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Irrwege und Auswege aus der neoliberalen Sackgasse
Wachstum statt Sparen
Wolfgang GreifLeiter der Abt. Europa, Konzerne, Internationale Beziehungen
Mitglied im Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA)
wolfgang.greif@gpa-djp.at
1
Vorherrschendes politisches Dogma: aus der Krise heraus sparen
Verfehlte Reaktion der europäischen Politik
Bislang setzten die Staaten der EU auf zwei Auswege aus der Krise:
1. Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit
2. Budgetdisziplin und Abbau der öffentlichen Verschuldung
Das verkennt die Ursachen der Krise und bietet keinen Ausweg !
3
-0,2 %
0,2 %
1,4 % 1,4 %
2,0 %
3,8 %
4,5 %
1,8 %1,5 %
Vize-Weltmeister in sparsamer Ausgabenpolitik Entwicklung der realen StaatsausgabenDurchschnitt der jährlichen Veränderung 1998 bis 2010
Quelle: EU/IMK
ver.di BundesvorstandBereich Wirtschaftspolitik
4
10 %
15 %
20 %
25 %
30 %
35 %
40 %
1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009
Öffentlicher Dienst: klein und kleinerAnteil der öffentlichen Beschäftigung an der Gesamtbeschäftigung
Schweden
Dänemark
Frankreich
Finnland
Griechenland
Großbritannien
USA
Deutschland
Quelle: ILO
ver.di BundesvorstandBereich Wirtschaftspolitik
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6
Steuerdumping ist teuer
Quellen: EU-Kommission (AMECO-Datenbank),Abteilung Wirtschaftwissenschaft und Statistik der AK Wien
Mehr Einnahmen = weniger Schulden
IRL
GR
E
I
PGB
B
D FNL A
DKFIN
S
20,0%
40,0%
60,0%
80,0%
100,0%
120,0%
140,0%
30,0% 35,0% 40,0% 45,0% 50,0% 55,0%
Staa
tssc
huld
enqu
ote
Staatseinnahmenquote
Staatsschulden- und -einnahmenquote 2010 (in % des BIP)
Krisenstaaten
Westeuropa
Nordeuropa
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Sparen ist der falsche Weg aus der Krise
• Bisherige Antworten zur Krisenlösung sind ungenügend und kontraproduktiv: falsche Analysen falsche Antworten
• Die bislang geschnürten Pakete zur Rettung der Euro-Zone sind einseitig auf Festschreibung einer Sparunion ausgerichtet.
• In vielen Ländern werden die Kosten via rigoroser Sparpakete, Lohnkürzungen und ausbleibenden Investitionen v.a. jenen aufgebürdet, die die Krise nicht verursacht haben
• Einleitung zeitgleicher Sparprogramme beschleunigt wirtschaftl. Abwärtsbewegung und trübt Wachstumsaussichten weiter ein
• Auf der Strecke bleibt die Binnennachfrage als Konjunkturstütze • Das ist definitiv der falsche Weg, um Wachstumsschwächen in weiten Teilen der EU zu
korrigieren und Europa insgesamt wieder auf Wachstumskurs zu bringen.
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Neues Brüsseler Regelwerk zur wirtschaftlichen Steuerung in der EU
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Kürzungspolitik treibt Europa tiefer in die Krise
Euro Plus Pakt: Druck auf Löhne durch “Dezentralisierung” der Lohnfindung, Lohnentwicklung im öffentlichen Sektor soll “Wettbewerbsfähigkeit” absichern, Durchleuchtung der Renten- u. Gesundheitssysteme usw.
„Six Pack“ zur Economic Governance: Neuer Mechanismus gegen “makroökonomische
Ungleichgewichte” – der aber asymmetrisch ist: nur Länder mit Außenhandelsdefiziten müssen sich “anpassen”, d.h. Lohnkosten senken, Arbeitsmärkte flexibilisieren
Fiskalpakt: Schuldenbremsen für alle Euro-Länder, mehr Einfluss der EU-Kommission auf nationale Haushalte 10
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„Sixpack“ – und Fiskalpakt
• Verschärfung Stabilitäts- und Wachstumspakt (Sixpack)
– Jährlich muss die Verschuldung um 1/20 der Differenz zum Zielwert von 60% abgebaut werden.
– Ausgabenregel: das Ausgabenwachstum darf die mittelfristige Wachstumsrate des BIP nicht übersteigen (außer Kompensation durch Einnahmen) sonst drohen für Euroländer Sanktionen (verzinste Einlage mit 0,2% des BIP)
– Bei Feststellung von Ungleichgewichten empfehlen EU-Kommission und Rat Maßnahmen, die bei Sanktionsdrohung umzusetzen sind.
– Verhängung von Sanktionen nach umgekehrter Mehrheit, d.h. in erster Linie die Kommission hat das Recht Sanktionen zu verhängen (außer eine qualifizierte Mehrheit der Mitgliedsstaaten lehnt ab)
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• Was im „Sixpack“ noch nicht fixiert, steht nun im Fiskalpakt– Verschärfte Defizitregel: Budgetziel für strukturelles Defizit von 1%
auf max. 0,5% reduziert.
– Auch Einleitung des Defizitverfahrens erfolgt nach dem Prinzip der „umgekehrten Mehrheit „ (im wesentlichen durch EU-Kommission)
• Fiskalpakt = „Versteinerung“ neoliberaler Politik• Pflicht zur Einführung von Schuldenbremsen in allen Staaten
• Völkerrechtlicher Vertrag, außerhalb des EU-Rechts– ohne explizite Kündigungs- bzw. Ausstiegsmöglichkeit
• Automatischer Korrekturmechanismus im nationales Recht – allein die Kommission soll festlegen, wie dieser Mechanismus gestaltet
sein soll
Sparkorsett verschärft durch Fiskalpakt
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• UNMÖGLICHE ZIELE
– Konjunkturunabhängig pro Jahr 1/20 der (zu hohen) Verschuldung (Schulden in Relation zum BIP) abzubauen ist unmöglich
– Bei 100% Staatsverschuldung – konjunkturunabhängig pro Jahr ein Sparpaket von 2% des BIP
• Man kann radikal zwar Sparen - aber dann sinkt auch das BIP und in der Folge auch die Staatseinnahmen
– z.B. Griechenland : 2007-12: -18%
• Folge = Schuldenfalle: Staatsschuldenquote steigt
Fiskalpakt: nicht nur sozial verwerflich, sondern auch wirtschaftlich unvernünftig
Wege aus der Krise:Kurswechsel
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Was ist zu tun?Europäische Solidarität verlangt Koordinierung und eine Politik, die Wachstum ermöglicht
– Zeit kaufen durch höhere Rettungsschirme
– Konsolidierung durch Stärkung der Steuerbasis in den EU-Staaten
• u.a. über Finanztransaktionssteuer, Steueroasen trockenlegen, Erhöhung von Steuern: Erbschaftssteuer, Vermögenssteuer, Spitzensatz Est etc.
– Konsolidierung der Haushalte verlangt ein Ende von Steuerdumping und Steuerwettbewerb (u.a. bei Unternehmenssteuern)
– Eurobonds würden Attacken der Finanzmärkte auf einzelne Staaten unmöglich machen
– Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit (u.a über unausgeschöpfte Mittel aus den EU-Fonds)
– Öffentliche Investitionen
Kurswechsel: Wege aus der Eurokrise
Kurzfristige Maßnahmen
• Schluss mit der Kürzungspolitik
• Staatsfinanzen von den Kapitalmärkten entkoppeln (geeignet z.B. Eurobonds,
Schuldentilgungsfond , direkte bzw. indirekte Finanzierung durch die EZB)
• Wachstumsimpulse setzen durch Zukunftsinvestitionen
• Stimulierung der Binnennachfrage in den Überschussländern (Lohnzuwächse,
Investitionen in soziale Infrastruktur)
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Wege aus der EurokriseMittel- und langfristige Maßnahmen
• Neue Regeln für KapitalmärkteFinanztransaktionssteuer, Finanzmarkt-TÜV
• New Deal für Europa- mindestens verteilungsneutrale Lohnzuwächse, Tarifautonomie sichernkonjunktur- und verteilungsgerechte Konsolidierung - Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (Anpassungsdruck auch bei Überschussländern
• Mehr Europa aber ein soziales Europa- Koordinierung der Lohn- und Finanzpolitik
- Demokratisierung der EU-Institutionen
• Konstruktionsfehler der Währungsunion beseitigen
- Fehlende europäische Finanzpolitik (u.a. Finanzausgleich zwischen Regionen)
- reine Preisstabilitätsorientierung in der Geldpolitik
- unregulierte Finanzmärkte18
EURO Anleihen/EURO Bonds• Derzeit finanzieren sich die Mitgliedsstaaten unabhängig voneinander
• Wenn die Märkte ein Land meiden und keine Anleihen kaufen oder sehr hohe Zinsen verlangen, ist das Land „fällig“
• Die Staaten sind den Finanzmärkten und den Ratingagenturen ausgeliefert.
• Die Grundidee von Europäischen Anleihen (Eurobonds) ist, dass die Eurozone als Ganze für Anleihen haftet.
• Damit wären die Spekulationen gegen einzelne Staaten nicht mehr möglich und das Zinsniveau würde für die meisten Staaten deutlich sinken.
• Die Investoren müssten den ganzen EURO-Raum, meiden. Das ist sehr unwahrscheinlich.
• Das scheitert bislang am Widerstand Deutschlands19
Wege aus der Krise Banken und Finanzmärkte regulieren und verkleinern
Besteuerung von Finanztransaktionen und Finanzaktivitäten
Umverteilung als Voraussetzung für Überwindung der Finanzkrise
Besteuerung von Vermögensbeständen und Erbschaften
Ausbau des Sozialstaates
Raus aus der neoliberalen Sackgasse• Neoliberale Politik zerstört vor unseren Augen die
Gesellschaft– Rückkehr von Massenelend in Teilen Europas
• Gewerkschaften müssen für ein anderes Europa kämpfen
• Rabiate Sparpolitik und Schuldenabbau – ohne Finanztransaktionssteuer,
– ohne Mindestkörperschaftssteuern,
– ohne Entmachtung der Finanzmärkte bei der Staatenfinanzierung
• kann nicht funktionieren.
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