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LEHRBUCH Block 1 Basiswissen Anatomie & Physiologie
Fitness Trainer &
Group Fitness Instructor
B-Lizenz DFAV e.V.
Verantwortlich: Deutscher Fitness & Aerobic Verband e.V.
unter Leitung von Prof. Dr. Theodor Stemper, Dipl. Sportwissenschaftler
Lehrheft Block I Basiswissen Anatomie & Physiologie - 2 -
Weltweit anerkannte Ausbildungen
DFAV e.V.
Geschäftsstelle
Potsdamer Platz 2
53119 Bonn
Tel.: +49 (0)2 28-7 25 30-
0
Fax: +49 (0)2 28-7 25 30-
29
E-Mail: info@dfav.de
Internet: www.dfav.de
Lehrheft Block I Basiswissen Anatomie & Physiologie - 3 -
Inhaltsverzeichnis
1. Zelllehre .................................................................................................................. - 5 -
2. Gewebelehre .............................................................................................................. - 7 -
2.1. Epithelgewebe ............................................................................................................... - 7 -2.2. Stützgewebe ................................................................................................................. - 7 -2.3. Fettgewebe ................................................................................................................... - 8 -2.4. Muskelgewebe .............................................................................................................. - 8 -
2.4.1. Quergestreifte Skelettmuskulatur ........................................................................... - 9 -2.4.2. Herzmuskulatur .................................................................................................... - 14 -
2.5. Nervengewebe ............................................................................................................ - 14 -
3. Atmung .................................................................................................................... - 18 -
3.1. Anatomie der Lunge .................................................................................................... - 18 -3.2. Atemmechanik ............................................................................................................ - 19 -
4. Herz-Kreislauf-System .............................................................................................. - 22 -
4.1. Arterien ........................................................................................................................ - 22 -4.1.1. Aufbau der Arterien .............................................................................................. - 22 -4.1.2. Funktion der Arterien ............................................................................................ - 22 -
4.2.Venen ........................................................................................................................... - 22 -4.2.1 Aufbau der Venen .................................................................................................. - 22 -4.2.2. Funktion der Venen .............................................................................................. - 22 -
4.3. Kapillaren .................................................................................................................... - 23 -4.3.1. Aufbau der Kapillaren ........................................................................................... - 23 -4.3.2. Funktion der Kapillaren ......................................................................................... - 23 -
4.4. Blutkreislauf ................................................................ Fehler! Textmarke nicht definiert.4.4.1. Körperkreislauf .................................................... Fehler! Textmarke nicht definiert.4.4.2. Lungenkreislauf ................................................... Fehler! Textmarke nicht definiert.4.4.3. Blutfluss ............................................................... Fehler! Textmarke nicht definiert.
Lehrheft Block I Basiswissen Anatomie & Physiologie - 4 -
Vorwort
Wir wünschen Ihnen viel Erfolg und Spaß!
Lehrheft Block I Basiswissen Anatomie & Physiologie - 5 -
1. Zelllehre
Jeder Organismus ist aus Zellen, den kleinsten Baustoffen unseres Körpers aufgebaut.
Durch Differenzierung von Gestalt und Struktur werden sie zum Bauelement
verschiedener Gewebe. Eine Zelle baut sich aus Zytoplasma (Zellflüssigkeit; darin
verschiedene spezialisierte Strukturen), Kern und Zellmembran (Zellwand) auf. Nur wenige
Zellen, wie etwa die reifen Erythrozyten (rote Blutkörperchen), haben keinen Kern (vgl.
Grafik-Katalog, S. 3).
Das Zytoplasma ist eine Lösung mit verschiedenen kleinsten Teilchen (Kolloid) von Gel
artiger Beschaffenheit, was zu drei Viertel aus Wasser besteht. Das restliche Viertel ist ein
Gemisch aus Eiweißen, Lipiden (Fett oder fettartige Stoffe), Kohlenhydraten und Salzen. Im
Zytoplasma können wir eine Reihe spezialisierter Strukturen erkennen.
• Das endoplasmatische Reticulum ist ein vielfach verzweigtes System von Spalten.
An der Außenfläche der Lamellen sitzen kleine Körnchen (Ribosomen), die als Ort
der Eiweißsynthese (-herstellung) gelten.
• Die Mitochondrien sind längliche, von einer Doppelmembran umgebene Gebilde des
Zytoplasmas. Ihre Anzahl steigt mit der Aktivität der Zelle an, so dass sie in stark
wechselnder Zahl und Größe vorkommen. Die Mitochondrien sind die Träger der Atmungsenzyme und die energetischen Zentren des Zellhaushaltes (sog.
`Zellkraftwerke´). Hier wird Energie gewonnen, indem Kohlenhydrate, Fette und
Eiweiße (Aminosäuren) mit Hilfe von Sauerstoff oxidiert werden. Diese Energie wird
in Form eines phosphorhaltigen Stoffes, dem Adenosintriphosphat (ATP),
gespeichert und weitergegeben. ATP ist der letztlich einzige Energielieferant für
Stofftransporte, chemische Synthesen, Muskelkontraktionen und Nervenreize.
• Die Golgi-Zone wird von besonderen Lamellensystemen gebildet. Das Golgi-Feld
wird als Zellorganelle der Sekretproduktion betrachtet.
• Bei den Zentrosomen handelt es sich um Strukturen, die aus neun zylindrischen
Röhrchen aufgebaut sind. Sie haben als Zellorganellen mit den
Bewegungsvorgängen im Zytoplasma zu tun.
Die wichtigsten chemischen Substanzen im Kern sind die Kernsäuren (Ribonucleinsäuren
<RNS> und Desoxyribonukleinsäuren <DNS> bzw. DNA im englischen). Verbunden mit
Eiweißen bilden sie Nucleoproteine, welche für den Aufbau der spezifischen Eiweiße
Lehrheft Block I Basiswissen Anatomie & Physiologie - 6 -
verantwortlich sind. Der Kern ist das Steuerzentrum für die Stoffwechselvorgänge der ganzen Zelle.
Eine besondere Zellmembran grenzt das Zytoplasma nach außen ab und kontrolliert den
Eintritt und Austritt der in Wasser gelösten Stoffe. Der Austausch mit dem zwischenzelligen
Milieu kann auf zwei Arten erfolgen.
• Da unser Körper zu 50-60 % aus Wasser besteht, laufen die meisten chemischen
Reaktionen des menschlichen Körpers in wässriger Lösung ab.
Ein Viertel des Wassers liegt außerhalb der Zellen und bildet das Plasma des Blutes und die
zwischenzellige Flüssigkeit. Werden nun kleinste Teilchen, gelöst in einem Lösungsmittel,
durch eine Membran mit entsprechender
Porengröße unter Druck durchgepresst, so spricht man von einer Filtration. Als Beispiel
seinen hier die Kapillargefäße genannt.
Verteilen sich die Gase entsprechend ihrem Druck oder gelöste Stoffe entsprechend ihrer
Konzentration, so spricht man von Diffusion. Das Durchtreten von Sauerstoff und
Kohlensäure durch die Wände der Lungenbläschen erfolgt zum Beispiel nach den Gesetzen
der Diffusion.
Diffusion durch eine halbdurchlässige Membran bezeichnet man als Osmose. Die höher
konzentrierte Lösung zieht Wasser an. Es entsteht ein Druckunterschied, den man in mm Hg
(Millimeter Quecksilber-säule) messen kann und osmotischen Druck nennt. Der osmotische Druck der Gewebeflüssigkeit hängt von deren Eiweiß- und Salzgehalt ab und entspricht
etwa einer Salzlösung von 0,9 % Kochsalz. Eine solche physiologische Kochsalzlösung ist
isotonisch. In hypertonischen Lösungen geben die Zellen Wasser ab und schrumpfen. In
hypotonischen Lösungen nehmen sie Wasser auf und quellen. Stofftransport kann aber auch
als aktive Ein- oder Ausschleusung in das Zytoplasma vorkommen.
Lehrheft Block I Basiswissen Anatomie & Physiologie - 7 -
2. Gewebelehre
Wie Gewebe aus Zellen zusammengeschlossen sind, so bilden Gewebe ihrerseits wiederum
das Baumaterial für die Organe und Organsysteme. Es lassen sich folgende Gewebeklassen
unterscheiden:
2.1. Epithelgewebe Das Epithel ist ein geschlossener Zellverband, welcher äußere oder innere Oberflächen
bekleiden. Epithelgewebe können aufgrund des vielfältigen Aufbaus (ein- und mehrschichtig,
kubisch, etc.) verschiedene Funktionen ausüben. Man unterscheidet vier Funktionen:
Schutzfunktion Beispiel Epidermis der Haut
Stoffabgabe (Sekretion) Beispiel Hautdrüsen
Stoffaufnahme (Resorption) Beispiel Epithel der Darmzotten
Reizaufnahme Beispiel Sinneszellen des Epithels Tabelle 1: Funktionen des Epithelgewebes
2.2. Stützgewebe Beim Stützgewebe steht die Körperform erhaltende Funktion im Vordergrund, wobei
zwischen Bindegewebe, Knorpel und Knochen unterschieden wird.
• Das Bindegewebe besteht aus Bindegewebszellen und interzellulärer Substanz.
Diese Interzellularsubstanz ist ein zäher Grundstoff, in dem sich feine, unverzweigte
Fasern (sog. kollagene Fasern) in wechselnden Mengen befinden.
Bindegewebszellen sind verschiedener Art, wie Fibroblasten (Vorstufe für andere
Zellen), Makrophagen sowie Fett- und Pigmentzellen und im ganzen Körper verteilt.
Sie dienen z.B. der Umhüllung von Nerven, Lymph- und Blutgefäßen, füllen Lücken
aus (z.B. zwischen Muskeln und Muskelfasern) und dienen als Stützgewebe für Organe oder bilden die Bänder des passiven Bewegungsapparates.
• Der Knorpel ist ein druckfestes Stützgewebe, dass je nach Beschaffenheit
unterschieden wird: Der hyaline Knorpel als Gelenkknorpel, der elastische Knorpel, z.B. der Ohrmuschel und der Faser- bzw. Bindegewebsknorpel, aus dem
z.B. die Bandscheiben und Menisken bestehen. Der Gelenkknorpel ist auch am
Lehrheft Block I Basiswissen Anatomie & Physiologie - 8 -
Längenwachstum der Röhrenknochen durch Zellteilung beteiligt und wird zu
Knochengewebe umgebaut.
• Knochen sind mehrschichtig aufgebaut und bestehen aus der Rindenschicht (Substantia corticalis oder Substantia compacta) und der Innenschicht (Substantia
spongiosa oder Substantia trabecularis). In der Innenschicht, die vom Endost gebildet wird, liegen die Knochenbälkchen mit der Ausrichtung nach den
hauptsächlich auftretenden Kräften. Die Außenschicht wird von der Knochenhaut (Periost) gebildet, in der das Wachstum der Knochendicke stattfindet.
Knochen haben eine Schutzfunktion (Absicherung des Gehirns, des Knochenmarks
etc.), eine Stützfunktion (bilden das Gerüstwerk der Weichteile) und eine
Bewegungsfunktion indem sie feste Hebel für den Ansatz der Muskeln darstellen.
Des Weiteren dienen sie mit ihrer Stoffwechselfunktion auch als wichtiges
Stoffwechselorgan, das eine erhebliche Speicherungsfunktion für Kalzium- und
Phosphatstoffwechsel hat und weist eine Steuerungsfunktion als wichtiger Faktor in
der Blutbildung innerhalb des Knochenmarks auf.
2.3. Fettgewebe Man unterscheidet die Speicher- und die Baufunktionen des Fettgewebes. Das
Speicherfett dient als Brennstoffvorrat (kalorische Reserve). Je mehr Fettgewebe gebildet
wird, umso reichlicher muss das Kapillarnetz, das die Fettzellen umspannt, ausgebildet
werden. Je mehr Fett also vorhanden ist, desto stärker wird dadurch der Kreislauf belastet.
Speicherfett lagert sich vor allem im Unterhautfettgewebe ab. Mit der Größe seiner
Ausbildung steigt auch der Wärmeschutz des Körpers (Isolationsfett) und sinkt der
Energiebedarf der Thermogenese. Eine Anreicherung des Unterhautfettgewebes am Bauch
(sog. Abdominalfett) ist gesundheitlich bedenklicher als an anderen Körfperstellen (vgl.
Lehrheft ‚Diagnostik’, S. 13-16).
Das Baufett ebnet tote Winkel aus und bildet an mechanisch beanspruchten Stellen, wie
z.B. an der Ferse, Druckpolster. An anderen Stellen ist Baufett für die Lage von bestimmten
Organen verantwortlich. Die Fettkapsel der Niere ist z.B. für deren Befestigung bestimmt.
2.4. Muskelgewebe Muskelgewebe zeigen eine Reaktion nach dem Alles oder Nichts Gesetz. Wir unterscheiden
glatte Muskulatur, Skelettmuskulatur und Herzmuskulatur aufgrund des Aufbaus und des
physiologischen Verhaltens.
Lehrheft Block I Basiswissen Anatomie & Physiologie - 9 -
Für den Fitnesstrainer ist vor allem das Verständnis der Skelettmuskulatur wesentlich und
ein Grundwissen über die Herzmuskulatur hilfreich, weshalb hier auf eine Beschreibung der
glatten autonomen Organmuskulatur verzichtet wird.
2.4.1. Quergestreifte Skelettmuskulatur Die quergestreifte Muskulatur besteht aus Muskelfasern, die 10 - 100 Mikrometer (10-6)
dick und bis 15 cm lang werden können. Die Kerne liegen mit ihrer Längsachse in Richtung
der Muskelfaser und zwar unmittelbar unter der Oberfläche. Die Muskelfasern bestehen aus
Myofibrillen und diese aus so genannten Myofilamenten. Es gibt dünne Aktinfilamente
und dicke Myosinfilamente. Die Querstreifung wird durch periodischen Wechsel von
schmaleren, helleren `I´-Streifen und breiteren, dunkleren `A´-Streifen hervorgerufen (vgl.
Abbildung `Aufbau eines quergestreiften Muskels´). Im A-Streifen findet man eine
Mittelscheibe `H´- Band, im I-Streifen einen Zwischenstreifen `Z´- Band. Der zwischen zwei
Z-Streifen (Z-Band) gelegene Myofibrillenabschnitt wird als Sarkomer bezeichnet (Abschnitt
zwischen H- bis Z-Band ist ein ½ Sarkomer). Alle diese Elemente sind plastisch. Ein
elastisches Element, das Titinfilament, umgibt das Myosinfilament und verbindet es mit dem
Z-Streifen.
Zwischen den Myofibrillen befindet sich mitochondrienarmes Sarkoplasma und ein glattes
sarkoplasmatisches Retikulum, das die Kalziumionen speichert, die letztlich als
Voraussetzung für die Auslösung der Muskelkontraktion erforderlich sind.
Lehrheft Block I Basiswissen Anatomie & Physiologie - 10 -
Abbildung 1: Aufbau eines quergestreiften Muskels
KVM – Der Medizinverlag, Berlin © 2013
Die Muskelfasern enthalten die Filamentproteine Aktin und Myosin. Das dicke
Myosinmolekül lässt sich schematisch in Form einer lang gestreckten und einer kugeligen
Molekülkomponente darstellen. Mehrere Myosinmoleküle (ca. 400) sind jeweils in
charakteristischer Weise zu einem Bündel zusammengefasst, so dass in
regelmäßigen Abständen die Köpfchen ringsum aus dem Bündel der Myosin-moleküle
herausragen können.
Das Aktinmolekül kann man sich als Kugel vorstellen. Die Anordnung des Aktins in Form
einer zweireihigen „Perlenkette“ führt zur Bildung eines so genannten dünnen Filaments,
welches an den Z-Scheiben befestigt ist. Diese Anordnung der Eiweiß-
moleküle in Form von Filamenten stellt die günstigsten Voraussetzungen für eine
gleichgerichtete Kontraktion dar.
Lehrheft Block I Basiswissen Anatomie & Physiologie - 11 -
Abbildung 2: Aktin- und Myosinfilament im Längsschnitt
KVM – Der Medizinverlag, Berlin © 2013
Lehrheft Block I Basiswissen Anatomie & Physiologie - 12 -
Eine Besonderheit der Muskelzelle ist die Existenz verschiedener Fasertypen mit
spezifischer Funktion, wobei man grundsätzlich drei Haupttypen unterscheidet:
• rote, langsam zuckende Muskelfasern (slow-twich-fibers bzw. ST-Fasern), die durch
ihre Stoffwechselbesonderheiten prädestiniert für ausdauernde Muskelarbeit und
statische Haltearbeit sind
• weiße, schnell zuckende Muskelfasern (fast-twitch-glycolytic-fibres oder FTG-
Fasern), die wegen ihrer schnellen Impulsleitung besonders für Maximal- und
Schnellkraftleistungen herangezogen werden und
• sog. intermediäre Fasertypen (fast-twitch-oxidative-fibres oder FTO-Fasern), die
zwar schneller als die roten ST-Fasern kontrahieren können, aber auf der anderen
Seite durchaus auch günstige Voraussetzungen für die aerobe Energiebereitstellung
bieten.
Die FT-Fasern werden anhand der Kontraktionsstärke, der Ermüdbarkeit sowie der
überwiegenden Nutzung entweder des aeroben oder des anaeroben Stoffwechsels unterteilt
in oxydative Fasern (FTO-Fasern) und glykolytische Fasern (FTG-Fasern).
Lehrheft Block I Basiswissen Anatomie & Physiologie - 13 -
In der folgenden Tabelle sind die wesentlichen Merkmale der einzelnen Muskelfasertypen
zusammengefasst:
ST-Fasern FTO-Fasern FTG-Fasern Kontraktions- geschwindigkeit langsam schnell sehr schnell
Kontraktionsdauer 75 ms
30 ms
20 ms
Kraft / Kontraktion wenig groß sehr groß Zugspannungsfaktor 1 4 12 Ermüdbarkeit resistent ermüdbar schnell ermüdbar Motoneuronen klein groß groß Motorische Endplatte klein größer groß
Reizschwelle niedrig höher hoch Mitochondrien sehr viele viele wenig Myoglobin sehr viel mäßig viel wenig Anzahl der Kapillaren sehr viele viel Wenig Phosphagen wenig viel sehr viel Myosin-ATP-ase Aktivität gering hoch sehr hoch
Speicherung der Nährstoffe viele Fett und KH viele KH sehr viele KH
Enzymbesatz
hochaktive Enzyme des aeroben Fett- und KH-Stoffwechsels
Enzyme des aeroben und anaeroben Stoffwechsels
Dominanz der Enzyme des anaeroben Stoffwechsels
Querschnitt 3100 bis 5000 µ2
4400 bis 5900 µ2
3500 bis 5300 µ2
Tabelle 2: Wesentliche Merkmale der einzelnen Muskelfasertypen (vgl. Badtke, 1998)
Den physiologischen Kenngrößen der ST-Fasern - rot, langsam kontrahierend und
ermüdungsresistent - entsprechen gewebsmäßig (histologisch) Muskelzellen, die von
kleinen motorischen Nervenzellen im Vorderhorn des Rückenmarks (kleine �-
Motoneurone) innerviert werden. Die ST-Fasern haben in der Nähe ihrer Zellmembran und
zwischen den Myofilamenten zahlreiche Mitochondrien und sind mit großen Anteilen von
Myoglobin ausgerüstet. In den Fasern dominieren die Enzyme des aeroben Kohlenhydrat-
und des Fettstoffwechsels. Hierfür sind zahlreiche Fetttröpfchen eingelagert.
Die myoglobinarmen FT-Fasern – also die weißen, schnell kontrahierenden Muskelfasern
- entwickeln große Kraft, ermüden jedoch schnell. Sie werden von großen α-Motoneuronen
innerviert. Die Leitungsgeschwindigkeit einer großen �-Zelle übertrifft die einer kleinen α-
Zelle.
Lehrheft Block I Basiswissen Anatomie & Physiologie - 14 -
Die Unterschiedlichkeit der Muskelfasertypen weist darauf hin, dass sie verschiedene
Aufgaben haben. Bewegungen, die wenig Kraft erfordern, lassen die kleinen �-Motoneurone
die zugehörigen ST-Fasern ansteuern. Reichen diese zur Lösung der Aufgabe nicht mehr
aus, oder ist die Belastung von Anfang an höher oder schneller, so werden FTO-Fasern mit
einbezogen. Die FTG-Fasern werden nur innerviert, wenn maximale Bewegungs-
anforderungen realisiert werden müssen. Für das Training bedeutet dies, dass die FTG-
Fasern sich nur entwickeln können, wenn mit maximalen Kontraktionen oder
Geschwindigkeiten gearbeitet wird.
2.4.2. Herzmuskulatur Die Herzmuskulatur ist aus Herzmuskelzellen aufgebaut, die wie die Skelettmuskelzellen
eine Querstreifung, allerdings auch Eigentümlichkeiten der glatten Muskulatur aufweisen. So
finden wir zentrale Zellkerne (1 Kern je Zelle, unregelmäßig verzweigt), reicheres
Sarkoplasma als die Skelettmuskulatur und viele Mitochondrien zwischen den Myofibrillen.
Aus diesem Grund ermüdet der Herzmuskel nicht so schnell und hat eine wesentlich höhere
Sauerstoffausbeute.
2.5. Nervengewebe Reizaufnahme, Erregungsleitung und Reizverarbeitung sind Eigenschaften einer
lebenden Substanz. Sie ermöglichen es, sich in der Umwelt zu orientieren und auf sie
einzuwirken. Das Nervengewebe, das sich auf Erregungsleitung ausgerichtet hat, ist so hoch
differenziert, dass sich seine Zellen im erwachsenen Zustand nicht mehr zu teilen vermögen.
Das Nervengewebe bildet das Nervensystem. Es besteht aus nervösen Zentren zur
Reizverarbeitung und peripheren Nerven, welche die Reize von der Peripherie zum
Zentrum oder vom Zentrum zur Peripherie leiten. Erfolgt die Leitung vom Empfänger zum
Zentrum, so sprechen wir von empfindungsleitenden (afferenten oder sensiblen) Fasern.
Geht die Leitung vom Zentrum zu den ausführenden Organen, so nennt man sie
(bewegungs-)auslösende (efferente oder motorische) Fasern.
Die Signale, welche in einer Nervenfaser geleitet werden, bezeichnet man als
Nervenimpulse. Die dabei auftretenden physikalisch-chemischen Veränderungen sind von
elektrischen Ladungen begleitet. Schon im Ruhezustand zeigt jede Nerven-membran
zwischen ihrer Oberfläche und dem Nerveninneren eine elektrische Spannungsdifferenz, das
so genannte Ruhepotential. Bei der Erregung verliert die Zellmembran der Nervenfaser ihre
Lehrheft Block I Basiswissen Anatomie & Physiologie - 15 -
äußere positive Ladung und wird vorübergehend leicht negativ. Durch diese vorübergehende
Umpolarisierung entsteht ein „Zwei Phasen Aktionspotential“, dessen Ladungs- oder
Potentialdifferenz um 90 Millivolt (mV) beträgt. Diese explosionsartig rasch ablaufenden
elektrischen Vorgänge werden dadurch ausgelöst, dass die Durchlässigkeit der
Zellmembranen für Natrium plötzlich um das 500-fache zunimmt. Natriumionen strömen
dann von der Oberfläche ins Zellinnere und laden es kurzfristig positiv. Der Ausstrom von
Kaliumionen nachaußen ist viel geringer. Sobald der Reiz abgeklungen ist, müssen unter
Aufwand von Energie die Natriumionen wieder aus dem Zellinneren entfernt werden und
Kaliumionen zurückwandern (Natrium-Kalium-Ionenpumpe). Für die damit verbundene
Enzymtätigkeit ist Vitamin B1 von besonderer Wichtigkeit.
Abb.: Motorische Einheit
Lehrheft Block I Basiswissen Anatomie & Physiologie - 16 -
Abb.: Motorische Einheit und Innervation
Abb.: Innervation
Abbildung 3: Erregungsleitung
KVM – Der Medizinverlag, Berlin © 2013
Lehrheft Block I Basiswissen Anatomie & Physiologie - 17 -
Die Baueinheit des Nervengewebes ist das Neuron. Es besteht aus der Nervenzelle mit
allen ihren Fortsätzen. Die meist kurzen, verzweigten Fortsätze, welche die Erregung
anderer Nervenzellen empfangen, werden als baumartige Fortsätze (Dendriten) bezeichnet.
Die meist langen Fortsätze, welche die Erregung von der Zelle weg leiten, werden Neuriten
genannt. Ihre Länge kann beim Erwachsenen bis zu einem Meter betragen.
Berührungsstellen, an welchen Nervenimpulse von einem Neuron zu einem anderen oder zu
einem Erfolgsorgan überspringen, nennt man Synapsen.
Ein Nerv kann mechanisch, chemisch, elektrisch oder mittels Wärme gereizt werden.
Damit ein Reiz wirksam ist, muss er eine gewisse Stärke (Intensität) haben und eine gewisse
Zeit dauern, um die Reizschwelle zu überschreiten. Für jeden wirksamen Reiz gilt das
`Alles-oder-Nichts´-Gesetz. Wenn überhaupt, dann wird ein Neuron stets in höchstem
Maße erregt. In einem Muskelfaserbündel sprechen nicht immer alle Muskelfasern an. Ein
starker Reiz erregt mehr Fasern als ein schwacher. Nach einem erfolgten Reiz bleibt ein
Nerv 0,4 Tausendstel einer Sekunde (0,004 Sek.) unerregbar, was als Refraktärphase (s.
o.) bezeichnet wird; in dieser Zeit arbeitet die Ionenpumpe und es kann kein anderer Reiz
zur Geltung kommen. Auf diese absolute Refraktärperiode folgt eine relative, in welcher ein
normaler Reiz wenig wirksam ist.
Lehrheft Block I Basiswissen Anatomie & Physiologie - 18 -
3. Atmung
In der Lunge findet der Gasaustausch zwischen Atemluft und Blut statt, was im Allgemeinen
mit Atmung gleichgesetzt wird. Eine zweite wichtige Aufgabe ist die Regulierung des Säure-
Basen-Haushaltes, die an die Elimination von CO2 gekoppelt ist.
3.1. Anatomie der Lunge Die Lungen liegen als paariges Organ im Brustkorb (Thorax). Die obere kuppelförmige
Lungenspitze ragt in die obere Thoraxöffnung hinein und reicht vorn 2-3 cm über den
Oberrand der ersten Rippe. Die Lungenbasis liegt dem Zwerchfell auf. Im Bereich zwischen
den beiden Lungen liegt das Mittelfell (Mediastinum) mit dem Herz und den großen Gefäßen.
Funktionell wird zwischen dem luftleitenden Bronchialsystem und dem
gasaustauschenden Alveolarsystem unterschieden. Die Alveolen (Lungenbläschen)
haben einen Durchmesser von ca. 0,06 - 0,3 mm. Die Lunge besteht aus ca. 300 Mio. dieser
Alveolen, die zusammen eine Gesamtoberfläche von ca. 100-150 m² bilden. Dank dieser
großen Fläche an Gas austauschenden Alveolen ist es möglich, dass die Lunge auch bei
starker körperlicher Anstrengung alle Körperzellen mit genügend Sauerstoff versorgen kann.
Jede der beiden Lungen ist in eine Höhle eingebettet. Diese wird durch eine Schleimhaut,
das Brustfell (Pleura) gebildet. Die Oberfläche der Lunge wird fest vom Lungenfell (inneres
Pleurablatt) überzogen und die Innenseite des Thorax wird vom Rippenfell (äußeres
Pleurablatt) ausgekleidet. Dazwischen liegt eine dünne Flüssigkeitsschicht (Pleuraspalt). Im
Pleuraspalt herrscht immer ein Unterdruck, damit die Lunge entfaltet bleibt. Aufgrund ihrer
Eigenelastizität würde sie sonst in sich zusammenfallen. Die Luft gelangt über die Luftröhre
und das Bronchialsystem in die Lunge und wieder heraus.
Lehrheft Block I Basiswissen Anatomie & Physiologie - 19 -
Abbildung 6: Lage und Aufbau der Lunge
KVM – Der Medizinverlag, Berlin © 2013
3.2. Atemmechanik Die Lungen funktionieren ähnlich einem Blasebalg. Bei der Einatmung (Inspiration) muss
der Druck in den Alveolen niedriger sein als der Außendruck und bei der Ausatmung
(Exspiration) muss eine umgekehrte Druckdifferenz bestehen. Daraus folgt, dass bei der
Inspiraton der Brustkorb erweitert und bei der Exspiration verkleinert werden muss.
Lehrheft Block I Basiswissen Anatomie & Physiologie - 20 -
Dies hängt zum einen von der Elastizität des Brustkorbes (Thorax) ab und zum anderen von
denjenigen Muskeln ab, die den Thorax bewegen, der Atemmuskulatur. Der wichtigste
Atemmuskel ist das Zwerchfell. Es bildet die kuppelförmige Trennwand zwischen Brust- und
Bauchraum. Man unterscheidet die Atmung in Rippen- und Zwerchfellatmung. Bei ruhiger
Atmung werden etwa 75 % der Volumenveränderungen der Lunge durch Zwerchfellatmung
(Bauchatmung) bewirkt. Bei erhöhtem O2 -Bedarf wird immer mehr auf die Rippenatmung
(Brustatmung), später auch unter Hinzuziehung der sog. Atemhilfsmuskulatur (M. pectoralis
minor, Mm. scaleni und der Bauchmuskulatur), umgestellt.
Lehrheft Block I Basiswissen Anatomie & Physiologie - 21 -
Abb.: Mechanik der In- und Exspiration
KVM – Der Medizinverlag, Berlin © 2013
Die Erläuterung der Funktion der Atmung, Gewebsatmung und Lungenatmung erfolgt im
Block II Anatomie & Physiologie
Lehrheft Block I Basiswissen Anatomie & Physiologie - 22 -
4. Herz-Kreislauf-System Das Herz-Kreislauf-System setzt sich zusammen aus dem Herzen und allen Gefäßen, die
unterteilt werden in Arterien, Venen und Kapillaren.
4.1. Arterien `Arterien führen vom Herzen weg´! – Die Behauptung `Arterien führen das sauerstoffreiche
Blut´ ist leider falsch.
4.1.1. Aufbau der Arterien Arterien sind weislich und haben elastische Wände mit Muskelgewebe. Wie in der
Abbildung ` Arterien und Venen im Querschnitt´ zu sehen ist, haben sie eine kreisrunde
Öffnung.
4.1.2. Funktion der Arterien Die Arterien dienen dem Bluttransport auf der Hochdruckseite des Kreislaufs. Durch ihre
Muskelwand können sie die Druckwelle, die vom Herzen ausgeht, dämpfen und den
Blutstrom gleichmäßiger machen.
4.2.Venen `Venen führen zum Herzen hin´! – Die Behauptung `Venen führen das sauerstoffarme Blut´
ist leider falsch.
4.2.1 Aufbau der Venen Die Venen sind bläulich-rot und haben dünne, schlaffe, dehnbare Wände. Wie in der
Abbildung ` Arterien und Venen im Querschnitt´ zu sehen ist, weisen sie eine
zusammengefallene Öffnung auf. In den Venen finden wir Venenklappen. Diese begünstigen
den Rückfluss zum Herzen.
4.2.2. Funktion der Venen Mit ihren elastischen Wänden müssen die Venen den Druckeinwirkungen nachgeben. Die
Veneklappen lassen nur einen Blutstrom zum Herzen zu, da sie nach jeder Pulswelle
schließen und somit den durch die Gravitation hervorgerufenen Rückfluss (sog. `Versacken
des Blutes´) verhindern.
Lehrheft Block I Basiswissen Anatomie & Physiologie - 23 -
Abbildung 10: Arterien und Venen im Querschnitt
4.3. Kapillaren Die Kapillaren sind die kleinsten Blutgefäße und bilden den Übergang vom
arteriellen zum venösen System.
4.3.1. Aufbau der Kapillaren Die Kapillaren werden auch als Haargefäße bezeichnet, womit ihre Dicke als auch
ihre Anzahl beschrieben werden soll.
4.3.2. Funktion der Kapillaren Die Summe der Querschnitte aller Kapillaren in den Erfolgsorganen (Muskeln, innere
Organe, etc.) ist größer als der Querschnitt der Aorta, wodurch die
Strömungsgeschwindigkeit des Blutes sowie der Druck sinkt. Der Druck (P) in einem
Blutgefäß ist das Resultat aus zwei Faktoren: Der momentanen Stromstärke (I) des Blutes
am Anfangsteil der Aorta und dem peripheren Gesamtwiderstand (R) der Erfolgsorgane
und des Kreislaufsystems. Nach dem Ohm'schen Gesetz (U = I x R) lässt sich der arterielle
Blutdruck vereinfacht als Produkt des Herzzeitvolumens und des totalen peripheren
Widerstandes berechnen (BD = HZV x TPR bzw. hier: P = I x R).
Das Herzminutenvolumen (HMV), das für die Stromstärke (I) eingesetzt werden kann, setzt
sich aus der Herzfrequenz (HF) und dem Schlagvolumen (SV) zusammen. In die Formel
eingesetzt ergibt sich dann:
P = HMV x R bzw.: P = (HF x SV) x R
Wenn der Druck aufgrund der Querschnittszunahme, wie oben genannt sinkt, verringert sich
zeitgleich auch die Fließgeschwindigkeit des Blutes und damit wird die Verweildauer des
Blutes in den Kapillaren länger, womit der Stoffaustausch an der Membran der Kapillaren
verbessert wird.
Lehrheft Block I Basiswissen Anatomie & Physiologie - 24 -
5. Grundlagen der funktionellen Anatomie
5.1 Passiver & Aktiver Bewegungsapparat Die Anatomie beschäftigt sich mit der Bauweise des menschlichen Körpers. Um z.B.
Kräftigungsübungen effektiv und sicher auszuführen benötigt jeder Trainer / Instruktor
genaue Kenntnisse über Muskeln und Gelenke, ihrer Lage, ihrem Verlauf und vor allem ihrer
Funktion.
Der Bewegungsapparat wird in einen passiven und aktiven Teil unterschieden:
Passiver Bewegungsapparat (vgl. Grafik-Katalog S. 4-15)
Struktur Aufbau, Beispiele
Knochen
Gelenke
Bänder
Hilfsstrukturen der Gelenke (Grafik-Katalog S. 4-15)
Struktur Aufbau, Beispiele
Bandscheibe
Meniskus
Schleimbeutel
Sehnen
Aktiver Bewegungsapparat (Skelettmuskulatur) (vgl. Grafik-Katalog S. 21+22)
Körperabschnitt Beispiele
Armmuskulatur
Beinmuskulatur
Rumpfmuskulatur
Kopf- und
Halsmuskulatur
Lehrheft Block I Basiswissen Anatomie & Physiologie - 25 -
5.2 Rolle und Funktion des Skelettsystems: Funktion Beispiel Stützfunktion
Bewegung
Schutz
Speicher
Produktion von Blutzellen
Das menschliche Skelett wird aus Knochen gebildet und geformt. Der Mensch besitzt ca.
208 - 212 Knochen. Das menschliche Skelett macht nur etwa zwölf Prozent des gesamten
Körpergewichts aus. Die Knochen eines fünfzig Kilogramm schweren Menschen wiegen also
nur etwa sechs Kilogramm.
Lehrheft Block I Basiswissen Anatomie & Physiologie - 26 -
Wichtige Knochen und Funktionseinheiten des Skeletts Lateinisch Deutsch Lage in der Abbildung
(siehe Grafik-Katalog S. 4+5)
Cranium Schädel
Columna vertebralis Wirbelsäule
Vertebra cervicalis Halswirbel
Thorax Brustkorb
Vertebra thoracalis Brustwirbel
Costa/Costae Rippe/Rippen
Clavicula Schlüsselbein
Scapula Schulterblatt
Sternum Brustbein
Humerus Oberarmknochen
Radius Speiche
Ulna Elle
Abdomen Bauch
Vertebra lumbalis Lendenwirbel
Pelvis Becken
Os sacrum Kreuzbein
Os coxae Hüftknochen
Os ilium Darmbein
Os ischii Sitzbein
Os pubis Schambein
Symphysis pubica Schambeinfuge
Femur Oberschenkelknochen
Patella Kniescheibe
Tibia Schienbein
Fibula Wadenbein
Talus Sprungbein
Calcaneus Fersenbein
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