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Gregor Mendels Erben ,,Gregor Mendels Erben" lautet der Titel eines Films, fur den M. Baier von der BASF dieses Jahr mit dem Preis ,,Technik und Offentlichkeit" des Deutschen Verbandes technisch-wissen- schaftlicher Vereine (DVT) ausge- zeichnet wurde. Der Film be- schreibt den Weg von den ersten Kreuzungsversuchen Gregor Mendels bis zur heutigen Zuch- tungsforschung und ist eine Ge- meinschaftsproduktion der Un- ternehmen BASF und Hoechst sowie des Verbandes der Chemi- schen Industrie (VCI).

Aufbauend auf den Kreuzungs- versuchen des Augustinermonchs Gregor Johann Mendel, der 1866 die GesetzmaRigkeit der Verer- bung entdeckt hatte, streift der Film die naturliche Ziichtung (Kreuzung und Auslese), bei der sich zum Beispiel bei Pflanzen binnen vieler Jahrzehnte die ursprungliche Wildsorte zur modernen Hochleistungssorte entwickelt hat. Mit Hilfe beein- druckender Bilder und Trickauf- nahmen werden dann die ver- schiedenen Verfahren der heuti- gen Zuchtungsforschung erklart. So erfahrt der Zuschauer etwas uber die Aufgaben und Arbeits- methoden der Biologischen Bun- desanstalt fur Resistenzgenetik anhand der Protoplastenfusion. Dieses Verfahren macht die ge- zielte Neukombination von Erbanlagen zur Entwicklung von Kulturpflanzen mit optimalen Eigenschaften moglich.

Die Natur als Fundgrube fur Wirkstoffe ist eine weitere Sta- tion. Am Beispiel eines Waldpil- zes wird das Aufspuren von Naturstoffen gezeigt, die isoliert und im Labor in ihrer Molekul- struktur geringfugig verandert, spater einmal als umweltfreundli- che und leicht abbaubare Pflan- zenschutzmittel eingesetzt wer- den konnen. Schliefilich werden Beispiele fur gentechnische An- wendungen vorgestellt. So kann die Maispflanze durch Ubertra- gung eines Gens gegen ein in der Natur vorkommendes Pflanzen-

gift widerstandsfahig gemacht werden. Und auch der Weg zu maggeschneiderten Nutzpflanzen wird geschildert.

Schulen, Fachhochschulen und Universitaten erhalten den Film ,,Gregor Mendels Erben" kosten- 10s als Videokassette uber die BASF AG. Stadtbildstellen und die Konferenz der Landesfilm- dienste werden uber den VCI beliefert, und bundesweite Film- matineen werden von der Hoechst AG organisiert. Im Lmfe dieses Jahres ist eine Aus- strahlung des Filmes in der ARD und im dritten Programm des Bayrischen Rundfunks vorgese- hen. [Nach einer GDCh-Presse- mitteilung]

Umwelt-Daten

Wie hat sich die Luftbelastung in Gelsenkirchen im Vergleich zu Leipzig in den letzten zehn Jahren entwickelt? War der durchschnittliche PKW-Kraft- stoffverbrauch 1991 hoher als 1980' Welcher Waldanteil ist in Deutschland heute geschadigt?

Zu diesen und anderen Fragen hat das Umweltbundesamt ein Informationsheft mit aktuellen Zahlen und Fakten fur die um- weltpolitische Diskussion verof- fentlicht. Der Text richtet sich an eine breite Offentlichkeit vom umweltinteressierten Burger iiber Fachleute aus Wirtschaft und Wissenschaft bis zu Politikerri. Neben der gesamtdeutschen Entwicklung werden in vielen Bereichen auch die Entwicklun- gen in den alten und neuen Bun- deslandern miteinander vergli- chen.

So ist z . B. der Wasserverbrauch der Bevolkerung in den neuen Bundeslandern seit der Vereini- gung deutlich gesunken; dagegen stieg das Abfallaufkommen. Auch auf die eingangs gestellten Fragen finden sich Antworten: Die durchschnittliche Belastung mit Schwefeldioxid sank in Gel- senkirchen von 95 yg/m31980 auf

33 pg/m3 1991. In Leipzig zeigtc sich im gleichen Zeitraum eine Abnahme von 222 pg/m3 auf 136 pg/m3. Nur wenig verandert hat sich der durchschnittliche Pkw-

Briiderlich legt Johannes Krzes- lack der Kunststoffskulptur den Arm u m die Schulter: Kein Wunder, schliefllich handelt es sich bei der stattlichen Figur u m den Originalabdruck seines groflen Bruders Tobias. Geduld, Glasfasermatten und rund 30 Kilogramm Palatal@, ein unge- sattigtes Polyesterharz, brauch- te der junge Kiinstler, urn To- bias nachzubilden. Was ur- spriinglich als Abschluflarbeit des Kunstleistungskurses ge- dacht war, beschaftigte den 22jahrigen Bad Diirkheimer dann iiber ein halbes Jahr. In miihevoller Arbeit machte er

kraftstof hei brauch in dieseri Zeitrauit- F t m i k von 10,8 wf 9,9 1/100 l\ni 1992 zeigten 27 des Waldrs ctcutliche und wexre 41 % schwvac he Scliadensmerh male

Das Infoirnmonbheft ,,Umwt It daten - hur.~gefaAt" erhalt man kostenlos \om Uiriweltbunde\ amt, Zentraler Anrwortdienst Bismarchplatz 1, 1000 Berlin Telefax C 30/2 29 30 96. Noch ausfuhrlichcre Informati 1-

nen finden uch in der Publika- tion ,,Daren zur Urnwelt 1993 9 1 " des Umwrlthundesamtes, die m i

Erich-Schmidt-Vcr lag, Berlin. erschienen i5t .

zunachst Gipsahdriicke der einzelnen Korperpartien. Diese Negativmodelle legte er mit harzgetrinkten Glasfasermiat- ten aus, die ein paar Stunderi spater auwehir te t waren. Aun wurde die kigur Stuck fur Stuck m s ihren Einzelteilen zusamrnengesetzt, mit Gips bestrichen und auf eine Holz- platte geschrauht. Inzwischm kam die Skulptiir auch schlon zu Museumsehren: 1990 wur-de sie bei einer Ausstellung junger Kdnstler der Region im Slmin- heimer Kulturzentrurn Feuix- wache ausgestellt. [Nach einer Pressernitteilung der BAS17

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Kugelblitz, Chaos und Enthiillungen uber Zahnfiullungen Beim 28. Bundeswettbewerb Jugend forscht hatten 149 Nachwuchsforscherhnen den Sprung in die Endausscheidung geschafft. 92 Forschungsprojek- te wurdlm prasentiert und mit Geldpreisen im Gesamtwert von 80 CiOO DM sowie zahlrei- chen Reisen und Forschungs- aufenthalten belohnt.

Zum ersten Ma1 in der Geschich- te des Forscher-Finales standen bei der spannenden Preisverlei- hung am 9. Mai in Bitburg mehr Azubis als Schuler auf dem Sie- gertreppchen. Unter ihnen Sandra Zenk au:s Nurnberg. Ihre spekta- kularen Erkenntnisse uber die Quecksilberdampfe, die beim GenuB heii3er Speisen durch Amalgarnfullungen entstehen, werden Zahnarzte ins Grubeln bringen. Dai3 zu zweit wirklich alles besser geht, bewiesen Jochen und Jurgen Scherschmidt. Ihr Videorecorder, der Ordnung halt und das Programmieren kinder- leicht macht, sicherte den beiden Munchnern den Bundessieg in der Technik. Peter Seidel aus Leipzig wurde gleich zweifacher Sieger: Sein ,,Kugelblitz im Wohnziinmer" bekam den ersten Preis in Physik und den Sonder- preis des Bundeskanzlers fur die originellste Arbeit.

Walther und Christine Richtzenhain-Preis 1993

Der Walther und Christine Richt- zenhain--Preis geht auf das Ver- machtnis des Nervenarztes Walther Richtzenhain und seiner

Frau zuruck. Der Preis wird vom Deutschen Krebsforschungszen- trum (DKFZ) fur eine herausra- gende wissenschaftliche Arbeit auf dem Gebiet der Krebsfor- schung vergeben. Die Auszeich- nung ist mit 15 000 DM dotiert.

Bewerben konnen sich Kandida- ten, deren Arbeiten aus For- schungsinstituten der Bundesre- publik Deutschland in diesem oder im vergangenen Jahr verof- fentlicht oder zur Veroffentli- chung angenommen wurden. Auch mehrere inhaltlich zusam- menhangende Arbeiten konnen

Alles Popcorn - oder was? Viele von uns haben als Kinder versucht, selbst Puffmais oder - auf neudeutsch - Popcorn zu machen - meistens erfolglos. Weshalb? Teils scheiterte es daran, dai3 man nicht den richtigen Apparat hatte (eine Deckelpfanne tut's halt nicht), teils daran, dai3 man nicht den echten Popcorn- Mais in die Hand bekam. Puff- mais wird namlich aus einer besonderen Maisart dadurch hergestellt, dai3 man die Korner in (Maiskeim1ings)Ol in einem verschlossenen rotierenden Zy- linder (der ,,Kanone") bei einem Druck von ca. 10 Atii (ca. 1000 kPa) auf 180 "C erhitzt. Das Korn explodiert und expandiert dann auf das etwa 30fache Volumen zur Delikatesse in der hellgeroste- ten Fruchtwand (Perikarp). Dage- gen verbrennt ordinarer Mais zu kaffeeersatzartiger Masse und kommt bestenfalls auf das funf- fache Volumen. Der richtige Pop- corn-Mais unterscheidet sich vom ordinaren Mais durch eine dickere, festere Hulle und eine etwas andere Starkezusammen- setzung. Sein Perikarp hat ein gutes Warmediffusionsvermogen und gute Warmeleitfahigkeit. Es ist durch kristallinere Cellulose- aggregate und fibrillare Packung starker strukturiert. Die Starke hat einen hoheren Amylosege- halt: Sie ist opaker; das ist nicht entscheidend, doch hilfreich fur die Textur des gepoppten Korns. Beim Puff-Vorgang wird die Starke in der festen, gut leitenden und iibertragenen Kornhulle unter steigendem Druck und Warmestau eingeschlossen, bis

eingereicht werden. Die Kandida- ten sollten moglichst junger als 35 Jahre sein. Neben einem knappen Lebenslauf und einem Publika- tionsverzeichnis der letzten funf Jahre sollte der Bewerbung ein Exemplar der wissenschaftlichen Arbeit beiliegen. Bei mehreren Autoren ist der Beitrag des Be- werbers darzulegen. Die Unterla- gen oder Kandidatenvorschlage konnen bis zum 1. Dezember 1993 beim Vorsitzenden des Stiftungsvorstands des Deutschen Krebsforschungszentrums, Im Neuenheimer Feld 280,69009 Heidelberg, eingereicht werden.

diese dem Druck nicht mehr widerstehen kann und explodiert. Durch die gute Warmeableitung der Hiille verschmort diese nicht bei der hohen Temperatur, und die Hitze-dextrinierende Starke schaumt bei der Expansion adia- batisch zum Popcorn auf. Was dem Mais recht ist, ist ubrigens dem Reis billig. [w. J. da Silva et al., Nuture 1993,362, 4171

L. Jaenicke, Koln

Wie entsteht der ,,saure Regen"?

Es ist die Schwefelsaure, die den ,,sauren Regen" sauer macht. Der Schwefel der H,SO, stammt im wesentlichen aus anthropogenen (vom Menschen verursachten) Emissionen von Schwefeldioxid, SO,. Soweit sind sich die Atmo- spharenchemiker wohl im grogen und ganzen einig. Aber: Uber welchen Mechanismus wird der Schwefel in der Atmosphare von der vierwertigen zur sechswerti- gen Stufe oxidiert? Das bislang gangige Modell geht davon aus, dai3 es sich um einen radikali- schen Mechanismus handelt, wobei die ,,freien Radikale" HO' und HOO' eine Schlusselrolle spielen. Diese sollen nach ihrer Entstehung in der Gasphase in die Wassertropfchen von Wolken und Nebel diffundieren und dort HS0,- zu HS0,- oxidieren. Dabei sol1 die Konzentration von HO' und HOO' geschwindig- keitsbestimmend fur die gesamte Reaktion sein.

Nun stellen zwei gleichzeitig erschienene Arbeiten [Y. Zuo und

J. HoignC, Science 1993,260, 71, und B.C. Faust et al., Science 1993,260, 731 dieses Modell in Frage. Beide Untersuchungen basieren auf authentischen Pro- ben von atmospharischem Was- serdampf (Wolken- und Nebel- Aerosole), die in der Schweiz bzw. an mehreren Stellen Nord- amerikas gesammelt wurden.

Diese Wasserproben wurden mit Licht verschiedener Wellenlangen bestrahlt, und die Konzentration der photochemisch gebildeten Produkte bestimmt. Dabei stellte sich in beiden Untersuchungen iibereinstimmend heraus, dai3 Wasserstoffperoxid, H,,O,, ent- steht, das in Folgereaktionen HS0,- zu HS0,- oxidiert. Aus den gemessenen Konzentrations- verlaufen von H,O, und HS0,- schliei3en die Autoren, da8 H,O, in der wagrigen Phase eine wich- tige, vielleicht sogar die dominie- rende Rolle bei der Bildung der Schwefelsaure spielt.

Wie wird das H 0, gebildet? Reines Wasser agsorbiert im sichtbaren und nahen UV-Be- reich des Spektrums nicht. Daher sind Sensibilisatoren notig, wel- che die elektromagnetische Strah- lung absorbieren konnen, dabei in Radikale zerfallen und in einer Folgereaktion das ungepaarte Elektron auf andere Molekule ubertragen. Beide Arbeiten zei- gen, dai3 die Menge des gebilde- ten H,O, mit der Menge der im Wasser gelosten organischen Verbindungen korreliert. Zou und HoignC haben die Art der in Frage kommenden Sensibilisato- ren weiter eingegrenzt. Sie konn- ten namlich nachweisen, dai3 ein Zusammenhang zwischen der Bildung von H,O, und der Kon- zentration von Fe(II)/Fe(nI)- Komplexen besteht. Dabei fun- gieren hauptsachlich niedermole- kulare Aldehyde, Ketone und Carboxylate (besonders das Oxalat-Ion) als Liganden. Die Effektivitat der Photolyse dieser Komplexe und damit auch der SO,-Oxidation steigt mit abneh- mendem pH-Wert der Losung.

Die vorgestellten Ergebnisse fuhren zu einigen Konsequenzen, die auch in der offentlichen Dis- kussion berucksichtigt werden sollten. Die Bedeutung der viel- diskutierten ,,freien Radikale" in der Atmosphare mui3te vielleicht relativiert werden. Die Oxidation von SO, ist zwar eine Radikal- reaktion, verlauft jedoch im we- sentlichen in homogener wai3ri- ger Phase. Sensibilisatoren fur die photochemische Bildung der Ra- dikale sind organische Verbin- dungen, die ihrerseits ebenfalls

Chemie in unserer Zeit / 27. jahug. 1993 / Nr. 3 109

durch anthropogene Emissionen in die Atmosphare gelangen.

Wenn der vorgestellte Reaktions- weg wirklich fur die Bildung der Hauptmenge der Schwefelsaure verantwortlich ist, bekommt allerdings auch das ,,Ozonloch" eine zusatzliche Bedeutung: Da im wesentlichen Licht mit Wel- lenlangen unterhalb von 350 nm zu den photochemischen Reak- tionen fiihrt, sollte bei einer nach- lassenden Wirksamkeit des at- mospharischen UV-Filters die Schwefelsaurebildung selbst dann zunehmen, wenn der S02-Aus- stofi auf dem gegenwartigen Niveau gehalten oder sogar re- duziert werden kann.

Auch wenn es wohl noch einiger Untersuchungen bedarf, his die letzten Fragen zum Mechanismus der Schwefeloxidation in der Atmosphare geklart sind, und man auch noch lange nicht his in alle Details weifi, welche Schaden der ,,saure Regen" an Okosyste- men verursacht, sollte man nicht vergessen, dai3 die Schwefelsaure hauptsachlich aus unseren SO,- Emissionen stammt - dieser Zusammenhang steht jedenfalls fest.

7: Kellersohn, Weinheim

Carbodikation mit Cyclopropyl stabilisiert

An Carbodikationen besteht sowohl theoretisches als auch praktisches Interesse. Da sie doppelt positiv geladen sind, iiben sie einen verstarkten Elek- tronenzug auf Nachbargruppen aus. Befinden sich die positiven Zentren in unmittelbarer Nahe zueinander, so fiihrt das zu einer Ladungsabstofiung und Destabi- lisierung der Dikationen. Gene- re11 lassen sich Carbodikationen durch elektronenreiche Gruppen, wie Phenylsubstituenten, stabili- sieren. Bisher kennt man Cyclo- alkyl-Carbokationen wie 1 und 2, die durch Cyclopropylgruppen stabilisiert werden, sowie das acyclische Cyclopropandiyl- dicarbinylkation 3. Die Kation-

&H R

1 2

R 3 R = P h

Zentren in stabilen Carbodika- tionen sind generell iiber minde- stens zwei Kohlenstoff-Atome voneinander getrennt. Bei den1 Dikation 3 ist die positive La- dung im Vergleich zu dem analo- gen Monokation (Diphenylcy- clopropylmethyl-Kation) deut- lich besser zu den aromatischen Ringen delokalisiert. Dabei stabi- lisiert der Cyclopropanring die carbokationischen Zentren par- tiell. Versucht man das Tetrame- thyl-Analogon (3 mit R = CH,) zu synthetisieren, erhalt man nur das Produkt mit geoffnetem Ring. Das ist auf die uneffektive Stabili- sierung der Dikation-Spezies zu- riickzufiihren.

Mit der Synthese von trans- Cyclopropan-1,2-diylbi(dicyclo- propy1methylium)-Dikation 6 gelang jetzt der Aufbau eines bemerkenswert stabilen Biscyclo- propylcarbinyl-Carbodikations [I. Org. Chem. 1993,58, 16391.

C;iHsLi/Ether - 5 4

P

6 d Trans-Diethylcyclopropan-l,2- dicarboxylat 4 reagiert mit Cy- clopropyllithium in Ether zum Diol.5, das mit SbF,/FSO,H- S02ClF bei -78 "C das Dikation 6 bildet.

Die Aufnahme des ',C-Spek- trums bei -73 "C, Erwarmen der Probe auf -50 "C und anschlie- fiendes Abkiihlen auf -73 "C enthullte ein reversibles, tempera- turabhangiges Verhalten des Kations. Aufierdem fand man bei den NMR-spektroskopischen- Untersuchungen eine sehr niedri- ge Rotationsbarriere um die C'-C'- bzw. Cf-C2-Bindung. Das stimmt mit Kraftfeldberech- nungen und experimentellen Ergebnissen iiberein. Mit Hilfe der von Olah, Schleyer und Mitarbeitern entwickelten Additionsverfahren chemischer Verschiebungen im ',C-NMR u. Am. Chem. SOC. 1980,102, 6831 konnte festgestellt werden, dafi das Dikation 6 zu den klassi-

schen Carbokationen zahlt. Die Ladung ist weitgehend in die an- grenzenden Cyclopropanringe delokalisiert.

Alexandra Huber, M a i m

Impfung gegen Krebs?

1798 publizierte Edward Jenner das Ergebnis der ersten Impfung eines Menschen gegen Pocken. Er konnte zeigen, dai3 ein Mann, den er mit Kuhpocken infizierte, die keine lebensbedrohenden Sym- ptome hervorrufen, anschliefiend gegen eine Pockeninfektion ge- schiitzt war. Jenner nannte seine Technik ,,Vaccination" nach dem lateinischen Wort vacca fur Kuh.

Zu Jenners Zeiten waren Epide- mien wie die Pocken eine ge- fahrliche Bedrohung fur die Be- volkerung, und die damalige Medizin stand dieser Bedrohung hilflos gegeniiber. Erst mit Jen- ners Entdeckung konnte der Kampf gegen Seuchen erfolgreich aufgenommen werden.

Fast zweihundert Jahre spater steht die Medizin ahnlich hilflos dem Krankheitsbild Krebs ge- geniiber, fur das es kaum prophy- laktische Mafinahmen gibt, abge- sehen vielleicht von der Vermei- dung der bekannten Risikofakto- ren. Nur fur wenige Krebsarten, wie Schilddriisentumore oder kindliche Leukamien gibt es bislang Therapien mit guten Heilungschancen. Mit zuneh- mendem Verstandnis der Biologie des Immunsystems wurde postu- liert, dafi es moglich sein sollte, die korpereigenen Krafte eines Patienten durch eine Impfung zu mobilisieren und damit Immunitat gegen einen Tumor hervorzurufen.

Der Abwehrmechanismus des Korpers ist gegen alles gerichtet, was nicht als korpereigen (selbst), sondern als fremd (nicht selbst) erkannt wird. Die Abwehrreak- tion eines Organismus kann in vier Phasen eingeteilt werden: Erkennung, Prozessierung, Pra- sentation und schliefllich die Antwort. Die kleinste Einheit der ,, nicht-selbst "-Welt, die unser Korper erkennen kann, ist das Antigen. Das Antigen kann in der Antikorper-vermittelten, humoralen Immunantwort ein Protein oder eine nicht-peptidi- sche Struktur sein, in der Zell- vermittelten Immunantwort ist das Antigen fast immer ein Pro- tein. Die erste Erkennung eines loslichen Antigens erfolgt durch die Antikorpermolekiile; das Antigen kann aber in der Regel

nicht als g ~ r i x s Rlolekiil die a), der 1mmiin;untwtvt beteiligteii Mechani>iiicn inciuzieren. Daj Antigen I\ ird viclinehr als ps dische Tci struktiii. an ein Pr gebunden. das vorn Haupthistc- kompatinilitatskcimplex i(h1ai i i i '

Histocomp;itibilitv Complex, MHC) co.-licrt wird. In der g,r- bundenen Form xird das Pcpti,l auf die ;/eiloberflache einer s p z i - ellen An ti ;en-prisentierenden Zelle tran!.portiert. Nun mu6 f:.ir die AuslAung der Immunan- wort dietir Komplex auf der Zelloberfl.ichc durch eine T-Zclle erkannt .w:rden. TZellen expri- mieren aui' ihrer Oberflache ebenfalls rpczifisc,he Erken- nungsstruiituren, die T-Zellre- zeptoren. Diese Rezeptoren enthaltcri \.xiable Regionen, iii;: jeweils f i i r cine kleine Teilpopuia- tion der T Zcllen identisch sind, jedoch i i i tier Gesaintheit der T-Zellpop iilation eine geniige rr, I hohe Varijhilitat garantieren, urn viele verxliiedenc. an MHC- gebundex Peptide zu erkennrn. T-Zellen liiinnen ;ils die zentrdm Schalteleniente dcr Immunant- wort betrditet werden. Eine Subpopul: r i o i i der T-Zellen rrdq als charariicristisches 0berfla.- chenrnold.iil das < :D4-Protein; diese Zellcn werden als T-Heltcr- zelleii bcii:ic hnet. T-Helferzcllcn steuern di( Immunantwort, in-1.-

dern sie tntweder Liber membrdn- gebundcnc I'roteine direkt mir anderen %cllcn kooperiere durch Sckmion von Cyto Zellteiluii< (Proliferation), renzierunt uiid v-crstarkte Ai t i genpraseri ation induzieren. Cytokinc : ind liisliche Proteiw und dieneri nls Botcnstoffe, wrl che die iiirttrzellulare Kommun,i- kation un\erer Kbi-perzellen reguliercri. l)as Wirkungsspek- trum vielci. Cytokine wurde li'z

vitro und ,:tun Teil in viwo a u f g c klart. Bei ,'cr Immunantwort spielen sit. cine zentrale Rolle. AufgrunJ ihrcr wizhtigen Fur& tionen in Jei- Immunantwort iirgt es nahe, C +,tokine als mogliche Therapetiti ka einzusetzen, urn das Iniinuiisystein zu beeinflus sen. Ein w:iterer praktischer Vorteil licgt in ihrem geringen Molekul'irpvicht und ihrer gu ten L. 6 s I i c h kei t .

Besondei 5 in derTiimortherapit. werden <;! tokinc hereits breit angewenck, z.B. das Interleu- kin-2 (IL-;!), das als wichtigster BotensroCf der T-Zel1Lvermitti:I- ten Immu ri antwort betrachtet werden Itaiin. Das Ziel der C?to- kintherathi ist die Mobilisiemn: des Imrniuiisystems, um so eine gegen den 'I'urnor gerichtete In? munantmort zu induzieren. Es stellte sich iilcrdings heraus, dai;

110 Chemie in u n m w Zcit / 27. J d r g 1993 / A') 3

die Tumortherapie mit Cytoki- nen mehr versprach, als sie schliefilich halten konnte: Cyto- kine verursachen aufgrund ihres breiten Aktivitatsspektrums starke Nebenwirkungen, so daf3 in der Regel die maximal tolerier- bare Dosis weit unter der thera- peutisch wirksamen Dosis liegt.

Der aufmerksame Leser wird sich nun fragen, wie das Immunsy- stem einen aus eigenem Gewebe entstandenem Tumor als nicht- selbst erkennen soll. Denn, wie oben gesagt, mug ein Fremdpro- tein in Form eines Teilpeptids gebunden an MHC von der T-Zelle als nicht-selbst erkannt werden. Auch die selbst-Proteine einer Zelle werden standig von MHC-Molekulen auf der Zell- oberflache prasentiert. So wird dem Immunsystem eine Kon- trollmoglichkeit gegeben, Zellen mit mutierten Proteinen auszu- schalten. Aufgrund derPrasenta- tion von mutierten (nun nicht- selbst-)Proteinen kann eine Im- munantwort gegen einen Tumor stattfinden. Das hat zu der Hy- pothese gefiihrt, daf3 analog zur Impfung mit pathogenen Orga- nismen auch eine Impfung mit Tumorzellen oder deren Teil- strukturen moglich ist. Das Ziel der Vaccinierung ist, eine uber langere Zeit anhaltende Immun-

antwort gegen die im allgemeinen schwach immunogenen Tumor- antigene auszulosen.

In der April-Ausgabe der Zeit- schrift Nuture [1993,362, 7551 wird von Mi-Hua Tao und Ronald Levi von der Stanford Universitat die in-vivo-Unter- suchung eines solchen Tumor- antigens in einem Maus-Mode11 beschrieben. Die Gruppe um Ronald Levi beschaftigt sich seit langem mit einer Form der malig- nen Entartung von Immunzellen, dem B-Zell-Lymphom. B-Zellen sind im Organismus fur die Pro- duktion von Antikorpern verant- wortlich. Sie tragen auf ihrer Zelloberflache membrangebun- dene Antikorpermolekiile, die als Antigen-spezifische Rezeptoren dienen, und sezernieren diese Antikorper auch in einer losli- chen Form. Die variablen Regio- nen dieser Antikorpermolekule sind - analog den T-Zell-Rezep- toren - fur ein Antigen und eine B-Zellteilpopulation spezifisch. In der Regel leiten sich Lympho- me von einer einzigen entarteten Zelle ab, und alle Tochterzellen tragen identische Antikorpermo- lekule auf der Zelloberflache. Diese Molekule sind daher ein Lymphom-spezifisches Tumor- antigen. Das Immunsystem muf3 nun dazu veranlaflt werden. diese

Molekule als nicht-selbst zu erkennen und eine Immunreak- tion gegen die Lymphomzellcn hervorzurufen.

Tao und Levi postulierten, da13 sie durch direkte Kopplung dieses Tumorantigens mit einem Cyto- kin, das die Antigenprasentierung fordert, aus einem schwachen Antigen einen effektiven Impf- stoff generieren konnen. In einem ersten Schritt wurden die fur den Antikorper codierenden Gene eines Maus-Lymphoms isoliert. Dieses Maus-Lymphom stammte aus dem Mause-Inzuchtstamm, der auch fur die weiteren Experi- mente verwendet wurde. Diese Gene wurden dann rnit moleku- larbiologischen Methoden mit dem Gen des Granulocyten- Makrophagen-Kolonie-stimu- lierenden Faktors (GM-CSF), einem Cytokin, gekoppelt, so da13 ein Fusionsprotein aus beiden Proteinen synthetisiert werden konnte. Wie in mehreren Unter- suchungen bereits gezeigt wurde, verstarkt GM-CSF die Antigen- prasentation. Mit dem Fusions- protein immunisierte Mause entwickelten eine starke Immun- reaktion und waren gegen die Lymphom-Zellen geschutzt, die das spezifische Antigen auf der Oberflache trugen. Behandelte man die Mause mit dem Antikor-

per und (1; hI-CSI' in u n g s k q - peltcr I:oi in, \varcii die Miust nicht ges:liiirrt.

Diese I)at(.ii haben sicher auc'h eine Bedeurang fiir die humaric Tumorthci-apie. h.lan mu13 a1 dings bedciikcn, dai3 in solcht~ii Tierexpet-inienteii Inzuchtstarn- me verMi(:I- det werden, welch die genetischc I'ielfalt der menschli - chen Population nicht wieder.- spiegeln. 1 1.1 die L-ymphom- assoziieric:-i Antikiirper von Patient ~ , I J Patient cbenfalls ver- schieden sind, muliten bei jedet-n einzelnen I.,!.mphompatienten ie spezifischi 11 Rntikorpergene isoliert utitl :ils Fusionsproteine exprimierr wrden. In andereri Tumoren cibt es allerdings Hin weise auf .iIlgemeiner vorkom- niende An~.igene, die in einem solchen Aiisatz verwendet wer- den k0nntc.n. Im I-linblick aui das Cytok n ist es miiglich, dali eine andert, Wihl tdr ein gegebe nes Tumor antigen bcssere E r g d - nisse erzielen konnte. Dies muil. fur den cinzelnen Fall durch Prufung virschiedcner Kombi- nationen esperimcntell beleg1 werden. h l m sollte bei den E s p ~ rimenten v,.)n Tao und Levi aucli den Modellcharakter dieses S! -

stems beticnlten: Ihe Tumor- inokulation crfolgte erst nach mehrmalig:r Imptung der Mau:.e.

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Daher ist die Anwendung eines solchen Impfstoffs voraussicht- lich auf ganz spezielle Situationen beschrankt, zum Beispiel auf die prophylaktische Impfung bei Patienten, die ein hohes Risiko fur eine Tumorentwicklung tra- gen, moiglicherweise bedingt durch genetische Faktoren. Zum anderen kann die Impfung auch als therapeutische Maanahme bei Patienten in sehr friihen Stadien der Erk-ankung eingesetzt wer- den. Bei etablierten, wachsenden Tumoren ist die Impfung weniger erfolgvtrsprechend, da der Tu- mor haufig immunsuppressive Mechanismen auslost, 2.B. die Sekretion immunsuppressiver Cytokine. Krebserkrankungen werden also durch sehr komplexe Mechanismen gesteuert, an denen sowohl das Immunsystem als auch die Tumorzellen selbst beteiligt sind. Leider behalten in diesem Kampf meistens die Tu- morzellen die Oberhand. Aber wie Tao und Levi gezeigt haben, gibt es durchaus Chancen, dieses Mifiverhahis zugunsten des Immunsystems umzukehren.

Ilka von Hoegen, Darmstadt

Biotestverfahren fur dm Rhein Das BhlFT forderte unter ande- rem Entwicklung und Erprobung von zwei automatisierten Leucht- bakterientests im Landesamt fur Wasser und Abfall Nordrhein- Westfalen in Diisseldorf und an der Universitat Regensburg. Beide Tests nutzen als Testorga- nismus das nicht pathogene Bak- terium Photobakterium phos- phoreum. Solche Testverfahren beruhe'i auf der Fahigkeit einiger Bakterienstamme, einen Teil ihrer Stoffwechselenergie in Licht uni- zusetztn. Eine Hemmung der Stoffwechselreaktion durch toxi- sche Stoffe fiihrt zu einer Minde- rung der Lichtemission der Bak- terien. In eineim statischen Leuchtbakte- rientest. wird nach 30 Minuten Kontaktzeit mit dem zu untersu- chenden Wasser die Abnahme der Leuchtintensitat des Bakteriums gemessen und mit einem Kon- trollansatz mit unbelastetem Wasser verglichen. Die gemessene Hemmung der Leuchtintensitat liefert direkte Hinweise auf die Schadstoffwirkung in der unter- suchten Probe. Nach den Emp- fehlungen der Rheinschutzkom- mission sollen diese Tests zukunftig im Rahmen der Ver- waltungsvorschriften des Wasser- haushaltsgesetzes zur Gewas- seriiberwachung eingesetzt wer- den.

Bei Storfallen an Gewassern kann nur ein Bruchted der Stoffe iden- tifiziert und davon wiederum nur eine geringe Anzahl mengen- mal3ig analysiert werden. An eine umfassende, standige Uberwa- chung ist, mit Ausnahme von wenigen Parametern, nicht zu denken. Biomonitore konnen dieses Defizit ausfullen. Sie erfas- sen als Durchfluflsystem vor Ort kontinuierlich die Wirkung von Schadstoffen. Biomonitore sind Testautomaten, in denen Orga- nismen wie Bakterien, Algen, Muscheln, Kleinkrebse und Fi- sche oder Teile von Organismen aus verschiedenen Stufen der Nahrungskette dem zu iiberwa- chenden Wasser in Durchfluflsy- stemen ausgesetzt werden. Even- tuell vorhandene Schadstoffe greifen bei den Organismen in den Stoffwechsel ein und losen dadurch direkte oder indirekte Reaktionen aus. Dazu gehoren beispielsweise Unterbrechungen des Energietransportes, Verhal- tensanderungen, im Extremfall der Tod. Stoffwechselstomngen sind also stets die erste Antwort eines biologischen Systems auf Schadstoffe. Man erhalt also Hinweise auf toxische Belastun- gen, lange bevor der betreffende Organismus ernsthaft geschadigt ist. Mit hochauflosenden Detek- toren werden Reaktionen inner- halb einzelner Zellen, der Zellen selbst oder des Gesamtorganis- mus gemessen, ohne dai3 dabei in die lebende Materie eingegriffen wird. Biotestverfahren konnen als Friihwarn- oder Kontrollsystem in folgenden Bereichen eingesetzt werden: Qualitatssicherung von Trinkwasser, Gewasseriiberwa- chung (Immissionskontrolle), Abwasseriiberwachung (Emis- sionskontrolle), Funktionskon- trolle von Entsorgungsanlagen, Uberwachung von Deponie- sickerwassern, Altlastensanierung sowie Chemikalienpriifung. m a c h einer Pressemitteilung des Bundesministers fur Forschung und Technologie]

H.F. Ebel, C. Bliefert

Diplom- und Doktorarbeit

Anleitungen fur den naturwissenschaftlich-

technischen Nachwuchs

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Chemit, in unseuer Zeit / 27. Jahrg. 1993 /Nu. 3 113

Ein yyMinibody" als synthetischer Antikorper Nach dem Muster der variablen Region der schweren Kette von Immunglobulinen wurde durch Festphasen-Proteinsynthese ein stabiles Proteingeriist, in das Bindefunktionalitaten eingebaut werden konnen, aufgebaut [I]. Es enthalt eine Folge von 61 Ami- nosauren, die eine Buchdeckel- artige Txtiarstruktur aus zwei ma1 drei antiparallelen Faltblat- tern bilden. An drei Stellen wird Metall-liomplexierendes Histidin eingefuhrt. Dieser ziemlich schwerlosliche, monomere glo- bulare .,Minibody" bindet tatsachlich zweiwertige Metall- ionen a m nanomolaren Losungen und zwar in der Reihenfol e Cu2+ > Zn2+ CdZf > Co . Die Bindung ist Schwermetall- spezifixh und wird nicht durch Ca2+ oder M i + beeintrachtigt. Andert man die Aminosauren im Schlaufensystem, beeinflufit das die Konformation des Minibody nicht, wie die CD-Spektren be- weisen. Damit sind die Minibo- dies ahnlich den Immunglobuli- nen gegenuber Sequenzanderun- gen besi.andig. Mit ihnen kann man nicht nur theoretische Fra- gen der Konformationsanalyse von Proteinen klaren, sondern auch kleine ,,Antikorper"-ahnli- che Proteine nach Bedarf zu- rechtschneidern.

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I.. Jaenicke, Koln

[l] A. I'essi, P. Bianchi, A. Cra- meri, S. Venturini, A. Tramonta- no und M. Sollazzo, Nature 1993,362, 367.

Der NIann: Triebfeder der Evolution?

Mutationen sind fur die geneti- sche Variabilitat einer Population verantwortlich. Diese Variabilitat ist notwendig, um fur alle mogli- chen Umwelteinflusse gewappnet zu sein. Denn ein breites Spek- trum genetischer Varianten gibt einer Population die Chance, sich an die gerade vorherrschenden Umwe1i.bedingungen optimal anpassen zu konnen. Daher sind Mutaticinen notwendig fur die Evolution. In Organismen mit kurzer Generationszeit setzen sich Mu tationen schneller durch als in solchen mit langerer Gene- rationszeit. Mutationen konnen einerseii:s durch Fehler wahrend der Replikation entstehen. In diesem Fall ware die Geschwin- digkeit, mit der sich Mutationen anhaufen, pro Generation kon- stant. Andererseits konnen Muta-

tionen auch durch aufiere Ein- flusse (beispielsweise chemische Schadigung der DNA) hervorge- rufen werden. Dann ergibt sich eine konstante Mutationsge- schwindigkeit, bezogen auf die Zeit. Welche Art von Mutationen verursachen die gcnetische Varia- bilitat?

Seit langem wird angenommen [I, 21, dafi die Mutationsrate in den Keimzellinien von Mannern wesentlich hoher ist als bei Frau- en. Denn die Anzahl der Keim- zellteilungen pro Generation ist bei Mannern viel groi3er. Aller- dings ist das Verhaltnis von mannlichen zu weiblichen Muta- tionsraten (am) bisher noch un- bekannt.

Wie wichtig es ist, genauere am-Werte zu erhalten, zeigen Wissenschaftler aus Texas [3]. Um den am-Wert besser ab- schatzen zu konnen, verglichen sie bestimmte DNA-Sequenzen vom Y-Chromosom (,,mann- lich") mit den homologen Se- quenzen auf dem X-Chromosom (,,weiblich"). D a m sequenzierten sie einen Bereich von etwa einer Kilobase (1 kb) der X- bezie- hungsweise Y-gekoppelten Gene fur die ,,Zinkfinger-Proteine". (Das sind Proteine, die regulato- risch an die D N A binden kon- nen. Ihr typisches Merkmal ist, dai3 an bestimmte Stellen der Aminosauresequenz Zn2+-Ionen gebunden sind. Die Gene, die fur diese Proteine codieren, wurden wahrend der Evolution nur we- nig verandert und gelten daher als konservierte Regionen.)

Fur Vergleichsstudien wurden die Gensequenzen der Zinkfinger- proteine nicht nur im Menschen, sondern auch noch in weiteren Primaten (beispielsweise Orang Utan und Pavian) untersucht. Die Sequenzen auf dem X-Chromo- som in den verschiedenen Spezies waren sehr ahnlich: Sie unter- schieden sich nur um maximal zehn Prozent voneinander. Dage- gen wies die ,,Y-Sequenz" im Vergleich zur ,,X-Sequenz" des Menschen eine Divergenz von ungefahr 31 Prozent auf. Beim Vergleich ,,X/Mensch" zu ,,Y/Orang Utan" traten Abwei- chungen von rund 32 Prozent auf. Die ,,X-Sequenz" des Men- schen unterscheidet sich demnach viel mehr von der ,,Y-Sequenz" des Menschen als von den ,,X- Sequenzen" der verschiedenen Primatenarten. Die ,,Y-Sequen- zen" der untersuchten Primaten waren mit Divergenzwerten von ungefahr vier Prozent unterein- ander sehr ahnlich. Folglich ist die Mutationsrate in mannlichen

Individuen wesentlich hoher als in weiblichen.

Fur das Verhaltnis von mannli- cher zu weiblicher Mutationsrate (am) wurde in dieser Arbeit ein Wert von sechs ermittelt. Diese Zahl liegt unter dem am-Wert, der von einer anderen Forscher- gruppe [4] ermittelt worden war. Die unterschiedlichen For- schungsergebnisse sind besonders interessant, da je nach Grofie von am die Mutationen verschiedene Ursachen haben. Wenn am sehr grog ist (grofier als lo), kommen die meisten Mutationen durch Fehler bei der DNA-Replikation zustande. Mutagenesefaktoren wie beispielsweise Sauerstoffradi- kale, Methylierungen oder andere Umwelteinwirkungen sind hier ohne Bedeutung. Ganz nach dem Motto ,,Wer viel arbeitet, macht viele Fehler . . ." ware hier eine kurze Generationszeit fur die Haufigkeit von Mutationen wesentlich: Die Zahl der Keim- zell-Teilungen pro Zeiteinheit - und damit die Zahl der mogli- chen Replikationsfehler - ist in kurzlebigen Organismen grof3er als in langlebigen, da sich bei

kurzlebigen Organismen wie Bakterien pro Zeiteinheit mehr Zellen teilen. Mutationen durch Replikationsfehler kommen daher in Organismen mit kurzer Generationszeit starker zum Tragen.

Wenn am relativ klein ist (hoch- stens lo), so sind vor allem Repli- kations-unabhangige Faktoren (beispielsweise Umweltgifte) an der Entstehung von Mutationen beteiligt. Dementsprechend schwach ware hier der Genera- tionszeiten-Effekt. Urn konkre- tere Aussagen treffen zu konnen, mufi allerdings erst der genaue Wert von am bestimmt werden.

Claudid Schon, Mannheirn

[1] J. B. S. Haldane, Ann. Eugen. 1947,13,262. [2] L. S. Penrose, Luncet 1955, ii, 312. [3] L. C. Shimmin, B. H.-J. Chang und W.-H. Li, Nature 1993,362, 745. [4] T. Miyata, H. Hayashida, K. Kuma, K. Mitsuyasa und T. Yasu- naga, Cold Spring Harbour Syrnp. quant. Biol. 1987,52, 863.

Chemce in unserer Zeit / 27. Jahrg. 1993 / Nr. 3 115

Poly(carbin) - eine Vor- stufe fur diamantartigen Kohlenstoff

Bei der Reduktion von Trichlor- methylbenzol mit der Emulsion einer Na/K-Legierung in Tetra- hydrofuran erhielten Patricia A. Bianconi und ihre Mitarbeiter [Science 1993,260, 14961 ein gelblich braunes Pulver der Zu- sammensetzung (C,H5,-C), bei dem es sich nicht um em Poly- acetylen 2 mit linearen Kohlen- stoffketten, sondern - wie sie zeigen konnten - um das Poly(pheny1carbin) 1 mit einer dreidimensionalen Netzwerk- struktur handelt. In ihr sind tetraedrisch hybridisierte C- Atome, die jeweils einen Phenyl- ring tragen, iiber je drei C-C- Einfachbindungen zu einem dreidimensionalen, unregelmaci- gen Netzwerk aus kondensierten Ringen verkniipft. Diese Struktur unterscheidet sich

[Q /F 1 n n

also von den linearen Ketten des Polyacetylens und gleicht den Strukturen der entsprechenden Silicium- und Germaniumverbin- dungen (SiR), bzw. (GeR)n. Auch in ihrer Reaktivitat unter- scheiden sich 1 und 2: Wahrend 2 beim Erhitzen auf 1000 "C oder dariiber ein graues Pulver (Gra- phit) liefert, entsteht aus 1 beini Erhitzen von Raumtemperatur auf 1000 bis 1600 "C in sieben Stunden unter Argon ein schwar- zer, stark reflektierender Fest- stoff aus reinem Kohlenstoff. In diesem Material gibt es Bereiche, die in einer Schichtdicke von 35 pm optisch transparent sind und die nach den Raman-Spektren aus Diamant oder hauptsachlich sp3-gebundenem diamantartigen Kohlenstoff bestehen, daneben aber auch noch ,,Nichtdiamant- Kohlenstoff" enthalten. Die Au- toren hoffen, durch Austausch des Phenylrests und durch eine Verfeinerung ihrer groben Pyro- lysetechnik Ausbeute und Qua- litat der diamantartigen harten Kohlenstoffprodukte verbessern zu konnen.

Kunstliche Finger

Einen neuen Versuch, Muskelbe- wegungen mit Polymeren nach-

a b

Photographien der kurzen Finger: a) im redwierten (undotierten) Zustand, in dem sie flach liegen; b) im oxidierten (dotierten) Zu- stand, in dem sie sich aufrollen.

zuahmen, beschreiben schwedi- sche Physiker der Universitat Lingkoping [Elisabeth Smela, 0. Inganas, Q. Pei und I. Lund- strom, Adv. Muter., im Druck]. Dabei nutzen sie die Beobach- tung, dai3 das konjugierte Poly- mer Polypyrrol bei der elektro- chemischen OxidatiodReduk- tion sein Volumen urn mehrere Prozent andert. Dieser Effekt beruht darauf, dai3 es zu einem Ladungs- und Massentransport zwischen einer Elektrode aus dem konjugierten Polymer und der Elektrolytlosung kommt, mit der sie sich in Kontakt befindet. Die schwedischen Wissenschaft- ler konstruierten mit einer ausge- feilten Mikrotechnik zweischich- tige ,,Finger" aus einer inaktiven

Gold- und dcr aktiven Polyppr- rolschicht (7500 A dick, 0,5 mm breit und I .j bis 4 mm lang), deren eincs Ilnde auf einem Silizii- um-Wafer wrankert war, wah- rend sich d 1s andere Ende frei bewegen Itcirinte. Mit einer gepu;- sten Spanniing zwischen + 0,3 V und - 0,85 '+' in einem wafiriger Elektroly t e n beobxhtete man, dafi sich d i t : kleineren Finger abwechselnd hogcn und wiedrr - allerdings I icht vollstandig - streckten (\GI. Abbildungen), di r : grogen Finqer spiralig verdril1i:eii und wieder - aber ebenfalls nicht vollstandig -. entspnnten. Die Ansprechx&t war ptwa funf Sekunden und die Cyclen lieder sich mehrctx t'iuscrid Ma1 wie- derholen.

116 Chemie in umerer %e:i 2,7. Jabrg. 1993 / XT, 3

Chemie des Alltags - unsere Arzneimittel

Die Bayer AG bietet gemeinsam mit der Gesellschaft Deutscher Chemilier seit gut zwei Jahren ein einwochiges Seminar zum The- ma ,,Arzneimittel" fur Chemie- und Biologielehrer a n Gymnasien an. Die Veranstaltung sol1 dem Bemiihen der chemischen Industrie u m einle glaubwurdige Kommunikation und einen vertrauensvol- len Dialog mit der Offentlichkeit dienen; wobei ein wichtiger Teil dieses Dialogs die Kontakte zu Schulen sind.

,,Chemie des Alltags - unsere Arzneimittel" heifit das einwochige Seminar genau, das bereits zweimal im Pharma-For- schungszentrum von Bayer in Wuppertal-Elberfeld mit jeweils rund 30 Teilnehmern stattfand. Das umfangreiche und an- spruch:,volle Programm stellt den gesamten Weg eines Arzneimittels von der Wirkstoffindung, Syn- these u i d Strukturaufklarung uber die biologische und toxiko-

logische Prufung, die klinische Prufung zur Abklarung der Wirksamkeit und Vertraglichkeit bis hin zur Verfahrensentwick- lung und Produktion vor. Dabei werden Probleme, die in der Offentlichkeit besonders disku- tiert werden, ausfuhrlich darge- stellt und besprochen, 2.B. Tier- versuche oder klinische Prufung. Die wichtigsten Entwicklungs- schritte veranschaulichen De- monstrationen und Betriebsbe-

sichtigungen. Gesellschaftspoliti- sche, in der Offentlichkeit stark umstrittene Fragen wie etwa die Gentechnik werden in ihrem gesellschaftlichen Spannungsfeld dargestellt und meist lebhaft diskutiert. Selbst vermeintliche Randthemen wie die Ausbil- dungsberufe in der chemisch- pharmazeutischen Industrie ge- horen zum Seminarprogramm.

Dem Leiter des Seminars, Dr. W. Hartwig, gleichzeitig Leiter der Chemischen Forschung im Ge- schaftsbereich Pharma der Bayer AG, geht es unter anderem darum, klarzumachen, dai3 For- schung und Produktion mit ,,Kompetenz und Verantwor- tung" an der Entwicklung und Herstellung innovativer, d. h. fortschrittlicher Arzneimittel arbeiten. Die pharmazeutische Industrie in Deutschland wendet jahrlich mehr als vier Milliarden D M (1991) fur die Erforschung und Entwicklung neuer Arznei- mittel auf, wobei die Kosten fur ein einziges neues Medikament heute in der Grofienordnung von 400 Millionen DM liegen und die Entwicklung oft zehn bis zwolf Jahre dauert. Pharmapolitische Fragen nach Aufwand und Er-

trag, nach wirtschaftlichen Bedin- gungen und rechtlichem Umfeld spielen in dem Seminarprogramm daher ebenfalls eine Rolle. Im Vordergrund der uber 20 Vortra- ge von Forschern aller Diszipli- nen stehen aber die chemisch- biologischen Fragestellungen.

Die wichtigsten Themen der Vor- trage sind:

0 Chancen und Probleme der Arzneimittelforschung, 0 Wirkstoffindung, Synthese und Strukturaufklarung, 0 Ausgewahlte Beispiele der Arzneimittelentwicklung, 0 Neuere Methoden in der praparativen organischen Che- mie, 0 Molecular Modelling, 0 Ubertragung der Synthesen vom Labormafistab in die Pro- duktion, 0 Biologische Prufung von neuen Wirkstoffen, 0 Toxikologische Prufung poten- tieller Arzneimittel, 0 Tierversuche in der Arzneimit- telentwicklung, 0 Gentechnische Methoden in der Pharmaforschung, 0 Industrielle Gentechnik im gesellschaftlichen Spannungsfeld,

Chemie in unserer Zeit / 27. Jahrg. 1993 / Nu. 3 117

0 Biotechnologische Verfahrens- entwicklung, 0 Pharmakokinetik, 0 Metabolismus von Arzneimit- teln, 0 Erstanwendung am Menschen und klinische Wirksamkeitspru-

0 Ausbildungsberufe in der chemisch-pharmazeutischen Industrie, 0 Die Rolle der Galenik, 0 Qualitatskontrolle und Qua- litatssicherung bei Arzneimitteln.

Bei der Realisicrung des Themas Arzneimittel im Unterrichtsfach Chemie oder Biologie sind Leh- rerinnen und Lehrer im allgemei- nen auf sich allein gestellt.Hinzu- kommt, da8 die Informationen zu diesem komplexen Thema schwer zuganglich sind. Auger- dem gibt es d a m nur wenige Beitrage der naturwissenschaftli- chen Didaktik und Methodik, die dariiber hinaus auch nicht die aktuellen Entwicklungen beruck- sichtigen und kaum Hinweise fur den Experimentalunterricht liefern. Diesem auffalligen Defizit sollen die Lehrerseminare der GDCh bei Bayer abhelfen. Als wichtigen Bestandteil enthalten sie daher auch Vortrage und Diskussionen zur unterrichtli- chen Umsetzung des gebotenen Stoffs. Zum didaktischen Teil (padagogisch begleitet von Ursula Schmitz nach dem ,,Kol- ner Modell") gehoren dabei Fra- gen wie die Legitimation des Themas Arzneimittel im Unter- richt, Prinzipien der Auswahl von Lerninhalten und der Unter- richtsplanung sowie mogliche Ansatze fur den Unterricht, etwa fur den phanomenologisch- erlebnisorientierten Unterrichts- gang oder einen streng fachsyste- matisch gegliederten Unterrichts- ablauf. Dabei lassen sich auch Erfahrungen des ,,Kolner Mo- dells" verwerten (Chemie - Tech- nik - Lebenswelt im Chemieun- terricht, angesiedelt beim Institut fur Anorganische Chemie der Universitat zu Koln). Positiv ist auch, da8 die Seminarteilnehmer Gelegenheit hatten, mit unmittel- bar an der Arzneimittel-For- schung und -Entwickluiig betei- ligten Wissenschaftlern zu disku- tieren. Zu allen Vortragen und Besichtigungen erhielten die Seminarteilnehmer ausfuhrliches schriftliches Begleitmaterial, Abbildungen, Folien und eine umfangreiche Literaturliste. Das Lehrer-Fortbildungsseminar bei Bayer wird vom 22. bis 26. November 1993 im Pharma- Forschungszentrum Wuppertal- Elberfefd wiederholt.

fung,

B. Foltin, Bayer A G

Software-Telegramm

In Kurzform wird hier iiber wissenschaftliche Software berichtet. Der Schwerpunkt liegt auf Programmen, die fur die Lehre konzipiert oder dafur besonders geeignet sind.

Nachgefragt: Literaturverwaltung

Ein sinnvolles Programm fur die Verwaltung von Literaturverwei- sen sollte moglichst viele Zitate und zugehorige Anmerkungen (Abstracts) nicht nur speichern und zu gegebener Zeit nach mog- lichst flexiblen Vorgaben wieder recherchieren konnen. Es sollte bei Publikationen auch die Arbeit mit den leidigen Literaturregi- stern vereinfachen. Nun behaup- ten samtliche Hersteller von Literaturverwaltungsprogram- men, daf3 ihre Produkte das alles leisten, und meistens stimmt es sogar, auf die eine oder andere Weise. Aber wie so oft steckt auch hier der Teufel im Detail.

Beginnen wir mit dem Speichern, also dem Erfassen von Zitaten. Wer ein Literaturprogramm kauft, hat in aller Regel bereits Literaturbestande, die nun syste- matischer als bisher zuganglich werden sollen. Diesen Altbestand wird man manuell eingeben miissen, zumindest die relevanten Publikationen daraus. In Zukunft jedoch sollte das Programm wichtige Zitate direkt vom abon- nierten Literaturdienst (Diskette) ubernehmen oder auch aus On- line-Recherchen importieren konnen, wobei es Dubletten erkennen sollte. Dann waren Tippfehler fast ausgeschlossen und d a m ginge es noch ungleich schneller. Wichtig ist also, ob diese Importfunktionen zur Grundausstattung des Pro- gramms.gehoren oder, besonders bei der Ubernahme von Host- Recherchen, zusatzlich erworben werden miissen.

Auch die Art und Weise, in der ein Programm Literaturregister erstellt, sollte man genauer hin- terfragen. Grundvoraussetzung ist, dai3 die Software bei der Ausgabe Vor- und Nachnamen der Autoren, Titel, Jahr, Band, Seite etc. so ziemlich jeder Zi-

tiervorschrift anpassen kann. Dam gehort nicht nur, das gefor- derte Schriftattribut (fett, kursiv, unterstrichen) an die richtige Stelle zu setzen, auch Anzahl und Reihenfolge der einzelnen Be- standteile eines Zitats mussen frei definierbar sein. Aui3erdem mu8 das Programm in der Lage sein, innerhalb eines Registers Zeitschriftenzitate anders zu formatieren als etwa Buchzitate. Zur hohen Schule gehort auch das wahlfreie Abkurzen oder Ausschreiben von Vornamen. Bei der Ausgabe solcher Listen gehen Literaturprogramme unterschied- liche Wege.

Manche geben formatierte Regi- ster nur direkt uber einen Drucker aus. Entscheidend ist dam, dai3 ein Treiber furs eigene Druckermodell dabei ist oder notfalls selbst erstellt werden kann. Daruber hinaus kennen diese Programme meist nur noch die unformatierte Ausgabe in eine (ASCII-)Textdatei. Hier stimmt zwar noch die Reihenfolge von Autor, Titel, Jahr usw., die For- matinformationen (fett, kursiv, . . .) aber ist verlorengegangen. Wer sein Register mit einem Text- programm weiterverarbeiten mochte, mu8 die Schriftattribute erneut setzen, was zumindest mit einem makro-fahigen Textpro- gramm mehr oder minder auto- matisierbar sein sollte. Das aber ist nur die halbe Arbeit. Jetzt miissen noch die Verweise im Text, wie z. B. ,,12''', auf die rich- tige Stelle im Register zeigen, gleichgultig, ob ein chronologi- scher oder alphabetischer Litera- turanhang gefordert ist. Auch Mehrfachzitierungen ein und derselben Arbeit sind dabei zu berucksichtigen. Wenn ein Litera- turprogramm auch das automa- tisch bearbeiten soll, mu8 es nicht Drucker, sondern formatierte Textdateien als Ausgabemedium unterstutzen, und zwar moglichst gleich im Format des eigenen Textprogramms und unter Ein- haltung aller dort beim Schreiben bereits festgelegten Formatvorga- ben, wie beispielsweise Schrift- groGe, Absatzeinzug und Seiten- rahmen.

Programme, die das konnen, verlangen bereits beim Abfassen des Manuskripts die Einhaltung

gewisser '>~~ii4regcln. So 1st es ublich, bciin S~hrriben nur i i d t rekt auf / I I itc zu vi'rweisen, z II uber ihie I jatenba ~knuminei 111

der Liter<itiii daenhank, etwa ,,(#1265#, h i j i l , #1X#)". Ersr wenn die c iirigultigc Fassung rle , Manuskrii) steht. ubergilbt inail sie dcm I i i iaturprogramm E, erstellt e m kopic tles tertigen Manuski ipLs und hearbeitet ausschliel\l i h diesc. Die beim Schreibeii L ingefugten Verweis- nummern wcrden als Zitate er kannt untl d i e erfoi derlichen Zitathestandteile aus der Dateri- bank gehol . 1)araii~ wird das Register autgebaut, formatieit und sortic i * Schlic13lich werden die von Soiichzeichen einge- rahinten h u m n e r > i in endgultigc. 1 . Verweise iilicrsetzt etwa in

, wobei al,i 13-1 5)" ot{i.l. ,, i3.67,:35)-

Folge der Text meist geringfugic veranderr umbrochen wird. h l a i ~ wird die ticarbeitete Manuskripr kopie desh.db mit dem Textpro- gramm noLh einm.il laden, urn letzte Sch( )iiheitskorrekturen anzubrinp,c.ii, ctwa bei ,,tamer; - ready "-Vtrrlagm fur den Offset- Druck dic I reiinungen uberpni fen.

Solche L c i jwng h a t ihren Prei,, und der I i L c m i s t m der Grziiie zum Vier\tc Iligen. 111 diese Kati: gorie fallen Lxi,p~el\u~ise Pro- Cite, Kefcrc lice Mmager oder auch VCI 1 Bihlio. I3isweilen gr.1- t es aber auili tur weiiiger, wie EndNote c d r Papap!, rus beweis :I .

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Fur Maciiir<iih untl PC gleicher- magen erli.iltlich ist EndNote. Dieses 1,itei.aturprogramm spei- chert masini,il 32 000 Zitate pro Datenbank und untcrstutzt 15 Literaturarten, die aus einem I"wl von 27 vei.sc1iiedencn Feldern

nuskripte einliest, um im Formar des verwenileten Textprogram- mes ein Litcraturreh' mter zusam menzustellen, sind die Import- fahigkeiten in das Zusatzpro- gramm EndImk ausgelagert. Wi-r aus Online-Datenbanken oder von L,iteratiirdienstcn importie- ren will, milti noch einmal draut- legen. EndNotc ist auch in der Plus-Version erhaltlich, die mit Word for V'iridows und Word-- Perfect for W'indows zusammen- arbeitet, schne llere Recherchen bietct und I)uhlettc!I1 erkennen kann. EndNote Plus enthalt auch ein Abkurz.imgsverzeichnis fur Zeitschriftcii.

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118

ECU. Elemerkenswert an dem Prograrnm ist, dai3 die Dateifor- mate der DOS- und Macintosh- Version:n kompatibel und somit direkt austauschbar sind.

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Papyrus

Mit Papyrus in der Version 7 steht ein Literaturprogramm fur DOS-Rechner zur Verfugung, das sich vor der ,,groi3en" Kon- kurreni: nicht verstecken mug. Genugmd Festplattenspeicher vorausgesetzt, kann es zwei Mil- lionen Zitate mit einer maximalen Lange von je 16 000 Zeichen speichern. Daruber hinaus lassen sich noch beliebig viele ,,note- cards" an ein Zitat anheften, um Zusatzinformationen zu spei- chern. Pro Zitat sind bis zu 99 Autoren und 100 Schlagworter erlaubt. Die Zitatubernahme aus mehr als 100 Fremdquellen wie Online- Datenbanken, Literatur- diensten, CD-ROM-Bestanden,

Chlorchemie der Natur

Der Artikel ,,Chlorchemie der Natur" [vgl. diese Zeitschr. Heft 111993, S. 331 darf nicht unkom- mentiert stehen bleiben, andern- falls lauft er Gefahr von den Lobbyisten der industriellen Chlorclhemie als Alibi-Hinweis benutzi. zu werden. Auch ware es sicherli'ch falsch, ihn im Rahmen der Chlordiskussion fur ,,Fehlge- wichtung" (Naumann) bei den beobachteten globalen Proble- men zu benutzen. Richtig ist jedoch, die Debatte auch auf dem vom Verfasser so benannten ,,sehr kleinen Randgebiet der analyti- schen und Naturstoffchemie" zu fuhren. Jedoch darf dabei folgen- des nicht aui3er acht gelassen werden: 1. Im Gegensatz zur belebten Natur benutzt die Chemische Industrie die Chemie der Chlor- verbindungen als zentrale Dreh- scheibe fur die Mehrzahl ihrer Produk.tionen. Die lipophilen C-HalLVerbindungen waren in den jahrmillionenlangen Opti- mierungscyclen in den hydrophi-

aber auch aus anderen Literatur- programrnen und sogar Textda- teien verschiedener Textprogram- me ist vorgesehen. Das uber Pull- down Menus gesteuerte Papyrus wacht uber Dubletten und er- kennt Tippfehler bei Autoren, Zeitschriften oder Schlagwortern.

Das Programm kennt neun Lite- raturarten, dariiber hinaus lassen sich eigene definieren. Man konnte beispielsweise auch Pro- spekte oder Dias verwalten. Pa- pyrus liest Manuskripte im For- mat verschiedener Textprogram- me ein und stellt sortierte Litera- turregister in beliebigem Format zusammen. Auch die Verweise im Text werden nachgefuhrt. Am erstaunlichsten ist der Preis: Die DOS-Version kostet 110 ECU netto! Unter VAXIVMS ist Papy- rus ebenfalls erhaltlich, eine Macintosh-Version ist in Arbeit. Kostenlose Demo-Versionen sind erhaltlich bei

Euro Sci Soft Ltd., 2 Britannia Centre/Pt. Pleasant, UK- Tyne and Weau, NE28 6HQ; Tel. 0044-

Fax 0044-91/29> 3030. 91/29> 3000 bzw. 0130-81-4009,

len Zellstrukturen der belebten Natur deutlich benachteiligt gegeniiber den Hydroxy-, Ami- no- und Phosphat-Strukturen.

2. Im Gegensatz zu den Stoffen in den Synthese-Kreislaufen der belebten Natur erwiesen sich sehr viele Chlorverbindungen als krebserregend, erbgutveran- dernd, nervenschadigend undl oder akut giftig bis hochgiftig usw. Gerade wegen dieser Leben schadigenden, Lebewesen abto- tenden Eigenschaften wurden und werden sie als Biocide so umfassend eingesetzt.

3. Wcgen dieser besonderen Gefahrdung durch Chlorverbin- dungen wurden einige durch Bundesgesetze und Verordnun- gen verboten (DDT, PCB, PCP, FCKW) oder Einschrankungen unterworfen (Chloraliphaten, Atrazin, Vinylchlorid).

4. Auch in der MAK-Werte-Liste sind fast ein Drittel der aufge- fiihrten, eindeutig krebserregen- den Stoffe Chlorverbindungen.

Chemie in unserer Zeit / 27. Jahrg. 1993 / Nr. 3 119

5. Im Gegensatz zu den meist leicht abbaubaren Stoffen der belebten Natur erwiesen sich Chlorverbindungen als schwer bis fast nicht abbaubar im Boden und in der Atmosphare. Zusatz- lich reichern sie sich in der Nah- rungskrtte an.

6. Hatte sich die belebte Natur in groi3erem Umfang als bisher bekannt - und noch bekannt werden wird - auf eine Chlorche- mie eingelassen, ware dies ein Weg dei- Selbstzerstorung gewe- sen. Gerade die schlechte Biover- fiigbarkeit dieses Elements (Oxi- dation des thermodynamisch besonders stabilen Chlorid-Ions) spielt eine groi3e Rolle bei der ,,Weigerung von Mutter Natur, Chlorchemie zu betreiben“ .

Mit den aufgezahlten Eigenschaf- ten sind die Produkte der Chlor- chemie die entscheidenden Verur- sacher verschiedener globaler okologischer Schaden: vom Ar- tensterben in Gebieten mit indu- strieller Landwirtschaft bis hin zur Zerstorung der Ozonschicht.

Auch wenn es Elemente gibt, die als solche (z. B. Plutonium) oder in einigen Verbindungen ver- gleichbue Gefahrlichkeit besit- Zen, iibertreffen die Chlorverbin- dungen durch Zahl, Vielfaltigkeit und Menge sowie weltweite ubi- quitare Verteilung alle anderen Problem- und Gefahrstoffe. Des- wegen mui3 der Ausstieg aus dieser problematischen Chemie fortgesetzt werden und deswegen gilt auch das bildhafte Wort 0. Hutzingers: Gott schuf 91 Ele- mente, der Mensch mehr als ein Dutzend und der Teufel eines: das Chlor.

Jiirgen Rocblitz, Mannheim

Der Autor, K. Naumann, antwortet:

Nach einer grol3en Zahl schriftli- cher und telefonischer Zustim- mungen von namhaften Hoch- schullehrern, fachkundigen Mit- arbeitern von Behorden, von Abgeortdneten, Lehrern, Gewerk- schaftlern und natiirlich auch von fuhrenden und nicht so fiihren- den Industrievertretern .habe ich nun die erste kritische Stellung- nahme zu meinem Artikel erhal- ten. Leider bringt sie nur die iibliche Serie der globalen Argu- mente, wie sie von der internatio- nalen Front der Chlorchemiegeg- ner aufgezahlt werden; diese allerdings unvollstandig, denn es fehlen die Punkte ,,endocrine disruption” und ,,global destilla- tion” zum vollstandigen Kanon.

Die einzig richtigen Aussagen sind die, dai3 Chlorverbindungen in der industriellen Syntheseche- mie (nicht nur dort) eine bedeut- same Rolle als hochaktive, wohl auch toxische Zwischenprodukte spielen bei der Synthese von nieder- und hochmolekularen Wirkstoffen und Materialien, die nur zum Teil Chlor enthalten. Es stimmt auch, dai3 es Organo- chlorverbindungen gibt, die aus verschiedenen Griinden gesetz- lich gebannt oder streng kontrol- liert sind. Doch nicht die ,,biozi- den” Eigenschaften von Chlor- verbindungen sind der Grund fur diese gesetzgeberischen Aktio- nen, sondern die zu grol3e Stabi- litat, der Ozonabbau, die MiB- brauchsmoglichkeiten fur Waf- fen. Auflagen aus Gesundheits- schutzgriinden sind selbstver- standlich fur eine zivilisierte Techniknutzung. DDT, Atrazin und FCKW sind nicht wegen giftiger Eigenschaften Objekte gesetzlicher MaBnahmen.

Den Nachteil, toxisch, kanzero- gen und allgemein lebensschadi- gend zu sein, hat bekanntlich auch eine grogere Zahl von Na- turstoffen. Bislang wurden hauptsachlich synthetische Ver- bindungen toxikologisch unter- sucht. Eine Statistik von Ames zeigt aber auch, dai3 50 Prozent der bisher untersuchten Natur- stoffe ein kanzerogenes Potential in den Standard-Tests zeigen, was immer das heifit. 13 Prozent der etwa 1500 pharmazeutischen Wirkstoffe sind Organochlorver- bindungen. Wenn diese auch unter das vollig unwissenschaftli- che Pauschalverdikt ,,Chlorver- bindungen sind lebensschadi- gend” im Sinne des Leserbriefes fallen, mui3 man sich iiber diesen Bekennermut eines Professors wundern. Solche Pauschalbe- hauptungen liegen auf dem glei- chen Niveau wie die Aussage ,,Alle Italiener sind Mafiosi”. In jedem modernen Biochemiebuch werden hochreaktive Sauer- stoffspezies im ,,normalen” Me- tabolismus beschrieben, die eben- so reaktiv sind wie Chlor. Kataly- se macht eben vieles thermody- namisch moglich. Aui3erdem rate ich zu einem Besuch des anste- henden 1 . Internationalen Sym- posiums iiber natiirliche Organo- halogenverbindungen (am 14. Sept. 1993 in DelfdNiederl.). Dort werden fur die Gegner jedweder Chlorchemie weitere argerliche Tatsachen offengelegt.

Klaus Naumann, Leverkusen

Chemie in unserer Zeit / 27. Jahrg. 1993 / Nr. 3 121

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