Stellungnahme zum Gesundheitsschutz bei … · A. Rechtsgrundlagen ... gende Fragen zu den...

Preview:

Citation preview

Stellungnahme zum

Gesundheitsschutz bei Lehrperso-nen

Prof. Dr. iur. Dr. h.c. Thomas Geiser

Inhalt I. AuftragundAusgangslage..............................................................................................................................2II. GrundlagendesGesundheitsschutzesimArbeitsrecht..................................................................................3

A. Rechtsgrundlagen......................................................................................................................................31. ArbeitsgesetzundUnfallversicherungsgesetz.......................................................................................32. Arbeitsvertragsrecht..............................................................................................................................4

B. InhaltlicheRegelung...................................................................................................................................41. GesundheitsschutzimengerenSinne....................................................................................................42. Arbeitszeiten..........................................................................................................................................5

III. Anwendungsbereiche................................................................................................................................5A. UVGunddazugehörigeVerordnungen......................................................................................................5B. ArbeitsgesetzunddazugehörigeVerordnungen........................................................................................5C. Arbeitsvertragsrecht..................................................................................................................................7D. AnwendungbezüglichLehrpersonen.........................................................................................................7

IV. BeantwortungderkonkretenFragen.........................................................................................................8A. FragenbezüglichderZuständigkeiten/Gremien:.....................................................................................8

1) KontrollederGesundheitskonzepte......................................................................................................82) KontrolledurchArbeitsinspektorate?...................................................................................................93) ArbeitszeitregelungdurchdenBund?...................................................................................................94) RechtswegbeigesundheitlichenProblemen.......................................................................................10

B. Vollzugsprobleme:...................................................................................................................................101) AusdehnungderAnwendbarkeitvonArG,ORundUVG?...................................................................102) EinbindungderBildungbeimGesundheitsschutz...............................................................................113) WannmussdasArbeitsinspektoratoderderArbeitgeberreagieren?................................................11

C. VerhältniszudenNormwerten:...............................................................................................................121. BedeutungeinerGesundheitsgefährdung...........................................................................................122. ReaktionspflichtdesArbeitsinspektorates?........................................................................................12

Literatur:FRIEDRICH-WALTERBIGLER,KommentarzumArbeitsgesetz,3.Aufl.,Zürich1986;

ThomasGeiser GesundheitsschutzbeiLehrpersonen Seite2

THOMASGEISER,In:Geiser/vonKaenel/Wyler(Hrsg.),Arbeitsgesetz,Handkommentar,Bern2005;THOMASLOCHER,GrundrissdesSozialversicherungsrechts,Bern2003;GUSTAVOSCARTAZZINI/MARCHÜRZELER,Bundessozialversicherungsrecht,Basel2012;HENRIZWAHLEN,in:WaltherHug,KommentarzumArbeitsgesetz,Bern1971.

I. Auftrag und Ausgangslage 1.1. MitMailvom21.September2016hatHerrJürgBrühlmann,LeiterPädagogikLCH,Dachver-bandLehrerinnenundLehrerSchweizdargelegt,dassderVerbandimRahmeneinesgrösserenPro-jekts zur Gesundheit von Lehrpersonen in Erfahrung bringenmöchte, wie die rechtliche SituationrundumdenGesundheitsschutzderLehrpersonenverbessertwerdenkann.ImGegensatzzuindust-riellen Berufen seien Arbeitsinspektorate kaum präsent. Gesundheits- und Arbeitsnormen seienkaumbekanntundwerdenauchnichtdurchgesetzt,u.a.Wochenarbeitszeiten,NachhallundLärm,Luftrauminm3proPerson,CO2Maximalwerte,ArbeitsflächeninSchulzimmern,Beleuchtung,etc.Erführteweiteraus,dassGesundheitskonzeptewiesiefürBetriebeüber50Personenvorgeschriebenseien, indenGemeindennurseltenvorkommenwürden.InderneuestenSchweizerischenGesund-heitsbefragung hätten 25% der Lehrpersonen, also überdurchschnittlich viele, ausgesagt sie seien"emotional verbraucht".ÜberbelastunggefährdedieGesundheitund reduzieregemässneuenStu-dien(UtaKlusmann2016)dieLeistungenderKinderundJugendlichen.

1.2. DerDachverbandLehrerinnenundLehrerSchweizunterbreitetemirausdiesemGrund fol-gendeFragenzudenZuständigkeitenundzumVollzugimArbeits-undGesundheitsrechtandenöf-fentlichenSchulen:

1. „Zuständigkeiten/Gremien:a) Wer sollte die Gemeinden bzgl. Realisierung eines Gesundheitsschutzkonzepts an den

Schulenkontrollieren?(GemässEKAS/ASA-Richtlinie6508isteinKonzeptPflicht inOr-ganisationenvonüber50MA).

b) WiekanndieunabhängigeZuständigkeit/KontrolledurchdiekantonalenArbeitsinspek-toratesichergestelltwerden(u.a.NormenfürLärm/Nachhall,Luft,Licht,Raumangebot,einseitigeArbeitsbelastungv.a.Kindergarten).

c) KönnenVerordnungenoderallenfallsGesetzedesBundesbesseraufdieBelastungenanöffentlichenSchulenangepasstwerden(Zuständigkeitgegeben?)

d) WieistderRechtswegfürTeamsodereinzelneLehrpersonen,wennsieihreGesundheitinGefahrsehen?

2. Vollzugsprobleme:a) WiekannderGültigkeitsbereichdesArbeitsrechtsOR,ArbeitsgesetzesArG,Gesundheits-

schutzvorgaben UVG auch auf die öffentlichen Schulen ausgeweitet und angewendetwerden?UVG:EKAS:ASA-Richtlinie6508,WegleitungzurVO3desArGdesSECO2011

b) WiekanndieBildungaufEbeneBundbessereingebundenwerden?(z.B.Projektpsychi-scheGesundheit,ThemengruppeBildungbeiderEKAS)

c) Abwann"muss"einArbeitsinspektoratodereinArbeitgeberreagieren(z.B.aufStudien-ergebnisse),resp.wiekanneineverantwortlicheStelledazugezwungenwerden,sichmitdenProblemenzubefassen?

3. VerhältniszudenNormwerten:a) ReichteineNormüberschreitunggrundsätzlich,umals„Gesundheitsgefährdung“gewer-

tetzuwerden?

ThomasGeiser GesundheitsschutzbeiLehrpersonen Seite3

b) MüsstedasArbeitsinspektoratreagieren,wenndieGesundheitimSinnevonbelästigen-den Einflüssen gemäss ArG nur beeinträchtigtwird? Z.B. in dem die LeistungsfähigkeitdurchzuvielCO2reduziertwird,derStressdurchDichteundzuviele Interaktionener-höhtwird?

II. Grundlagen des Gesundheitsschutzes im Arbeitsrecht

A. Rechtsgrundlagen 1. Arbeitsgesetz und Unfallversicherungsgesetz 2.1. DerGesundheitsschutzunddieUnfallverhütungimArbeitsrechtsindsowohlimArbeitsgesetzwieauchimUnfallversicherungsgesetzgeregelt.MassgebendsindeinerseitsArt.6ArGunddiedazu-gehörigenVerordnungen1 und andererseits Art. 81 ff.UVGunddieVUV, sowieweitere auf diesesGesetzabgestützteVerordnungen.DieserDualismuskommtauchindenÜberwachungszuständigkei-tenzumAusdruck.NebendenDurchführungsorganendesArbeitsgesetzessindauchjenederUnfall-versicherungenzurDurchsetzungdesGesundheitsschutzeszuständig.

2.2. Für die Koordination zwischen diesen verschiedenen Durchführungsorganen, welche nichtnur unterschiedlichen Bundesämtern sondern auch unterschiedlichen Departementen angehören,hat der Bund eine Koordinationsstelle geschaffen, nämlich die EKAS. Daraus ergibt sich folgendeÜbersicht:

EKAS=EidgenössischeKommissionfürArbeitssicherheit

1 ArGV3;ArGV4.

ThomasGeiser GesundheitsschutzbeiLehrpersonen Seite4

2. Arbeitsvertragsrecht 2.3. AuchdasArbeitsvertragsrechtkenntBestimmungenüberdenGesundheitsschutzdesArbeit-nehmers,allerdingsistdieseNormsehrallgemeingehalten.Art.328ORverpflichtetdieArbeitgebe-rindiePersönlichkeitdesArbeitnehmerszuachtenundzuschützen,aufdessenGesundheitgebüh-rendRücksichtzunehmenundfürdieWahrungderSittlichkeitzusorgen.SiehatinsbesonderezumSchutz von Leben, Gesundheit und persönlicher Integrität der Arbeitnehmer die Massnahmen zutreffen, die nachder Erfahrungnotwendig, nachdemStandder Technik anwendbar unddenVer-hältnissendesBetriebesoderHaushaltesangemessensind,soweitesmitRücksichtaufdaseinzelneArbeitsverhältnisunddieNaturderArbeitsleistungihmbilligerweisezugemutetwerdenkann.2

2.4. EineKonkretisierungdieserBestimmunghatderGesetzgebernichtvorgenommen.DerBun-desrathat auch keineKompetenz in einerVerordnungdies zu konkretisieren.Vielmehrhandelt essichumunbestimmteRechtsbegriffe,derenBedeutungdieZivilgerichteimEinzelfallauszulegenha-ben.

B. Inhaltliche Regelung 2.5. GemässderVerfassungderWeltgesundheitsorganisation(WHO)istGesundheiteinZustanddesvollständigenkörperlichen,geistigenundsozialenWohlergehensundnichtnurdasFehlenvonKrankheitoderGebrechen.3WendetmandiesesehrweiteDefinitionaufdenGesundheitsschutzan,können alle Massnahmen und Regelungen als Gesundheitsschutz angesehen werden, welche daskörperliche,geistigeundsozialeWohlderMitarbeitenden fördern.Es liegtaufderHand,dassdiesnichtnurSchutzvorkehren imBereichderUnfallverhütungundderVerhinderungvonBerufskrank-heiten sind, sondern alleMassnahmen zuGunsten eines gutenArbeitsklimas. Im vorliegenden Zu-sammenhang isteineBeschränkungauf jeneMassnahmengefordert,welchedieVerhinderungvonKrankheitenundUnfällenbetreffen.

1. Gesundheitsschutz im engeren Sinne 2.6. ZumeinengehtesumdieVerhütungvonArbeitsunfällenundBerufskrankheiten.DieseRe-gelnfindensichinersterLinieimUVGundinderVUV.4SiefindensichaberauchinArt.6ArGundindensichaufdieseNormdesGesetzesstützendenVerordnungen.DieAufteilungzwischendenbeidenNormkomplexenisteherzufälligundhistorischbegründetalssystematisch.

2.7. NamentlichdieVUV regelt zumTeil imEinzelnen,wieArbeitsräumeundArbeitsgerätebe-schaffen seinmüssen.5 Sie hält aber auch in einerGeneralklausel fest, dass dieArbeitgeberin „zurWahrung und Verbesserung der Arbeitssicherheit alle Anordnungen erteilen und alle Schutzmass-nahmentreffen“muss,„diedenVorschriftendieserVerordnungunddenfürseinenBetriebzusätz-lichgeltendenVorschriftenüberdieArbeitssicherheitsowieimÜbrigendenanerkanntensicherheits-technischen und arbeitsmedizinischen Regeln entsprechen.“6 Die Verordnung bleibt aber auch invielenBereichen imAllgemeinenundarbeitetmitGeneralklauseln.Sobestimmtsie imZusammen-hangmit den Regeln zur Arbeitsumgebung bezüglich der Lüftung nur: „Die Zusammensetzung derLuftamArbeitsplatzdarfdieGesundheitderArbeitnehmernichtgefährden.Andernfalls istfüraus-

2 Art.328Abs.2OR.3 PräambelderVerfassungderWeltgesundheitsorganisationvom22.Juli1946[SR0.810.1].4 BundesgesetzüberdieUnfallversicherung(UVG)vom20.März1981[SR832.20]undVerord-nungüberdieVerhütungvonUnfällenundBerufskrankheiten(VerordnungüberdieUnfallverhütung,VUV)[SR832.30].

5 Vgl.insb.dieArt.12ff.VUVbezüglichderArbeitsräume.6 Art.3Abs.1VUV.

ThomasGeiser GesundheitsschutzbeiLehrpersonen Seite5

reichendenatürlicheoderkünstlicheLüftungamArbeitsplatzzusorgen;nötigenfallsmüssenweiteretechnischeMassnahmenergriffenwerden.7

2.8. AberauchdieArGV3enthältentsprechendeBestimmungen.AuchhierfindensichDetailre-gelungenfürRäumeundanderes.8DieBestimmungensindteilweisepräziseralsinderVUV.Sowirdfestgehalten,dass „inArbeitsräumen (…)auf jedendarinbeschäftigtenArbeitnehmereinLuftraumvon wenigstens 12 m3, bei ausreichender künstlicher Lüftung von wenigstens 10 m3, entfallen“muss.9DanebenenthältaberauchdieseVerordnungeineallgemeineBestimmung.DieArbeitgeberinmussalleMassnahmentreffen,dienötigsind,umdenGesundheitsschutzzuwahrenundzuverbes-sern und die physische und psychischeGesundheit der Arbeitnehmer zu gewährleisten.10 Die Ver-pflichtungensinddamitdoppeltabgesichert.

2. Arbeitszeiten 2.9. Nicht zumGesundheitsschutz imengerenSinnezähltdasGesetz jedochdieBestimmungenüberdieArbeitszeiten.EsstehtzwarausserZweifel,dassdieDauerderArbeitunddieLagederAr-beitszeiteneinensehrgrossenEinflussaufdiepsychischeundphysischeGesundheitdesArbeitneh-mers haben. Dennoch gehören weder die Bestimmungen über maximale Arbeitszeiten, noch dasNacht-unddasSonntagsarbeitsverbotnochdieVerpflichtungenPausenundRuhezeitenzugewäh-ren,rechtlichzudenGesundheitsbestimmungen.

2.10. Das ist weder logisch noch sachlich begründbar. Es hat ausschliesslich politische Gründe,welchemitdemAnwendungsbereichdesArbeitsgesetzeszutunhaben.

III. Anwendungsbereiche

A. UVG und dazugehörige Verordnungen 3.1. In derUnfallversicherung obligatorisch versichert sind die in der Schweiz beschäftigtenAr-beitnehmer.11AusArt.2Abs.1Bst.eUVVlässtsichschliessen,dassalsArbeitnehmerimSinnederobligatorischenVersicherungnichtnurPersonenmiteinemArbeitsvertragnachORgelten,sondernauchStaatsbedienstetemiteineröffentlich-rechtlichenAnstellung.12EntsprechendsindaufallediesePersonenauchdieGesundheitsschutzvorschriftendesUVGundderdazugehörendenVerordnungenanwendbar.EineDifferenzierungistnichtvorgesehen.

B. Arbeitsgesetz und dazugehörige Verordnungen 3.2. Der sachliche Anwendungsbereich des Gesetzes wird durch zwei Begriffe bestimmt. ZumeinenmusseinBetriebvorliegenundzumandernmüssenArbeitnehmerbeschäftigtwerden.Dem-gegenüber lässt sich aus dem Titel des Gesetzes für den Anwendungsbereich nichts ableiten. DieBezeichnung"BundesgesetzüberdieArbeit in Industrie,GewerbeundHandel" istzueng.EsfindetauchausserhalbderimGesetzgenanntenWirtschaftszweigeAnwendung.13Art.1Abs.1ArGbringtzumAusdruck,dassesfürdieAnwendbarkeitdesGesetzesohneBedeutungist,obessichumeinenBetriebderöffentlichenHandoderder Privatwirtschafthandelt.DieserGrundsatzwird allerdingsdurch die nachfolgenden Ausnahmen im Rahmen des betrieblichen und persönlichen Geltungsbe-7 Art.33VUV.8 Vgl.insb.Art.11ff.ArGV3.9 Art.12Abs.3ArGV3.10 Art.2ArGV3.11 Art.1aAbs.1UVG.12 Vgl.auchSCARTAZZINI/HÜRZELER,S.461f.;LOCHER,S.170f.13 GEISER,N.4zuArt.1ArG.

ThomasGeiser GesundheitsschutzbeiLehrpersonen Seite6

reichswieder eingeschränkt. Einewirtschaftliche Tätigkeit istnicht erforderlich. Das Gesetz kannauchaufFreizeittätigkeitenAnwendungfinden14.OhneBedeutungistauch,obessichbeimBetriebs-inhaberumeinenatürlicheoderjuristischePersonhandelt15.

3.3. ImZusammenhangmitdembetrieblichenAnwendungsbereichnimmtnunallerdingsArt. 2Abs.1Bst.aArGdieVerwaltungendesBundes,derKantoneundGemeindenvomAnwendungsbe-reich des ArG grundsätzlich aus. Auf dem Verordnungsweg kann der Bundesrat zudem einerseitsöffentlicheAnstaltendenVerwaltungengleichstellenunddamitauchvomAnwendungsbereichaus-nehmenundandererseitsdasArGfüreinzelneBetriebederVerwaltunganwendbarerklären.16DerVorbehaltderVerordnungschränktdenAnwendungsbereichsomitnichtnurein,sondernerweitertihnauch.ZudemzeigtdieKompetenz,öffentlich-rechtlicheAnstaltendenöffentlichenVerwaltungengleichzustellen,d.h.vomAnwendungsbereichauszunehmen,dassdieöffentlich-rechtlichenAnstal-tengrundsätzlichdemArbeitsgesetzunterstehen.

3.4. DerBundesrathatvondieserKompetenzinderArGV1Gebrauchgemacht.ImvorliegendenZusammenhang entscheidend ist, dass das Arbeitsgesetz uneingeschränkt auf öffentlich-rechtlicheAnstaltenmiteigenerRechtspersönlichkeitanwendbarist17,unabhängigdavon,obdieArbeitnehmeröffentlich- oder privatrechtliche angestellt sind. Demgegenüber sind die ArbeitszeitbestimmungendesArbeitsgesetzesnichtanwendbar:18

• AufdieöffentlichenVerwaltungen,welchekeineeigeneRechtspersönlichkeithaben,d.h.TeileinerGemeinde,einesKantonsoderdesBundessind;

• Auf öffentlich-rechtliche unselbständige Anstalten, d.h. ohne eigene Rechtpersönlichkeit,weildieseauchTeileinerGemeinde,einesKantonsoderdesBundessind;

• Auf selbständige öffentlich-rechtlicheKörperschaften19, wenn dieMehrheit der Arbeitneh-meröffentlich-rechtlichangestelltist.

3.5. Auch diese Ausnahmen vom Anwendungsbereich des ArG sind indessen nicht umfassend,Art.3ArGstelltdieAusnahmevomArGausdrücklichunterdenVorbehaltvonArt.3aArG.DieseBe-stimmungerklärtdieVorschriftenüberdenGesundheitsschutzalsaufdieVerwaltungendesBundes,derKantoneundGemeindenanwendbar20.InKlammernwerdenjeneGesetzesbestimmungenaufge-zählt,welchedemGesundheitsschutzimSinnedieserBestimmungdienen.DieAufzählungistgrund-sätzlich abschliessend21.Weitere Bestimmungenwerden von der Ausdehnung nicht erfasst, selbstwennsie indirektdieGesundheitbetreffen,wienamentlichdieBestimmungenüberdieArbeitszei-ten.AllerdingssinddiedreialsanwendbarerklärtenNormenselberhochgradigauslegungsbedürftig.Art.6ArGundArt.35Abs.1ArGenthaltenwiebereitsausgeführteigentlicheGeneralklauselnzumGesundheitsschutz,welcheinihrerAllgemeinheitkaumüberArt.328OR(Fürsorgepflicht)hinausge-hen.DerBundesrathatalsVerordnungsgeberhierweitgehendeKompetenzenzurKonkretisierung.Soweit die Verordnungen in Anwendung der in den genannten drei Bestimmungen vorgesehenenDelegationdieseNormenkonkretisieren,werdensievonderAusdehnunggemässArt.3aArGerfasst.BezüglichderArGV322hatdiesbereitsdieBotschaftfestgehalten23.Dasmussaberauchfürweitere14 ZWAHLEN,Kommentar-Hug,Art.1N.14.15 BIGLER,Art.1ArGN.3.16 Art.2Abs.2ArG.17 Eine Anstalt ist ein verselbständigtes Zweckvermögen. Anstalten sind folglich alle jene öffentlich-rechtlichenEinheitenmiteigenerRechtspersönlichkeit,welchekeineMitgliederhaben.18 Art.7ArGV1.19 EineKörperschaftisteinVerband.SiehatMitglieder,welchedieKörperschaftbestimmenundleiten.20 Art.3aBst.aArG.21 MÜLLER,Art.3ArGN.4;GEISER,Art.3aArGN.2.22 SR822.113.

ThomasGeiser GesundheitsschutzbeiLehrpersonen Seite7

Verordnungsbestimmungengelten24.Das ist insofernvonBedeutung,alssichArt.13 ff.ArGV1,derdieArbeitszeitenunddenPikettdienstumschreibt,aufArt.6ArGstütztunddamitnachderdarge-stelltenAuslegungzumGesundheitsschutzgehört.

3.6. Nichtwirklichgeklärt istdieFrage,ob sichderVorbehaltbezüglichderAnwendbarkeitderBestimmungen über den Gesundheitsschutz nur auf die materiellen Bestimmungen bezieht oderauchaufdieKontrollen.DieKontrollendienenderDurchsetzungderanwendbarenmateriellenNor-men.Vondaherwäreessinnvoll,auchdieKontrollbestimmungenanzuwenden.Andererseitsbildetaber die Kontrollorganisation im Arbeitsgesetz eine Einheit mit den ganzen Bewilligungsverfahrenund weiteren administrativen Bestimmungen. Die öffentlichen Verwaltungen unterstehen diesenVerfahrenabernicht.VondahersindwohlnurdiemateriellenBestimmungenanwendbar,nichtaberjenebezüglichderKontrollen.DieseAussage istdannaber–wienochdarzustellenseinwird–aufGrunddesUVGinwesentlichenPunktenzurelativieren.

C. Arbeitsvertragsrecht 3.7. Bezüglich der Anwendbarkeit des Arbeitsvertragsrechts ist entscheidend, ob die entspre-chende Person öffentlich- oder privatrechtlich angestellt ist. In aller Regel stellen privatrechtlicheArbeitgeberinnen ihr Personal nach demprivaten Arbeitsvertragsrecht an,während bei öffentlich-rechtliche Institutionen die Anstellungen grundsätzlich öffentlich-rechtlich erfolgen. Soweit es sichumLehrpersonenvonkantonalenundkommunalenSchulenhandelt,bestimmtdaskantonaleRecht,wie weit die öffentliche Hand ihre Arbeitnehmer allenfalls auch privatrechtlich anstellen kann. InseltenenFällenkannaucheineprivatrechtlichorganisierteArbeitgeberinöffentlich-rechtlichanstel-len,nämlichwennsiehoheitlicheFunktionenausübt.DasdürfteallerdingsbeiLehrpersonenkaumjerelevantsein.

3.8. ErfolgtedieAnstellungöffentlich-rechtlich,istdasObligationenrechtnichtanwendbar.Dannrichten sich die Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer vielmehr nach dem öffentlichen Personal-recht.SoweitesumArbeitnehmervonEinrichtungendesBundesgeht,istdasBundespersonalgesetzanwendbar.25 Andernfalls ist das entsprechende kantonale Personalrecht massgebend, eventuellauchkommunalesRecht.DerBundschreibtdenKantoneninkeinerWeisevor,welcheRegelngeltenmüssen.Siesinddiesbezüglichvollständigautonom.DieKantonehabenauchdieMöglichkeit,inih-renPersonalrechtenganzoderfüreinzelneFragenaufdasArbeitsvertragsrechtzuverweisen.DannkommtdiesesalskantonalesRechtzurAnwendung.DerBundsiehtinseinemeigenenPersonalrechtvor,dassdasORsubsidiärzurAnwendunggelangt,soweitdasBundespersonalrechtnichtsanderesregelt.26

D. Anwendung bezüglich Lehrpersonen 3.9. LehrpersonenstehenregelmässigineinemUnterordnungsverhältniszuihrerSchuleundsindinderenOrganisationeingegliedert.Siesinddamit inunselbständigerStellungtätig.Folglichunter-stehen sie der obligatorischen Unfallversicherung und damit dem UVG und dessen Gesundheits-schutz-undSicherheitsbestimmungen.Ausnahmensindhierkeinezusehen.

3.10. Bezüglich desArbeitsvertragsrechts ist entscheidend, ob es sich um eine öffentliche odereineprivateSchulehandelt,d.h.obdieSchuleöffentlich-rechtlichoderprivatrechtlichorganisiertist.PrivatschulenkönnenihreLehrernurnachdemObligationenrechtanstellen.Kantonaleundkommu-naleSchulenstellenihreLehrergemässdemkantonalenoderkommunalenPersonalrechtunddamit

23 BBl1992V662;MÜLLER,Art.3ArGN.3.24 Z.B.Art.66ArGV1;vgl.GEISER,N.3zuArt.3aArG.25 Bundespersonalgesetz(BPG)vom24.März2000[172.220.1].26 Art.6Abs.2BPG.

ThomasGeiser GesundheitsschutzbeiLehrpersonen Seite8

nicht nach dem Arbeitsvertragsrecht an. Allerdings kann das kantonale und kommunale Personal-rechtauchetwasanderesvorsehen.

3.11. BezüglichderAnwendbarkeit desArbeitsgesetzes ist zuerst zuprüfen,obdie Schuleunterden betrieblichen Anwendungsbereich des ArG fällt.27 Ohne Einschränkung ist das ArG auf privateSchulenanwendbarsowieaufstaatlicheSchulen,derenTrägereineselbständigeöffentlich-rechtlicheAnstaltsind.Nichtanwendbaristesdemgegenüber,wenndieSchulerechtlichnichtverselbständigtsondernTeil einer kantonalenoder kommunalenVerwaltung ist.DadiemeistenSchulennachwievorTeilderkantonalenoderkommunalenVerwaltungseindürften, isteingrosserTeilderSchulenausserhalbdesAnwendungsbereichesdesArG, sodassdiesesauchnichtaufdieLehrpersonenan-wendbar sein kann. Namentlich unterstehen sie nicht den Arbeitszeitvorschriften. Allerdings sinddann–wiedargelegt–diemateriellenGesundheitsschutzbestimmungendennochaufdasPersonalderSchulenanwendbar.

3.12. FälltdieSchuleunterdenAnwendungsbereichdesArbeitsgesetzes,weilessichumeinePri-vatschuleoderumeine selbständigeöffentlich-rechtlicheAnstalthandelt,bleibt zubeachten,dassdieLehreranPrivatschulenbeimpersonellenAnwendungsbereichvomArGausgenommenwordensind.28DieAusnahmebeziehtsichabernuraufLehreranPrivatschulen,nichtauchaufsolcheanöf-fentlichen Schulen.29 Zudem sind die materiellen Gesundheitsschutzbestimmungen dann dennochanwendbar.30

3.13. Zusammenfassend kann folglich festgehalten werden, dass die materiellen Gesundheits-schutzbestimmungendesArGunddesUVGaufalleLehreranwendbarsind.DieBestimmungendesArGzudenArbeitszeitenfindendemgegenübernuraufLehreranöffentlichenSchulenAnwendung,wenn diese eine selbständige Anstalt ist.31 Das Arbeitsvertragsrecht findet auf Lehrer nur Anwen-dung,wennsieprivatrechtlichangestelltsind.

IV. Beantwortung der konkreten Fragen

A. Fragen bezüglich der Zuständigkeiten / Gremien: 1) Kontrolle der Gesundheitskonzepte 4.1. Frage:„WersolltedieGemeindenbzgl.RealisierungeinesGesundheitsschutzkonzeptsandenSchulenkontrollieren? (GemässEKAS/ASA-Richtlinie6508 isteinKonzeptPflicht inOrganisationenvonüber50MA).“

4.2. DieRichtlinienderEKASstützensichaufArt.85UVGundArt.11bund52aVUV.DieEKAShatgemässdiesenBestimmungenfüreineeinheitlicheAnwendungderVorschriftenüberdieVerhütungvonBerufsunfällenundBerufskrankheiten in denBetrieben zu sorgen.32 Ihre Tätigkeit bezieht sichsomitnichtaufdengesamtenGesundheitsschutzsondernnuraufdieVermeidungvonBerufsunfäl-len und Berufskrankheiten. Zudem sind ihre Beschlüsse nur für die Durchführungsorgane des Ar-beitsgesetzesunddieVersichererverbindlich,nichtaberfürdieArbeitgeberinnenunddieVersicher-

27 Art.2ArG.28 Art.3Bst.eArG.29 GEISER,N.28zuArt.3ArG.30 Art.3aBst.cArG.31 Anwendbarsindsieauch,wenndieSchulealsöffentlich-rechtlicheKörperschaftorganisiertist,welchedieMitarbeitendenüberwiegendprivatrechtlichanstellt.DasdürfteaberäusserstseltenderFallsein.32 Art.85Abs.3UVG.

ThomasGeiser GesundheitsschutzbeiLehrpersonen Seite9

ten.33 Die Befolgungder Richtliniender EKAShat für dieArbeitgeberin allerdings denVorteil, dassdamitwohldieVermutungbesteht,dasssieihrenPflichtenimBereichderArbeitssicherheitundGe-sundheitsvorkehrnachgekommenist.34

4.3. Zuständig für die Kontrollen sind bezüglich derAnwendungderVorschriften zurArbeitssi-cherheit, d.h. bezüglich Unfallverhütung, grundsätzlich die kantonalen Durchführungsorgane desArG.35DemgegenüberüberwachtdieSUVAdieAnwendungderVorschriftenzurVerhütungvonBe-rufskrankheitenindenBetrieben.36DieEKAS/ASA-Richtlinie6508konkretisiertnachihrerZweckum-schreibung dieMassnahmen zur Förderung der systemorientierten Prävention von Berufsunfällenund Berufskrankheiten (Arbeitssicherheit) sowie des Gesundheitsschutzes. Die Zuständigkeit liegtvondahersowohlbeidenkantonalenArbeitsinspektoratenalsDurchführungsorganendesArG37wieauch bei der SUVA. Bei letzterer wird allerdings wohl das Problem auftauchen, dass es sich beiKrankheiten infolge der Belastung von Lehrpersonen nicht um anerkannte Berufskrankheiten han-delt.

2) Kontrolle durch Arbeitsinspektorate? 4.4. Frage:„WiekanndieunabhängigeZuständigkeit/KontrolledurchdiekantonalenArbeitsin-spektoratesichergestelltwerden(u.a.NormenfürLärm/Nachhall,Luft,Licht,Raum-angebot,einsei-tigeArbeitsbelastungv.a.Kindergarten).“

4.5. WiedargelegthättendieArbeitsinspektoratezwarnichtaufGrunddesArbeitsgesetzeswohlaberaufGrunddesUVGundderVUVeineVerpflichtungzurKontrolleauchbeistaatlichenSchulen.DieKontrollenkönntensichdannallerdingsnuraufdieEinhaltungderBestimmungenzumGesund-heitsschutzundderUnfallverhütungnachUVGbeziehen,weildieKontrollennachArGbeideröffent-lichenVerwaltungnichtvorgesehensind.ZudemsindArbeitszeitkontrollenausgeschlossen,weildieArbeitszeitbestimmungengarnichtanwendbarsind.Allerdingsdürfteeszurzeitkaumaussichtsreichsein,dieArbeitsinspektoratezuKontrollenaufzufordern.DiesesindmitanderenWirtschaftszweigeninderPrivatwirtschaft ausgelastetundwerden zudemwenig InteresseanKontrollenhaben,wenndieArbeitszeitennichtmiteinbezogenwerdenkönnen.Siewerdenauch–wohlweitgehendzuRecht– davon ausgehen, dass die Arbeitsplatzsicherheit im Sinne der Unfallverhütung bereits durch dieSchulbehördengenügendkontrolliertwird,weilesdabeijaauchumdenSchutzderKindergeht.

3) Arbeitszeitregelung durch den Bund? 4.6. Frage:„KönnenVerordnungenoderallenfallsGesetzedesBundesbesseraufdieBelastungenanöffentlichenSchulenangepasstwerden(Zuständigkeitgegeben?)“

4.7. BezüglichderAnwendbarkeitderGesundheitsschutzbestimmungensowohlimArGwieauchimUVGhatderBundesratdieMöglichkeitenaufVerordnungsstufewohlausgeschöpft.EineAusdeh-nungdesArbeitnehmerschutzes,namentlicheineUnterstellungderLehrkräfteunterdieArbeitszeit-regelungendesArG, istwohlnurdurcheineGesetzesrevisionmöglich.Änderungen imBereichdesArGsindstetshochpolitischunddamitschwierigzurealisieren.Hierkommtdazu,dassesumeinen

33 Art.85Abs.4UVG.34 Art.52aAbs.2VUV.35 Art.47VUV.36 Art.50Abs.1VUV.37 Art.41ArG.

ThomasGeiser GesundheitsschutzbeiLehrpersonen Seite10

EingriffdesBundesindaskantonalePersonalrechtginge,wasauchdenFöderalismustangiert.EinesolcheRevisionscheintmirwenigaussichtsreich,auchwennsiesehrwohlsinnvollwäre.

4) Rechtsweg bei gesundheitlichen Problemen 4.8. Frage:„WieistderRechtswegfürTeamsodereinzelneLehrpersonen,wennsieihreGesund-heitinGefahrsehen?“

4.9. DadieAnstellungenmeistensöffentlich-rechtlichsind,bestimmensichdieRechtswegeauchnichtnachBundesrechtsondernnachdemjeweiligenkantonalenRecht.DereinzelneArbeitnehmerwirdregelmässigdieMöglichkeithaben,anVorgesetztezugelangen.EinzelneKantonehabenzudemOmbutsstellen.

4.10.ZudemkanndaskantonaleDurchführungsorganimBereichderUnfallversicherung,d.h.inderRegel das Arbeitsinspektoratmit einer verbindlichen Verfügung, die Benutzung von Räumen oderEinrichtungenverbietenundinbesondersschwerenFällendenBetriebbiszurBehebungdessicher-heitswidrigen Zustandes schliessen und die Beschlagnahme von Stoffen und Gegenständen verfü-gen.38Dasistabernurzulässig,wennLebenoderGesundheitvonArbeitnehmerndurchMissachtungvon Sicherheitsvorschriften schwer gefährdet werden. Überlange Arbeitszeiten und Stress werdenaberkaumjealsdirektenVerstossgegenSicherheitsvorschriftengewertetwerdenkönnen,weildieArbeitszeitvorschrifteninöffentlichenSchulennichtanwendbarsind.

4.11. SoweitdieVoraussetzungen füreineVerfügungdesArbeitsamtes tatsächlichgegebensind,bzw.zurAbklärungderFrage,obdieszutrifft,kannjederArbeitnehmerdemArbeitsamtdenvermu-tetenMissstandanzeigen.

B. Vollzugsprobleme: 1) Ausdehnung der Anwendbarkeit von ArG, OR und UVG? 4.12. Frage:„WiekannderGültigkeitsbereichdesArbeitsrechtsOR,ArbeitsgesetzesArG,Gesund-heitsschutzvorgabenUVGauch auf die öffentlichen Schulen ausgeweitet und angewendetwerden?UVG:EKAS:ASA-Richtlinie6508,WegleitungzurVO3desArGdesSECO2011“

4.13. DieGesundheitsschutzbestimmungendesArGunddesUVGeinschliesslichderdazugehören-den Verordnungen sind auf Lehrpersonen bereits jetzt anwendbar. Eine Ausdehnung ist insoweitnichtnotwendig.DashältauchdasSECOinseinerWegleitungzuArGV3ausdrücklichfest.DortheisstesalsKommentarzuArt.1ArGV3:

„DieVorschriftenüberdenGesundheitsschutzsinddagegenauchanwendbaraufdieVerwal-tungendesBundes,derKantoneundGemeinden(Art.3aArG).“undweiter:„DasUnfallversi-cherungsgesetz (UVG) und dessen Verordnungen, insbesondere die Verordnung über dieVerhütung von Berufsunfällen und Berufskrankheiten (VUV), enthalten Vorschriften undMassnahmenzurVerhinderungvonBerufsunfällenundBerufskrankheiten.ArGundUVGha-ben die gleiche Ausrichtung: Arbeitsbedingte Gesundheitsschädenmüssen vermiedenwer-den.DasArbeitsgesetzgehtinBezugaufdieWahrungderGesundheitnocheinenSchrittwei-teralsdasUVG:Esverlangt,dassnichtnurdie imUVGdefiniertenBerufskrankheiten, son-dern jedeGesundheitsbeeinträchtigung vermiedenwerdenmuss. Zudem sind auch belästi-gendeEinflüsseamArbeitsplatzsoweitwiemöglichzuverhindern.“

4.14. Die Anwendbarkeit der Gesundheitsbestimmungen des ArG auch auf die Staatsverwaltunghat–wiedasaufgeführteZitatverdeutlicht -diewesentlicheFolge,dassdieGesundheitauchvon38 Art.86Abs.2VUV.

ThomasGeiser GesundheitsschutzbeiLehrpersonen Seite11

der Arbeitgeberin geschützt werdenmuss, wenn es nicht um anerkannte Berufskrankheiten geht,sondern um die Verhinderung allgemeiner Gesundheitsgefährdungen bzw. Erkrankungen, welchenichtnurbeibestimmtenBerufsgruppenauftreten.

4.15. DemgegenüberkönntendieArbeitszeitvorschriftenunddieVerfahrensvorschriftendesArGnur durch eineGesetzesänderung auf die öffentlichen Schulen ausgedehntwerden.DenKantonenstehtesgrundsätzlichfrei,bezüglichihresPersonalrechtsaufdasArbeitsvertragsrechtzurückzugrei-fen.

2) Einbindung der Bildung beim Gesundheitsschutz 4.16. Frage:„WiekanndieBildungaufEbeneBundbessereingebundenwerden?(z.B.Projektpsy-chischeGesundheit,ThemengruppeBildungbeiderEKAS)“

4.17. SoweitesumdieVerhinderungvonBerufsunfällenundBerufskrankheitengehtistdieEKASschonjetztverpflichtetaufBesonderheitendesBildungssektorseinzugehen,sofernesindiesenBe-reichensolchegibt.GrundsätzlichsolltesichdasSECOimRahmenderVerordnung3zumArbeitsge-setzauchmitBesonderheitendesBildungssektorsimallgemeinenGesundheitsschutzbefassen.DaskanndannwiederumzueinemKoordinationsbedarfunddamitzueinerZuständigkeitderEKASfüh-ren.DassinnvollsteVorgehenfürdieBeachtungderspezifischenProbleme,bestehtwohldarin,dassdieLehrerverbändebeiderEKASvorstelligwerden.

3) Wann muss das Arbeitsinspektorat oder der Arbeitgeber reagieren? 4.18. Frage:„Abwann"muss"einArbeitsinspektoratodereinArbeitgeberreagieren(z.B.aufStu-dienergebnisse), resp. wie kann eine verantwortliche Stelle dazu gezwungen werden, sich mit denProblemenzubefassen?“

4.19. Weil dieArbeitgeberin verpflichtet ist zum Schutze der Gesundheit der Arbeitnehmer alleMassnahmenzutreffen,dienachderErfahrungnotwendig,nachdemStandderTechnikanwendbarunddenVerhältnissendesBetriebesangemessensindsowiediebetrieblichenEinrichtungenunddenArbeitsablauf so zu gestalten hat, dass Gesundheitsgefährdungen und Überbeanspruchungen derArbeitnehmer nachMöglichkeit vermieden werden,39muss sie reagieren, sobald sie Kenntnis vonmöglichenGefährdungenhat.Siehatdannzuprüfen,obMassnahmenmöglichundzumutbarsind,um die Gefährdung zu beseitigen. Es ist selbstverständlich, dass es sich dabei um unbestimmteRechtsbegriffe handelt, die imEinzelfall auszulegen sind. EineReaktion ist in jedemFall zwingend,wennNormenverletztwerden,welcheineinerVerordnungundnichtnurineinerEmpfehlungfest-gelegtsind,wiebeispielsweisedieBestimmungenüberdieRaumgrössen.40

4.20. DasArbeitsinspektoratmussgrundsätzlicherstdannreagieren,wennihmVerletzungenkon-kreterVorschriftenbekanntwerdenunddurchdieseVerletzungendas LebenoderdieGesundheitvon Personen gefährdetwerden. Das Arbeitsinspektorat reagiert gegenüber einzelnenArbeitgebe-rinnen.EshatgrundsätzlichnichtdieAufgabe,bezüglich irgendwelchenEntwicklungenneueRege-lungenanzuregen.

39 Art.6Abs.1und2ArG.40 Art.12Abs.3ArGV3.

ThomasGeiser GesundheitsschutzbeiLehrpersonen Seite12

C. Verhältnis zu den Normwerten: 1. Bedeutung einer Gesundheitsgefährdung 4.21. Frage: „Reicht eine Normüberschreitung grundsätzlich, um als „Gesundheitsgefährdung“gewertetzuwerden?“

4.22. WirdeineNormodereineamtlicheEmpfehlungüberschritten,welcheeineGesundheitsge-fährdungvermeidensoll,tritteineGesundheitsgefährdungein.SonstwäredieNormbzw.dieEmp-fehlung falsch. Es fragt sich dann allerdings,wie schwer diesewiegt. Das hängt einerseits von derBedeutung der Norm und andererseits vom Ausmass der Überschreitung ab. Die Überschreitungbedeutet insbesonderenochnicht,dassdieGesundheitgeschädigtwird.Esbedeutetnur,dassdieGefahreinerSchädigungbesteht.

2. Reaktionspflicht des Arbeitsinspektorates? 4.23. Frage:„MüsstedasArbeitsinspektoratreagieren,wenndieGesundheit imSinnevonbelästi-gendenEinflüssengemässArGnurbeeinträchtigtwird?Z.B. indemdie Leistungsfähigkeitdurch zuvielCO2reduziertwird,derStressdurchDichteundzuvieleInteraktionenerhöhtwird?“

4.24. DasArbeitsinspektorathatsichumdenArbeitnehmerschutzzukümmern,nichtumdiePro-duktivität einesUnternehmens. Entsprechendmuss es auchnicht gegenVerhältnisse einschreiten,die bloss die Leistungsfähigkeit nicht aber die Gesundheit der Arbeitnehmer gefährden. Allerdingssind Einschränkungen der Leistungsfähigkeit häufig die Folge von Gesundheitsbeeinträchtigungen.InsoweitsinddieBereichekaumzutrennen.WirddieGesundheitvonArbeitnehmendengefährdetunderfährtdasArbeitsinspektoratdies,hatesgrundsätzlichzuhandeln.Nichtzuständig istdasAr-beitsinspektorat,wenn es umdenGesundheitsschutz Dritter,wie beispielsweise der Schüler geht.HiermüsstendieSchulinspektioneneingreifen.

*********

St.Gallen6.1.2017 Prof.Dr.iur.Dr.h.c.ThomasGeiser

Recommended