Gleichgewichtsmessungen im System Platin—Sauerstoff Gasförmiges Platindioxyd

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Gleichgewichtsmessungen im System Platin-Sauerstoff

Gasformiges Platindioxyd

Von HARALD SCHAFER und ALFRED TEBBEN

Mit 1 Abbildung

Inhaltsubersicht Platin verfliichtigt sich beim Erhitzen in Gegenwart yon Sauerstoff als Dioxyd. Das

Gleichgewicht F't + 0, = Pt0,g wurde zwischen 1107 und 1208 "C gemessen. Dafiir gilt

AH,,, = 41,30 kcal; dS,,, = 3,01 cl;

S (PtO,g, 298) = 62,O cl.

Summary Platinum is volatilized by heating in oxygen-atmosphere in form of the dioxide. The

equilibrium Pt 4- 0, = PtO,, has been measured between 1107 and 1208 "C with the following results: AH,,, = 41.30 kcal; AS,, = 3.01 cl; S(PtO,,, 298) = 62.0 cl,

Vor kurzem1) wurde nachgewiesen , da13 die Fliichtigkeit des in Gegenwart von Sauerstoff erhitzten I r i d i u m s auf der Rildung des his dahin unbekannten gasformigen T r i o x y d s IrO, beruht. Im AnschluB hieran haben wir Gleichgewirhtsstudien im S y s t e m Pt/O, durchgefuhrt, iiber die hier berichtet wird.

BREWER ,) und auch CARTER und RICHARDSON 3) haben wahrschein- lich gemacht, daIJ die langc bekannte Platinvcrfliichtigung in Gegenwart von Sauerstoff und bei Temperaturen >, 1000 "C durch die Entstehuiig eines gasformigen Dioxyds Pt,O, verursacht wird. Diese Auffassung konntc kiirzlichl) durch Auswerturig iilterer Gluhdrahtversuche4) be- statigt werden. Weitere Literatur wird im Abschnitt D behandelt.

l) H. S C H ~ E R u. H.-J. HEITLAND, Z. anorg. allg. Chem. 304, 247 (1960). ,) L. BREWER, Chem. Reviews 52, 1, 69 (1953). 3) R. E. CARTER u. F. D. RICHARDSON, Research 7, Kr, 1 (1954). 4) L. HOLBORX, F. HEXKING u. L. AUSTIN, Wiss. Abh. physik.-techn. Fkichsamt.

4, 85 (1904).

318 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 304. I960

A. MeBmethode Zur Untersuchung der bei der Reaktion von Pt mit 0, herrschenden

Pt,O,-Drucke diente einc Variante der bekannten Mitfiihrungsan- ordnung mit Hilfsgasstrom und austauschbarem Auffangrohr 5, 6 ) .

Die Reaktionsbirne aus Quarzglas war mit 54 g Platinschwamm von 99,95% Reinheit gefullt, der aus (NH,),PtCI, gewonnen war'). Das Hilfsgas hatte die gleiche Zusammen- setzung wie das MeBgas, das am Sauerstoff oder Sauerstoff-Stickstoff-Mischung bestand.

Die verfluchtigte Platinmenge war voq der Geschwindigkei t d e s G a s s t r o m s u n s b h a n g i g ; es wurden echte Gleichgewichte gemessen.

Hinsichtlich apparativer Einzelheiten, wie Gasreinigung und -Analyse, Gasmessung, Temperaturmessung, -Eichung und -Regelung usw. wird auf l) verwiesen.

Die im Gleichgewichtsraum verfluchtigte Platinmenge schlug sich in Auffangrohr, das einc mit Quarzwatte gefullte Kugel besal3, quan- titativ nieder. Dies wurde durch besondere Versuche sichergestellt, bei denen in der Gleichgewichtsbirne eine kleine, auf der Mikrowaage wagbare Platinmenge im 0,-Strom verfliichtigt und als Kondensat im Auffangrohr auf 1 yo genau (photometrisch) wiedergefunden wurde. Die Abscheidung des Platins in1 Auffangrohr erfolgte, wie DEBYE-SCHERRER- Aufnahrnen zeigten, zum Teil als P t und bei etwas niedrigerer Konden- sationstemperatur als eine kubisch kristallisierende Oxydphase. Zur Analyse wurde das Kondensat durch Erhitzen im H,-Strom reduziert 8)

und in Konigswasser gelost. Die Platinbestimmung erfolgte in der 4mal mit Salzsaure auf dem Wasserbad eingeengten Probe photometrisch (Photometer ,.Elk0 II", Hg-Linic A = 405 mp, LAMRERT-BEERSChe Gerade fur 0-2 mg Pt/lOO ml; mg Pt = 2,495 a E(lcm,) nach der von MILNER und SHIPMAK Q) modifizierten SnC1,-Methode, deren Eignung wir besonders uberpruft und bestatigt haberi lo) 1l). Analysenfehler bei Mittelung von 3 Photometrierungen 2 0,5yo.

5 ) W. FISCIIER u. It. GEWEHR, Z. anorg. allg. Chem. 209, 1 7 (1932). 6) H. SCH~FER, Z. anorg. Chem. 259, .53 (1949) und weitere Mitteilungen aus unserem

7) Platinschwamm von der Birma W. C. Heraeus, Hanau. 8 ) Es fie1 auf, daB das abgeschiedene Platinoxyd beim Erhitzen im H,- (oder GO,-)

Strom zuniichst nur unvollstandig in Pt iiberging, weil ein kleiner Teil wegsublimierte. Erst bei mehrfacher Erhitzung mit H, war die Reduktion vollstiindig. Diese Erscheinung wollen wir noch nLher untersuchen.

Arbeitskreis.

9 ) 0. I. NILNER u. G. F. SHIPMAN, Analytic. Chem. 27, 1476 (1955). 10) Vgl. auch E. B. SANDELL, Colorimetric Determination of Traces of Metals, NewYork

1959. I t ) Herr Dr. H.-L. GRUBE, Heracus Hanau, unters t ikte uns durch nberlassung

einer Arbeitsvorschrift zur photometrisohen Platinbestimmung, wofiir wir auch hier bestens danken mochten.

H. SCHAFER u. A. TEBBEN, Gnsformiges Platindioxyd 319

B. Die Pormel des fliichtigen Platinoxyds Versuche mit gluhenden Platindrahten l) 4) bei verschiedcncn Sauer-

stoffpartialdrucken habcn eindeutig ergeben, daB die Platinverfliichti- gung bei 1670 "C als Dioxyd Pt,O, erfolgt. Neue ebensolche Versuche12) bei 1540" und 1338 "C fuhrten zum gleichen Ergebnis. Dureh unsere mit der Mitfuhrungsmethode bei 1208 "C aufgenommene Isothermc wurde die Formel Pt,O, abermals bestatigt : Messungen mit 0,-N,- Gemischen und 0,-Drucken von 0,127; 0,476 und 1,005 at ergaben Proportionalitat von P(0,) und P(Pt,O,). Damit war die Formel Pt,O, auch fur die Temperaturen dcr Mitfuhrungsmessungen bewiescn. Die GroBe von x wurde von uns nicht gemessen und rnit 1 angenommen. Dies schien im Hinblick auf kinetische Versuche 13-15) mit gluhenden Platindrahten und kleinen Sauerstoffdrucken sinnvoll, bei denen braune Kondensate von PtO, beobachtet worden waren. Offenbar war PtO, wegen der niedrigen Drucke durch Abschrecken an der GefaBwand faljbar geworden. DaB tatsachlich x = 1 ist, die Formel PtO, fur das gasformige Oxyd also zutrifft, ist inzwischen durch Gleichgewichts- untersuchungen mitt Platin-Gold-Legierungen von HOOPER und ALCOCK~~): (vgl. spater) sichergestellt worden.

C. Das Gleichgewicht Pt + O2 = PtOz g Zwischen 1107 und 1208 "C wurden insgesamt 22 Gleichgewichts-

messungen mit rcinem Sauerstoff von Atmospharendruck durchgefuhrt. Die je Messung (43-140 1 Sauer- stoff) verfluchtigte Pt-Menge lag -f5 - bei 0,4 bis 2 mg, die Pt0,-Drucke betrugen 1,06.10-6bis 2,89.10-6at.

12) H. SCHAFER u. W. GERHARDT 1960, unveroffentlicht.

13) I. LANGMUIR, J. Amer. chem. Soc. 37, 1161 (1915).

l4) K. K. RIDEAL u. 0. H.WANSBROUGH- JONES, Proc. Roy. Soc. [London] Ser. A133. 202 (1929). , I , , , I . . .

53 $5 hQ 65 15) G. c. FRYBURG, J. them. Abb. 1. Messungen des Gleichgewichts

SCHNEIDER u. ESCH l 6 ) G. W. HOOPER u. C. B. ALCOCK, im Druck bei Proc. Roy. Soc. Nach freund- 8 BREWER u. ELLIOT

ALCOCR, fur die wir auch hier danken - GI. 2 eigene mochten. + Nittelwerte j afessungen

24, 175 (1956). Pt -t 0, = Pt0,g.

licher Privatmitteilung von Herrn Kollegen -- HOOPER U. ,!xLCOCK

320 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chcmie. Band 304. 1960

Der Pt-Xiittigungsdruck1') betriigt bpi 3 200 "C derngegenuber nur at und konnte unberucksichtigt blriben. Tatsachlich fanden wir beim Blindversuch unter Verwendung von Argon als MelJgas bci 1208 "C kein Plstin im Auffangrohr.

Die Loslichkeit von Sauerstoff im Platinbodenkorper ist sehr kleinl,) und daher ohne EinfluB auf die Ergebnisse.

Fur die Massenwirkungskonstante K p = P(PtO,)/P(O,) ergaben sich bei den cinzelncn MeBtempcraturcn folgende Mittelwerte :

t "C 1107 1137 1163 1187 1208 Kp * 106 1,065 1,433 1,921 2,379 2.891.

Der log Kp - l/T-Schwerpunkt der MelJreihe (22 Einzelwerte) liegt bei log Kp = - 5,7506 und T = 1430 "K. Die Ergebnisse werden durch die Formel

log Kp = log (PFtoz/Poz) = 0,374--8757/T (1100-1210 "C) (1)

und mit den fur die Sohwerpunktstemperatur geltenden GroBen AHlc. =

40,07 kcal und A h m = + 1,71 el sehr gut wiedergegeben. Zur weiteren Auswertung werden Cp-Wcrte eingefuhrt :

Cp(0,) und Cp(l't) vgl. 19);

Cp(Pt0,g) = 14 - 1. l o 5 T-* (gescbat7t);

ACp = 1,1-2,04 + 10-3 T - 0,7 . l O 5 T-Z.

Darnit liefert die Rechnung AH,,, = 41.30 kcal und ASzg8 = 3,01 el. Kombimert man AS,,, und ACp mit den oben gennnnten Kp-Nittelwerten fur die

einzelnen MeBtemperaturen, so erhnlt man folgende Werte fur AHzys :

t "C 1107 1137 1163 1187 1208 kcal 41,30 41,35 41,27 41,29 41,30.

Als Intcrpolationsforrnel fur grol3we Teniperaturgebiete berechnet man

log Kp = -8925iT - 0,8861 0,5.536 log T -0,2557 . lop3 T - 0,0765. 10'/T2. (2)

Fur die Norinalentropie cles gasformigen PtO, crhalten wir S(Pt02g, 298) = 62,O el.

~~

17) D. R. STFLL u. G. C. SINKE, Thermodynamic Propertles of the Elements, Washing- ton 1956.

1 3 ) Urnre die Liislichkeit vo~i Saucrstoff in l'latin erheblich, so wurde Sauerstoff durch Platinwancle diffundieren. Dies war jecloch selbst bei 1425 "C nicht der Fall; vgl. I?. J. Nomo;u, J. appl. Physics 29, 1122 (19%).

19) K. K. KELLEY. Contr. Data Theor. Met., X. High-Temp. Heat-Content., Bur. Mines Bull. 476 (1949).

H. SCIL~PER u. A. TEBBEN, Gasformiges Platindioxgd 321

D. Vergleich mit Literaturangaben Zur Verfugung stehen Beobachtuiigen von SCHNEIDER urid ESCH 20),

Arigaben von BREWER und ELLIOTT~~) und ferner parallel zu unsereri Messungen ausgefuhrte Untersuchungen von HOOPER und ALCOCK Is).

Die zuletzt genannten Autoren ermittelten als Interpolationsformel log Kp = 0,204 - S5SS/T (1100-1550 "C).

Sie verwendeten - wie wir - cine Mitfuhrungsanordnung. Im einzelnen unterscheiden sich die beiderseitigen Arbeitsweisen wesentlich, wahrend die beobachteten Pt0,-Drucke nicht erheblich voneinander abweichen und vor allem praktisch ubereinstinimende AH- und AS-Werte liefern. Auch die fruheren Beobachtungen ,O) 21) fiigen sich befriedigend ein, wie die Abbildung zeigt. Das Gleichgewicht Pt + 0, = Pt0,g ist nun- mehr gut bekannt.

Die Firma W. C. Heraeus GrnbH., Hanau, hat die Untersuchung wesentlich unter- stiitzt, wofiir wir auch hier Dank sager] mochten.

'20) A. SCHNEIDER u. U. ESCH, Z. Elektrochem. angew. physik. Chem. 49, 55 (1943). *I) G. R. B. ELLIOTT, Thesis Berkeley 1952, Herrn Kollegeri BREWER mochten wir

fur die ifbersendung dieser Ergebnisse danken.

Miinster ( W e s t . ) , Anorganisch-Ckemisches lnstifut der Uniuersitat.

Bei der Redaktion eingegangen am 13. Februar 1960.

Z. auorg. allg. Chemie. Bd. 304. 22

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