PDF Llv Aus Bericht Oekomorphologie Liechtenstein

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BearbeitungRENAT AG Im Bretscha 22 9494 Schaan

HerausgeberAmt fr Umweltschutz Frstentum Liechtenstein 9490 Vaduz

ZitiervorschlagRENAT AG (2006): komorphologie der Fliessgewsser in Liechtenstein. Hrsg. Amt fr Umweltschutz, Vaduz, 49 S.

April 2006

InhaltZusammenfassung ............................................................................................. 1 1 Einleitung ..................................................................................................... 3 1.1 1.21.2.1. 1.2.2. 1.2.3. 1.2.4. 1.2.5.

Das Fliessgewsser ein zentrales Landschaftselement Das Fliessgewsser ein dynamischer LebensraumInterstitial Wasserkrper bergang Wasser Land Ufersume Naturkundliche Bedeutung der Fliessgewsser

3 44 4 5 5 5

1.3 1.41.4.1. 1.4.2. 1.4.3.

Begriffsdefinitionen Geologie und FliessgewssertypenGeologischer Aufbau Liechtensteins Fliessgewssertypen Naturrume

6 66 7 8

1.51.5.1. 1.5.2.

Eingriffe durch den MenschenTalraum Hanglagen/Inneralpin

99 10

1.6 2 3

Rechtlicher Rahmen

10

komorphologie Ziele des Projektes .................................................... 11 Methodik ..................................................................................................... 12 3.1 3.23.2.1. 3.2.2. 3.2.3. 3.2.4.

Auswahl der Methodik VorgehensweiseAuswahl der Gewsser Vorgehen in den Tallagen Vorgehen an den Hanglagen Verifizierung

12 1313 13 13 13

3.3 4 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7 4.8 4.94.9.1. 4.9.2.

Datenbank/GIS-Darstellung Gewsser Resultat der historischen Entwicklung Eindolung Linienfhrung Gerinnebreite Wasserfhrung Sohle Bschungsfuss Variabilitt Wasserspiegelbreite UferbereichBreite Uferbereich Ufervegetation

16 17 17 18 18 20 23 25 28 2929 30

Resultate..................................................................................................... 17

4.10

Durchgngigkeit im Fliessgewssersystem (knstliche Abstrze)

31

5

komorphologische Gesamtbeurteilung ................................................. 33 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 Vorgehen bersicht Talraum Hanglagen Inneralpin 33 33 34 35 36

6 7

Raumbedarf ................................................................................................ 38 Diskussion.................................................................................................. 40 7.1 7.2 7.3 7.47.4.1. 7.4.2. 7.4.3.

Fazit Verwendungsmglichkeiten komorphologischer Daten Vergleich mit umliegenden Regionen Beispiele fr Revitalisierungen in LiechtensteinBinnenkanalmndung Speckigraben Mlibach

40 40 41 4242 42 42

7.5 8 9

Vorschlag zur Sicherung Raumbedarf und Aufwertung Uferbereich

43

Dank ............................................................................................................ 44 Literatur ...................................................................................................... 44 10.1 Tabellarische Darstellung der ResultateWasserfhrung Sohlverbauung Verbauung Bschungsfuss Material Verbauung Bschungsfuss Variabilitt Wasserkrper Breite Uferbereich Vegetation Uferbereich Gesamtbeurteilung Ergnzung Abstrze Hanglagen Gesamtpunktzahl

10 Anhang........................................................................................................ 46 4646 46 46 46 47 47 47 47 10.1.1. 10.1.2. 10.1.3. 10.1.4. 10.1.5. 10.1.6. 10.1.7. 10.1.8.

10.2

komorphologische Beurteilung

4849 49

10.2.1. 10.2.2.

ZusammenfassungGewsser sind wichtig fr die Attraktivitt der LandschaftDie Fliessgewsser sind mit ihren Ufersumen ein wichtiges sthetisches Landschaftselement. Das Rauschen und die Dynamik des Wassers beleben die Sinne des Menschen und machen Gewsserrume, wie z.B. die Binnenkanalmndung, fr die Naherholung attraktiv. Die Bche und Grben sind aber auch bedeutende Tier- und Pflanzenlebensrume. Zahlreiche seltene Arten, darunter viele Fische, sind auf funktionierende, naturnahe Gewsser angewiesen. Auch die Ufersume knnen einen hohen Artenreichtum aufweisen und z.B. dem Sumpfrohrsnger als Nistplatz oder dem Feldhasen als Versteck dienen. Die Gewsser bilden mit ihren Ufern zudem wichtige Verbindungsstrukturen fr die Tierwanderung.

grund ihrer Verbauung am Ufer oder der Sohle als stark beeintrchtigt bis naturfremd angesprochen werden. konnte in den letzten Jahren dank verschiedener grosszgiger Revitalisierungen (z.B. Mlibach in Ruggell, Binnenkanalmndung, Speckigraben in Schaan) eine gewisse Verbesserung der Situation erreicht werden. fehlt den Gewssern hufig der notwendige Raum, die Uferbereiche sind zu schmal ausgebildet. hat die Grundwasserabsenkung in den 60er und 70er Jahren zu zahlreichen trockenen Gewssern gefhrt. Rund ein Fnftel der Gewsser im Talgrund fhrt heute nur dank Wiederbewsserungsprojekten wieder dauernd Wasser.

An den Rheintalhngen nimmt die Naturnhe der Gewsser gegenber dem Talboden zu. Hier kann bereits drei Fnftel der Fliessgewsserlnge als naturnah angesprochen werden. ergeben sich Beeintrchtigungen vor allem durch die Hochwasser- und Rfeschutzbauwerke zur Sohl- und Ufersicherungen und die damit verbundenen Sammelanlagen wirken sich die Wasserentnahmen durch die Quellfassungen fr die Trinkwasserversorgung oder fr die Energiegewinnung im Einzugsgebiet der Hangbche negativ aus.

Der Eingriff des MenschenDer Mensch hat seit Jahrhunderten auf die Gestalt der Gewsser in seiner Umgebung Einfluss genommen. Primr ging es um die Bannung der Hochwassergefahr und die Gewinnung von zustzlich nutzbarem Land. Viele Gewsser wurden zur schnellen Wasserableitung gestreckt, und es entstanden Verbauungen zur Ufer- oder Untergrundsicherung. Neu geschaffene Grben entwsserten die ehemaligen Riedgebiete im Talboden. Im Siedlungsgebiet werden die Bche auf weiten Strecken in Rohren gefhrt. Das Bild der Fliessgewsser hat sich so gegenber dem ursprnglichen Zustand grundlegend verndert.

Der inneralpine Bereich ist am wenigsten beeinflusst. Hier sind nur wenige Prozent stark beeintrchtigt bis naturfremd ausgebildet. Neben einzelnen Sicherungsbauwerken sind vor allem die Quellfassungen (z.B. Malbun) oder die Speicheranlagen im Steg mit der Wasserberfhrung ins Rheintal und die daraus resultierende Restwasserfhrung als wesentliche Beeintrchtigung zu nennen. weist noch grossrumig weitgehend unbeeinflusste Gewssersysteme auf, wie der Valorschbach oder zahlreiche Seitenbche von Samina und Malbunbach. Diese sind entsprechend erhaltenswrdig.

Darstellung der VernderungDiese Vernderungen der Fliessgewsser in Liechtenstein werden in diesem Bericht zur komorphologie flchendeckend dargestellt. Der Bericht wurde im Auftrag des Amtes fr Umweltschutz erstellt. Die Fliessgewsser werden darin hinsichtlich ihrer Verbauung und Ufervegetation im Vergleich zu einem natrlichen Zustand beurteilt. Die wesentlichsten Erkenntnisse dieser Beurteilung sind nachfolgend zusammengefasst. Grundstzlich gilt, dass die Strke der Vernderung gegenber dem natrlichen Zustand von der Rheintalebene zu den Rheintalhngen und zum inneralpinen Bereich abnimmt.

Weitere Revitalisierungen werten Natur und Landschaft auf und tragen zur Hochwassersicherheit beiDie vorliegende Gesamtbersicht zeigt die Defizite im Gewssersystem auf. Der Handlungsbedarf ist damit bekannt. An verschiedenen Gewsserabschnitten konnten

In der Rheintalebene gibt es nur noch wenige natrliche Fliessgewsserabschnitte. ber die Hlfte der Fliessstrecke muss auf-

1

bereits erste Erfolge erzielt und Revitalisierungen oder Wiederbewsserungen umgesetzt werden. In den letzten Jahren bercksichtigt auch der Hochwasserschutz verstrkt die kologische und landschaftliche Bedeutung der Fliessgewsser. Die vom Hochwasserschutz aktuell postulierten Forderungen nach mehr Raum fr die Gewsser oder gefhrdete, gewssernahe Gebiete nicht zu berbauen, stehen im Einklang mit dem Naturund Landschaftsschutz. Daher bestehen bei Wasserbauprojekten oftmals Synergien zwischen den Zielen einer naturnahen Gewsserneugestaltung und den Notwendigkeiten des Hochwasserschutzes. Die Fliessgewsser sind eine Bereicherung unserer unmittelbaren Umwelt, deren Bedeutung als Erholungsraum zuknftig noch steigen wird. Attraktiv gestaltete Gewsser sollen vermehrt wieder den Kontakt mit dem Element Wasser und das unmittelbare Naturerlebnis, z.B. den Kindern in der Siedlung, ermglichen. Gleichzeitig wird damit ein wichtiger Lebensraum im Sinne des Naturschutzes geschaffen. Entsprechend werden seitens der Gemeinden und des Landes weitere Gewsseraufwertungen vor allem im Liechtensteiner Talraum angestrebt. Dazu braucht es aber die Toleranz und die Untersttzung der Bevlkerung.

2

11.1

EinleitungDas Fliessgewsser ein zentrales LandschaftselementAbb. 1 Die Fliessgewsser wirken auf verschiedenen Ebenen der Landschaftsbetrachtung. Sie schaffen die grundlegenden Landschaftsformen (oben), untergliedern mit ihren Sumen die Landschaft (mitte) oder bilden selber kleinrumige besondere Landschaftskammern (unten).

Wasser ist als Eis oder in flssiger Form die wichtigste erosive Kraft und damit der wesentliche Landschaftsgestalter. Seit dem Rckzug der Gletscher aus dem liechtensteinischen Staatsgebiet vor rund 10'000 Jahren formte das fliessende Wasser in den Bchen und Flssen die Landschaft. Es grub tiefe Tler, fllte mit dem Geschiebe Talbden auf und schttete Lockergestein zu mchtigen Schuttkegeln am Hangfuss auf. Bis zu seiner Korrektion vor Hundert Jahren dominierte der mandrierende Rhein lange Zeit das Landschaftsbild im Rheintal. Durch Einengung und Verbauung haben zahlreiche Fliessgewsser an landschaftlicher Wirkung verloren. Trotzdem bilden sie auch heute noch ein zentrales Landschaftselement, obwohl nur wenige Prozent der Landesflche Liechtensteins von Wasser bedeckt sind. Landschaftlich wirken die Fliessgewsser auf verschiedenen Betrachtungsebenen: Auf der Makroebene sind sie durch ihre erosive und gesteinsumlagernde Wirkung landschaftsgestaltend. Die Schwemmkegel am Hangfuss des Rtikons sind ein markantes Resultat dieser Ttigkeit. Der Rhein schuf mit seinem Geschiebe die Rheintalebene. Die Fliessgewsser gestalteten damit die grossrumigen Formen die Grundzge der Landschaft wie wir sie heute kennen. Auch auf einer kleinrumigeren Betrachtungsebene (Mesoebene) untergliedern die Fliessgewsser mit ihren Ufersumen oder als Einkerbungen in den Hanglagen das Landschaftsbild. Auf der Mikroebene sind die Fliessgewsser durch Bewegung und Dynamik geprgt. Beispiele hierfr sind die Kiesinseln im Rhein oder die neu gestaltete Mndung des Binnenkanals, die das Eintauchen in eine andere Welt ermglichen. Durch ihre Wirkung auf verschiedenen Ebenen der Landschaftsbetrachtung sind die Fliessgewsser auch von zentraler Bedeutung fr die Erholungswirkung einer Landschaft. Fliessgewsser bieten durch ihre Dynamik zudem Mglichkeiten fr besondere Naturerfahrung. Naturnahe Fliessgewsser werden dabei als besonders attraktiv empfunden und weisen eine hohe Anziehungskraft auf Erholungssuchende auf.

3

1.2

Das Fliessgewsser ein dynamischer Lebensraum

der Durchgngigkeit in der Lngsrichtung fr die Verbindung der einzelnen Populationen eine hohe Bedeutung zu. Wasserpflanzen weisen eine hohe Gefhrdung auf Neben zahlreichen Tierarten gibt es in Liechtenstein auch 53 Gefsspflanzenarten, die an den Lebensraum Wasser gebunden sind. Davon stehen 60 % auf der Roten Liste (BROGGI et al. in prep.). Die Wasserpflanzen haben damit den hchsten Gefhrdungsgrad im Vergleich zu anderen Gruppen, wie z.B. Sumpfpflanzen, Waldpflanzen oder Pionierpflanzen. Dies ist einerseits auf die beschrnkte Ausdehnung des Lebensraumes sowie andererseits auf bauliche und pflegerische Massnahmen im Bereich der Sohle, z.B. im Rahmen des Gewsserunterhaltes, zurckzufhren. Ohne geeignete Sohlsubstrate und Wasserfhrung knnen keine hheren Wasserpflanzen existieren.

Die Fliessgewsser sind die Landschaftselemente mit der hchsten Dynamik. Im ihnen zugestandenen Raum laufen stndig Vernderungen ab, wird umgelagert, umgeschichtet oder untersplt. So entstehen laufend neue Lebensrume mit besonderen Standorteigenschaften, auf die verschiedene Tier- und Pflanzenarten angewiesen sind. usserst vielfltig ist dabei die Kontaktzone zwischen Land und Wasser.Abb. 2 An einem Fliessgewsser lassen sich verschiedene

Lebensrume unterscheiden.

Abb. 3 vor.

Die Weisse Seerose ist in Liechtenstein vom Ausster-

ben bedroht und kommt autochthon nur noch im Ruggeller Riet

1.2.1.

Interstitial

Das Fliessgewsser steht mit dem angrenzenden Grundwasser durch die Bodenlckenrume (Interstitial) in einem Austausch. Dieses Interstitial kann je nach Grsse der Zwischenrume von verschiedenen Tierarten genutzt werden, sei es als stndiger Lebensraum wie bei verschiedenen Kleinkrebsen oder nur temporr wie bei Jungfischen.

Abb. 4

Der Dohlenkrebs braucht eine gute Wasserqualitt.

1.2.2.

Wasserkrper

Wasserqualitt, Strmung und Untergrund geben die wesentlichen Rahmenbedingungen fr die Artenzusammensetzung von Flora und Fauna im Fliessgewsser vor. Einzelne Arten sind dabei zeitlebens an den Wasserkrper gebunden, wie z.B. die Fische, andere verbringen nur einzelne Entwicklungsstadien darin, wie z.B. die Eintagsund Steinfliegen ihre Larvenzeit. Aufgrund der linearen Struktur des Lebensraumes Fliessgewsser kommt dabei

4

Abb. 5

Fische wie der Alet sind auf funktionierende und zu-

Abb. 6

Der Sumpfrohrsnger brtet in breiteren Hochstauden-

sammenhngende Fliessgewssersysteme angewiesen. Seit der Neugestaltung der Binnenkanalmndung kommt er wieder im Binnenkanal vor.

sumen entlang der Fliessgewsser. Hier beim Fttern eines Kuckucks. (Foto: M. Granitza)

1.2.3.

bergang Wasser Land

Dieser Bereich ist meist durch einen hohen Feuchtigkeitsgehalt und periodische berflutungen geprgt. Es dominieren hochwchsige Kruter, Weiden, Schilf und Binsen. Unter den Tieren sind vor allem Insekten, Spinnen, Schnecken und Amphibien in diesem bergangsbereich zu finden. Hier vollzieht sich auch die Umwandlung vieler Arten von der Wasser- zur Landform, wie z.B. bei den Libellen von der aquatischen Larve zur flugfhigen Imago (geschlechtsreife Alttiere). Auf den Schuttkegeln der Hanglagen sind in dieser Kontaktzone viele sandige und kiesige Bereiche vorhanden. Diese durch die Fliessgewsserdynamik, durch berflutung und Geschiebetrieb offen gehaltenen Lebensrume bieten Standort fr Pionierpflanzen und auf Sandbden angewiesene Tierarten, z.B. verschiedene Wildbienen, Laufkfer oder Heuschrecken. In diesem bergangsbereich liegt auch das sogenannte Geschwemmsel, eine Ansammlung aus Laub und Treibholz. Darin finden sich zahlreiche spezialisierte Arten aus der Gruppe der Laufkfer und Spinnen.

1.2.5.

Naturkundliche Bedeutung der Fliessgewsser

1.2.4.

Ufersume

Neben der eigentlichen Kontaktzone Wasser-Land besteht auch ein bergangsbereich zum angrenzenden Umland. Bachborde werden extensiv genutzt, d.h. nicht gedngt und selten geschnitten oder sind als Hecken ausgebildet. An die Bschungsoberkante grenzen im Talraum hufig intensive Nutzflchen, an den Hanglagen Wlder und alpine Vegetationsformen an. Diese extensiv genutzten Sume stellen wichtige kologische Ausgleichsflchen und Lebensrume, z.B. fr Vgel, dar. So brten hier verschiedene Heckenbewohner oder in den Hochstaudensumen der Sumpfrohrsnger.

Je nach Ausgestaltung des Wasserkrpers, der Kontaktzone Wasser-Land sowie der Ufersume knnen die Fliessgewsser und ihr unmittelbares Umfeld einer Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten Lebensraum bieten. Vor allem im Talraum bilden sie wichtige, vernetzende kologische Ausgleichsflchen innerhalb der intensiven Nutzung und stellen hier neben den Galeriewaldresten, dem Rheindamm und den Streuwiesen die naturkundlich wertvollsten Flchen dar. Sehr unterschiedlich ist der Wissensstand zu den verschiedenen wasserlebenden Tierarten in Liechtenstein. Gut dokumentiert ist die Bedeutung der Fliessgewsser fr die Fische und Krebse (BOHL et al 2001) sowie die Mollusken (TRB 1984), relativ wenig ist zu den Vorkommen der verschiedenen ans Wasser gebundenen Insektengruppen in Liechtenstein publiziert (AMANN 1999, BIEDERMANN 1990).

5

1.3

Begriffsdefinitionen

Die komorphologie umfasst die Gesamtheit der strukturellen Gegebenheiten im und am Gewsser: die eigentliche Gewssermorphologie, wasserbauliche Massnahmen (Verbauungen, Wehre) sowie die Gegebenheiten im angrenzenden Umland (Bebauung, Landnutzung, Vegetation) (BUWAL 1998b). Die Linienfhrung ist die Form des Gewssers in der Lngsrichtung. Die Gewssersohle entspricht jenem Bereich, welcher in der Regel bei Hochwasser umgelagert wird und somit frei ist von Landpflanzen. Normalerweise wird fr die Bestimmung der Sohlenbreite der Abstand zwischen linkem und rechtem Bschungsfuss verwendet. Der Bschungsfuss entspricht dem bergang von der Gewssersohle zur Bschung. Die Wasserspiegelbreite umfasst den bei mittlerem Wasserstand bersplten Bereich des Gewssers. Der Uferbereich ist definiert als Bereich vom Bschungsfuss bis zum Gebiet mit intensiver Landnutzung (BUWAL 1998b). Als intensive Landnutzungen gelten z.B. Gebude, Strassen, Ackerland und Weiden. Das Umland bezeichnet die an den Uferbereich angrenzende Nutzung. Das Interstitial entspricht dem Porenraum im Gewsserbett. Als Restwasserstrecke wird die Strecke zwischen der Wasserfassung und der Rckgabestelle im Gewsser bezeichnet bzw. erstreckt sich unterhalb soweit das Fliessgewsser durch die Wasserentnahme wesentlich beeinflusst wird.Abb. 7 Begriffsdefinitionen (Quelle BUWAL 1998b).

1.41.4.1.

Geologie und FliessgewssertypenGeologischer Aufbau Liechtensteins

Liechtenstein liegt an der Grenze zwischen den Westund Ostalpen. Am Aufbau der Berge sind vor allem die Decken des Penninikums und des Ostalpins beteiligt. Das Helvetikum tritt nur ganz im Norden und im Sden des Landes auf, in Gestalt des Eschner- und Flscherberges. Sie sind Auslufer der hier abtauchenden Gebirgsketten der schweizerischen Talseite. Die Basis des Gebirgskrpers bilden penninische Flyschgesteine. Darber liegen im Sden die Falknisdecke sowie in geringer Mchtigkeit die Sulzfluh-Decke und die Aroser Schuppenzone. Diese Einheiten sind, wie der Flysch der Basis, im penninischen Raum (d.h. in der Mitte des Ozeans zwischen dem afrikanischen und europischen Kontinent) abgelagert worden. Die Aroser Schuppenzone ist Gleithorizont der berschobenen ostalpinen Decken. Die hchste Einheit bildet die dem Ostalpin zugehrige Lechtaldecke. Sie baut grosse Teile des inneralpinen Raums Liechtensteins auf und tritt rheintalseitig hauptschlich in Gestalt des Drei Schwestern-Massivs dominant in Erscheinung.

6

1.4.2.

Fliessgewssertypen

Ein wesentliches morphologisches Element Liechtensteins sind die Rfen mit ihren ausgedehnten Schwemmfchern. Rheintalseitig sind sie das dominierende Landschaftselement im bergang zwischen der Rheinebene und den unvermittelt ansteigenden Steilhngen des Gebirgskrpers. Unterbrochen wird die Kette dieser fcherfrmigen Schuttansammlungen nur im Bereich des Triesenberger Bergsturzes. Charakteristische Merkmale der Schwemmfcher sind die relative Trockenheit, die kleinrumig wechselnden Strukturverhltnisse sowie die Dynamik. Fr die Fliessgewsser des Talraumes von Bedeutung sind auch die Vorgnge rund um die nacheiszeitliche Aufschttung. Bereits vor 6000 bis 8000 Jahren war der nach dem Rckzug des Eises verbleibende Rheintalsee weitgehend aufgefllt (KELLER 1990). Der Verlandungsvorgang wie auch die nachfolgenden Ablagerungen des Rheins liefen im Bereich des Stromstrichs am schnellsten ab, so dass das Bett des Hauptflusses allmhlich ber die ursprngliche Talebene hinaus wuchs. Beidseitig zwischen dem Hauptfluss und dem Hangfuss bildeten sich dadurch Senken aus. Sdlich von Schaan beschrnkten sich diese auf wenige kleine Bereiche. Hier hat die Auflandung des Rheins praktisch die gesamte, nur schmale Talebene erfasst. Ausdruck dafr sind die Giessen. Nrdlich von Schaan umfassten die flachen Becken beinahe den gesamten liechtensteinischen Talraum. Gespiesen vom Grundwasser des Rheins und den bergseitigen Zuflssen wiesen diese Senken dauernd einen hohen Grundwasserstand auf. Dies begnstigte die Bildung von ausgedehnten Flachmooren mit den entsprechenden Riedgewssern. Die grssten Teile davon wurden durch Entwsserungen landwirtschaftlich intensiver nutzbar gemacht. Grundstzlich lassen sich aufgrund ihrer Entstehungsgeschichte und Funktion folgende Gewssertypen unterscheiden (s. auch HAIDVOGL & KINDLE (2001), REY (2004)).

Giessen: Von Grundwasser gespiesene Gewsser im Bereich des Schotterkrpers des Rheines mit geringem Geflle, Geschiebetrieb und geringen Abflussschwankungen. (Foto: Giessen bei Balzers)

Riedgewsser: Langsam fliessende Gewsser der ehemals grossen Riedgebiete der Rheintalebene. Typische Vertreter sind die Wiesenbche und Entwsserungsgrben. (Foto: Entwsserungsgraben im Ruggeller Riet)

Talbche: Sammelbegriff fr im Talgrund verlaufende Fliessgewsser mittlerer Grsse. Hierzu zhlen auch die Unterlufe der Hangbche. (Foto: Unterlauf Spiersbach)

7

Hangbche: Diese lassen sich in den steilen Oberlauf, einen Schuttkegel an den Talflanken und den flachen Unterlauf im Talraum untergliedern. (Foto: Kleinlochbach ob Nendeln)

1.4.3.

Naturrume

Aufgrund der unterschiedlichen naturrumlichen Voraussetzungen und Abflusssysteme knnen in Liechtenstein folgende drei Rume unterschieden werden: Talraum (Riedgewsser, Giessen, Talbche) Hanglagen (Hang-/Gebirgsbche, Rfen) mit den Inselbergen im Talraum inneralpiner Bereich (Gebirgsbche, Rfen)

Alle Gewsser Liechtensteins liegen im Einzugsgebiet des Bodensees. Die Entwsserung des Talraumes und der Hanglagen erfolgt ber den Liechtensteiner Binnenkanal und den Spiersbach in den Alpenrhein. Der inneralpine Bereich entwssert ber die Samina in Richtung Ill, die ebenfalls in den Alpenrhein mndet.

Gebirgsbche: entspringen dem Hochgebirge mit entsprechend starkem Geschiebetrieb und grossen Abflussschwankungen. (Foto: Seitenbach Badtobelrfe)

Abb. 8 scheiden.

In Liechtenstein lassen sich aufgrund der naturrumli-

chen Ausgangslage und Abflusssystem drei Teilrume unter-

Talraum Hanglagen Inneralpin

Rfen: weisen einen kurzen, steilen Lauf und starken Geschiebetrieb auf und fhren nur bei starken Niederschlgen Wasser. (Foto: Mliholzrfi)

8

1.5

Eingriffe durch den Menschen

Seit der Besiedlung Liechtensteins durch den Menschen hat dieser auf die Fliessgewsser Einfluss genommen. Sei dies, dass er die Bche am Hang als Energiequelle oder Wasserlieferant nutzte oder im Talraum Entwsserungsgrben zur Nutzung der angrenzenden Landwirtschaftsflchen erstellte. Die Fliessgewsser stellen durch Hochwasser und Geschiebetrieb zugleich auch eine Bedrohung fr Siedlung und Infrastruktur dar. Besonders deutlich wird dies bei den Rheinhochwssern oder den Rfeereignissen. Entsprechend werden umfangreiche Verbauungen sowie Vernderungen der Gewsserlufe vorgenommen, die das landschaftliche Bild und die Verteilung der Fliessgewsser in Liechtenstein massgeblich beeinflussen. Eine detaillierte Darstellung zur Vernderung einzelner Fliessgewsser liefern HAIDVOGL & KINDLE (2001). Dabei lsst sich zwischen den Hanglagen und dem Talraum eine unterschiedliche Vorgehensweise in der Eingriffsregelung unterscheiden:

Absenkung der Rheinsohle infolge der Kiesentnahmen, anfnglich zur Erhhung der Hochwassersicherheit und spter aus Interesse am Kiesverkauf. Die Folge war ein Absinken des Grundwasserspiegels und Trockenfallen von Entwsserungsgrben und Giessen im Talraum Schaffung von bergngen in Form von Brcken und Rohren bei den Gewssern im Bereich der Siedlung und Infrastruktur berfhrung von Wasser aus dem inneralpinen Bereich (Steg) ins Gewssersystem des Talraumes (Giessen Vaduz) zur energetischen Nutzung

Abb. 9

Der Bau des Liechtensteiner Binnenkanals war neben

der Korrektion des Alpenrheins einer der wichtigsten Eingriffe in das Fliessgewssersystem des Talraumes. Er schuf auch die Grundlage fr bauliche Eingriffe in die Seitengewsser.

1.5.1.

Talraum

Kanalisierung des Rheines als Grundlage fr die dichte Besiedlung des Umlandes im Rahmen der Rheinkorrektion Schaffung des Binnenkanals als rheinparalleler Sammelkanal zur Verhinderung des Rckstaus aus dem Rhein bei den Seitengewssereinmndungen. Er dient als Vorfluter fr die Rfen und Hangbche sowie das Rheingrundwasser Entwicklung geradliniger Gewsser zur schnellen Wasserableitung einerseits bei Hochwasser und andererseits um eine effiziente Entwsserung des umliegenden Landes sicherzustellen Eintiefung der Gewssersohle und Ausbildung relativ steiler Bschungen mit dem Ziel der optimalen Raumausnutzung vor allem bei Entwsserungsgrben Schaffung zahlreicher neuer Entwsserungsgrben (z.B. im Schaaner Riet) in Verbindung mit Drainagen in landwirtschaftlichen Meliorationsgebieten, teils in Verbindung mit Drainagepumpwerken mit dem Ziel, die Flchen landwirtschaftlich intensiver nutzbar zu machen Sicherung des Bschungsfusses durch Steine oder Holzplanken vor Seiten-Erosion, um der natrlichen Tendenz zur Mandrierung der Gewsser entgegenzuwirken Teilweise Verbauung der Gewssersohle mit Holzbrettern oder Betonschalen um auch bei geringem Geflle die optimale Wasserableitung sicherzustellen und Materialablagerungen zu verhindern

Abb. 10 Neu entstandene Entwsserungsgrben bilden heute den Grossteil der Fliessgewsser im Talraum Liechtensteins.

9

1.5.2.

Hanglagen/inneralpin

1.6

Rechtlicher Rahmen

Verhinderung von Tiefen- und Seitenerosion im Oberlauf durch Absturzbauwerke (Wildbach/Geschiebesperren) Vereinzelt Sohl- und Bschungsfussverbau. Diese dienen teils der Verhinderung der Wasserversickerung, schtzen vor Tiefenerosion oder sichern untenliegende Bauwerke, wie z.B. Brcken oder Absturzbauwerke Ausbildung von Schlamm- und Kiessammlern bei den Gewssern mit grsserem Geschiebetrieb v.a. im bergangsbereich vom Hang ins Tal oder vor Eindolungen Bau von Dmmen zur Verhinderung eines seitlichen Ausbruchs aus dem Gewsserbett bei Hochwasser Wasserausleitung zur Energiegewinnung im Raum Vaduz/Triesen und im Valnatal. Damit verbunden ist die Schaffung der Speicherseen im Steg Schaffung von bergngen in Form von Brcken und Rohren bei den Gewssern im Bereich der Siedlung und InfrastrukturAbb. 11 Verbauungen wie hier an der Badtobelrfe stabilisieren die Fliessgewsser am Hang und sichern untenliegende Bauwerke und Siedlungen.

In Liechtenstein wirken sich zahlreiche Gesetze und Verordnungen auf die Fliessgewsser und die darin vorkommende Tierwelt aus. Das Rheingesetz vom 24. Oktober 1990 und zugehrige Verordnung regeln die Zustndigkeiten und Unterhaltsmassnahmen am Alpenrhein. Die Gesetzgebung zu den Rfeschutzbauten (vom 23. September 1871 und vom 22. September 1899 mit diversen Abnderungen) regelt die Eingriffe und die Zustndigkeiten beim Rfeschutz. Das Wasserrechtsgesetz vom 10. November 1976 und die zugehrige Verordnung vom 9. Januar 1979 regeln die Nutzung der ober- und unterirdischen Gewsser. Das Fischereigesetz vom 16. Mai 1990 dient der Erhaltung der einheimischen Fische, Krebse und Fischnhrtiere sowie deren Lebensrumen, sowie der nachhaltigen Nutzung der Fisch- und der Krebsbestnde. Das Gewsserschutzgesetz vom 15. Mai 2003 (GschG) und die zugehrige Verordnung vom 17. Dezember 1996 dienen dazu, die Gewsser vor nachteiligen Einwirkungen zu schtzen und deren nachhaltige Nutzung sicherzustellen. Aspekte sind u.a.: Reinhaltung der Gewsser (z.B. dngerfreie Gewsserrandstreifen, Versickerung von Stoffen) Planerischer Schutz der Gewsser (z.B. Wasserschutzgebiete, Raumbedarf) Sicherung angemessener Restwassermengen Verhinderung und Behebung anderer nachteiliger Einwirkungen auf die Gewsser (z.B. Verbauungen, Eindolung) Das Baugesetz vom 10. September 1947 legt den minimalen Gewsserabstand fr Bauten fest.

Abb. 12 Inneralpin werden umfangreiche Wassermengen zur Energiegewinnung ausgeleitet wie hier am Malbunbach im Steg

Neben diesen nationalen Gesetzgebungen ist fr Liechtenstein im Sinne einer bergeordneten Koordination auch die Wasserrahmenrichtlinie der EU von Bedeutung. Diese schafft einen europaweiten Ordnungsrahmen fr den Schutz der Oberflchengewsser und des Grundwassers. Darin werden die Mitgliedsstaaten verpflichtet, einen guten Zustand der Oberflchengewsser zu erreichen. Hierzu gehrt neben der Wasserqualitt auch die morphologische Qualitt. Der Zustand wird dabei in einer fnfstufigen Skala beurteilt (sehr gut, gut, mssig, unbefriedigend, schlecht). Mit der Wasserrahmenrichtlinie wurde ein internationaler Rahmen fr eine relativ einheitliche Beurteilung der Gewsser geschaffen.

10

2

komorphologie Ziele des Projektes

Gemss Gewsserschutzgesetz ist das Land Liechtenstein verpflichtet, Massnahmen zu ergreifen, um oberirdische Gewsser in einen mglichst naturnahen Zustand zu berfhren (Art. 34, GschG). Dazu fhrt das Land Erhebungen von landesweitem Interesse im Sinne einer Grundlagenerhebung durch (Art. 51, GschG). Gesttzt auf diese Grundlagen soll ein Massnahmenplan erarbeitet werden. In den letzten Jahrzehnten standen im Gewsserschutz vor allem die qualitativen Aspekte im Zentrum des Interesses. Dank Abwasserreinigungsanlagen und hohem Anschlussgrad an die Kanalisation konnten die hohen Nhrstoffeintrge weitgehend eliminiert werden. Neben der Wasserqualitt ist jedoch auch die strukturelle Ausformung des Gewssers mitentscheidend fr dessen Funktionsfhigkeit als Lebensraum. Diese strukturellen Eigenschaften werden dabei unter dem Begriff komorphologie zusammengefasst. Die morphologische Komponente ist wichtig, um den Zustand eines Gewssers in seiner Gesamtheit bewerten zu knnen. Ziel des Projektes ist das Gewinnen eines berblickes ber den komorphologischen Zustand des Gesamtsystems der Fliessgewsser in Liechtenstein als Grundlage fr weiterfhrende Planungen. Insbesondere sollen wertvolle Fliessgewsserabschnitte erkannt und Defizite aufgezeigt werden. Mit der Bearbeitung des Projektes wurde das Bro RENAT AG in Schaan beauftragt. Die Arbeiten wurden vom Amt fr Umweltschutz unter der Leitung von Theo Kindle koordiniert.

11

3

Methodik

Das Projekt wurde zweistufig bearbeitet. In einer ersten Phase wurden in den Jahren 2000 und 2001 die Fliessgewsser des Talraumes erhoben und dargestellt (RENAT 2002a). In einer zweiten Phase wurden mit einem angepassten Kriterienkatalog in den Jahren 2004 und 2005 die Hanglagen und der inneralpine Bereich erfasst sowie Vernderungen im Talraum (z.B. aufgrund von Revitalisierungen) nachgetragen.

Die EU-Wasserrahmenrichtlinie gibt einen internationalen Rahmen fr eine einheitliche Beurteilung von Gewssern vor. Sie gliedert dabei die morphologischen Qualittskomponenten in Breiten- und Tiefenvariation, Struktur und Substrat des Flussbettes und die Struktur der Uferzone. Die Ausweisung des kologischen Zustandes wird zuknftig einheitlich in einer fnfstufigen Skala erfolgen. Die Erarbeitung der detaillierten Untersuchungs- und Bewertungsmethoden wird jedoch den Mitgliedslndern berlassen.

3.1

Auswahl der Methodik

Um die Vergleichbarkeit der Resultate in einem internationalen Rahmen sicherzustellen, macht es Sinn, sich bei der Auswahl der Methodik an den umliegenden Lndern zu orientieren. Dies erlaubt auch die grenzberschreitende, vergleichende Darstellung der Resultate fr das Alpenrheintal. Methoden zur Erfassung der komorphologie wurden vor allem in der Schweiz, sterreich und Deutschland erarbeitet und angewendet. Die Schweiz hat in den 90er Jahren das Modul-StufenKonzept entwickelt (BUWAL 1998a). Dieses beinhaltet unterschiedliche Ebenen der Untersuchungsintensitt fr die verschiedenen Aspekte eines Fliessgewssers, wie Gewsserqualitt, Fischfauna oder komorphologie. Die fr die flchendeckende Erfassung der komorphologie publizierte Stufe F (F - flchendeckend) (BUWAL 1998b) dient der einfachen, bersichtsmssigen Darstellung des komorphologischen Zustandes. Die Darstellung erfolgt anhand einer vierstufigen Skala. Fr sterreich gibt es noch kein einheitliches Bewertungssystem. Dies liegt auch darin begrndet, dass der Gewsserschutz in den Kompetenzbereich der Bundeslnder fllt. Vorarlberg hat entsprechend eine eigene Methode auf der Basis von WERTH (1987) entwickelt (BUHMANN & HUTTER 1996) und flchendeckend angewendet. Die Kartierung der Strukturgte ist zwischenzeitlich abgeschlossen (PARTHL et al. 2004). Die Darstellung erfolgt anhand einer siebenstufigen Skala. In Deutschland hat nach verschiedenen regionalen Anstzen die Lnderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) Ende der 90er Jahre zwei unterschiedliche Verfahren zur Strukturgtekartierung entwickelt: ein bersichtsverfahren mit 9 bewerteten Parametern und ein detailliertes Vor-Ort-Verfahren mit 25 Parametern. Die Parameter werden in Bezug auf den potentiell natrlichen Zustand bewertet. Die Darstellung erfolgt anhand einer siebenstufigen Skala.

Die verschiedenen Methoden sind in ihren Grundzgen hnlich und bercksichtigen im Wesentlichen die Durchgngigkeit des Lngsprofiles, die Verbauung im Gewsserbett und an der Bschung, sowie die Beschaffenheit des Uferbereiches. Problematisch fr die grenzberschreitende Vergleichbarkeit erweist sich die unterschiedliche Skaleneinteilung der einzelnen Parameter (vierstufig in der Schweiz, fnfstufig in der EU-Wasserrahmenrichtlinie und siebenstufig in Vorarlberg und Deutschland). Eine direkte Vergleichbarkeit ist daher nicht mglich. Im Rahmen der Methodenevaluation wurde eine Orientierung an der Schweiz gewhlt. Grnde hierfr waren: Die verbindliche Vorgabe auf nationaler Ebene ergibt einen grsseren Vergleichsraum fr die Interpretation der Liechtensteiner Daten. Eine Weiterentwicklung der Methodik ist durch die grosse Verbreitung sichergestellt. Die komorphologie ist Bestandteil einer Gesamtbetrachtung des Gewssers (Modul-Stufen-Konzept der Schweiz), welches verschiedene Aspekte bercksichtigt. Aufgrund der speziellen Ausgangslage in Liechtenstein wurden geringe Methodenanpassungen vorgenommen: Im Talraum, fr den detailliertere Aussagen erwnscht sind, wurde die Methode der Schweiz um weitere Merkmale verfeinert und inhaltlich przisiert. Anpassungen wurde auch in der Beurteilung des Uferbereiches vorgenommen. An den Hanglagen und inneralpin konnte aufgrund guter lokaler Kenntnisse und frherer Aufnahmen der Verbauung durch die Unterhaltsverantwortlichen beim Tiefbauamt eine vereinfachte Vorgehensweise gewhlt werden.

12

3.23.2.1.

VorgehensweiseAuswahl der Gewsser

3.2.4.

Verifizierung

Die Auswahl der Gewsser orientiert sich am Fliessgewssernetz der Landeskarte 1:10'000. Total wurden 325 km offene Fliessgewsser kartiert. Grundlage bildet ein digitales Gewssernetz der Landesvermessung. Dieses wurde in Teilen ergnzt oder aktualisiert (z.B. Revitalisierungen). Zur Beurteilung des Uferbereiches dienten auch aktuelle Luftbilder aus Liechtenstein.

Die Resultate wurden mit den zustndigen Amtsstellen hinsichtlich Plausibilitt berprft. Dabei konnten wichtige Hinweise ber Verbauungen und Eingriffsregelungen und ihre Ursachen gewonnen werden. Als Auskunftspersonen wirkten mit: Theo Kindle, Amt fr Umweltschutz, Triesen Egon Hilbe, Amt fr Umweltschutz, Triesen Emanuel Banzer, Tiefbauamt, Vaduz Hubert Wenzel, Triesen

3.2.2.

Vorgehen in den Tallagen

Die einzelnen Fliessgewsser wurden entgegen der Fliessrichtung abgegangen und in einzelne Abschnitte unterteilt. Ein neuer Abschnitt wurde jeweils bei nderung eines der in die Gesamtbeurteilung einfliessenden Parameters gewhlt und misst mindestens 25 m. Total wurden 517 Abschnitte unterschieden. An jedem dieser Abschnitte wurde eine Reihe komorphologischer Kriterien erhoben. Der Rhein als bedeutendstes Fliessgewsser in Liechtenstein ist bereits Gegenstand verschiedenster Untersuchungen (z.B. EBERSTALLER et al. 1997). Die Methode der komorphologischen Beurteilung wurde zudem nicht fr Fliessgewsser dieser Grssenordnung entwickelt. Der Rhein wird daher aus den nachfolgenden Betrachtungen ausgeschlossen. Er wird im Rahmen des Entwicklungskonzeptes der IRKA (Internationale Regierungskommission Alpenrhein) im Detail bearbeitet (vgl. auch KINDLE 1999). 3.2.3. Vorgehen an den Hanglagen

Im Bereich der Hanglagen wurden in den letzten Jahren detaillierte Zustandserhebungen der Verbauungen und Geschiebesituation durch das Tiefbauamt vorgenommen. Entsprechend sind gute lokale Kenntnisse und Plangrundlagen vorhanden. Dieses Wissen konnte fr die Erarbeitung der komorphologischen bersicht genutzt werden. In einem ersten Schritt wurden daher einzelne Fliessgewsserabschnitte anhand der Plne festgelegt und wesentliche Kriterien erfasst (z.B. Anzahl und Grsse Verbauungen). Dabei wurden 812 verschiedene Abschnitte unterschieden. Als Auskunftsperson stand Hubert Wenzel, Triesen (FL) zur Verfgung. Mittels punktueller Begehungen fand anschliessend eine berprfung der Abschnitte statt.

13

Abb. 13 bersicht der im Talraum aufgenommenen komorphologischen Kriterien. Die rot markierten Kriterien dienten der Gesamtbeurteilung.

Anzahl Hhe Typ ber 75% Nadelholz Nadel- und Laubholz ber 75% Laubholz Fettwiese ext. bewirtschaftete Wiese Riedwiese Ackerland Aue Grten Gebude Verkehrstrger sonstige Kies/Gerll/Fels Rhricht/Ried Aue Wald (standortgerecht) Vegetationsmosaik strukturreiche Hecke Hochstaudenflur ext. bewirtschaftete Wiese alleehnliche Bestockung monotone Hecke Wald (standortfremd) schrge Bschung verbaut Gerade bogig

Abstrze

Linienfhrung Umland

leicht mandrierend mandrierend verzweigt Permanent

Wasserfhrung

selten austrocknend meist trocken unbekannt

Variabilitt Wasserspiegelbreite

Ausgeprgt eingeschrnkt keine

Variabilitt Wasserspiegeltiefe Bewuchs Uferbereich

Ausgeprgt eingeschrnkt keine

Mittlere Sohlenbreite/ Wasserspiegelbreite

TallagenKeine vereinzelt (60%) vollstndig (100%)

Breite UferbereichLebendverbau Natursteine locker Holz Betongittersteine/-schalen Natursteine dicht Mauer andere (z.B. Holzbretter) Keine vereinzelt (60%) vollstndig (100%) kein/gering (5m 14%1% 10% gerade bogig leicht mandrierend verzweigt 88% 1%

0.20.4m 19% >0.40.7m 8%

>2-5m 18%

>1.52.0m 9%

>11.5m 18%

>0.71.0m 14%

An den Hanglagen und inneralpin erfolgten die Eingriffe primr innerhalb der bestehenden Gewsserverlufe, Begradigungen oder Neuschaffung von Gewssern wurden mit Ausnahme des Siedlungsgebietes Triesenberg kaum durchgefhrt.

Abb. 20 Inneralpin beeindruckt vor allem die Samina mit ihren Abb. 18 Vor allem die Grben im Talraum weisen eine ausgesprochen geradlinige Linienfhrung auf. Umlagerungsstrecken. Verantwortlich fr die Kiesauflandungen im unteren Bereich ist das grosse Absturzbauwerk beim Falleck.

18

Abb. 21 Sohlbreite des betrachteten Gewssernetzes. Die wichtigsten Fliessgewsser sind namentlich bezeichnet.

Spiersbach

Legende>1 m 1-3 m 3-5 m 5-10 m 10-20 m >20 m Eindolung

Bin n

en k an

al

1 0.5 0

1 Kilometer

Esche

Samina

Valorschbach

Malbunbach

Valnabach

La we n

ab ac h

19

4.5

Wasserfhrung

Die Wasserfhrung bestimmt massgeblich die Eigenschaft des Fliessgewssers als Wasserlebensraum. Insbesondere obligat ans Wasser gebundene Arten (z.B. Fische) haben nur beschrnkte Mglichkeiten ein Trockenfallen zu berstehen (z.B. durch Tieferwandern in das Interstitial oder berdauern in Vertiefungen). Eine fehlende Wasserfhrung auf einem Teilabschnitt eines Gewssers verursacht einen zumindest temporren Unterbruch im Kontinuum des Fliessgewssers (Durchgngigkeit) und ist in seiner Wirkung mit grossen Abstrzen vergleichbar. Im Talraum lsst der gegenber frher gesunkene Grundwasserspiegel zahlreiche Gewsser trockenfallen. Permanent wasserfhrend sind die grossen Fliessgewsser und Auslufer der Hangbche sowie zentrale Riedgewsser z.B. im Nahbereich des Ruggeller Rietes. Mit Bewsserungsprojekten wird teils versucht, eine permanente Wasserfhrung sicherzustellen (z.B. Silbergiessen bei Balzers). Der Anteil der wiederbewsserten Fliessgewsserstrecke macht rund ein Viertel der permanent wasserfhrenden Gewsserstrecke im Talraum aus. Auch die kleineren Entwsserungsgrben weisen heute oft nur noch eine periodische Wasserfhrung auf. Vereinzelt sind sie durch Drainageleitungen ersetzt worden oder sie wurden zwischenzeitlich ersatzlos zugeschttet.Abb. 22 Wiederbewsserte Fliessgewsser

Trotzdem ist im Talraum der Anteil der permanent wasserfhrenden Gewsser am grssten. Eine entsprechend hohe Bedeutung hat der Talraum fr die aquatische Fauna und Flora. Auch eine stark schwankende Wasserfhrung, wie sie z.B. aufgrund der Wasserkraftnutzung im Vaduzer Giessen gegeben ist, kann sich auf die Wasserfauna negativ auswirken. Im Hangbereich lsst sich vielfach eine Untergliederung im Gewsser erkennen. Im Oberlauf tritt das Wasser bei geologischen Stauschichten in Form von Quellen aus. Hier hngt die Wasserfhrung von der lokalen Beschaffenheit des Untergrundes, der Grsse des Einzugsgebietes und der zeitlichen Verteilung der Niederschlge ab. Diese Strecken fallen in der Regel nur zeitweise trocken. Darunter folgen hufig die Schotterfcher, in denen das Wasser meist vollstndig versickert. Entsprechend weisen die Hangbche einen grsseren Anteil an Abschnitten auf, die nur bei Starkregenfllen Wasser fhren. Eine durchgngige Wasserfhrung von der Quelle bis zur Mndung in den Binnenkanal ist nur in Ausnahmefllen vor allem im Bereich des Triesenberges gegeben. Entsprechend ist nur rund die Hlfte der Fliessgewsserstrecke am Hang permanent wasserfhrend. Ein Teil der trockenfallenden Strecken ist dabei auf Wasserentnahmen aus dem Gewsser, z.B. fr die Energiegewinnung zurckzufhren. Indirekte Wasserentnahmen erfolgen im Einzugsgebiet der Gewsser durch Quellfassungen fr die Wasserversorgung. Z.T. werden so beachtliche Mengen an Wasser den Fliessgewssern entzogen. So betrug der Quellwasserverbrauch 2004 durchschnittlich rund 117 l/sec (AMT FR VOLKSWIRTSCHAFT 2005). Quellwasserfassungen gibt es an den Hanglagen von Balzers bis Schaanwald.Abb. 23 Die Wasserfhrung der Fliessgewsser zeigt deutliche Unterschiede zwischen den Hang- und Tallagen. Dargestellt ist die Fliessgewsserlnge in Kilometern. 160 140 120 100 80 60 40 20 0 Tallagen Hanglagen Inneralpin meist trocken teilweise austrocknend permanent wasserfhrend

LegendeGewsser Wiederbewssert

20

Inneralpin sind die Fliessgewsser hnlich wie an den Hanglagen strukturiert. Einzig die Schotterkrper sind in der Regel kleinrumiger ausgebildet als am Rheintalhang. Die grsseren Fliessgewsser der Alpentler (Samina, Valorschbach, Malbunbach, Valnabach) weisen abgesehen von den Restwasserstrecken eine durchgngige Wasserfhrung auf. Markante, knstlich geschaffene Unterbrche werden durch die Wasserfassung am Malbunbach und den Stausee am Valnabach verursacht. Im Einzugsgebiet des Malbunbaches sind zudem wichtige Quellwasserfassungen vorhanden (Schneeflucht).Abb. 24 Wasserfhrung der Fliessgewsser in Liechtenstein in der Gesamtbersicht.

Abb. 27 Der Valorschbach weist noch eine unbeeinflusste, natrliche Wasserfhrung auf.

19%permanent wasserfhrend teilweise austrocknend

18%

meist trocken

63%Abb. 28 Der Altabach bei Balzers ist dank der Wiederbewsserung wieder zu einem wichtigen Wasserlebensraum geworden.

Abb. 25 Wasserfassungen, ohne Restwasserdotation, wie hier am Lawenatobelbach, verursachen Unterbrche in der Lngsverbindung im Gewssersystem.

Abb. 26 Teilweise versickert auf den Schotterkrpern natrlicherweise das ganze Wasser.

Fazit Ein Drittel der Fliessgewsserlnge in Liechtenstein fllt natrlicherweise oder aufgrund von Ausleitungen meist oder teilweise trocken. In diesen Bereichen ist die Bedeutung des Gewssers in seiner Funktion als Wasserlebensraum und in seiner Durchgngigkeit eingeschrnkt. Eine grosse Bedeutung fr die aquatische Tier- und Pflanzenwelt haben die Fliessgewsser im Talraum. Hier sind permanent wasserfhrende Strecken auch dank verschiedener Wiederbewsserungsprojekte die Regel. Inneralpin sind es vor allem die grossen Fliessgewsser, denen aufgrund ihrer Wasserfhrung eine Lebensraumbedeutung zukommt. Besonders erwhnenswert sind die bezglich Wasserhaushalt weitgehend unbeeinflussten Gewsserstrecken am Valnabach sowie das Gewssersystem des Valorschbaches.

21

Abb. 29 Wasserfhrung der Fliessgewsser in Liechtenstein mit den Restwasserstrecken

Legendepermanent teilweise austrocknend meist trocken Restwassserstrecke bis 500m 500 bis 1000m 1000 bis 1500m 1500 bis 2000m 2000 bis 2500m

1 0.5 0

1 Kilometer

22

4.6

Sohle

Abb. 31 Verbauungsgrad der Sohle100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Tallagen vollstndig (100%) grssere bis berwiegend (zwischen 30 und 100%) vereinzelt bis mssig (zwischen 10 und 30%) unverbaut Hanglagen Inneralpin

Die Sohle ist die Verbindung des Gewssers mit dem Untergrund. Hier finden die Austauschvorgnge mit dem umliegenden Grundwasserkrper statt. Der Lckenraum (Interstitial) im Sohlsubstrat wird von vielen Organismen zeitweise oder dauernd als Lebensraum genutzt. Er dient auch der Verankerung der hheren Pflanzen. Eine natrlich strukturierte Gewssersohle ist die Voraussetzung fr die Reproduktion der Fische. Eine Verbauung der Sohle beeintrchtigt daher die Funktionsfhigkeit des Fliessgewssers als Lebensraum entscheidend. Entsprechend ist der Verbauungsgrad der Sohle ein wichtiges Kriterium fr die Naturnhe des Fliessgewssers. Im Talraum sind drei Viertel der Fliessgewssersohle nicht verbaut. Hier dienen Sohlverbauungen primr der Verhinderung von Materialanlandungen und der schnellen Wasserableitung. Entsprechend wurden diese in Gebieten mit geringem Geflle ausgefhrt, wie im Eschnerriet oder im Nahbereich zum Ruggeller Riet. Der Anteil der Verbauungen an der Sohle nimmt an den Hanglagen ab. Hier verhindern Sohlverbauungen die Eintiefung an besonders erosiven Strecken oder sichern punktuell untenliegende Bauwerke. Sie dienen teils auch der Unterbindung der Versickerung des Hangwassers an rutschgefhrdeten Stellen, wie z.B. im Gebiet Triesenberg. In der Regel wird hier die Sohlstabilisierung durch Sperrenreihen und Abstrze und nicht durch Sohlverbauungen wie in den Tallagen erreicht (vgl. Kap. 4.10). Die Abstrze wurden getrennt erfasst und sind nicht bei der Sohlverbauung bercksichtigt. Inneralpin weisen nur einige wenige Strecken eine Sohlverbauung auf. Hier dienen sie hufig der punktuellen Sicherung von Infrastrukturbauten.

Fr die Beurteilung der Sohlverbauung hinsichtlich ihrer Wirkung auf das Gewsser ist auch die Art der Verbauung entscheidend. Im Talraum wird hufig Holz insbesondere bei den kleineren Entwsserungsgrben verwendet, daneben kommen auch Betonschalen zum Einsatz. Vereinzelt sind Steinschttungen zur Stabilisierung der Sohle vorhanden. An den Hanglagen und inneralpin treten die Holzverbauungen zurck. Hier sind Steinpflsterungen oder Betonschalen bedingt durch die aufgrund des grsseren Geflles strkeren Wasserkrfte hufiger.Abb. 32 Der Verbauungsgrad der Sohle ist in Liechtenstein gesamthaft gering.

2% 4%

8%

Abb. 30 Hart verbauter Sohlabschnitt an der Balzner Rfe. unverbaut

86%vereinzelt bis mssig (zwischen 10 und 30%) grssere bis berwiegend (zwischen 30 und 100%) vollstndig (100%)

Fazit Gesamthaft sind 86% der Fliessgewssersohle nicht verbaut. Damit weisen die Fliessgewsser einen relativ geringen Verbauungsgrad an der Sohle auf. Der Schwerpunkt der Verbauung liegt dabei in den Talund Hanglagen.

23

Abb. 33

Verbauungsgrad der Sohle

Legendeunverbaut vereinzelt-mssig grsser-berwiegend vollstndig

1 0.5 0

1 Kilometer

24

4.7

Bschungsfuss

schungsverbauungen auch der Sicherung nachfolgender Absturzbauwerke oder Brcken vor Hintersplung.Abb. 34 Die Verbauung des Bschungsfusses ist vor allem im Talraum weit verbreitet. An den Hanglagen und inneralpin sind Bschungssicherungen seltener.100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Tallagen vollstndig (100%) grssere bis berwiegend (zwischen 30 und 100%) vereinzelt bis mssig (10-30% unverbaut Hanglagen Inneralpin

Der Bschungsfuss ist der bergangsbereich des Wasserkrpers zu seinem Umland. Hier erfolgen die verschiedensten Austauschvorgnge, einerseits seitlich Richtung Grundwasserkrper und andererseits oberirdisch in der Kontaktzone zur Ufervegetation. In diesem Bereich finden sich wichtige Nahrungsquellen, Rckzugsrume bei Hochwasser wie auch Unterstnde. Eine mglichst natrliche Bschung ermglicht eine standortgerechte und vielfltige Ufervegetation und bietet unterhalb der Wasserlinie Lebensraum fr Jungfische und Kleintiere. Auch fr die Verbindung des Gewssers mit dem angrenzenden Uferbereich ist ein natrlicher Bschungsfuss von grosser Bedeutung. Eine Verbauung des Bschungsfusses kann, je nach Art (durchlssig/undurchlssig) und Umfang der Verbauung, eine wesentliche Beeintrchtigung dieser Funktionen darstellen. Entsprechend ist der Verbauungsgrad der Bschung ein wichtiges Kriterium bei der Beurteilung des komorphologischen Zustandes eines Fliessgewssers. Im Vergleich mit der Sohle sind die Bschungen der Fliessgewsser in Liechtenstein deutlich strker verbaut. Die meisten Eingriffe sind im Talraum erfolgt. Hier ist der Bschungsfuss zur Sicherung der Ufer auf rund der Hlfte der Fliessgewsserstrecke ganz oder teilweise verbaut. Die Sicherung des Bschungsfusses dient der Verhinderung der natrlicherweise vorhandenen Seitenerosion der Fliessgewsser. Diese werden so in ihrer Tendenz zur Mandrierung bei geringem Geflle gehindert. Die Wasserableitung erfolgt geradlinig und Platz sparend. Entsprechend weisen smtliche grsseren Fliessgewsser (Binnenkanal, Esche) eine Bschungsfusssicherung auf. Ihr Kontakt mit der Umgebung ist stark eingeschrnkt, Unterstnde fr Fische fehlen weitgehend. Die kleineren Entwsserungsgrben mit geringer oder nur periodischer Wasserfhrung wie auch die Giessen (z.B. in Balzers) haben hufig keine Bschungsfusssicherung. Bei den Giessen bieten die uferbegleitenden Gehlze einen seitlichen Erosionsschutz. An den Hanglagen treten die Bschungsfusssicherungen zurck. Die Seitenerosion ist hier geringer und deren Verhinderung wird vor allem durch eine Sohlstablisierung mittels Abstrzen erreicht (vgl. Kap. 4.10). Hier sind es vor allem die Gewsser im Siedlungsgebiet (z.B. Triesen/Triesenberg) die eine seitliche Sicherung aufweisen. Daneben sind an vereinzelten Abschnitten der Rfen die Bschungen gegen ein seitliches Ausbrechen gesichert. In der Nhe der Sammler bernehmen teils auch grssere Aussendmme diese Funktion. Inneralpin sind nur einige wenige, meist punktuelle oder kurze Verbauungen im Gebiet Steg und zur Sicherung der Siedlung Malbun vorhanden. Vielfach dienen kurze B-

Abb. 35 Gesamthaft weist rund ein Viertel der Fliessgewsserstrecke eine Bschungssicherung auf.

20% 3% 4% 73%

unverbaut vereinzelt bis mssig (10-30%) grssere bis berwiegend (zwischen 30 und 100%) vollstndig (100%)

Abb. 36 Dieser Zufluss in den Malbunbach ist durch die gepflsterte Schale vollstndig von seiner Umgebung isoliert.

25

Abb. 37 Hufig sind auch die Hangbche im Siedlungsbereich gesichert (Foto: Triesner Dorfbach).

Material Bschungsfuss Wie beim Sohlenverbau ist fr die Beurteilung der komorphologischen Wirkung auch das verwendete Material am Bschungsfuss entscheidend. Massgeblich ist dabei, ob eine Durchlssigkeit zwischen Wasserkrper und umgebendem Untergrund vorhanden ist oder nicht. Im Talraum ist bei den grsseren Fliessgewssern der Bschungsfuss dicht mit Natursteinen besetzt (Binnenkanal, Esche). Einzelne Gewsser sind mit Betonschalen abgedichtet oder gepflstert. Bei den kleineren Entwsserungsgrben kommen auch Holzbretter zum Einsatz. In der Regel sind nur geringe Zwischenrume vorhanden, und der Bschungsfuss muss entsprechend als undurchlssig angesehen werden.

Abb. 38 Der Bschungsfuss der grsseren Fliessgewsser im Talraum wie der Binnenkanal und die Esche ist mittels Steinen gegen eine seitliche Erosion gesichert.

An den Hanglagen und inneralpin erfolgt die Sicherung in der Regel durch Betonmauern, Steinpflsterungen oder dicht mit Natursteinen besetzte Ufer. Vereinzelt wird das Ufer auch mit Baumstmmen gesichert.Abb. 40 Natursteine sind das bevorzugte Material bei der Bschungsfusssicherung

2% 6% 2% 8% 7% 9%

66%Abb. 39 Selbst kleine Fliessgewsser knnen wie dieser Hangbach in Balzers von der Umgebung getrennt werden.Lebendverbau Natursteine locker Holz Betongittersteine/-schalen Natursteine dicht Mauer Sonstiges

Fazit Gesamthaft weisen rund zwei Drittel der Fliessgewsserlnge keine Verbauungen am Bschungsfuss auf. Der Schwerpunkt liegt in den Tallagen und im besiedelten bzw. landwirtschaftlich genutzten Teil der Hanglagen. Als Verbauungsmaterial dienen vor allem an den grsseren Gewssern dicht gesetzte Natursteine. Daneben sind bei den kleineren Fliessgewssern Holz und Betonschalen verbreitet.

26

Abb. 41 Verbauung Bschungsfuss.

LegendeKeine wenig-mssig grssere-berwiegend vollstndig

1 0.5 0

1 Kilometer

27

4.8

Variabilitt Wasserspiegelbreite

Natrlicherweise ist in Fliessgewssern aufgrund von Steinen, Ufererosion oder Wurzeln der Ufervegetation eine grosse Breiten- und Tiefenvariabilitt des Wasserkrpers vorhanden. Dadurch werden auf kleinem Raum verschiedene Strmungsbedingungen erzeugt, die sich durch die unterschiedliche Schleppkraft wieder auf die Zusammensetzung des Untergrundes auswirken. So entsteht eine ausgesprochene Lebensraumvielfalt mit unterschiedlicher Strmung und Sohlsubstrat, die den Ansprchen verschiedenster Wasserorganismen gerecht werden kann. Auch Fische bevorzugen unterschiedliche Strmungseigenschaften. Die Variabilitt der Wasserspiegelbreite ist daher ein wichtiges Merkmal fr die Naturnhe und fliesst ber das Kriterium der Breitenvariabilitt in die komorphologische Gesamtbeurteilung ein. Im Talraum weisen nur noch 6% der Fliessgewsserlnge eine ausgeprgte Breitenvariabilitt auf. Bei 59% ist aufgrund fehlender Breitenvariabilitt von einer gleichfrmigen Strmungsstruktur auszugehen. Hier spiegelt sich der relativ hohe Verbauungsgrad des Bschungsfusses auch im Wasserkrper wider. Auch bei nicht knstlich verbauten Fliessgewssern wird zudem die Breitenvariabilitt durch Unterhaltsmassnahmen, wie z.B. ausfrsen von Entwsserungsgrben oder das Entfernen von Anlandungen und Uferabbrchen, eingeschrnkt. An den Hanglagen nimmt der Anteil der Fliessgewsser mit ausgeprgter Breitenvariabilitt auf rund 78% der Fliessgewsserlnge zu. Der Anteil verbauter Bschungen ist hier geringer. Die aufgrund des Geflles strkere Dynamik schafft zustzliche Variabilitt im Gewsserbett. Inneralpin weisen die Gewsser noch zu 94% eine gute Variabilitt des Wasserkrpers und damit verschiedene Strmungsstrukturen auf. Entsprechend vielseitig prsentiert sich hier der Untergrund mit grobblckigen Steinen und kiesig bis sandigen Stellen.Abb. 42 Bei der Esche ist keine Breitenvariabilitt vorhanden.

Abb. 43 Bei der Breitenvariabilitt sind grosse Unterschiede zwischen den Naturrumen vorhanden.100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Tallagen Hanglagen keine eingeschrnkt Ausgeprgt Inneralpin

Abb. 44 Gesamt weist rund die Hlfte der Fliessgewsserlnge eine ausgeprgte Breitenvariabilitt auf.

30% 50%Ausgeprgt eingeschrnkt keine

20%

Fazit Die Lebensraumvielfalt innerhalb des Wasserkrpers ist vor allem im Talraum trivialisiert. Die eingeschrnkte Breitenvariabilitt reduziert die Strmungs- und Substratvielfalt. Dies wirkt sich negativ auf die Artenvielfalt im Gewsser aus. Inneralpin und an den Hanglagen ist der Wasserkrper auf langen Strecken noch sehr vielfltig ausgebildet.

28

4.9

Uferbereich

Zwischen Uferbereich und Gewsser bestehen zahlreiche Austauschvorgnge. ber den Uferbereich gelangen Nhrstoffe und Nahrung (z.B. Falllaub) in das Gewsser. Anderseits sind viele Tierarten der Gewsser in ihrer Entwicklung auf ihren Bedrfnissen entsprechende Uferbereiche angewiesen (vgl. auch Kap. 1.2.4). Der Uferbereich spiegelt auch die Beeinflussung des Gewssers durch die Umlandnutzung wieder. Die Ausbildung des Uferbereiches ist daher ein weiteres Kriterium fr die Beurteilung der Natrlichkeit eines Fliessgewssers. Die Wirkung des Uferbereiches ist dabei abhngig von der Ausgestaltung der Vegetation und der Breite. Die Breite ist definiert vom Gewsserrand bis zur intensiven Nutzung. Ob die Breite des Uferbereiches fr ein Fliessgewsser ausreichend ist, wird in Abhngigkeit der Wasserspiegelbreite und der Breitenvariabilitt beurteilt (BUWAL 1998b) (vgl. Kap. 0). Der Uferbereich spielt damit auch im Hinblick auf die Bestimmung des Raumbedarfs des Fliessgewssers eine entscheidende Rolle. Bei der Vegetation des Uferbereichs wird zudem zwischen gewssergerechter, gewsserfremder oder knstlicher Ausprgung unterschieden.

Der Uferbereich ein bedeutender Lebensraum Der Uferbereich umfasst im Talraum eine Flche von rund 150 Hektaren und bildet damit eine der wichtigsten Extensivflchen in der intensiv genutzten oder in Teilen dicht besiedelten Talebene. Sie bieten einen Lebensraum fr zahlreiche Tier- und Pflanzenarten und sind wichtige Rckzugsrume. Hier leben auch viele landwirtschaftliche Ntzlinge, und von hier aus findet hufig die Wiederbesiedlung des Umlandes, z.B. nach der Mahd angrenzender Wiesen, statt. Der Uferbereich der Gewsser ist eine wesentliche Grundlage fr eine kologische Vernetzung im Talraum.Abb. 45 Die Breite des Uferbereiches ist vor allem in den Tallagen ungengend.100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Tallagen Hanglagen Inneralpin beidseitig ungengend einseitig ungengend beidseits gengend .

Breite Uferbereich Im Talraum grenzt hufig die umliegende Nutzung nahe an das Gewsser. Meist sind die Uferbereiche daher nur als schmale Sume an der Bschung ausgebildet, teilweise fehlen sie ganz, und die intensive Nutzung oder die Verbauungen grenzen direkt an den Gewsserrand. Den Fliessgewssern steht auf zwei Drittel der Strecke auf beiden Seiten zu wenig Raum zur Verfgung. Nur bei gerade 13% der Fliessgewsserstrecke im Talraum weist der Uferbereich auf beiden Seiten eine ausreichende Breite auf. An den Hanglagen sind es einzelne Strecken im Siedlungsbereich oder in Gebieten intensiver landwirtschaftlicher Nutzung, die schmale oder keine Uferbereiche aufweisen. Inneralpin sind es insbesondere Alpweidenutzungen, die ber das Gewsser hinweg erfolgen und so keine gewssertypische Begleitvegetation in Form von Hochstauden oder Riedvegetation erlauben.

Abb. 46 Beinahe die Hlfte der Fliessgewsserstrecke weist einen zu schmalen Uferbereich auf.

33%

beidseits gengend einseitig ungengend beidseitig ungengend

55% 12%

Fazit Der Uferbereich ist vor allem im Talraum durch seine meist zu schmale Ausbildung in seiner Funktionsfhigkeit als fliessgewsserergnzender Lebensraum eingeschrnkt. Es ist auch von einer starken Beeinflussung des Gewssers durch das Umland auszugehen. Dies spiegelt sich auch in der teilweise gewsserfremden Ufervegetation wieder. Bezglich der Ausdehnung und der Vegetation prsentiert sich der Uferbereich an den Hanglagen und inneralpin weit grosszgiger und gewssergerechter.

29

Ufervegetation In den Tallagen dominieren extensiv bewirtschaftete Wiesen und Hochstaudenfluren. Ebenfalls hufig sind auch die bachbegleitenden meist strukturreichen Hecken, vor allem an den Giessen in Balzers. Riedvegetation ist in Naturschutzgebieten Ruggeller Riet und den Schwabbrnnen-scher vorhanden. Alleehnliche Bestockung oder monotone Hecken sind eher selten. An den Hanglagen sind vor allem die Wlder dominant. In Ufernhe sind diese meist standortgerecht ausgebildet. Kiesige Uferbereiche oder ein Vegetationsmosaik aus offenen Wiesen und Gehlzen sind ebenfalls hufig. Inneralpin werden aufgrund der Hhenlage die Wlder offener und das Vegetationsmosaik aus Wiesenvegetation und Gebschen sowie offene Bodenstellen werden hufiger. Die Bschungen sind oft auch Rutschungen und Erosion unterworfen. Standortgerechter Wald ist verbreitet, vielfach grenzen auch Alpweiden direkt an den Gewsserrand an.Abb. 47 Die Vegetation am Uferbereich prsentiert sich zwischen Hang und Tal sehr unterschiedlich100% 90% 80% 70% 60% 50% 40%

Abb. 48 An diesem Zubringer zum Schindelholzbach wird die Umlandnutzung direkt bis an den Gewsserrand gefhrt, ein typischer Uferbereich fehlt.

Abb. 49 Die intensive Umlandnutzung grenzt am Schmettakanal dicht an den mit Schilf bestandenen Uferbereich an. Der Uferbereich ist nur als schmales Band ausgebildet.

Abb. 50 Links im Bild erfolgt die Alpweidenutzung bis an den30% 20% 10% 0% Tallagen Hanglagen Inneralpin

Gewsserrand, rechts ist ein Vegetationsmosaik mit Gebschen vorhanden.

Alpweide schrge Bschung verbaut Wald (standortfremd) monotone Hecke alleehnliche Bestockung ext. bewirtschaftete Wiese Hochstaudenflur strukturreiche Hecke Vegetationsmosaik Wald (standortgerecht) Aue Rhricht/Ried Kies/Gerll/Fels

30

4.10

Durchgngigkeit im Fliessgewssersystem (knstliche Abstrze)

Die Durchgngigkeit unserer Fliessgewsser wird im Wesentlichen von der Wasserfhrung, den Eindolungen und Abstrzen bestimmt. Die Abstrze knnen natrlicherweise vorhanden sein oder wurden knstlich zur Gewsserstabilisierung geschaffen. Zahlreichen Wassertieren insbesondere den Fischen wird so die Wanderung gegen die Fliessrichtung verunmglicht oder erschwert. Diese wre jedoch wichtig, um der natrlichen Verdriftung bachabwrts entgegenwirken zu knnen und um die Wiederbesiedlung von Fliessgewsserstrecken nach Katastrophenfllen (z.B. Hochwasserereignissen, Schadstoffeintrgen) sicherzustellen. Wandernde Tierarten werden zudem in ihren Mglichkeiten zur Durchmischung der Population und damit in der Fortpflanzung behindert. Die Bedeutung der Durchgngigkeit zeigt sich deutlich am Liechtensteiner Binnenkanal. Schaffung der Durchgngigkeit fr Fische am Liechtensteiner Binnenkanal Im Jahre 1999/2000 wurde die Binnenkanalmndung in Ruggell revitalisiert und fischdurchgngig gestaltet. Die vormalige Fischtreppe wurde durch einen kontinuierlichen bergang ersetzt. Durch diese Massnahme erhhte sich die Artenzahl im unteren Binnenkanal von 6 auf 16 Fischarten (vgl. Kap. 7.4.1) Als Wanderhindernisse wirken primr Sohlschwellen. Je nach Hhe und Ausbildung des Absturzes knnen sie von verschiedenen Fischarten berwunden werden. Nur geringe Mglichkeiten haben sprungschwache Arten, wie z.B. die Groppe, whrend die Bachforelle auch grssere Hindernisse berwinden kann. Im Talraum sind Absturzbauwerke aufgrund des geringen Geflles relativ selten. Hufig werden die kleineren bis mittleren Gewsser in Rohren unter Strassen oder durch die Siedlung gefhrt. Auch Rohre werden nur ungern von Fischen durchquert. Sie haben in Abhngigkeit von Lnge, Durchmesser und vorhandenem Sohlsubstrat ebenfalls eine Hinderniswirkung im Aufstieg. Rohre sind insbesondere bei den kleineren Entwsserungsgrben (z.B. Ruggeller Riet, Schaaner Riet) hufig. Im bergangsbereich der Hanglagen ins Tal bilden die Kiessammler mit den nachfolgenden Absturzbauwerken in der Regel absolute Wanderhindernisse fr wassergebundene Tierarten. Somit ist fr im Gewsser wandernde Arten die Verbindung zwischen Tal- und Hanggewssern zu fast 100% unterbrochen.

An den Hanglagen sind knstliche Abstrze zur Gewssersicherung hufig. Vor allem die grsseren Rfen und ihre Einzugsgebiete weisen teils umfangreiche Verbauungen auf. Daneben haben beinahe alle Fliessgewsser auch natrliche Abstrze. Aufgrund der starken Versickerung auf den Schuttfchern bzw. Wasserentnahmen ergeben sich hufig periodische Wasserfhrungen. D.h. Kontinuumsunterbrechungen und zeitweise fehlende Durchgngigkeit ist hier auch natrlicherweise die Regel. Absturzverbauungen sind im inneralpinen Gewssernetz seltener. Natrliche Abstrze sind vor allem an den kleineren Seitenbchen hufig. Als wesentliche knstliche Kontinuumsunterbrechung sind an den grossen Fliessgewssern die Stauseen im Steg und die Wasserausleitung des Malbunbaches anzusehen. Eine wesentliche Vernderung des Geschiebehaushaltes und der Durchgngigkeit wurde durch das Absturzbauwerk beim Falleck bewirkt.Abb. 51 Fliessgewsserlnge aufgeteilt nach Anzahl der knstlichen Abstrze pro 100 m (Hang- und inneralpiner Bereich).

3% 2% 9%

3%

1% 1%

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31

Abb. 52 Knstliche Abstrze und Eindolungen an den Fliessgewssern! ( ! ( ! ( ! ( ! ( ! ( ! ( ! ( ( ! ! ( ! ( ! ( ! ! ! ( ( ( ! ( ! (

LegendeEindolung! ( ! ( ! ( ! ( ! ! ( ( ! (

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32

55.1

komorphologische GesamtbeurteilungVorgehen

5.2

bersicht

Die Gesamtbeurteilung der Naturnhe erfolgt gemss Schlssel der komorphologie Stufe F (BUWAL 1998b) und ist im Anhang im Detail dargestellt. Sie beruht auf folgenden vier Kriterien, denen jeweils Negativpunkte (0-3) zugeordnet werden. Diese Kriterien haben sich als gute Indikatoren fr die Naturnhe erwiesen, die relativ einfach eine nachvollziehbare und plausible Einstufung erlauben:

Betreffend der komorphologischen Gesamtbeurteilung bestehen grosse Unterschiede zwischen den Tallagen und den Hangbchen. Markant ist der hohe Anteil stark beeintrchtigter Fliessgewsser im Tal, whrend am Hang und Inneralpin der Anteil naturnaher Bche zunimmt. Inneralpin ist der Anteil naturfremder oder stark beeintrchtigter Fliessgewsser gering.

Abb. 53 komorphologische Beurteilung aufgeteilt nach Naturrumen.100% 90%

Breitenvariabilitt des Wasserspiegels

80% 70%

Verbauung der Sohle (Verbauungsgrad, Verbauungsart)

60% 50%

Verbauung des Bschungsfusses (Verbauungsgrad, Durchlssigkeit)

40% 30%

Uferbereich (Breite, Beschaffenheit)

20% 10% 0%

Gesamtbeurteilung

Aufgrund der Gesamtpunktzahl werden die Fliessgewsser in vier Stufen eingeteilt: 0-1 Punkte 2-5 Punkte 6-9 Punkte 10-12 Punkte Natrlich/naturnah Wenig beeintrchtigt Stark beeintrchtig Naturfremd/knstlich

Tallagen

Hanglagen

Inneralpin

naturfremd knstlich stark beeintrchtigt wenig beeintrchtigt natrlich / naturnah

Abb. 54 komorphologische Gesamtbeurteilung der Fliessgewsser Liechtensteins

Die Wasserfhrung wird bei der Beurteilung nicht bercksichtigt.22%

9% 36%

33%natrlich / naturnah wenig beeintrchtigt stark beeintrchtigt naturfremd knstlich

33

5.3

Talraum

Die Fliessgewsser des Talraumes wurden weitgehend im Rahmen von Meliorationen und Gewsserkorrektionen gestreckt und verbaut oder sind grundstzlich knstlich geschaffene geradlinige Gebilde. Sie mssen daher zu rund 52% als naturfremd bis stark beeintrchtigt angesehen werden (Abb. 53). Naturfremd/knstlich sind Gewsser deren Sohle und Bschungsfuss verbaut sind. Teilweise fehlen die Uferbereiche und die intensive Umlandnutzung grenzt direkt an das Gewsser an. Hierzu zhlen 14% der Fliessgewsserlnge im Talraum.Abb. 55 Eine Betonschale trennt das Murabchle in Balzers vollstndig vom Umland und schafft ein monotones Gerinne.

Wenig beeintrchtigt sind 44 % der Fliessgewsser. Meist handelt es sich um unverbaute Entwsserungsgrben mit geringer Variabilitt des Wasserspiegels, die eine gewssergerechte Vegetation am Ufer, jedoch meist einen zu schmalen Uferbereich aufweisen.Abb. 57 Ein typischer unverbauter Entwsserungsgraben mit schmalem Uferbereich.

Natrlich/naturnah prsentieren sich nur noch 4% der Fliessgewsserstrecke. Darunter finden sich einzelne, grosszgig revitalisierte Fliessgewsserabschnitte.Abb. 58 Grosszgige Revitalisierung am Speckigraben in

Schaan unmittelbar nach der Umsetzung im Jahre 2002.

Stark beeintrchtigte Gewsser weisen hufig eine durchgehende Bschungsfussverbauung mit eingeschrnkter Wasserspiegelvariabilitt auf. Ihre Sohle ist unverbaut, gewssergerechte Uferbereiche sind nur teilweise vorhanden. Hierzu gehren auch Entwsserungsgrben mit fehlendem Uferbereich oder gewsserfremder Ufervegetation. 38 % der Fliessgewsser im Talraum gehren in diese Kategorie.Abb. 56 Der Liechtensteiner Binnenkanal ist beinahe durchgehend am Bschungsfuss verbaut.

34

5.4

HanglagenWenig beeintrchtigt gelten Gewsser mit vereinzelten Abstrzen zur Sohlsicherung. Der Verbauungsgrad ist gesamthaft gering, die seitlichen Verbindungen mit der uferbegleitenden Vegetation und dem Grundwasser funktionieren. Die Abstrze sind primr ein Wanderhindernis und schrnken die Dynamik (Geschiebetrieb, Uferanrisse) im Gewsser ein. Mit 19% der Fliessgewsserlnge ist diese Kategorie hufig.Abb. 61 Einzelne Abstrze stabilisieren das Gewsser und stellen Wanderhindernisse dar. Zwischen den Abstrzen prsentiert sich das Gewsser wie hier an der Nendlerrfi weitgehend naturnah.

An den Hanglagen dient die Verbauung primr der Stabilisierung des Gewssers und dem Schutz von untenliegenden Gebuden und Infrastrukturen. Naturfremde, knstliche Gewsser machen 9% der Fliessgewsserlnge am Hang aus und finden sich vor allem am bergangsbereich zwischen den Hanglagen und dem Tal sowie im Gebiet der Siedlungsstrukturen am Triesenberg. Neben harten Ufer- und Sohlsicherungen weisen diese Gewsser hufig auch Abstrze auf.Abb. 59 Ein mit Abstrzen, Ufer- und Sohlsicherung hart verbauter Abschnitt des Teufibaches in Triesen.

Stark beeintrchtigte Abschnitte sind mit 13% im Hangbereich deutlich seltener als in den Tallagen. Es handelt sich um Gewsser mit dicht stehenden Abstrzen oder die neben den Abstrzen zustzlich noch Ufersicherungen in Form von Bschungsbauten oder Dmmen aufweisen.

Natrlich/naturnahe Gewsser dominieren mit 59%. Vor allem in den hheren Lagen sind die Fliessgewsser auf weiten Strecken noch weitgehend unbeeinflusst. Ein wichtiges, morphologisch wenig beeinflusstes System ist jenes des Lawenabaches. Daneben sind vor allem die Rfeoberlufe, z.B. im Drei-Schwestern Gebiet, kaum beeinflusst.Abb. 62 Morphologisch unbeeinflusster Abschnitt des Lawenabaches.

Abb. 60 Stark beeintrchtigtes Fliessgewsser mit einer Kaskade an Abtreppungen im Guggerbodatobel.

35

5.5

Inneralpin

Inneralpin beschrnken sich die Eingriffe primr auf die Sicherung der Siedlungen Malbun und Steg sowie der Infrastruktur wie Strassen und Brcken. Naturfremd/knstliche Gewsser machen gerade 2% der Gewsserlnge aus und finden sich entsprechend im Gebiet Malbun sowie der Wasserausleitungsstrecke im Steg.Abb. 63 Hart verbauter Abschnitt des Malbunbaches im Gebiet Steg.

Wenig beeintrchtigt sind vor allem die Gewsser im Bereich der Alpweiden, wo die angrenzende landwirtschaftliche Nutzung direkt bis an das Gewsser erfolgt. Mit einem Anteil von 27% ist diese Kategorie verbreitet.Abb. 65 Die alpwirtschaftliche Nutzung wird hufig direkt ber die Gewsser gefhrt. Eine gewssertypische Ufervegetation fehlt vollstndig, wie hier bei der Alpweide im Gapfahl.

Stark beeintrchtigte Abschnitte sind mit 3% selten und beschrnken sich im Wesentlichen auf dicht mit Abstrzen verbaute Rfen.Abb. 64 Solch dicht treppenartig gesicherte Rfen sind inneralpin selten.

Natrlich/naturnahe Gewsser dominieren mit 68% der Fliessgewsserlnge. Hier ist es vor allem das Saminatal unterhalb von Steg, welches sich gemeinsam mit dem System des Valorschbaches als naturnah prsentiert. Daneben sind vor allem zahlreiche Zuflsse des Malbunund Valnabaches noch naturnah.

Abb. 66 Die morphologisch unbeeinflusste Strecke im Saminatal.

36

Abb. 67 komorphologische Gesamtbeurteilung der Fliessgewsser Liechtensteins.

Legendenatrlich / naturnah wenig beeintrchtigt stark beeintrchtigt naturfremd knstlich Eindolung

1 0.5 0

1 Kilometer

37

6

Raumbedarf

Mit der Festlegung des Raumbedarfes eines Fliessgewssers wird die fr die Erfllung der kologischen Funktionen sowie des Hochwasserschutzes notwendige Flche bezeichnet. Sie geht im Ansatz davon aus, dass die Fliessgewsser vielfltigen Funktionen gerecht werden mssen, insbesondere auch als Lebensraum und Landschaftselement. Naturnahe Gewsser wirken zudem ausgleichend auf Abflussspitzen und tragen zur Hochwassersicherheit bei.

Der Raumbedarf (Uferbereich in Metern) wird nach den in Abb. 68 dargestellten Kurven in Abhngigkeit von der Sohlenbreite ermittelt. Diese Kurven beruhen auf Literaturstudien und Fallbeispielen. Sie bercksichtigen einerseits den Hochwasserschutz und andererseits Anforderungen bezglich der Vernetzung (minimale Uferbereichsbreite). Zur Frderung der natrlichen Vielfalt von Pflanzen und Tieren kann die Uferbereichsbreite erhht werden (Biodiversittsbreite). Unterschieden werden daher folgende zwei Flle (WILLI 2001): eine aus Sicht des Hochwasserschutzes bzw. der Erfllung minimaler kologischer Funktionen notwendige minimale Uferbereichsbreite sowie ein aus Sicht der Biodiversitt gengender Uferbereich (Biodiversittsbreite) Die Nhrstoffpufferzone ist im Uferbereich enthalten. Da es sich um eine einfache Methode handelt, sind die Ergebnisse immer auf ihre Plausibilitt zu berprfen. Die Darstellung des Erfllungsgrades bezglich minimaler Breite Raumbedarf (Abb. 69) zeigt deutlich, dass die minimale Breite im Talraum meist nicht erreicht wird. Ausnahmen bilden insbesondere die Naturschutzgebiete (Ruggeller Riet). Umgekehrt ist in den Hanglagen mit Ausnahme des Triesenbergs der Uferbereich in der Regel gengend breit ausgebildet.

MethodeDie Methode zur Ermittlung des Raumbedarfs orientiert sich an der benachbarten Schweiz (BWG 2000, BWG 2001). Der Raumbedarf ist abhngig von der Grsse (Sohlenbreite) des Gewssers. Diese wurde im Rahmen der komorphologischen Kartierung ermittelt. Die heute vorhandene Sohlenbreite entspricht hufig nicht mehr der natrlichen Ausdehnung, wurde sie doch im Rahmen von Verbauungen vielfach auf das notwendige Minimum reduziert. Ein wesentlicher Hinweis fr die Einflussnahme auf die Sohle ergibt sich aus der Breitenvariabilitt. Die fr den Raumbedarf massgebende Gerinnebreite wird daher im Sinne einer Annherung wie folgt ermittelt: Ausgeprgte Breitenvariabilitt (natrliches Gerinne): Massgebende Sohlenbreite = effektive Sohlenbreite Eingeschrnkte Breitenvariabilitt: Massgebende Sohlebreite = 1,5 * Sohlenbreite Fehlende Breitenvariabilitt: Massgebende Sohlenbreite = 2 * SohlenbreiteAbb. 68 Kurven zur Ermittlung des Uferbereiches (WILLI 2001). (Erluterungen siehe Text).

38

Abb. 69 reich.

Erfllungsgrades bezglich minimaler Breite Uferbe-

LegendeBreite Uferbereichbeidseits gengend einseitig ungengend beidseits ungengend Eindolung

1 0.5 0

1 Kilometer

39

77.1

DiskussionFazit

7.2

Verwendungsmglichkeiten komorphologischer Daten

Aufgrund der Resultate lassen sich nachfolgende wesentliche Erkenntnisse und daraus abgeleitete Massnahmen fr die Fliessgewsser in Liechtenstein formulieren: Esche und Binnenkanal haben eine zentrale Bedeutung als Gewsserlebensraum. Nachteilig ist die naturfremde Ausgestaltung dieser Gewsser auf weiten Strecken. Hier liegt ein wesentliches Revitalisierungspotenzial (vgl. Kap. 7.4) Vor allem kleinere Gewsser sind im Talraum nur wenig beeintrchtig. Deren Defizit liegt im hufig zu schmalen Uferbereich. Ein ausreichend breiter und naturnaher Uferbereich kann eine wesentliche Lebensraumvernetzung im Talraum darstellen Um dieser Funktion gerecht werden zu knnen ist auch der Unterhalt des Uferbereiches verstrkt auf die Bedrfnisse von Fauna und Flora auszurichten Eine ausreichende Wasserfhrung ist im Tal eine zentrale Grundlage fr das Funktionieren der Gewsser. Defizite bestehen insbesondere noch im Schaaner Riet und Bannriet. Geplante Wiederbewsserungen (Tentschagraben, Schaaner Grben) sind umzusetzen In den Naturschutzgebieten sollte die Differenz zwischen der Ausgestaltung des Gewssers und der Qualitt des Umlandes nicht zu gross sein. Negativbeispiel ist der naturfremde Grenzgraben im Ruggeller Riet Die langfristige Sicherstellung des Raumbedarfes ist nicht gewhrleistet. Die Umsetzung knnte ber geeignete raumplanerische Massnahmen erfolgen (vgl. Kap. 7.5) Im Bereich der Ausleitungsstrecken sind ausreichende Dotierwassermengen sicherzustellen. Wanderhindernisse (Abstrze, Wehre) sind in ihrer Hinderniswirkung zu reduzieren. Dabei ist zu bercksichtigen, ob entsprechende Aufwertungen aufgrund der naturrumlichen Ausgangslage (Wasserfhrung, potenzielles Artenspektrum im Gewsser) sinnvoll ist. Inneralpin ist ein zentrales Hindernis im Bereich der Ausleitungsstrecken im Gebiet Steg vorhanden. Grossflchig unbeeinflusste Gewssersysteme, wie das Valorsch- und untere Saminatal, sind in ihrer Qualitt zu erhalten Die Gewsserentwicklungsplanung (Beispiel Spiersbach) ist auf der Basis der vorliegenden komorphologischen Zustandserhebung weiterzufhren

Die Ergebnisse der komorphologischen Kartierung sind wertvolle Arbeitsinstrumente fr verschiedene Fachstellen und mter (Raumplanung, Wasserbau, Fischerei, Natur- und Gewsserschutz, Landwirtschaft etc.). Die komorphologischen Daten geben einen flchendeckenden berblick ber den Zustand der Gewsserstruktur der Fliessgewsser zeigen strukturelle Defizite der Gewsser auf, sind eine wichtige Entscheidungshilfe fr Gewsserrenaturierungen und helfen kologisch sinnvolle Projekte zu planen (Prioritten, effizienter Mitteleinsatz) sind daher fester Bestandteil der Ist-Zustandserhebung in der Gewsserentwicklungsplanung (s. auch REY 2004) zeigen, wo Wanderhindernisse fr Fische bestehen und wo Absturzsanierungen eine hohe Wirkung erreichen sind eine wichtige Grundlage fr die Sicherung eines ausreichenden Raumbedarfs stellen die wertvollen Fliessgewsserabschnitte dar, die erhalten werden sollen untersttzen den Vollzug der Gewsserschutzgesetzgebung haben einen didaktischen Wert fr Schulen, Verbnde, Naturinteressierte etc.

40

7.3

Vergleich mit umliegenden Regionen

Grundstzlich unterscheiden sich die Gewsser in Liechtenstein komorphologisch nicht von jenen hnlicher Naturrume, wie z.B. Vorarlberg (BUHMANN et al. 2001, WALSER et al. 2002, PARTHL et al. 2004). Allen gemeinsam ist der geringe Anteil an naturnahen Strecken im dicht besiedelten Talraum, whrend an den Hanglagen die Eingriffe geringer sind und entsprechend noch zahlreiche naturnahe Strecken vorhanden sind. Als liechtensteinische Besonderheit kann die weitgehend fehlende Verbauung der Sohle in den Entwsserungsgrben angesehen werden. So sind diese z.B. im Unterrheintal hufiger mit Betonschalen verbaut (RENAT 2002b). Entsprechend hoch ist dort der Anteil naturfremder Gewsser (Abb. 70). Einen besonderen Stellenwert haben auch die relativ naturnahen Balzner Giessen, die in dieser Form im Rheintal nur noch selten, z.B. im Sarganserland, anzutreffen sind. Entsprechend hoch ist in Liechtenstein der Anteil wenig beeintrchtigter Fliessgewsser

Abb. 70 Vergleich der Beurteilung im Liechtensteiner Talraum mit angrenzenden komorphologischen Aufnahmen. Die Vergleichbarkeit mit Vorarlberg (Quelle: BUHMANN et al. 2001) ist aufgrund schrnkt.100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 SG Unterrheintal Liechtensteiner Talraum

der

unterschiedlichen

Aufnahmemethodik

einge-

100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Vorarlberger Rheintalebenenatrlich naturnah mssig beeintrchtigt w esentlich beeintrchtig stark beeintrchtigt naturfern naturfremd

natrlich/naturnah wenig beeintrchtigt stark beeintrchtigt naturfremd/knstlich

41

7.47.4.1.

Beispiele fr Revitalisierungen in LiechtensteinBinnenkanalmndung

Die Neugestaltung der Einmndung des Binnenkanals in den Alpenrhein zwischen 1999 und 2000 war das grsste Revitalisierungsprojekt im Land. Ziele waren: Schaffung der Durchgngigkeit fr alle Fische und Kleintiere Schaffung von neuen Lebensrumen fr Tiere und Pflanzen Natrliche Strukturierung des Gewsserbettes Aufwertung des Gebietes als ErholungsraumAbb. 71 Der Liechtensteiner Binnenkanal vor (oben) und nach der Revitalisierung (unten) (Fotos: FL-Tiefbauamt).

Der Erfolg der Revitalisierung konnte im Rahmen einer Erfolgskontrolle dokumentiert werden. Von den neuen naturnahen Uferbereichen profitierten neben den Fischen (vgl. Kap. 4.10) insbesondere die Vgel, deren Reviere sich von 67 im Jahre 1989 auf rund 190 Reviere in den letzten Jahren beinahe verdreifachten.

7.4.2.

Speckigraben

2002 konnte ein grsserer Abschnitt des Speckigrabens grosszgig revitalisiert werden. Dies wirkte sich positiv auf die Fliessgewsserfauna und die Umgebung aus. Das Gewsser und sein Umfeld stellen heute wieder einen artenreichen Lebensraum dar.Abb. 72 Revitalisierter Abschnitt des Speckigrabens in Schaan.

7.4.3.

Mlibach

Fr das Spiersbachsystem wurde im Sinne einer Gesamtbetrachtung ein Entwicklungskonzept erarbeitet, welches diverse Revitalisierungsmassnahmen beinhaltet. Im Gemeindegebiet Ruggell konnte 2005 als erste Umsetzungsmassnahme ein rund 500 m langer Abschnitt des Mlibaches revitalisiert werden.Abb. 73 Der 2005 revitalisierte Mlibach in Ruggell.

42

7.5

Vorschlag zur Sicherung Raumbedarf und Aufwertung Uferbereich

Es besteht die Verpflichtung, die Gewsser vor nachteiligen Einwirkungen zu schtzen und deren nachhaltige Nutzung sicherzustellen sowie diese als Lebensgrundlagen zu erhalten (GschG, Fischereigesetz). Eine wesentliche Funktion hat hierbei der ans Gewsser angrenzende Raum, einerseits als Grundlage fr eine Revitalisierung andererseits als Uferbereich, der mit dem Gewsser in Kontakt steht. Gemss Gewsserschutzgesetz ist die Regierung zudem verpflichtet, den Raumbedarf der Fliessgewsser, der fr die Gewhrleistung der kologischen Funktionen des Gewssers und den Schutz vor Hochwasser erforderlich ist, in einem Plan festzulegen (Art 25 GschG). Im Sinne einer langfristigen Gewsserentwicklungsplanung sind daher die fr die Aufwertung der Gewsser (Revitalisierung) notwendigen Rume zu sichern. Entsprechend ist der Bereich der Biodiversittsbreite (s. Kapitel 6) von Bauten (z.B. Strassen, Gebude), Anlagen (z.B. Masten) oder unterirdischen Leitungen etc. langfristig freizuhalten. Die Umsetzung erfolgt ber die Raumplanung, bei Umzonungen, Bebauungsplnen, Baubewilligung (z.B. bei Leitungserneuerungen).

Der Uferbereich zeichnet sich nicht nur durch die Freihaltung von Anlagen aus, sondern soll auch eine besondere Lebensraumqualitt beinhalten. Hufig weisen jedoch z.B. die Nhrstoff-Pufferzonen oder Grabenbschungen keine hohe biologische Qualitt auf. Der Uferbereich soll entsprechend qualitativ aufgewertet werden. Insbesondere gilt dies in Bereichen und Landschaften, denen fr die Erhaltung der Biodiversitt in Liechtenstein eine besondere Funktion zukommt. Hier sollen auf der Flche der Biodiversittsbreite auch hochwertige Lebensrume entwickelt werden. Solche Gebiete sind: die Naturvorrangflchen (gemss Inventar) Landschaftsteile, die in besonderem Masse von den Fliessgewssern geprgt werden (z.B. Balzner Giessen) Besonders bezeichnete schutzwrdige Landschaften (z.B. im Rahmen des Entwicklungskonzeptes Natur und Landwirtschaft) An allen anderen Fliessgewsserabschnitten sollen diese hochwertigen Flchen im Rahmen der minimalen Uferbereichsbreite ausgewiesen und entwickelt werden. Als positives Beispiel kann der im Rahmen der Revitalisierung am Mlibach neu geschaffene Uferbereich gelten. Hierfr wurde ein Pflegekonzept erstellt und mit den angrenzenden Landwirten eine Vereinbarung fr den langfristigen Unterhalt abgeschlossen.

Abb. 74 Vorschlag Umsetzung Uferbereich

UferbereichMindestausdehnung der qualitativ hochwertigen Uferbereiche an allen Fliessgewssern

Minimale Breite

Biodiversittsbreite

Ausdehnung im Bereich besonderer Landschaftsrume wie Naturvorrangflchen, schutzwrdige Landschaften

Mindestausdehnung fr das Freihalten von Anlagen, Bauten, Leitungen etc. an allen Fliessgewssern

43

8

Dank

Die Erarbeitung dieses Projektes wre ohne die fachliche Untersttzung verschiedener Personen nicht mglich gewesen. Besonders zu erwhnen und zu verdanken sind: Theo Kindle, Amt fr Umweltschutz als Auftraggeber und Projektbegleiter Egon Hilbe, Amt fr Umweltschutz fr diverse Hinweise zum Gewssernetz und zum Bericht Emanuel Banzer, Tiefbauamt, fr die kritische Begleitung und zahlreichen fachlichen Anregungen Hubert Wenzel, Triesen fr die Mitarbeit bei den Fliessgewssern der Hanglagen

9MANN

Literatur

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