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Patientensicherheit durch Prävention medizinprodukt-assoziierter Risiken
Für Anwender, Betreiber und Gesetzgeber
Teil 1: aktive Medizinprodukte, insbesondere medizintechnische Geräte in Krankenhäusern
HANDLUNGSEMPFEHLUNG
2
Einleitung 4
ExecutiveSummary 6
1 Grundlagen 9
2 UrsachenfürUnerwünschteEreignisseundVorkommnisse 11
3 Meldesysteme 12
3.1 NutzenderMeldesysteme 12
3.2 DasgesetzlicheMeldesystem 13
3.3 DiefreiwilligenMeldesystemederKrankenhäuser 15
4 HandlungsempfehlungenandieKrankenhausbetreiber 15
4.1 Zuständigkeitenfestlegen 15
4.2 Sicherheitskultur 17
4.3 Einweisung,SchulungundTraining 17
4.4 Beschaffung 20
4.5 InbetriebnahmeeinesmedizintechnischenGerätes 20
4.6 HausinterneMeldesysteme 20
4.7 Risikobeurteilung 21
4.8 Vorkommnissemanagen 24
4.9 InformationslückebeikorrektivenMaßnahmen 26
5 VerbesserungspotentialefürGesetzgeberundHersteller 27
5.1 SchutzderMeldenden 27
5.2 MEDDEVEmpfehlung 27
5.3 UmgangmitdemMedizinproduktnacheinemUE 28
5.4 RisikoinformationenderHersteller 29
6 Begriffe 30
6.1 Anwender 30
6.2 Bestandsverzeichnis 30
INHALT
3
DieseHandlungsempfehlungwurdevomAktionsbündnisPatientensicherheit
in ZusammenarbeitmitVertretern verschiedener Fachgesellschaften, Berufs-
verbände, Institutionen und Firmen wie zum Beispiel Arbeitskreis Medizin-
technikNRW,Bundesinstitut fürArzneimittelundMedizinprodukte (BfArM),
DeutscheKrankenhausgesellschaft(DKG),MedizinischerDienstdesSpitzenver-
bandesBundderKrankenkassen (MDS ) erarbeitet. Ihnenallen seihier aus-
drücklichfürdieUnterstützunggedankt.DieHandlungsempfehlunggibtaller-
dingsnichtnotwendigerweiseinallenTeilendiejeweiligenStandpunktedieser
OrganisationenundInstitutionenwieder.
6.3 Betreiber 30
6.4 Compliance 30
6.5 Einweisungnach§5MPBetreibV 30
6.6 Konformitätsbewertungsverfahren 31
6.7 KorrektiveMaßnahmen 31
6.8 Medizinprodukte 31
6.9 Medizinproduktegesetz(MPG) 32
6.10 Medizinprodukte-Betreiberverordnung(MPBetreibV) 32
6.11 Medizinprodukte-Sicherheitsplanverordnung(MPSV) 32
6.12 Medizinproduktebuch 32
6.13 Medizintechnikabteilung 32
6.14 Unterweisung 33
6.15 Vigilanz-System 33
6.16 VomBetreiberbeauftragtePerson 33
6.17 Vorkommnis,unerwünschtesEreignis(UE),kritischesEreignis 33
7 BeispielevonmedizinproduktassoziiertenUEs 35
7.1 Patientenüberwachungssystem 35
7.2 Kapselendoskop 35
7.3 Ernährungspumpe 36
7.4 Antidekubitusmatratze 37
Literaturverzeichnis 38
DieArbeitsgruppeundihreAdressaten 40
NützlicheHinweise 41
Mitwirkende 42
Impressum 43
4
Einleitung
Die Komplexität medizintechnischer Geräte
hat in den letzten Jahren gewaltig zugenom-
men. Waren die Geräte früher mechanisch
schlicht und autonom, werden sie heute zu-
nehmend elektronisch und softwaregestützt
gesteuert.Ultraschallgeräte,Infusionspumpen,
Beatmungsgeräte, Befundarbeitsplätze, robo-
tergesteuerte Verfahren und die Telemedizin
sind nur einige Beispiele. Je komplexer die
Produkte,destoeherkönnenauchspezifische
RisikenbeimUmgangmitihnenauftreten.Das
gesetzlicheVigilanzsystembeobachtetdenMe-
dizinproduktemarkt und bewertet mögliche
Risiken im Zusammenhang mit Medizinpro-
dukten.DamitsollenunvertretbareRisikenfür
Patienten,AnwenderundDrittebeimEinsatz
vonMedizinprodukteneliminiertwerden.An-
wenderundBetreiber tragendazubei,medi-
zinproduktassoziierte Risiken zu verringern
unddiePatienten-undAnwendersicherheitzu
erhöhen, indem sie Einweisungs- und Melde-
pflichteneinhalten.
RückrufaktionenvonMedizinproduktendurch
BehördenoderHerstellerzeigen,wiewichtig
es ist, dassunerwünschteEreignisse (UEs) im
Rahmen der Patientenversorgung gemeldet
werden.DurchdieeingehendeUntersuchung
einesVorkommnissesnacheinerMeldungan
dasBundesinstitutfürArzneimittelundMedi-
zinprodukte (BfArM) und der Ableitung und
Durchführung korrektiver Maßnahmen wird
esdemHersteller ermöglicht, seineProdukte
zuverbessern.Vorteilhaftistauch,dassandere
KrankenhäuserzeitnahüberdieseRückrufak-
tionen informiert werden und entsprechend
handelnkönnen.
Das im April 2005 gegründete Aktionsbünd-
nisPatientensicherheite.V.(APS)hatmedizin-
produktassoziierte Risiken zum Thema einer
eigenen Arbeitsgruppe (AG MPaR) gemacht.
Diese hat die vorliegende Handlungsempfeh-
lung und dazu eine Broschüre – in zusam-
menfassenderDarstellung fürAnwenderund
5
Betreiber–erarbeitet.DamitmöchtedasAPS
einen Beitrag zur Standardisierung und Op-
timierung in diesem wichtigen Bereich der
modernenGesundheitsversorgungleisten.Die
HandlungsempfehlungfokussiertaufKranken-
häuserundbeschränktsichdabeiaufmedizin-
technischeGeräte.InderAGMPaRhabenVer-
treterInnen von Medizinproduktherstellern,
verschiedenen medizinischen Berufsgruppen,
Kliniken, Verbänden, Haftpflichtversicherun-
gen, Forschungseinrichtungen und Behörden
mitgearbeitet. In weiteren Schritten sollen
Handlungsempfehlungenfürweitere,wichtige
Anwendungsbereiche von Medizinprodukten
erarbeitetwerden.
Die vorliegende Handlungsempfehlung will
dasMeldewesensowiedasMeldeverhaltenzu
UEsimUmgangmitMedizinproduktenverbes-
sern.Siezeigtkonkret,wiediePatientensicher-
heiterhöhtwerdenkann:DurchOptimierung
vonBeschaffung,EinweisungundAnwendung
von Medizinprodukten, den organisationalen
undgesetzlichenRahmenbedingungenfürih-
renEinsatzsowiedemManagementnachVor-
kommnissen und UEs mit Medizinprodukten.
Sie erläutert, wie Betreiber von Krankenhäu-
sern und Anwender diese umsetzen können
und welche Verbesserungspotentiale es gibt.
Die Handlungsempfehlung beschränkt sich
auf aktive Medizinprodukte im Klinikeinsatz,
also auf medizintechnische Geräte, die zum
Beispiel an eine Stromquelle angeschlossen
werden. Die Empfehlung soll später auf den
EinsatzvonMedizinprodukteninanderenBe-
reichenangepasstwerden.
IhrAktionsbündnisPatientensicherheit(APS)
6
temefüralleBeteiligten(Anwender,Betreiber,
Hersteller,Organisationen,Behörden)deutlich
steigen.
Die vorliegende Handlungsempfehlung be-
schränkt sich auf aktive Medizinprodukte im
Klinikeinsatz, also auf medizintechnische Ge-
räte, die zum Beispiel an eine Stromquelle
angeschlossenwerden.Siesollspäterumden
Einsatz anderer Medizinprodukte und weite-
re Versorgungsbereiche ergänzt werden. Sie
schlägtorganisatorischeMaßnahmenundVer-
besserungenfürverschiedeneTeilprozessevor,
wie zum Beispiel die Meldung eines UEs mit
einem Medizinprodukt durch den Anwender,
die Rückmeldung von Erkenntnissen bis hin
zurUmsetzungdergewonnenenErkenntnisse.
Aus dem Grundsatz „Aus Fehlern lernen und
die Erkenntnisse barrierefrei zur Verfügung
stellen“ ergeben sich für die Betreiber und
Anwender aktiver Medizinprodukte folgende
Empfehlungen:
Executive Summary
DasMeldewesenfürVorkommnisseundUner-
wünschte Ereignisse (UE) im Zusammenhang
mit Medizinprodukten ist eine Schwachstelle
imGesundheitswesen.Esverhindertnichtinaus-
reichendemMaßedaserneuteAuftretenähnli-
cherUEsinklinischenVersorgungsprozessen.
DieseHandlungsempfehlunggehtaufdasge-
setzliche und die freiwilligen Meldesysteme
ein und zeigt deren Grenzen und Verbesse-
rungspotentiale auf. Sie beschreibt, wie die
Patientensicherheit verbessert werden kann
durch
» Optimierung der Beschaffung, Einweisung
undAnwendungvonMedizinprodukten;
» der organisationalenundgesetzlichenRah-
menbedingungenfürihrenEinsatzsowie
» demManagementnachVorkommnissenund
UEsmitMedizinprodukten.
DieseVerbesserungensindnurmöglich,wenn
NutzenundAkzeptanzder Prozesseund Sys-
7
Empfehlungen an Betreiber aktiver
Medizinprodukte
●● Klare Zuständigkeiten
Benennen Sie eine Verantwortliche Stelle
für Medizinproduktesicherheit und machen
Sie diese Stabsstelle nach innen und au-
ßen für Fachkreise kenntlich, zum Beispiel
medizinproduktesicherheit@einrichtungXYZ.
de.DieVerantwortliche Stelle für Medizinpro-
duktesicherheit ist erster Ansprechpartner
fürAnwender,Betreiber,HerstellerundBe-
hörde und koordiniert die Kommunikation
zwischen diesen Parteien. Sie sammelt in-
ternundexternMeldungenundWissenzu
medizinproduktassoziierten Risiken, filtert
dieseundleitetdenMitarbeiternnursolche
Informationen zu, die die Sicherheit in ih-
remArbeitsbereichbetreffen.
●● Meldewesen organisieren
GestaltenSiedenMeldeprozess.Jeeinfacher
eineMeldungfürdenAnwenderistundje
mehr relevante Risikoinformationen er zu-
rückbekommt,destohöheristdieAkzeptanz
des innerbetrieblichen und gesetzlichen
Meldewesens. Motivieren Sie Ihre Mitarbei-
ter, indemSieübergemeldeteRisikenund
überabgeleiteteMaßnahmenzurRisikomi-
nimierunginformieren.
●● Systematische Beteiligung der Medizintechnik
in allen Gremien des Risikomanagements
Beteiligen Sie Haus- und Medizintechniker
sowieauchHuman-Factors-Experten(Fachge-
biete: Ergonomie, Organisationspsychologie)
grundsätzlichbeiderBeurteilung,Analyse,
BewertungundPräventionmedizintechnik-
assoziierter Risiken. Diese Berufsgruppen
leistendurch ihr spezifisches Fach- undEr-
fahrungswissen einen wertvollen Beitrag
zumsicherenGeräteeinsatz.Sieliefernwich-
tige Hinweise auf Schwierigkeiten im Um-
gangmitGeräten,sodassWartungs-undEin-
weisungsprozesseverbessertwerdenkönnen.
●● Sicherheitskultur aufbauen
Bauen Sie in Ihrer Institutioneine adäqua-
teSicherheitskulturauf.Patientensicherheit
mussalsThemainderGeschäftsführung,bei
allen Direktoren sowie allen Personen mit
Leitungsfunktionen sichtbar verankert wer-
den. Machen Sie unmissverständlich klar:
InformationenimMeldewesensindvertrau-
lichundwerdennichtgegendieMeldenden,
sondernnurzuihremNutzenverwendet.
●● Notwendige Ressourcen bereitstellen
StellenSiedieerforderlichenRessourcenfür
Prozesse bereit, die die Patientensicherheit
fördern.
●● Umsetzung sicherstellen
Unterstützen Sie die Umsetzung der Maß-
nahmen für die Patientensicherheit für
BetreiberundAnwenderundauditierenSie
interndieProzessemitRelevanzfürdiePati-
entensicherheit.
8
Empfehlungen an Anwender aktiver
Medizinprodukte
●● Einweisungen ernst nehmen
BestehenSiedarauf,dassSieindievonIhnen
angewendetenMedizingeräteeinschließlich
Software eingewiesen werden – und zwar
entwederdurchvomHerstellerdafürbefug-
teodervomBetreiberbeauftragtePersonen.
Lassen Sie sich dies dokumentieren. Eine
WiederholungderEinweisungkanngegebe-
nenfallsnotwendigwerden.
DieEinweisungsollnichtnurdieKenntnisse
über Zweckbestimmung, Feststellung der
Funktionsfähigkeit,sachgerechteHandhabung
(gegebenenfallsTraining)vermitteln,sondern
insbesondere auch über Risiken und bereits
andernortsgescheheneUEsinformieren.Das
hilftIhnen,dieSicherheitIhrerPatientenzu
gewährleisten und die Haftungsrisiken zu
reduzieren.
●● Funktionsprüfung sorgfältig durchführen
Überzeugen Sie sich vor der Anwendung
eines Medizinproduktes von dessen Funk-
tionsfähigkeit und ordnungsgemäßem Zu-
stand.EineChecklistekanndieserleichtern.
Manchmalistessinnvoll,diesePrüfungkurz
zudokumentieren.
●● Fehler und Probleme immer melden
ImZweifelsfallmeldenSieEreignisseindas
hausinterneMeldewesen.JedetaillierterIhre
AngabenzudenbeteiligtenMedizinproduk-
ten sind,destoeherkönnenbetroffeneGe-
rätedurchdieMedizintechnik identifiziert,
überprüftundgegebenenfallsausgetauscht
undsichergestelltwerden.DieFachkollegen
ausdemMeldewesenkönnenleichtererken-
nen, ob medizinproduktassoziierte Risiken
beteiligt waren. Meldungen sind dann an
dieVigilanzbehördeweiterzugeben.DasRi-
sikowissenkannzusätzlichauchindasCriti-
calIncidentReportingSystem(CIRS)gemel-
detwerden,woesbesserzugänglichist.
●● Bestehen Sie auf Risikoinformation
DasMeldewesenverfügtübereinegroßeZahl
vonRisikoinformationenzuMedizinprodukten
ausIhremArbeitsumfeld.BestehenSiedarauf,
dass Sie diese Informationen vom Hersteller
adressatenspezifisch inaufbereiteterFormer-
halten.
9
1 Grundlagen
DieEntwicklungundFertigungvonMedizin-
produkten erfolgt nach europäischen Richt-
linienundharmonisiertenNormen.Aufnatio-
nalerEbeneistdasMedizinproduktegesetz1maß-
geblich [MPG:2013]. Medizinprodukte können
nur in Verkehr gebracht werden, wenn ein
Konformitätsbewertungsverfahrenabgeschlossen
wurde, durchdasderHersteller dieÜberein-
stimmung seines Produktes mit den grund-
legenden Anforderungen der betreffenden
Richtlinienachweist.Nachaußensichtbarge-
machtwirdeinabgeschlossenesKonformitäts-
bewertungsverfahren durch die Anbringung
der CE-Kennzeichnung. Die Anwendung von
MedizinproduktenistinderMedizinprodukte-Be-
treiberverordnung geregelt [MPBetreibV:2009].
Medizinprodukte dürfen nur betrieben oder
angewendet werden, wenn sie keine Mängel
aufweisen, durch die Patienten, Beschäftig-
te oder andere Personen gefährdet werden
könnten.DementsprechendwerdenHersteller,
Betreiber, Anwender und Händler verpflichtet,
Vorkommnisse bzw. Produktzwischenfälle un-
verzüglichzumelden,umeinerWiederholung
entgegenzutreten.DieMeldepflichtandiezu-
ständige Bundesoberbehörde, BfArM, ist in
der Medizinprodukte-Sicherheitsplanverordnung
geregelt[MPSV:2010,§3].
HerstellersindnachderRichtlinieüberMedi-
zinprodukteunddenharmonisiertenNormen
auch für die Risikobeherrschung von vorher-
sehbaren und vorgefallenen Anwendungsfeh-
lern mitverantwortlich. Die Kenntnis von
Anwendungsfehlern oder Anwenderfehlern
verpflichtetunmittelbarzuAktivitäten imRi-
sikomanagementdesKrankenhauses.Anwen-
dungsfehlermüssen imRahmendesgesetzli-
chen Vigilanzsystems gemeldet werden, wenn
ein Mangel des Medizinproduktes als beitra-
gender Faktor zumindest möglich ist. Reine
Anwenderfehler müssen nach MPSV nicht
gemeldetwerden.Anwendungsfehlerwerden
oft fälschlicherweisealsAnwenderfehlerklas-
sifiziert.Siefallennacheinersolchenfalschen
Klassifizierung aus dem Risikomanagement
und der Risikokommunikation heraus und
sind dann als wertvolle Information für die
Gesundheitseinrichtungenverloren.
1kursiv gedruckteBegriffesindinKapitel6definiertbeziehungsweiseerläutert
Unerwünschtes Ereignis (UE)
EinschädlichesVorkommnis,daseheraufderBehandlungdennaufderErkrankungberuht.
Eskannvermeidbaroderunvermeidbarsein[APS:2013].ImRahmendieserHandlungsempfeh-
lungschließtzurbesserenLesbarkeitderBegriff„unerwünschtesEreignis“auchdieBegriffe
„Vorkommnis“und„kritischesEreignis“mitein(s.Kap.6.17).Dasbedeutet,dasshierunterdem
BegriffUEsowohlrealealsauchpotentielleSchädigungenzusammengefasstwerden.
Gerätedefekt
EinetechnischeStörungführtzueinemUE.
Beispiel:FührungsdrahtbrichtbeinormalerBeanspruchung.
10
Anwendungsfehler
AlleFehler,die imZusammenhangmitderAnwendungeinesMedizinproduktes stehen
undbeidenendieUrsachenfürdasUEnichtalleinbeimAnwenderliegen.EinUEkann
aufmehrerenUrsachenberuhen:SokönnenzumBeispielunklareProzessvorgaben,un-
zureichendeInformationen,fehlerförderlicheGestaltungdesProdukts,Zeitnot,Zeitdruck
undArbeitsüberlastungdurchPersonalknappheitusw.zusammenkommen.
Beispiel:AnwenderkannwegenArbeitsüberlastungnichtanderEinweisungteilnehmen,
verwechseltzweiTastenmitsehrähnlichenSymbolenundbetätigtfalscheFunktion.
Anwenderfehler
UrsachenfürdasUEliegenalleinbeimAnwender.GründekönnenzumBeispielsein:Ver-
passteSchulung,vorsätzlicheAnwendungentgegeneinerAnweisungoderohneFunktions-
prüfungvorderAnwendungdesMedizingerätes.
Beispiel:SicherheitsvorrichtungdurchAnwenderabsichtlichblockiert.
DieUnterscheidung,obessichbeieinemUEumeinenAnwendungsfehlerodereinenAn-
wenderfehlerhandelt,kannschwierigseinundistmanchmalumstritten.
Vorkommnis:
„EineFunktionsstörung,einAusfallodereineÄnderungderMerkmaleoderderLeistung
odereineUnsachgemäßheitderKennzeichnungoderderGebrauchsanweisungeinesMedi-
zinprodukts,dieunmittelbarodermittelbarzumTododerzueinerschwerwiegendenVer-
schlechterungdesGesundheitszustandseinesPatienten,einesAnwendersodereinerande-
renPersongeführthat,geführthabenkönnteoderführenkönnte“[MPSV:2010,§2Nr.1].
DieAufgabedesKrankenhausbetreibersistdie
sichereOrganisationeinergroßenAnzahlme-
dizintechnischerGeräte unter Beachtungder
gesetzlichen Pflichten. Es ist insbesondere zu
gewährleisten,dassmedizintechnischeGeräte
entsprechend ihrer Zweckbestimmung und
denVorgabendesHerstellersvoneinschlägig
ausgebildeten und gegebenenfalls eingewie-
senen Personen errichtet, betrieben, ange-
wendetundinStandgehaltenwerden[MPBe-
treibV:2009,§4ff],[RPKarlsruhe:2011].
DerBetreiber (z.B.dieGeschäftsführungdes
Krankenhauses)übernimmteineFüllevonAuf-
gabenundPflichten:
» Organisation und Einhaltung des Medizin-
produkterechtes;
» PlanungundBereitstellungvonRessourcen;
» Einsatz von kompetentem und sachkundi-
gemPersonalalsAnwender;
» OrganisationderEinweisung,Kontrolleund
InstandhaltungderMedizinproduktesowie
» VerantwortungfürdieErfüllungderMelde-
pflicht.
11
Der Anwender muss die für die Anwendung
erforderliche Ausbildung oder Kenntnis und
Erfahrung besitzen. Er darf ein medizintech-
nisches Gerät jeweils erst nach Prüfung des
ordnungsgemäßen Zustands und der Funkti-
2 Ursachen für unerwünschte Ereignisse und Vorkommnisse
UEs können Situationen im Versorgungspro-
zess sein, bei denen ein Patientenschaden
auftrat oder hätte auftreten können, sowie
Störungen, Ausfälle oder Defekte von medi-
zintechnischenGeräten,diemiteinerGefähr-
dungeinhergingen.
Monokausale UEs sind die Ausnahme. Meist
haben systemische, organisatorische, techni-
sche und menschliche Faktoren etc. gemein-
samzudemEreignisbeigetragen.Wennme-
dizintechnische Geräte am UE beteiligt sind,
könnenfolgendeFaktorenrelevantsein:
» Zuden systemischenFaktorengehörenu.a.
Gesetze und Verordnungen, Zielvorgaben
durch das Versorgungssystem sowie Aus-,
Fort-undWeiterbildungssituationen;
» Organisatorische Faktoren in der Versor-
gungseinrichtung umfassen Prozessstan-
dards, Arbeitsorganisation, Arbeitsplatzge-
staltung und Arbeitsmittelvorgaben sowie
nichtzuletztSicherheitskulturundQualitäts-
management;
» Technische und ergonomische Faktoren in
der Entwicklung und Herstellung von me-
dizintechnischenGerätensindzumBeispiel
Materialfehler,DefiziteinFunktionoderGe-
brauchstauglichkeit oder eine unsachgemä-
ßeGebrauchsanweisung.
onsfähigkeit anwenden. Bei Vorkommnissen
unterliegtderAnwenderdergesetzlichenMel-
depflicht als Maßnahme der vorbeugenden
Gefahrenabwehr.
12
3 Meldesysteme
3.1 Nutzen der Meldesysteme
●● Erkennen der UEs
DasErkennenundsichEingestehen,dassein
unerwünschtesEreignisstattgefundenhat, ist
die Voraussetzung für jede Verbesserung der
Patientensicherheit.
●● Meldungen sind unverzichtbar für Risiko-
management und Patientensicherheit
Ohne Informationen über Fehler und fehler-
provozierende Merkmale können Ursachen
nicht behoben und die Patientensicherheit
nichtverbessertwerden.DieseMerkmalekön-
nenMedizinprodukte,Prozesse,Organisation,
Leistungsvorgabenundvielesmehrbetreffen.
KeinMeldewesen fragtalle Faktorenab.Des-
halb sind die verschiedenen, nebeneinander
arbeitenden Meldewesen mit ihren unter-
schiedlichenBlickwinkelnnotwendig.
●● Erkennen der Ursachen
Die Analyse der fehlerverursachenden Fak-
toren ist oft schwierig und bedarf einer ent-
sprechenden Ausbildung (zum Beispiel Medi-
zintechnik, Informatik, Human Factors), über
die klinische Anwender jedoch häufig nicht
verfügen.
●● Gezielte Rückmeldung und Verteilung
Ein gutes Meldewesen ermöglicht die Gene-
rierungvonrelevantenunddieFilterungvon
nicht relevanten Informationen sowiediege-
zielte Verteilung an die Mitarbeiter, die von
denInformationenprofitieren.Die Informati-
onen erlauben risikoadjustierte Schulungen.
Gezielte Rückmeldungen ersparen unnötige
ArbeitunderleichterndasLernen.
●● Abstellen und Bekämpfen risikoförderlicher
Faktoren
Das Risikomanagement der Gesundheitsein-
richtungen und das technische Risikoma-
nagementderHerstellermüssen in einander
greifen. Nur zusammen können sie risikoför-
derliche Faktoren erfolgreich erkennen und
durchMaßnahmenbekämpfen,sodasssiche-
re,effizienteundguteProdukteundProzesse
etabliertwerden.
●● Psychische Entlastung der Mitarbeiter
DieErkenntnis,dassUEsimAllgemeinenmeh-
rereUrsachenhabenundauchlatenteFehler
inOrganisationundProzessendazubeitragen,
relativiertmöglicheSchuldgefühleundÄngs-
te. Dies führt zu einer weniger belastenden
Aufarbeitung.DasProblemdeszweitenOpfers
(„secondvictim“)[Laueet al.:2012]kannsore-
duziertwerden.
●● Gelebte Sicherheitskultur
Einoffener, angstfreierUmgangmit Fehlern,
die jedem unterlaufen können, ist der Aus-
gangspunkt für die Entwicklung einer geleb-
tenSicherheitskulturimKrankenhaus.Proakti-
vesLernenwirdunterstützt.
●● Verbesserung der Patientensicherheit
EinesystematischeAnalyseundAufarbeitung
der Vorkommnisse helfen, das Risiko für das
Auftreten vergleichbarer Zwischenfälle zu
mindern. Sie bringen wichtige Erkenntnisse
fürOrganisations-undProzessverbesserungen
sowohl in den Gesundheitseinrichtungen als
auch beim Hersteller sowie für das Beschaf-
fungsmanagement.
13
●● Aus Meldepflicht eine Tugend machen
Die Motivation zu einer Meldung hängt vor
allem vom Feedback an den Meldenden ab.
SolangedemMeldendenderNutzenausdem
Rückfluss der Informationen eher gering im
Verhältnis zu dem notwendigen zeitlichen
Aufwanderscheint,wirddieMeldecompliance
– trotz des Wissens um die Notwendigkeit –
niedrigbleiben.WenndasRisikomanagement
funktioniert,kannjederdenNutzenfürseinen
eigenenArbeitsbereichunmittelbarerfahren:
AusderlästigenPflichtwirdeinevorteilhaf-
teHandlung!
3.2 Das gesetzliche MeldesystemDasgesetzlicheMeldewesendient–wieauch
die freiwilligen Meldesysteme – der Patien-
tensicherheit. Daneben zielt es auch auf die
OptimierungderAnwendungvonProdukten/
GerätenaufBasisvonRisikohinweisenderAn-
wender. Die Meldungen sollen insbesondere
daswiederholteAuftretenvonVorkommnissen
auf Grund von systematischen Produktmän-
geln verhindern. Der Gesetzgeber hat in der
MPSV[MPSV:2010]folgendesgeregelt:
„WerMedizinproduktebetreibtoderanwen-
det,hatdabeiaufgetreteneVorkommnisse
derzuständigenBundesoberbehörde2zu
melden.DieseVerpflichtunggiltauchfür
ÄrzteundZahnärzte,denenimRahmen
derDiagnostikoderBehandlungVorkomm-
nissebeiPatientenbekanntwerden,diemit
Medizinproduktenversorgtwurden.“
EinVerstoßgegendieMeldepflichtistderzeit
nurfürHerstellerstrafbewehrt[MPG:2013,§42
Abs.2Ziffer15],nichtaberfürAnwenderoder
Betreiber.
FürAngehörigederHeilberufegiltdieSonder-
regelung,dasssieauchanKommissionenoder
andereEinrichtungenderHeilberufemelden
können,soferndiesedieRisikenvonMedizin-
produkten erfassen und eine unverzügliche
Weiterleitung an das BfArM sichergestellt ist
[MPSV:2010,§3Abs.4].
VorgeschriebenisteinedirekteMeldungüber
den Betreiber an das BfArM. Gegebenenfalls
kann auch eine ergänzende Meldung direkt
andenHerstellererfolgen.DerHerstellersetzt
sichdannimAllgemeinenimRahmenseiner
Vorkommnisuntersuchung mit dem Melden-
deninVerbindung(s.auchKapitel4.8).
UmdasMedizinproduktbegutachtenzukön-
nen, verlangt der Hersteller vom Betreiber
häufigdieHerausgabedesMedizinproduktes
inklusive Zubehör. Hier können Konflikte im
RahmenderBeweislast entstehen.Vernichtet
oder verändert der Hersteller das Produkt,
dann steht es für eine weitere Analyse nicht
mehrzurVerfügung.DieMeldung,obdasMe-
dizinprodukt geprüft oder vernichtet wurde,
erfolgtdurchdenHerstellerandasBfArM.Das
BfArM informiertabschließenddenBetreiber
überdasErgebnisseinerBewertung.
Betreiber und Anwender sind zur Aufbewah-
rungdesBeweismaterialsgesetzlichverpflich-
tet[MPSV:2010,§12Abs.4],allerdingskanndie
2IndiesemFalldasBfArM
14
Bundesbehörde die Überlassung des betroffe-
nen Produktes verlangen [MPSV:2010, §11
Abs.1].KommteszueinemVorkommnis,hat
der PatientdasRecht auf Information.Unter
Umständen verklagt er das Krankenhaus auf
Schadensersatz, wodurch eine Beweislastum-
kehreintretenkann.Herstellerdürfenbetrof-
fene Produkte – also Produkte, die dem Her-
steller zur Produktanalyseüberlassenwerden
– nur mit Erlaubnis des BfArM „vernichten“
[MPSV:2010, §12 Abs. 2]. Ist das Medizinpro-
dukt verändert, zerstörend geprüft oder ver-
nichtet,kannnichtmehrbewiesenwerden,ob
ein Anwenderfehler vorgelegen hat oder das
MedizinproduktzudemschwerwiegendenEr-
eignisbeimPatientenbeigetragenhat.3
Ein weiterer Aspekt ist, dass beispielsweise
durchBlutkontaminierteMaterialien(Dialysa-
toren,Oxigenisatorenetc.)keinelangeAufbe-
wahrung der Beweisstücke erlauben. Der Be-
treiber kann seine Betriebsmittel nicht lange
außerBetriebnehmen.Eristaneinerschnel-
len, unabhängigen Aufklärung der Ursachen
füreinVorkommnisundanInformationenzur
weiterenVorgehensweiseinteressiert.Deshalb
wäreessinnvoll,wenneineunabhängigeStel-
le einen Gutachter oder gegebenenfalls eine
Gutachterkommission einsetzt, die das betei-
ligte Medizinprodukt incl. Zubehör in Emp-
fang nimmt und schnellstmöglich begutach-
tet. Zur Vermeidung von Interessenskonflikte
müssenVorkommnisse schnell undunabhän-
gigbeurteiltwerden.DabeisinddieInteressen
vonPatienten,AnwendernundHerstellernzu
berücksichtigen(sieheauchKap.5).
Auf der Homepage des BfArM (www.bfarm.
de) sindFormulare fürdieMeldungvonVor-
kommnissenabrufbar.DieMeldungimgesetz-
lichen Meldewesen erfolgt unter Angabe des
InformationsgebersunderlaubtsoRückfragen
zurKlärungvonDetails.DasBfArM sammelt
und analysiert die Meldungen, um systema-
tische Produktmängel zu identifizieren und
ggfs. erforderliche korrektive Maßnahmen des
Herstellers zu bewerten. Darüber hinaus hat
es die Aufgabe, Anwender und Betreiber vor
diesenRisikenzuwarnen.Entsprechendbietet
dieHomepagedesBfArMauchInformationen
ausdemVigilanzprozesswiezumBeispiel:
» korrektiveMaßnahmenderHerstellerzube-
stimmtenProdukten;
» Produktfälschungen;
» CE-Kennzeichenmissbrauchund
» Rückrufaktionen.
BesonderswichtigsinddieseHinweisefürAn-
wender,Beauftragte,Einkäufer, IT-Mitarbeiter
undMedizintechniker. IhreAufgabe ist es zu
prüfen, ob betreffende Medizinprodukte in
dereigenenEinrichtung imEinsatz sindund
eventuellumgehendaußerBetriebgenommen
werdenmüssenoderobandersdamitzuver-
fahrenist.
Das BfArM stellt auf seiner Homepage zahl-
reiche Informationen zur Verfügung. Über
RSS-Feeds ist es zum Beispiel möglich, dass
derMedizintechnikeroderEinkäuferaktuelle
InformationenundAktualisierungenausdem
Bereich Medizinprodukte erhält. Bei Rück-
3WurdenbeispielsweisedieKomponentendesMedizinproduktesnichtrichtigzusammengebautoderlageinMaterialfehlervor?
15
rufaktionen informieren das BfArM und die
LandesbehördendieBetreiber,Anwenderund
gegebenenfallsPatienten.
3.3 Die freiwilligen Meldesysteme der KrankenhäuserNeben dem gesetzlichen Medizinprodukte-Vi-
gilanzsystemgibteseineVielzahlvonfreiwil-
ligenMeldesystemen,wiedieCriticalIncident
Reporting Systeme (CIRS), betriebliches Vor-
schlagswesen, innerbetriebliches Beschwerde-
wesen usw. Diese Systeme sind entweder be-
grenztaufeineGesundheitseinrichtung (zum
BeispielKrankenhaus),eineFachrichtung(zum
BeispielAnästhesieundIntensivmedizin,Chir-
urgie)undbestimmteBehandlungsabschnitte
oderaberbundesweitangelegt.Siehabenden
Vorteil der Unmittelbarkeit und machen auf
UEs aufmerksam, auch wenn sie nicht zu ei-
nemSchadengeführthaben.
Die freiwilligen Meldesysteme sind unter an-
derem wegen fehlender Klassifizierungen
kaumquervernetzt.Einsystemübergreifendes
LernendurchVerallgemeinerungderAnalyse-
ergebnisseistdeshalbdeutlicherschwert.Nä-
hereszudenfreiwilligenMeldesystemenistin
Kapitel4.6dargelegt.
DieSystemesindentwederöffentlich,nurfür
angeschlossene Gesundheitseinrichtungen öf-
fentlich oder geschlossen. Hersteller können
die Meldungen aus freiwilligen Meldesyste-
men oft nicht in ihr Risikomanagement mit
einbeziehen, weil die Information entweder
nichtöffentlichoder inBezugaufdaseinge-
setzte medizintechnische Gerät nicht eindeu-
tigbzw.dieVorgangsschilderungzuunklarist.
Das Potential der freiwilligen Meldesysteme
zur Steigerung der Patientensicherheit wird
dahernichtvollständiggenutzt.
4 Handlungsempfehlungen an die Krankenhausbetreiber
4.1 Zuständigkeiten festlegenAnwender und Betreiber von Medizinpro-
dukten sind gleichermaßen verpflichtet, Vor-
kommnissezumelden(§3MPSV).Dazuistes
sinnvoll,VerantwortlicheundVerantwortlich-
keitenzubenennensowiedieZuständigkeiten
imMeldeprozessklarfestzulegen.DieVerant-
wortungfürdieKoordinationvonSicherheits-
fragenund Vorkommnissen kann für alle Ri-
sikobereiche(Medizintechnik,Gebäude,Wege,
Betriebsmittel,etc.)ineinerVerantwortlichen
Stelle für Medizinproduktesicherheit zusam-
mengefasstwerden.
16
DieVerantwortliche Stelle für Medizinproduktesi-
cherheitsollte:
» ersterAnsprechpartnerfürAnwender,Infor-
mationstechnologie (IT-Risikomanager bzw.
IT-Abteilung),HerstellerundBfArMsein;
» vom Beschaffungswesen zur Risikobeurtei-
lungbefragtwerden;
» die Kommunikation zwischen den genann-
tenParteiensicherstellen;
» EreignismeldungenimHinblickaufdieorga-
nisationaleMeldepflichtprüfen;
» die Geschäftsführung über meldepflichtige
EreignisseinKenntnissetzen;
» aufdieEinhaltungderMedizinproduktrege-
lungen und -vorschriften sowie eine Steige-
rung der Meldebereitschaft innerhalb der
Organisationhinwirken;
» die Eigentumsverhältnisse der Medizinpro-
dukteklären;
» die Sicherstellung betroffener Medizinpro-
dukte gewährleisten sowie deren Verbleib
absprechenunddokumentieren,sieheauch
[MPSV:2010,§12Abs.4];
» öffentlich verfügbare Informationen aus
überregionalenMelderegisternund (Warn-)
HinweisedesBfArMüberRisiken,Rückrufe
undMaßnahmenvonHerstellern(z.B.über
RSS-Feeds)sichten,dieseimHinblickaufdie
RelevanzfürdieeigenenAbläufeüberprüfen
und bei Bedarf innerhalb der Organisation
–etwaübereinehausinterneMeldung–an
diebetroffenenMitarbeiteradressatenspezi-
fischverbreiten;
» dafür Sorge tragen, dass das gesammelte
Wissen über Geräte- und Anwenderfehler
kontinuierlich für die Durchführung bzw.
ÜberarbeitunginnerbetrieblicherEinweisun-
genundSchulungengenutztwird;
» gegebenenfalls zur Verbesserung der Kom-
munikation einen berufsgruppenübergrei-
fenden Qualitäts- und Sicherheitszirkel ein-
richten, um die Kommunikation zwischen
den verschiedenen Fachdisziplinen zu för-
dern.
In allen Verträgen einer Einrichtung mit
Medizintechnikherstellern/-lieferanten sollten
die Kontaktdaten der jederzeit erreichbaren
VerantwortlichenStellefürMedizinprodukte-
sicherheit schriftlich festgehalten werden. Es
ist zudem zu empfehlen, die Kontaktdaten
auf den öffentlichen Kommunikationsmedien
(z.B.Homepage)derEinrichtungbekanntzu
machen. Dies entbindet die Medizintechnik-
Hersteller jedoch nicht von ihrer Verpflich-
tung, auch die Geschäftsführung bei sicher-
heitsrelevanten Problemen mit Medizinpro-
dukten umgehend schriftlich zu informieren
[MPSV:2010,§14Abs.2].
Darüber hinaus sollten weitere Verantwort-
lichkeitengeregeltwerden,wiezumBeispiel,
werfürdieOrganisationundKoordinationder
Einweisungen in die medizintechnischen Ge-
rätezuständigistbzw.welcherPersonenkreis
eingewiesen werden muss. Dies ist gerade
in interdisziplinären Bereichen wie der Not-
fallambulanz,demOPoderderIntensivstation
individuell zu entscheiden und umzusetzen.
BeispielsweisearbeitenmiteinemBeatmungs-
gerät unterschiedliche Ärzte/Fachkräfte aus
verschiedenenFachabteilungen.DerOberarzt
derIntensivstationkönntegegenüberdenKol-
17
legenausderAnästhesieoder InnerenMedi-
zinberechtigtsein,eineEinweisungzuorgani-
sieren.InnerhalbderOrganisationdesHauses
solltedieVerantwortung–gegebenenfallsab-
teilungs-oderstationsbezogen–inZusammen-
arbeitmitderVerantwortlichen Stelle für Medi-
zinproduktesicherheit festgelegt werden, und
zwarinsbesonderefürfolgendeTeilaufgaben:
» TeilnahmeanderErsteinweisungdurchden
HerstelleroderBeauftragtendesHerstellers;
» Festlegung des Einweisungsumfangs, gege-
benenfalls weiterer Geräteschulungen und
notwendiger Sicherheitstrainings (Inhalte
undWiederholungsintervallemüssenausbe-
kanntenRisikenundUEsabgeleitetwerden);
» OrganisationundKoordination vonEinwei-
sungen;
» UnterstützungbeiderBewertungeinesVor-
kommnisses und dessen Auswirkungen auf
denPatienten;
» FührendesMedizinproduktebuches.
EbensosindalleAngehörigenderHeilberufe,
Honorarkräfte, Hebammen und technische
Assistenten,dieauchmitmedizintechnischen
Gerätenarbeiten,zuberücksichtigen.
4.2 SicherheitskulturDie Schaffung und Aufrechterhaltung einer
adäquaten Sicherheitskultur erfordert, dass
mögliche Konflikte zwischen Ökonomie und
SicherheitsowiedieVerantwortungfürbeides
nichtaufdieMitarbeiterebenedelegiertwird.
Die Leit- und Richtlinien zur Lösung dieses
Konfliktes fallen in den Verantwortungsbe-
reichderGeschäftsführung.DiePrioritätvon
Sicherheitgegenüberanderen–zumBeispiel
ökonomischen – Unternehmenszielen ist ein
Merkmal einer reifen Sicherheitskultur einer
Einrichtung.
Wenn sich einMitarbeiter, der sich aus Zeit-
mangel/Arbeitsüberlastung gegen eine Ein-
weisungamMedizinproduktentschiedenhat-
te, zwei Tastenmit sehr ähnlichen Symbolen
verwechseltunddiefalscheFunktionbetätigt,
wirdereherkeineMeldungabgeben.DasDi-
lemma, Ressourcenmangel zu kompensieren
undgleichzeitigdieSicherheitzugarantieren,
muss inderGeschäftsführunggelöstwerden.
Gibt es von dort keine strikten Leitlinien be-
ziehungsweiseVorgaben,musseinMitarbeiter
immer wieder neu entscheiden, welche Not-
wendigkeiterverletzenwird.DiesedemMit-
arbeiter unverhältnismäßig übertragene Ver-
antwortung reduziertdieCompliancemitder
MeldeverpflichtungnacheinemUE.
DieTrennungderVerantwortlichkeitenfürdie
RahmenbedingungenderSicherheitsowiefür
den ökonomischen Erfolg des Unternehmens
–dastypischeOrganisationskonzeptfürRisiko-
betriebe–isteinwesentlicherundunverzicht-
barerFaktoreinerangemessenenSicherheits-
kulturunddamitfürdiePatientensicherheit.
4.3 Einweisung, Schulung und Training Grundsätzlich gilt:
Keine Anwendung von Medizinprodukten
ohne Einweisung!
DieMPBetreibVbesagt,dassMedizinprodukte
nachAnlage1erstdannangewendetwerden
dürfen, wenn der Anwender durch den Her-
18
stellerselbstodereinevom Betreiber beauftrag-
te PersonindiesachgerechteHandhabungder
Geräte eingewiesenwurde [MPBetreibV:2009,
§5Abs.2].
Daimmermehrkomplexemedizintechnische
Geräte eingesetzt werden, spielt die Einwei-
sungindieEigenschaftenundFunktionsfähig-
keit dieser Medizingeräte und -systeme eine
sehr wichtige Rolle für die Patientensicher-
heit (MPBetreibV). Die Einweisung vermittelt
Kenntnisseüber[Frankenberger:2012]:
» diesachgerechteHandhabungunddenThe-
rapienutzenderGeräte;
» dievomHerstellerfestgelegtenZweckbestim-
mungensowiesicherheitstechnischeHinwei-
seundAnwendungsbeschränkungen;
» die Zulässigkeit des Einsatzes von Zubehör
sowiederKombinationvonMedizingeräten
und-produkten;
» dievomHerstellervorgegebenenFristenfür
die Geräteinstandhaltung sowie für sicher-
heits-undmesstechnischeKontrollen;
» sämtliche Bedienelemente und die dazuge-
hörigen Funktionen, das Bedienkonzept so-
wiedieordnungsgemäßeDurchführungder
Funktionsprüfung;
» Umfang, Verfahren (Reinigung, Desinfekti-
on,Sterilisation)undIntervallederAufberei-
tung;
» möglicheFehlerinderAnwendungvonme-
dizintechnischenGeräten.
Die gesetzlich geforderte Einweisung muss
im Medizinproduktebuch dokumentiert wer-
den [MPBetreibV:2009,§7Abs.2Ziffer3]. In
Abhängigkeit von der Komplexität und den
Risiken beim Umgang mit einem Medizin-
produktsolltendieAnwendergegebenenfalls
eineWiederholungderEinweisungnacheiner
bestimmten Zeit erhalten. Jeder Mitarbeiter
hatdiePflicht, sich inneueGeräteundSoft-
ware einweisen zu lassen. Die Gebrauchsan-
weisungensowieweiteresicherheitsbezogene
Informationen und Instandhaltungshinweise
müssen imKrankenhaus jederzeit vorhanden
undeinsehbarsein,beispielsweiseübereinIn-
tranet.
Besondere Beachtung gebührt dem Perso-
nal sowie Vertragskräften, die die deutsche
Sprachenichthinreichendbeherrschen. Eine
Einzelfallprüfung durch die jeweiligen Ver-
antwortlichen für Medizinprodukte sollte si-
cherstellen, dass auch diese Mitarbeiter die
UnterweisungvonmedizintechnischenGeräten
verstandenhabenundderenBedienungsicher
beherrschen.
In einem festgelegten Rhythmus sollte über-
prüftwerden,oballeMitarbeiterindiefürsie
relevanten medizintechnischen Geräte unter-
wiesenwurden.
Dokumente, die eineEinweisung inmedizin-
technische Geräte belegen (Gerätepass, Ge-
räteführerscheinusw.)solltenvorderArbeits-
aufnahmeimKrankenhausvorgelegtwerden.
AuchimRahmenvonVerträgenmitanderen
Gesundheitsorganisationen,Gesundheitsdienst-
leistern oder Agenturen (z. B. Honorarkräfte,
Belegärzte)solltegeregeltwerden,dassdiese–
genauwieMitarbeiterdesKrankenhauses–in
die medizintechnischen Geräte des Kranken-
19
hauses eingewiesen werden. Die Schulungs-
nachweise der „externen“ sollten ebenso wie
die der „eigenen“ Mitarbeiter aufbewahrt
werden.EineUnterweisungdurchqualifizier-
In alle Medizinprodukte sollte regelhaft und gegebenenfalls wiederholt eingewiesen werden (z. B. bei Revision der Gebrauchsanweisung)! [MPBetreibV:2009, §2 Abs. 2, 4 und 5 Abs. 1]
Mögliche sprachliche Barrieren berücksichtigen!
„Schneeballsystem“ verboten!
NurdiePersonen,diedurchdenBeauftragtendesHerstellers4eingewiesenwurden(Erstein-
gewiesene),dürfenanderePersoneneinweisen.AchtenSiedarauf,dasskeinSchneeballsystem
entsteht.ErmöglichenSiemöglichstvielenMitarbeitern,anderErsteinweisungteilzunehmen.
BeauftragenSiegegebenenfallsdenHerstellermiteinererneutenEinweisung.
Wirksamkeit sicherstellen!
Schulung und Training sollen sicherheitsrelevantes Wissen und Fertigkeiten vermitteln. Sie
müssen sodurchgeführtwerden,dassderLernerfolg sichergestellt ist.EineAusstellungvon
Pro-forma-BescheinigungendurchdieErsteingewiesenenmussunterbundenwerden.
BeiPersonalwechselistsicherzustellen,dassdienotwendigenSchulungs-undTrainingseinhei-
tenrechtzeitigerfolgtsind.
Durchführung dokumentieren!
EinweisungensolltenfüralleMedizinproduktedokumentiertwerden.5
te Mitarbeiter ist gegebenenfalls zusätzlich
durchzuführen, die Nachweise sollten aufbe-
wahrtwerden.DieVerantwortlichkeithierfür
istfestzulegen.
4GiltnurfürMedizinproduktederAnlage1[MPBetreibV:2009]5 VerpflichtendnurfürMedizingerätenachAnlage1[MPBetreibV:2009]
20
4.4 BeschaffungDie Komplexität medizintechnischer Geräte
hat zugenommen. So können beispielsweise
IT-Netzwerke Medizinprodukte beinhalten.
BereitsbeiderBeschaffungeinesMedizinpro-
duktessinddessenAnwendungsrisikenzube-
rücksichtigen.DiebetroffenenAnwenderund
AbteilungenwieMedizintechnik,IT,Haustech-
nik, Einkauf etc. sollten zusammenarbeiten,
um die Anforderungen aus dem Medizinpro-
dukterechtzuerfüllen.
EsdürfennurCE-gekennzeichneteMedizinpro-
dukteangeschafftwerden.DieLieferantensind
vertraglichzuverpflichten,demBetreiberalle
bekannten Informationen über Anwendungs-
fehlerundAnwenderfehlerzurVerfügungzu
stellenunddieseInformationenregelmäßigzu
aktualisieren.
4.5 Inbetriebnahme eines medizintechni- schen GerätesDie routinemäßige Prüfung der Funktionsfä-
higkeiteingesetztermedizintechnischerGerä-
tereduziertmedizinproduktassoziierteRisiken
undfolgtdenVorgabendes§2Abs.5MPBe-
treibV [Zippeletal.:2014].Danach sindÄrzte
bzw. ausgebildetes und am jeweiligen Gerät
eingewiesenesnichtärztlichesFachpersonal
» vorderInbetriebnahmeund
» vorderAnwendung
dazu verpflichtet, medizintechnische Geräte
undSystemehinsichtlichihresordnungsgemä-
ßenZustandsundihrerFunktionsfähigkeitzu
prüfen.6 Gegebenenfalls sollte dies dokumen-
tiert werden. Eine entsprechende Checkliste
sollteschonbeiderBeschaffungdesmedizin-
technischen Gerätes vom Hersteller eingefor-
dert werden. Der Funktionscheck ist zudem
nachjederAufbereitung,nachAufrüstungdes
Gerätes sowie nach technischen Instandhal-
tungsmaßnahmen (Inspektion, Wartung und
Reparatur)durchzuführen.
Diesbetrifftnichtnurdasroutinemäßigeinge-
setztemedizintechnischeGerät,sondernauch
Geräte, die alsNotfalleinheit zumBeispiel in
seltengenutztenFunktionsbereichenimKran-
kenhaus vorgehalten werden. Ergänzend zur
FunktionsprüfungsolltenachBeendigungdes
Geräteeinsatzesdaraufgeachtetwerden,dass
die Geräte wieder in den Zustand gebracht
werden,derdemzuBeginnderAnwendung
entspricht. Der Prüfvorgang und die Verant-
wortungszuweisung sind von rechtlicher Be-
deutung.
4.6 Hausinterne MeldesystemeKrankenhäuserhabenverschiedeneMeldesys-
teme.FürÄrzte,Pflegende,Therapeuten,tech-
nischeAssistentenundweiteresPersonalkann
es schwierig sein, ein medizinproduktassozi-
iertesEreignisindasjeweils„richtige“System
zumelden.Für jedenAnwenderwäreeshilf-
reich,wenndieunterschiedlichenMeldewege
wieandasRisikomanagement,dasTeam für
Verbesserungsvorschläge,dasCriticalIncident
ReportingSystem(CIRS)unddasBfArMzusam-
mengeführtwürden.DieswirddasMeldever-
haltenpositivverändern.
6vgl.hierzuundzumfolgenden[Baum:2006]
21
medizintechnischen Gerätes begründet sein.
Insofern sind diese Informationen von hoher
RelevanzfürHerstellerundandereAnwender.
Deshalbwirdempfohlen,alleFehlerundVor-
kommnisse im Zusammenhang mit der An-
wendungvonmedizintechnischenGerätender
VerantwortlichenStellefürMedizinproduktesi-
cherheitzeitnahzumelden.
4.7 RisikobeurteilungUmmedizinproduktbedingte Ereignisse syste-
matischbewertensowiefürdieUrsachenana-
lyse priorisieren zu können, bedarf es einer
einheitlichen und strukturierten Risikobeur-
teilung durch den Anwender, gegebenenfalls
in Zusammenarbeit mit dem Medizintech-
niker und Mitarbeiter der IT. Daher ist es
grundsätzlich empfehlenswert, dass in allen
Krankenhäusern ein einheitliches Risikobe-
wertungskonzeptetabliertwird.DasTeamfür
das Risikomanagement sollte aus verschiede-
nen Berufsgruppen bestehen: Risikomanager
derMedizintechnik,derIT,desQMsowiekli-
nische Vertreter. Dadurch wird sichergestellt,
dassdieVertreterausKlinikundPraxismitder
Geschäftsführung eine einheitliche „Sprache“
sprechen.AuchfürdieBewertungdesRisikos
beiderMeldungandasBfArMistdieeinheit-
liche Sprache unabdingbar. Die geschätzten
Werte für Wahrscheinlichkeit/Häufigkeit und
Schweregrad der potenziellen Folgen sollten
benanntwerden.
In der Risikomanagementnorm DIN EN
31010:2010 sind Werkzeuge und Verfahren
aufgelistet, die sich für die Risikoermittlung,
RisikobeurteilungundRisikobewertungeignen.
Beispielsweise gehört dazu das „Was-Wenn“-
EinMeldewesen,dasdieComplianceamMit-
wirken allein durch seinen Nutzen/Mehrwert
erreicht, ist wesentlich besser und effektiver
alseinaufZwangbasierendesSystem.Dievor-
liegende Handlungsempfehlung des APS ori-
entiertsichdeshalbanderNutzenmaximierung
fürdieMeldendendurchdasgesetzlicheunddie
freiwilligenMeldesysteme.DerZugewinnanPa-
tientensicherheitergibtsichdannvonselbst.
Die in den freiwilligen Meldesystemen (z.B.
CIRS)gemeldetenInformationenbeziehensich
meistaufVersorgungsprozesse.Risikenander
SchnittstellezwischenAnwenderundmedizin-
technischemGerätwerdenhäufigeinseitigals
Anwenderfehler klassifiziert, so dass das Ver-
besserungspotentialinderGebrauchstauglich-
keitdermedizintechnischenGeräteleichtver-
kannt und in Folge nicht ausgeschöpft wird.
Hinzukommt,dassi.d.R.nichtdieexakteBe-
zeichnungderbeteiligtenmedizintechnischen
Gerätegenanntwird;eineproduktspezifische
AuswertungistdeshalbfürdasRisikomanage-
mentteamoderdasbeauftragteAuswerteteam
kaummöglich.
Beim Eintreffen eines Reparaturauftrages in
derMedizintechnikabteilung zeigt sichmanch-
mal,dassnichteinDefekteinesmedizintech-
nischen Gerätes vorliegt, sondern dass es an
Wissen über das medizintechnische Gerät
mangelte, folglich ein Anwenderfehler oder
ein Anwendungsfehler zugrunde lag. Bei-
deUrsachen zeigen zwarRisikenauf, führen
häufigabernicht zuKonsequenzen;dashier
vorliegende Risikowissen wird nicht genutzt.
UrsachenfürAnwendungsfehlerkönneninei-
ner mangelhaften Gebrauchstauglichkeit des
22
Verfahren (SWIFT), die Szenarioanalyse, die
Fehlerzustandsart- und -auswirkungsanalyse
(FMEA und FMECA) und die Folgen-/Wahr-
scheinlichkeitsmatrix[DINEN31010:2010,§20,
TabelleA].
EinigeMeldesysteme(z.B.CIRS)arbeitenmit
einer Risikoklassifizierung in Anlehnung an
die der NPSA [National Patient Safety Agen-
cy:2008]. Die Deutsche Krankenhausgesell-
schaftempfiehlt in ihrenArbeitshilfen für IT-
Netzwerke, die Medizinprodukte beinhalten
[DKG:2011], die Konzepte aus dem Entwurfs-
papier 62A/719/NP zur IEC 80001-2-1 [IEC/TR
80001-2-1:2012]. Das APS empfiehlt, in allen
VersorgungsbereicheneineneinheitlichenRi-
sikobewertungsprozessmitidentischenSkalen
zuverwenden.Hierfürbietetsichdie„Risiko-
Level-Matrix“ oder „Risikobewertungs-Matrix“
nachderIEC80001-2-1[IEC/TR80001-2-1:2012]
an. Darin spielen insbesondere die Einschät-
zung der Wahrscheinlichkeit/Häufigkeit, mit
derdasgemeldeteEreigniseintritt,sowieder
geschätzte Schweregrad potenzieller Folgen
fürdenPatientenbzw.denAnwendereineRolle.
SolangeeskeineeinheitlichenSkalengibtob-
liegtesderGeschäftsführungjederInstitution
Festlegungen für diese und die Grenze zwi-
schendenBereichen„akzeptabel“und„inak-
zeptabel“zutreffen.
Tabelle 1: Beispiel einer Risikobewertungs-Matrix (in Anlehnung an DIN EN ISO 14971:2009 und DKG:2011)
Katastrophal
Hoch
Moderat
Gering
Vernachlässigbar
Unwahr-FernliegendSeltenWahr-Häufig
scheinlich scheinlich
Eintritts-wahrscheinlichkeit
Schweregrad
INAKZEPTABEL
AKZEPTABEL
23
Tabelle 2: Beispiel einer Skala für den Schweregrad von Schäden (halbquantitativ) (in Anlehnung an DIN EN ISO 14971:2009 und DKG:2011)
Katastrophal SchwereVerletzung,Tod
Hoch DauerhafteBeeinträchtigungphysischerFunktionenoderdauerhafte
SchädigungphysischerStrukturen
Moderat ZeitlichbegrenzteundgeringereVerletzungen,medizinische
Interventionisterforderlich
Gering ZeitlichbegrenzteUnannehmlichkeiten,reversibelohnemedizinische
Intervention
Vernachlässigbar GeringeundkurzzeitigeUnannehmlichkeiten
Tabelle 3: Beispiel einer Skala für die Eintrittswahrscheinlichkeiten von Auswirkungen (halbquantitativ) (in Anlehnung an DIN EN ISO 14971:2009 und DKG:2011)
Unwahrscheinlich Esistsehrunwahrscheinlich,dassunbeabsichtigteAuswirkungenauftreten.
Fernliegend Esistnichtwahrscheinlich,dassunbeabsichtigteAuswirkungenauftreten.
Selten EskönnenhinundwiederunbeabsichtigteAuswirkungenauftreten.
Wahrscheinlich Esistsehrwahrscheinlich,dassunbeabsichtigteAuswirkungenauftreten.
Häufig UnbeabsichtigteAuswirkungentretenhäufigauf.
24
4.8 Vorkommnisse managenImFalleeinesUEssindgegebenenfallseintre-
tendeKrisenzubewältigenunddieoperatio-
nellenBetriebsfunktionenwiederherzustellen.
Analysen und Risikobewertungen von einem
kritischenEreigniserhöhendenWertderMel-
dungfürdenWissenstransferinnerhalbderei-
genenOrganisationwieauchgegenüberden
zuständigen Behörden und für das Gesund-
heitssysteminsgesamt.
NacheinemUEoderVorkommnisistdasmedi-
zintechnischeGerätoderSysteminjedemFall
sicherzustellen!DiesistVoraussetzungfürdie
Durchführung einer Risikoanalyse. Zu beach-
tenist,dassbeiderAnalyseeinesUEsdieIn-
teressen von Patient, Gesundheitseinrichtung
und Hersteller auseinanderlaufen können.
Bevor das Medizinprodukt zur Ursachenana-
lyse an den Hersteller oder den Lieferanten
übergeben wird, sollten Betreiber, Anwender
undgegebenenfallsderbetroffenePatientdie
Verfahrensalternativen prüfen, bewerten und
eine Vorgehensweise festlegen. Zu berück-
sichtigen ist auch, dass unterUmständenPa-
tienteneigentum vernichtet werden könnte,
beispielsweise Implantate wie Defibrillatoren
oderElektroden.DieArbeitsgemeinschaftEn-
doprothetik(AE)hatzumVorgeheneineKurz-
anleitung[AE–AGEndoprothetik:2013]sowie
eineInformationsbroschürezurRechtslagein
Schadensfällen[Backmann:2013]erstellt.
DieMPSVgibtvor,dassderBetreiberzurAuf-
bewahrung des Beweismaterials gesetzlich
verpflichtet ist [MPSV:2010, §12 Abs. 4]. Gibt
derBetreiberdasMedizinproduktinstrittigen
Fällenaus seinerObhut, könnenKonflikte in
BezugaufdieBeweislastentstehen[BGB:2013,
§823Abs.2].InjedemFallisteineRisikoana-
lyse erforderlich. Für die Durchführung der
Analyse sind verschiedene Konstellationen
denkbar:
1.Leitet der Betreiber die Meldung an das
BfArM weiter, bittet dieses den Hersteller
umStellungnahmeundgegebenenfallsVor-
kommnismeldungsowieUntersuchung.Der
Hersteller oder eine von ihm autorisierte
Person sucht den Betreiber auf und bittet
umHerausgabedesBeweismittelszurAna-
lyse.HandeltessichumeinImplantat(z.B.
Defibrillator, Herzschrittmacher), muss der
PatientalsEigentümerderHerausgabezu-
stimmen.
2.ErfolgtdieMeldungdirektandenHersteller
oder dessen Vertreter, sind diese dazu be-
fugt,dieBeweismittelzurAnalyseanzufor-
dern. Allerdings müssen sie sich dann vor
einerzerstörendenPrüfungdesbetroffenen
ProduktsoderdervorhandenenMusterder
betroffenenProduktchargemit der zustän-
digen Bundesoberbehörde (BfArM) ins Be-
nehmensetzen[MPSV:2010,§12Abs.2].
3.DerBetreiberbeauftragteinenunabhängi-
genGutachterzurAnalyse.Dadies jedoch
mithohenKosten verbunden ist,wirddie-
se Möglichkeit in der Regel nicht genutzt.
AuchdasBfArMhatimÜbrigenimRahmen
seinerVorkommnisbewertungdieMöglich-
keit,einenunabhängigenGutachterzube-
auftragen.
25
Wird das Medizinprodukt vor der Untersu-
chungdurcheinenSachverständigenvernich-
tet,kannderBetreiberoderderPatientnicht
beweisen,obdasMedizinproduktzudemUE
beigetragenhat. Fragen,obzumBeispieldie
Komponenten des Medizinproduktes korrekt
zusammengestellt wurden oder ein Material-
fehlervorlag,bleibenunterUmständenunbe-
antwortet.
Vernichtet oder verändert der Hersteller das
ProduktimRahmenderAnalyse,musserdies
an das BfArM melden. Das BfArM informiert
abschließenddenMeldendenüberdasErgeb-
nisderBewertung.
BetreiberundPatientensindaneinerschnel-
len, unabhängigen Aufklärung der Ursachen
füreinVorkommnisinteressiert,ebensoanIn-
formationenzurweiterenVorgehensweise.
Grundsätzlichistfolgendeszubeachten:
» Identifikation,SicherstellungundDokumen-
tationderanUEsbeteiligtenMedizinproduk-
teund-geräte[MPSV:2010,§12];
» gezielte Überprüfung bzw. Austausch glei-
cherodergleichartigerGerätedurchdieMe-
dizintechnik;
» gegebenenfalls Information und Einbezie-
hungdesbetroffenenPatienten;
» strukturiertes Prozessmanagement unter
Einbeziehung der Ursachenanalyse, um Si-
cherheitsmaßnahmenimeigenenHausum-
zusetzen;
» Implementierung eines Verfahrens zur Sys-
tem-Analyse nach dem London Protokoll
im Krankenhaus [Taylor-Adams and Vin-
cent:2007].
Die Meldung an das BfArM verlangt u.a. fol-
gendeAngaben[BfArM:2013]:
» Hersteller;
» Handelsname;
» ArtdesMedizinprodukts;
» Modell-oderKatalognummer;
» Serien-/Chargennummer;
» Beschreibung des Vorkommnisses und Fol-
genfürPatienten(Freitext).
Die Beschreibung sollte die Verantwortliche
StellefürMedizinproduktesicherheitinZusam-
menarbeitmitderMedizintechnikundderIT-
Abteilungerstellen.
ZurErhöhungderMitarbeitermotivationund
damit zur Steigerung der Meldebereitschaft
gilt es, den Meldeprozess sowohl für die An-
wenderalsauchfürdieBearbeitermöglichst
verständlichundhandhabbarzugestaltenund
ihnleichtzugänglichzumachen,zumBeispiel
im Intranet. Vorgehen und Verfahren sollten
Gegenstand der jährlichen Mitarbeiterschu-
lungsein.
Weitere Erfolgsfaktoren sind regelmäßige In-
formationenzumMeldeprozess sowiedieBe-
reitstellung entsprechender Materialien (z. B.
überdasIntranet).Diesbetrifft:
» Hintergründe zum gesetzlichen Rahmen
und zum Meldeprozess (MPSV, MPBetreibV,
MPGetc.);
» Meldeformulareundweitere Informationen
zum BfArM (Kontaktadresse, Links zu RSS-
Feedsetc.);
» Vorhalten eines Organigramms einschließ-
lich Kontaktdaten verantwortlicher An-
26
sprechpartnerinnerhalbderOrganisation;
» Rückmeldung zu gemeldeten Ereignissen
einschließlichderdesBfArM;gegebenenfalls
Informationenzudendarausresultierenden
MaßnahmenzurRisikominimierung.
Die Veröffentlichung von Beispielen melde-
pflichtigerEreignissekanndenWissenstrans-
fer zu konkreten medizinproduktbedingten
Risikokonstellationen inderOrganisationun-
terstützen.SieführtzudemzueinerRegelmä-
ßigkeitundNormalitätinderDiskussionüber
meldepflichtigeEreignissemitMedizinproduk-
ten.Dies ist eine Lernchance fürdieEinrich-
tung selbst sowie eine Risikoabwehrmaßnah-
mefürdasGesundheitssysteminsgesamt.
WiemannachUEsvorgehenundeinheitlich
kommunizierensollundwelchepositivenAus-
wirkungendiesaufPatientenundMitarbeiten-
dehabenkann,hatdasAPSinderBroschüre
„RedenistGold:KommunikationimSchadens-
fall“dargestellt[APS:2012].
4.9 Informationslücke bei korrektiven MaßnahmenRückrufeoderProduktwarnungenvonHerstel-
lerngehenregelmäßiganalleKrankenhäuser.
Wenn ein Patient ein Medizinprodukt (z.B.
Atemtherapiegerät, Insulinpumpe) vomKran-
kenhaus ausgehändigt, appliziert oder im-
plantiertbekommenhat,gibtesderzeitkein
sicheresVerfahren,wiedieserPatientvonneu
erkannten Risiken erfährt. Zwar verpflichtet
§16 MPSV die Betreiber und Anwender über
die im Anhang der MPSV gelisteten implan-
tierbaren Medizinprodukte Aufzeichnungen
zuführen,damitPatientenschnellidentifiziert
und erreicht werden können, falls korrektive
Maßnahmen durchzuführen sind. Wenn sich
die Anschrift des Patienten jedoch geändert
hat, haben die Betreiber keine Möglichkeit,
diesen zu erreichen. Die dazu erforderlichen
Daten liegen nur dem Kostenträger und Pa-
tienten vor. Für diese Problematik muss eine
Lösung noch entwickelt werden. Die Einrich-
tungeines Implantateregisters sowiedieAus-
stellung von Implantatepässen sind weitere
wichtigeSchritte.
27
5.1 Schutz der MeldendenAnwender sind nicht verpflichtet, Anwender-
fehler zumelden. Eine solchePflicht verböte
sich aus rechtsstaatlichen Gründen: Das „pri-
vilegeagainstself-incrimination“(dasPrivileg
sich nicht selbst zu belasten) [Rogall:1977]
erlaubt esdemAnwender, der sich eventuell
selbstbelastenwürde,vonderMeldungabzu-
sehen[Ulsenheimer:2002].Diesistauchinder
MPSVexplizitvermerkt [MPSV:2010,§12Abs.
1Satz2].
DieBerufsordnungeneinigerLandesärztekam-
mernsehenjedocheineMeldepflichtentspre-
chendMPSVsowiebeiVerdachtaufeineun-
erwünschteWirkung einesMedizinproduktes
vor. Ein entsprechender Verstoß gegen diese
Meldepflicht kann deshalb für Ärzte berufs-
rechtlicheKonsequenzenhaben[Jäkel:2008].
In Dänemark regelt und schützt das Patien-
tensicherheitsgesetz [Act No. 429:2003, Part
3] und der Danish Health Care Act [Act No.
913:2010,Part61]dasRisikomanagementder
GesundheitseinrichtungeninmehrfacherWei-
se.InformationenausdemRisikomanagement-
systemdürfennurfürdasRisikomanagement
verwendetwerden.DieGeberdieserInforma-
tionen sind gesetzlich vor arbeitsrechtlichen
oder forensischen Konsequenzen auf Grund
der von ihnen freiwillig gegebenen Informa-
tionengeschützt.Anfänglichwurdediemög-
liche Anonymität der Meldung in Dänemark
weitgehend in Anspruch genommen. Durch
dengegebenenSchutzhatsichdasMeldever-
haltenabermittlerweiledahinverändert,dass
heute weit über 80 Prozent der Meldungen
unter Angabe der Person und Kontaktdaten
abgegebenwerden.DurchRückfragenistnun-
mehreinewesentlichtiefergehendeUrsachen-
Analysemöglich.
Dieser in Dänemark schon seit Jahren etab-
lierteeffektiveSchutzderMeldendenhatdie
Sicherheitskultur dort sehr positiv gefördert.
Eine entsprechende gesetzliche Regelung für
dasgesetzlicheVigilanz-System ist inDeutsch-
land überfällig. Der diesbezügliche eindring-
licheAppelldesAPSandieBundesregierung
wurde imGesetz zurVerbesserungderRech-
tevonPatientinnenundPatienten[PRG:2013]
nur für die meist anonymen Meldungen in
ein Critical Incident Reporting System aufge-
griffen,nicht jedoch fürMeldungenmitvoll-
ständigenAbsenderangabenindasgesetzliche
Vigilanzsystem.
5.2 MEDDEV EmpfehlungDie nur in englischer Sprache vorliegende
Empfehlung der Europäischen Union [MED-
DEV2.12-1 rev8:2013] richtet sichandie In-
verkehrbringer(z.B.Hersteller)undBehörden.
DieseVigilanzleitliniebetrifftMedizinproduk-
tegemäßdenEuropäischenRichtlinien93/42/
EWG, 98/79/EG sowie 90/385/EWG und be-
schreibtdieAbläufebeiVorkommnissenund
korrektivenMaßnahmen.Sieregtan,dassdie
Medizinprodukthersteller auch relevante An-
wendungsfehler (Use Errors) von Medizinpro-
duktenandieVigilanzbehördemelden.Damit
5 Verbesserungspotentiale für Gesetzgeber und Hersteller7
7EinZusammenfassungderrechtlichenundorganisatorischePotentialefindetsichin[Hölscher:2014].
28
8 VieleHerstellermüssenzumBeispielbeiMaterialversagenauchaufexterneGutachterzurückgreifen,weilfürdie UntersuchungSpezialgerätewieElektronenmikroskopebenötigtwerden.VomHerstellerzuunterscheidensindreine Vertriebsorganisationen,dieinderRegelnichtüberdetaillierteUntersuchungsmethodenverfügen.BeiProdukten ausdemaußereuropäischenAuslandistdieUrsachenanalysedurchdenHerstellernochdeutlichproblematischer.
die Hersteller von Anwendungsfehlern erfah-
ren, empfiehltdieMEDDEV,dassdieAnwen-
derrelevanteAnwendungsfehlerdirektanden
Medizinprodukthersteller und nicht an das
gesetzliche Vigilanzsystem melden [MEDDEV
2.12-1 rev 8:2013, Abschnitt 5.1.5]. Gemeint
sind Anwendungsfehler, die schwerwiegen-
deFolgenfürdenPatientenoderMitarbeiter
wieTod,KörperverletzungenmitDauerfolgen
(z.B.Koma,appallischesSyndrom)oderBerufs-
unfähigkeitdesMitarbeitersbedeutenkönnen.
Mit diesem Vorschlag sind aber gravierende
Problemeverbunden:
» die Hersteller unterliegen der Versuchung,
Vorkommnisseprimäralsnichtmeldepflich-
tigeAnwenderfehlerzuklassifizieren;
» Anwendungsfehler auf Grund fehlerför-
derlicher Gestaltung werden nur dann der
Behörde bekannt, wenn der Hersteller der
MEDDEV-Empfehlungfolgt;
» eine Überwachung der Medizinprodukther-
stellerinBezugaufdieseEmpfehlungerfolgt
nicht;
» beieinemPatientenschadenimZusammen-
hang mit einem Medizinprodukt geht es
häufigauchumdieFrage,obderpatienten-
schädigendeFehlerdurchdenArztoderden
HerstellerzuverantwortenistundwerScha-
densersatzzuleistenhat.SomitsindAnwen-
derundHerstellerdurchaus alsKontrahen-
tenzusehen.Anwenderwerdenwohlkaum
potenziell selbstbelastende und forensisch
relevante Informationen an den Hersteller
weitergebenwollen,zumaldiesernichtder
Vertraulichkeitverpflichtetist.
DieEU-KommissionsollteimSinnederPatien-
tensicherheitdieobenangesprochenenPunk-
teaufgreifenundlösen.
5.3 Umgang mit dem Medizinprodukt nach einem UENacheinemUEoderVorkommnisistdasme-
dizintechnische Gerät oder System in jedem
Fall sicherzustellen. Eine Untersuchung und
Begutachtungeinereventuellenursächlichen
BeteiligungistimAllgemeinennichtdurchdie
Gesundheitseinrichtung, sondern nur durch
Fachleute möglich. Das notwendige Fachwis-
senbesitzenmeistdieHerstellerdesMedizin-
produktes8 sowie spezialisierte, neutrale Gut-
achter. Dabei kann es sich als problematisch
erweisen, wenn das Medizinprodukt im Rah-
menderUrsachenanalysedurchdenHerstel-
lerzerstörtwird(sog.“zerstörendenPrüfung“).
BeiderUrsachenklärungnacheinemvermu-
tetenVorkommnisoderUEsinddieInteressen
aller Beteiligten (z. B. Patient,Anwender, Be-
treiber,Hersteller)zuberücksichtigen.Beden-
kengegendasWeggebendesMedizinproduk-
tes oder bzgl. der Neutralität des Prüfenden
könnten zum Beispiel durch das Einschalten
eines neutralen Gutachters entgegengewirkt
werden.Es istwichtig,dassdasBundesminis-
terium für Gesundheit zusammen mit dem
29
BfArM das derzeitige Verfahren weiterent-
wickelt, sodass insbesondere die folgenden
Aspektebesserberücksichtigtwerden:
» SicherstellungdesBeweismittels;
» Beweislasten;
» NeutralitätdesGutachtens;
» Verfahrensklarheit,zumBeispielhinsichtlich
–Umgangmiteinem(Groß-)Gerätnach
einemVorkommnis;
–KostenübernahmefürdasGutachten;
–RechteaufInformationszugang;
–Eigentumsrechte;
–AbstimmungderVorgehensweisemit
dembetroffenenPatienten;
» Fristen zur Klärung der Medizinproduktbe-
teiligung;
» Kriterien fürdasWeiterbetreibendesMedi-
zinproduktes.
5.4 Risikoinformationen der HerstellerDie Hersteller sollten die Risikoaufklärung
derAnwenderverbessern.QuaGesetzmüssen
Medizinproduktherstellerallebekanntgewor-
denenDefekte,Anwender-undAnwendungs-
fehlerimRisikomanagementanalysierenund
möglichstkonstruktivberücksichtigen.Einige
RisikenfließenallerdingsnurinWarnhinwei-
seein.Eswärejedochbesser,dieRisikenund
vorgefallenenUEsplakativdarzustellen.Diese
würden leichter erinnert werden als abstrak-
teWarnhinweiseoderGe-undVerboteinder
Gebrauchsanweisung. Wenn solche UEs in
Schulungs- und Trainingsunterlagen behan-
deltwürden,könntenAnwenderbesserdavor
bewahrtwerden,einengleichenFehlerzube-
gehen.
Bedienungsanweisungen von medizintech-
nischen Geräten können mehrere hundert
Seitenumfassen. ImArbeitsalltag istesmeist
nichtmöglich,diesevollständigzulesen.Für
den unterwiesenen Anwender sollte der Her-
steller deshalb sicherheitsbezogene Informa-
tionen in Form einer Kurzcheckliste zur Ver-
fügung stellen.9Dasbetrifft insbesonderedie
medizintechnischen Geräte, die als risikobe-
haftetgelten(z.B.Narkose-,Beatmungsgeräte,
Infusionspumpen).
9SchonbeiderBeschaffungeinfordern.
30
6.1 AnwenderAnwender ist derjenige, der ein Medizinpro-
dukttatsächlichbenutztodereinsetzt.Beider
Erbringung ärztlicher Leistungen ist es der
Arzt,beiderEntbindungzumBeispieldieHeb-
amme.AuchErbringernichtärztlicherLeistun-
gen sind Anwender. Dazu gehören zum Bei-
spiel Gesundheits- und Krankenpflegekräfte/
Kinderkrankenpflegekräfte, unterschiedliche
Therapeutengruppen, medizintechnische Assis-
tenten und andere Berufsgruppen der Heil-
und Hilfsberufe. Fachkräfte, die medizintech-
nischeGerätewartenundinstandsetzenwie
Medizintechniker, Techniker oder Elektriker,
sindebenfallsAnwender.
6.2 BestandsverzeichnisDasBestandsverzeichnisistdieAuflistungder
Gerätedaten nach §8 MPBetreibV für aktive
nicht-implantierbareMedizinprodukte.
6.3 BetreiberBetreiber ist der Träger der Gesundheitsein-
richtungbzw.dessenbenannterVertreterwie
dergeschäftsführendeVorstand.
Aufgrund der unterschiedlichen Größe und
der damit verbundenen unterschiedlichen
OrganisationsstrukturderGesundheitseinrich-
tungen kann es keine generelle Handlungs-
empfehlung für alle Einrichtungen geben.
KleineEinrichtungenwerden jenachRechts-
form vom Inhaber, einem Geschäftsführer
odermehrerenGesellschafterngeleitet.
Universitätskliniken und Klinikketten werden
in unterschiedlichen Rechtsformen geführt
– verbreitet sind Stiftungen, GmbH und Ak-
tiengesellschaften. Zum Teil haben sich Hol-
ding-Strukturenherauskristallisiertmiteinem
zentralen Management für mehrere Häuser,
diezumTeilbundesweitgestreutsind.DerBe-
treibervonmedizintechnischenGerätenkann
insolchenFällenentwederinderGesundheits-
einrichtung oder im zentralen Management
verortetsein.
6.4 ComplianceDer Begriff „Compliance“ beschreibt die Ein-
haltungvonGesetzen,Verordnungen,Anwei-
sungenundRichtlinien(Regeltreue).
6.5 Einweisung nach §5 MPBetreibV „(1) Der Betreiber darf ein in der Anlage 1
aufgeführtes Medizinprodukt nur betreiben,
wennzuvorderHerstellerodereinedazube-
fugte Person, die imEinvernehmenmit dem
Herstellerhandelt,
1.diesesMedizinproduktamBetriebsorteiner
Funktionsprüfungunterzogenhatund
2. die vom Betreiber beauftragte Person an-
handderGebrauchsanweisungsowiebeigefüg-
ter sicherheitsbezogener Informationen und
Instandhaltungshinweise in die sachgerechte
Handhabung, Anwendung und den Betrieb
des Medizinproduktes sowie in die zulässige
Verbindung mit anderen Medizinprodukten,
GegenständenundZubehöreingewiesenhat.
EineEinweisungnachNummer2istnichter-
forderlich,soferndiesefüreinbaugleichesMe-
dizinproduktbereitserfolgtist.
(2) In der Anlage 1 aufgeführte Medizinpro-
dukte dürfen nur von Personen angewendet
6 Begriffe
31
werden,diedieVoraussetzungennach§2Abs.
2erfüllenunddiedurchdenHerstelleroder
durcheinenachAbsatz1Nr.2vomBetreiber
beauftragte Person unter Berücksichtigung
derGebrauchsanweisung indie sachgerechte
Handhabung dieses Medizinproduktes einge-
wiesenwordensind.
(3) Die Durchführung der Funktionsprüfung
nachAbsatz 1Nr. 1unddie Einweisungder
vom Betreiber beauftragten Person nach Ab-
satz1Nr.2sindzubelegen.“[MPBetreibV:2009]
6.6 KonformitätsbewertungsverfahrenDarlegung, dass festgelegte Anforderungen
bezogen auf ein Produkt, einen Prozess, ein
System, eine Person oder eine Stelle erfüllt
sind [DIN EN ISO/IEC 17000:2005]. Am Ende
des Konformitätsbewertungsverfahrens muss
einHerstellerschriftlichniederlegen,dasssein
Produkt die grundlegenden Anforderungen
der entsprechenden EU-Richtlinie(n) einhält.
Die grundlegenden Anforderungen beziehen
sich auf die Sicherheit und Funktionalität in
Bezug auf Patienten, Anwender und Dritte.
DerNachweisderKonformitätmitdengrund-
legendenAnforderungenwirdmeistdurchdie
Erfüllung der einschlägigen, harmonisierten
Normen erbracht. Erst nach dem Konformi-
tätsbewertungsverfahren darf der Hersteller
dasCE-ZeichenamProduktanbringen.
Wenn ein Krankenhaus für den Eigenge-
brauchMedizinproduktefunktionalzueinem
System koppelt, das in dieser Form von den
Herstellernnichtvorgesehenwordenist,wird
dasKrankenhauszumHerstellerundmussdas
Konformitätsbewertungsverfahren durchfüh-
ren(Eigenherstellung)[MPG:2013,§3Nr.21].
6.7 Korrektive MaßnahmenKorrektive Maßnahmen dienen der Beseiti-
gung, Verringerung oder Verhinderung des
erneutenAuftretenseinesvoneinemMedizin-
produkt ausgehenden Risikos [MPSV:2010, §2
Nr. 2].DieMitwirkungspflichtenbei korrekti-
ven Maßnahmen sind in §16 MPSV geregelt.
WennkorrektiveMaßnahmennachderMPSV
durchgeführtwerden,habendieBetreiberund
AnwenderAufzeichnungenentsprechend§10
MPBetreibVzuführen.
6.8 Medizinprodukte„Medizinprodukte sind alle einzeln oder mit-
einanderverbundenverwendeteInstrumente,
Apparate,Vorrichtungen,Software,Stoffeund
ZubereitungenausStoffenoderandereGegen-
stände einschließlich der vom Hersteller spe-
ziell zur Anwendung für diagnostische oder
therapeutische Zwecke bestimmten und für
eineinwandfreiesFunktionierendesMedizin-
produkteseingesetztenSoftware,dievomHer-
steller zur Anwendung für Menschen mittels
ihrerFunktionenzumZwecke
a)derErkennung,Verhütung,Überwachung,
Behandlung oder Linderung von Krankhei-
ten,
b) der Erkennung, Überwachung, Behand-
lung, Linderung oder Kompensierung von
VerletzungenoderBehinderungen,
c) der Untersuchung, der Ersetzung oder
derVeränderungdesanatomischenAufbaus
odereinesphysiologischenVorgangsoder
d)derEmpfängnisregelung
32
zu dienen bestimmt sind und deren bestim-
mungsgemäße Hauptwirkung im oder am
menschlichenKörperwederdurchpharmako-
logisch oder immunologisch wirkende Mittel
nochdurchMetabolismuserreichtwird,deren
WirkungsweiseaberdurchsolcheMittelunter-
stütztwerdenkann“[MPG:2013,§3Nr.1].
Die europäischen Richtlinien unterscheiden
zwischen:
a)aktivenimplantierbarenMedizinprodukten,
b)In-vitro-Diagnostikaund
c)sonstigenMedizinprodukten.
Letzterewerdennochmalsaufgeteiltinaktive
undnichtaktiveMedizinprodukte.
Aktive Medizinprodukte werden von einer
StromquelleodereineranderenEnergiequelle
(mitAusnahmederdirektvommenschlichen
KörperoderdurchdieSchwerkrafterzeugten
Energie)betrieben.EigenständigeSoftwaregilt
als aktivesMedizinprodukt [EG2007/47:2007,
AnhangIXAbschnittINr.1.4].
6.9 Medizinproduktegesetz (MPG)DasMPGregeltdenVerkehrmitMedizinpro-
duktenund sorgtdadurch fürdie Sicherheit,
Eignung und Leistung der Medizinprodukte,
sowie für die Gesundheit und den erforder-
lichen Schutz der Patienten, Anwender und
Dritter.
6.10 Medizinprodukte-Betreiberverord- nung (MPBetreibV)Die MPBetreibV regelt das Errichten, Betrei-
ben,AnwendenundInstandhaltenvonMedi-
zinprodukten.
6.11 Medizinprodukte-Sicherheitsplanver- ordnung (MPSV)DieMPSVregeltdieErfassung,Bewertungund
AbwehrvonRisikenimUmgangmitMedizin-
produkten.
6.12 MedizinproduktebuchDas Medizinproduktebuch ist gemäß §7 MP-
BetreibV die Dokumentation für alle Geräte
derAnlage1und2(MPBetreibV),indemdie
Funktionsprüfungen, Einweisungen, sicher-
heitstechnische und messtechnische Kontrol-
len (STK, MTK), Instandhaltungsmaßnahmen
sowie Störungsmeldungen, Bedienungsfehler
undVorkommnismeldungenfestgehaltenwer-
denmüssen.AmbestenistdasMedizinproduk-
tebuchinelektronischerFormzuführen.Ein
softwaregestütztesGerätebewirtschaftungspro-
grammkanndannauchdieAnforderungder
MPBetreibVandasBestandsverzeichnisundan
denNachweisderGerätelebensläufeerfüllen.
Die Verwaltung der Medizinproduktebücher
unddieGerätebewirtschaftungübernimmtin
der Regel die Medizintechnikabteilung (z. B.
in Krankenhäusern, Altenhilfeeinrichtungen
oderMVZs).
6.13 MedizintechnikabteilungDie Medizintechnikabteilung ist für alle Fra-
gestellungenimZusammenhangmitderFüh-
33
rung des Medizintechnikbestandes zuständig
undübernimmteinigeBetreiberpflichten.
6.14 Unterweisung „(1)DerArbeitgeberhatdieBeschäftigtenüber
SicherheitundGesundheitsschutzbeiderAr-
beit während ihrer Arbeitszeit ausreichend
und angemessen zu unterweisen. Die Unter-
weisung umfasst Anweisungen und Erläute-
rungen,dieeigensaufdenArbeitsplatzoder
den Aufgabenbereich der Beschäftigten aus-
gerichtetsind.DieUnterweisungmussbeider
Einstellung,beiVeränderungenimAufgaben-
bereich, der Einführung neuer Arbeitsmittel
odereinerneuenTechnologievorAufnahme
der Tätigkeit der Beschäftigten erfolgen. Die
Unterweisung muss an die Gefährdungsent-
wicklung angepasst sein und erforderlichen-
fallsregelmäßigwiederholtwerden.
(2) Bei einer Arbeitnehmerüberlassung trifft
die Pflicht zur Unterweisung nach Absatz 1
denEntleiher.ErhatdieUnterweisungunter
Berücksichtigung der Qualifikation und der
ErfahrungderPersonen,die ihmzurArbeits-
leistungüberlassenwerden,vorzunehmen.Die
sonstigen Arbeitsschutzpflichten des Verlei-
hersbleibenunberührt.“[ArbSchG:2009,§12]
6.15 Vigilanz-SystemVigilanzsystem bezeichnet im Rahmen des
Medizinprodukterechts die Beobachtung des
Marktes in Bezug auf systematische Gefähr-
dungenvonPatienten,AnwendernoderDrit-
tendurchDefiziteimZusammenhangmitMe-
dizinprodukten(Vigilanz,lateinischvigilantia,
„Wachheit“,„Schlauheit“,medizinisch:Dauer-
aufmerksamkeit).
6.16 Vom Betreiber beauftragte PersonDievomBetreiberbeauftragtePersonnach§5
Abs.1Nr.2MPBetreibVerhältdieErsteinwei-
sung vom Hersteller und kann anschließend
weitereAnwenderschulen.
6.17 Vorkommnis, unerwünschtes Ereignis (UE), kritisches EreignisEin meldepflichtiges Vorkommnis ist gemäß
§2MPSVjedeFunktionsstörung, jederAusfall
oder jede Änderung der Merkmale oder der
LeistungeinesMedizinproduktes,dieunmittel-
barodermittelbarzueinerschwerwiegenden
Verschlechterung des Gesundheitszustandes
odersogarzumTodeinesPatienten,einesAn-
wenders oder einer anderen Person geführt
hat odergeführthabenkönnte. Ebenfalls als
Vorkommnis definiert ist eine Unsachgemäß-
heitderKennzeichnungoderderGebrauchs-
anweisung eines Medizinproduktes mit den
genannten Folgen. Auch klare Anwendungs-
fehlerkönneneineVorkommnismeldungaus-
lösen, wenn diese zum Beispiel auf eine Un-
sachgemäßheit der Kennzeichnung oder der
Gebrauchsanweisungzurückzuführensind.
DieInterpretationdesTextesderMPSViststrit-
tig. Das Bundesministerium für Gesundheit
legtdenTextwiefolgtaus:„DerVorkommnis-
begriffderMPSVumfasstjedenProduktfehler,
der geeignet ist, unmittelbar oder mittelbar
denTododereineschwerwiegendeVerschlech-
terungdesGesundheitszustandeseinesPatien-
34
ten,Anwenders oderDrittenherbeizuführen.
Diein§2Nr.1MPSVaufgeführtenAufzählun-
gen „Funktionsstörung“ etc. sind nur als nä-
hereUmschreibungdesFehlerszuverstehen.
Demzufolge istauchein „latenterKonstrukti-
onsfehler“10imSinnebeiderobendargestellter
Varianten,wenner voneinernach§3MPSV
meldepflichtigenPersonerkanntwird,derzu-
ständigenBehördezumelden.“11
Auch das BfArM sieht ergonomische Defizite
als Produktmängel und konsequenterweise
hierdurch induzierte Anwendungsfehler als
meldepflichtig an. Ein Vorkommnis ist auch
bereitsdanngegeben,wenndienegativeFol-
ge zwar nicht eingetreten ist, jedoch hätte
eintreten können – zum Beispiel wenn eine
GegenmaßnahmeeinesArztesdieerhebliche
Verschlechterung des Gesundheitszustandes
des Patienten verhindert hat. Derartige als
„Beinahevorkommnisse“bezeichneteEreignis-
sesinddaherebensomeldepflichtig.Eskommt
nichtdaraufan,obderPatienttatsächlicheine
Verschlechterung des Gesundheitszustandes
erlittenhat.AlleindasRisikodurchdieFunkti-
onsstörung,denAusfalldesMedizinproduktes
odereinefehlerhafteBeschreibunginderGe-
brauchsanweisungreichtaus.
Das europäische Medizinprodukterecht sieht
VorkommnisseaufGrundvonergonomischen
Defizitenoffensichtlichnichtalsmeldepflich-
10Angefragtwar,obein„latenterKonstruktionsfehler“inFormeinerunzureichendenGebrauchstauglichkeit (alsofehlerförderlicheGestaltung)alsmeldepflichtigzuklassifizierensei.11emaildesBMGvom14.06.2012
tig an, sonst wäre die erläuternde MEDDEV
2.12-1(s.Kap.5.2)andersgefasstworden.Inso-
fernistdavonauszugehen,dassdieErfassung
solcherVorkommnisse inEuropaauchdurch
diesenUmstandeingeschränktist.
Im klinischen Umfeld wird im Allgemeinen
von einem unerwünschten Ereignis (UE) ge-
sprochen: „Ein schädliches Vorkommnis, das
eheraufderBehandlungdennaufderErkran-
kungberuht“[APS:2013].Eskannvermeidbar
oderunvermeidbarsein.
UnterschiedenwirdauchdaskritischeEreignis
[APS:2013], das zu einem unerwünschten Er-
eignisführenkönnteoderdessenWahrschein-
lichkeitdeutlicherhöht.
Zur besseren Lesbarkeit schließt die vor-
liegende Handlungsempfehlung in den
Begriff„unerwünschtesEreignis“auchdie
Begriffe „Vorkommnis“ und „kritisches
Ereignis“ mit ein. Das bedeutet, dass hier
unterdemBegriffUEsowohlrealealsauch
potentielle Schädigungen zusammenge-
fasstwerden.
35
7 Beispiele von medizinproduktassoziierten UEs
Über Häufigkeit und Art von UEs, die beim
UmgangmitMedizinproduktenauftretenkön-
nen, ist bishernochwenig bekannt.Die ein-
zige veröffentlichte Studie zur Epidemiologie
von unerwünschten Medizinproduktereignis-
senstammtausdenUSAundgehtdavonaus,
dassesbei100Krankenhausaufnahmenbiszu
8,4Ereignissenkommt[Samoreet al.:2004].
Die folgenden Beispiele dienen zur Veran-
schaulichungvonmeldepflichtigenFällen.Die
FällestammenausKrankenhäusern,diesolche
oderähnlicheMeldungenandasBfArMgesen-
dethaben.
7.1 Patientenüberwachungssystem
7.1.1 Beschreibung des Vorkommnisses:
Auf einer Intensivstation wird ein vernetztes
Patientenüberwachungssystem zur Anzei-
ge von vitalen Parametern (Blutdruck, Herz-
schlag,Atemfrequenz)verwendet.ImZugedes
kontinuierlichen Produktsupports durch den
HerstellerwurdeeinUpdatederSoftwareein-
gespielt.
NachdiesemUpdatetratbeieinemPatienten
einplötzlicherBlutdruckabfallauf,ohnedass
dasSystemeinenAlarmausgab. Imweiteren
Verlauf kam es zu einem Kreislaufstillstand
undderPatientmusstereanimiertwerden.Es
liegtsomiteinesehrschwereVerletzung/Scha-
dendesPatientenvor.
7.1.2 Eintrittswahrscheinlichkeit des Produktfeh-
lers:
Kann ohne weitere Daten bezüglich der An-
zahl der imMarkt befindlichen Systemeund
derAnzahlderVorkommnissehiernichtange-
gebenwerden.
7.1.3 Eintrittswahrscheinlichkeit der Verletzung/
des Schadens:
Bei Auftreten dieser Fehlfunktion wird eine
Verletzung/SchadendesPatientenhäufigauf-
treten.
7.1.4 Schweregrad des möglichen Schadens:
BeieinemAusbleibenderAlarmfunktionkann
es zu lebensbedrohlichen Ereignissen bis hin
zumTodderPatientenkommen.
7.1.5 Fazit nach Risikoanalyse:
» MeldepflichtigbeimBfArM!
» MedizintechnikundHerstellerinformieren!
» MedizinproduktaußerBetriebnehmenund
sicherstellen!
» Patienteninformieren![PRG:2013,§630]
7.2 Kapselendoskop
7.2.1 Beschreibung des Vorkommnisses:
ImRahmenderDiagnoseerstellungbeieiner
DarmerkrankungsollteeineBefundungmittels
einesKapselendoskops(kleine,verschluckbare
Kapsel,Einmalprodukt)erfolgen,dieBilderaus
demInnerendesDarmsaufzeichnenkann.Bei
derEntnahmederKapselausderVerpackung
wurde ein kleiner Riss in der äußeren Hülle
derKapselbemerkt.DieKapselkonnte somit
nichtmehrverwendetwerden.Eskamzukei-
nerVerletzung/SchadendesPatienten.
36
7.2.2 Eintrittswahrscheinlichkeit des Produktfeh-
lers:
Die Eintrittswahrscheinlichkeit kann nicht
abgeschätztwerden, dadieser Fehler bislang
nicht in unserer Einrichtung aufgetreten ist.
WirverfügenüberkeineanderenInformatio-
nen,dieeinestatistischeAbschätzungermög-
lichen.
7.2.3 Eintrittswahrscheinlichkeit der Verletzung/
des Schadens:
ImFalledesVerschluckenseinerbeschädigten
KapselisteineVerletzung/SchadenderPatien-
tenvomAusmaßderBeschädigungabhängig.
InanderenFällenistdavonauszugehen,dass
einsolcherFehler(sichtbarerRissinderHülle
derKapsel)vommedizinischenPersonaloder
durchdenPatientenvordemVerschluckener-
kanntwird,sodassdieEintrittswahrscheinlich-
keitalsehergeringeinzustufenist.
7.2.4 Schweregrad des möglichen Schadens:
ImFalldesVerschluckenseinerbeschädigten
KapselsindmehrereSchweregradeeinerVer-
letzungmöglich.
7.2.5 Fazit nach Risikoanalyse:
» MeldepflichtigbeimBfArM!
» Herstellerbzw.Vertreterinformieren!
» MedizinproduktaußerBetriebnehmenund
sicherstellen!
7.3 Ernährungspumpe
7.3.1 Beschreibung des Vorkommnisses:
DieErnährungspumpewurdebeidemPatien-
ten im Rahmen einer intensivmedizinischen
Behandlungverwendet.DasKrankenhausbe-
sitztnur einePumpediesesTyps. ImVerlauf
der Behandlung wurde durch Beobachtung
der an die Pumpe angeschlossenen Flüssig-
keitsbehälterfestgestellt,dassdiePumpeeine
falsche (zu hohe) Menge förderte. Therapeu-
tisch waren 50ml/h vorgesehen, tatsächlich
wurden 500ml/h verabreicht. Dies geschah
trotz korrekter Anzeige im Display. Der Pati-
entklagteüberÜbelkeitundVöllegefühl.Die
Infusionwurdeunmittelbargestopptundder
Patient symptomatisch behandelt. Durch die
Meldung des Patienten wurde der Fehler im
vorliegendenFallrechtzeitigbemerkt,sodass
nureineleichteVerletzung/SchadendesPati-
entenohneFolgeschädeneintrat.
7.3.2 Eintrittswahrscheinlichkeit des Produktfeh-
lers:
Die Eintrittswahrscheinlichkeit kann nicht
abgeschätztwerden, dadieser Fehler bislang
nichtinunsererEinrichtungaufgetretenist.
7.3.3 Eintrittswahrscheinlichkeit der Verletzung/
des Schadens:
BeiAuftretenderFehlfunktionwirddieVerlet-
zung/SchadendesPatientenhäufigauftreten.
7.3.4 Schweregrad des möglichen Schadens:
Eine kontinuierlich inkorrekte – in diesem
Fall zuhohe–EinleitungvonNährflüssigkeit
37
indenPatientenkannzueinersehrschweren
Verletzung/Schaden (Herz-Kreislauf-Beeinträch-
tigung,Stoffwechselstörung)führen.
7.3.5 Fazit nach Risikoanalyse:
» MeldepflichtigbeimBfArM!
» Herstellerbzw.Vertreterinformieren!
» MedizinproduktaußerBetriebnehmenund
sicherstellen!
» Patienteninformieren![PRG:2013,§630]
7.4 Antidekubitusmatratze
7.4.1 Beschreibung des Vorkommnisses:
Patient lag auf einer Antidekubitusmatrat-
ze der Fa. XX (Leasingvertrag). Während des
nächtlichenKontrollgangesfielauf,dass sich
diemitLuftgefülltenKammernzusammenge-
schobenhatten.PatientlagmitdenFüßenin
„Löchern“ und im Gesäßbereich auf übermä-
ßig gefüllten Luftkammern. Eine Alarmfunk-
tion des Gerätes wurde nicht ausgelöst. Im
Fersen- und Gesäßbereich hatten sich leichte
Druckstellen/Hautrötungengebildet.
7.4.2 Eintrittswahrscheinlichkeit des Produktfeh-
lers:
DasProduktwirdbei20%derälterenPatien-
ten zur Dekubitusprophylaxe eingesetzt. Die
Eintrittswahrscheinlichkeitwirdalshäufigein-
gestuft.
7.4.3 Schweregrad des möglichen Schadens:
Die Auswirkungen werden je nach Konstitu-
tiondesPatientenaufgrundvonKontrollgän-
genalsgeringeingestuft.
7.4.4 Fazit nach Risikoanalyse:
» MeldepflichtigbeimBfArM!
» Herstellerbzw.Vertreterinformieren!
» AntidekubitusmatratzeaußerBetriebneh-
menundsicherstellen!
» IdentischeMatratzenüberprüfen!
» Patienteninformieren![PRG:2013,§630]
38
LiteraturverzeichnisDeutscheGesetzekönnengefundenwerden:
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ArbSchG:2009,GesetzüberdieDurchführung
vonMaßnahmendesArbeitsschutzeszur
VerbesserungderSicherheitunddesGe-
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40
Die Arbeitsgruppe und ihre Adressaten
Das im April 2005 gegründete Aktionsbünd-
nis Patientensicherheit e.V. hat medizinpro-
duktassoziierteRisikenzumGegenstandeiner
eigenen Arbeitsgruppe gemacht: Unter der
Leitung von Prof. Dr.-Ing. Uvo M. Hölscher
(ZentrumfürMedizintechnikundErgonomie,
FachhochschuleMünster)fandam1.Juli2009
dasGründungstreffenderAGMPaRinMünster
statt. Zielsetzungwar es, Empfehlungen zum
UmgangmitmedizinproduktassoziiertenRisi-
ken zu entwickeln. Nach einer umfassenden
EinarbeitungundAuffächerungderThematik
wurdedeutlich,dassdieBandbreitemedizin-
produktassoziierterRisikennichtumfassendin
einer Handlungsempfehlung bearbeitet wer-
denkann.
SeitMai2011fokussiertesichdieArbeitderAG
aufdasThema„Risikoidentifizierung“zurVer-
besserung des Berichts- und Meldeverhaltens
beimedizinproduktassoziertenEreignissen.
Im Auftrag des Aktionsbündnisses Patienten-
sicherheit e.V. und mit Unterstützung von
Vorstandsmitglied Prof. Dr. Hartmut Siebert
wurdeneineHandlungsempfehlungundeine
Kurzfassung(Broschüre)erarbeitet.
DievorliegendeHandlungsempfehlungwillei-
nenerstenBeitragzurStandardsetzungindie-
semfürdieGesundheitsversorgungwichtigen
Bereichleisten.Sieadressiertzunächstdiesta-
tionäreAkutversorgungundistbeschränktauf
medizintechnischeGeräte.DieBesonderheiten
andererGesundheitsorganisationen sowiedie
ganze Bandbreite der Medizinprodukte kön-
nen in dieser Empfehlung nicht angemessen
berücksichtigt werden; sie sollen im Aktions-
bündnisweiterbearbeitetwerden.
Die hier dargestellten Empfehlungen wur-
den in der Arbeitsgruppe erarbeitet und ab-
schließend im Vorstand des Aktionsbündnis-
ses Patientensicherheit e.V. beraten. In der
interdisziplinären und multiprofessionellen
ArbeitsgruppewirktenMedizintechniker,Pfle-
gekräfte, Risikomanager, Ingenieure, Ärzte,
Wirtschaftswissenschaftler und Juristen mit.
Insgesamt 13 Treffen waren notwendig, eine
gemeinsameEmpfehlungzurPräventionmedi-
zinproduktassoziierterRisikendurchdasMel-
dewesen zu verabschieden. Die Empfehlung
basiert auf einem berufsgruppenübergreifen-
den und interdisziplinären Grundverständnis
und der gemeinsamen Verantwortung aller
fürdieSicherheitdesPatienten.Sierichtetsich
insbesondereanKrankenhausleitungen,Medi-
zintechniker,PflegendeundÄrzte.Siewendet
sichdarüberhinausanVerantwortlicheimRi-
siko-undQualitätsmanagement,Kostenträger
undPolitik.
41
Nützliche Hinweise
DieEmpfehlungumfasst:
» Langversionund
» Kurzfassung(Broschüre).
Die Empfehlung ist ein offizielles Dokument
des Aktionsbündnisses Patientensicherheit
e.V., in dem konkrete Maßnahmen zur Prä-
ventionmedizinproduktassoziierterEreignisse
vorgeschlagenwerden. Sie soll Ihnendie Im-
plementierung und Umsetzung präventiver
MaßnahmeninIhrerEinrichtungerleichtern.
Die Empfehlung und alle Begleitmaterialien
findenSiezumkostenlosenDownloadaufder
APS-Homepage (http://www.aktionsbuendnis-
patientensicherheit.de/). Die Empfehlungen
bedürfen der Implementierung und Anpas-
sung an einrichtungsinterne Vorgaben, sie
wollenund könnendiesenicht ersetzen.Die
Empfehlungen stehen Gesundheitseinrichtun-
gen und den in der Gesundheitsversorgung
tätigen Fachpersonen als Grundlage zur Ver-
fügung.SiesollenUnterstützungbeiderErstel-
lung betriebsinterner Richtlinien geben. Die
spezifische Ausgestaltung und Anwendung
entsprechenddenjeweilsgeltendenSorgfalts-
pflichtenliegeninderausschließlichenEigen-
verantwortung der hier fachlich geeigneten
Leistungserbringer. Das bedeutet konkret,
dassessinnvollundnotwendigist,dieHand-
lungsempfehlungenan lokaleGegebenheiten
anzupassen und inhaltlich entsprechend aus-
zugestalten. Wichtig ist jedoch das Prinzip
der Einheitlichkeit, zumBeispielmüssenVer-
antwortliche für die Durchführung einzelner
Maßnahmen klar benannt sein. Auch sollten
alle Aktivitäten als standardisierte Verfahren
indieörtlichenArbeitsabläufeintegriertwer-
den. Deshalb sollen die Empfehlungen in ih-
remGrundsatzeinheitlichumgesetztwerden.
Dieses Vorgehen fördert auch die Akzeptanz
beiMitarbeitenden. Sollten Sie die vomAkti-
onsbündnis Patientensicherheit e.V. zur Ver-
fügunggestelltenMaterialien ingestalterisch
ergänzteroderveränderterFormnutzenwol-
len,sobedarfdiesderausdrücklichenZustim-
mung durch das Aktionsbündnis Patientensi-
cherheite.V.
Feedback: Die Handlungsempfehlungen sind
ein Instrument zur Verbesserung der Patien-
tensicherheit. Dieser Prozess bedarf kontinu-
ierlicher Weiterentwicklung und Anpassung.
Rückmeldungen jeder Art an das Aktions-
bündnisPatientensicherheite.V. sinddeshalb
ausdrücklicherwünscht.SolltenSiebeiDurch-
sichtund/oderGebrauchdieserEmpfehlungen
aufUngereimtheiten,Missverständlichesoder
Fehlerstoßen,bittenwirSieebensoumeinen
Hinweis, wie wir auch gerne Verbesserungs-
vorschläge aufnehmen. In seiner vernetzten
StrukturbietetdasAktionsbündnisPatienten-
sicherheit e.V. auch Hilfestellungen bei der
Analyse von Erfahrungsberichten und Dis-
kussionsbeiträgen. Zudem besteht für Sie die
Möglichkeit,Fragen,dieimvorliegendenText
nichtbehandeltwerden,andasAktionsbünd-
nisPatientensicherheite.V.zurichten.
Hinweis:DiehierinihrenverschiedenenFor-
maten erarbeiteten Empfehlungen bedürfen
regelhaft zwischen drei und fünf Jahren der
ÜberarbeitungdurchdieArbeitsgruppe.
42
AnderErstellungderEmpfehlunghabendieMitgliederderArbeitsgruppeMedizinproduktasso-
ziierteRisikenundFachgesellschaften inunterschiedlichenPhasenmitgearbeitet.Derzeit sind
folgendePersonenMitgliederderAG:
Bohnet-Joschko,Sabine:UniversitätWitten-Herdecke
Buchmüller,Otto:UniklinikumUlm
Clover,Helen:FuhrmannGmbH
Erdmann,Ralf:Dr.SchmittGmbHWürzburg
Geelvink,Mirja:FachhochschuleMünster
Henning,Klaus:UniversitätsklinikumMünster
Hölscher,UvoM.:FachhochschuleMünster
Inger,Alfried:Verbandkath.KlinikenDüsseldorf
Jahn,Dirk:Sana-MedizintechnischesServicezentrumGmbH
Juditzki,Iris:DeutscheKrankenhausgesellschafte.V.
Koob,Werner:ARGE„FachprogrammKrankenhaus-Technik“
Lange,Jutta:UniversitätsklinikumSchleswig-Holstein
Lauer,Wolfgang:BundesinstitutfürArzneimittelundMedizinprodukte
McDermott,Fiona:InstitutfürPatientensicherheit
Merz,Thomas:Sana-MedizintechnischesServicezentrumGmbH
Pagenkämper,Udo:MedtronicGmbH
Pazhur,RaviJohannes:MedizinischerDienstdesSpitzenverbandesBundderKrankenkassene.V.
Pickhan,Dieter
Rimbach-Schurig,Monika:CaritasTrägergesellschaftWestgGmbH
Siebert,Hartmut:DeutscheGesellschaftfürOrthopädieundUnfallchirurgie
Termer,Norbert:AMEOSKlinikumAlfeld
Wagener,Georges:ZithaKlinikS.A.
Wesche,Henning:DePuyOrthopaedicsGermany
Westerberg,Anke:KVWestfalen-Lippe
Darüber hinaus wurde diese Handlungsempfehlung fachlich beraten durch den Arbeitskreis
MedizintechnikNRW,dasBundesinstitut fürArzneimittelundMedizinprodukte,dieDeutsche
Krankenhausgesellschafte.V.unddenMedizinischenDienstdesSpitzenverbandesBundderKran-
kenkassene.V.DieEmpfehlunggibtinihrenverschiedenenTeilennichtnotwendigerweiseden
StandpunktdereinzelnenPersonenoderInstitutionenwieder.
Mitwirkende
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Herausgeber
AktionsbündnisPatientensicherheite.V.
AmZirkus2A
10117Berlin
KonzeptundText
Prof.Dr.UvoM.Hölscher(FachhochschuleMünster)
MonikaRimbach-Schurig(CaritasTrägergesellschaftWestgGmbH)
Prof.Dr.SabineBohnet-Joschko(UniversitätWitten/Herdecke)
Dr.IrisJuditzki(DeutscheKrankenhausgesellschaft)
Prof.Dr.HartmutSiebert(DeutscheGesellschaftfürOrthopädie
undUnfallchirurgie)
Redaktionsleitung
Prof.Dr.-Ing.UvoM.Hölscher
Lektorat
Dr.AnnetteImmel-Sehr
(BürofürWissenschaftskommunikation,BadGodesberg)
Stand
Juni2014
EmpfehlungundBroschürestehenIhnenalskostenloserDown-
loadimInternetzurVerfügung:
www.aktionsbuendnis-patientensicherheit.deoderwww.aps-ev.de
Impressum
Tite
lfoto
: ©K.
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gese
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