Therapeutisches Klettern in der Forensik · Von der Königlichen Heilanstalt zum Klinikum am...

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Therapeutisches Klettern in der Forensik – inhaltliche und organisatorische AspekteTherapeutisches Klettern bei psychischen ErkrankungenSymposium in Priem am Chiemsee

24. und 25. Januar 2020Referent: Michael Stemler

Themen

´ Vorstellung Referent

´ Teilnehmervorstellung

´ ZfP - Klinikum am Weissenhof

´ Forensische Psychiatrie / Maßregelvollzug

´ Entwicklung des Therapeutischen Kletterns im MRV

´ Vorstellung Konzept Therapeutisches Klettern im Bereich §63 StGB

´ Projekt Kletterwand im KaW

´ Kosten

´ Erfahrungen

´ Fragen und offene Gesprächsrunde

Michael Stemler

´ Stv. Stationsleiter im MRV Bereich §63 StGB

´ Gesundheits- und Krankenpfleger

´ Praxisanleiter

´ Stressbewältigungstrainer

´ Deeskalationstrainer

´ DAV Kletterbetreuer

´ Betreuer Therapeutisches Klettern im MRV

´ Dozent im BGM

Teilnehmervorstellung

´ Name

´ Beruf / Arbeitgeber

´ Klettererfahrung privat / beruflich

Klinikum am Weissenhof´ insgesamt 700 Planbetten /-plätze

(572 voll-, 128 teilstationär)

´ ca. 13.000 Patienten pro Jahr

´ Einzugsgebiet: rund 1,1 Million Einwohner

´ ca. 1.500 Mitarbeitende

´ zusätzlich Bundesfreiwilligendienstleistende, Praktikantinnen und Praktikanten, FSJ-ler

´ 97 Gebäude (Baujahre 1903 bis 2017)

´ 34 ha großer Park mit 3.800 Bäumen

´ ca. 10 km Wege und Straßen

´ insgesamt 60 ha Gelände, davon 43 ha Parkanlage

´ 2.000 Essen/Tag (Patienten/innen und Mitarbeitende)

Von der Königlichen Heilanstalt zum Klinikum am Weissenhof12.Jh.: Hardthof und Reisachmühle1652: Fürstliches Lustschloss Weißenhof

Besitz einer Linie württembergischer Herzöge1782: Staatsdomäne (großer landwirtschaftlicher Betrieb der Hofkammer)1903: Königliche Heilanstalt1919: Staatliche Irrenanstalt1954: Umfirmierung in „Psychiatrisches Landeskrankenhaus“1996: Rechtsformwechsel (Anstalt des öffentlichen Rechts),

Umbenennung in „Zentrum für Psychiatrie Weinsberg“2002: Umbenennung in „Klinikum am Weissenhof“

Das Klinikum heute

´ Sieben eigenständige Kliniken mit Diagnostik und Therapie

´ Tageskliniken in HN, LB, Künzelsau und Schwäbisch Hall

´ Apotheke

´ Verwaltung (Personal, Finanzen, Patientenservice, EDV, Marketing,…)

´ Wirtschaft und Versorgung (Einkauf, Küche, Wäscherei, Reinigungsdienst,…)

´ Technischer Betrieb (Baubüro, Schreinerei, Fuhrpark,…)

´ Anlagenpflege und Werkfeuerwehr

Kliniken´ Klinik für Allgemeine Psychiatrie und Psychotherapie West

´ Klinik für Allgemeine Psychiatrie und Psychotherapie Ost

´ Klinik für Suchttherapie

´ Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie

´ Klinik für Gerontopsychiatrie und Psychotherapie

´ Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie

´ Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie - Maßregelvollzug -´ Zweigeteiltes System von Strafen und Maßregeln

´ Maßregeln dienen der Besserung und Sicherung

´ Maßregeln können neben oder statt einer Strafe angeordnet werden

´ Maßregeln werden in der Regel vor einer Strafe vollzogen

´ Ziel der Maßregel ist es, dass die Patienten nach abgeschlossener Behandlung und Entlassung nicht mehr einschlägig straffällig werden

GrundlagenDie strafrechtliche Unterbringung zur Behandlung hat zwei Formen:

´ Die Unterbringung in einem Psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB)

´ Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB)

´ Beide Formen der Unterbringung erfolgen auch im Klinikum am Weissenhof

´ Für beide Bereiche stehen jeweils 50 Betten zur Verfügung

´ Zusätzlich 36 Plätze in externen Wohnformen

Unterbringung in einem Psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB):

´ Psychisch Kranke

´ Verminderte Schuldfähigkeit oder Schuldunfähigkeit ist Voraussetzung

´ Erwartung weiterer erheblicher rechtswidriger Taten

´ Gefährlich für die Allgemeinheit

´ Dauer unbegrenzt

´ Jährliche Überprüfung durch das Gericht

´ Stationen M 33/32 und M 10

Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§64 StGB):

´ Suchtkranke

´ Verminderte Schuldfähigkeit oder Schuldunfähigkeit nicht Voraussetzung

´ Erwartung weiterer erheblicher rechtswidriger Taten

´ Hinreichend konkrete Erfolgsaussicht

´ Dauer begrenzt auf zwei Jahre

´ Halbjährliche Überprüfung durch das Gericht

´ Stationen M 34/31 und M 11

´ Externe Wohngruppe in Neckarsulm

Auftrag

Besserung & Sicherung

Gesetzlich bestimmter Rehabilitationsauftrag

Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung

Die Arbeit im MRV

ereignet sich im Spannungsfeld zwischen:

´ gesetzlich bestimmtem Rehabilitationsauftrag

und

´ den Sicherheitsbedürfnissen der Bevölkerung

Delikte

´ Tötungsdelikte (Mord, Totschlag)

´ Gewaltdelikte (versuchter Totschlag, Körperverletzung)

´ Sexualdelikte (Nötigung, Vergewaltigung, Exibithionismus)

´ Räuberische Erpressung

´ Fahren ohne Führerschein

´ Fahren unter Einfluss von Drogen / Alkohol

´ Verstoß gegen BTM-Gesetz

´ Brandstiftung

´ ...

Deliktspektrum

Diagnosespektrum

Berufsgruppen´ Pflegefachkräfte

´ Fachkrankenpfleger ´ Gesundheits- und Krankenpfleger´ Heilerziehungspfleger ´ Altenpfleger´ Jugend und Heimerzieher´ Justizvollzugsbeamte

´ Fachtherapeuten´ Arbeits-/ Ergotherapeuten´ Bewegungstherapeuten´ Kunsttherapeuten´ Musiktherapeuten´ Pädagogen

´ Ärzte´ Psychologen´ Sozialpädagogen / Sozialarbeiter´ Lehrer

Lockerungen

´ Beaufsichtigter / unbeaufsichtigter Hofgang

(einzeln oder in der Gemeinschaft)

´ Begleiteter Ausgang im Klinikgelände

´ Unbegleiteter Ausgang im und außerhalb des Klinikgeländes

´ Beurlaubung (z.B. zu Angehörigen)

Kontrollmaßnahmen

´ An- und Abwesenheitskontrollen

´ Überwachung von Medikamenteneinnahme (entsprechend dem jeweiligen Medikamentenstandard)

´ Begleitete Ausgänge (in Abhängigkeit der jeweiligen Ausgangsstufe)

´ Laufkarte, Ausgangsbuch, Kleiderzettel, An- und Abmeldepflicht

´ Bei Einzelausgang Kontrollanrufe und Absonden

´ Alkohol- und Drogentests

´ Zimmerkontrollen

´ Post und Paketkontrolle

´ Prüfung von Lockerungsanträgen

´ Medienprüfung

Therapeutische Angebote´ Methodenübergreifendes Therapiekonzept mit verschiedenen psycho-

therapeutischen Therapieelementen (einzeln und in Gruppen)

´ Psychiatrische Behandlung

´ Bezugspflege

´ Beratung und Unterstützung in psychosozialen Angelegenheiten

´ Störungsbezogene kriminal-therapeutische Behandlungsmethoden

´ Arbeitstherapie

´ Kunst- und Musiktherapie

´ Bewegungstherapie, Ergo- und Physiotherapie

´ Soziale Trainingsmaßnahmen

´ Aromatherapie

´ Akupunktur

´ Entspannungsverfahren

´ Freizeitangebote

Behandlungsziele´ Auseinandersetzung mit der psychischen Grunderkrankung und der eigenen

Störungsproblematik

´ Erlernen von Strategien zur Krisenbewältigung

´ Die Fähigkeit, Frühwarnsymptome zu erkennen und den richtigen Umgang damit zu erlernen

´ Erlernen des eigenständigen und verlässlichen Umgangs mit der Medikation

´ Distanzierung von delinquenten Verhaltensmustern

´ Entwicklung deliktprophylaktischer Strategien anhand von Deliktbearbeitung

´ Verbesserung sozialer Kompetenzen, Einüben eigenverantwortlicher Alltags-strukturierung und Haushaltsführung, Praktizieren sinnvoller Freizeitgestaltung

´ Entwicklung der Fähigkeit, in einer betreuten Gemeinschaft mit den dazuge-hörigen Rechten und Pflichten leben zu können

´ Entwicklung einer realistischen Entlassperspektive

´ Wiedereingliederung in die Gesellschaft nach individuellen Möglichkeiten

Prognose´ Regelmäßig werden im Team (Teilnahme aller Berufsgruppen, die mit dem

Patienten arbeiten) Prognosebesprechungen abgehalten, aus denen sich auch die weiteren Therapieschritte ableiten

´ Inhalte der Prognose:

• Überprüfung der Diagnose

• Auseinandersetzung mit dem Delikt

• Ressourcen/Defizite des Patienten

• Hat eine Persönlichkeitsentwicklung stattgefunden?

• Sozialverhalten und Beteiligung an Behandlungsmaßnahmen

• Besondere Vorkommnisse

• Korrektur der Therapiemaßnahmen

• Weitere Behandlungsprognose

• Gefährlichkeit/Legalprognose

• Entlassprognose

Hat eine Persönlichkeitsentwicklung stattgefunden?´ Einsicht in die eigene Problematik

´ Realitätswahrnehmung

´ Selbstkritik

´ Therapiemotivation/-erwartung

´ Belastungsfähigkeit

´ Kontrolle (aggressiver) Impulse/Selbstbeherrschung

´ Beziehungsfähigkeit

´ Einfühlungsvermögen; Fähigkeit, Empathie zu entwickeln

´ Selbstwertgefühl

´ Nicht delinquente Werteorientierung/Gewissensbildung

Therapeutisches Klettern im Klinikum

´ 2011 erste Ideen

´ 2012 Konzept und Implementierung´ Mindestanforderung Betreuer DAV Topropeschein

´ 2014 Klettern im BGM

´ 2015 Ausbildung DAV Kletterbetreuer

´ 2015 Idee bzgl. Kletterwand im Klinikum

´ 2018 FB Therapeutisches Klettern in Psychotherapie und Erlebnispädagogik

´ 2019 Bau einer eigenen Kletterwand

´ 2019 Schulung / FB der Bewegungstherapie

Konzept´ Kooperation zwischen Bewegungstherapie und Gesundheits- und

Krankenpflege

´ 2x im Monat in 8 km entfernte Kletterhalle

´ Kooperation mit DAV Sektion

´ Geschlossene Gruppe von 6 Patienten (Dauer 6 Monate)

´ Keine Akute Eigen- oder Fremdgefährdung

´ Erforderliche Ausgangsstufe

´ Keine Einschränkungen aus medizinischer Sicht

´ Absprache mit Behandler und Stationsteam

´ Aufeinander aufbauende Gestaltung der Einheiten

´ Patienten sichern sich im Regelfall selbst

´ Es wird immer mit einem „Co-Sicherer“ gesichert

Indikation

Krankheitsbilder

´ Persönlichkeits-/Verhaltensstörungen

´ Schizophrenie

´ Essstörungen

´ Depression

´ Sexuelle Präferenzstörungen

´ Suchterkrankungen

Indikationsbereiche

´ Vertrauensdefizit´ Beziehungsstörungen´ Ängste´ Vermindertes Selbstwertgefühl´ Minderwertigkeitsgefühle´ Selbstüberschätzung´ Gestörte Körper-

/Selbstwahrnehmung´ Minussymptomatik

Zugangsvoraussetzungen

´ Bereits mehrfach erprobter Ausgang ohne Zwischenfälle

´ Ausreichende psychische Stabilität

´ Geeignete körperliche Verfassung

´ Absprache mit Behandler und Stationsteam

´ Vorhandene Therapiemotivation

´ Bereitschaft zur Mitarbeit

´ Teilnahme freiwillig

Kontraindikation

´ Erheblich orthopädische und / oder internistische Erkrankungen

´ Akut-Psychotisches Erleben

´ Suizidalität

´ Fehlende Absprachefähigkeit

Sicherheit

´ Standardisierte Vorgehensweise (Richtlinien DAV)

´ Regelmäßige Überprüfung Klettermaterial

´ Regelmäßiger Austausch d. Materialien

´ Ausführliche Erklärung, Übung & Überwachung durch Betreuer

´ Die Betreuer sind umfassend weitergebildet (Ziel: alle DAV KB)

Konzept

´ Anfangsrunde´ Befindlichkeit, Ziele, Aufwärmübungen

´ Hauptteil´ Module bauen aufeinander auf´ Vertrauensübungen´ Gruppenübung mit Zielvorgabe z.B. Gemeinsamen Boulder schrauben,

Kommunikationsübungen´ Kletterspiele ´ Erlernen der Sicherung

´ Abschlussrunde ´ Befindlichkeit, Feedback, Ziele für nächsten Termin

Konzept

´ Anfangsrunde´ Befindlichkeit, Ziele, Aufwärmübungen

´ Hauptteil´ Module bauen aufeinander auf

´ Vertrauensübungen

´ Gruppenübung mit Zielvorgabe z.B. Gemeinsamen Boulder schrauben, Kommunikationsübungen

´ Kletterspiele

´ Erlernen der Sicherung

´ Abschlussrunde ´ Befindlichkeit, Feedback, Ziele für nächsten Termin

Ziele

Ziele

KörperlicheEbene

Kognitive Ebene

Psychosoziale Ebene

Emotionale Ebene

Körperliche Ebene

´ Entspannung physisch und psychisch

(Wechsel von Anspannung & Entspannung)

´ Schulung Koordination, Gleichgewicht, Kraft, Ausdauer,

sensomotorische Wahrnehmung und Beweglichkeit

´ Durchblutungsförderung

´ Förderung der Beweglichkeit & Körperwahrnehmung

´ Herz-Kreislaufsystem

Kognitive Ebene

´ Konzentration und Achtsamkeit

´ strategische Planung von Handlungs- und Bewegungsabläufen & deren Ausführung

´ Wissenserwerb

´ Regeln verstehen und umsetzten

´ Erlernen der Sicherungs- und Klettertechnik

Emotionale Ebene

´ Konfrontation mit der eigenen Angst, Unsicherheit, Mut, Sicherheitsbedürfnis, Risikofreudigkeit

´ Unmittelbare Erfolgserlebnisse

´ Erleben von Erfolg und Misserfolg, von Freude und Euphorie

´ Gefühle benennen

´ Mehr Selbstsicherheit erlangen

´ Umgang mit (Höhen-)Angst

Psychosoziale Ebene

´ Erleben/Fördern von Selbstwirksamkeit und Selbstwert

´ Förderung v. Interaktion & Beziehungsgestaltung

´ Vertrauen lernen

´ Verantwortung übernehmen

´ Lernen klarer Absprachen

´ Erfolgserlebnisse erzielen

´ Gemeinsames Erleben

´ Klettern als sinnvolle Freizeitgestaltung

´ Förderung der Gruppendynamik

´ Grenzen erfahren & erweitern einer realistischen Selbsteinschätzung

´ Erlebnisfeedback

Kosten

´ Klettergurte´ 3-5 Jahre ca. 500€

´ Sicherungsgeräte/Karabiner´ 400€

´ Eintritt DAV Kletterhalle´ 5€ p. P. (Rabatt für Soziale Gruppen)´ Betreuer kostenlos´ Monat 60€/Jahr 720€ (für 6 Pat. 2x im Monat)

´ Bau Kletterwand in Klinik´ Investition ca. 35.000€

Projekt Kletterwand im KaW

Projekt Kletterwand im KaW

Projekt Kletterwand im KaW

Projekt Kletterwand im KaW

Projekt Kletterwand im KaW

Projekt Kletterwand im KaW

Projekt Kletterwand im KaW

Projekt Kletterwand im KaW

Projekt Kletterwand im KaW

Projekt Kletterwand im KaW

Projekt Kletterwand im KaW

Projekt Kletterwand im KaW

Projekt Kletterwand im KaW

Projekt Kletterwand im KaW

Erfahrungen

´ Konzept wird immer wieder angepasst

´ Patienten in heterogenen Gruppen profitieren voneinander

´ Keine zu langen Pausen zwischen den Modulen

´ Bei „größeren“ Gruppen Empfehlung: zwei Betreuer

´ Fördert Beziehung zwischen MA und Patient

´ Durch FB & andere Herangehensweise positive Effekte erzielt

Es ist nicht der Berg den du bezwingst, sondern das eigene Ich

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