Einwirkung ultravioletter Strahlen auf Pyridin. V. Mitteilung: Über den qualitativen Nachweis...

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44 Journal f i r praktische Chemie N. F. Band 139. 1933

Mitteilung aus dem I. Chemischen Laboratoriurn der Universitiit in Wien

Einwirkung ultravioletter Strahlen auf Yyridin V. Mit t e i lung :

Uber den qualitativen Nachweis weiterer prim'airer nromatisoher Amine, iiber das Verhalten von Pyridin-

derivaten im UV-Licht und liber die Natur des ,,Photop yridins"

Von Hans Freytag (Eingegangen am 28. September 1933)

In den drei ersten Arbeiten dieser Reihe') wurden haupt- sachlich die Reaktionen des von mir seiner Entstehungsweise gemafi vorlaufig ,,Photopyridin" genannten Photoprodukts des Pyridins mit primken aromatischen Aminen und mit Laugen beschrieben. In der 111. Mitteilung, und besonders in der IV. Mitteilung2), gelang es, genau festznstellen, welche Strahlen des UV die Bildung dieses Photoprodukts und auch der Photo- produkte einiger Pyridinderivate verursachen.

Der Zweck der vorliegenden Arbeit ist es, die bisherigen Ergebnisse zn erweitern und zu einem gewissen Abschlufi zu bringen. Dieser AbschluB kann noch kein volliger sein, da ich leider nicht iiber die Mittel verfiige, die mir ein rasches Arbeiten gestatten wurden.

Versuchsteil 1. Qber d i e Reak t ionen d e s Pho topyr id ins mi t

p r i m a r e n a r o m a t i s c h e n Aminen Die hier erhaltenen ,,Photopyridinfarbstoffe'' sind beziig-

lich ihrer Farbtiine nicht spezifisch fur die betreffenden Amine.

l) I. Mitt.: H. Freytag u. W. Neudert , dies. Journ. [Z] 136, 15 (1932); XI. Mitt.: H. Freytag , dies. Journ. [2] 136, 193 (1933); 111. Mitt.: H. Freytag u. F. HluEka, dies. Journ. [2] 136, 288 (1933).

9, IV. Mitt.: H. Freytag , dies. Journ. [2] 138, 264 (1933).

H. Freytag. Einwirkung ultravioletter Strahlen auf Pyridin, V 45

Eine Unterscheidung der letzteren auf Grund ihrer mit ,,Photo- pyridin" gebildeten Farbstoffe erscheint meiner jetzigen Er- fahrung nach nur in manchen Fallen maglich. So wird man wohl in der Lage sein, z.B. a- und @-Naphthylamin voneinander und diese beiden z.B. von Benzidin zu unterscheiden. Aber nur dam, wenn die Losungen der Amine geniigend konzen- triert sind, und wenn andere Amine, die ahnliche braunrote, carminrote bzw. blauviolette Farbstoffe ergeben wie die ge- nannten, nicht anwesend sind. Da die Tiefe und Reinheit eines ,,Photopyridinfarbstoffs'' von der Konzentration des be- treffenden Amins abhangt, und da verschiedene Amine haufig gleiche oder wenigstens dem menschlichen Auge fast gleich erscheinende Farbtone liefern, mochte ich die ,,Photopyridin- reaktion" auf primare aromatische Amine als eine (verhaltnis- magig empfindliche) G r u p p e n r e a k t i o n dieser Korperklasse ansprechen [die bei gewissen Aminen, die selbst Farbstoffe sind, infolge deren Eigenfarbung nicht deutlich sein diirfte, wie es sich beim p-Amidoazobenzol (a. a. 0.) gezeigt hat]. Auch die bisher stets mitbeobachtete Fluorescenz der ,,Photopyridin- farbstoffe" kann bei der Charakterisierung der Amine deshalb keine sicher entscheidende Rolle spielen, weil trotz peinlichsten Waschens das iiberschiissige Amin aus dem Reagenzpapier nicht so zu entfernen ist, daB es sich nicht mehr durch seine Fluorescenz verraten wiirde, die sehr storend wirkt.

Allen ,, Photopyridinfarbstoffen '' eigentiimlich ist ihre Laugenempfindlichkeit: Mit NaOH z. B. erfolgt ein Umschlag nach Gelb oder Orange (manchmal ist auch nur eine schwache Aufhellung bemerkbar). Sauren stellen die urspriingliche Farbe wieder (mehr oder weniger vollkommen) her.

Zur Erreichung eines einheitlichen Farbtons ist ferner wesentlich der S a u r e g e h a l t der Aminlosung. Wird ein in- tensiv kaffeebraun gefarbtes ,,Photopyridin"-Papier mit konz. Salzsaure oder Ameisensaure betupft, so f&ben sich die Tiipfel- stellen sofort grauschwarz-blaulich oder graubraun, und es ist nachtraglich nicht mehr oder nur schlecht moglich, an diesen Stellen eine Reaktion zu erhalten. Das ,,Photopyridin" wird also durch konz. S h r e n (oder wenig verdiinnte) zers tor t . Diese Zerstdrung erfolgt auch vorwiegend, wenn neben dem betreffenden Amin viel Siiure vorhanden ist; mit viel Salzstiure

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versetzt und dann die Reaktion versucht, farbt sich das Re- agenzpapier an verschiedenen Stellen grunlich, spater blau bis violett mit schmutzigem Nebenton. J e geringer der HCl-Ge- halt wird, desto mehr z. B. wird die reine Farbe des Reak- tionsproduktes mit /3-Naphthylamin, das Carminrot, nur mit p - Naphtbylaminhydrochlorid erhalten. Es darf eben nur die der Base entsprechende Sauremenge anwesend sein.

In Tab. 1 seien die neuen Reaktionen zussmmengefaBt, die nach der a. a. 0. beschriebenen Methodik vorgenommen

Tabe l l e 1 Es bedeuten: I den Namen dee Amins, 11 die Farbe des .,Photo-

pyridinfarbstoffs" auf Papier oder Baumwollgewebe, 111 in Losung, I V NaOH-Umschlag, V besondere Beobachtungen.

I

4-Amino-benzoe- ssiure-athylester

4-Amino-3-oxy- benzoesiiure- methyl-

ester 4-Amino-benzoe-

saure-isobut ylester

4-Amino-benzoe- saure-(&diathyl-

amino-athy1)-ester Dimethyl-p-pheny-

len-diamin

8-Amino-benzoe- saure

3-Amino- phthal- saure

3-Amino-phthal-2- methyl-eatereawe

p-Anisidin

Triamidomesitylen Aminoterepbthal-

saure

IIL ~ IV 1 _ _

I1 ~~ __

I rot (schw. 1 rot bis 1 blaustichig) , orange 1

gelb

1 desgl. 1 orange gelb

)range (schw. braunlicb)

rot bis gelb- rot

;raubraun bis gelborange

rotbraun

kaffeebraun

desgl.

lila (nach Waschen des Reagenzpap.)

braun rotbraun

rot bis rotorange

rotorange

gelb- orange

braun

braun- orange desgl.

gelb

gelb

schwache

hellung gelb

gelb

gelb

gelb

Anf-

gelblich gelb

- v

In Lasung starke griine Flnoreecenz Keine Fluo-

rescenz

Starke griine Fluorescenz der Losung

desgl.

_. __ _ _

H. Freytag. Einwirkung ultravioletter Strahlen auf Pyridin, V 47

fast keine sichtbare FBrbuag sehr zart griinlich-hellgelb hellgelb gelb

wurden. Auch in Liisung wurden die Reaktionen beobachtet. In diesem Falle wurden 1 prozent. alkoholische Pyridinlosungen 3 Stunden lang in etwa 35 cm Abstand vom Hohensonnen- brenner bestrahlt und dann mit den heiBen und entsprechend sauren Aminlosungen verschiedener Konzentration versetzt.

2a. Verha l t en e in ige r Pyr id in -Homologen im UV-Licht Untersucht wurden 2-, 3- und 4-Methyl-pyridin, 2,4- und

2,6 -Dimethyl-pyridin und 2,4,6 -Trimethyl-pyridin ; samtliche Basen stammten von der Gesel l schaf t f u r Tee rve rwer tung m. b. H. in Duisburg-Meider ich .

Zum Impragnieren der Filtrierpapiere Schleicher & Schull Nr. 593 wurden von den genannten Basen 1 prozent. Losungen in Alkohol (96 O/J angesetzt. Nach oberflachlichem Abdunsten des Alkohols wurden die Papiere in etwa 35cm Abstand von der Quarzlampe der UV-Einwirkung 60 Min. lang ausgesetzt.

Diese Pyridinhomologen lieferten - analog dem Pyridin - gelb bis gelbbraun oder kaffeebraun gefkrbte Photoprodukte, die mit primaren aromatischen Aminen unter Farbstoff bildung nach Art des ,,Photopyridins" reagierten. Diese Farbstoffe sind ebenfalls gegen Laugen unbestiindig: Mit NaOH schlagen sie nach Gelb oder Orange um, mit Same wird die urspriing- liche Farbe wiederhergestellt. Vergleicht man die Intensitit und die Tiinung der durch 60-Minuten-Bestrahlung auf den Papieren erhaltenen Photoprodukte (11) mit der des entsprechen- den ,,Photopyridins" , 80 lassen sich die Pyridinhomologen (I) wie folgt in eine Reihe anordnen:

Tabe l l e 2a

I ~ ~~ ~-

2,4,6-Trimethyl-pyridin 2,6-Dimethyl-pyridin 2,4-Dimethyl-pyridin 3-Methyl-pyridin 4-Methyl-pyridin l) 2-Methy l-pyridin Pyridin (zurn Vergleich)

I) Es ist auffallend, daE die Gleichwentigkeit der 4- und %Stellung und die Besonderheit der 3-Stellung auch in diesem Falle zum Aus- druck kommt.

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Somit ist sowohl die Farbe der Photoprodukte der Homo- logen wie deren Bildung abhangig von der Stellung der CH,- Gruppen am Pyridinkern und ihrer Anzahl. Den geringsten EinfluB findet man, wenn sich die CH,-Gruppe in der 2-Stellung befindet, den grogten bei Anwesenheit von 3 CH,-Grappen, beim Collidin (sterische Einfliisse der CH,-Gruppen?).

Die mit Aminen aus den Photoprodukten auf den Papieren erzeugten Farbstoffe unterscheiden sich wesentlich voneinander in ihrer Farbe, so da8 man in der Lage ist, die untersuchten Pyridinhomologen bei Anwendung des gleichen Amins, falls sie in geniigender Menge vorhanden sind, zu erkennen. Unter- stutzt werden diese Farbreaktionen in ihrer Nachweiskraft noch dadurch, daB die Photoprodukte vorher der Betrachtung im filtrierten UV unterzogen werden, wo sie verechieden fluores- cieren. Endlich zeigen sie nicht - mit zwei Ausnahmen - die vom ,,Pbotopyridin" bekannte Laugenreaktion (vgl. 11. Mit- teilung). Uber die erhaltenen Ergebnisse gibt Tab. 2 b eine fjb ersicht.

Tabe l l e 2 b Es bedeuten: I den Namen der Base, I1 die Fluorescene des Photo-

produkts, III die Farbe des aus dieeem mit fi-Naphthylamin entstehen- den Farbstoffs, IV des rnit Tobiasslure (oxalsaure Losung) entstehenden Farbstoffs, V den Ausfall der Reaktion der Photoprodukte mit NaOH.

I

2,4,6-Trime- thy 1- pyridin 2,6-Dime-

thyl-pyridin 2,4-Dime-

thyl-pyridin %Methyl-

pyridin

4-Methyl- pyridin

%Methyl- pyridin

Pyridin

_____ .-

(z. Vgl.)

II

keine, da n u ~ wenig gebild

desgl.

leuchtend goldgelb

mattes Schmutzig-

gelb helles Gelb-

braun dunkelbraun

--__ -___-

desgi.

111

sehr zart roaa-gelblick

rosa

gelbbriiun- lich

fliederfarben (lila)

tief violett l)

braunrotlich

carminrot

IV

ehrzart gelb- lich (rosa?) ehr zart rosa

schw. gelb- lich lila

violett

schmutzig rotlich

(graubraun) rotlila

~ -~ V

keine Reaktion -~

desgl.

desgl.

sehr achwache Reaktion, nur im 6ltr. UVerkennb. keine Reaktion

3tarke Reaktion, 3ichtb. b. Tages-

licht desgl.

I) Erinnert an den mittels Benzidin aus ,,Photopyridin" erhaltenen Farbstoff.

H. Freytag. Einwirkung ultravioletter Strahlen auf Pyridin, V 49

Die Farbstoff bildung aus den Photoprodukten von 2,4,6- Trimethyl-pyridin und 2,6-Dimethyl-pyridin und einem Amin konnte erst nach dessen langerer Einwirkung uncl dann erst mit Unterstiitzung des deutlich sichtbaren NaOH-Umschlags nach einem sehr zarten, schwachen Gelb, das mit HC1 mieder die friihere Farbe gab, erkannt werden. In der 11. Mitteilung (a. a. 0.) wurden die Aminreaktionen fur die Falle beschrieben, in denen sich das Amin in alkoholischer Losung beiindet. Die Parbstoffbildung tritt erst langere Zeit nach der Herausnahme aus den alkoholischen Losungen ein. Fu r die Photoprodukte der angefdhrten Pyridinhomologen wurdcn diese Beobachtungen iiberpriift und bestiitigt gefunden.

2b. V e r h a l t e n d e r P h o t o p r o d u k t e d e r Pyr id inhomo- logen und des , ,Photopyr id ins" im s i c h t b a r e n L i c h t

,,Photopyridin:' -Papiere oder Gewebe ,,bleichen" im dif- fusen Tageslicht langsam, rasch hingegen im direkten Sonnen- licht aus. &[it dieser Bleichung aufs engste verkniipft ist die Erscheinung, daR die ,,Photopyridin" - Beagenzpapiere nach langerem Lagern (auch in verschlossenen, dickwandigen Glas- gefaBen im Halbdunkel), das etwa durchschnittlich 4 Wochen bis 6 Monate und langer dauerte, ihre Beaktionsfiihigkeit mit Aminen verlieren. Diese ,,AusbleichungCL kann man demon- strieren, wenn man tief kafleebraunes ,,Photopyridin"-Gewebe unter einem Diapositiv sonnenbelichtet: Man erhalt ein ,,Photo- pyridin"-Positiv, das durch die Aminreaktion in ein ,,Photo- pyridinfarbstoff" -Positiv iiberfuhrt werden kann. ]) Es wnrde der Nachweis erbracht, daB die ?,Photopyridin"-ZerstGrung nur vom s i c h t b s r e n L i c h t a u g e r R o t bewirkt wird.

Die beim ,,Photopyridin" konstatierte ,,Ausbleichung" tritt auch bei den Photoprodukten der untersuchten Pyridinhomo- logen ein, sowie bei denen einiger Pyridin-Substitutionsprodukte. UV-bestrahlte (daher gelb bis gelbbraun gefarbte) alkoholische Pyridin- und Pyridinhomologenlosungen entfarben sich im Tages-

I) Uber die technische Auswertung dieser Erscheinung vgl, Hans Frey tag , Erweiterung des Uviol-Bernueterungsverfabrens mit Pyridin, Monatachr. f. Textil-Ind. 1933, S. 155; vgl. hierzu H. Freytag , Uviol- bernusterung mit Pyridin: Die Pbotopyridinfarbstoffe, a. a. 0. S. 107 u. 130.

Journal f . prakt. Chemie [2] Bd. 139. 4

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(langsam) oder Sonnenlicht (rasch). Versuche, durch spektral zerlegtes Licht die ,,Photopyridin"-Zerstarung in ihrer Wellen- kngenabhangigkeit genauer kennenzulernen [etwa wie die Bil- dung der Photoprodukte im UV (vgl. 111. und IV. Mitt.)], konnten leider (aus auBeren Griinden) noch nicht angestellt werden.

3. V e r h a 1 t e n e i n i ge r P y r i d i n - S u b s t i t u t i o n s p r o d u k t e l) im UV-Licht

Von den untersuchten Praparaten wurden wHBrige oder alkoholische (0,l bis 1 prozent.) Losungen bereitet und diese selbst bestrahlt, hauptsachlich jedoch zum Impragnieren von xu bestrnhlenden Filtrierpapieren verwendet. Die Reaktions- fahigkeit der auf den Papieren gebildeten Photoprodukte wurde stets mit ,&Naphthplaminhydrochlorid (,,P-Reaktion") iiberpriift (vgl. auch folgende Tab. 3).

2-Amino-pyridin (A) und 3-Amino-pyr id in (B): Bei diesen Basen interessierte vor allem, ob auch sie wie die pri- maren aromatischen Amine mit ,,Photopyridin" zu reagieren vermiigen. Zu diesem Zwecke wurden die Basen in Wasser gelost, ihren Losungen etwas HCl zugesetzt, dann aufgekocht und die Reaktion vorgenommen. Mit A bildet sich ein brauner, mit B ein kakaobrauner bis lilabrauner Farbstoff auf dem Papier, mit NaOR wird der erstere hellgelbbraun, der zweite schmutziggelb, bei beiden kehrt die urspriingliche Farbe mit Sauren wieder, allerdings nicht mit der Genauigkeit, die man von den verwandten Farbstoffen gew6hnt ist.

Zu den UV-Restrahlungsversuchen wurden die Basen in Alkohol geltist. Die mit diesen Liisungen getraukten , noch feuchten Papiere wurden teilweise direkt, teilweise unter Fenster- glas- und Uviolschwarzglasbedeckung UV-bestrahlt. I n beiden Fallen erwiesen sich auch die UV-Strahlen, deren Wellenlangen groSer als 300 mp waren, ah wirksam, was schon fruher, speziell fur Base B festgestellt worden ist (vgl, IV. Mitt.).

Das A-Photoprodukt ist auf Papier stark gelb, in alko- holischer Losung orange; das B-Photoprodukt ist aber auf

l) Die mir in entgegenkommendster Weise z.T. xus der Prapa- ratenaammlung des I. Chem. Laboratoriums zur Verfugung gestellt, z. T. von Praktikanten der organ. Abteilung hergestellt wurden.

H. Freytag. Einwirkung ultravioletter Strahlen auf Pgridin, V 51

blauweis keine leuchtend

I weiB- ,,

schwach- gelblich

T a b e l l e 3 Es bedeuten: I das Pyridin-Substitutionsprodukt (Py - S,), I1 die

E'arbe seines Photoprodukts irn Tageslicht , I11 im filtrierten UV, I V Reaktion des Photoprodukts mit Lauge und Slure, V Ausfall der b-Reaktion, VI (Jmschlag des Farbstoffs mit 1. = Lauge. 2. = SBure, VII Bemerkungen.

gelb- rotlich

rosa- gelbl.

.

I

2-Pyridin- carbonsiiure

8-Pyridin- carbonsaure

2,3,4,5 - Pyri. din-tetra-

carbonsaure

~~~~ ~ -~

?, ?-Dibrom- pyridin,

Schmp. 11 1 O

(unkorr.) %Nitro- pyridin

Pyridin-3- sulfonsaure 2)

briiiuniich-, .. lila

gelblich- ,, &Tau

~

TI

Telbbraur ~

hellgel b

iehr schw braunlich

hellgel b- brlunlicl

itark gelt

hellgelb- braunlicl

rosaroi

gelb- lich

unbe- ., stimmt

orange

1 . gelb, Py-S. in Wasser 2. urspriingl. gelost Farbe retonr

1. desgl. 2. desgl.

1. rotorange, 2. braun-

orange; rnit konz. HC1

violett l.gelb, 2. UP spriiugliche Farbe retonr

1. rBtlich (ro8a),

2. urspriingl Farbe retour

1. gelb, 2. urspriingl.

I , Farbe retour

PyS. in Alkohol gelost

Py-S. in Wasser gel0st ;

vgl. s. 59

Py-S. sehr altes Praparat; in

Alkohol g e l k t

Py-S. geliist in Wasser, dieN0,- Gruppe spaltet bei Bestr. Sauer-

stoff ab ; sein Nachweis durch Rotfarbung einer Aloinlosg. nach 0. B a u d i s c h ' ) Py-S. gelost in

Wasser

Papier graubraun-grunstichig und erinnert in seiner Farbung an Photooxydationsprodukte des Anilins. 3,

Die Photoprodukte dieser Basen verhalten sich Laugen oder Sauren gegeniiber indifferent, ihre Fluorescenz ist gelb- braun (A) bzw. graubriiunlich (B). Die ,!?-Beaktion tritt bei beiden ein, wie man deutlich aus dem Verhalten der d a m

1) 0. B a u d i s c h , Ber. 45, 1771 (1912). x ) In geringer Menge von Herrn stud. chem. F r i e d r i c h hergestellt. 9 Hans F r e y t a g , Eine neue technische Anwendung der Anilin-

schwarzgruppe, Mell. Textilber. 1932, S. 144. 4+

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schmutzig-gelb- (A) bzw. graugefarbten (€3) Papierflichen gegen NaOH und HCl erkennt. Der BUS dem A-Photoprodukt mittels F-Reaktion gebildete Farbstoff wird von NaOH schwach auf- gehellt, mit HC1 kehrt die friihere Farbe wieder; hingegen wird bei dem dem B-Photoprodukt entsprechenden Parbstoff mit NaOH wohl eine gelbliche Aufhellung erzielt, doch nimmt die NaOH-Tupfelstelle mit HC1 nicht wie ublich die urspriing- liche, sondern eine schwache Lilafarbung an. Man wird nicht fehlgehen mit der Annahme, daB die Bildung der Photoprodukte aus A nnd B eine vie1 kompliziertere ist als bei den meisten anderen Pyridinderivatcn. Ganz besonders wird dies bei B der Fall sein, was vielleicht mit der ,~aromatischen" 3-Stellung der PiH,-Gruppe zusammenhaingen diirfte. Denn neben der Bildung des mit primairen aromatischen Bminen reagierenden Stoffes kann auch gleichzeitig eine an der NH,-Gruppe an- greifende Photooxydation (vgl. Anm. 3, S. 51) stattfinden. Nicht von der Hand zu weisen ist ferner die Moglichkeit einer - ebenfalls gleichzeitig vor sich gehenden - Reaktion des un- veranderten A bzw. B mit dem auch mit auderen Aminen reagierenden Photoprodukte. Die drei erorterten Vorgange wken imstande, die auf eine Nischfarbe hindeutende Farbung dea A- und besouders des B-Photoprodukts zu erklaren.

Col l id in-d icarbonsaure-d i i i thy l - e s t e r (A) und Di- hydro c 011 i d in-d i carbo n s a u r e-di a t h y 1- e s t e r l): Diese Sub- stanzen wurden in alkoholischer Losung der UV-Bestrahlung zugefiihrt. Nach 2 Stunden trat - in Losung - die @-Re- aktion ein. hus A hatte sich in dieser Zeit ein Photoprodukt gebildet, das einen violetten Farbstoff bildete, ebenso aus B, jedoch in bedeutend geringerer Menge, wie aus der auf- fallend schwkcheren braunvioletten Farbung geschlossen werden konnte.

Wurden die A- und B-Losungen in Glas- oder Quarz- gefaBen dem diff'usen Tages- und direktem Sonnenlicht 14 Tage lang ausgesetzt, so trat die @-Reaktion ein. Es mufiten also die gleichen Photoprodukte wie durch die Quarzlampenbestrahlung entstanden sein, und zwar hochstwahrscheinlich durch die auch im Sonnen- bzw. Tageslicht enthaltene langwellige UV-Strahlung.

l) Vgl. Anm. 2, S. 51.

H. Freytag. Einmirkung ultravioletter Strahlen auf Pyridin, V 53

Damit aus B das gleiche wie aus A entstehende @-reak- tionsfahige Photoprodukt sich bilden kann , muB zuerst B in A iibergehen. Diese Photodehydrierung ist fur Dihydrolutidin- dicarbonsaure-ester bekannt l) und wurde auch von C iamic ian und S i l b e r fur B festgestellt.2)

Nach vorliegenden Befunden darf mit einiger Sicherheit gefolgert werden, daB nicht nur das Pyridin und seine Homo- logen, sozldern auch seine siimtlichen Substitutionsprodukte durch OV-Strahlen in Verbindungen iibergehen, die rnit pri- maren aromatischen Aminen unter Farbstofibildung zu re- agieren vermogen. Neben diesen Photoprodukten konnen noch solche entstehen, die mehr oder meniger fur den Substituenten charakteristisch sind, wie es beim 2- und 3-Amino-pyridin an- genommen werden muB und wie es fur das 2-Benzyl-pyridin bewiesen wurde 3, (in Bbhiingigkeit von UV-Strahlen verschie- dener Wellenrange).

4. Uber d i e N a t u r des , :Photopyr id ins

A. S a u e r s t o f f - N o t w e n d ig k e i t z u r ,, P h o to p y r i d i n '( - Bildung : Bei zahlreichen photochemischen Reaktionen spielt der Sauerstoff eine entscheidende Rolle. Es lag daher die Vermutung nahe, daB dies auch im vorliegenden Falle zutreffen wiirde, urn so mehr, als schon haufig die Beobachtung gemacht wurde, da6 die Gelbbraunfarbung (,,~hotopyridin'L-Bildung) des Yyridins wiihrend seiner UV-Bestrahlung an der Orenze Pyridin- Luft beginnt und yon dort in das Innere der Flussigkeit weiter- schreitet.

Es wurde daher Bombenstickstoff in einen mit reinstem Pyridin gefullten Qnarzkolben eingeleitet. Der Stickstoff strich vorher uber gliihendes Kupfer (uber Cu-Spane und -Pulver). Das Einleiten wurde 1-2 Stunden vor der Bestrahlung be- gonnen, urn aus dem Kolben die Luft zu verdrangen. Dann erst wurde mit der Bestrahlung angefangen. Ein Eindringen

I ) H. Meyer u. A. H o f f m a n n , Monztsh. Chem. 39, 107 (1918). 2, G. C i a m i e i a n u. P. S i l b e r , Ber. 46, 1842 u. 1845 (1912). 7 Bans F r e y t a g u. A d o l f Miil ler, Lichtempfindlichkeit von

2-Benzpl-pyridin, Naturwiss. 21, 720 (1933). Dieselben: Uviol-Bemusterung mit 2-Benzyl-pyridin, Monatsschr. f. Textil-Ind. 1933, dzt. im Druck.

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von Luftsauerstoff in den Kolben wahrend des Versuchs war zumindest anf ein Minimum herabgesetxt, da der Stickstoff unter Druck stromte. Zur gleichen Zeit und in gleicher Ent- fernung vom Quarzbrenner wurde zur Kontrolle in einem Quarz- kolben, der ebenfalls mit Kork verschlossen war, Pyridin mit- bestrahlt. Dort hatte der Luftsauerstoff Zutritt. Als nach 1 stundiger UV-Bestrahlung das Kontrollpyridin mit dem in der Stickstoffatmosphare bestrahlten verglichen wurde, zeigte es sich, dab das erstere stark gelb, das letztere aber nur minimal (entsprechend der geringfugigen Sauerstoffmenge) gelb- stichig gefarbt war. Dieser bedeutende Farbunterschied blieb konstant auch nach 2- und mehrstiindiger Bestrahlung. Wurde der Stickstoffstrom eingestellt und das sch wach gelbstichige Pyridin unter Luftzutritt weiter bestrahlt , nahrn es alsbald eine starke, gelbe Farbung an.

Die UV-Bestrahlung des Pyridins wahrend des Einleitens von Bombensauerstoff zeitigte keine irgendwie erkennbare, ver- mehrte ::Photopyridin"-Bildung.

Urn zu untersuohen, ob dabei nicht vielleicht das a7us dem Sauerstoff durch Bestrahlung entstehende Ozon oder das aus dem vom Pyridin hygroskopisch festgehaltenen Wasser ge- bildete Wasserstoffsuperoxyd beteiligt ist, wurden folgende Versuchsreihen ausgefiihrt:

B. Wi rkung d e s Ozons auf Pyr id in l ) : In reinstes Pyridin (M erck) wurde ozonisierter Sauerstoff eingeleitet. Nach 1,5--2 Stunden war es stark trub geworden und braun gefiirbt. Diese Braunfarbung vertiefte sich noch nach dem Ozoneinleiten (gleichgiiltig, ob sich das so behandelte Pyridin im Dunkeln oder im Licht befand) und es schied sich ein voluminoser Niederschlag ab, der beim Erwarmen auf etwa 50° wieder in

l) Trotz der zahlreichen Arbeiten iiber die Wirkung des Ozons konnte ich in der Literatar keinerlei Angaben iiber die auf Pyridin auf- finden, obwohl es eiemlich nahe liegt, diese Untersuchungen analog jenen uber Beneol anznstellen [vgl. dazu C. Harries , Ann. Chem. 343, 311 (1905); 374, 288 (1910); 390, 235 (1912); 410, 1 (1915), insbesondere hier das Kapitel ,,nber Aldehyde der Pyridin- und Piperidinreihe" yon Georg H. L6nir6 , 8. 951. ober die Oeonwirkung auf Piperidin hei6t es, daB es wie Wasserstoffauperoxyd, aber in schwkherem MaSe, ein- wirkt (vgl. die folgende FuSnote).

H. Freytag. Einwirkung ultravioletter Strahlen anf Pyridin, V 55

Losung ging. Dies erklart wohl, dab bei der unter UV-Be- strahlung vorgenommenen Ozonisierung das Pyridin sich nur braun farbte, aber sonst - eben infolge der Erwarmung durch den Quarzbrenner - klar blieb. Erst bei der Abkiihlung auf Zimmertemperatur trat die Fallung wieder ein.

Das ozonisierte Pyridin wurde vom Niederschlag abfiltriert, das Filtrat mit Alkohol verdiinnt und 4 Tage sich selbst iiber- lassen. Nach dieser Zeit war die Losung verdunstet und schon mit freiem Auge sichtbare, nadel- und stabchenformige, klare und schwach gelblich gefiirbte Krystalle blieben zuriick. Keines der nur in geringer Menge erhaltenen Ozonisierungsprodukte (die eventuell spiiter im Rahmen einer besonderen Arbeit unter- sucht werden sollen) gab die ,!I-Reaktion. Selbst dann nicht, wenn die Ozonisierung unter gleichzeitiger UV-Bestrahlung von statten ging.

C. W i r k u n g von Wasse r s to f f supe roxyd auf P y r i - d in : R. Wolffens tein') hat meines Wissens zuerst festgestellt, da6 Wasserstoffsuperoxyd Pyridin nur schwierig angreift unter Bildung von Ameisensaure. Einen anderen Verlauf nimmt die Reaktion nach C. Neuberg2) , wenn in schwefelsaurer Liisung in Gegenwart von FeSO, gearbeitet wird. Es bildet sich nach diesem Antor dabei ein Korper, der den Pentosen nahesteht.

Wird also zu reinstem Pyridin 3- oder 30prozent. (nicht fur die Tropen konserviertes) Wasserstoffsuperoxyd gefiigt, so f arbt sich das Gemisch unter schwacher Erwiirmung binnen 30 Minuten bzw. schon binnen 5 Minuten schwach gelb.s) Die

I) R i c h a r d W o l f f e n s t e i n , Ber. 25, 2777 (1892). *) C. N e u b e r g , Biochem. Ztschr. 20, 526 (1909). 3, Die bei Zimrnertemperatur verlaufende Reaktion ist nicht leicht

an der Gelbfiirbung zu verfolgen. Ich beobachtete daher den Fort- schritt der Reaktion an der Anderung der Absorption, wobei ich mich der Hilfe von Herrn Kollegen Dr. L u d w i g H a s c h e k erfreute, dem ich aueh an dieser Stelle dafiir meinen beaten Dank sage.

Das Pyridin-Wasserstoffsuperoxydgemisch (1 : 1) absorbiert sofort nach der Mischung schwach den Bereich bis 404 rnp und jenen von etwa 300 rnp a n nach kiirzerem 1 des Fe-Spektrums. Die Absorption wird nach 60 Minuten immer starker, nach mehr als 24 Stunden ist sie im UV fast vollkommen. Mit der Absorption des kurz- und langwelligen UV im Einklang steht die s c h l i e h h rein gelbe Farbe des Reaktions- gemisches.

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gelbe Farbe nimmt bestindig an Tiefe zu. Erhitzen beschleunigt den ProzeB. Ein 6 Stunden lang erhitztes Pyridin-Perhydrol- gemisch besaB eine rein gelbe Farbe, der Pyridingeruch war verschwunden, an seine Stellc war ein saurer, an Ameisensaure erinnernder, getreten. Das Reaktionsgemisch reagierte auch gegen Lackmus muer (vgl. Wolffenstein, a. a. 0.). Es wurde schlieBlich im Vakuum eingeengt, wobei eine sirupose, gelb- liche Masse hinterblieb. Diese, wie auch das friihere Reak- tionsgemisch, gab keine p-Reaktion.

Vergleicht man nun die Ergebnisse der Versuchsreihen A, B und C, so wird man erkennen, daB die Oxydation unter dem EinfluB der UV-Strahlen die mildeste ist. Vielleicht wird sie von atomarem Sauerstoff verursacht.I) Es ist nicht &us- geschlossen, daB sich das ,,Photopyridin" auch bei der Ozon- bzw. Wasserstoffsuperoxydeinwirkung bildet, jedoch nur als niederste Oxydationsstufe, als Zwischenprodukt, das sofort weiter oxydiert wird, im ersten Falle zu noch unbekannten Verbindungen, im zweiten sogar bis zur Ameisensaure [falls die Reaktion durch besondere Bedingungen nicht beeinfluBt wird, so daf3 Pentosen entstehen (vgl. Neuberg, a. a. O.)], wes- halb niemals eine i9-Reaktion zu erhalten ist.

D. Vergleich des , ,Photopyr id ins" mi t S p a l t p r o - d u k t e n des Pyr id ins : Die zuerst gefa6te Meinung, daB das ,,Photopyridin" ein Peroxyd, etwa ein Pyridin-N-peroxyd sei, wurde durch den negativen Ausfall der Peroxydreaktionen widerlegt. Deshalb wurde vermutet, daf3 das ,,Photopyridin" ein Spaltungsprodukt des Pyridins sei, das durch einen ge- ringen Sauerstoffgehalt ausgezeichnet ist. Als solches ist der G lu tacond ia ldehyd bekannt. Von diesem Korper leiten sich die sogenannten Pyridinfarbstoffe ab, bei deren Bildung das Pyridin mittels Dinitrochlorbenzol (Th. Zincke) oder Brom- cyan (W. Konig) unter Eliminierung des Stickstoffs aufgesprengt wird. Auf die xhnlichkeit dieser Farbstoffe mit den ,,Photo- pyridinfarbstoffen" habe ich schon hingewiesen und den Nach- weis erbracht, daB in diesen entweder eine Azo- oder eine

l) Vgl. hierzu etwa die Arbeit von Alfong Klemenc und Franz P a t a t , Ztmhr. physik. Chem., Abt. A, 149, 449 (1930).

Vgl. die in FuSnote 1, S. 49 zitierten Arbeiten.

H. Freytag. Einwirkung ultravioletter Strahlen auf Pyridin, V 57

Carbimgruppe vorkommt, oder, wie bekanntlich in jenen, eine Azomethingruppe.

Urn diese Vermutung uber die ,,Photopyridin" - Natur experimentell zu stutzen, ivurden folgende Versuche angestellt l):

a) Nuchweis der Aldehydnrrtur des ,,€'hotopyridins": Pyri- ridin, 2,4- und 2,6-Dimethyl-pyridin, 2,4,6-Trimethyl-pyridin, 2-, 3- und 4-Methjlpyridin wurden solange UV-bestrahlt bis sie eine kraftige branngelbe Farbe besakien. Die Reaktion mit frisch bereiteter fuchsinschwefiiger Saure war in allen Fallen positiv, bei 2,6-nimethyl- und 2,4,6-Trimethyl-pyridin auffallend schwach.

b) Arachweis lion Ammoniuk. Pyridin wurde sowohl rein wie in 3prozent. alkoholischer Losung 24 Stunden lang UV-be- strahlt. Die tief gelbbraun gefarbten Proben wurden mit Lauge versetzt, wobei sie sich stark rotgelb farbten, und destifliert. Das Destillat wurde in frisch hergestelltem Nesslerschem Reagens aufgefangen. Stets konnte gleich nach Destillations- beginn das entweichende Bmmoniak an der Rotbraunfiirbung des Beagens' erkannt werden. Dieses Ergebnis steht vollkommen im Einklang mit den Befunden von L i e b e r und Getreuer.2)

c) Nach diesen Feststellungen wurde Pyridin einmal nach dem Verfahren von H a n s Th. B u c h e r e r und J u l i u s S c h e n k e 1 ", das andere Ma1 nach jenein von P a u l B a u m - g a r t 8114) in den Pyridin-schwefligsaure-ester bzw. in das Ne- Salz des enol-Glutaconaldehyds gespalten. 5,

Die waBrige Losung des nach B u c h e r e r und Schenke l

1) In diesem Zusammenhange sei auf die spiiter nachfolgende Abhand- lung yon F. F e i g l und V. A n g e r verwiesen. DieseForscherkommen zu den gleichen Ergebnissen wie ich, obwohl wir vollig unabhLngig von- einander arbeiteten. Durch Zufall erlangte ich Kenntnis von F e i g l s Arbeit, knapp vor AbsehluB meiner vorliegenden. Herr F. F e i g l war so liebenswiirdig, mir in sein Manuskript Einblick zu gcw5hren. Unsere Ubereinstimmung ist sehr befriedigend.

$) F. L i e b e r u. V . G e t r e u e r , Biochem. Ztschr. 269, 1 (1933). 3, H a n s Th. B u c h e r e r u. J u l i u s S c h e n k e l , Ber. 41, 1346

3 P a u l B a u m g a r t e n , Ber. 57, 1622 (1924). 3 Diese praparativen Arbeiten hat Herr stud. chem. F r i t z L e d e r e r

in sorgfaltiger Weise durcbgefubrt, wofiir ich ihm auch an dieser Stelle herzlichst danke.

(1908).

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dargestellten Pyridin-schwefiigsaure-esters wurde so lange mit verdiinnter HCl versetzt, bis fast keine schweflige Saure mehr entwickelt wurde. Wurde nun die so behandelte Losung rnit einer heiBen von ,5-Naphthylaminhydrochlorid versetzt, so bil- dete sich sofort ein c a r m i n r o t e r Farbstoff, wie im Falle des ,,Photopyridins". Mit Lauge trat ein Umschlag nach Gelb ein, mit S&ure kehrte die ursprungliche Farbe wieder zuruck. Mit der salzsauren Glutacondialdehydlosung getranktes Papier gab mit @-Naphthylamin hydrochlorid, ebenso ,,Photopyridin"-Papier, einen carminroten Farbstoff, der sich auch Laugen und Sauren gegeniiber analog verhielt.

Nach dem Verfahren von Baumgar t en wurde das Natrium- salz des enol-Glutaconaldehyds erhalten. Seine tief braune, methylakoholische Losung farbt Filtrierpapier gelbbraun. Mit P-Naphthylaminhydrochlorid liefert dieses sofort einen carmin- roten Farbstoff, der mit Laugen und SBuren wie der ,,Photo- pyridinfarbstoff" reagiert.

Danach scheint das ,7Photopyridin*' tatsachlich mit dem Glu tacond ia ldehy d - als der amin-reaktionsfihigen Sub- stanz - i den t i sch zu sein, und zwar, wenn man die leichte Abspaltung des Stickstoffs als Ammoniak durch Lauge in Be- tracht zieht, rnit dem Ammoniumsalz se ine r Eno l fo rm (Formel I), das sicherlich sich in seiner Farbe nicht allzu sehr von dem Natriumsalz unterscheiden durfte. Von diesem gibt es nach B a u m g a r t e n fa. a. 0.) zwei Modifikationen, eine gelb- braune und eine dunkelrote (Formel 11). Mit dieser Tatsache gelingt es vielleicht, sich uber die Reaktion des ,,Photopyri- dins" mit NaOH oder KOH eine ungefsihre Vorstellung zu machen. Wird tief kaffeebraunes ,,Photopyridin"-Papier mit NaOH betupft, so farbt sich die Tupfelstelle violett (rotviolettj (vgl. ILMitt.); nach einiger Zeit verbla& sie und nimmt eine gelblichbraune Farbe an:

CH CH A\ A

CH CH CH CH (1) I +NaOH - f /I I + NH,OH

O=C C-0-NH, CH CH-0-Na \/ 0 I 1

H H I anf Papier kaffeebraun

I1 auf Papier (rot) violett

H. Freytsg. Einwirkung ultravioletter Strahlen auf Pyridin,

CA CH A\

CH CH /\,

I I ' (2) I? I \/ 1 1

Dss (Rat) CH CH

CH CH-0-Na :;:& O=C C-0-Na

0 H H

v 59

Auch der mit NaOH auftretende Umschlag nach Rotgelb des stark UV-bestrahlten Pyridins wird vielleicht durch Schema (1) verstandlich.

Mit dem Befund B a u m g a r t e n s (a. a. O.), dab der in waBriger Losung durch Sauren aus dem Na-Salz frei gemachte enol-Glutaconaldehyd sich unter Abscheidung eines schwarz- lichen Niederschlags dunkel farbt, scheint die schon friiher berichtete Beobachtung, da6 durch Sauren die ,,Photopyridin"- Papiere grauschwarz- bliulich gefiibt werden (vgl. S. 45), im Einklang zu stehen.

Wird ein 24 Stunden lang UV-bestrahltes Pyridin mit einer konz. BaCl,-Losung versetzt, gut durchgeschiittelt und dann noch weiter verdiinnt und stehen gelassen, so scheidet sich langsam ein feiner krystalliner Niederschlag (in sehr ge- ringen Mengen) aus. Es durfte sich um das Ba-Salz des Gluta- conaldehyds handeln, das B a u m g a r t e n (a. a. 0.) dargestellt hat. In vorliegendem Falle war die Menge zu einer Analyse unzureichend.

Die 2,3,4,5 -Pyridin-tetracarbonsaure liefert, wenn ihre - heiB hergestellte - maBrige Losung bestrahlt w i d , ein Photoprodukt (vgl. Tab. 3), das mit der heiBen b-Naphthyl- aminhydrochloridlosung unter Bildung eines braunorangen Farb- stoffs, der ausfiillt, reagiert. Er lii6t sich verhaltnismaBig leicht isolieren l) wie folgt:

Etwa 0,2g werden in hei6em Wasser geliist, filtriert und in einem Quarzkolben mit RiickfluBkiihler (um das Verdampfen des Wassers wahrend der Bestrahlung zu verhindern) etwa 12 oder 14Stunden lang UV-bestrahlt. Nach dieser Zeit ist die Losung hellgelbbraun geworden. Von etwas ausgeschiedener Carbonslure wird abfiltriert und zu der Losung eine heiBe

I) Ich hoffe, gelegentlich auch die Farbstoffbildung aus fl-Naph- thylamin und den Photoprodukten der anderen Pyridin-tetracarbonsiiuren studieren eu konnen.

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etwa 1 prozent. p-Naphthplamin hy drochloridlosung unter Ruhren zugefiigt. Damn wird bis zum Sieden erhitzt, wodurch sich der braunorange gefarbte Niederschlag etwas roter farbt. Fil- triert wird durch ein gehartetes quantitatives Filter, moglichst heiB, damit das unverbrauchte P-Naphthylaminhydrochlorid in Losung bleibt. Der griirjlicfi schimmernde Niederschlag wird 20mal mit siedendhei6em Wasser gewaschen und das Filter im Vakuum iiber Chlorcalcium getrocknet. Das vollkommen trockne Filter wird in einem Glasschliffsoxhlet rnit Petrolather [Fraktion 40-50 O) moglichst erschopfend extrahiert. Die Fetrol’atherksung ist rubinrot gefarbt und liefert beim Ein- dunsten im Vakuum iiber Paraffin ein rotbraunes Pulver, das nicht zur Krystallisation gebracht werden lronnte.

Der Farbstoff ist in Alkohol, Aceton, Ather, Tetrachlor- kohlenstoff, Chloroform, Benzol, Eisessig, Pyridin und Pyridin- Wassergemisch 1 : 1, rnit durchwegs gelboranger Farbe (bei ge- ringer Konzentratioa) bzw. mit roter bis rubinroter jbei hoher Konzentration) leicht loslich. Laugen &sen ihn nich t. Konz. Sauren, wie Salzsaure, bringen ihn z. T. rnit violetter Farbe in Losung. T’ollstandig wird er von konz, Schwefelsaure mit tief indigoblauer Farbe gelost. Daraus 1st er durch Wasser- zugabe zum groBen Teil wieder rnit braunoranger Farbe fiillbar.

Der in geringen Mengen erhaltene Farbstoff wurde mikro- analysiert. Die erhaltenen Werte differierten aber derart von den auf Grund meiner Ansichten uber die Konstitution der Farbstoffe berechneten, da8 eine weitere Analyse erst nach Reinigung moglich erschien. Diese R.einigung mar unduroh- fiihrbar, da zu wenig Substanz zur Verfiigung stand. Bei der Berechnung wurde auch beriicksichtigt, daB infolge der UV- Strahlenwirkung auf die Tetracarbonsaure aus einer oder zwei oder drei COOH-Gruppen CO, abgespalten werden kGnnte, ob- wohl dies weder in diesem Falle, noch bei den anderen Carbon- sauren eindeutig nachgewiesen werden konnte.

Wird nach B a u m g a r t e n (a. a. 0.) die Lasung des Na- Salzes des enol-Glutaconaldehyds mit Ammoniumacetat im Dampfstrom destilliert , so kann im Destillat Pyridin nach- gewiesen werden. Offenbar bildet sich zuerst das NH,-Salz (das ,,Photopyridin“), und aus diesem durch Austritt von 2 H,O das Pyridin. Durch Erhitzen des ,,Photopyridinscr tritt eben-

H. Freytag. Einwirkung ultravioletter Strahlen auf Pyridin, V 61

falls Pyridingeruch auf, wie ich beobachten konnte (vgl. I. Mitt., a. a. 0.). Diese leichte aberfuhrbarkeit des ,,Photopyridins", d. h. also des Ammoniumsalzes des enol-Glutaconaldehyds in Pyridin, l%Bt die Empfindlichkeit dsr Photoprodukte des Py- ridins und seiner Derivate sichtbarem Lichte gegeniiber (vgl. S. 49) ganz besonders wesen t l i ch erscheinen.

Denn es liegt wohl im Rereich der Moglichkeiten, dai3 die von B a u m g a r t e n zu einer Methode der Darstellung von 3-Halogen-pyridinen ausgearbeitete Umsetzung des Bmmonium- salzes des enol- Glutaconaldehyds l) nicht nur durch Warme- energie, sondern auch durch L i c h t e n e r g i e bewirkt werden kann. Dafur spricht m. E. auch folgende, wiederholt gemachte Beobachtung : ,,Photopyridin"-Reagenzpapiere, die keinen Pyri- dingeruch aufweisen, zeigen einen solchen, wenn sie in einem verschlossenen GlasgefaB dem Tageslicht ausgesetzt wurden. Gleichzeitig nimmt ihre Amin-Reaktionsfiihigksit ab, ihre tief kaffeebraune Farbe wird hellgelb bis schwach gelbstichig. Untersuchungen uber die Miiglichkeit einer Photosynthese des Pyridins (die auch von pflanzenphysiologischem Interesse ist) nach dem Schema

CH crx </\? A\ CH LH I II

I 1

HC CH

HC CH v

N

I I1 + 2I1,O sichtbares _ _ O=C C-O-NH, l~lchtpf

(3)

H H

sind im Gange. Ebenso solche, die die Gewinnung des Photoproduktes des

Pyridins in analysierharen Mengen zum Gegenstande haben, da nur auf diesein Wege die Natur des ,,Photopyridins" end- giiltig und exakt geklart werden kann.

Zusammenfassung 1. Das Studium des qualitativen Nachweises primarer

aromatischer Amine mittels ,,Photopyridin" wurde fortgesetzt ; es konnte festgestellt werden, da6 dieser Nachweis den Wert einer Gruppenreaktion hat.

l) P. Baumgarten, Ber. 68, 2018 (1925).

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2. Die Pyridinhomologen and -Substitutionsprodukte geben im UV-Licht Photoprodukte, die ebenfalls befahigt sind, mit primiiren aromatischen Aminen unter Farbstoff bildung zu re- agieren. In gewissen Fallen werden - in Abhangigkeit von den Substituenten - noch andere Photoprodukte gebildet.

3. Die ,,PhotopyridincL-Bildung erfolgt nur in Gegenwart von Sauerstoff; Ozon und Wasserstoffsuperoxyd reagieren wohl mit Pyridin, jedoch nicht unter ,,Photopyridincr-Bildung. Das ,,Photopyridin" ist - hochstwahrscheinlich - identisch mit dem Ammoniumsalz des enol-Glutaconaldehyds, aus dem durch Kondensation mit den Aminen Farbstoffe entstehen. Die ,,Photopyridinfarbstoffe" sind demnach mit den bekannten ,,Pyridinc6farbstoffen identisch,

4. Die Natur des ,,Photopyridins" kann natiirlich nur durch Analysen klargestellt werden; Untersuchungen, die seine Dar- stellung in ausreichender Menge und ferner die Moglichkeit einer Pyridinphotosynthess aus dem Ammoniumsalz des enol- Glutaconaldehyds (,,Photopyridins") zum Gegenstande haben, sind im Gange.

Herrn Prof. H. Mark , Vorstand des I. Chem. Instituts der Universitat in Wien und Herrn Prof. A. Kai l an , Leiter der organischen Abteilung, sage ich fur die gewahrte Gastfreund- schaft und vielfaltige Unterstutzung und das meinen Arbeiten entgegengebrachte Interesse auch an dieser Stelle Dank. Ebenso zu Dank verpflichtet bin ich den Herren Doz. Dr. A. Miiller und Dr. K. Czadek.

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