Röntgenographische Untersuchung des Systems KFMgF2

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Rontgenographische Untersuchung des Systems KF-MgF,

Von HEINRICA REMY und FRANX HANSEN

Mit 1 Abbildung

Professor Wilhelm Klemm xum 60. Geburtstage gewidmet

Inhaltsubersieht Das friiher auf Grund thermischer Analyse aufgestellte Zustandsdiagramm des

Systems KF-MgF, wird auf rontgenometrischem Wege bestatigt. AuBer der ein aus- gepragtes Schmelzpunktsmaximum aufweisenden Verbindung KMgF, mit Perowskit- struktur tritt darin eine inkongruent schmelzende Verbindung K,MgF, auf, die tetra- gonal kristallisiert. Sie unterscheidet sich von den aus Schmelzen mit 50 bis 78,5 Mol-% K F primar sich abscheidenden Mischkristallen dadurch, daB sie aus regelmaBig mitein- ander abwechselnden KF- und KMgF,-Schichten aufgebaut ist, wahrend in den Misch- kristallen die gleichen Schichten in vollig regelloser Folge vorliegen. Aus den Misch- kristallen bildet sich die Verbindung durch zwei bei verschiedenen Temperaturen (861 O

und 840') im festen Zustande verlaufende Vorgange : Zerfall der Mischkristalle unter AusstoBung der iiberschiissigen KF-Schichten und Wiedereinbau der KF-Schichten unter Bildung des fur K,MgF., typischen Kristallgitters.

Thermische Analysen l) hatten ergeben, dafl in den Systemen KF-MgF, und RbF-MgF, die Verbindungen KMgF,, K,MgF,, RbMgF, und Rb,MgF, auftreten. Die Existenz von KMgF,, RbMgF', und Rb,MgF, tritt durch Schmelzpunktsmaxima deutlich in Erscheinung. Die Ver- bindung K,MgF, hingegen schmilzt inkongruent und bildet sich ge- wohnlich auf einem etwas komplizierten Wege. Aus Schmelzen, deren Zusammensetzung zwischen 50 und 75,5 Mol-% KF liegt, scheidet sich nimlich zunachst eine luckenlose Reihe von Mischkristallen ab ; aus diesen wird erst Fei weiterer Abkuhlung die Verbindung KzMgF4 (ge- gebenenfalls im Gemenge mit KMgF, oder KF) gebildet, und zwar auf dem Wege uber mindestens zwei im festen Zustande verlaufende Um- wandlungen. Obgleich aus Abkiihlungskurven, Loseruckstandsanalysen und kristallographisch-optischen Untersuchungen die Existenz der ge-

l) €3. REMY u. W. SEEMANN, Rec. Trav. chim. Pays-Bas 69, 516 (1940).

278 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 283. 1956

nannten Verbindung eindeutig erschlossen werden konnte, schien es doch erwunscht, ihre Existenz durch rontgenographische Untersu- chungen zu besta tigen. Diese versprachen auch eine AufklBrung der eigentumlichen Erscheinung, daB d as nach Ausweis der kristallographi- schen TJn tersuchungen tetragonale K,MgP, sowohl mit dem kubischen IIMgF, als auch mit dem kubischen KF eine ausgedehnte Mischkristall- reihe zu hilden vermag.

Herstellung der Ausgangsstoffe und der Schmelzen In den fur die Schmelzen verwendeten Platintiegel wurde an Stelle des sehr hygro-

skopischen KF das gegen Luftfeuchtigkeit bestandige KHF, eingewogen. Es wurde durch vorsichtiges Erhitzen in K F iibergefuhrt und dessen Menge durch eine rasch dnrchgefuhrte Kontrollwagung uberpruft. Die Darstellung des MgF, erfolgte nach KLEMM~) durch Fallnng aus MgSO,-Losung mit NH,F. Um einen moglichst grobkomigen Niederschlag zu erhalten, wurde die Umsetzung bei einer Temperatur yon 50-60" C (in einem rnit Paraffin ausgekleideten Becherglas) vorgenommen. Das Zusammenschmelzen der Sub- stanzen erfolgte in einem Degussa-Ofen, mit dem Ternperaturen bis zu 1500' C erreicht werden konnten. Da sich KF bei hohen Temperaturen merklich verfluchtigt, wurde, urn die gewiinschte Zusammensetzung der Schmelze zu erhalten, ein vorher durch Ver- suche bestimmter uberschul3 an K F eingewogen. Die Substanzgemische wurden jeweils 1/2 Stunde in schrnelzflussigem Zustande gehalten, um eine gute Durchmischung zu er- reichen.

Rontgenographische Untersuchung der in dem System a,uft?retendeii Verbindungen

Wir benutzten fur unsere Rontgenaufnahmen den Mikroapparat 1F vou C. H.F. Miiller mit einer Co-Rohre und einer DEBYE-Kamera von 5,730 cm Durchmesser. Spannung 30 kV, Stromstarke 15 mA; durch Eisen gefilterte K,-Strahlung. Belich- tungsdauer 24 Stunden. Die Eichung der Kamera erfolgte mit reinem NaCl unter Zu- grundelegung von av = 5,6273 d.

a) Verbindung KF Durch Erhitzen von KHF, erhaltenes K F wurde heirJ gepulvert und in noch heifiem

Zustande in ein Markrohrchen von 0,5 nim Durchmesser gefullt, das sofort abgeschmolzen wurde.

Die erhaltenen Glanzwinkel sind in Tabelle 1 zusammengestellt und mit den Pra- zisionsmessungen von E. B R O C H ~ ) (letztere von Cu-K,-Strahlung auf Go-K,-Strahlung umgerechnet) verglichen.

b) Verbindung MgFe Die yon uns fur MgF, erhaltenen Glanzwinkel sind in Tabelle 2 zusammengestellt.

MgF, hat Rutilstruktur mit a = 4,63 d, c = 3,06 d nach den besten Literaturwerten. Aus unseren Glanzwinkeln ergibt sich a = 4,62 d, c = 3,05 A. ____

2) W. KLEMM, W. ' T u x U. S. v. MULLENHEIM, Z. anorg. allg. Chem. 176, l(1928). 3, E. BROCH, I. OFTEDAL u. A. PABST, Z. physik. Chem., Abt. B 8, 209 (1929).

REMY u. HANSEN, Rontgenographische Untersuchung des Systems KF-MgF, ~ 279

8 ber. n a c h B ~ o c ~

Lfd. Nr.

8 beob. von R. u. H

.~

1 2 3 4 5 6 7 8 9

10

- st. m. st. schw. schw. schw. m. st. m. st. schw.

Lfd. Nr.

1 2 3 4 5 6 7 8 9

10 11 12 13 14 15 16 1 7 18

~

- _

schw. 8. st. 8. st. schw. m. st. schw. st. st. scbw.

Tabelle 1 Glanzwinke l von KF n a c h BROCH u n d n a c h REMYund HANSEN

(2 8 = Glanzwinkel fur Co-K,-Strahlung)

19,62O 28,33O 33,82" 35,550 42,17" 48,63O 55,30° 60,68" -

19,50 O

28,17" 33,70m 35,40 O

42,15O 48,55" 55,15" 60,55" 71,33"

-

8

16,l" 20,7" 23,8" 23,8" 25,8O 31,7" 33,6" 36,1° 37,9" 38,6" 40,6" 40,6" 42,s" 44,5" 44,59 46,s" 50,75' 50,75'

s. st.

s. st. s. st. st. s. st. st. st. schw. s. schw. s. st. s. st. in. st. s. schw. s. schw. m. st. m. st. m. st.

schw. I I

lndizierunl

111 2 0 0 2 2 0 3 1 1 2 2 2 4 0 0 4 2 0 4 2 2 5 1 1 4 4 0

19 20

;; 23 24 25 26 27 28 29 30

31

32 33

Tabelle 2 G lanzwinke l von MgF,

(2 8 = Glanzwinkel fur Co-K,-Stmhlung)

Indi- zierung

1 1 0 1 0 1 2 0 0

2 1 0 2 1 1 2 2 0 0 0 2 3 1 0 2 2 1

3 0 1 3 1 1

111)

2 1 2 3 2 1 4 0 0 )

6 ___

52,95"

55,70" 58,l" 58,l O

59,s" 593" 64,l" 65,9" 65,9" 67,O" 71,9O

75,15'

53,350

78,55' 80,4"

. .- __

e ) Verbindung KMgF3

Indi- zierung

4 1 0 2 2 2 3 3 0

1 0 3 3 2 2 4 2 1 } 1 1 3 4 2 2

4 3 0 2 1 3 5 1 0

geschatzte Intensit.

m. st. s. st. m. st. 8. st. 8. st. m. st. m. st. s. schw. m. st. m. st . st. m. st.

st.

st. 8. st.

Die Verbindung KMgFs ist ohne weiteres durch Zusammenschmelzen von MgFn und KF im Molverhaltnis 1:l erhiiltlich. Sie kristallisiert nach VAN ARK EL^) kubisch

4, A. E. VAN ARKEL, Physica 5, 166 (1925).

280 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 283. 1956

Tabelle 3

(2 29 = Glanzwinkel fur Co-K,x-Strahlung) Glanzwinkel von KMgF, n a c h VAN ARKEL u n d n a c h REMY und HANSEN

Lfd. Nr.

1 2 3 4 5 6 7 8 9

10

11

B ber. nach VAN ARHEL

18,43" 22,78" 26,57" 33,22O 39,23O 45,OO" 47,87" 50,77O 56,75O 63,43"

71,57"

6 beob. von R. u. H.

18,70" 23,OOO 27,OO" 33,5S0 39,63" 45,430 48,25' 51,23O 57,280 64,05"

72,430

Indizierung

1 1 0 111 2 0 0 2 1 1 2 2 0 3 1 0 3 1 1 2 2 2 3 2 1 4 0 0

4 1 1 3 3 0 1

geschatzte Intensitaten VAN ARKEL

st. st. s. st. st. s. st. m. st. st. st. st. m. st.

st.

R. u. H.

6 . st. 9. st. s. st. st. s. st. schw. rn. st,. m. st. st. st.

s. st. I

nach dem Perowskittyp mit der Gitterkonstanten aw = 4,OB. Aus den von uns ge- rnessenen Glanzwinkeln (Tabelle 3) ergibt sich aw = 3,973 8.

Eine abgeschreckte Schmelze mit dem Molverhaltnis 1: 1 lieferte das gleiche Debyeo- gramm wie eine Iangsam abgekiihlte. Die erstarrten Sehmelzen sind rein weiB und nicht hygroskopisch.

d) Verbindung K2MgF4 Erstarrte Schmelzen mit dem Molverhaltnis MgF,: KF = 1 : 2

waren deutlich rosa gefarbt. Sie waren weniger hart und leichter zu pulvern als Schmelzen der Verbindung KMgF3. Auch waren sie, im Gegensatz zu diesen, in gepulvertem Zustande ziemlich stark hygroskopisch.

Die Rosafarbung trat bei allen erstarrten Schmelzen auf, deren KF-Gehalt hoher als 50 und niedriger als 78,5 M01-y~ KF war, d. h. bei allen Schmelzen, aus denen primar die Abscheidung Ton Mischkristallen erfolgte. Die iibrigen Schmelzen waren nach dem Erstarren rein weiB. Bereits REMY und SEEMANN (a. a. 0.) beobachteten, daB im Bereich der Mischkristallbildung die erstarrten Schmelzen immer fiirbig waren. Merkwurdiger- weise hatten aber ihre Schmelzen regelmaflig blaflgriine, also die zu der jetzt von uns beobachteten kornplementare Farbe.

Durch Zusammenschmelzen von MgF, und K F im Molverhaltnis 1 : 2 wurden niemals Erstarrungsprodukte erhalten, die nach Ausweis ihrer Debyeogramme einheitlich waren. AuBer den der Verbindung K,MgF4 entsprechenden Interferenzen gaben sie imnier auch starke Linien von KMgF3 und von K F (vgl. Abb. 1). Es war aber moglich, auf anderem Wege (s. weiter unten) die Verbindung K,MgF, praktisch rein zu isolieren. Sie lieferte die in Tabelle 4 verzeichneten halben Glanz- winkel.

REMY u. HANSEN, Rontgenographische Untersuchung des Systems KF-MgF, 281

-_

Lfd. Nr. -~

1 2 3 4 5 6 7 8

9 10 11 1 2 13 14 15

16 1 7 18 19 20

21 22 23 24

25

26 27 28

29

' 30 L-

Tabelle 4 I n d i zie r u n g ei n e r DEBYE- SCHERRER- AUf n a h me v o n K,MgF,

6 L/2Glanzw.,

7'51' 15'54' 17"47' 18'39' 19'12' 20"22' 23' 24'12'

24'54' 26 '53' 29'01' 31'21' 33'08' 33"35' 37"37'

39"38' 45'26' 4895' 48"57' 49'28'

49'58' 51'14' 52'43' 54'54'

55'30'

57'17' 64'03' 64"49'

69'

72'26'

Intens. gesch.

schw. s. schw. st. st. s. schw. schw. s. schw. s. st.

st. 6. st. s.schw. m. st. schw. s. schw. 8. st.

m. st. ni. st. s. schw. m. st. m. st.

m. st. schw. schw. schw.

m. st.

st. st. schw.

ni. st.

s. st.

lo3 - sin2 8

270,7 298,8 306,O 372,6

406,9 507,6 556,6 568,7 577,6

586,2 607,9 633,l 669,4

679,2

707,9 808,5 818,9

671,6

908,9 _.

18,25 75,06 93,28

102,3 108,2 KF 121,l 152,7 168,O

177,3 204,5 235,3 H F

h k l i l z 103. 4a2 h k l

0 0 2 0 0 4 1 0 3 1 1 0

1 1 2

0 0 6 1 0 5 1 1 4 2 0 0

1 1 6 0 0 8

2 0 6 2 1 5

-

-

-

-

- - -

11 10 3 0 5 2 6 6 3 1 4

2 1 9 3 2 1 2 0 10 0 0 1 2 3 1 6 0 0 1 2

-

- -

4 0 0 2 111 2 2 10 2 0 1 2 -

K,MgF,

1 0 3 . - A2

4 a2

-

- 51,14 51,15

51,17 -

- -

51,14 51,14 51,125

51,14 -

- -

51,14 51,14 - - -

51,14 51,14 51,14 51,14

51,14 51,13 51,14

51,14

-

-

- -

- 51,18 51,14 51,14 51,14 -

_____

22

4 02 103. -

4,66 4,69 4,68 - -

4,69

4,67 4,67 4,69 4,69

4,68 4,67

4,67 4,68

-

-

-

- - -

4,665 4,69 4,68 4,6P

4,68 4,68 4,65 4,65 4,67 4,71

-

- -

- 4,66 4,625 4,63 -

Das fur die DEBYE-SCHERRER-Aufnahme verwandte Kristallpulver wurde durch Zerreiben yon mit der Pinzette ausgelesenen Einkristallen erhalten. Ihre Zusammen- setzung entsprach innerhalb der analytischen Fehlergrenze der Formel K,MgF, (in 77,7 rng

282 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 283. 1956

Substanz gef. 13,78y0, ber. 13,62y0 Mg). In dem Debyeogramm trat jedoch auBer den fur diese Verbindung charakteristischen Linien auch eine Reihe der Linien von KMgFs auf, wenngleich groBtenteils nur schwach. Auljerdem fanden sich zwei ganz schwache Linien yon KF.

Die Linien von K2MgF4 liefien sich einwandfrei nach der Forinel fur das tetragonale Kristall.system: sin2 6 = (h2 -}- k2) A"j4 a2 + 12 ?,2/4 c2 indizieren, und ebenso die Linien von KMgF3 nach der Formel fiir das kubische System: sin2 6 = (h2 f k2 + 12) A2/4 a,. Darin bedeutet 6 den halben Glanzwinkel, A die Wellenlange der benutzten Strahlung ; a und c sind die Gitterkonstanten, h k 1 die Indizes. Aus den (unter Aufierachtlassung nicht exakt zu vermessender oder bei hohen Glanz- winkeln vcrschieden indizierbsrer Interferenzringe) erhaltenen Mittel- werten A2/4 a2 == 51.14 und A2/4 c2 = 4,6P ergibt sich fiir die Verbin.dung K , w P *

a = 3,955 8, c = 13,70 ,8 , c/a = 3,306,.

RiMgenograrnme von Sehmclzen mitl versehiedenen Molverhaltnissen MgFg : IW

Die Debyeogramme von erstarrten Schmelzen mit verschiedenen Molverhiiltnissen der Komponenten sind in Abb. 1 wiedergegeben. Zum Vergleich sind auch die Debyeogra,nime der reirien Verbindungen angef uhr t .

Die thermische Analyse hatte ergeben (REMY und SEEMANN a. a. O,), dalS sich aus Schmelzen mit dem Molverhaltnis MgF,: K F = 60: 40 zunachst die Verbindung KMgE', abscheidet und dafi danii der Rest der Schmelze bei 1020" C unter Bildung eines aus MgF, und KMgF3 be- stehenden Eutektikunis erstarrt. Demgeinal3 findet man in der DEBYE- ScHERREIt-Aufnahme nebeneinander die fur MgF, und KMgF, kenn- zeichnenden Linien, wobei die letzteren an Intensits t uberwiegen.

In den1 Gebiete zwisehen 50,O und 78,5 Mol-o/, K F tritt, wie die tliermische Analyse ergab, eine ununterbrochene R,eihe von Misch- kristallen auf. Aus den bei weiterer Abkiihlung der erstarrten Schmelzen zu beobachtenden Haltezeiteii wurde geschlossen, dalj aus dieeen hlisch- kristallen bei weiterer Abkiihlung, je nachdem, ob das Nolverha,ltnis MgF,: KF grijfier oder kleiner als 1 : 2 ist, ein eutektoides Gemisch von K,MgF4 init KMgF3 oder mit iiberschiissigem KF' entsteht. Auch dieses Ergebnis der thermischen Analyse wird durch die Rontgenogranime be- stiitigt; denn in dem genannteii Gebiete treten stets deutlich die Linien von K,MgF, auf. Bei MolverhaJtnissen MgF, : KF zwischen 1 : 1 und 1 : 2 treten daneben stark auch die Linien von KMgF3 auf. Sie fanden sich aber auch noch in den Rontgenogra,mmen der Schmelzen mit bedeutend

REMY u. HANSEN, Rontgenographische Untersuchung des Systems KF-MgF, 283

I

hoheren KF-Gehalten, wenngleich an Intensitat zurucktretend. Um- gekehrt beobachteten wir die Linien des K F nicht nur an Schmelzen

I I I

' 20' 25" 30' 35" 40" 45" 50' 55' 60" 65" 70' 75" 80" I

I I I

I

I

I 1 I I I J

f5' 20' 25' J'O" 35' 40' 4.5' 50" 55" 60" 65" 70'' 75" 80" 4-

Abb. 1. Debyeogramme der i n dem S y s t e m KF-MgF, a u f t r e t e n d e n Verbin- dungen u n d von inhomogen e r s t a r r t e n Schmelzen. Bei den Schmelzen sind die KF-Linien punktiert, die MgF,-Linien gestrichelt wiedergegeben. Die KMgF,-Linien sind bei den Schmelzen durcho, die K,MgF,-Linien durch X gekennzeichnet. Die Langen

der Linien geben ein ungefahres Ma0 der Intensitaten

284 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 283. 195G

mit mehr als 66,7 Mol- % K F (wo sie erwartungsgernafi neben den Linien des K,MgF, recht stark in Erscheinung treten), sondern auch an Schmcl- Zen mit wesentlich geringeren KF-Gehalten, und zwar zienilich ausge- pragt noch hei der Schmelze mit 66,67 1101- % KF, in schwacherem MaBe bis hinab zu 55 Mol-% KF.

Es treten also in dem gesamten Konzentrationsgebiet, in dern nach Ausweis der thermischen Analyse zunrichst Abscheidung yon Misch- kristaillen erfolgt, Linien von allen drei Verbindungen (KMgF,, K2MgF4 und KF) nebeneinander auf. Dies lalJt darauf schlieflen, da13 die nach Erstarrung der Schmelzen im festen Zustande sich abspielenden Um- wandlungen bei unseren Versuchen niemals volls t a nd ig verlaiifen waren. Dies wiederum laBt den SchlulJ zu, daB die beiden von REMY und SEEMANN bei 861" und 840" C beobachteten Haltezeiten in den Ab- kuhlungskurven der erstarrten Schmelzen folgendermal3en zu deuten sind: Bei 861 O C zerfallen die priniar abgeschiedenen Mischkristalle in KMgF3 und KF. AUS diesen baut sich dann bei 840" C die \'erbindung K,MgF, auf. Zu dem gleichen SchlulJ gelangt man, wenn man von der Struktur der Verbindung Ii,MgF4 ausgeht. Diese ist namlich, wie wir fanden, aus reqelmaBig rniteinander abwechselnden KF- und KMgF3- Schichten aufgebaut. In den Alischkristallen liegen die gleichen Schichten vor, jedoch in vollig unregelniafliger Folge. Durch senkrecht zu den Schichtebenen verlaufende Platzwechsehorgange kann die unregel- mal3ige Folge in die regelrnal3ige nur sehr schwierig ubergehen. Leicht aber konnen die Schichten sich parallel zueinander verschieben. Dies ergibt sich aus der sehr grofien Spaltbarkeit in der Schichtrichtung. uberschussige KF-Schichten konnen also leicht seitlich austreten und in geordneter Folge wieder eingebaut werden. Merkwurdig ist nur, dalS diese beiden Vorgange nicht nebeneinander. sondern nacheinander, bei zwei verschiedenen Ternperaturen erfolgen.

Darstellung und Eigensehaften der Verbindnng K,MgF,

Die Temperatur, bei der nttch obigem die Bildung der Verbindung K,MgF, durch Keaktion in festem Zustande erfolgt (840" C), ist gleich- zeitig die Temperatur, bei der diese Verbindung inkongruent schmilzt. Die Verbindung ist demgemaB bei dieser Temperatur auch umgekehrt unmittelbar aus dem SchmelzflulJ erhaltlich, und zwar aus einer Schmelze mit 78,5 Mol-% KF. Dies machten wir uns zunutze, um verhaltnis- mal3ig groBe Kristallchen der Verbindung zu ziichten. Wir lielJen eine Schmelze der angegebenen Zusammensetzung sehr langsam (irn Laufe

REMY u. HANSEN, Rontgenographische Untersuchung des Systems KF-MgF, 286

von 12 Stunden) von 840" auf 780" C abkiihlen5). (Das Eutektikum von JI,MgF, mit KF erstarrt bei 781" C.) So erhielten wir einen Schmelz- kuchen, dessen unterer Teil aus einem feinkristallinen Gemenge (Eu- tektikum) bestand. Dariiber lag eine etwa 1 mm dicke glasklare.Schicht, die optisch und rontgenometrisch a.ls aus KMgF3-Kristallchen bestehend identifiziert werden konnte. Daruber war ein Konglomerat von ver- 1ialtnismaBig grol3en K,MgF4-Kristallchen geschichtet, aus dem mit der Pinzette eine Anzahl dieser Kristallchen herausgelost werden konnte, ohne daB sie beschadigt wurden. Sie ha'tten Durchmesser von 1-3 mm und eine Dicke von 0,3-0,l mm. Die Kristalle waren tafelig nach (0 0 l), wie optisch (durch Bastimmung der optischen Achse) und ront- genographisch (L,AuE-Aufnahmen) festgestellt wurde. Sie zeigten eine sehr stark ausgepriigte Spaltbarkeit nach (0 0 l), zuclem eine weniger deutliche Spaltba8rkeit nach (1 0 0). Bei manchen von ihnen handelte es sich urn glasklare, vollig regelmaBige, cluadratische Tafeln. Die Kristalle neigten dazu, parallel zur Basis oberflaclilich in auBerst diinnen Schichten abzusplittern und erhielten dadurch haufig im Laufe der Zeit perlniutt- artiqen Glanz.

In grobkristalliner Form ist die Verbindung nicht sehr empfindlich gegen Luft- feuchtigkeit, wohl jedoch in feingepulvertem Zustande. Wurde sie in Pulverform einige Stunden bei Zimmertemperatur der Luft ausgesetzt, lieferte sie nur noch Linien von KMgF,. Daher wurden die spater fur LAUE- und Drehkristallaufnahmen verwendeten Kristalle aus dem noch heiRen Schmelzkuchen herausgelost und sofort mit Rontgenwachs uberzogen. So geschutzt, ergaben sie im Laufe von mehreren Monaten keine Veranderung der Rontgeninterferenzen. Der fur andere Untersuchungen verwendete Teil des Schmelz- lachens wurde unter Petroleum aufbewahrt.

Die Bestimmung der Dich t e erfolgte nach der Schwebemethode unter Verwendung einer hochkonzentrierten Thalliurnformiat- und -malonatlosung in Wasser nach DE CLERIC[. Infolge ihrer hohen Salz- konzentration greift diese Losung die Kristalle nur larigsam an. Inimer- hin mul3te mijglichst schnell gearheitet werden ; daher wurde fur jede Bestiinmung ein einzelner Kristall verwendet. Arbeitet man zu rasch, so wird aus den Perlmuttsehichten die Luft nicht vollig verdrangt. LalJt man die Kristalle mit der Lcsung zu lange in Beruhrung, so beginnt die Verbindung sich zu zerse tzen. Bestimmungen, die innerhalb 1 Minute durchgeiuhrt wurden, ergaben die Dichte 2,85 ; bei einer Behandlungs- dauer von 10-20 Minuten resultierten Werte von 2,87 bis 2,92. Der Mittelwert afus unseren pyknometrischen Bestimmungen, d = 2,88, st,iinnit zufallig genau mit der rontgenographisch sich ergebenden Dichte iiberein.

5 , Die weitere Abkiihlung (auf Zimrnerternperatur) erfolgte mit normaler Ge- schwindigkeit.

286 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 283. 1956

Die Verbindung K,MgF, hat also eine geringere Dichte als KMgF% (dpykn. = 3,18, driintg. =1 3,169), aber eine hohere als K F (dpykn. = 2,48, driintg. = 2,505).

Der Rrechungs index der K,MgF4-Kristalle ergab sich zu n, = 1,381. Die Kristalle zeigten schwache negative Doppelbrechung,. n, - n, < 0,001, wahrend MgF, positiv doppelbrechend. K F und KMgF, optisch isotrop sind.

Durch Wasser wird K,MgF, zerlegt, indem ihm K F entzogen und KMgF, gebildet wlrd. Bei groben Kristallen erfolgt diese Zerlegung nur langsam, bei feingepulverten Pra,paraten durch reines Wasser ziemlich schnell, wesentlich langsamer durch konz. KF-Losungen.

Eine feingepulvertc Schmelze mit einem Gehalt von 78,5 Mol-% K F (also uber- schiissiges K F enthaltend) bestand nach halbstiindigem Auslaugen mit dest. Wasser fast nur noch aus KMgF, (gef. 19,61y0 Mg, ber. fur KMgF, 20,20y0 Mg). Eine feingepulverte Probe der gleichen Schmelze enthielt, nachdem sie 10 Minuten mit einer konz. KF-LO- sung in Beriihrung gewesen war, 15,27% Mg (ber. fur K,MgF, 13,62% Mg), nach %tun- diger Einwirkung der KF-Losung 15,59y0 Mg.

Nach $woehigem Liegen unter Wasser waren r,uch grofiere K,MgF4- Kristalle nahezu vollstandig in KMgF, iibergegangen (gef. Mg-Gehalt 19,52 %). Benierkenswerterweise war auWerlich an diesen Kristallen keine Veranderung festzustellen. Sie blieben kla,r durchsichtig, be- hielten ihre Form auch bei leichtem Druck und hatten nur eine noch gestcigerte Spnltbarkeit parallel zur Easis. Man kann also der Ver- bindung K,MgF, topochemisch durch Behandeln mit Wasser die zwi- schen die KMgF3- Schichten eingelagerten KF-Schichten entziehen, ohne im iibrigen das Kristallgefuge zu zerstoren.

In der arigege benen Weise geziichtete Kristalle dienten zur Struktur- bestimmung der Verbindung K,MgF, mit Hilfe von LAUE- und Dreh- Itristallaufnahmen. Hieriiber wird spater berichtet werden.

Hamburg, AnorganiPche Abteilung dcs Cheinischen Staatsinstituts, Universitat.

Bei der Redaktion eingegangen am 24. August 1955.

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