Seite 1 Grenzgänger Vom Wagnis der Andersartigkeit Fritz B. Simon Bensheim, 26. 2. 2004

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Seite 1

Grenzgänger

Vom Wagnis der Andersartigkeit

Fritz B. Simon

Bensheim, 26. 2. 2004

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The Captains Paradise

Gibraltar

Tanger

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Grenzgänger

Risiken und Chancen der Andersartigkeit

vs.

Risiken und Chancen der Gleichartigkeit

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Grenzen zwischen Territorien

„Deutschland“ „Polen“

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Draw a distinction

G. Spencer-Brown, Laws of Form (1969)

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Die Wirkung von Grenzen

Unterscheidung eines Raums, Zustands oder Inhalts innen von

einem Raum, Zustand oder Inhalt außen

Grenze

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Beobachter / Motiv

Jeder Unterscheidung liegt eine unterschiedliche Bewertung der Räume, Zustände oder Inhalte auf der Innen- und Außenseite

der Grenze zugrunde.

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Zwei Unterscheidungen: Phänomene vs. Sprache

Phänomene Sprache

Merkmalder

Unterscheidung(„XY“)

Name für die

Innenseite derUnterscheidung

Merkmal der „XY-Artigkeit“ fehlt

Außenseite:unbenannt bzw.anderer Name

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Unterscheidungen: Speise vs. Speisekarte

Phänomene Sprache

XY „außen“

„nicht-außen“,„innen“

MerkmaleXY

fehlen

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Soziale Identität

Phänomene Sprache

Merkmale derZugehörigkeit/ Mitgliedschaft

„Wir“

„nicht-Wir“,„die Anderen“

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Grenzen zwischen Kulturen

„deutsch“ „polnisch“

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Grenzen sozialer Systeme

Durch Kommunikation wird unterschieden, welche Aktionen

und Akteure zum System gehören und welche nicht.

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Autopoiese sozialer Systeme

Kommunikations-Strukturen

=SozialesSystem

PersonPerson

Person

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Mitgliedschaft

Zugehörigkeit (bzw. Ausgrenzung) von Akteuren ist abhängig von

der Befolgung der identitätstiftenden Spielregeln

des jew. sozialen Systems (Verhalten/Teilnahme an der

Kommunikation)

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Integration

=

Einschränkung individueller Freiheitsgrade

(Luhmann 1997)

Preis der Zugehörigkeit

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Strukturelle Kopplung

Soziale Systeme erhalten ihre Identität, weil Akteure ihre

Spielregeln befolgen.

Akteure erhalten ihre Identität, weil sie als Mitglieder sozialer Systemen definiert sind (d.h. sich an die Regeln halten).

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Identität sozialer Systeme

Soziale Systeme reagieren mit Immunreaktionen (d.h.

ausgrenzend) auf abweichendes Verhalten von Einzelnen, wenn dadurch ihre Identität in Frage

gestellt wird.

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Gebote und Verbote für Insider

1. Wer dazu gehören will, muß charakteristische Verhaltensweisen zeigen.

2. Wer nicht ausgegrenzt werden will, darf bestimmte Verhaltensweisen nicht zeigen.

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Freiraum des Insiders

Kontingenz-Bereich:erlaubtes/mögliches,

aber nicht vorgeschriebenes/

notwendiges Verhalten

Verbote:zu unter-lassendesVerhalten

Gebote:notwen-

digesVerhalten

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Konsequenz:

Ob jemand zu einem bestimmten „Club“ (sozialen System) gehört,

erkennt man daran, dass er bestimmten Verhaltensweisen

auf jeden Fall realisiert und andere auf jeden Fall unterläßt.

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Beispiel: „Profession“

Wer zu einer bestimmten Profession gerechnet werden

will, muß bestimmte Methoden (Argumente etc.) verwenden und

darf andere nicht verwenden.

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Beziehungs-Wirkung von sozialen Grenzen

Die Beziehung Insider-Insider:

Gleichartigkeit / Symmetrie in Bezug auf defin. Merkmal (XY)

Die Beziehung Insider-Outsider:

Andersartigkeit /Asymmetrie in Bezug auf defin. Merkmal der

Unterscheidung (non-XY)

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Das Risiko der Gleichartigkeit

„Wer den Kopf aus dem Nest steckt, bekommt ihn

abgeschlagen...!“

Folge:

Kreativitätsverbot, Unfreiheit, Innovationsstop, Langeweile,

Lernunfähigkeit etc.

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Die Chance der Gleichartigkeit

„Egalité“

„Fraternité“

Berechenbarkeit, Zuverlässigkeit,

Zugehörigkeit, Bindung, Wärme,

Hierarchiefreiheit

etc.

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Das Risiko der Andersartigkeit

„Wer den Kopf aus dem Nest steckt, bekommt ihn

abgeschlagen...!“

Folge:

Ausgrenzung, Isolation, Disqualifikation, sozialer Tod,

Einsamkeit etc.

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Die Chance der Andersartigkeit

„Liberté“

Individualität,

Kreativität, Spannung

Mobilität, Flexibilität,

Hierarchie

etc.

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Die ParadoxIe des Grenzgängers

Er realisiert Verhaltensweisen des Insiders (= wird nicht

rausgeworfen)

und des Outsiders (= gehört nicht als Mitglied „dazu“)

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Rein-Raus-Spiele von Grenzgängern

„Gastarbeiter“, Touristen, Ethnologen, Händler, Schmuggler, Spione

Missionare, Kolonisatoren, Entwicklungshelfer

„Hofnarren“, Künstler, Verrückte

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Die paradoxe Identität des systemischen Beraters

Anpassung und Nicht-Anpassung an die Regeln des Kunden (-

systems) durch „Anschluß“ an seine Beschreibungen,

Erklärungen und Bewertungen und die Einführung von

Alternativen dazu

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Anschlußfähigkeit

Voraussetzung:

„Polykontexturale Kompetenz“,

d.h. die Fähigkeit, unterschiedliche (kulturelle) Spielregeln zu erfassen und

mitzuspielen

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Optimale Irritation

Erfolgreiche Beratung beruht darauf, die Kunden bzw. ihr

Weltbild (nur) so weit zu irritieren und in Frage zu stellen, dass Veränderungen angeregt werden, ohne dass der Berater

rausgeworfen wird.

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Paradoxieauflösung I (Inhaltsebene)

Loyalität gegenüber dem Ziel des Auftraggebers bei gleichzeitiger Infragestellung des von ihm ins Auge gefaßten Wegs zum Ziel.

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Je höher die Zahl der (potentiellen) Mitgliedschaften in

unterschiedlichen sozialen Systemen, desto größer die

persönliche Freiheit des Individuums.

Gesetz der individuellen Freiheit

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Paradoxieauflösung II (Beziehungsebene)

Doppelte „Passung“ der Interventionen des Beraters :

1. Sinnhaftigkeit für das Kundensystem selbstevident.

2. Für das professionelle Peersystem fachlich

legitimierbar.

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Wer keine Grenzen überschreitet und keine Andersartigkeit riskiert, ist zwangsläufig

beschränkt:

in seinen Erfahrungen, seinem Denken, Fühlen, Handeln usw.

Das Wagnis der Andersartigkeit?

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