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GEDÄCHTNIS UND EMOTION

Das menschliche Gedächtnis wird als ein System für das Speichern, Verarbeiten undWiederauffinden von Informationen verstanden.Heißt das aber, dass das Gedächtnis von möglichen Verzerrungen durch Emotionen u.Stimmungen frei ist?

1. Gedächtnis für emotionale Ereignisse

Für Arbeiten zum Gedächtnis für emotionsbeladene Episoden werden verschiedene Methodenverwendet, die jeweils ihre Vorteile und Nachteile haben. Studien zu tatsächlich erlebtenEreignissen geben Hinweise dafür, dass negative und traumatische Ereignisse recht guterinnert werden, aber da die tatsächlichen Geschehnisse meistens nicht bekannt sind, mussdie Güte der Erinnerung oft indirekt erschlossen werden (Will iams, Watts, McLeod &Mathews, 1997).

Flashbulb memories (= Blitzlicht-Erinnerung) (Brown & Kulik, 1977) sind Erinnerungen anschockierende Ereignisse, die allgemeine Aufmerksamkeit finden und über die auch in denMedien berichtet wird; ein Beispiel wäre die Ermordung eines hochrangigen Politikers. Beider Erinnerung an solche Ereignisse, kann oft nicht nur dieses selbst sehr gut wiedergegebenwerden, sondern es können auch viele spezifische Umstände geschildert werden – wer dieNachricht überbrachte, was der Erinnernde gerade tat, was er trug,...Solche Erinnerungen scheinen lebhafter zu sein als Erinnerungen an weniger emotionaleEreignisse, was aber nicht heißen muss, dass sie akkurat sind.

PROBLEM: in vielen Fällen ist es unmöglich, objektiv zu beschreiben, wie die Situationtatsächlich war!

Labor: Die Vpn werden über Dias, Filme oder inszenierte Vorfälle mit emotionalen – meistnegativen (z.B. Autounfall, Diebstahl) - oder mit neutralen Ereignissen konfrontiert.Anschließend erfolgt eine Prüfung des Gedächtnisses für das präsentierte Material.ERGEBNIS: das Gedächtnis und Emotionen agieren in komplexer Weise. Es kommt zuunterschiedlichen Effekten im Gedächtnis für neutrales und emotionales Material, je nachdemob zentrale oder periphere Aspekt erinnert werden sollen, außerdem ist es abhängig von derArt der Gedächtnisprüfung, und ob die Prüfung unmittelbar oder verzögert erfolgt(Christianson, 1992).

Mehrere Studien zeigen, dass bei emotionalen Ereignissen die zentralen Aspekte (lang- undkurzfristig) besser behalten werden, bei weniger emotionalen Ereignissen ist hingegen auchder Abruf peripherer Details möglich. Daraus lässt sich aber nicht schließen, dass entwederdas Gedächtnis für emotionale oder das für emotionslose Ereignisse besser oder schlechterwäre. Die entscheidende Rolle spielt die Art, wie das Material behalten wird!

Easterbrook (1959) hat schon früh vorgeschlagen, dass arousal eine Verengung desAufmerksamkeitsfokus nach sich zieht. Möglicherweise wird durch starke Emotionen oderdamit einhergehendem arousal eine Fokussierung auf zentrale Aspekte bedingt.Christianson, Loftus, Hoffmann und Loftus (1991) kontrollierten die Fixationsorte der Blickevon Vpn beim Betrachten neutraler und emotionsbeladener Bilder und konnten feststellen,dass hinsichtlich der Aufmerksamkeitsverteilung keine Unterschiede bestanden. Es gab aber

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Hinweise, dass eine mögliche Aufmerksamkeitsveränderung auf zentrale Aspekte nicht derallein verantwortliche Faktor sein kann.

Als möglicher Grund für das bessere Behalten zentraler Aspekte emotionaler Episoden kanneine qualitativ andere Enkodierung emotionaler Episoden angenommen werden. AlsArgument für diese These wurde angeführt, dass sich Personen mit den Ursachen ihrerEmotionen stärker beschäftigen. Möglicherweise werden also beim elaborierten Enkodierenzentrale Aspekte emotionaler Episoden stärker elaboriert als die peripheren.

Wie aber steht es mit dem Gedächtnis für Emotionen selbst?

Christianson und Safer (1996) kommen zu dem harten Ergebnis, dass bislang keine Studiegezeigt habe, dass Personen die Intensität und Häufigkeit ihrer früheren Emotionen richtigeinschätzen können.Thomas und Diener (1990) hingegen erkannten zwar, dass die Häufigkeitsschätzungenabsolut gesehen recht schlecht waren, aber dass die Größenverhältnisse zwischen denPersonen und deren Emotionen recht gut wiedergespiegelt wurden.Levine (1997) erkannte in einer Studie, dass auch das harte Fazit hinsichtlich der Intensitäteingeschränkt werden muss. Vielleicht liegt die größere Genauigkeit der erinnerten Intensitätauch an der Tatsache, dass es sich in seiner Studie um intensive Emotionen für diebetroffenen Personen handelt. Allerdings wurde gezeigt, dass die Erinnerung systematisch inRichtung der gegenwärtigen Bewertung des Ereignisses verzerrt wird, d.h. die Emotionscheint teilweise zum Zeitpunkt des Erinnerns rekonstruiert zu werden.Das weist darauf hin, dass das Gedächtnis für Emotionen dem für Schmerzen womöglichähnlich ist, denn Schmerzen können nur aus der Erinnerung der Umstände und des eigenenVerhaltens rekonstruiert werden und nicht „wiedererlebt“ werden.

Möglicherweise gibt es aber ein Affektives Gedächtnis, dass dem Bewusstsein nichtzugänglich ist. Bsp.: Effekt bloßer Darbietung – die bloße wiederholte Darbietung einesbestimmten Musters erhöht die Sympathie dafür, selbst wenn keine Erinnerung daranvorhanden ist.Als weiteres Beispiel kann das evaluative Konditionieren genannt werden (Martin & Levey,1978). Hier gelingt das klassische Konditionieren von positiven oder negativen Einstellungenauf vorher neutrale Stimuli selbst dann, wenn die unkonditionierten positiven oder negativenStimuli unter Bedingungen dargeboten werden, die das bewusste Bemerken ihrerAnwesenheit verhindern (Klauer, 1998). So gibt es klinische Beobachtungen an Patienten, dietrotz ausgeprägter Amnesie Abneigungen gegen Personen entwickelten, die für den Patientenmit negativen Emotionen assoziiert waren.

2. Stimmung und Gedächtnis: Kongruenzeffekte

Die Ergebnisse zum Gedächtnis für emotionale Ereignisse legen nahe, dass es beimEnkodieren Vorteile für emotionsbezogenes Material gibt. Diese Vermutung wird auch durchForschungen zu verwandten Fragen gestützt.

• Fördert die Stimmung beim Enkodieren das Einprägen mit der Stimmung kongruentenMaterials? Stimmungen werden im Labor induziert: Hypnose, autosuggestive Verfahrenoder durch fiktive Rückmeldung von Erfolg oder Misserfolg. Problematisch ist dabei, dassdiese Methoden nicht nur die Stimmung affizieren, sondern auch andere Wirkungen haben.Z.B. wirkt sie sich unterschiedlich auf das arousal der Person aus, arousal selbst beeinflusstaber das Gedächtnis sehr stark.

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� Der Stimmungskongruenzeffekt gilt heute dennoch als gesichert.

• Wie sieht es mit der Stimmungskongruenz beim Abruf aus? Die Studie von Matt, Vàzquezund Campbell (1992) prüft als Basislinie, ob positives und negatives Material in neutralerStimmung gleich gut abgerufen werden kann. Es zeigt sich bereits jetzt, dass positivesMaterial besser gemerkt wird. Stabile Kongruenzeffekte zeigen sich bei Personen mitinduzierter depressiver Stimmung und mit natürlicher Depression. Induzierte positiveStimmung zeigt sich nur bei Material mit Selbstbezug Stimmungskongruenz, sonst stelltsich ein weniger klares Befundmuster ein.

� Kürzlich entdeckten Mayer, McCormick und Strong (1995) zuverlässige

Stimmungskongruenzeffekte bei nicht induzierten, natürlich auftretendenStimmungsschwankungen.

• Gibt es ein stimmungsabhängiges Gedächtnis? Damit ist gemeint, ob eineÜbereinstimmung der Stimmungen beim Enkodieren und beim Abruf dem Erinnerndurchaus auch neutralen Materials förderlich ist. Solche Effekte lassen sich in durchDrogen hervorgerufenen Zuständen nachweisen. Als Interpretation wird angeführt, dassdiese Zustände als Hinweisreize beim Abruf hilfreich sind, wenn sie beim Einprägenvorhanden waren und mit dem zu lernende Material enkodiert wurden (Baddeley, 1997).Daraus folgt die Annahme, dass sich Ähnliches auch für Stimmungszustände würdenachweisen lassen.

� Kenealy (1997) hat in einer einschlägigen Studie bewiesen, dass stimmungsabhängiges

Gedächtnis zuverlässig nachgewiesen werden kann. Der Effekt ist abhängig davon,dass beim Enkodieren nicht bereits hil freiche, externe Hinweisreize präsent waren unddas Erinnern der Vpn unterstützen.

� Eich und Mitarbeiter (1995) liefern Hinweise dafür, dass stimmungsabhängiges

Gedächtnis in stärkerem Maße bei selbstgeneriertem als bei lediglich rezipiertemMaterial auftritt.

Bower prägte anfänglich die Forschung zu Kongruenzeffekten und zumstimmungsabhängigen Gedächtnis. Er prägte die Theorie des assoziativen Netzwerkes (1981,1991), in dem Emotionen – verknüpft mit verwandten Konzepten, Ereignissenkorrespondierender Valenz, autonomer Aktivität und emotionsausdrückendem Verhalten - alsKnoten im Netzwerk auftreten.- Lernen: enkodiertes Material wird mit den aktiven Knoten assoziiert.- Abruf: über Aktivierungsausbreitung im Netzwerk werden Kongruenzeffekte und Effekte

der Stimmungszustandsabhängigkeit erklärt.

Fiedler schlägt ein Alternativmodell (1990) vor: es werden Informationen bewahrende undInformationen transformierende Prozesse unterschieden, und Fiedler nimmt an, dass dietransformierenden Prozesse für Einflüsse der Stimmung empfänglich sind.

3. Emotionsbedingte Gedächtnisdefizite

Negative und depressive Verstimmung sowie klinische Depressionen führen zuBeeinträchtigungen kognitiver Leistungen. In den meisten Fällen sind dann Prozessebetroffen, die mentale Anstrengung erfordern. Automatische Prozesse hingegen, die lediglicheine geringe Menge der zur Verfügung stehenden Ressourcen benötigen, sind meistunbeeinflusst von negativen Emotionen.

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Außerdem kommt es bei Menschen in deprimierter Stimmung oder mit klinischdiagnostizierten depressiven Verstimmungen oder Depressionen zu Beeinträchtigungen ihresErinnerungsvermögens. Negative Stimmung scheint sich vor allem auf die strategischen,Anstrengung erfordernden Aspekte von Gedächtnisleistungen, auszuwirken, denn siebehindern das elaborative Enkodieren des zu lernenden Materials, das Organisieren und denEinsatz von hilfreichen Strategien beim Abruf.

Bei der Forschung stellt sich aber ein Problem: die Einordnung von Aufgaben auf derDimension der Anstrengung erfolgt meist durch plausible Spekulationen und sie wird nur inden seltensten Fällen empirisch überprüft.Ellis, Seibert und Varner (1995) vergleichen einen unmittelbaren mit einem verzögerten,überraschenden Abruftest bei Studenten in neutraler, trauriger und froher Stimmung. DasErgebnis zeigte, dass stimmungsbedingte Einbußen im verzögerten Test größer sind als imunmittelbaren.

„ Explizites Gedächtnis“ = absichtliches Erinnern an spezifische Ereignisse derVergangenheit.„ Implizites Gedächtnis“ = der Einfluss früherer Erfahrungen auf späteres Verhalten inSituationen, in denen absichtliches Erinnern nicht verlangt wird. Die Prüfung des implizitenGedächtnisses erfolgt mit indirekten Aufgaben.

=> Vielfach wurde vorgeschlagen, dass die Unterscheidung expliziter und impliziterAufgaben den Unterschied von bewusster und automatischer Nutzung des Gedächtnisseswiderspiegelt. In den meisten Fällen ergeben sich auch wirklich keine stimmungsbedingtenEinbußen bei der Überprüfung des impliziten Gedächtnis. Roediger und McDermott (1992)wiesen aber darauf hin, dass die indirekten Tests mehr die perzeptuellen Aspekte, die direktenTests hingegen mehr die konzeptuellen Aspekte überprüfen. Außerdem empfehlen sieProzessdissoziationsprozeduren einzusetzen, das sind Verfahren zur Trennung automatischerund bewusster Gedächtnisprozesse innerhalb derselben Aufgabe.

Wie werden die stimmungsbedingten Einbußen erklärt?Zur Erklärung wird meist der Begriff kognitive Kapazität gewählt. Man nimmt an, dass dieKapazität für die Bearbeitung der Aufgaben bei negativer und womöglich auch bei positiverStimmung eingeschränkt ist. Das liefert eine Erklärung dafür, warum die stimmungsbedingtenEinbußen umso ausgeprägter sind, je anstrengender die Enkodierung oder der Abruf desMaterials ist. Es gibt Hinweise dafür, dass in depressiver Stimmung Kapazität durchaufgabenirrelevante, selbstbezogene Gedanken gebunden wird, und somit für die Bearbeitungder Aufgabe nicht zur Verfügung steht (Hertel,1998; Seibert & Ellis, 1991).Hertel (1994) meint, dass es sich um ein motivationales Defizit handelt, und weniger um vonder Aufgabe abgezogene Kapazität. Seiner Meinung nach ergreifen traurige und depressiveMenschen weniger oft die Initiative zu aufwendigeren Arbeiten.

Mit ängstlichen Emotionen haben sich unter anderem Eysenck und Calvo (1992) befasst. Siegehen auch in diesem Fall davon aus, dass Kapazität von der Aufgabenbearbeitungabgezogen wird. Darüberhinaus vermuten sie, dass bei ängstlichen Menschen dieAngstbereitschaft nicht verringert, sondern erhöht ist. Durch diesen Mechanismus gelingt esvielen Ängstlichen, die Effekte der verringerten Kapazität zu kompensieren. Wenn dieAnforderungen allerdings diese Kompensationsmöglichkeit übersteigen und die kapazitativenGrenzen ausgeschöpft sind, kommt es auch bei Ängstlichen zu Einbußen.

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SPRACHE UND EMOTION

Der Emotion wurde in der Sprachpsychologie wenig Aufmerksamkeit geschenkt. In denletzten 15 Jahren haben sich aber positive Veränderungen ergeben.

Das Verhältnis von Sprache und Emotion wird in zweierlei Hinsicht untersucht:1. lassen sich sprachlichen Reizen bestimmte emotionale Qualitäten zuschreiben? Je nach

diesen emotionalen Qualitäten werden sprachliche Reize in spezifischer Weise verarbeitet.2. Beeinflusst der aktuelle affektive Zustand einer Person die sprachliche

Informationsverarbeitung?

1. Emotionale Aspekte von Wörtern und Kunstwörtern

Die konnotative Bedeutung ist der emotionale Aspekt sprachlicher Reize, der mit den sog.semantischen Differentialen erfasst wird.Osgood (1980) stellt fest, dass es sich bei den mit semantischen Differentialen erfasstenBedeutungsaspekten um affektive Bedeutungen handelt, die auf primitive emotional feelingsbasieren.Zur Messung der emotionalen Bedeutung verwendet man meist eine siebenstufige (Libert-)Skala mit bipolar angeordneten Adjektiven (laut - leise,...) auf der die Wörter eingeordnetwerden sollen.Mit solchen Messungen erreichte man immer wieder dasselbe ERGEBNIS: Die Skalen lassensich in drei homogene Gruppen aufteilen, denen jeweils eine Beurteilungsskala zugewiesenwerden kann. – Valenz (angenehm – unangenehm), Aktivität (erregend – beruhigend) undPotenz (stark – schwach). Die konnotative Bedeutung von Wörtern variiert also auf dreiunterschiedlichen emotionalen Bedeutungsdimensionen.Mittels solcher dimensionaler Allgemeinqualitäten lassen sich sowohl Wörter als auchKunstwörter erfassen.

Untersuchung von Ertel (1969): Beurteilung von Kunstwörtern anhand semantischerDifferentiale.ERGEBNISSE: Die Ratings der Vpn waren maßgeblich von der Anzahl und Beschaffenheit derin den Kunstwörtern auftretenden Vokale und Konsonanten abhängig. – kurze Vokale werdenals „ erregend“ und „ stärker“ eingestuft als lange Vokale, und die Konsonanten t, p, k habengrößere Dynamik als m, v, b. Außerdem ist noch von Bedeutung, in welcher NachbarschaftLaute stehen.

Neuropsychologische und neurophysiologische Befunde legen nahe, dass sich affektiv valenteWörter im Hinblick auf die zugrunde liegenden Repräsentationssysteme von affektivneutralen Wörtern unterscheiden.1880 berichtete Jackson von Patienten, die aufgrund hirnorganischer Schädigung der linkenHemisphäre nicht mehr dazu in der Lage waren, sprachliche Äußerungen zu produzieren oderzu verstehen. – Die einzige Ausnahme stellten affektiv valente Wörter da.Borod et al. (1998) schließt aus Untersuchungen, dass bei der Repräsentation affektiv valenterWörter die rechte Hemisphäre eine zentrale Rolle spielt.

Der konnotativen Bedeutung wird kaum Rechnung getragen; außer von Hermann undGrabowski (1994), denn sie postulieren sowohl hinsichtlich der Repräsentation der Wörter als

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auch im Hinblick auf die Bedeutungsrepräsentation sog. emotive Marken. – Es bleibt abernoch unklar welche Bedeutung ihnen zukommt.

Wörter unterscheiden sich im Hinblick auf ihre emotionalen Aspekt erheblich voneinander.Diese Unterschiede beziehen sich sowohl auf die konzeptuelle Bedeutung der Wörter als auchauf deren klangliche Eigenschaften.

2. Differentielle Verarbeitung von Wörtern unterschiedlicher affektiverBedeutung

Im Rahmen des „ New Look“ der Wahrnehmungsforschung wurde der Einfluss der affektivenValenz von Wörtern auf deren Wahrnehmungsschwelle untersucht. Es wurden Wörterpositiver Valenz (Sonnenschein), negativer Valenz (Tod) und neutraler Valenz (Tisch)präsentiert. Die Darbietungszeit wurde so lange erhöht, bis die Vpn das Wort erkannten.ERGEBNIS: emotional unangenehme Wörter werden langsamer erkannt als neutrale und dieseimmer noch langsamer als positive (Graumann, 1956).

Frage: Wie können Vpn die Wahrnehmung von Wörtern „ abwehren“ , die sie noch gar nichterkannt hatten? Um dieser Frage nachzugehen leitete man den galvanischen Hautwiderstandab – als physiologischen Indikator für die emotionale Erregung.ERGEBNIS: Der galvanische Hautwiderstand differenziert zwischen neutralen und negativenWörtern, noch ehe diese erkannt werden.

Zajonc (1980) präsentierte Vpn unterschwell ig Kunstwörter, die sie zuvor 0, 1, 3 oder 6malgesehen haben. Die Vpn sollen nun Urteile darüber fällen. Auffallend am Ergebnis ist, dassdie Bewertung positiv mit der Anzahl der vorherigen Darbietungen kovariiert.

Es stellt sich häufig die Frage, ob die kognitive oder die affektive Verarbeitung zeitlichvorgängig ist. Diese Frage kann nicht eindeutig in die eine oder andere Richtung beantwortetwerden, weil „kognitiv“ nicht einheitlich definiert wurde. Aber es zeigte sich dieNotwendigkeit, ein eigenständiges affektives System anzunehmen, dessen Funktionen eng mitdem kognitiven und sensorischen Systemen verbunden sind.

Neben unterschiedlichen Wahrnehmungsschwellen lassen sich auch unterschiedlicheBehaltensleistungen für verbales Material unterschiedlicher affektiver Bedeutung aufzeigen.Eysenck (1976) erkannte, dass angenehme Inhalte besser behalten werden als unangenehme,und beide besser als neutrale. Die Befundlage ist allerdings nicht eindeutig (Bock, 1980).

Vpn wurden in einem Experiment (Schürer-Necker, 1994) Listen von Wörtern mitunterschiedlich ausgeprägtem emotionalen Gehalt geboten. Am nächsten Tag wurde ein freierRecall-Test durchgeführt. Aus diesem ergab sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen derWiedergabeleistung und der subjektiven Einschätzung der Wörter auch derAktivationsdimension. Aktivierende Items werden signifikant besser behalten als neutrale.Vergleichbare Ergebnisse finden sich auch beim Behalten von Texten. Bock und Klinger(1986) erkannten, dass das Ausmaß der Aktivierung während der Enkodierung positiv mit derBehaltensleistung kovariiert.

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3. Stimmung und Sprachverarbeitung

Bowers assoziatives Netzwerkmodell stellt einen zentralen Ausgangspunkt vieler Arbeitendieses Bereichs dar. Dieses Modell führte zu zwei unterschiedlichen Vorhersagen:

1. Wenn zum Zeitpunkt des Wissensabrufs der gleiche emotionale Zustand gegeben ist wiezum Zeitpunkt des Wissenserwerbs, dann soll diese Information besser abrufbar sein alswenn das nicht der Fall ist (mood-state dependency).

2. Reize sind dann besser enkodierbar und abrufbar, wenn die Valenz dieser Reize mit demgegenwärtigen affektiven Zustand der Person übereinstimmt (mood-congruency;Stimmungskongruenzeffekt).

Recall congruency = bessere Wiedergabe stimmungskongruenter InformationEncoding congruency = bessere Enkodierung

Zu diesem Thema gab es immer wieder Experimente. Von großer Bedeutung ist einerseits derSelbstbezug und die Strukturiertheit des Materials, und andererseits die bewussteWahrnehmung der eigenen affektiven Befindlichkeit. Außerdem lässt sich für denStimmungskongruenzeffekt und für die encoding congruency eine Asymmetrie erkennen.Positiv gestimmte Personen behalten positive Items besser als negative; negativ gestimmteVpn behalten jedoch nicht immer negative Items besser als positive.

Bei affektivem Priming (Fazio, Sanbonmatsu, Powell und Kardes ,1986) werden den Vpnvalente Primewörter (Tod; Freude) geboten, kurze Zeit später wird den Vpn ein ebenfallseindeutig positives oder negatives Targetwort präsentiert. Die Aufgabe der Vpn besteht nundarin, dieses Targetwort im Hinblick auf seine affektive Valenz möglichst schnell zukategorisieren. Sind Target und Prime hinsichtlich ihrer affektiven Valenz kongruent, so sinddie Reaktionszeiten signifikant schneller als bei inkongruenten Prime-Target-Kombinationen.Affektive Primingeffekte lassen sich keinesfalls konsistent beobachten. Deshalb ist eineErklärung des affektiven Priming analog zum semantischen Priming problematisch.

Hielscher (1996) belegte den Stimmungskongruenzeffekt beim Lesen von Sätzen bzw.Texten, mit positiven oder negativen konnotierten Attributen. Die Unterlagen waren sogestaltet, dass gleiche Sätze mit entweder negativen oder positiven Attributen versehenwurden. Den Vpn wurden die Sätze Wort für Wort präsentiert. Nachdem ein Wort verstandenworden war, ging man zum nächsten über. Beobachtete man die Lesezeit, so ergab sich einesignifikante Interaktion zwischen der aktuellen Stimmung einer Vpn und der affektivenValenz der Sätze. D.h. positiv gestimmte Personen lasen positive Sätze schneller, depressivePersonen hingegen Sätze mit negativer Valenz.

Ein weiteres Experiment zu Stimmungskongruenzeffekten führten Forgas und Bower (1987)durch. Sie induzierten ihren Vpn vor dem eigentlichen Experiment positive bzw. negativeStimmung. Anschließend präsentierten sie den Vpn Personenbeschreibungen, die sowohlpositive als auch negative Attribute enthielten. Danach sollten die Vpn Ratings über diebeschriebenen Personen abgeben. Als abhängige Variable wurde u.a. die Lesezeit pro Satzerhoben. Es zeigte sich Stimmungskongruenzeffekt: Es fanden sich jedoch längere Lesezeitenfür Sätze mit stimmungskongruenter Information. Bei der Behaltensleistung hatte dasstimmungskongruente Material einen deutlichen Vorteil .

� Der Stimmungskongruenzeffekt bei der Sprachrezeption ist auf die Kongruenz zwischender Valenz der Reize und der Stimmung während der Enkodierung zurückzuführen(encoding congruency).

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Die Unterscheidung, wie Stimmungskongruenzeffekte herbeigeführt werden können, nachGill igan und Bower (1984):

- stimmungskongruente Reize werden schneller verarbeitet als stimmungsinkongruente- stimmungskongruente Inhalte werden stärker elaboriert, was mit einer Verlängerung der

Enkodierzeit einhergeht

Ob sich Stimmungskongruenz bei der Textverarbeitung zeigen, hängt davon ab, ob dieEigenschaften des Materials elaborative Verarbeitungsprozesse nahe legen oder nicht.Voraussetzung hierfür ist die hohe persönlich Relevanz des präsentierten Materials. Ist diesenicht vorhanden, so kommt es zu einer Verkürzung der Lesezeit für kongruente Information.

Es gibt noch ein ganze Reihe weiterer stimmungsbezogener Effekte bei derSprachverarbeitung.Beispielsweise wird eine generell beeinträchtigende Wirkung depressiver Stimmung aufkognitive Leistungen vorhergesagt. Der Schwierigkeitsgrad der Aufgabe moderiert diesenEffekt jedoch erheblich.Bei depressiven Patienten zeigt sich eine konsistent reduzierte Gedächtnisleistung. DieseVerringerung der verfügbaren „Ressourcen“ wirkt sich auch auf sprachliche Leistungen aus.So gelingt die konzeptuelle Sprechplanung depressiver Patienten, im Vergleich zu gesundenPatienten, weniger flexibel. Zu Beeinträchtigungen beim Textverstehen kommt es vor allemdann, wenn Informationen im Langzeitgedächtnis gesucht werden müssen oder wennelaborative Prozesse erforderlich sind.

4. Abschließende Bemerkung und Ausblick

Der wechselseitigen Beziehung zwischen emotionalen und kognitiven Prozessen wird in derSprachpsychologie nach wie vor zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Zur Zeit ist auch keinein dieser Hinsicht zufriedenstellende Theorie in Sicht. Denn die Formulierung einer solchenTheorie setzt Kenntnisse darüber voraus, an welchen Stellen der Sprachverarbeitungemotionale Prozesse in kognitive Prozesse eingreifen können. Hierfür würde man wiederumdie Voraussetzung benötigen, dass die relevanten affektiven Zustände begriff lichdifferenzierter erfasst werden und vor allem, dass ihrer Operationalisierung mehr Beachtungbeschenkt wird.

Sekundärliteratur:

Emotionspsychologie – Jürgen H. Euler, Harald A. Euler, Heinz Mandl (Beltz 2000)Teil 4: Kapitel 3 (Gedächtnis und Emotion) und Kapitel 4 (Sprache und Emotion)

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