinsichtlich der Tatsache, dass es immer noch eine Spaltung im
Bildungssystem gebe. In der globalen Perspektive gesehen hätten nur fünf Länder eine
größere Spaltung zwischen den Leistungen von Kindern aus privilegierten Schichten und
359 O’Leary (06.12.01), In: Times. 360 O. Angabe (04.12.01a): UK pupils’ international success. In: BBC. 361 Ebd. 362 Vgl. zum Beispiel: Barber (07.12.01), In: Times; Vgl.: Garner (04.12.01): British pupils score high marks in global league. In: Independent. 363 Baker (08.12.01), In: BBC. 364 Garner (04.12.01), In: Independent; Auch im „Guardian“ wird auf das Thema eingegangen, dass es einen relativ großen Zusammenhang zwischen Leistung und sozialer Herkunft in UK gibt. Vgl. Smithers (04.12.01): UK pupils move to the top of world class, survey shows. In: Guardian.
Kapitel 5: Reaktionen im Vereinigten Königreich 90
solchen aus unterprivilegierten. Diese Länder seien Tschechien, Belgien, Luxemburg,
Deutschland und die Schweiz.
In einem weiteren Artikel des Independent heißt es, dass UK in Bezug auf den familiären
Hintergrund eine große Kluft habe. Diese Kritik wird allerdings mit dem Hinweis
abgeschwächt, dass die Kluft in UK nicht so groß sei wie in Deutschland.365 Außerdem
lägen die Kinder in UK aus den unteren Schichten nur etwas unter dem internationalen
Durchschnitt und die Kinder aus den oberen Schichten gehörten zu der Spitze in der
Welt. Das höchste Niveau beim PISA-Lesetest, das Leselevel 5, wird in UK nämlich von
16% der Schüler erreicht, dies wird nur von Kanada übertroffen.366
Die TES betont weiterhin, dass UK bei PISA sehr gut abgeschnitten habe, trotz großen
Problemen mit Lehrermangel.367 Sie schreibt, dass dieses Problem des Lehrermangels
nur in Mexiko und Griechenland größer sei, dort habe es aber nicht so viel Einfluss auf
die Schülerleistungen. In UK dagegen sei der Einfluss zweimal so hoch wie im OECD-
Durchschnitt aller Länder. In der Times heißt es, dieser Einfluss werde von den
Schulleitern so stark wie sonst nirgendwo in Europa wahrgenommen.368
Es wird auch zwischen Nordirland und England differenziert. 5% der Schüler
Nordirlands liegen unter dem niedrigsten Level im Lesen. Dies sei ein schlechteres
Ergebnis als für die Schüler in England, wo nur 4% unter diesem Level liegen oder die
der irischen Republik, wo sich 3% in diesem Bereich bewegen.369 Die BBC schreibt
speziell auf Nordirland bezogen, dass es eines der Länder mit den größten Unterschieden
zwischen den sehr guten und den sehr schlechten Schülern sei. Dies wird auch im
Independent und im Guardian für gesamt UK festgestellt.370
Für die Ergebnisdarstellung gilt somit, dass auf die PISA-Besten verwiesen wird,
dass aber auch sehr stark auf Länder verwiesen wird, die schlechter sind. Außerdem
werden die Ergebnisse besonders betont, die, ob in positiver oder negativer Hinsicht,
aufsehenserregend sind. Die Drastik der entsprechenden Ergebnisse wird dann dadurch
hervorgehoben, dass man sich mit anderen Ländern, die besser oder schlechter sind,
vergleicht.
365 McRae (05.12.01), In: Independent. 366 Smithers (04.12.01), In: Guardian. 367 O. Angabe (07.12.01c): Cheers would be premature. In: TES; Vgl. Auch: Slater (07.12.01b): UK surpasses Germany, Italy, France and US. In: TES. 368 Slater (07.12.01a), In: Times. 369 O. Angabe (04.12.01b): Survey reveals school literacy levels. In: BBC. 370 Vgl.: Garner (04.12.01), In: Independent; Vgl.: Smithers (04.12.01), In: Guardian.
Kapitel 5: Reaktionen im Vereinigten Königreich 91
5.4.2 Die globale Perspektive in der Reformdiskussion
Bei der Reformdiskussion wird wie in der Ergebnisdarstellung auf schwächere Länder
und auf bessere verwiesen. Das Ausland wird als Argument in der Form genutzt, dass
man schwache Länder, die einmal ein Vorbild waren, abschütteln will. Die PISA-
Siegerländer hingegen gelten noch als Argumente in der Diskussion, wenn auch nicht
unumschränkt.
Das Ausland als Argument gegen Reformen
In UK wird sehr stark auf Länder eingegangen, die bei PISA schwächer sind. Am
allerhäufigsten wird hierbei auf Deutschland verwiesen.
Zunächst wird Deutschland immer wieder bei der Ergebnisdarstellung benannt und dann
finden sich auch Artikel, die sich nur mit Deutschland beschäftigen. Auf Deutschland
wird mehr als auf irgendein anderes Land verwiesen, auch mehr als auf die Länder, die
die PISA-Besten sind, was damit zusammenhängen mag, dass Deutschland in der
Bildungspolitik lange Zeit ein Vorbild für UK gewesen ist.371 Dies hat sich nun in der
Medienberichterstattung umgekehrt: Die Ergebnisse von PISA werden genutzt, um zu
zeigen, dass Deutschland für UK kein Vorbild mehr zu sein braucht. Daher berichtet man
wohl im Vergleich zum übrigen Ausland überproportional viel von den deutschen
Reaktionen auf PISA.
Deutschland müsse sich wundern, was passiert sei. „Being above Germany in the
education league table might not be as much fun as beating them at football, but it could
prove more important for the UK in the long run.” schreibt die Times erfreut hierzu.372
Als Ursache für Deutschlands schlechtes Ergebnis bei PISA wird von der Times
geäußert, dass benachteiligte Kinder aus Ostdeutschland und Migrantenkinder von dem
System nicht richtig aufgefangen werden konnten.373 Auch die TES bezieht sich auf
dieses Thema. PISA habe gezeigt, dass Migrantenschüler in Deutschland schlechtere
Leistungen als Migranten in anderen Ländern erbringen würden.374 Deutschlands großer
Anteil von schwachen Schülern sei also zum Teil auf die schwachen Leistungen von
Migrantenkindern zurückzuführen. Es werden Lehrer aus dem Stadtteil Neukölln in
Berlin zitiert, die angeben, dass Migrantenkinder keine verbal mathematischen Aufgaben
lösen können, weil sie die Fragen gar nicht verstünden.375 In bestimmten Schulen in
371 O’Leary/Owen (04.12.01): UK pupils near top of the world league. In: Times. 372 Slater (07.12.01a), In: Times. 373 Ebd. 374 Sharma (28.12.01): Long tail of failure. In: TES: 375 Ebd.
Kapitel 5: Reaktionen im Vereinigten Königreich 92
Neukölln seien in einer Klasse bis zu 55% Ausländer, sogar die dritte oder vierte
Generation der Einwanderer spreche ein ganz schlechtes Deutsch, zum Teil schlechter als
die Eltern, so ein Neuköllner Schulleiter. Jeder vierte Schüler mit ausländischen Eltern
verlasse zudem die Schule ohne Abschluss in Deutschland.
Die TES stellt hierzu fest, dass es Deutschland also nicht gelungen sei, seinen
Einwanderern ausreichende deutsche Sprachkenntnisse zu vermitteln, damit sie am
gesellschaftlichen Leben teilhaben könnten.
Der Independent schlägt einen harscheren Tonfall gegenüber Deutschland an:
Deutschland beschäftige sich nur mit sich. Die Deutschen hätten eine Art „national
inquest“376 angeordnet, als sie von den PISA- Ergebnissen hörten. Das Urteil des
Independent zu Deutschland ist, dass das deutsche Bildungssystem einfach nicht habe
Schritt halten können mit der Zeit. UK stehe nun weit über Deutschland.
In dieser Form der Berichterstattung zeigt sich also, dass ein ehemaliges Vorbild
nun abgeschüttelt wird. Die Schwächen von Deutschland werden daher aufgedeckt. So
soll gezeigt werden, dass das Ausland, in diesem speziellen Fall Deutschland, kein
Argument für die bildungspolitische Situation in UK mehr sein kann. Hierfür gelten die
Ergebnisse von PISA als Beleg.
Das Ausland als Argument für Reformen
Die PISA-Ersten werden aber noch als Argumente für Besserungen im britischen System
aufgegriffen. Allerdings findet sich für keinen Staat unumschränktes Lob, sondern es
werden nur bestimmte Teilbereiche aus den Bildungssystemen der Siegerstaaten betont.
Die BBC und die TES nennen hier Länder, an denen man sich ein konkretes Beispiel
nehmen könne: Die BBC urteilt zunächst, dass man keine schnellen Schlüsse aus PISA
ziehen könne, aber PISA zeige, welche Bereiche man beachten müsse, wenn man von
anderen Ländern lernen wolle.377 Korea und Japan hätten andere Aspekte ihres Systems,
die ihren Erfolg erklären könnten, beispielsweise das große Bedürfnis nach Bildung in
diesen Gesellschaften sowie die große Disziplin und das harte Arbeiten der Schüler. Als
Folge solle man versuchen das beste aus allen Systemen herauszufiltern und dies dann
zusammenzustellen. Bei all den Ländern, die besser seien, solle man herausfinden, wie
sie das geschafft hätten. „If we could teach reading as it is done in Finland, maths as the
376 Dejevsky (11.12.01): Germany is out of date (and I say it with only a little Schadenfreude). In: Independent. 377 Baker (08.12.01), In: BBC.
Kapitel 5: Reaktionen im Vereinigten Königreich 93
Japanese do, and science in the Korean way, we would win the next educational World
Cup.”378
Die TES betont Finnland und Korea als neue Vorbilder, weil diese Länder die einzigen
sind, die in allen drei Fächern bessere Ergebnisse als UK haben.379 Finnland und Korea
hätten aber einige Vorteile gehabt, wie beispielsweise die geringere Zahl an
Einwanderern, welche in Finnland sogar nur 1% betrage. Viele Länder mit einer großen
Zahl von Einwanderern seien dagegen bei PISA nicht so gut gewesen. Ein weiterer
Vorteil insbesondere von Finnland sei die Sprache gewesen. Prof. Sig Prais beschreibt
die finnische Sprache als „most phonetic of all languages and easy for children to
learn“380 Finnische Kinder neigten dazu, früher lesen zu lernen und weil die Sprache
leichter zu erlernen sei, wären die frühen Unterschiede, die UK und viele andere Länder
teilten, nicht vorhanden.
Beide Länder, Finnland und Korea, haben nach der TES außerdem einen größeren
Respekt vor Bildung. Koreas Bildungsminister sage, dass ihr Ergebnis dank der Haltung
von Schülern und Eltern, für die Bildung sehr wichtig sei, so erreicht worden wäre.381
Es wird auch darauf verwiesen, dass Finnland und Korea einen sehr unterschiedlichen
Zugang zu Bildung haben. Finnland habe traditionsgemäß einen flexibleren Lehrplan als
Korea, wodurch es den Lehrer ermöglicht werde, auf bestimmte Schwächen der Schüler
eingehen zu können. Koreas Erfolg dagegen möge an deren langem Schuljahr hängen,
durch das Schüler mehr Zeit zum Lernen hätten. Prof. Reynolds von der Universität
Exeter gibt an, dass die Lehrer in Korea zudem sehr fähig seien, weil sie immer auf den
neuesten Stand gebracht würden. Dies sei in UK bisher nicht erfolgt. Der Erfolg in
beiden Ländern habe zusätzlich etwas mit der dortigen Politik zu tun: „Both countries
use a blend of teaching methods. They are pragmatic rather than ideologically driven as
we have been in the UK“.382 Und beide, Finnland und Korea, hätten eine starke
Zustimmung zu ihren integrativen Systemen. Chancengleichheit sei zentral für den
Erfolg beider Länder, was sich daran zeige, dass die Lücke der Leistungen zwischen
reichen und armen Schülern in Korea bei PISA nur ein Drittel und in Finnland nur die
Hälfte von der in UK betrage. Die TES folgert, dass die Politiker in UK, wenn das Level
von Finnland und Korea erreicht werden wolle, noch einiges in Bewegung setzen
müssten.
378 Baker (08.12.01), In: BBC. 379 Slater (14.12.01): Cultures in a class of their own. In: TES. 380 Ebd. 381 Slater (14.12.01), In : TES. 382 Ebd.
Kapitel 5: Reaktionen im Vereinigten Königreich 94
Abgeschwächt wird das Lob für die PISA-Sieger aber dadurch, dass es heißt, man könne
weder Finnland noch Korea als ein absolutes Vorbild ansehen. „It would be wrong to
portray either Korea or Finland as some kind of educational paradise, however.“383
In der Reformdiskussion tritt die globale Perspektive also zunächst auf, wenn man
schwache Länder betrachtet. Hier ist Deutschland das prototypische Beispiel, da es früher
als Vorbild gegolten hat und nach den neusten Ergebnissen hinter UK zurückgefallen ist.
Deutschlands Probleme werden daher aufgezeigt. Dann tritt die globale Perspektive auf,
indem man sich mit den PISA-Besten beschäftigt und zu erörtern sucht, warum diese
Länder so erfolgreich sind. Ein unumschränktes Lob, wie dies in Deutschland für die
skandinavischen Länder der Fall ist, findet sich bei UK für die PISA-Sieger aber nicht,
stattdessen werden bestimmte Bereiche der Bildungssysteme dieser Länder als vorteilhaft
herausgestellt und so als Argument für Reformen genutzt.
5.5 Kernthemen im unmittelbaren Diskurs nach PISA
Nach der Veröffentlichung von PISA werden neben dem Urteil über PISA und dem
Verweis auf andere Länder zwei große Diskursthemen identifiziert. Bei dem ersten
Thema geht es um mögliche Erklärungen für das PISA-Ergebnis, bei dem zweiten um
Folgerungen aus PISA. Es zeigt sich keine solch große Anzahl an Disputen wie in
Deutschland, das hängt aber damit zusammen, dass in UK in diesem
Untersuchungszeitraum nur circa zwanzig Artikel zu PISA erschienen sind. Man
konzentriert sich auch nicht derartig stark auf Reformfelder wie in Deutschland, daher
kann die Reformperspektive hier als weniger ausgeprägt bezeichnet werden. Der Blick
wird in die Vergangenheit gerichtet, indem die Gründe für das PISA-Ergebnis erörtert
werden. In die Zukunft geht der Blick dann in nur einer Frage, nämlich in Bezug auf
einen Missstand in UK, der mangelnden Chancengleichheit. Bei diesem Thema wird
dann auch über Möglichkeiten, diesen Missstand zu beheben, nachgedacht.
5.5.1 PISA “as a vindication of the reforms?“
Die Regierungspartei in UK ist sehr erfreut über das Ergebnis von PISA. Das gute
Resultat wird im Zusammenhang mit den eigenen politischen Taten gesehen. Estelle
Morris, Education Secretary von England, beschreibt die Ergebnisse als „vindication of
383 Slater (14.12.01), In: TES.
Kapitel 5: Reaktionen im Vereinigten Königreich 95
the reforms of the last few years.“384 Die Ergebnisse sind nach ihrer Auffassung ein
Verdienst der Reformen und der zusätzlichen Ausgaben, die ihre Partei für den
Bildungssektor zur Verfügung gestellt hat.385 In UK sei von Kritikern der
Regierungspolitik geäußert worden, dass die Ergebnisse der nationalen Überprüfungen
nur besser würden, weil das Niveau insgesamt sinke und nicht weil die Literacy-Strategie
eingeführt worden sei.386 Nach Estelle Morris zeige PISA nun, dass diese Behauptung
widerlegt sei und sich UK in Sachen Bildung sogar zur Weltspitze hin bewege.387 UK
gehöre bei PISA auch zu den besten Ländern, wenn die schulische Leistung mit den
staatlichen Investitionen pro Schüler verglichen werde. Auch dies spiegele den Erfolg der
bisherigen Bildungspolitik wider, da die zusätzlichen Gelder, die während der letzten vier
Jahre in das Bildungssystem investiert worden seien, das PISA-Ergebnis positiv geprägt
hätten. Estelle Morris warnt aber auch, dass man sich nun nicht einfach zurücklehnen
dürfe, da auch andere Länder in ihrer Entwicklung nicht still stehen würden.
Die Politik in UK versucht also nach PISA eine Aufbruchstimmung zu vermitteln, um
nicht wieder hinter andere Länder zurückzufallen.388 Die Erklärung der Regierungspartei
für das gute Ergebnis von PISA ist ihre eigene Bildungspolitik.
Im Guardian wird anerkannt, dass die Regierung viel Wert auf Literacy gelegt hat. Es
wird auch positiv beurteilt, dass die Literacy-Strategie von der Grundschule auf die
Sekundarschule ausgedehnt werden soll.389 Im Primarschulbereich habe das Literacy-
Konzept bereits Schüler und Lehrer zu erhöhter Motivation und Leistungsbereitschaft
veranlassen können, daher könnten damit auch die Standards im Sekundarbereich
angehoben werden. Der Guardian lobt also die Literacy-Strategie der Labour-Regierung,
allerdings hebt er diese Strategie nicht explizit als Ursache für das gute PISA-Ergebnis
UK’s hervor.
Die BBC und auch der Independent beurteilen den neuen Zugang, den die Bildung in UK
gewonnen hat, als ursächlich für das gute PISA-Ergebnis. Allerdings werden in der BBC
und im Independent nicht nur die Reformen seit New Labour angesprochen, sondern die
neue Orientierung der Bildungspolitik in den vergangenen 20 oder 30 Jahren.390
384 O. Angabe (04.12.01a), In: BBC. 385 Die Regierung unter New Labour hat ein Programm für die Grundschulen ins Leben gerufen, dass das Ziel hat, die Grundbildung in „Literacy“, d.h. der Lese- und Schreibfähigkeit, zu verbessern. Diese Literacy-Initiative wird quer durch alle Fächer praktiziert. Vgl.: Barton (11.12.01): A new chapter. In: Guardian; Vgl. dazu auch: Kapitel: Grundzüge im Bildungswesen in UK. S.82. 386 O’Leary/Owen (04.12.01), In: Times. 387 Slater (07.12.01a), In: Times. 388 Smithers (04.12.01), In: Guardian. 389 Barton (11.12.01), In: Guardian. 390 Baker (08.12.01), In: BBC.
Kapitel 5: Reaktionen im Vereinigten Königreich 96
Wohingegen die Länder des Ostens einen Zugang zu Bildung hätten, der durch
Frontalunterricht in großen Klassen mit häufigem Auswendiglernen geprägt sei, habe das
britische System in den letzten 30 Jahren mehr Wert darauf gelegt, Eigeninitiative bei
den Schülern zu entwickeln. Gleichzeitig habe ein Wandel stattgefunden insofern, dass
nicht die ganze Klasse in einem bestimmten eingängigen Tempo unterrichtet, sondern,
dass nun Schritt für Schritt nach den individuellen Bedürfnissen der Schüler gelernt
werde. In Geschichte zum Beispiel seien früher die Daten und Namen von wichtigen
Ereignissen oder Schlachten gepaukt worden, nun wolle man Fähigkeiten für historische
Forschung und Untersuchung, Evaluation und Kommunikation entwickeln. Somit werde
Kreativität betont und die Schüler würden dazu angeregt, selbst geistig tätig zu
werden.391 Außerdem wird als positiv anerkannt, dass mehr Druck in den Schulen
herrscht und die Schüler oft getestet werden.
Diese Maßnahmen zusammengenommen stellen für die BBC und den Independent eine
Erklärung dafür dar, warum UK in PISA so gute Ergebnisse hat. PISA testet nämlich die
Fähigkeit, Wissen anzuwenden und genau dies ist der von BBC und Independent
beschriebene Zugang der Bildungspolitik der letzten Jahrzehnte.
Auch von der Wissenschaft wird dieser neue Zugang der Bildungspolitik hervorgehoben.
Prof. Alan Smithers von der Universität Liverpool ist der Meinung, dass das, was seit
1988 in der Bildungspolitik unternommen worden sei, sich nun in den Ergebnissen von
PISA widerspiegeln würde. 392 Es sei zwar wichtig, Dinge zu wissen, aber es sei auch
wichtig, dieses Wissen im Alltag anwenden zu können. Dieser Zugang sei verfolgt
worden.
Die Times weist dann noch explizit auf die Anlage von PISA hin.393 PISA habe zum
einen nur Schüler einer festgelegten Altersgruppe untersucht, zum anderen, was noch
wichtiger sei, Wissen in Bezug auf Alltags- und Anwendungssituationen überprüft.
Hier wird also die Umorientierung der Bildungspolitik seit den 80er Jahren von vielen
Akteuren gelobt. UK hat einen neuen Zugang zu Bildung gewählt und durch diesen
neuen Zugang, der mehr Eigeninitiative des Schülers betont, erklärt man sich auch das
gute Ergebnis bei PISA.
Die Regierungspartei deutet, wie erwähnt, insbesondere auf ihre eigenen Reformen hin.
Hierzu finden sich auch direkte Gegenmeinungen. In der Times wird beispielsweise
391 McRae (05.12.01), In: Independent. 392 Vgl.: Slater (07.12.01a), In: Times; Die wesentlichen Reformen seit 1988 vgl.: Kapitel: Grundzüge des Bildungswesens in UK: S.79f. 393 Slater (07.12.01a), In: Times.
Kapitel 5: Reaktionen im Vereinigten Königreich 97
festgestellt, dass die Regierung eigentlich kein Bildungswunder vollbracht hat.394 Die
Kinder, die bei PISA getestet worden seien, hätten die Regierungsreform in der
Grundschule gar nicht miterlebt, da sie zu dem Zeitpunkt schon auf der Sekundarschule
gewesen seien. Außerdem hätten dieselben Kinder, die bei PISA so gut gewesen seien,
erst ein Jahr zuvor bei dem nationalen Test im Alter von 14 Jahren ziemlich schlecht
abgeschnitten. Auch die TES argumentiert, dass New Labour die Ergebnisse von PISA
eigentlich nicht als Triumph ihrer Reformen feiern könne.395 Auch hier wird angeführt,
dass die 15-Jährigen, die an PISA teilnahmen, die Grundschule schon längst
abgeschlossen hätten, als die zusätzlichen Stunden zur Steigerung der Lese- und
Rechenfähigkeit von New Labour eingeführt worden seien.
Die Erklärungen für das Ergebnis bei PISA reichen somit im wesentlichen von den
Reformen durch New Labour über eine Neuorientierung der Bildungspolitik der letzten
30 Jahre bis hin zu der konkreten Anlage und der Art der Fragen bei PISA. Dass das
Ergebnis den Reformen durch New Labour zu verdanken sei, wird dabei hauptsächlich
von New Labour selbst so dargestellt.
5.5.2 Mehr Chancengleichheit nach PISA
Ein Thema, bei dem sich auch in UK die Reformperspektive zeigt und über das somit in
ähnlicher Weise wie in Deutschland diskutiert wird, ist die Chancengleichheit im
britischen Bildungssystem. Hier liegt nämlich auch für UK ein schlechtes Ergebnis bei
PISA.
PISA stellt fest, dass die Differenz zwischen Schülern aus privilegierten und solchen aus
benachteiligten familiären Verhältnissen in den schulischen Leistungen in UK sehr groß
ist. Da dies eine negative Nachricht ist, gibt dieses Thema Anlass zum Disput. Man will
für mehr Chancengleichheit im britischen Bildungssystem sorgen.
Von Seiten der Politik finden sich zu diesem Thema Kommentare von der englischen
Education Secretary Estelle Morris und dem nordirischen Education Minister Martin
McGuiness. Estelle Morris stellt klar, dass für sie der starke Einfluss des sozialen
Hintergrunds besorgniserregend sei. Sie wolle dafür eintreten, dass jedes Kind gerechte
Chancen im Bildungssystem bekomme.396 Als Maßnahme, um die Lücke zwischen den
besten und den schlechtesten Schülern zu schließen, verweist sie auf die neuste
„Education Bill“, mit der die Standards in der Sekundarschule steigen und Schüler bald
394 O’Leary (06.12.01), In: Times. 395 Wilby (14.12.01): Comprehensives do work: ask the Finns. In: TES. 396 O’Leary/Owen (04.12.01), In: Times.
Kapitel 5: Reaktionen im Vereinigten Königreich 98
Rat und Hilfestellungen von speziellen Beratern bekommen sollten.397 Dadurch könnten
die schwächeren Schülern dann gezielt zusätzlich unterstützt werden.
Der nordirische Education Minister Martin McGuiness sieht PISA zwar insgesamt als
Erfolg an, aber die große Leistungsspanne zwischen guten und schwachen Schülern hält
auch er für ein Problem.398 Als konkrete Maßnahmen nennt McGuiness, dass die
Literacy-Strategie in Nordirland überarbeitet werden solle, da zu viele Schüler Probleme
damit hätten, Texte richtig zu lesen und zu verstehen und dass mehr Geld für die
Literacy-Initiativen zur Verfügung gestellt werde, damit schwache Schüler mehr
Förderung bekämen.
Dies sind die einzigen Kommentare der Politik zu der Art und Weise, wie man auf
das durch PISA erneut betonte Problem der fehlenden Chancengleichheit zu reagieren
gedenkt. Bei den vorgeschlagenen Maßnahmen dreht es sich um Unterstützung für die
schwachen Schüler. Da diese Maßnahmen, vor allem die in England, schon vor PISA
geplant worden sind, stellen sie eigentlich keine neue Initiative als unmittelbare
Konsequenz auf PISA dar.
Auch von den Medien wird dann die Forderung formuliert, schwächere Schüler
zusätzlich zu unterstützen. Die Situation wird insgesamt so bewertet, dass man auf dem
richtigen Weg sei und nun in den Bemühungen nicht nachlassen dürfe. Der Independent
meint zum Beispiel, UK müsse noch mehr von den PISA-Spitzenländern lernen.399 Dies
sei vor allem deshalb nötig, damit junge Leute ihr Potential voll ausschöpfen könnten,
was unter den gegebenen Umständen nicht möglich sei. Es solle für die Schüler etwas
getan werden, die bei PISA keine so guten Leistungen erbracht hätten.
Die Times beurteilt PISA insgesamt als sehr erfreulich für UK, aber die soziale
Benachteiligung als eine der anhaltenden Ungleichheiten sei nach wie vor ein
Problem.400 Die mittleren und höher begabten Schüler würden in UK gut gefördert, aber
die Unterschiede der Leistungen dieser Kinder zu denen aus der untersten Schicht seien
zu groß. Daher fordert die Times diese Lücke zu schließen. Dies sei eine Aufgabe, die
PISA den Bildungspolitikern aufgebe. Auch die Times appelliert wie der Independent
mit den Reformen weiterzumachen: Das 21.Jahrhundert verlange höhere Standards, als
man sie zur Zeit habe und das Potential, sich noch mehr zu verbessern, sei vorhanden.401
397 Department for education and skills (04.12.01): England’s schools are world-beaters in equipping young people for adult life. In: Press Release. 398 O. Angabe (04.12.01b), In: BBC. 399 McRae (05.12.01), In: Independent. 400 Slater (07.12.01a), In: Times. 401 Barber (07.12.01), In: Times.
Kapitel 5: Reaktionen im Vereinigten Königreich 99
Die Prognose der Times ist, dass man einer Zukunft entgegenblicken könne, von der man
wisse, dass sie auf erfolgreichen Grundlagen aufbaue.
Diese Einschätzungen bleiben also sehr allgemein, aber sie haben einen optimistischen
Grundton, wodurch ersichtlich wird, dass man in UK zufrieden mit der Bildungspolitik
ist. Es findet sich zwar die Forderung, die fehlende Chancengleichheit zu beheben, aber
dieses negative Ergebnis von PISA wird insgesamt nicht so drastisch gesehen, als dass
dadurch die positiven Nachrichten von UK’s Erfolg in den Hintergrund gedrängt würden.
Die TES plädiert in diesem Zusammenhang noch für die Gesamtschule.402 Wenn
man PISA folge, so liege die Lösung in integrativen Systemen: Kanada, Korea und
Finnland hätten dies gezeigt. PISA zeige auch, dass die sozio-ökonomische
Zusammensetzung der Schüler in der Schule noch mehr Einfluss auf die Leistung des
Schülers habe als der familiäre Hintergrund. Dies stellt für die TES einen zusätzlichen
Grund zugunsten der Gesamtschule dar. Außerdem besuche die Mehrheit der Schüler, die
in UK an PISA teilgenommen habe, Gesamtschulen und das gute Ergebnis von UK selbst
spreche somit auch für das integrative System.403 Appelliert wird dann auch, dass die
jetzigen Fortschritte weiterlaufen müssten. Dadurch ist auch in der TES der in den
anderen Zeitungen bereits wahrgenommene optimistische Grundton vorhanden.
Zusammenfassend steht in diesem zweiten Untersuchungszeitraum also prinzipiell
noch die Freude über das Ergebnis von PISA im Vordergrund. Dies zeigt sich auch
daran, dass viel darüber nachgedacht wird, wem das gute Ergebnis von PISA zu
verdanken ist. Dagegen wird über Reformen und Verbesserungen viel weniger
gesprochen als in Deutschland. Die fehlende Chancengleichheit wird zwar als ein
Problem erkannt und dadurch tritt bis zu einem gewissen Grade auch die
Reformperspektive in Erscheinung, aber der optimistische Grundton in der
Argumentation der Zeitungen bleibt auch in der Diskussion dieses Kernthemas präsent.
5.6 Kernthemen im weiterführenden Diskurs nach PISA
In dieser dritten Untersuchungsphase wird überprüft, ob der Diskurs sich mit den
gleichen Kernthemen befasst oder ob er sich verändert hat.
Insgesamt ist die Freude über das gute Ergebnis bei PISA noch deutlich vorhanden, aber
diese Freude wird nicht mehr so ausgeprägt betont wie unmittelbar nach der
Veröffentlichung von PISA. In dieser Phase ist nun stärker die Argumentation zu
402 Wilby (14.12.01), In: TES.
Kapitel 5: Reaktionen im Vereinigten Königreich 100
beobachten, nicht nachzulassen in den Bemühungen, noch besser zu werden, bzw. die
noch existierenden Missstände im eigenen Bildungssystem anzugehen. Daher diskutiert
man Themen, die zuvor schon angesprochen werden, intensiver und es kommen neue
Themen hinzu.
Der Diskurs über das Thema „Chancengleichheit“ ist schon unmittelbar nach PISA
dominant und tritt nun im weiterführenden Diskurs erneut auf, allerdings umfassender als
zuvor. Was sich ebenfalls wiederholt zeigt, ist die Beschäftigung mit Deutschland. Es
wird relativ genau verfolgt, wie man dort weiterhin mit den Daten aus PISA umgeht. Als
neu hinzugekommene Themen treten die Diskussion um die Situation der Lehrer und die
Kritik an einer Zunahme von Tests auf nationaler und internationaler Ebene auf.
5.6.1 Chancengleichheit
Zu dem Thema „Chancengleichheit“ werden in diesem dritten Untersuchungszeitraum
vor allem von Seiten der Politik weitreichendere Lösungsvorschläge diskutiert, um den
Defiziten in diesem Bereich wirksam zu begegnen. In einem ersten Argumentationszug
wird sehr stark auf die Gesamtschule eingegangen, die die beste Möglichkeit sei,
schwache Schüler zu fördern. Dann wird über konkrete Möglichkeiten, um der
Chancenungleichheit entgegenzuwirken, diskutiert. Hier gehen die Meinungen zwischen
den verschiedenen Diskursgruppen, wie der Politik, der Wissenschaft und der Lehrer,
auseinander.
Der britische Berater für internationale Bildungspolitik, Donald Hirsch, stellt fest, PISA
habe bestätigt, dass Gesamtschulen gute Ergebnisse erbringen könnten.
„It is a rare thing for an international study to provide conclusive evidence on what
education systems work best. So we should all sit up and listen when such a study shows
unequivocally that comprehensive school systems have produced narrower social
differences than selective systems.”404
Die Lücke zwischen Schülern aus privilegierten und solchen aus benachteiligten
Verhältnissen im Bereich der Lesekompetenz hänge mit dem Selektionsgrad im
jeweiligen Schulsystem zusammen. Bei Ländern, die ihre Kinder früh in den
Sekundarschulen aufteilten, sei diese Lücke eher größer. Außerdem hätten Länder, die
ihre Kinder selektieren, im Durchschnitt schlechtere Schülerleistungen. Staaten wie
403 O. Angabe (07.12.01c), In: TES. 404 Hirsch (03.01.03): Divide and be conquered. In: TES.
Kapitel 5: Reaktionen im Vereinigten Königreich 101
Finnland, Japan und Korea hätten demgegenüber integrative Systeme, hohe
Schülerleistungen und nur kleine soziale Unterschiede in den Leistungen.405
In UK gäbe es zwar hohe Gesamtleistungen, aber die sozialen Differenzen in den
Leistungen seien auch hoch. Dies liege aber nicht an dem Gesamtschulsystem, sondern
das Problem sei, dass Schüler aus benachteiligten Schichten eher zu schlechteren Schulen
gingen und dort keine guten Leistungen erbringen würden. PISA zeige aber, dass die
Methode, wie sie zum Beispiel in Deutschland praktiziert werde, begabte Arbeiterkinder
auf getrennte, höhere Schulen zu schicken, noch weniger Erfolg habe als das britische
Modell.
Auch für Doug McAvoy, Generalsekretär der National Union of Teachers, belegt PISA,
dass integrative Systeme funktionieren.406 Das zeigten die erfolgreiche Länder, in denen
es wenig schwache Schüler gebe und hohe Gesamtleistungen. Die Trennung bei den
Schulformen wirke dagegen kontraproduktiv auf die Leistungen der Schüler.
Eamonn O’Kane, Generalsekretär der National Association of School Masters Union of
Women Teachers, schließt sich dem an. PISA zeige, dass Gesamtschulen besser seien als
selektive Systeme.407 Viele in UK hätten schon immer diese Überzeugung gehabt, aber
nun sei dies durch eine seriöse Studie bescheinigt. In den Ländern, in denen die
Ungleichheit nicht so hoch gewesen sei, hätte es auch sehr gute Gesamtleistungen
gegeben. „In other words, the more equal the society, the better the educational
performance.“408
Der Guardian weist außerdem noch auf Nordirland hin.409 Dort hat man die Grammar
Schools beibehalten und die Lücke zwischen guten und schwachen Schülern wie auch
die Unterschiede zwischen den Schulen sind nun größer als in England, wo die meisten
Kinder zu Gesamtschulen gehen. Auch vom Guardian wird dann wieder auf die PISA-
Besten wie Kanada, Finnland, Japan etc. verwiesen, die gezeigt hätten, dass Qualität und
Gleichheit in den Leistungen kein Widerspruch sei, sondern zusammengehöre.
In einem wissenschaftlichen Beitrag aus der TES wird die Größe der
Chancenungleichheit, die von vielen mit Verweis auf PISA für UK festgehalten wird,
405 Henderson (03.01.03a): Settings widens the gap on inclusion. In: TES. 406 McAvoy (30.01.03): Full speech from Doug McAvoy. Doug McAvoy, general secretary of the National Union of Teachers, speaking at a conference on the OECD PISA report into education standards. In: Guardian. 407 O. Angabe (30.01.03): Inequality the „blight” of England’s schools, admits minister. In: TES. 408 Curtis (30.01.03): Social inequality, affecting school standards. In: Guardian. 409 MacLeod (20.05.02): English pupils among world’ top. In: Guardian; Vgl.: White (15.11.02): Ministers warned of perils of selection. In: TES: Es wird in der Richtung argumentiert, dass Gesamtschulen besser die Kluft zwischen Schülern aus unterschiedlichen Schichten schließen könnten.
Kapitel 5: Reaktionen im Vereinigten Königreich 102
relativiert.410 Dieser Beitrag stellt die Antwort auf einen früheren Artikel411 dar, in dem
es heißt, dass Schulen in England mehr soziale Differenzen aufweisen würden als
irgendwo sonst in Europa und dass diese jetzt größer seien als unter dem ehemaligen
dreigliedrigen System. Mit dem Verweis auf PISA wird diese Behauptung aus dem
älteren Beitrag der TES widerlegt. In einem speziellen Forschungsprojekt sei die
Trennung der ärmsten 10% der Schüler in jedem Land, festgemacht an der Beschäftigung
der Eltern und an den PISA-Indikatoren für Wohlstand, untersucht worden. Bei beiden
Indikatoren hätten die Schulen in UK ähnliche Werte wie beispielsweise Frankreich und
Italien. Belgien und Spanien dagegen hätten noch schlechtere Werte. Die soziale
Segregation sei innerhalb von Schulen früher in England noch gravierender gewesen.
Schulen, die spezialisiert seien und selektierten, neigten eher dazu Segregation
anzuziehen. Deshalb sei es ein falscher Weg, von den Gesamtschulen wieder weg zu
wollen, um die Chancenungleichheit zu verringern.
Die Gesamtschulen werden also insgesamt sehr positiv beurteilt. Es findet sich kein
Artikel, in dem ausdrücklich negatives über die Gesamtschule geäußert wird. Die
Argumentation ist so, dass PISA als Beleg dafür angeführt wird, dass
Gesamtschulsysteme die besseren Systeme sind und dass man mit ihnen schwächeren
Schülern besser helfen kann. Somit gelten Gesamtschulen als der erste Schritt auf dem
Weg, um zu mehr Chancengleichheit zu gelangen. Beweise, dass dies möglich ist, sind
die Länder, die bei PISA an der Spitze liegen.
Neben diesem allgemeinen Lob der Gesamtschule werden Vorschläge gemacht, wie man
die schwächeren Schüler besser fördern kann. Die Politik hat hierfür Pläne als
Konsequenz aus PISA entwickelt, die aber nicht bei allen Diskursgruppen Zustimmung
finden.
David Miliband, der englische Minister of School Standards, stellt auf einer Konferenz
zu PISA seine Pläne vor, die das Ziel haben, Exzellenz in das britische System zu
bringen und gleichzeitig Chancenungleichheit zu vermindern.412 Diese beiden Ziele
bedingen sich nach Miliband wechselseitig. Durch die Siegerländer zeige PISA, dass
Qualität und Gleichheit im Bildungssystem zusammengehörten. Die entscheidende
Antwort für Miliband auf PISA ist demnach, dass das Bildungssystem auf hohe
Durchschnittsleistungen ausgerichtet und gleichzeitig den schwachen Schülern
410 O. Angabe (12.07.02): Europeans have same school mix. In: TES. 411 Dieser frühere Beitrag lautet “Light behind the rhetoric” erschienen am 28.6.02 in der TES. 412 Miliband (30.01.03): David Miliband speech. Full speech given by school standards minister David Miliband at the PISA conference today. In: Guardian.
Kapitel 5: Reaktionen im Vereinigten Königreich 103
zusätzliche Hilfe angeboten werden müsse. So ließe sich die Gesamtqualität erhöhen und
die Ungleichheit verringern.
Dies solle dadurch erreicht werden, dass für die benachteiligten Schüler mehr Gelder zur
Verfügung gestellt würden. Die Schulen, die sehr schlecht bei den nationalen Tests
abgeschnitten hätten, sollten spezielle Unterstützung bekommen, weil sich gerade in
solchen Schulen die Mehrzahl der Schüler aus benachteiligten Verhältnissen sammele.
Die Förderung der Exzellenz müsse in jedem Level praktiziert werden, da
Durchschnittschulen nicht ausreichen würden, um den Benachteiligten zu helfen.
Exzellenz könne so eine der größten Waffen gegen die Ungleichheit sein. Wenn
Exzellenz sich großflächig entwickele und schließlich in allen Schulen zu finden sei,
würden die Standards steigen und so auch die Förderungsmöglichkeiten für die
schwachen Schüler.
Um dieses Level an Exzellenz zu erreichen, soll nach Miliband auch eine größere
Spezialisierung unter den Schulen stattfinden. Jede erfolgreiche Institution im
öffentlichen oder privaten Sektor brauche ein klares Bild ihrer eigenen Mission, ihres
Auftrags, der sich von anderen unterscheide. Der Hauptgedanke bei dem Programm für
spezialisierte Schulen sei, ein Zentrum der Exzellenz für die Schüler in ihrer Schule zu
entwickeln.
So spielt also nach Miliband, der die Vorstellungen der Regierungspolitik darstellt und
vertritt, das Schaffen von Exzellenz mit dem Versuch Chancenungleichheit zu verringern
zusammen. „The search for excellence is not an add-on to the search for equality. It is
vital to it.”413
Ein weiterer Plan der Regierung, um benachteiligten Kindern zu helfen und gleichzeitig
Schaden, der durch den Wettkampf zwischen den Schulen hervorgerufen wurde,
einzudämmen, ist der, dass man eine Art Bündnis zwischen den Schulen etablieren
will.414 Die Kernidee hierbei ist, mehr Zusammenarbeit zwischen den Schulen zu
schaffen. Die Schüler, die ohnehin schon benachteiligt seien, würden durch den
Wettkampf zwischen den Schulen noch mehr benachteiligt, da sie sich auf den weniger
guten Schulen sammelten. Die freie Schulwahl durch die Eltern führe in UK mit dazu,
dass Eltern aus höheren Schichten ihre Kinder zu Schulen schickten, die in den
Rangtabellen sehr gut seien.415 Eltern, die tiefer in der Gesellschaftsschicht stünden,
neigten dagegen eher dazu, ihre Kinder auch zu schwächeren Schulen zu schicken. Um
413 Miliband (30.01.03), In: Guardian. 414 Johnson (22.11.02): Choice has failed the poor. In: TES. 415 Hirsch (03.01.03), In: TES.
Kapitel 5: Reaktionen im Vereinigten Königreich 104
dieser Entwicklung entgegenzutreten, fordert die Regierung, dass einzelne Schulen
stärker zusammenarbeiten sollten.
Die TES sieht eine weitere Möglichkeit für gemischtere Schulen zu sorgen, darin, dass
man Eltern nur dieses von der Regierung vorgeschlagenen Bündnis, nicht die
individuelle Schule, wählen lassen sollte. Die zuständigen Stellen könnten bei der Schul-
Zuteilung dann darauf achten, dass eine Schule eine gesellschaftlich und sozial
ausgewogene Schülerstruktur aufweise. Jede Schule könnte so viele motivierte Schüler
haben, wie nötig seien, um auch die benachteiligten zum Erfolg zu führen. Für die TES
steht fest, dass das gegenwärtige Zulassungssystem für die Sekundarschulen in London
nicht funktioniert. „It divides secondaries into ‚haves’ and ‚haves-not’.“416
Prof. Hopkins, Leiter der Standards and Effectiveness Unit in England, vermutet hierzu,
dass die Regierung primär Versuche unternehmen wird, über bessere
Unterrichtsmethoden größere Chancengerechtigkeit zu erreichen, dass man aber keine
umfassenderen Lösungen, wie die von der TES vorgeschlagene Einschränkung der
elterlichen Schulwahl, anstrebt.417
Prof. Reynolds von der Universität Exeter sieht dagegen in einer möglichen
Unterrichtsverbesserung bereits einen Schritt in die richtige Richtung, obwohl dies nicht
die einzige Lösung sein dürfe.418 Er meint, dass noch viel mehr getan werden könne, um
herauszufinden, welche individuellen Förderungsmaßnahmen geeignet seien, um sozial
benachteiligten Kindern zu einem guten Schulabschluss zu verhelfen. Hierfür sei ein
erneutes Interesse für Armut und ein ernsthaftes Streben nach mehr Chancengleichheit
nötig.
Die Lehrer sind mit den Vorschlägen, die die Politik zur Eindämmung der
Chancenungleichheit macht, ebenfalls nicht uneingeschränkt zufrieden. Sie wenden sich
gegen die Politik der Regierung, insbesondere was die Frage der Spezialisierung der
Schulen betrifft und werfen den Politikern vor, dass eine erhöhte Spezialisierung die
Kluft zwischen Kindern verschiedener sozialer Schichten noch vergrößern werde, anstatt
sie zu schließen.419 Doug McAvoy von der nationalen Lehrergewerkschaft fordert daher,
dass die Regierung ihre Pläne stoppen solle.420 PISA zeige, dass das Gesamtschulsystem
funktioniere und eine weitere Differenzierung durch mehr Spezialisierung würde auch
die Kinder an sich stärker differenzieren. Auch Bildungsforscher warnen, dass mehr
416 Ebd. 417 Pyke (11.10.02): Poor children, poor results. In: TES. 418 Ebd. 419 O. Angabe (30.01.03), In: TES; Vgl. auch: Henderson (03.01.03a), In: TES. 420 Curtis (30.01.03), In: Guardian.
Kapitel 5: Reaktionen im Vereinigten Königreich 105
Spezialisierung im britischen System auch zu erhöhten Selektionseffekten führen
könne.421
Der Berater für internationale Bildung, Donald Hirsch, versucht hier zu vermitteln.
Spezialisierung führe nicht zwangsläufig zu einem „Streaming“422 auf bestimmte
Schulen. Hirsch bescheinigt dem Gesamtschulsystem eindeutige Vorteile gegenüber
selektiven Systemen. Man müsse daher darauf achten, dass bei der Spezialisierung der
Schulen keine Hierarchie entstände, bzw. dass die Hierarchie, die momentan noch
herrsche, gebrochen werde.423 Hirsch appelliert daher, dass jede Schule gleich viel Wert
haben müsse und nicht bestimmte Schulen nur von schwachen Schülern und andere
Schulen nur von starken Schüler besucht werden dürften. Jede Schule sollte etwas
besonderes haben, insofern könne die Spezialisierung helfen. Wenn die Politik nicht
darauf achte, eine Hierarchie zwischen den Schulen zu untermauern, riskiere man,
Chancen nur für einige Schüler bereitzustellen und diejenigen, die diese Chancen am
meisten bräuchten, im Stich zu lassen.
Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass die Politik Maßnahmen zur
Steigerung der Exzellenz im Bildungssystem in Angriff nehmen will, um damit
insgesamt besser zu werden und die Chancenungleichheit zu vermindern. Zu dem Ziel
Exzellenz herbeizuführen, gehört nach Regierungsplänen in erster Linie eine größere
Spezialisierung der Schulen. Diese Maßnahme wird insbesondere von den Lehrern mit
Widerwillen gesehen. Bei dem Diskurs um dieses Kernthema zeigen sich außerdem für
UK erstmals deutliche Ansätze für einen Reformwillen.
5.6.2 Die Beschäftigung mit Deutschland
Bei der Beschäftigung mit PISA im Jahr 2002/03 wird auch weiterhin über das Ausland
berichtet. Wie schon zuvor zeigt sich auch in diesem Untersuchungszeitraum ein
besonders großes Interesse an der PISA-Diskussion in Deutschland. Bemerkenswert ist
also, dass im Gegensatz zu der Berichterstattung in Deutschland selbst nicht ein
Siegerland von PISA so genau dargestellt wird, sondern Deutschland als eines der
Verliererländer.
Es wird abermals von dem Schock gesprochen, der Deutschland unvorbereitet durch das
schlechte Abschneiden bei PISA getroffen habe.424 Deutschland sei außerdem immer
421 White (15.11.02), In: TES. 422 Ebd. 423 Hirsch (03.01.03), In: TES. 424 St John-Brooks (25.10.02): The unbelievable story of British success. In: TES.
Kapitel 5: Reaktionen im Vereinigten Königreich 106
sehr stolz auf die eigenen Leistungen im Bildungsbereich gewesen. „So many world-
class scientists and mathematicians were German-born and the country is still fond of
describing itself as the land of ‘thinkers and poets’.”425 Deutschland habe mit einem
solchen Ergebnis daher nicht gerechnet. Aber PISA habe nun bewirkt, dass Deutschland
endlich aufgewacht sei. Politiker, Forscher und Eltern forderten Reformen für das
deutsche Bildungssystem, das in der höheren Bildung schon lange dafür bekannt
gewesen sei, die ältesten Studenten und die jüngsten Pensionäre zu haben.426
Neben Bemerkungen dieser Art zum schlechten Zustand des deutschen
Bildungswesens haben vor allem die TES und der Guardian Deutschland nach PISA
dann beobachtet: Es wird über die offiziellen Besuche Deutschlands in Schweden und
Finnland berichtet, bei denen man herausfinden wollte, was in diesen Ländern besser
läuft. Schließlich geht es, um die für die britische Presse wesentlichen Reformimpulse,
die in Deutschland im Jahr 2002 stattfinden. Ein Artikel ist der Tatsache gewidmet, dass
man sich in Deutschland auf die Einführung gemeinsamer Bildungsstandards für den
gesamten Lernprozess geeinigt hat.427 Dies erinnert die TES an die Maßnahmen in
England, wo man schon seit langem ein nationales Curriculum mit festgelegten
Standards und Zielvorgaben hat. Deutschlands System nähere sich dem englischen
System in dieser Frage an.
Neben den Bildungsstandards erwähnt die britische Presse, dass als Konsequenzen aus
PISA die frühkindliche Bildung in Deutschland verbessert werden solle und dass man
den Einfluss des familiären Hintergrundes auf die schulischen Leistungen eindämmen
wolle. In diesem Punkt sei in Deutschland besonderer Handlungsbedarf, da Deutschland
die größte Leistungsspanne zwischen Kindern aus verschiedenen Schichten habe.428
Daher wollten sich jetzt die Länder auf die Bedürfnisse der Schüler zurückbesinnen und
mehr Unterstützung für schwache Schüler geben.
Die aktive Einmischung von Bundeskanzler Gerhard Schröder in die Bildungsdebatte
wird ebenfalls kommentiert. Der Kanzler habe bemerkt, dass alle Länder ihre
Bildungssysteme reformiert hätten, während in Deutschland nichts geschehen sei.429
Schröders Ruf nach Reformen, der die Bereitstellung von Geldern für die Einrichtung
von Ganztagsschulen mit einschließt, von der Opposition aber kritisiert wird, ist für die
425 Sharma (11.10.02): Still stuck in the last century. In: TES. 426 Gow (26.04.02): Lean time for learning. In: Guardian. 427 Sharma (07.06.02): All states agree to common standard. In: TES. 428 St John-Brooks (08.11.02), In: TES. 429 Sharma (11.10.02), In: TES.
Kapitel 5: Reaktionen im Vereinigten Königreich 107
britische Presse von besonderer Bedeutung.430 Man erkenne daran, dass in Deutschland
der Wille, das System zu modernisieren, vorhanden sei, dass aber die Parteipolitik und
das föderale System es prinzipiell schwer machten, Änderungen überall durchzusetzen.431
Es stelle ein Problem für Deutschland dar, dass der Regierung durch den Föderalismus zu
einem gewissen Grad die Hände gebunden seien.
UK ist zwar auch in der Bildungspolitik in England, Schottland, Wales und Nordirland
untergliedert, kennt den Föderalismus, wie er in Deutschland praktiziert wird, aber nicht.
Das Geschehen nach PISA in Deutschland wird somit aufmerksam in UK verfolgt
und kommentiert. Dies mag damit zusammenhängen, dass PISA in Deutschland viel
größere Diskussionen ausgelöst hat als in UK selbst. Die genaue Berichterstattung über
Deutschland kann auch dazu dienen, den eigenen Vorsprung, den man nun im
Bildungsbereich hat, zu betonen. Möglicherweise dient der Vergleich dazu, zu zeigen,
dass man Deutschland endgültig im Bildungsbereich überholt hat.
5.6.3 Situation der Lehrer
Ein neuer Diskurs hat sich um die Situation der Lehrer gebildet. Dieses Thema wird auch
in der zweiten Phase erwähnt432, aber es bleibt dort bei zwei vereinzelten Erwähnungen
und wird nicht näher ausgebaut. In der dritten Phase hat die Situation der Lehrer aber
einen größeren Stellenwert im Gesamtdiskurs.
Der Independent berichtet, dass die Regierung die Bildungspolitik als eine ihrer größten
Erfolge feiert, während die Lehrer unzufrieden und demoralisiert sind.433 Ein wichtiger
Grund für diese unterschiedlichen Meinungen liege darin, dass ein Lehrermangel
bestehe. Seit 1988 sei die Zahl der Lehrer von der Regierung heruntergeschraubt
worden. Man bräuchte 100 000 Lehrer mehr, zeigt der Wirtschaftswissenschaftler Simon
Szreter, um mit anderen Ländern gleich zu ziehen.434 Die Regierung plane für 2006 aber
nur 10 000 zusätzliche Lehrerstellen, was viel zu wenig sei. Die Schaffung von neuen
Lehrerstellen würde natürlich höhere Kosten verursachen, daher habe die Regierung
bevorzugt, Qualifikationen zu maximieren und die Ausgaben minimal zu halten. Dies
habe die Last für die Lehrer erhöht, während ihre Zahl geschwunden sei.
430 Connolly (15.06.02): Opposition clouds Schröder’s school vision. In: Guardian. 431 St John-Brooks (8.11.02), In: TES. 432 Vgl.: Slater (07.12.01b), In: TES; Vgl. auch: O. Angabe (07.12.01c), In: TES. 433 Smithers (13.02.02) Comment: The Government’s target of 10 000 more teachers by 2006 looks puny. In: Independent. 434 Ebd.
Kapitel 5: Reaktionen im Vereinigten Königreich 108
Das sei auch der Grund für die Dissonanz zwischen Lehrern und Regierung. „Tony Blair
thinks the politics are good because he is getting better test results without having to
trouble the taxpayer unduly. But teachers are unhappy because they know that there is
more.”435
Besonders in der TES wird dieser Lehrermangel in UK als ein großes Problem gesehen.
Die Schulen der Zukunft würden so sein wie die Schulen von heute oder die der
Vergangenheit, so die These.436 Die Politik hoffe, dass Investitionen in Technologie die
Probleme von Lehrermangel lösen werde, aber die TES vertritt die Meinung, dass dies
nicht der Fall sein könne. Schule sei ein Ort, an dem eine Lehrer-Schüler-Interaktion
stattfinden müsse, da effektives Lernen ein sozialer Akt sei. Es gäbe bestimmte Dinge,
die nur Lehrer machen könnten, wie beispielsweise die Motivation von Schülern. Dafür
bräuchten die Lehrer immer noch die Fähigkeiten, wie sie die Lehrer aus früheren Zeiten
auch benötigten. In Schulen werde die dominante Struktur daher so bleiben, dass junge
Menschen von einem oder mehreren Erwachsenen belehrt würden. Diese Struktur könne
an sich flexibler werden, aber ihr Kern bleibe bestehen. Daher fordert auch die TES das
Problem des Lehrermangels anzupacken. Zwischen 2005 und 2009 würden circa 12400
Lehrer jährlich in Rente gehen, zwischen 2010 und 1014 etwa 17300 Lehrer jährlich.437
Dieser Herausforderung solle begegnet werden, indem der Lehrerberuf attraktiver
gemacht werden solle, was vernünftige Arbeitszeiten, bessere Arbeitsbedingungen und
mehr Vertrauen in die Lehrer einschließe.
Von den Lehrern selbst wird stellvertretend durch Doug McAvoy von der National
Union of Teachers eine „workforce“438 Reform in den Schulen gefordert. McAvoy nennt
Finnland als Beispiel, an dem man sich orientieren könne.
Schulen in Finnland haben einen hohen Grad an Autonomie im Unterrichten und im
Lehrplan. Lehrer können über den Inhalt des Lehrplans mehr mitbestimmen als in vielen
anderen Ländern, auch darüber, welche Kurse die Schule anbieten soll und wie das
Budget der Schule eingesetzt wird. Sie haben auch Unterstützung außerhalb des
Klassenzimmers, der Lehrerberuf wird hoch geschätzt und ist beliebt.
Diese Faktoren spiegeln nach McAvoy die Erfolgsfaktoren von Finnland wider. In diese
Richtung müsse daher auch die Entwicklung in UK gehen.
435 Smithers (13.02.02), In: Independent. 436 Johnson (13.02.02), In: TES. 437 Johnson (25.05.02): The unchanging classroom. In: TES. 438 McAvoy (30.01.03), In: Guardian.
Kapitel 5: Reaktionen im Vereinigten Königreich 109
„Highly trained, confident teachers, with considerable autonomy, working in a
comprehensive education system based on equity, is what we must aim for.“439
Die Regierung will aber Programme, wie das “Individual Professional Development
Programme”, das zur Weiterbildung der Lehrer dient, abschaffen, statt Programme nach
dem Vorbild Finnlands weiter auszubauen. Dies trifft auf Widerwillen bei den Lehrern.
Ebenso wenden die Lehrer sich gegen die Pläne der Regierung weitere Änderungen in
den nationalen Tests für Mathematik durch eine Neuordnung des Mathematiklehrplans
einzuführen. John Bangs von der National Union of Teachers meint, die Politik solle
erkennen, dass ständige Änderungen bei den Überprüfungen und beim Lehrplan die
Lehrer zur Verzweifelung treiben würden.440 Das Hauptziel der Politik solle es sein, dem
Lehrermangel entgegenzuwirken, während die Qualität des Mathematikunterrichts den
Sekundarschulen überlassen werden solle. Lehrer würden auch mehr Weiterbildung für
die Didaktik im Mathematikunterricht wie auch in anderen Fächern akzeptieren, so lange
dies nicht zu dem ohnehin überlasteten Arbeitstag noch hinzu komme.
Tony Neal, Präsident von der Secondary Heads Association, ist der Meinung, dass es, da
UK bei PISA so gute Ergebnisse erreicht habe, nicht zu verstehen sei, warum der
Mathematiklehrplan nun auf den Kopf gestellt werden solle.441 Das beste Mittel, die
Mathematikleistungen anzuheben, sei nicht eine Änderung des Lehrplans, sondern die
Rekrutierung von talentierten Mathematiklehrern, um so auch dem Mangel an Lehrern zu
begegnen.
Von den Lehrern wird also insgesamt immer wieder auf den Lehrermangel und die
ungünstige Situation, die dadurch einhergeht, verwiesen. Die Lehrer fühlen sich
überlastet und überarbeitet. Daher versuchen sie an die Politik zu appellieren, damit sich
diese Situation ändert.
Die Politik äußert sich in den untersuchten Artikeln aber nicht direkt zu diesem Problem
der Lehrer. David Miliband, der Minister of School Standards, stellt in seiner Rede nur
fest, dass die Lehrer der Schlüssel für die Leistungserfolge eines Landes seien. Daher
solle deren Professionalität unterstützt werden. Geld und Kraft müsse zu der „front
line“442 fließen, damit vor Ort flexibel sowie entsprechend der jeweiligen lokalen
Bedürfnisse gearbeitet werden könne. Die Führung einer Schule solle aktiv
439 Ebd. 440 Smithers (24.07.02): Unions warn against maths overhaul. In: Guardian. 441 Ebd. 442 Miliband (30.01.03), In: Guardian; Vgl. auch: O. Angabe (01.02.02): The world at their feet. In: TES.: In dem Beitrag wird auch Professionalität gefordert.
Kapitel 5: Reaktionen im Vereinigten Königreich 110
zusammenarbeiten und Lehrer und Schüler müssten von dem gesamten Schulteam, den
Schulleitern und den Politikern unterstützt werden.
Von dem Lehrermangel in UK ist aber nicht die Rede. Das kann in diesem
Zusammenhang nur bedeuten, dass die Politik den Lehrermangel nicht als Problem, das
sich durch PISA besonders offenbart hat, identifiziert. Die Lehrer sehen dies dagegen
anders und wollen die PISA-Ergebnisse nutzen, um auf ihre Situation aufmerksam zu
machen.
5.6.4 Kritik an Leistungstests
Als ein weiteres zentrales Thema tritt die Kritik an der zunehmenden Zahl von
Vergleichstests in UK auf. Ein Forscher der Strathclyde Universität befürchtet einen
„Overkill“443 bei den Vergleichstests. In nächster Zeit würden in UK wieder so viele
Vergleiche erwartet, dass man die Befürchtung habe, dass Schulen nicht mehr teilnehmen
wollten, weil es einfach zu viele Tests seien. Nach Prof. Alan Smithers von der
Universität Liverpool steht fest, dass insbesondere die Reformen der letzten Jahre die
Schüler in „proficient test takers“444 verwandelt haben. Fast jedes Jahr müssten die
Schüler nationale Tests machen und die Ergebnisse würden dann in Rangtabellen
veröffentlicht. Hinzu kämen noch die internationalen Vergleichstests.
Diese Vielzahl von Tests kritisieren auch die Lehrer. Der wahre Auftrag von Schule und
Bildung sei, „to give children the understanding to make sense of their lives.“445 Diesen
Auftrag könne man nicht mehr wahrnehmen. Es gehe stattdessen nur noch darum, für den
nächsten Test zu lernen. Für alles übrige sei keine Zeit mehr.
Die TES stimmt hierin mit den Lehrern überein. Es gebe auch nicht-akademische Ziele,
die vermittelt werden müssten. „Learning about getting on together, abort morals and
values, about finding a personal identity and a place in society, and yes, about being a
citizen.“446 Es existiere sozusagen ein verstecktes Curriculum, das man nicht mehr
erfüllen könne.
Prof. Alan Smithers meint weiterhin, dass die Blair-Regierung einen eigenen Zugang
zum Bereich Bildung habe, der an die Wirtschaft und die Industrie erinnere.447 Es würden
Ziele gesteckt und durch diese eine klare Richtung vorgegeben, wie die Entwicklung
443 Henderson (11.10.2002): Misleading maths data is driver of change. David Henderson reports on the papers presented at the eductional researchers’ conference in Dundee. In: TES. 444 Smithers (13.02.02), In: Independent. 445 Ebd. 446 Johnson (21.06.02): We still need teachers. In: TES. 447 Smithers (29.11.02) Labour’s targets are missing the point. In: TES.
Kapitel 5: Reaktionen im Vereinigten Königreich 111
verlaufen solle. Mittlerweile scheine es in UK aber eine „target explosion“448 zu geben,
da es vorgeschriebene Leistungsziele, die durch Vergleichstests kontrolliert würden, für
Schüler im Alter von 11, 14, 16, 19 und 21 Jahren gebe.
Smithers ist der Auffassung, dass eine Verbesserung der Schülerleistungen nicht durch
diese vielen Zielvorgaben und Tests zu erreichen sei. Die Regierung habe bis vor kurzem
ihre Bildungspolitik als großen Erfolg angesehen. Die Leistungen in UK hätten sich
gebessert und der größte Erfolg sei die Leistung bei PISA gewesen. Dieses Jahr habe sich
aber der bisherige Erfolg in Literacy und Numeracy in eine Niederlage gewandelt, da
man die vorgesehenen Zielsetzungen nicht erreicht habe. Daher solle man die bisherige
Strategie überdenken und dabei auch beachten, dass diese Tests einen enormen
bürokratischen Aufwand erforderten, für dessen Finanzierung man sehr viel Geld
verschwende. Es solle genau untersucht werden, inwiefern die Zielvorgaben und Tests
überhaupt einen Nutzen erbringen könnten oder ob es nicht sinnvoller sei, den Schulen
größere Freiräume in ihrer eigenen Zielplanung zu gewähren.
Insgesamt steht man den Vergleichstests, vor allem auf nationaler Ebene, also nicht
positiv gegenüber. Die Kritik an der Überzahl dieser Tests wird von Medien,
verschiedenen Lehrern und Wissenschaftlern geäußert.
Zum Abschluss dieses Kapitels soll dann noch festgehalten werden, dass in dieser
Untersuchungsphase die Reformperspektive also bei den Themen „Chancenungleichheit“,
„Lehrer“ und bei der Kritik an der Anzahl der Vergleichstests auftritt. Man fordert zwar
Reformen, aber vor allem bei den Themen „Lehrer“ und „Vergleichstests“ wird
hauptsächlich gegen bestehende Zustände argumentiert. Die Reformperspektive ist in
dieser Phase also insgesamt stärker als zuvor, richtet ihren Schwerpunkt aber mehr gegen
das Bestehende, als ihn auf das Neue hin zu orientieren.
5.7 Zwischenfazit für das Vereinigte Königreich
Erster Untersuchungszeitraum: Haltung vor PISA
In UK beschäftigt man sich im Vorfeld kaum mit PISA. Dies kann damit
zusammenhängen, dass in UK seit Jahrzehnten Vergleichsstudien durchgeführt werden.
Da UK bei früheren Vergleichen außerdem nie sonderlich gute Ergebnisse erzielt hat, ist
die Haltung gegenüber PISA einerseits durch die Ahnung geprägt, ein mittleres bis
448 Smithers (29.11.02), In: TES.
Kapitel 5: Reaktionen im Vereinigten Königreich 112
schlechtes Ergebnis zu erhalten. Andererseits lässt sich vermuten, dass ein Stückweit
Gleichgültigkeit gegenüber PISA besteht, da es ein bekannter Fakt ist, im Vergleich mit
der internationalen Konkurrenz eher im unteren Mittelfeld zu liegen.
Zweiter Untersuchungszeitraum:
Urteile zu PISA
PISA wird in der Medienberichterstattung in UK insgesamt sehr positiv dargestellt. Da
man ein sehr gutes Ergebnis erreicht hat, haben die Medien wenig Interesse daran, die
Studie und somit die eigenen Leistungen zu kritisieren. Die positiven Urteile zu PISA
hängen hierbei auch mit der Erwartungshaltung im Vorfeld zusammen. Da man nicht mit
einem so guten Ergebnis gerechnet hat, wird dieses umso mehr von den Medien
hervorgehoben und gefeiert. Von Seiten der Bevölkerung bleibt gegenüber den
Ergebnissen von PISA aber trotz der positiven Beurteilung durch die Medien Misstrauen
bestehen, was damit zusammenhängen kann, dass UK bisher immer schwache
Leistungen bei vergleichenden Studien erzielt hat.
Über Kritik an PISA wird in den britischen Zeitungen nur zweimal berichtet: zum einen
wird vermutet, dass an PISA weniger schwache Schulen aus UK teilgenommen haben,
zum anderen wird auf Ergebnisse von nationalen Tests in UK verwiesen, die nicht zu den
PISA-Resultaten passen.
Die globale Perspektive
Der Verweis auf andere Länder tritt bei der Darstellung der Ergebnisse von PISA wie
auch bei der weiteren Reformdiskussion auf.
Für die Ergebnisdarstellung lässt sich festhalten, dass zwar auf die PISA-Besten
verwiesen wird, dass aber noch stärker die Länder angeführt werden, die schlechtere
Ergebnisse erzielt haben. Außerdem vergleicht man besonders die Ergebnisse von UK
mit anderen, die, ob in positiver oder in negativer Hinsicht, aufsehenserregend sind.
In der Reformdiskussion tritt die globale Perspektive zunächst auf, wenn man schwache
Länder betrachtet. Hier ist Deutschland das prototypische Beispiel, da es früher als
Vorbild gegolten hat und den PISA- Ergebnissen zufolge weit hinter UK zurückgefallen
ist. Dadurch dass die Probleme und Schwächen von Deutschland aufgedeckt werden, soll
gezeigt werden, dass gerade Deutschland kein Argument für die bildungspolitische
Situation in Uk mehr sein kann. Ein ehemaliges Vorbild wird mit der Bezugnahme auf
die Ergebnisse von PISA somit abgeschüttelt.
Kapitel 5: Reaktionen im Vereinigten Königreich 113
In einer anderen Argumentationsform tritt die globale Perspektive auf, indem man sich
mit den PISA-Besten beschäftigt und zu erörtern sucht, warum diese Länder so
erfolgreich sind. Die PISA-Ersten werden als Argumente für Verbesserungen im
britischen System aufgegriffen. Ein unumschränktes Lob findet sich für die PISA-Sieger
aber nicht, stattdessen werden einzelne Teilbereiche herausgegriffen, um hierin noch von
diesen Staaten zu lernen.
Kernthemen im unmittelbaren Diskurs nach PISA
Neben dem Urteil über PISA und dem Verweis auf andere Länder sind zwei große
Diskursthemen identifiziert worden. Der Blick wird bei dem ersten Thema in die
Vergangenheit gerichtet, indem nach Erklärungen für das gute PISA-Ergebnis gesucht
wird. Danach geht der Blick in die Zukunft, da man über Maßnahmen zur Verbesserung
der Chancengleichheit nachdenkt.
Die Erklärungen für das Ergebnis bei PISA reichen konkret von den Reformen durch
New Labour über eine Neuorientierung der Bildungspolitik der letzten 30 Jahre bis hin
zu der Anlage und der Art der Fragen bei PISA. Dass es den Reformen durch New
Labour zu verdanken sei, wird hauptsächlich von New Labour selbst so dargestellt.
Bei dem zweiten Thema, der Chancenungleichheit, liegt auch für UK ein schlechtes
Ergebnis bei PISA vor, daher ergeben sich Forderungen, diesen Missstand zu beheben.
Die Forderungen bleiben aber insgesamt sehr allgemein: Es wird mehr Geld für Bildung
gefordert, mehr Literacy-Stunden, um die schwachen Schüler zu fördern und insgesamt
ein Nichtnachlassen in den Reformen. Die TES sieht zusätzlich das integrative System
als die beste Möglichkeit der Chancenungleichheit zu begegnen.
Insgesamt ist ein optimistischer Grundton in der Berichterstattung zu beobachten, was
darauf hin deutet, dass das schlechte Teilergebnis von PISA bezüglich der
Chancenungleichheit die positiven Nachrichten durch PISA zunächst nicht wesentlich
mindern kann. Es zeigt sich, dass in diesem Untersuchungszeitraum die Freude am
Ergebnis von PISA noch im Vordergrund steht. Es finden sich daher nicht wie in
Deutschland eine Vielzahl von Themen, die man als reformbedürftig einstuft. Die
Reformperspektive ist dementsprechend eher schwach ausgeprägt.
Kapitel 5: Reaktionen im Vereinigten Königreich 114
Dritter Untersuchungszeitraum: Kernthemen im weiterführenden Diskurs nach
PISA
In der dritten Untersuchungsphase wird überprüft, ob der Diskurs sich mit den gleichen
Kernthemen befasst oder ob er sich verändert hat. In dieser Phase ist nun stärker die
Argumentation zu beobachten, die noch existierenden Missstände im eigenen
Bildungssystem anzugehen. Daher wird das Thema „Chancengleichheit“, das auch
unmittelbar nach PISA schon als Kernthema galt, intensiver und umfassender diskutiert.
Außerdem zeigt sich auch in dieser Phase die Beschäftigung mit Deutschland und es wird
relativ genau verfolgt, wie man dort weiterhin mit den Daten aus PISA umgeht. Der
Diskurs zeigt dann eine Änderung dahingehend, dass als neue Themen die Diskussionen
um die Situation der Lehrer und die Kritik an einem Übermaß an Tests auf nationaler und
internationaler Ebene hinzukommen.
PISA führt zu Diskussionen über Chancengleichheit im britischen Bildungssystem und
wird als Beleg dafür angeführt, dass integrative Systeme besser sind, um schwächere
Schüler zu unterstützen. Die Gesamtschulen werden insgesamt von allen Diskursgruppen
sehr positiv beurteilt und gelten als der erste Schritt in der Entwicklung hin zu
Chancengleichheit. Die Länder, die bei PISA an der Spitze liegen, sieht man als Beweise
dafür, dass dieses Ziel erreichbar ist.
Um das Bildungssystem zu verbessern und die Chancenungleichheit zu vermindern, will
die Politik Maßnahmen zur Steigerung der Exzellenz im Bildungssystem in Angriff
nehmen. Zu dem Ziel, Exzellenz herbeizuführen, gehört auch eine größere
Spezialisierung der Schulen. Diese Maßnahme wird von den Lehrern aber ungern
gesehen, da sie befürchten, eine größere Spezialisierung werde die soziale Segregation
zwischen den Schülern erhöhen.
In dem Folgejahr nach der PISA-Veröffentlichung wird in UK auch weiterhin über das
Ausland berichtet. Wie schon unmittelbar nach PISA zeigt sich immer noch ein
besonders großes Interesse an Deutschland. Die Konsequenzen, die dort aus PISA
gezogen werden, werden von den Medien in UK, hauptsächlich aber der TES, verfolgt.
Nicht ein PISA-Siegerland wird also betrachtet, sondern eines der Verliererländer von
PISA. Dies mag damit zusammenhängen, dass PISA in Deutschland viel größere
Diskussionen ausgelöst hat als in UK selbst. Außerdem könnte die genaue
Berichterstattung über Deutschland dazu dienlich sein, zu zeigen, dass man Deutschland
endgültig im Bildungsbereich überholt hat.
Kapitel 5: Reaktionen im Vereinigten Königreich 115
Bezüglich der Situation der Lehrer wird von diesen selbst und auch von den Zeitungen
Independent und TES auf den Lehrermangel und die ungünstige Situation, die damit für
die britischen Lehrer einhergeht, verwiesen. Die Lehrer fühlen sich überlastet und
überarbeitet und versuchen daher nach PISA an die Politik zu appellieren, damit ihre
Situation sich ändert. Die Politiker äußern sich aber nicht zu diesem Problem der Lehrer,
was nur bedeuten kann, dass die Politik den Lehrermangel nicht als Problem, das sich
durch PISA offenbart hat, identifiziert, wohingegen Lehrer und Medien dies anders
bewerten.
PISA hat auch mit dazu geführt, dass eine Kritik an Leistungsvergleichen in UK geäußert
wird. Die Kritik wird von Medienvertretern, verschiedenen Lehrern und
Wissenschaftlern geäußert und betrifft die hohe Anzahl sowohl internationaler als auch
vor allem nationaler Tests in UK.
Der Gesamtdiskurs hat sich in dieser Phase also dahingehend entwickelt, dass die
Reformperspektive stärker in den Vordergrund getreten ist. Sie spiegelt sich in den
Themen „Chancenungleichheit“, „Situation der Lehrer“ und in der Kritik an der Anzahl
der Vergleichstests wider. Insgesamt ist aber auch zu beobachten, dass in UK die
Berichterstattung über PISA wesentlich geringer ist als in Deutschland. Im dritten
Untersuchungszeitraum zeigt sich dies auch daran, dass die meisten Artikel zu PISA in
der TES veröffentlicht sind. Die Tageszeitungen Times, Independent und Guardian
beschäftigen sich dagegen kaum mehr mit PISA. Im Guardian findet PISA nach der TES
am zweithäufigsten Erwähnung.
Kapitel 6: Fazit 116
6 Fazit
Die Arbeit hat die Diskurse über PISA in Deutschland und UK in bestimmten
Kernelementen widergespiegelt und bildungspolitische Standpunkte der Akteure sowie
die Entwicklung des Diskurses beschrieben. Die Ergebnisse sollen nun in Bezug auf die
in der Einleitung formulierten vier Hauptfragen zusammenfassend rekapituliert werden.
- Wie wird PISA im Diskurs in Deutschland und UK beurteilt?
Die Erwartungshaltung hat einen Einfluss auf die Urteilsbildung in beiden Ländern. In
Deutschland ist die Erwartungshaltung gegenüber PISA zwischen Ängsten und einer
ablehnenden Haltung einerseits und Chancen, die man durch PISA sieht, andererseits
gespalten. Es wird schon vor der Veröffentlichung über PISA diskutiert und die Akteure
gehen mit einer ablehnenden bzw. befürwortenden Haltung auf PISA zu.
Im Gegensatz dazu zeigt sich in UK im Vorfeld gegenüber PISA nur geringes Interesse.
Da man sich kaum mit PISA beschäftigt, finden sich weder Beiträge, die Ängste schüren
noch solche, die große Hoffnungen und Chancen formulieren. Man erwartet insgesamt
eher ein mittelmäßiges bis schwaches Ergebnis.
Die Urteile in Deutschland über PISA sind dann wie die Erwartungshaltung gespalten.
Befürworter sehen die Validität von PISA als unwiderlegbar an, während die Kritiker
von PISA internationalen Studien dieser Art im Allgemeinen unzureichende Validität mit
dem Argument der Nichtvergleichbarkeit von Bildungssystemen vorwerfen.
In UK wird PISA vornehmlich positiv beurteilt. Da man ein weniger gutes Ergebnis
erwartet hat, ist die Freude über dieses Resultat groß und dementsprechend gering die
Kritik von Seiten der Medien.
Insgesamt gesehen geht also Deutschland der Studie mit einer höheren
Erwartungshaltung entgegen und äußert mehr Kritik als UK.
- Welchen Einfluss hat die globale Perspektive bzw. der Verweis auf das Ausland in
dem Diskurs?
Das Ausland spielt für die bildungspolitische Diskussion in Deutschland eine große
Rolle.
Hierbei sind drei Argumentationslinien zu differenzieren:
- Der eigene Reformrückstand wird betont, indem die Ergebnisse der PISA-
Siegerländer ausführlich dargestellt werden.
Kapitel 6: Fazit 117
- Das Ausland wird benutzt, um Reformvorstellungen in Deutschland zu formulieren.
Dabei wird ein bestimmtes Merkmal von Bildungssystemen erfolgreicher Länder
kausal mit deren gutem Ergebnis bei PISA in Verbindung gebracht und gefordert das
jeweilige Merkmal in Deutschland auch zu übernehmen.
- Das Ausland gilt in Deutschland als Vorbild und soll der Reformdiskussion
Aufschwung und Anregungen geben. Daher finden sich umfassende Analysen von
Bildungssystemen bestimmter PISA-Siegerländer.
Die These der internationalen Bildungsforschung, dass das Ausland als Argument für
eine Reformperspektive dient, kann im konkreten Fall Deutschlands also eindeutig
bestätigt werden.
In UK wird auch auf das Ausland verwiesen. Es liegt aber eine andere
Schwerpunktsetzung als in Deutschland vor:
- Man verweist in UK nicht nur auf Länder, die besser waren, sondern auch auf
Länder, die schlechter waren. Dadurch werden die eigenen guten Ergebnisse stärker
betont.
- Bedeutende Ergebnisse für UK bei PISA, positiver oder negativer Art, werden mit
Ergebnissen anderer Länder in Bezug gesetzt, um die Drastik der Resultate entweder
zu steigern oder abzumildern. Die globale Perspektive dient hier zur Relativierung
und Hervorhebung von Ergebnissen.
- Das Ausland gilt nicht in dem Maße wie in Deutschland als Argument, um
Reformvorstellungen umzusetzen oder die Reformdiskussion anzuregen, da kein
Land von UK uneingeschränkt als Vorbild bezeichnet wird. Dagegen ist das Ausland
bzw. dessen Leistungen bei PISA ein Argument in UK, um ehemalige Vorbilder
abzuschütteln und zu zeigen, dass eben diese Länder für UK nichts mehr zu bieten
haben.
Die These, dass das Ausland als Argument für eigene Reformbestrebungen dient, gilt
somit für UK in einer abgewandelten Form: in Bezug auf bessere Länder werden nur
einzelne Bausteine aus deren System hervorgehoben, in Bezug auf schwächere Länder
wird deren Leistung bei PISA als Beleg für ihr Scheitern als Vorbilder für Reformen
gesehen.
Insgesamt ist in beiden Ländern zu beobachten, dass von bestimmten Gruppen vor allem
der Politik, den Lehrern und Medien, aber auch zum Teil von der Wissenschaft
Ergebnisse aus PISA hervorgehoben werden, die für sie selbst wichtig sind, bzw. in ihr
politisches Konzept passen. Diese Ergebnisse werden mit Hilfe der globalen Perspektive
Kapitel 6: Fazit 118
genutzt, um eigene (Reform-)Vorstellungen stark zu machen, wohingegen andere
Ergebnisse, die nicht in die eigenen Pläne passen, wenig Beachtung finden oder
heruntergespielt werden.
- Über welche Themen wird unmittelbar nach PISA diskutiert?
PISA hat in Deutschland zu erheblich mehr Kontroversen geführt als in UK. Dies
zeigt sich allein darin, wie viele Artikel zum dem Thema „PISA“ erschienen sind. Es
lässt sich aufgrund der Quantität der Berichterstattung vermuten, dass PISA in
Deutschland zu einem „diskursiven Ereignis“ geworden ist. Dies bestätigt sich, da bei der
Betrachtung der Inhalte deutlich wird, dass nach PISA im deutschen Diskurs eine sehr
starke Reformperspektive vorliegt.
Die Reformperspektive unmittelbar nach PISA kreist um vier zentrale Themen: der
Unterricht, die Lehrer, die frühkindliche Bildung und die Schulstruktur. Im Unterricht
soll künftig mehr Wert auf die Eigeninitiative der Schüler gelegt und Schüler
entsprechend ihrer individuellen Begabungen besser gefördert werden. Bei der
Diskussion um die Lehrer wird deren Ausbildung sowie ihre mangelnde Fortbildung und
Kooperationsbereitschaft kritisiert. Bei diesem Diskurs zeigen sich höhere
Konfliktpotentiale als bei dem Diskurs um den Unterricht, da die Lehrer als angegriffene
Gruppe ihre Arbeitsweise verteidigen. In Bezug auf die frühkindliche Bildung haben
verschiedene Diskursgemeinschaften unterschiedliche Schwerpunktsetzungen bei ihren
Forderungen, aber es besteht ein Konsens darin, dass die frühkindliche Bildung einer
erhöhten Zuwendung bedarf, was vor allem mit einer höheren finanziellen Ausstattung
dieses Sektors verbunden ist. PISA hat auch die Schulstrukturfrage wieder entfacht.
Vornehmlich von der GEW wird ein integratives System gefordert, wohingegen die
Politik aber eine Debatte über diese Frage verneint. Die Ganztagsschule dagegen wird
auch von Teilen der Politik gefordert; ebenso soll die Struktur der Schule hin zu mehr
Autonomie verändert werden.
Diese Aspekte präsentieren also die Reformperspektive, wie sie sich unmittelbar nach
PISA in Deutschland darstellt.
In UK nimmt der Diskurs einen anderen Verlauf. Es steht nicht in dem Grade wie in
Deutschland eine Reformperspektive im Vordergrund der Debatte. Daher und auch
aufgrund der Quantität in der Berichtserstattung lässt sich für UK festhalten, dass PISA
dort kein „diskursives Ereignis“ geworden ist. In UK wenden die Akteure den Blick in
die Vergangenheit und diskutieren über eine mögliche Erklärung für das gute Ergebnis
Kapitel 6: Fazit 119
bei PISA. Die Reformperspektive tritt nur bei der Debatte um die Chancengleichheit im
britischen Bildungssystem auf, da PISA in diesem Bereich auch UK schlechte Ergebnisse
bescheinigt hat. Die Forderungen, der Chancenungleichheit durch Reformen zu
begegnen, münden aber nicht in einen direkten Reformdruck wie dies in Deutschland der
Fall ist. Somit ist die Reformperspektive insgesamt in UK schwächer ausgeprägt.
- Wie entwickelt sich der Diskurs im Folgejahr nach PISA?
Der Diskurs in Deutschland ist im Folgejahr nach PISA immer noch stark durch die
Reformperspektive geprägt. Die Situation der Lehrer und die Schulstruktur stellen hierbei
weiterhin aktuelle Themen dar.
In Bezug auf die Lehrer wird für mehr Ansehen ihrer Arbeit geworben und neue Ideen
für die Aus- und Fortbildung angebracht. In den Zeitungsartikeln wird insgesamt mehr
für als gegen die Lehrer argumentiert und durch Berichte über ihre Situation wird
versucht, ein öffentliches Verantwortungsbewusstsein für die schlechte Situation im
Bildungsbereich zu wecken. Die Forderung nach einem integrativen System hat an
Befürwortern gewonnen, jedoch ist zugleich die Erkenntnis unter den Akteuren lebendig,
dass für einen derartigen Wandel keine politische Mehrheit in Deutschland gewonnen
werden kann. Erhöhte Autonomie für Schulen wird immer noch gefordert, hat sich aber
nur in vereinzelten Projekten durchgesetzt. Einzig in Bezug auf die Ganztagsschule
haben sich konkrete Handlungsansätze gezeigt, da der Beschluss gefällt ist, mit
Unterstützung des Bundes den Ganztagsschulbereich in Deutschland auszubauen.
Als ein neues Thema im Bildungsdiskurs ist der „Bildungsföderalismus“ identifiziert
worden. Hier teilt sich die Diskussion in Kritiker und Befürworter des
Bildungsföderalismus. Ein Konsens zwischen den beiden Gruppen liegt in dem
Beschluss, nationale Bildungsstandards einzuführen, um einen gemeinsamen Nenner
zwischen den Ländern für die Schülerleistungen zu schaffen.
In UK tritt im Folgejahr nach PISA eine stärkere Reformperspektive als unmittelbar nach
PISA auf, allerdings ist diese immer noch schwächer als in Deutschland. Die schwächere
Ausprägung in UK hängt sicherlich auch mit dem besseren Ergebnis bei PISA
zusammen. Wenn wie im Falle von Deutschland mehr Defizite aufgedeckt werden, bietet
eine solche Defizitanalyse auch mehr Anlass, um über Reformen zu diskutieren.
Das Thema „Chancenungleichheit“ hat in UK weiterhin Aktualität. Als Maßnahmen, um
der Chancenungleichheit zu begegnen, will die Politik das britische System zur Exzellenz
führen und dafür u.a. eine größere Spezialisierung zwischen den Schulen einführen. Dies
Kapitel 6: Fazit 120
stößt bei den Lehrern auf Widerstand, da sie durch eine erhöhte Spezialisierung mehr ein
Ansteigen als eine Minderung der Chancenungleichheit befürchten. Weiterhin zeigt sich
eine starke Beschäftigung mit dem Ausland in der Gestalt von Deutschland, dadurch dass
die britischen Medien die Reaktionen dort auf PISA verfolgen. Hier steht die globale
Perspektive im Diskurs also wieder im Vordergrund.
Als neues Thema wird die Situation der Lehrer behandelt, da PISA festgestellt hat, dass
in UK ein Mangel an Lehrern herrscht. Dieses Thema wird vor allem von den Lehrern
selbst zur Sprache gebracht, wohingegen die Politik im Lehrermangel keinen
unmittelbaren Handlungsbedarf zu erkennen scheint. Als weiteres Thema wird eine
Kritik an der Anzahl der in UK durchgeführten Vergleichstests von Medien,
verschiedenen Lehrern und Wissenschaftlern geäußert. Diese Kritik betrifft auch die
Regierungspolitik, die sehr viele nationale Tests durchführen lässt. Die
Reformperspektive argumentiert hier also mehr gegen das Bestehende im System als dass
Vorschläge für Neuerungen angeführt werden. Sie ist insgesamt zwar stärker ausgeprägt
als unmittelbar nach PISA, aber dennoch auch im Folgejahr nach PISA wesentlich
schwächer als in Deutschland.
Die Ergebnisse der Arbeit haben, wie bereits betont, nur Gültigkeit für PISA und für die
entsprechenden Staaten, also Deutschland und UK. Eine Generalisierung ist aufgrund der
Traditionen und kulturellen Hintergründe von Staaten und daher, dass jeder Staat
entsprechend seiner Traditionen anders mit den Studien umgeht, eigentlich nicht
möglich. Zusätzlich hat die Analyse gezeigt, dass auch das Ergebnis, das ein Staat bei
einer solchen Studie erhält, für den Umgang mit den Daten und die Richtung des
Diskurses eine Rolle spielt.
Da also eine Generalisierung nicht möglich ist, kann die Arbeit auch nicht den Anspruch
erheben, Zukunftsprognosen zu erstellen. Dennoch soll zum Abschluss der Arbeit
zumindest ein Richtungshinweis für eine Weiterentwicklung nach PISA angedeutet
werden. Durch PISA werden ähnliche Ziele für den Bildungsbereich formuliert: Die
Länder sollen auf bessere Leistungen hin streben und/oder ihre Top-Position halten bzw.
ausbauen. Es gibt entsprechend der jeweiligen Traditionen der Länder und ihrem
Verständnis von Bildung verschiedene Wege, diese Ziele zu erreichen. Aber bei diesen
Wegen ist insofern eine Annäherung zu beobachten, als dass die Siegerländer, wenn auch
nur in bestimmten Bereichen der Bildung, als Vorbilder für den Weg hin zum Ziel gelten.
Demzufolge bieten diese Länder eine Orientierungsleitlinie oder eine Meßlatte für die
Kapitel 6: Fazit 121
schwächeren Länder. Obwohl man sich von den Siegerländern nur die Aspekte wählt, die
den eigenen Vorstellungen entgegenkommen, nähert man sich somit insgesamt einander
an.
Daher könnte die These abgeleitet werden, dass die Globalisierung auch den
Bildungsbereich ereilen wird oder zum Teil schon ereilt hat. Internationale Studien wären
hierbei ein Mittel diesen Prozess zu beschleunigen, da sie einen direkten
Vergleichsmaßstab für die Betroffenen liefern, jeweilige Schwächen aufdecken und vor
allem die Stärken anderer Länder widerspiegeln. Deren Stärken werden dann, wie in
dieser Arbeit gezeigt, als Anreize für Reformen im Inland gesehen.
Anhang 122
Quelle: OECD Executive Summary. Knowledge and Skills for Life, S.8.
Abb. 1
Abb. 2
Quelle: OECD Executive Summary. Knowledge and Skills for Life, S.10.
Anhang 130
Abb. 10: Reaktionen auf PISA in Deutschland und UK Deutschland Vereinigtes Königreich
Phase1 Haltung vor
PISA
- Ängsteschüren durch die Medien - Kritik an PISA von Lehrer und Wissenschaftlern - Hoffnungen an PISA ↓ Große Erwartungshaltung
- Wenig Interesse, Gelassenheit - Vermutung: Schwaches Ergebnis ↓ Geringe Erwartungshaltung
Urteile - Gleichsam positiv und negativ - Positive Beurteilung überwiegt
- Vornehmlich positiv - Fast keine Kritik, positive Beurteilung überwiegt klar
Globale Perspektive
Stark ausgeprägt; - Verweis auf bessere Länder vorherrschend - Ausland in der Reformdiskussion als Argument für Reformen - PISA als Beleg, um Vorbilder zu suchen
Stark ausgeprägt; - Verweis auf schwächere Länder vorherrschend - Ausland nur noch bei bestimmten Bereichen ein Argument für Reformen - PISA auch als Beleg, um ehemalige Vorbilder abzuschütteln
Phase2
Reformperspektive Stark ausgeprägt; Kernthemen im Diskurs:
- Unterricht - Situation der Lehrer - Frühkindliche Bildung - Schulstruktur
Schwach ausgeprägt; Kernthemen im Diskurs:
- Erklärungen für PISA-Ergebnis
- Chancenungleichheit
Phase3 Reformperspektive Stark ausgeprägt wie in Phase 2; Gleiche Kernthemen:
- Situation der Lehrer - Schulstruktur
Neues Kernthema: - Bildungsföderalismus
Stärker ausgeprägt als in Phase 2, aber schwächer als in Deutschland; Gleiche Kernthemen:
- Chancenungleichheit - Beschäftigung mit
dem Ausland Neue Kernthemen:
- Situation der Lehrer - Kritik an
Vergleichstests Quelle: eigene Darstellung
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Abkürzungsverzeichnis 157
Abkürzungsverzeichnis
BLK: Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung
DFE: Department for Education
DIPF: Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung
FAZ: Frankfurter Allgemeine Zeitung
FR: Frankfurter Rundschau
GCE A-level: General Certificate of Education Advanced Level
GCSE: General Certificate of Secondary Education
GEW: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
KMK: Ständigen Konferenz der Kultusminister : KMK
LEA: Local Education Authorities
LMS: Local Management of Schools
OECD: Organization for Economic Cooperation and Development
PISA: Programme for International Student Assessment
PISA-E: PISA-Erweiterung
PLG: Professionelle Lerngemeinschaft
TES: Times Educational Supplement
UK: United Kingdom
158
Erklärung zur Diplomarbeit
Hiermit erkläre ich, dass ich die Diplomarbeit selbstständig verfasst und keine anderen
als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt und die aus fremden Quellen direkt
oder indirekt übernommenen Gedanken als solche kenntlich gemacht habe.
Die Diplomarbeit habe ich bisher keinem anderen Prüfungsamt in gleicher oder
vergleichbarer Form vorgelegt.
Sie wurde bisher auch nicht veröffentlicht.
Ort, Datum Unterschrift
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