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PISA Mathematikaus fachdidaktischer Sicht
Werner Peschek
Wien, 27. Februar 2008
Vortragsinhalte
1. Das Pisa-FrameworkWelches Konzept von mathematischer Leistung liegt dem PISA-Test zugrunde?
2. Das PISA-TestinstrumentariumWie wird dieses Konzept mathematischer Leistung in den Testaufgaben umgesetzt?
3. Die PISA-ErgebnisseWas besagen die (österreichischen) Ergebnisse?
4. Die PISA-Anforderungen am Beispiel Beschreibende Statistik
1. Das Pisa-Framework
PISA- Definition der Mathematical Literacy (ML):
„Mathematical Literacy ist die Fähigkeit einer Person, die Rolle zu
erkennen und zu verstehen, die Mathematik in der Welt spielt,
fundierte mathematische Beurteilungen abzugeben und Mathe-
matik in einer Weise zu verwenden und sich darauf einzulassen,
die den Erfordernissen des Lebens dieser Person als konstruk-
tivem, engagiertem und reflektiertem Bürger bzw. Bürgerin
entspricht.“
(OECD 2003, S. 24, Übers. W. P.)
1. Das Pisa-Framework
Die (implizite) bildungstheoretische Argumentationslinie:
Ein wesentliches Bildungsziel des Mathematikunterrichts
(der Pflichtschule) ist die Befähigung zur unbehinderten,
aktiven und reflektierten Teilnahme am Leben in unserer
Gesellschaft.
Dies erfordert von jedem Individuum Grundkompetenzen
im Sinne vom ML.
ML meint insbesondere die Fähigkeit, mathematisches
Wissen und Können in vielfältigen lebensweltlichen
Situationen flexibel, verständig und reflektiert einsetzen zu
können.
1. Das Pisa-Framework
Wie versucht PISA die Fähigkeit, mathematisches Wissen und
Können in vielfältigen lebensweltlichen Situationen flexibel,
verständig und reflektiert einsetzen zu können, zu testen?
PISA versucht,
die selbständige Anwendung mathematischen Wissens
und Könnens in nicht vertrauten Situationen
und anhand „authentischer“ Problemstellungen
zu testen.
1. Das Pisa-Framework
Kritisches
„Natürlich kann ein Test wie PISA … der o. a. Definition von ML
nicht gerecht werden … Es ist nirgends nötig, eine vorgelegte
Situation überhaupt auf Mathematisierbarkeit zu prüfen, denn es
ist immer klar, dass zu mathematisieren ist. Es kann nirgends das
Erkennen und Verstehen der Rolle der Mathematik in der Welt
wirklich aufgezeigt werden. Usw. Keine einzige dieser Häppchen-
Aufgaben, sei sie noch so komplex aufgebaut, stellt ein
authentisches Sach-Problem dar, gar ein Problem der S&S selbst.
Natürlich ist keine Aufgabe wirklich offen …“(Bender 2003, S. 50f)
1. Das Pisa-Framework
Versöhnliches
„ … immer wieder der Versuch erkennbar, eine direkte
Anwendung von Faktenwissen und Fertigkeiten durch Einkleidung
des mathematischen Gehalts in allerlei … außermathematische
Kontexte zu verhindern und so immerhin Modellbildung zu
erzwingen.“(Bender 2003, S. 50)
1. Das Pisa-Framework
„Offizielles“ (aus D)
„Das internationale PISA-Framework kann … durchaus einen
allgemeinen, normativ gesetzten Horizont abgeben, vor dem
auch die deutschen Leistungen … legitimerweise gesehen
werden sollten.“(Neubrand u. a. 2004, S. 235, Hervorhebung W. P.)
1. Das Pisa-Framework
Passungsproblem 1:
Lehrplan Unterstufe, Unterrichtsziele und Unterrichtsinhalte:
Anwenden bekannter Verfahren, auch in teilweise neuartigen Situationen
Leistungsprüfungsverordnung § 14 (2):
Mit "Sehr gut" sind Leistungen zu beurteilen, mit denen der Schüler …. die Fähigkeit zur selbständigen Anwendung seines Wissens und Könnens auf für ihn neuartige Aufgaben zeigt.
(„Gut“: … bei entsprechender Anleitung)
2. Das PISA-Testinstrumentarium
2000 20062003
Raum und Form
20
Größen
22
Un-sicherheit
20
Veränderung & Zshänge
22
1
S 84
S 48
S 301
11
13
11
13
11
13
11
13
9
9
13
16
2. Das PISA-Testinstrumentarium
Math. Stoffgebiete Übergreifende IdeenZahlen, Größen 26 Größen 22Diskrete Math. 5 Veränderungen,Algebra 3 Zusammenhänge 22Geometrie 18 Raum und Form 20Funktionen 9 Unsicherheit 20Statistik 18Wahrscheinlichkeit 5
Kontext AntwortformatePersönlich 18 Geschlossen 35Schule/Beruf 20 Multiple Choice 28Öffentlich 28 Offen 21Wissenschaftlich 18
Psychometr. SchwierigkeitLösungshäufigkeit OECD 7% - 95%Durchschnitt (auch innerhalb der übergreifenden Ideen) 50%
2. Das PISA-Testinstrumentarium
Passungsproblem 2:• Wahrscheinlichkeit• relativ viel Statistik• diskrete Mathematik (Abzählprobleme)• wenig Algebra
Passungsproblem 3:• Multiple Choice (33%)• relativ viele (25%) offene Antworten
3. Die PISA-Ergebnisse
Österreich liegt relativ unauffällig im (breiten) Mittelfeld.
Knapp über dem OECD-Durschschnitt.
Es tut sich wenig über die Jahre.
495
500
505
510
515
520
525M
itte
lwer
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in P
ISA
-Pu
nkt
en)
2000
PISA 2000, 2003 und 2006Österreichische Gesamtmittelwerte Mathematik
515
506
20062003
505
50,5%
49,8%
50,0%
2000: 27 OECD-Staaten2003: 29 OECD-Staaten2006: 30 OECD-Staaten
49,7%
Lsgh. (19):
Lsgh. (48):
6
8
10
12
14
16
18
20
Ra
ng
pla
tz
2000
2003
PISA 2000, 2003 und 2006Rangplatz Österreich Mathematik
11
15
2000: 27 OECD-Staaten2003: 29 OECD-Staaten2006: 30 OECD-Staaten
2006
13
Lösungshäufigkeiten OECD und AUT
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
Aufgabe 1 - 84
% r
ich
tig
Durchschnitt OECD und AUT
2003
Differenz AUT - OECD
-35
-30
-25
-20
-15
-10
-5
0
5
10
15
Aufgabe 1 - 84
Dif
fere
nz
% r
ich
tig
vor allem: Wahrscheinlichkeit, Statistik
offene Antworten
vor allem: Geometrie, Zahlen/Größen,
geschl. Antworten
„typisch“ leichte Aufgabe:Zahlen/Größen, öffentl./persönl. Umfeldgeschl. Antwort
„typisch“ schwierige Aufgabe:Statistik, Geometrie, öffentl. Umfeldoffene Antwort
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
Aufgabe 1 - 84
% r
ich
tig
AU
T
Durchschnitt AUT
Geschlossene Antworten Multiple Choice Offene Antworten
Lösungshäufigkeiten OECD
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
Aufgabe 1 - 84
% r
ich
tig
Durchschnitt OECD
AUT 03: 26%
OECD 03: 20%AUT 00: 22%FIN 03: 22%DEU 03: 24%CHE 03: 25%
4. Die PISA-Anforderungen am Beispiel Beschreibende Statistik
Stoffinhaltlich:
- Stabdiagramme, Kreisdiagramme,
Liniendiagramme
- arithmetisches Mittel
Diagramme lesen und verständig interpretieren können
Sinnhaftigkeit/Verwendbarkeit eines Diagrammtyps
beurteilen können
arithm. Mittel berechnen, die Berechnung erklären
können, Interpretation im Kontext
Ausreißerwirkung des arithm. Mittel kennen und
berücksichtigen können
LH: 79,1%
LH: 53,4%
LH: 46,1%
LH: 12,6%
LH: 29,0%
Passungsproblem 4 (nicht nur in der Statistik):
• Textverständnis erforderlich (fast nur eingekleidete Aufgaben)
• relativ wenig operative Aufgaben
(wenig und nur einfachster Kalkül, keine geom. Konstruktionen)
• eher begriffliches als operatives Verständnis gefordert
• „Modellbildung“ beschränkt sich meist auf recht einfache Situationen, keine stärker vernetzten/kombinierten Aufgaben (kaum typische „Problemlöseaufgaben“)
• auffallend viele Aufgaben, die Interpretieren im Kontext verlangen
• relativ viele Aufgaben, in denen Argumente oder Begründungen verlangt werden
Literatur
Bender, P. (2003): Die etwas andere Sicht auf die internationalen Vergleichs-Untersuchungen TIMSS, PISA und IGLU. In: Freese, P. (Hrsg.): Paderborner
Universitätsreden. Universität Paderborn, Paderborn, 35-61.
Neubrand, M. u. a. (2004): Grundlagen der Ergänzungen des internationalen PISA-Mathematiktests in der deutschen Zusatzerhebung. In: Neubrand, M. (Hrsg.): Mathematische Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern in Deutschland. Vertiefende Analysen von PISA 2000. VS Verlag für Sozialwissenschaften,
Wiesbaden, 229-270.
OECD (Hrsg.) (2003): The PISA 2003 Assessment Framework. Mathematics, Reading, Science and Problem Solving Knowledge and Skills. OECD, Paris.
Peschek, W. (2006): PISA Mathematik: Das Konzept aus fachdidaktischer Sicht. In: Haider, G. & Schreiner, C.: Die PISA-Studie. Böhlau, Wien. 62-72.
Schneider, E. & Peschek, W. (2006): PISA Mathematik: Die österreichischen Ergeb-nisse aus fachdidaktischer Sicht. In: Haider, G. & Schreiner, C.: Die PISA-Studie. Böhlau, Wien. 73-84.
Schneider, E. & Peschek, W. (2006): Leistung fördernde und hemmende Faktoren: Kommentare aus fachdidaktischer Sicht. In: Haider, G. & Schreiner, C.: Die PISA-Studie. Böhlau, Wien. 247-251.
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