Sie sind es sich wert! - Hilde Fehr - Jetzt kostenloses...

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Hilde Fehr hat als Ortfür unser Treffen ausgutem Grund ein Sze-nelokal namens DieWäscherei auserko-

ren: „Ich wollte mich hier treffen,weil ich mich gegen die ständige Ge-hirnwäsche und den Leistungsgedan-ken wehre.“

Und genau deshalb hat sie vor Kur-zem die „Selbstwertambulanz“ insLeben gerufen. Es war die eigene leid-volle Erfahrung, die ihr die Notwen-digkeit einer solchen vor Augen ge-führt hat: „Ich habe einen Bestsellergeschrieben und tourte mit meinemKabarett-Programm erfolgreichdurch ganz Österreich. Aber dennochwar mein Selbstwert im Keller. ImGrunde eine Frechheit meiner Per-son gegenüber, dass es nur so krachtund knallt. Und so wie mir früher,geht es leider vielen Menschen.“

Die SelbstwertskalaKlar, die einen sind mehr, die ande-

ren weniger von sich überzeugt –doch wie lässt sich der Selbstwertmessen? „Man entspannt sich, atmettief ein und hört auf sein Bauchge-fühl. Dann stellt man sich eine Skalavon eins bis zehn vor. Wie von selbstgibt das Unterbewusstsein eine Zahlvor.“ Bestenfalls fällt die eigene Be-

Auch in Hilde Fehrs Leben gibt es Tage, an welchen sie von negativenGedanken eingeholt wird. Doch die diplomierte Schauspielerin hatgelernt, „Stopp“ zu sagen. Mittlerweile ist die gebürtigeVorarlbergerin in Wien als Lebensberaterin tätig und hilft in ihrer„Selbstwertambulanz“anderen dabei, sich wertvoll zu fühlen.

wertung – vorausgesetzt natürlich,man ist zu sich selbst ehrlich undlässt nicht nur das übersteigerte Egosprechen – hoch aus.

Und wenn nicht, gibt es ja nun eineMuckibude für den eigenen Selbst-wert. Dieser trainiert sich freilichnicht von selbst, wie so oft macht dieÜbung den Meister: „Gleich einerGehirnwäsche, werden wir von Ge-burt an darauf konditioniert, wie wirzu sein haben. Diese Systematik müs-sen wir aufbrechen und den Muskeldes sich Niedermachens ab- und je-nen des Wertvollseins aufbauen. Nurmit viel Training kann man die nega-

tiven Stimmen im Kopf unter Kon-trolle bringen.“

Bohrende SelbstzweifelAuch Hilde Fehr kam nicht umhin,

sich ihre „Zehn“ hart zu erarbeiten.Figurprobleme, Selbstzweifel undSorgen mit den Kindern haben ihrLeben lange im Griff gehabt und dasEigenbild geprägt. „Ich weiß nicht,wie oft mich die Schule meiner Toch-ter angerufen hat, ob sie tatsächlichkrank im Bett liegt oder nur wiedermal schwänzt. Ihr Verhalten und dieschlechten Noten haben sich auf mei-nen Selbstwert projiziert: Ich bin eine

schlechte Mutter, ich habe in der Er-ziehung versagt! Ich musste lernen,dass ich meine Kinder zwar begleitenkann – aber was sie schlussendlichdaraus machen, ist ihre Sache.“ DieGründe, an sich selbst zu zweifeln,können mannigfaltiger Natur sein.Mal zwingen einen berufliche Proble-me in die Knie, mal ist es der all-gegenwärtige Schönheitswahn, malPech in der Partnersuche.

Inneres FragezeichenDie Kunst besteht darin, die Fra-

gen, die in einem bohren, zu beant-worten, ohne sich permanent selbstdie Schuld für alles zu geben. Wiesomeldet sich beispielsweise das netteDate von voriger Woche nicht mehr?„Wer innerlich ein einziges Fragezei-chen ist, löst fast zwangsläufig einenfatalen Mechanismus aus. Wenn ichselbst zerrissen und fragil bin, kannich auch nicht darauf hoffen, dass je-mand anderes mich akzeptiert odergar liebt.“

Letztlich sind es die Freude am Le-ben, die Liebe zu sich selbst, Neugierund Unbeschwertheit, welche auf dasandere Geschlecht anziehend wirken– die eine Falte im Gesicht fällt hin-gegen kaum ins Gewicht. „Der Mannverlässt seine Ehefrau nicht für eineJüngere, weil sie so schön ist. Son-

dern weil diese sich wohlfühlt, Energiehat und sich nicht permanent selbstsuggeriert, dass sie nichts wert ist.“

Gleich ob Frau oder Mann – glück-lich wird letztlich nur, wer das Lebengenießen kann. Kein leichtes Unter-fangen in einer Welt, in welcher zwarviele von einer Auszeit am Strandträumen, andererseits aber Anforde-rungen und Leistungsdruck stetigsteigen. Besonders beim arbeitsamenVorarlberger treibt dieser Wider-

spruch mitunter höchst skurrile Blü-ten: „Der Begriff der Leistung wird inVorarlberg neu erfunden und auf dieSpitze getrieben. Zwar hat fast ein je-der einen wunderschönen Gartenums Haus, im Liegestuhl sieht manaber kaum jemanden liegen – schließ-lich will keiner beim Nichtstun er-tappt werden! Wir müssen endlichlernen, das Sein in unser Leben zuholen. Denn so viel sollte sich jederselbst wert sein!“ Sandra Nemetschke

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LEBENSBERATUNG LEBENSBERATUNG

Sie sind essich wert!

Ihr Lachen istansteckend:Hilde Fehr imGespräch mit„Krone“-RedakteurinSandraNemetschke.

Nein zurGehirnwäsche undJa zum Selbstwert –Hilde Fehr weiß, wiees geht.

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