Empathisches Design Nutzungsimpuls und Produktanwendung

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Empathisches Design

• Kombination des impliziten Wissens von Kunden über latente Bedürfnisse mit dem Wissen von Experten über mögliche Problemlösungen

• Beobachtung der Nutzer in ihrer natürlichen Umgebung

• Ansprache folgender Bereiche

• Umfeld des Kunden

• Nutzungsimpuls und Produktanwendung

• Produktanpassung

• Wirkung schwer erfassbarer Produkteigenschaften

• Unausgesprochene Kundenbedürfnisse

• Zweckentfremdung

• Durchführungsschritte

• Beobachtungsplanung

• Beobachtung und Datenerfassung

• Reflexion und Analyse

• Lösungsentwicklung

• Entwurf von Prototypen

> 4 Innovationsmanagement

> 4.2 Problemerkenntnis

132SS 2012Univ.-Prof. Dr. Martin Dietrich, LS Betriebswirtschaftslehre, insb. Management des GesundheitswesensInnovationen und Versorgungsentwicklung

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Lead User Methode

• Marktforschungsansatz, der nicht die Grundgesamtheit repräsentativ abbildet, sondern auf spezifischen Kundengruppen konzentriert ist: „Lead User“

• Lead User

• Besonders innovative Nutzer

• Existierende Bedürfnisse, für die bestehende Lösungen nicht geeignet sind und die „normale“ Nutzer erst in Zukunft wahrnehmen werden

• Motivierte und involvierte Nutzer

• Bereitschaft, intensiv nach eigenen Lösungsansätzen zu suchen

• Hohes Problemverständnis

• Lead User und Diffusionsforschung: Lead User in etwa gleich zu setzen mit den „Innovators“ in der Diffusionsforschung (Rogers 2003)

• Lead User Methode als Input für den Innovationsimpuls und als Entwicklungsmethode

> 4 Innovationsmanagement

> 4.2 Problemerkenntnis

133SS 2012Univ.-Prof. Dr. Martin Dietrich, LS Betriebswirtschaftslehre, insb. Management des GesundheitswesensInnovationen und Versorgungsentwicklung

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Vorgehen der Lead User Methode

1. Start des Leas-User-Projekts: Teambildung und Identifikation des Suchfeldes

2. Trendprognose: Identifikation von Trends und Umfeldentwicklungen

3. Identifikation der Lead User: Bestimmen von Lead-User-Kriterien

1. Screening-Ansatz: Identifikation von Lead Usern durch Marktforschung

2. Networking-Ansatz: Nutzung persönlicher Netzwerke von Lead Usern

4. Lead User Workshop: Akquirierung der Lead User für Workshops zur Ideengenerierung, Problem Nutzungsrechte

5. Bewertung der Ergebnisse und Transfer: Anpassung der Ergebnisse auf den Markt

Vorläufige Evidenz der Lead User Methode

• Positiver Einfluss auf den Innovationserfolg

• Hohe Akzeptanz von Leas User-basierten Innovationen

• Höherer Innovationsgrad der Ideengenerierung

• Schnellere und kostengünstigere Innovationsentwicklung

• Positiver Einfluss auf Zusammenarbeit von Marketing und F&E

> 4 Innovationsmanagement

> 4.2 Problemerkenntnis

134SS 2012Univ.-Prof. Dr. Martin Dietrich, LS Betriebswirtschaftslehre, insb. Management des GesundheitswesensInnovationen und Versorgungsentwicklung

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4.3 Ideenfindung und Kreativität

• Ziel: Entwicklung von Produktideen aus dem Zusammenspiel von (technischen) Möglichkeiten und (Markt-)Bedürfnissen

• Ergebnis: Neuartige Zweck-Mittel-Verknüpfung

• Voraussetzung: Kreativität

Kreativität

• Erkennen von relevanten Problemen

• Finden von Lösungen dieser Probleme

• Kreativitätserfordernde Probleme: „schlecht strukturierte“ Probleme

• Bedeutung: „creare“ [lat.] = „erschaffen“

• Zusammenfügen von bestehenden Bildern und Assoziationen zu neuartigen Mustern

• Fähigkeit […] durch phantasievolles, assoziatives und gestaltendes Denken und Handeln bewusst oder unbewusst etwas Neues hervorzubringen

• Laterales Denken/divergentes Denken

> 4 Innovationsmanagement

> 4.3 Ideenfindung

135SS 2012Univ.-Prof. Dr. Martin Dietrich, LS Betriebswirtschaftslehre, insb. Management des GesundheitswesensInnovationen und Versorgungsentwicklung

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4.3 Ideenfindung und Kreativität

• Ziel: Entwicklung von Produktideen aus dem Zusammenspiel von (technischen) Möglichkeiten und (Markt-)Bedürfnissen

• Ergebnis: Neuartige Zweck-Mittel-Verknüpfung

• Voraussetzung: Kreativität

Kreativität

• Erkennen von relevanten Problemen

• Finden von Lösungen dieser Probleme

• Kreativitätserfordernde Probleme: „schlecht strukturierte“ Probleme

• Bedeutung: „creare“ [lat.] = „erschaffen“

• Zusammenfügen von bestehenden Bildern und Assoziationen zu neuartigen Mustern

• Fähigkeit […] durch phantasievolles, assoziatives und gestaltendes Denken und Handeln bewusst oder unbewusst etwas Neues hervorzubringen

• Laterales Denken/divergentes Denken

> 4 Innovationsmanagement

> 4.3 Ideenfindung

136SS 2012Univ.-Prof. Dr. Martin Dietrich, LS Betriebswirtschaftslehre, insb. Management des GesundheitswesensInnovationen und Versorgungsentwicklung

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• Kreativitätsprogramm des „Darmstädter Kreis – Initiative für Kreativität e. V.“ (Trommsdorff/Steinhoff 2007)

• Jeder Mensch hat kreative Fähigkeiten

• Kreative Begabung in der Kindheit am größten, später meist verdrängt

• Wissen, Erfahrung und Verständnis als Basis der Kreativität

• Angst und fehlende Freiräume hemmen, Offenheit und Mut fördern Kreativität

• Kreativität kann gefördert und entwickelt werden

• Anreize aus unbekannten Fachbereichen fördern die Kreativität

• Konstruktive Gruppen verstärken kreative Fähigkeiten

• Kreativitätstechniken erhöhen die Kreativität

• Kreativität als schöpferische Tätigkeit ist sinnstiftend

• Kreativität ist universell: Beruf, Kunst, Privatleben, …

• Kreativität als notwendige Voraussetzung von Innovationen (nicht hinreichend) und gesellschaftlich relevant

• Kreativität ist keine erschöpfliche Ressource

> 4 Innovationsmanagement

> 4.3 Ideenfindung

137SS 2012Univ.-Prof. Dr. Martin Dietrich, LS Betriebswirtschaftslehre, insb. Management des GesundheitswesensInnovationen und Versorgungsentwicklung

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Quellen von kreativen Innovations-Ideen

• Interne Quellen: Mitarbeiter einer Organisation bzw. Institution

• Externe Quellen: für alle öffentlich verfügbare Quellen (Medien, Veröffentlichungen, Messen, Patente, Wettbewerber, Kunden, technologische Entwicklungen, gesellschaftlicher Wandel, …)

• Bestehende Produkte/Leistungen bzw. Prozesse

• „Reverse engineering“

Grundlegende Vorgehensweise von Kreativitätstechniken

• Systematische Zerlegung von Strukturen

• Kombination & Variation

• Abstraktion eines Sachverhalts

• Übertragung von Analogien

• Wechselseitige Assoziation

> 4 Innovationsmanagement

> 4.3 Ideenfindung

138SS 2012Univ.-Prof. Dr. Martin Dietrich, LS Betriebswirtschaftslehre, insb. Management des GesundheitswesensInnovationen und Versorgungsentwicklung

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Kreativitätstechniken

• Intuitiv-kreative Methoden

• Förderung von Ideen durch Assoziationen, Analogien und Abstraktionen; Abkehr von analytischer Weiterentwicklung bestehenden Problemlösungswissens, � „laterales Denken“, „divergentes Denken“, „horizontales Denken“

• Methoden: Brainstorming und Varianten davon, Brainwriting, Reizwort-Analyse, Synektik, Semantische Intuition, …

• Systematisch-analytische Methoden

• Unterstützung logischer Denkprozesse, enumerative Erarbeitung aller möglichen Lösungsansätze durch Zerlegung, Kombination und Variation �analytische Weiterentwicklung bestehender Problemlösungsansätze, „vertikales Denken“

• Methoden: Morphologischer Kasten, Bionik, Attribute Listing, Funktionsanalyse, Problemlösungsbaum, …

> 4 Innovationsmanagement

> 4.3 Ideenfindung

139SS 2012Univ.-Prof. Dr. Martin Dietrich, LS Betriebswirtschaftslehre, insb. Management des GesundheitswesensInnovationen und Versorgungsentwicklung

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Brainstorming (Osborne 1953)

• Grundprinzip: Ungehemmte Diskussion in Gruppen, unzensierte Äußerungen von Gedanken

• Gruppengröße zwischen 6 u. 12 Personen, Moderator, Dokumentation

• Ablauf: Erläuterung des Problems und der Spielregeln, Abbau von Spannungen/Hemmungen, Sammeln aller Ideen (Zuruf/schriftlich), Ordnung der Ideen, Bewertung

• Ziel: Möglichst viele Einfälle zu einem spezifizierten Problem generieren

• Grundregeln: 1. Kritik ist Verboten, 2. alle Einfälle werden zugelassen, 3. Quantität vor Qualität, 4. Kombination und Verfeinerung

• Vorteile: Große Ideenmenge, schnell und kostengünstig, geringer Schwierigkeitsgrad, Lerneffekte, Motivation und Arbeitsklima, variabel einsetzbar

• Nachteile: Nur für einfache Probleme geeignet, Qualifikation des Moderators, hohe Streuverluste bzgl. der Problemstellung, basiert nur auf Kommunikationsregeln, Konditionierungen können nicht vollständig abgebaut werden

> 4 Innovationsmanagement

> 4.3 Ideenfindung

140SS 2012Univ.-Prof. Dr. Martin Dietrich, LS Betriebswirtschaftslehre, insb. Management des GesundheitswesensInnovationen und Versorgungsentwicklung

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Brainwriting/Methode 635 (Rohrbach 1969)

• Aufbauend auf der Idee des Brainstorming und deren besonderen Erfolgsfaktoren

• Schriftliche Kommunikation von Ideen

• Intensive Weiterver- und -bearbeitung von ausgesprochenen Ideen

• 635

• 6 Gruppenmitglieder produzieren

• 3 Lösungsvorschläge für ein definiertes Problem innerhalb einer bestimmten Zeit (z. B. 5 Minuten), die dann

• 5 mal an den Nachbarn weitergegeben werden, der die Vorschläge weiter bearbeitet bzw. neue Vorschläge generiert.

• Vorteile: Keine Gruppenleitung, wird als seriöser empfunden, einfach zu lernen und kostengünstig, Anonymität möglich

• Nachteile: Schreiben als Hemmfaktor, keine anregende Diskussion, keine Rückfragen möglich

> 4 Innovationsmanagement

> 4.3 Ideenfindung

141SS 2012Univ.-Prof. Dr. Martin Dietrich, LS Betriebswirtschaftslehre, insb. Management des GesundheitswesensInnovationen und Versorgungsentwicklung

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Reizwortanalyse/Zufallstechnik

• Grundidee: Zufällig ausgewählte Wörter (auch Bilder) als Anregung der Ideenfindung

• Gruppenverfahren mit Moderation und Dokumentation

• Ablauf

• Bereitstellung einer möglichst großen Quelle von Wörtern oder Bildern

• Zufällige Auswahl eines Wortes/eines Bildes

• Herstellen einer Beziehung zwischen zufällig ausgewähltem Wort/Bild

• Vorteile: einfacher Ablauf, leicht zu lernen, abwechslungsreich, fördert laterales Denken

• Nachteile: Finden von Beziehungen schwierig, hohe Streuverluste, zeitaufwändig

> 4 Innovationsmanagement

> 4.3 Ideenfindung

142SS 2012Univ.-Prof. Dr. Martin Dietrich, LS Betriebswirtschaftslehre, insb. Management des GesundheitswesensInnovationen und Versorgungsentwicklung

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Synektik

• Ausgangsidee: Systematische Verfremdung, Übertragung eines völlig anderen Sachverhalts auf das zu lösende Problem

• Gruppenverfahren mit Moderation und Dokumentation

• Formulieren einer spezifischen Problemstellung

• Ablauf

• Problemverfremdung: Analogien aus Natur, persönlichen Umfeld, Technik, Geschichte, etc.

• Diskussion und Weiterentwicklung der Analogien

• Rückübertragung der fremden Analogien mit dem gestellten Problem und Prüfung auf neue Lösungsansätze

• Entwicklung positiv bewerteter Analogien zu Lösungsansätzen

• Vorteile: qualitativ höherwertige Lösungen, Betonung von lateralen/horizontalen Denkstrukturen

• Nachteile: weniger Lösungsideen, zeitaufwändig, schwierig zu akzeptierendes Verfremdungs-Prinzip, Konditionierungen können nur schwer abgebaut werden

> 4 Innovationsmanagement

> 4.3 Ideenfindung

143SS 2012Univ.-Prof. Dr. Martin Dietrich, LS Betriebswirtschaftslehre, insb. Management des GesundheitswesensInnovationen und Versorgungsentwicklung

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Morphologischer Kasten

• Morphologie = Gestalt-, Struktur-, Formenlehre

• Grundidee: strukturiertes und geordnetes Vorgehen zur Generierung neuer Lösungen

• Prinzipien: Vorurteilsloses Generieren aller Lösungsmöglichkeiten für ein definiertes Problem, methodisch gestützte Produktion von Ideen, Anregung der Intuition ohne vom Zufall abhängig zu sein

• Ablauf:

• Definition und Analyse des Problems

• Bestimmung der Parameter und ihrer Ausprägungen

• Aufstellen des morphologischen Kastens

• Lösungsalternativen ableiten und Auswählen

• Vorteile: systematisches Verfahren, viele potenzielle Lösungen, übersichtliche Darstellung, Interaktionseffekte, individuell oder in Gruppen einsetzbar

• Nachteile: strukturiertes Vorgehen kann Intuition hemmen, bei komplexen Problemen unübersichtlich, Ergebnisse meist keine völlig neuen Lösungen, relativ zeitaufwändig

> 4 Innovationsmanagement

> 4.3 Ideenfindung

144SS 2012Univ.-Prof. Dr. Martin Dietrich, LS Betriebswirtschaftslehre, insb. Management des GesundheitswesensInnovationen und Versorgungsentwicklung

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Bionik

• Grundidee: Kopieren von Lösungen aus der Natur

• Prinzip: Analogiebildung, Suche nach ähnlich strukturierten Problemen in der Natur, Analyse der Lösung und Übertragung auf das ursprüngliche Problem

• Beispiele: Wulstbug (Schiffahrt), Lotus-Effekt (Oberflächentechnik), Haifischhaut-Oberfläche (Strömungstechnik)

• Meist auf technische Probleme anwendbar

> 4 Innovationsmanagement

> 4.3 Ideenfindung

145SS 2012Univ.-Prof. Dr. Martin Dietrich, LS Betriebswirtschaftslehre, insb. Management des GesundheitswesensInnovationen und Versorgungsentwicklung

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Grenzen der organisierten Alternativengenerierung

• Generierung von Ideen als Ergebnis vielfältiger Einflussfaktoren

• Kreative Ideen als notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung zur Entwicklung von Innovationen

• Individuelle Kreativitätsleistungen möglicherweise höher als Gruppenleistung

• Gruppeneffekte aber für den Innovations-Management-Prozess bedeutend

• Nützlichkeit der Gruppenbasierten Alternativengenerierung bei Methoden-Variation und phasenspezifischem Einsatz.

• Informationsüberlastung durch Quantität der generierten Ideen

> 4 Innovationsmanagement

> 4.3 Ideenfindung

146SS 2012Univ.-Prof. Dr. Martin Dietrich, LS Betriebswirtschaftslehre, insb. Management des GesundheitswesensInnovationen und Versorgungsentwicklung

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4.4 Selektion und Bewertung

Technologiebasierte Bewertung von Innovationen im Gesundheitswesen

• Geschäftsmodellfähigkeit von Innovationen beruhen zum Größten Teil auf ihrer Erstattungsfähigkeit gegenüber der GKV

• Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA): oberste Beschlussgremium der gemein-samen Selbstverwaltung der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Kranken-häuser und Krankenkassen in Deutschland

• Bestimmung des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)

• Auf regionaler Ebene: Bewertungen durch Kostenträger, regelmäßig mit Evaluation bzw. Begleitforschung, Aufsicht durch Bundesversicherungsamt (BVA)

• Basis: technologieorientierte Bewertung

• Instrumente

• Evidence Based Medicine (EBM)

• Health Technology Assessment (HTA)

• Gesundheitsökonomische Evaluationen

> 4 Innovationsmanagement

> 4.4 Selektion und Bewertung

147SS 2012Univ.-Prof. Dr. Martin Dietrich, LS Betriebswirtschaftslehre, insb. Management des GesundheitswesensInnovationen und Versorgungsentwicklung

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Gemeinsamer Bundesausschuss

> 4 Innovationsmanagement

> 4.4 Selektion und Bewertung

148SS 2012Univ.-Prof. Dr. Martin Dietrich, LS Betriebswirtschaftslehre, insb. Management des GesundheitswesensInnovationen und Versorgungsentwicklung

Quelle: Schmidt, K. (2003)

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Health Technology Assessment (HTA)

• Aufbauend auf den Grundprinzipien der Evidence Based Medicine (EBM)

• Unterstützung von Entscheidungsträgern auf Makroebene (d. h. Gemeinsamer Bundesausschuss G-BA)

• „Technology“: Medikamente und andere Gesundheitsgüter, Instrumente, Prozeduren, Verfahren, Organisationssysteme in der gesundheitlichen Versorgung

• Kern: Bewertung von Gesundheitsleistungen durch systematischen Review vorhandener Studien zur Effektivität und Effizienz einzelner evaluierter Maßnahmen und Güter

> 4 Innovationsmanagement

> 4.4 Selektion und Bewertung

149SS 2012Univ.-Prof. Dr. Martin Dietrich, LS Betriebswirtschaftslehre, insb. Management des GesundheitswesensInnovationen und Versorgungsentwicklung

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Health Technology Assessment (HTA) - Prozess

> 4 Innovationsmanagement

> 4.4 Selektion und Bewertung

150SS 2012Univ.-Prof. Dr. Martin Dietrich, LS Betriebswirtschaftslehre, insb. Management des GesundheitswesensInnovationen und Versorgungsentwicklung

Quelle: Greiner (2012), S. 461

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Probleme des Health Technology Assessment (HTA) zur Innovationsbewertung

• Vor und zu Beginn des Technologie-Lebenszyklus keine bzw. kaum relevante Informationen vorhanden

• Keine bzw. zu wenig Informationen liege vor über

• Einsatz der Technologie

• Welche Technologien ersetzt werden

• Welche Nutzungsart sich langfristig durchsetzt

• Welche kosten und Nutzen langfristig entstehen

Innovationen, HTA und G-BA

• Einsatz des HTA in der Verfahrensordnung des G-BA zur Zulassung erstattungsfähiger Leistungen in der GKV

• Medizinische Methoden (ambulante und stationäre Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, Heil-/Hilfsmittel, best. Prävention etc.)

• Hochspezialisierte Leistungen, die Krankenhausärzte ambulant erbringen dürfen (§ 116b Abs. 4 SGB V)

• Arzneimittel u. Medizinprodukte

> 4 Innovationsmanagement

> 4.4 Selektion und Bewertung

151SS 2012Univ.-Prof. Dr. Martin Dietrich, LS Betriebswirtschaftslehre, insb. Management des GesundheitswesensInnovationen und Versorgungsentwicklung

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Aktuelle Entscheidungen des G-BA (2012)

Kein Zusatznutzen

1. Wirkstoff Linagliptin ("Trajenta") von Boehringer Ingelheim/Lilly zur Behandlung des Diabetes Mellitus Typ 2. Laut G-BA konnte der Zusatznutzen aufgrund eines laut G-BA "unvollständig eingereichten Dossiers" nicht belegt werden.

2. Wirkstoff Regadenoson ("Rapiscan") von Rapidscan Pharma Solutions zur Ermöglichung von Myokardperfusionsaufnahmen (Darstellung von Herzfunktion und -durchblutung). Laut G-BA konnte auch hier ein Zusatznutzen aufgrund eines unvollständig eingereichten Dossiers nicht belegt werden.

Nicht quantifizierbarer Zusatznutzen

3. Für den Wirkstoff Telaprevir ("Incivo") von Janssen-Cilag zur Behandlung der Hepatitis C sieht das G-BA einen "Hinweis auf einen Zusatznutzen von Telaprevir".

> 4 Innovationsmanagement

> 4.4 Selektion und Bewertung

152SS 2012Univ.-Prof. Dr. Martin Dietrich, LS Betriebswirtschaftslehre, insb. Management des GesundheitswesensInnovationen und Versorgungsentwicklung

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Aktuelle Entscheidungen des G-BA

Geringer Zusatznutzen

4. Wirkstoff Cabazitaxel ("Jevtana") von Sanofi-Aventis für die Behandlung von vorbehandelten Patienten mit metastasiertem Prostatakarzinom

5. Wirkstoff Fingolimod ("Gilenya") von Novartis für Patientinnen und Patienten mit rasch fortschreitender schwerer schubförmig-remittierender Multipler Sklerose, wobei die Geltungsdauer des Beschlusses aufgrund der laut G-BA "erhöhten Risikoprofils sowie des schwachen Nutzenbelegs" auf drei Jahre befristet wurde.

Beträchtlicher Zusatznutzen

6. Wirkstoff Abirateronacetat ("Zytiga") von Janssen-Cilag zur Behandlung des metastasierten Prostatakarzinoms.

> 4 Innovationsmanagement

> 4.4 Selektion und Bewertung

153SS 2012Univ.-Prof. Dr. Martin Dietrich, LS Betriebswirtschaftslehre, insb. Management des GesundheitswesensInnovationen und Versorgungsentwicklung

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Grundformen der gesundheitsökonomischen Evaluation

> 4 Innovationsmanagement

> 4.4 Selektion und Bewertung

154SS 2012Univ.-Prof. Dr. Martin Dietrich, LS Betriebswirtschaftslehre, insb. Management des GesundheitswesensInnovationen und Versorgungsentwicklung

Grundformen der gesundheitsökonomischen Evaluation

nicht vergleichend vergleichend

Kosten-Analysen

Krankheits-kosten

Analysen

Kosten-Kosten-

Analysen

Kosten-Nutzen-

Analysen

Kosten-Wirksam-

keitsanaly-sen

Kosten-Nutzwert-Analysen

Quelle: Schöffski, O. (2008), S. 66

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Kosten-Effektivitäts-Diagramm

> 4 Innovationsmanagement

> 4.4 Selektion und Bewertung

155SS 2012Univ.-Prof. Dr. Martin Dietrich, LS Betriebswirtschaftslehre, insb. Management des GesundheitswesensInnovationen und Versorgungsentwicklung

α

β

Ergebnisdifferenz

Kostendifferenz

I

III

II

IV

Intervention ist medizinisch unterlegen und kostspieliger

Intervention ist medizinisch überlegen und kostspieliger

Intervention ist medizinisch unterlegen und kostengünstiger

Intervention ist medizinisch überlegen und kostengünstiger

B

A

Quelle: in Anlehnung an Black (1990), S. 212

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Outcomes bzw. Ergebnisse medizinischer Methoden in Vergleichsstudien

• Kosten-Kosten-Analysen

• Identisches medizinisches Ergebnis, zwei oder mehr Alternativen werden verglichen

• Kosten-Nutzen-Analysen

• Klassische Form der ökonomischen Evaluation, rein monetäre Betrachtung aller Kosten- und Nutzen-Aspekte

• Kosten-Wirksamkeits-Analysen

• Bewertung medizinisch messbarer Ergebnisse ohne deren Monetarisierung

• Kosten-Nutzwert-Analysen

• Bewertung medizinischer Maßnahmen aus Patientensicht durch Messung von Lebenserwartung und Lebensqualität � „Quality Adjusted Life Years“ (QALY-Konzept)

> 4 Innovationsmanagement

> 4.4 Selektion und Bewertung

156SS 2012Univ.-Prof. Dr. Martin Dietrich, LS Betriebswirtschaftslehre, insb. Management des GesundheitswesensInnovationen und Versorgungsentwicklung

Seite Vorlesung

Probleme technologieorientierter Innovationen und Innovationsbewertung

• Medizinisch-technische Aspekte für Innovationserfolg Grundvoraussetzung

• Im Rahmen von mehr Wettbewerb für viele Innovationen unzureichend, da Nutzungsverhalten und Akzeptanzverhalten wenig berücksichtigt werden

• Insbesondere in der Umstellung der Versorgungsstrukturen erfolgskritisch: Markt-Bewertung

• Hauptproblem der Ansätze innovativer Versorgungsformen: Akzeptanz und Finanzierung

• Notwendig: Marktorientierte Bewertungsansätze

> 4 Innovationsmanagement

> 4.4 Selektion und Bewertung

157SS 2012Univ.-Prof. Dr. Martin Dietrich, LS Betriebswirtschaftslehre, insb. Management des GesundheitswesensInnovationen und Versorgungsentwicklung

Seite Vorlesung

Marktorientierte Bewertungsansätze

• Innovationsmarktforschung als marktorientierte Informationsgrundlage

• Einsatz von Techniken der Präferenzanalyse

Beispiel: Conjoint-Analyse

• Kern-Idee: Modellierung von produkt- und leistungsbezogenen Netto-Gesamt-Nutzen und des daraus resultierenden Wahl- bzw. Entscheidungsverhaltens

• Ansatzpunkt: produktspezifische Nutzenfunktionen

• Produkt- und Leistungsbegriff: „Bündel von Eigenschaften“ mehrdimensionaler Produkt- und Leistungsbegriff

• Der wahrgenommene, entscheidungsrelevante Gesamtnutzen, den eine Leistung bzw. ein Produkt stiftet, ergibt sich aus den Teilnutzenwerten seiner bewertungsrelevanten Produktmerkmale und deren Ausprägungen

• Dekompositionelles Verfahren (im Gegensatz zu kompositionellen Verfahren)

> 4 Innovationsmanagement

> 4.4 Selektion und Bewertung

158SS 2012Univ.-Prof. Dr. Martin Dietrich, LS Betriebswirtschaftslehre, insb. Management des GesundheitswesensInnovationen und Versorgungsentwicklung

Seite Vorlesung

• Ermittlung der Teilnutzenwerte: indirekt durch die subjektiven Präferenzen von Probanden über vollständig beschriebene Produkt-/Leistungsstimuli

• Einfache metrische Nutzenfunktions-Annahme: linear-additiv

mit:

yk = geschätzter Gesamtnutzenwert für ein Produkt-/Leistungs- stimulus k

βjm = Teilnutzenwert für Ausprägung m von Eigenschaft j

xjmk = Eigenschaftsausprägung m bei Produkt-/Leistungsstimulus k für die Eigenschaft j

> 4 Innovationsmanagement

> 4.4 Selektion und Bewertung

159SS 2012Univ.-Prof. Dr. Martin Dietrich, LS Betriebswirtschaftslehre, insb. Management des GesundheitswesensInnovationen und Versorgungsentwicklung

∑ ∑= =

⋅=J

1j

M

1mjmkjmk

j

xy β

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• Beispiel: Integriertes Versorgungsmodell und dessen bewertungs- und entscheidungsrelevante Eigenschaften (auch „Attribute“ oder „Merkmale“)

• Eigenschaften: Träger, Wahlfreiheit unter den Leistungserbringern, Vernetzungs-Umfang, Beitrags-Effekt

• Träger: 1. öffentlich, 2. frei-gemeinnützig, 3. privat

• Wahlfreiheit: 1. ja, 2. nein

• Vernetzungsstufen: 1. nur niedergelassene Ärzte, 2. niedergelassene Ärzte plus Krankenhäuser, 3. niedergelassene Ärzte plus Krankenhäuser plus alle anderen zugelassenen Leistungserbringer

• Beitrags-Effekt: 1. 10 € weniger pro Monat, 2. kein Beitragseffekt, 3. 10 € mehr pro Monat

> 4 Innovationsmanagement

> 4.4 Selektion und Bewertung

160SS 2012Univ.-Prof. Dr. Martin Dietrich, LS Betriebswirtschaftslehre, insb. Management des GesundheitswesensInnovationen und Versorgungsentwicklung

Seite Vorlesung

• Zusammenstellung der Leistungsstimuli

> 4 Innovationsmanagement

> 4.4 Selektion und Bewertung

161SS 2012Univ.-Prof. Dr. Martin Dietrich, LS Betriebswirtschaftslehre, insb. Management des GesundheitswesensInnovationen und Versorgungsentwicklung

Träger:-öffentlich-frei-gemeinnützig-privat

Freie Wahl Leistungserbringer:-ja-nein

Umfang:-Niedergelassene-Niedergelassene + Krankenhäuser-Niedergelassene + Krankenhäuser + sonstige

Beitrags-Effekt:- 10 € weniger/Monat- 0 € mehr/Monat- 10 € mehr/Monat

Leistungsstimulus 1Träger: öffentlichFreie Wahl: neinUmfang: NiedergelasseneBeitrag: 10 € mehr pro Monat

Leistungsstimulus 8Träger: privatFreie Wahl: jaUmfang: Niedergelassene + KrankenhäuserBeitrag: 10 € weniger pro Monat

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• Individuelle, vollständige Rangreihenfolgen aller Leistungsstimuli für alle Probanden

> 4 Innovationsmanagement

> 4.4 Selektion und Bewertung

162SS 2012Univ.-Prof. Dr. Martin Dietrich, LS Betriebswirtschaftslehre, insb. Management des GesundheitswesensInnovationen und Versorgungsentwicklung

Leistungsstimulus …

Leistungsstimulus …

Leistungsstimulus …

Leistungsstimulus …Leistungsstimulus …

Träger: öffentlichFreie Wahl: neinUmfang: NiedergelasseneBeitrag: 10 € mehr pro Monat

Leistungsstimulus …

Träger: öffentlichFreie Wahl: neinUmfang: NiedergelasseneBeitrag: 10 € mehr pro Monat

Leistungsstimulus 1

Träger: öffentlichFreie Wahl: neinUmfang: NiedergelasseneBeitrag: 10 € mehr pro Monat

Leistungsstimulus 8

Träger: privatFreie Wahl: jaUmfang: Niedergelassene + KrankenhäuserBeitrag: 10 € weniger pro Monat

Leistungsstimulus 4

Träger: frei-gemeinnützigFreie Wahl: jaUmfang: Niedergelassene + Krankenhäuser + sonstigeBeitrag: 0 €

Leistungsstimulus 6

Träger: privatFreie Wahl: jaUmfang: Niedergelassene + KrankenhäuserBeitrag: 10 € weniger pro Monat

Leistungsstimulus …

Leistungsstimulus …

Leistungsstimulus …

Leistungsstimulus …Leistungsstimulus …

Träger: öffentlichFreie Wahl: neinUmfang: NiedergelasseneBeitrag: 10 € mehr pro Monat

Leistungsstimulus …

Träger: öffentlichFreie Wahl: neinUmfang: NiedergelasseneBeitrag: 10 € mehr pro Monat

Leistungsstimulus 6

Träger: öffentlichFreie Wahl: neinUmfang: NiedergelasseneBeitrag: 10 € mehr pro Monat

Leistungsstimulus 4

Träger: privatFreie Wahl: jaUmfang: Niedergelassene + KrankenhäuserBeitrag: 10 € weniger pro Monat

Leistungsstimulus 1

Träger: frei-gemeinnützigFreie Wahl: jaUmfang: Niedergelassene + Krankenhäuser + sonstigeBeitrag: 0 €

Leistungsstimulus 12

Träger: öffentlichFreie Wahl: jaUmfang: Niedergelassene + Krankenhäuser + sonstigeBeitrag: 10 € mehr pro Monat

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• Berechnung der Teilnutzenwerte: Basierend auf den individuellen Rangreihenfolgen der Probanden werden für jeden Probanden die individuellen Teilnutzenwerte seiner Nutzenfunktion geschätzt.

• Analyse-Verfahren: Varianzanalyse, Regressionsverfahren, Lineare Programmierung, Logit-/Probit-Verfahren etc.

• Ergebnis: individuelle Teilnutzenwerte der Eigenschaften bzw. Eigenschaftsausprägungen für jeden Probanden

> 4 Innovationsmanagement

> 4.4 Selektion und Bewertung

163SS 2012Univ.-Prof. Dr. Martin Dietrich, LS Betriebswirtschaftslehre, insb. Management des GesundheitswesensInnovationen und Versorgungsentwicklung

Träger Freie Wahl Umfang Beitrag

privat öfftl. frei-gem. nein ja NÄ NÄ+KH NÄ+KH+s -10€ 0€ +10€

Teil-Nutzen Teil-Nutzen Teil-Nutzen Teil-Nutzen

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Verarbeitung der Ergebnisse

• Aggregation I: Durchschnittsbildung, Spannweiten und durchschnittliche Bedeutungsgewichte (Homogenität)

• Aggregation II: Choice-Simulation, „first choice“-Annahme, Marktanteilssimulationen (Heterogenität)

Validität der Ergebnisse

• Auswahl relevanter Eigenschaften und Eigenschaftsausprägungen

• „Unabhängigkeit“ der Eigenschaften

• Anzahl der Eigenschaften und Erhebungsdesign

• Spezifikation der Nutzenmodelle

• Segmentbildung und Homogenität der Teilnutzenwerte

• Repräsentative Stichprobe

> 4 Innovationsmanagement

> 4.4 Selektion und Bewertung

164SS 2012Univ.-Prof. Dr. Martin Dietrich, LS Betriebswirtschaftslehre, insb. Management des GesundheitswesensInnovationen und Versorgungsentwicklung

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