Ich entscheide nach bestem Wissen und Gewissen…..! Geht das so ohne weiteres?

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Ich entscheide nach bestem Wissen und Gewissen…..!

Geht das so ohne weiteres?

Art 28 GG

….Vertretung, die aus freien, direkten und geheimen Wahlen hervorgegangen ist.

Also: Jedermann ! Unabhängig vom Beruf und von der Ausbildung

Rechtsstaatsgebot

Alle Entscheidungen des Staates müssen rechtmäßig sein (Art 28,1 GG)

Auch die der Gemeindevertre-tungen, Ausschüsse pp !

Problem: rechtsunkundige GV

Goethes Faust

Das erste steht uns frei, beim zweiten sind wir Knechte…..!

Kennen Sie Ihre Pflichten? Sind Sie in Ihren Aufgaben

geschult worden?

Historischer Exkurs

Griechisches Staatswesen Der Staat kann kein Unrecht

begehen, nur die Personen, die für ihn tätig werden

Römisches Reich Ähnlich, der Staat sah sich als

unfehlbar, anders: handelnde Personen

Mandatstheorie

Der Landesherr haftet für seine Beamten, wenn sie seinen Anordnungen folgen und Unrecht begehen

Sonst nicht !

Historischer Ursprung der Haftung des Staates für rechtswidriges Verhalten (ALR)

Das allgemeine preußische Landrecht von 1794

Wer ein Amt übernimmt, muss auf die pflichtgemäße Führung desselben die genaueste Aufmerksamkeit widmen.

Jedes dabei begangene Versehen, welches bei gehöriger Aufmerksamkeit und nach den Kenntnissen, die bei der Verwaltung des Amtes erforderlich werden, hätte vermieden werden können und sollen, muss er vertreten.

Doch was bedeutet dies?

Hier aus folgt:

Auch der „normale“ GV muss „rechtskundig“ sein, um rechtmäßige Entscheidungen zu gewährleisten

Kann man das von jedem GV verlangen?

Ja! Art 28 GG (Rechtsstaat)

Was ich wissen muss, um rechtmäßig handeln zu

können?

Wann kann ich frei entscheiden? Wann gibt es rechtliche Vorgaben,

die ich einhalten muss? Gesetze, Verordnungen, Satzungen

Beispiele: Gemeinde plant einen Sportplatz + Gemeinde baut neue Schule + Gemeinde versagt Einvernehmen für

Bauantrag -

Bei Entscheidungen auf Grund von Rechtsnormen den Entscheidungsspielraum prüfen!

Aber wie ?

Exkurs:Formelles muss sein……!

Unterschied beim Lesen von Vorschriften Ist-Vorschriften Soll-Vorschriften Kann-Vorschriften

Was ist der Unterschied?

§

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§§ §

IV. Beispiele für Rechtsnormen:

Die Gemeinde muss die Einwohner/Innen über allgemein bedeutsame Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft unterrichten.. §16 a GODie Gemeindevertretung soll mindestens einmal im Vierteljahr einberufen werden § 34 GO

OrtsgestaltungssatzungVon der vorgeschriebenen Reetbedachung kann bei Gebäuden in zweiter Baureihe abgewichen werden….

I. Ist-Vorschrift muss zwingend beachtet werden

§ 33

GO

Der Bürgermeister „hat“ einem rechtswidrigen Beschluss zu widersprechen.

Andere Beispiele: Ist-Vorschrift

Gemeinde unterrichtet die Öffentlichkeit……..

Über jede Sitzung ist eine Niederschrift zu fertigen….

Bgm muss eine Angelegenheit auf die Tagesordnung setzen……

§ 34 BauGB !!!!!!! Bebauungsplan

Ist- Vorschriften

Konsequenz: Bürger hat einen Rechtsanspruch auf eine bestimmte Entscheidung, wenn die gesetzlichen

Voraussetzungen erfüllt sind.

Vorsicht: Bei fehlerhaften Entscheidungen

besteht immer die Gefahr von Ansprüchen!

Soll- Vorschrift

Entspricht der Ist-Vorschrift, aber: In begründeten Ausnahmefällen

kann abgewichen werden Beispiel: GV soll mindestens einmal im

Vierteljahr einberufen werden

Kann- Vorschrift

Hohes Ermessen! Fast: Freiheit in der Entscheidung Aber: Pflichtmäßigkeit, 0bjektiv,

sachgerecht, kein Ermessensmissbrauch

Keine Über- oder Unterschreitung des Ermessens

Beispiele Kann-Vorschrift GV kann …. Zulassung eines

Bürgerentscheids beschließen Von der vorgeschriebenen

Reetbedachung kann abgewichen werden, wenn das einheitliche Straßenbild nicht beeinträchtigt wird

GV kann die Grundsteuerzahlung stunden….

III. ErmessensvorschriftenHöheres Maß an Entscheidungsfreiheit.

Ermessen muss aber sachgerecht / pflichtgemäß

ausgeübt werden. § 73 Landesverwaltungsgesetz

Insbesondere dürfen keine Ermessensfehler vorliegen. Diese sind z.B. Unterschreitung,

Überschreitung oder Nichtgebrauch des Ermessens sowie die Berücksichtigung sachfremder

Erwägungen.

Weitere Beispiele

Stundungssatzung der Gemeinde:

Bei der Stundung von Beträgen über 5.000 € ist eine dingliche Sicherung des Anspruchs erforderlich.

Bei der Stundung von Forderungen zwischen 2.000 € und 5.000 € soll eine dingliche Sicherung der Forderung erfolgen.

Steuerzahlungen bis 2.000 € können gestundet werden, wenn die Zahlung der Steuer gesichert erscheint.

Die Frist soll nicht länger als 6 Monate betragen. Sie kann im Einzelfall verlängert werden.

Also:

Ich entscheide nach bestem Wissen und Gewissen…….

geht – leider - nicht immer!

Amtshaftung

Das Damoklesschwert über dem Ehrenamt?

Aufbau des Seminars

Teil 1 Rechtliche Grundlagen1. Allgemeine Rechtsgrundlagen2. Welche Amtspflichten gibt es?3. Beispiele für Amtspflichten4. Exkurs: Materielle Unterschiede bei

Rechtsnormen5. Persönliche Haftungen6. Versicherungsschutz

Der historische Hintergrund allg. preussisches Landrecht

Der Ausschluss einer Haftung des Staates beruhte auf dem Gedanken: Der Staat als Organisation selbst könne gar nicht unrechtmäßig handeln.

Pflichtverletzungen von Beamten können diesen deshalb nur höchst selbst zugeordnet werden. Daher die ausschließlich persönliche Haftung.

Heutige Rechtsgrundlage § 839 Abs. 1 BGB

so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen“

„Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht,

Beamtenbegriff des § 839 BGB

Beamter im haftungsrechtlichen Sinne des

§ 839 BGB ist grundsätzlich jeder der ein öffentliches Amt / Aufgabe innehat;

Also auch der Gemeindevertreter / Mitglied des Ausschusses und z.B.

Gemeindewehrführer Schiedsmann Wahlhelfer Ortsbeiräte

Aber… (sog. Flucht ins Privatrecht)

…fallen darunter auch Baufirmen/

Baustellenabsicherungen auf Strassen?

Nach der (umstrittenen) Werkzeugtheorie fällt sogar jede Person, die nach Weisung

der Verwaltung, sozusagen als ihr Werkzeug oder ihr verlängerter Arm auftritt, unter den

haftungsrechtlichen Beamtenbegriff.

Beispiele für Amtspflichten

Rechtmäßiges HandelnArtikel 20 Abs. 3 GG (Rechtsstaatsprinzip)

d.h. die strikte Beachtung eindeutiger VorschriftenProblem: Kenntnis der Rechtsprechung !Besonders brisant bei Ist-Vorschriften!

z.B.: wenn ein Bebauungsplan ein Vorhaben zulässt, muss genehmigt werden

Beispiele für AmtspflichtenFehlerfreie Ermessensausübung

Kann-Vorschrift wird nicht beachtet oder das Ermessen fehlerhaft

ausgeübt z.B. durch sachfremde Erwägungen

Stundungsantrag wird einfach abgelehnt….

Ordnungsgemäße AuskünfteDer Bürgermeister gibt in einer Bausache eine falsche Auskunft

/Abbrennen von Reet…!/Garagenbau

Schnelle SachentscheidungUnbegründetes Zurückstellen eines Bauantrags im BauA und der durch

die Verzögerung entstandene Verzugsschaden

Beispiele Insel Sylt !!!!

Beispiele für Amtspflichten

VerschwiegenheitspflichtIm FinA wird ein Stundungsantrag eines Gewerbetreibenden

behandelt, darüber plaudert ein GV. Die Bank lehnt daraufhin dem Gewerbetreibenden die Verlängerung eines

Kredit ab

ZuständigkeitDer Bauausschussvorsitzende (oder Bgm) erklärt

einem Bürger, seine Garage sei genehmigungsfrei und bestätigt ihm dies schriftlich

Beispiel Bauantrag

Bearbeitung wird verzögert, bleibt ohne Grund liegen

Baugenehmigung verzögert sich Festpreisgarantie läuft aus, Preis

erhöht sich massiv

Die Pflicht zur Beachtung der Rechtsprechung am Praxisbeispiel Lückenschließung im Baurecht Rechtsprechung zur Größe der

Frontlänge hat sich von 80 m auf 120 m geändert

Der BauA lehnt Antrag (100 m) ab…….

Frage: kann der Ehrenamtler das wissen? Muss er es wissen?

III. ErmessensvorschriftenHöheres Maß an Entscheidungsfreiheit.

Ermessen muss aber sachgerecht / pflichtgemäß

ausgeübt werden. § 73 Landesverwaltungsgesetz

Insbesondere dürfen keine Ermessensfehler vorliegen. Diese sind z.B. Unterschreitung,

Überschreitung oder Nichtgebrauch des Ermessens sowie die Berücksichtigung sachfremder

Erwägungen.

Grundsatz

Grundsätzlich begründet der § 839 BGB die persönliche Haftung des Beamten.

Diese Regelung wird durch Art. 34 Satz 1 GG ergänzt, welche die Haftung auf die Anstellungskörperschaft

übergehen lässt.

„Verletzt jemand in Ausübung eines öffentliches Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende

Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich ..….die Körperschaft..„

Aber der Rückgriff

In Artikel 34 Satz 2 GG heißt es jedoch:

„Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten.“

Grundsätzlich soll der Beamte nicht ständig Angst haben müssen, in die Haftung für sein Tun genommen zu werden. Sinnbildliches Ziel ist

ein entscheidungsfreudiger Beamter.

Jedoch ist es unter bestimmten Verschuldensvoraussetzungen der Anstellungskörperschaft nicht zuzumuten, die Haftung alleine zu

übernehmen.

Wann spricht man von Vorsatz?

Definition:

Vorsatz liegt vor, bei einem mit Wissen und Wollen herbeigeführten, rechtswidrigen Erfolg.

D.h. mit Absicht eine falsche Entscheidung herbeiführen, in Kenntnis der entstehenden

Rechtswidrigkeit.

Welche Pflichten können im Ehrenamt verletzt werden.

Keine direkte Aufzählung in der GO

Verstreut in vielen Einzelvorschriften

Entwicklung durch Rechtsprechung

Wichtig ist jedoch:

Unkenntnis schützt nicht vor Unkenntnis schützt nicht vor Haftung!Haftung!

Was ist die Folge von Verstößen?

z.B. bei Befangenheit nach § 22 GO Evtl. Rechtswidrigkeit des Beschlusses,

zum Teil mit der Folge der Unwirksamkeit

Problem Bebauungspläne!!!! Aber: Heilung nach 1 Jahr !

Sanktion:Ordnungswidrigkeit gegenüber dem GV, der

sich nicht gemeldet hat

Versicherungsschutz

Die meisten Kommunen sind Mitglied im KSA, dem Kommunalen Schadensausgleich.

Der einzelne Beamte hat jedoch bei

einem Rückgriff das Problem, dass in den Fällen der persönlichen Haftung, also bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit, keine Versicherung zahlt oder zahlen würde.

Der gemeindliche Bauausschuss

An die Mitglieder des Bauausschusses sind durch die Komplexität des Rechtsgebiet sehr hohe Anforderungen gestellt.

Erschwerend wirkt, dass bei fehlerhaften Entscheidungen schnell erhebliche Schäden entstehen können.

Wo hat der BauA noch Freiheiten?

§ 34 BauGB

Innen-bereich

§ 35BauGBAußen-bereich

Bebauungsplangebiete

§ 34 Innenbereich

Rechtsgrundlage BauGB Wird oft als Ermessen gesehen

ABER: Rechtsentscheidung!

Wortlaut § 34 BauGB „Innerhalb der im Zusammenhang

bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn……. nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden

soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt

und die Erschließung gesichert ist das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden. „

Einzelne Personen in der GV?

Besonders fachkundige GV halten sich aus der Beratung heraus? Anwalt schweigt…..!?

Sonderfälle

der Haftung

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Protokoll

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Bauausschuss

Bürger

13 Nein – 1 Enthaltung (Anwalt)

§ 839 BGB

Sonderfälle

der Haftung

Auskunft durch freundlichen Mitarbeiter…..

Einsichtnahme in einen unwirksamen Bebauungsplan…….

Fehlerhafte Planung für 10.000 € Antrag wird abgelehnt

Wer zahlt die Kosten….?

Bebauungsplangebiet

BPlan ist eine Satzung, also örtliches Recht

Bauherr hat Anspruch auf Genehmigung, wenn das Vorhaben den Festsetzungen entspricht

„das haben wir nicht gewollt…“ gilt nicht!

Veränderungssperrehier: Beachtung der Formalien

§ 14 BauGB Gemeinde kann VÄ erlassen,

muss aber die Vorgaben beachten Beschluss muss vorliegen Problem: VÄ soll später erlassen

werden, ein Bauantrag liegt vor…… Kann dieser liegengelassen werden?

Lösung: ????????????Folge……..?

Zurückstellung von Baugesuchen

Gemeinde stellt Bauantrag zurück, weil in der nächsten Sitzung ein

Aufstellungsbeschluss für einen BPlan gefasst werden soll…?

§ 15

Bau

GB

Beispiele für allg. Haftungsfälle

Tatsächlich passiert: Kind reißt sich an einer Rutsche

einen Finger ab (Thema: Überprüfung von Kinderspielplätzen)

Aktuell: Todesfall durch morsche Stütze (Haftung TÜV?)

Fehlende Belehrung

Sozialsachbearbeiter weist nicht auf Zuschussmöglichkeit hin

Er hätte erkennen müssen, dass ein Anspruch auf Einrichtungsbeihilfe bestand

Ähnlich im Baurecht:

Gestaltungssatzung sieht Reetbedachung vor, lässt Ausnahmen zu…..

Bauherr lässt sich vom BauA-Vorsitzenden beraten

Es erfolgt kein Hinweis auf denkbare Ausnahme

Internetauftritt des Amtes

Ortssatzungen (Beispiel: veraltete Ortsgestaltungssatzung)

Bebauungspläne, veraltet, unwirksam?

Wer haftet denn letztendlich?

Zunächst der „Beamte“ Für diesen tritt nach Art 34 GG die

Gemeinde ein Diese hat ein Rückgriffsrecht, aber

nur…. bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz! Gemeinde ist versichert beim KSA Dieser kann satzungsgemäß nur bei

Vorsatz Rückgriff nehmen!

„Positives“ und „negatives“ Interesse

Positiv bei Amtshaftung, voller Anspruch einschl. entgangenem Gewinn

Negativ: nur tatsächlicher Schaden Beispiel positiv: Prozesskosten, erhöhte

Baukosten und entgangene Pachten oder Weiterveräusserungsgewinn

Beispiel negativ: nur Prozesskosten und erhöhte Baukosten

Wichtig für Ersatzleistungen KSA tritt nur für Amtshaftungsansprüche ein Nicht für „enteignungsgleiche Eingriffe“ Am Beispiel Einvernehmen: 1. Instanz (VG) grds. Amtshaftung 2. Instanz nur ent.Eingriff Weil: vom BauA keine höheren

Rechtskenntnisse als vom VG erwartet werden dürfen, daher keine Rechtswidrigkeit im Sinne von § 839 BGB

Das war es ………..!

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