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Campus Benjamin Franklin
Die Posttraumatische Belastungsstörung:Diagnostik und Therapie
Prof. Dr. med. Stefan Röpke
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Campus Benjamin Franklin Heutiges Programm
Was ist ein Trauma? Traumafolgestörungen
Posttraumatische BelastungsstörungZeitlicher Verlauf
EpidemiologieNeurobiologie
Psychotherapie der PTBSFallstricke in der Behandlung
FrühinterventionenAlbtraumbehandlung Pharmakotherapie
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Campus Benjamin Franklin Was ist ein Trauma?
A. Es war eine Konfrontation mit einem traumatischen Ereignis gegeben und zwar:
1. Konfrontation mit tatsächlichem oder drohendem Tod oder ernsthafter Verletzung oder Gefahr für eigene oder fremde körperliche Unversehrtheit (objektiv)
und
2. Reaktion: Intensive Furcht, Hilflosigkeit oder Entsetzen (subjektiv)
ICD 10
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Campus Benjamin Franklin
A. Die Person war einem oder mehreren der folgenden Ereignisse ausgesetzt: Tod oder
drohender Tod, aktuelle oder drohende schwere Verletzung, aktueller oder
drohender sexueller Übergriff, in einer oder mehreren der folgenden Arten:
Das Ereignis selbst erfahren habenErlebt haben, wie dieses Ereignis einer anderen
Person widerfahren istErfahren haben, dass das Ereignis einem engen
Freund oder Familienmitglied widerfahren ist (der aktuelle oder drohende Tod war brutal oder durch einen Unfall hervorgerufen)
Wiederholtes oder extremes Ausgesetztsein von Details (z.B. Körperteile einsammeln)
DSM-5
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Campus Benjamin Franklin Einfluss von Trauma auf Behandlungserfolg
Nemeroff et al. 2003
TraumafolgestörungenPTBSZeitlicher VerlaufPsychotherapieFallstricke
FrühinterventionenPharmakotherapie
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Campus Benjamin Franklin
Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)
(A) Trauma (24% der Deutschen, Hauffa et al. 2011)
• Intrusionen• Vermeidung
• Hyperarousal(3% der Deutsche, Hauffa et al. 2011)
• Negative Kognitionen und Affekte (dsm5.org)
Traumafolgestörungen
PTBSZeitlicher VerlaufPsychotherapieFallstricke
FrühinterventionenPharmakotherapie
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Campus Benjamin Franklin B. Intrusionen
Wiederkehrenden und eindringlichen belastenden Erinnerungen (Bildern, Gedanken, Wahrnehmungen)
Wiederkehrende belastenden TräumeHandeln oder Fühlen, als ob das Ereignis
wiederkehrt
Intensive psychische Belastung bei Konfrontation mit Hinweisreizen
körperliche Reaktion bei Konfrontation mit Hinweisreizen
DSM-5
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Campus Benjamin Franklin C. Vermeidung
Bewusstes Vermeiden von Gedanken, Gefühlen oder Gesprächen in Bezug auf das Trauma
Bewusstes Vermeiden von Aktivitäten, Orten oder Menschen, die Erinnerungen wachrufen
DSM-5
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Campus Benjamin Franklin
D. Negative Veränderung von Gedanken und Gefühlen
Unfähigkeit, sich an einen wichtigen Aspekt des Traumas zu erinnern
Übertriebene negative Gedanken über sich, andere und die Welt („Ich bin schlecht“, „Man kann keinem trauen“, „Die Welt ist ein gefährlicher Ort“)
Unrealistische Gedanken über Ursachen und Konsequenzen des Traumas (Schuld)
Andauernde negative Emotionen (e.g. Schuld, Scham)Deutlich vermindertes Interesse oder verminderte
Teilnahme an wichtigen Aktivitäten Gefühl der Losgelöstheit oder Entfremdung von anderen Andauernde Einschränkung positive Emotionen zu
erleben
DSM-5
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Campus Benjamin Franklin E. Hyperarousal
Reizbarkeit oder Wutausbrüche Rücksichtsloses und selbstzerstörerisches
VerhaltenHypervigilanz (übermäßige Wachsamkeit)
Vermehrte Startle Response (Augenschluss) Konzentrationsschwierigkeiten
Schwierigkeiten, ein- oder durchzuschlafen
DSM-5
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Campus Benjamin Franklin
F. Das Störungsbild dauert länger als einen MonatG. Leid oder Beeinträchtigung in klinisch
bedeutsamer WeiseH. Nicht Ursache einer körperlichen Erkrankung
Mit dissoziativen Symptomen:1. Depersonalisation2. Derealisation
Verzögerter Beginn: mindestens 6 Monate nach dem Ereignis
DSM-5
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Campus Benjamin Franklin
Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)
Patienten
Traumafolgestörungen
PTBSZeitlicher VerlaufPsychotherapieFallstricke
FrühinterventionenPharmakotherapie
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Campus Benjamin Franklin Akute Belastungsstörung (DSM -5)
A: traumatisches ErlebnisB: (Neun oder mehr aus den Kategorien)IntrusionenNegative StimmungDissoziative Symptome (Taubheit, Beeinträchtigung der
Wahrnehmung der Umwelt, Derealisation, Depersonalisation, Amnesie)
VermeidenArousalC: Dauer: 3 Tage bis 4 Wochen, Beginn: innerhalb
von 4 WochenD: Leid oder BeeinträchtigungE: Nicht Folge einer körperlichen Erkrankung
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Campus Benjamin Franklin Wo war die PTSD vor 1980?
• Post Vietnam Syndrome• „bomb-shell disease“
• „Kriegszittern“
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Campus Benjamin Franklin
„Einfache“ PTBS (Typ-I-Trauma)
(einmaliges Trauma) im Erwachsenenalter
„Komplexe“ PTBS (Typ-II-Trauma)
infolge schwerer, anhaltender Traumatisierungen (z.B. Misshandlungen oder sexueller Missbrauch, physische und/ oder emotionale Vernachlässigung in der Kindheit, existenzbedrohende Lebensereignisse)
DESNOS =„Disorder of Extreme Stress Not Otherwise Specified“
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Campus Benjamin Franklin Verlauf der PTBS
• 92% Lebenszeit-Remission • 14 Jahre bis zur Remission im Median
• Kindheitstraumata, interpersonelle Gewalt, Symptomschwere, affektive- und Angst-Störungen sind negative Prädiktoren
• 19% der Frauen nach Massenvergewaltigung im 2. Weltkrieg haben eine PTBS (Kuwert et al. 2011)
• 10% neue PTSD bei Holocaust Überlebenden 50-60 Jahre nach Trauma (Yehuda et al. 2009)
Chapman et al. 2011
Traumafolgestörungen
PTBSZeitlicher VerlaufPsychotherapieFallstricke
FrühinterventionenPharmakotherapie
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Campus Benjamin Franklin PTBS mit spätem Beginn
• 17% bei Kriegsveteranen (1-20 Jahre später) (Horesh et al. 2011)
• 38% bei Kriegstraumata 15% bei zivilen Traumata (6 Monate nach Trauma) (Andrews et al. 2007)
• Negative Lebensereignisse, Depression und Alkoholmissbrauch gehen PTBS zeitlich voraus (Andrews et al., 2009; Horesh et al. 2011)
Traumafolgestörungen
PTBSZeitlicher VerlaufPsychotherapieFallstricke
FrühinterventionenPharmakotherapie
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Campus Benjamin Franklin Zeit zwischen Trauma und PTBS
• sehr selten ohne PTBS- spezifische Symptome• häufig Verschlechterung bestehender Symptome
• Häufig ausgelöst durch Stressoren
Andrews et al. 2007
Traumafolgestörungen
PTBSZeitlicher VerlaufPsychotherapieFallstricke
FrühinterventionenPharmakotherapie
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Campus Benjamin Franklin
Cukor et al. 2010
1 Jahr später 2 Jahre später
70%
16%
14%
59%
8%
3%
11%
3%
2%
6%
3%
5%
76% keine PTBS14% subsyndromale PTBS10% PTBS
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Campus Benjamin Franklin Epidemiologie
• Lebenszeitprävalenz (Lamprecht,
2000)
� Deutschland 1,3% (Wittchen,
1999)
� Island 0.6%
� USA 9,2%
• Nur etwa 5% der Betroffenen suchen professionelle Hilfe auf
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Campus Benjamin Franklin • Mindestens 1 traumatisches Ereignis
im Leben
� Männer 60%
� Frauen 51%
• PTBS nach Trauma
� Männer 8%
� Frauen 20%
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Campus Benjamin Franklin Strukturelle Hirnbefunde
Hippocampus: kleinere Hippocampi bei PTBS (besonders in C3A und Gyrus dentatus) Ev. Prädisposition
Präfrontaler Cortex: Volumenreduktion (vmPFC und dACC)Ev. erworbenes Merkmal
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Campus Benjamin Franklin Funktionelle Hirnbefunde
Amygdala: erhöhte ErregbarkeitvmPFC: verminderte Aktivierbarkeit
dACC: erhöhte ErregbarkeitHippocampus: funktionale Veränderungen
Insular: erhöhte Erregbarkeit
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Campus Benjamin Franklin
ventral tegmental area (VTA)nucleus accumbens (NA)amygdala (A)hippocampus (HC)medial prefrontal cortex (PFC)
PTBS
- Verstärkte AmygdalaAktivierbarkeit(erhöhtes Angstlernen)
- Frontales Defizit(verminderte Löschung)
- Defizit der Hippocampus-funktion(vermindertes explizitesund Kontext-Lernen)
z.B. Rauch SL et al., Biol Psychiatry 2006
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Campus Benjamin Franklin HPA-Achse bei der PTBS
• Hypoaktivität der HPA-Achse• Niedriger Cortisol Serumspiegel (Boscarino et al., 1996)
• Befunde nicht eindeutig (Meewisse et al., 2007)
• Eine hohe Anzahl von Glukokortikoid -Rezeptoren sagt PTBS nach Militäreinsatz voraus (van Zuiden et al., 2011)
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Campus Benjamin Franklin
Interactive effect of stressful life events and the serotonin transporter 5-HTTLPR genotype on posttraumatic stress
disorder
Xie et al., 2009
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Campus Benjamin Franklin Interventionen bei PTBS
• Beste Evidenz für TF CBT und EMDR (Cochrane rewiew Bisson 2009)
• Einige Evidenz dass Stressmanagement allein wirksam ist (Cochrane rewiew Bisson 2009)
• Sehr limitierte Evidenz für andere nicht-trauma-fokussierte Techniken (Cochrane rewiew Bisson 2009)
• Keine Evidenz für eine Vor- oder Nachteil der Kombination Psychotherapie und Pharmakotherapie gegen Psychotherapie oder Pharmakotherapie allein (Cochrane rewiew Hetrick et al. 2010)
• Keine Evidenz für einen Wirksamkeitsunterschied zwischen kognitiver Therapie und Expositionstherapie (Ougrin 2011; Powers et al. 2010)
Traumafolgestörungen
PTBSZeitlicher VerlaufPsychotherapieFallstricke
FrühinterventionenPharmakotherapie
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Campus Benjamin Franklin Was heißt „traumafokussiert“?
PTBS = unkontrollierte Aktivität impliziter Gedächtnisstrukturen (d.h. dem sensorischen Wiedererinnern)
Therapie = Therapie der Gedächtnisstörung, die der PTBS-Symptome zugrunde liegen
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Campus Benjamin Franklin PTBS-Modell nach Ehlers/Clark
Vermeidung
Interpretationdes Traumas
Traumagedächtnis
Kognitive Verarbeitung des Traumas
Allgemeine Einstellungen
BedrohungIntrusionenEmotionenErregung
Auslöser
Traumafolgestörungen
PTBSZeitlicher VerlaufPsychotherapieFallstricke
FrühinterventionenPharmakotherapie
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Campus Benjamin Franklin
PTBS-Modell nach Ehlers/Clark
Vermeidung
Interpretationdes Traumas
Traumagedächtnis
Kognitive Verarbeitung des Traumas
Allgemeine Einstellungen
BedrohungIntrusionenEmotionenErregung
Auslöser
Identifizieren
Vervollständigen
Identifizieren, UmstrukturierenDiskriminieren
Reduzieren
Aufgeben
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Campus Benjamin Franklin
12-wöchige CBT plus Skillstraining für schwere PTBS
Emotionsregulation- Umgang mit Anspannung
- Umgang mit Dissoziation- Umgang mit Suizidgedanken
- Umgang mit Drang nach dysfunktionalem Verhalten (z.B. Alkohol u. Drogen)
Traumakonfrontationstherapie
- Exposition- Kognitive Therapie
- Umgang mit Emotionen (Schuld, Scham, Wut, Ekel, Angst, Trauer etc.)
Traumafolgestörungen
PTBSZeitlicher VerlaufPsychotherapieFallstricke
FrühinterventionenPharmakotherapie
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Campus Benjamin Franklin Frühinterventionen nach Trauma
• PTBS verhindern• PTBS Symptome frühzeitig behandeln
Traumafolgestörungen
PTBSZeitlicher VerlaufPsychotherapieFallstricke
FrühinterventionenPharmakotherapie
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Campus Benjamin Franklin Frühintervention nach Trauma
Keine Evidenz für psychotherapeutische Intervention innerhalb von Stunden nach Trauma um PTBS vorzubeugen
Wenig Evidenz für psychotherapeutische Interventionen (CBT) innerhalb von Tagen oder einigen Wochen für symptomatische Patienten
Ansätze für pharmakologische Frühinterventionen
Agorastos et al. 2011
Traumafolgestörungen
PTBSZeitlicher VerlaufPsychotherapieFallstricke
FrühinterventionenPharmakotherapie
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Campus Benjamin Franklin Frühintervention (10 Tage nach Trauma)
Shalev et al. 2011
Traumafolgestörungen
PTBSZeitlicher VerlaufPsychotherapieFallstricke
FrühinterventionenPharmakotherapie
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Campus Benjamin Franklin Frühintervention
Shalev et al. 2011
Traumafolgestörungen
PTBSZeitlicher VerlaufPsychotherapieFallstricke
FrühinterventionenPharmakotherapie
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Campus Benjamin Franklin Pharmakologische Frühintervention
• keine EmpfehlungTraumafolgestörungen
PTBSZeitlicher VerlaufPsychotherapieFallstricke
FrühinterventionenPharmakotherapie
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Campus Benjamin Franklin Behandlung PTBS bezogener Albträume
Image Rehearsal Therapy (IRT) (Level A)• Auch als Selbsthilfemanual per Internet wirksam (Lancee
et al. 2010)
Prazosin (Level A) • alternativ Doxazosin, • Ev. Clonidin (Ziegenhorn et al. 2009)
Aurora et al. 2010
Traumafolgestörungen
PTBSZeitlicher VerlaufPsychotherapieFallstricke
FrühinterventionenAlbträumePharmakotherapie
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Campus Benjamin Franklin Pharmakotherapie der PTBS
• SSRI: nur 60% Responserate, 30 % Remissionsrate und der Effekt wird nur bei kontinuierlicher Gabe beibehalten, Nebenwirkungen (sexuelle Funktionsstörungen, Gewichtszunahme) (Cukor et al. 2010)
• Ev. add on Antipsychotika (Risperidon, Olanzapin)
Traumafolgestörungen
PTBSZeitlicher VerlaufPsychotherapieFallstricke
FrühinterventionenPharmakotherapie
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Campus Benjamin Franklin
Kurzzeitgedächtnis Langzeitgedächtnis
Nicht-aktiver ZustandAktiver Zustand
Konsolidierung
Re-Konsolidierung
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Campus Benjamin Franklin Pharmakologische Frühintervention
Glukokortikoide könnten Re-Konsolidierung hemmen (Suris et al. 2010)
Traumafolgestörungen
PTBSZeitlicher VerlaufPsychotherapieFallstricke
FrühinterventionenPharmakotherapie
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