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Z. anorg. allg. Chem. 489,85-92 (1982) J. A. Barth, Leipzig

Uber Chalkogenolate. 113 [I]

Umsetzung von Chloramin mit Kohlenstoffdisulfid und mit Methylestern von Dithiocarbamidsauren

Von G. GATTOW und R. GERNER

Mainz , Institut fur Anorganische Chemie und Analytische Chemie der Universitgt

I n h a l t s u b e r s i c h t . Die Reaktionen von Chloramin mit CS, und mit H2N-CS-SCH,, CH,-XH-CS-SCH, und (CH,),N-CS-SCH, wurden untersucht.

Die Umsctzung rnit dem Methylester der Dithiocarbamidsiiure fuhrt zum bekannten Dimethyl- perthiocyanat, wiihrend die mit dem Methylester der N-Methyldithiocarbamidsaure CH,S-CS - N(CH,) -C( =NCH,)-SCH, ergibt.

Letztere Verbindung wurde rnit UV-, IR-, 'H-NMR-, 13C-NMR- und Massenspektren charak- terisiert.

On Chalcogenolates. 113. Reactions of Chloramine with Carbon Disulfide and with Methylesters of Dithiocarbamic Acids

A b s t r a c t . The reactions of chloramine with CS, and with H,N-CS-SCH,, CH3-NH-CS- SCH,, and (CH,),N-CS-SCH, have been studied.

The reaction with the methylester of dithiocarbamic acid gives the known dimethyl perthiocya- nate and the reaction with the methylester of N-methyldithiocarbamic acid leads to CH3S-CS -

The latter compound has been characterized by means of electron absorption spectra, infrared N(CH,) -C( =NCH,)-SCH,.

spectra, nuclear magnetic resonance spectra (lH and 13C), and mass spectra.

Auf Grund des geschatzten pK-Wertes von 14-15 (&2) ist zu erwarten, daB Chloramin in stark alkalischer Losung merklich nach NH2C1 .$ Hf + NHC1- dissoziiert [ a ] . Andererseits wirkt Chloramin sowohl in saurer als auch in alkali- scher Losung als Oxydationsmittel [ 31. Somit bestehen theoretisch zwei Moglich- keiten fur die Reaktion zwischen Chloramin und Kohlenstoffdisulfid in Gegenwart von Alkalimetallhydroxid.

1. Einschub von Kohlenstoffdisulfid in Chloramin unter Bildung von N- Chlorodithiocarbamaten [S2C-NH-C1]- bzw. -carbimaten [S2C=NC1I2- undioder

2. Oxydation von Kohlenstoffdisulfid oder von eventuell intermediar ent- standenen Dithiocarbamaten bzw. -carbimaten durch Chloramin.

Da uber diese Reaktionen keine Angaben in der Literatur vorliegen, haben wir uns mit ihnen befal3t. Um die oxidative Bildung von Thiuramdisulfiden aus-

.

86 Q. GATTOW u. R. CERXER

ZuschlieBen, haben wir die Untersuchungen auf die Umsetzung von Chloramin mit S-Methylestern von Dithiocarbamidsauren ausgedehnt. Auch hieriiber liegen keine Literaturangaben vor, vgl. die ubersichtsartikel [ 4- 81.

Die Herstellung von Chloramin erfolgte durch Gasphasenreaktion [5. 91 a m Ammoniak und Chlor in einer von LAUQHCIN [lo] beschriebenen Apparatur, wobei das entstandene Chloramin in mit abs. Diethylether gefiillten Kiihlfallen, die auf -10°C gekiihlt werden, aufgefangen wird. Nach Beendi- gung der Umsetzung (Dauer etwa 2 h) wird der iiberschiissige, in Ether geloste Ammoniak durch Zugabe von bei 500°C entwassertem CuSO, entfernt [ll]. Nach Filtration wird die Chloramin-Losung bei - '78°C iiber Molekularsieb (4 8, Perlform) praktisch zersetzungsfrei aufbewahrt. Ausbeute: etwa 880& der Theorie, bezogen auf die eingesetzte Menge an Chlor. - Etherische Losungen von Chloramin zoigen eine breite Absorption mit Maximum bei 254nm in Ubereinstimmung rnit Angaben in der Literatur [6 , 121.

I. Reaktion von Chloramin mit Kohlenstoffdisulfid Fiigt man zu 50 cm3 etherischer Chloramin-Losung, die 0,034 mol gelkt

enthalt, eine Losung von 2,6 g (0,034 mol) Kohlenstoffdisulfid in 20 cm3 abs. Di- ethylether bei 0 OC in Ar-Atmosphare hinzu, dann farbt sich das Reaktionsgemisch nach etwa 12 h Stehen bei O°C intensiv rot unter gleichzeitiger Abscheidung eines weil3en Niederschlages, der als Ammoniumchlorid identifiziert werden konnte. Die rote Substanz deutet UV-spektroskopisch auf Schwefeldichlorid hin ; I'm- suche zur Isolierung schlugen fehl.

Die rote etherische Losung zeigt eine breite Absorption bei 400-500 nm. F E E ~ R u. Mitarb. [13] geben fiir in Cyclohexan gelostes SC1, ein Absorptionsmaximum bei 395 nm an. Auf die Bildung von Schwefeldichlorid kann in Analogie zur Reaktion von Chlor mit Kohlenstoffdisulfid zum Kohlen- stofftetrachlorid geschlossen werden. Bei diesem iiber mehrere Stufen verlaufenden ProzeB tritt SCI, mehrmals auf, vgl. z. B. [4].

Bei den Umsetzungen von Chloramin mit Kohlenstoffdisulfid in Gegenwart von Kaliumhydroxid, bei denen die Temperatur (- 10 his +25"C), die Konzentra- tionen und das Losungsmittel (Diethylether und Tetrahydrofuran) variiert wurden, konnten lediglich Ammonium- und Kaliumchlorid sowie Kaliumthio- cyanat und Schwefel als Reaktionsprodukte isoliert werden.

Aus dem Auftreten der Reaktionsprodukte kann auf folgende stattgefundenen Reaktionen ge- schlossen werden:

3 NH,CI + 2 KOH .+ NH&l + Nz + 2 H,O + 2 KCl nach [5], NH,Cl + KOH -+ NH, + KCI + H,O,

NH, + CS, + KOH -+ K[S2C-NH,] + H,O nach [4],

K[S2C-NH,] --f KSCN + H,S nach [14],

H,S + NH,Cl -+ S + NH,CI.

Auf Grund dieser Untersuchungen ergibt sich, daf3 Chloramin gegeniiber Kohlenstoffdisulfid als Oxydationsmittel wirkt. Eine Bildung von Chlorodithio- carbamaten oder -carbimaten konnte nicht nachgewiesen werden.

Umsetzung von Chloramin rnit CS, und mit Methylestern von Dithiocarbamidsauren

11. Reaktion von Chloramin rnit Methylestern von Dithiocarbarnidsauren Eine charakteristische Eigenschaft von Dithiocarhamaten ist ihre leichtc Oxy-

dierbarkeit zu Thiuramdisulfiden [4, 71: 2 [S,C-NR,]- -+ RzN-CS-S-S- CS-NRp + 2 e-. Um eine solche MMiiglichkeit auszuschliegen, wurde die Um- setzung von Chloramin mit S-Methylestern der Dithiocarbamidsaure, der N- Methyldithiocarbamidsaure und der N, N-Dimeth yldithiocarhamidsaure unter- sucht.

87

Uber die Darstellung und Charakterisierung von S-Methylestern der o. g. Ditliiocarbamids~~ureri ist ausfuhrlich berichtet worden [l].

1. Umsetzung von Chloramin mit dem Methylester der Dithiocarbamidsaure Bei der Umsetzung zwischen dem Dithiocarbamidsaure-S-methylester und

Chloramin bei - 10 O C in Diethylether als Losungsmittel entsteht Dimethylper- thiocyanat (= 3,5-Bis(methylrnercapto)-l, 2,4-thiadiazol) :

2 NH2-CS-SCH3 + 2 NH,C1+ r;r=C(SCH,)-N=C(SCH,)-i t 2 NH,CI + S.

Arbe i t svorschr i f t . 10,s g (0,101 mol) Dithiocarbamidsiiure-S-niethylester [l] werden in 100 em3 abs. Diethylether gelost und die Losung auf -10 "C abgekuhlt. Zu dieser Losung werden nnter sehr kraftigem Riihren und Ar-Atmosphare 150 om3 einer etherischen Chloramin-Losang, die 0,101 mol gelost enthalt, getropft, wobei sich die zunachst farblose Losung gelb farbt und sofort ein blaDgelber Niederschlag entsteht. Nach Beendigung der Reaktion wird der Niederschlag abfiltriert und der Ether am Rotavapor abgezogen. Der verbleibende Ruckstand wird in 100 cm3 Ethanol auf- genommen ; durch Zugabe von Wasser wird das farblose Dimethylperthiocyanat ausgefallt und nach Filtration uber Sicapent getrocknet. Durch Umkristallisation aus wenig abs. Ethanol kann die Sub- stanz weiter gereinigt werden. Ausbeute : etwa 51% der Theorie, bezogen auf die eingesetzte Menge an Dithiocarbamidsriure-S-methylester.

d n a l y s e . Die C-, H- und N-Gehalte wurden nach den ublichen Methoden der organischen Chemie ermittelt. Die Bestimmung des S-Gehaltes erfolgte nach dem Verfahren yon SCHONIGER [15]. C: %,84 (ber. 26,95); H: 3,47 (3,39); N: 16,77 (15,71); S: 54,06 (53,95)%.

Die Identitat des farblosen, siil3lich riechenden Dimethylperthiocyanats mit der durch Umsetzung von Ammoniumperthiocyanat mit Methyliodid darge- stellten Verbindung [16] wurde durch Mischschmelzpunktsbestimmung sowie durch Vergleich der Infrarotspektren gesichert. Uber die ausfiihrliche Charak- terisierung von Dimethylperthiocyannt s. [16, 171.

Dafi das Dimethylperthiocyanat tatsachlich durch Oxydationsreaktion aus dem Dithiocarbamidsaure-S-methylester entstanden ist, konnte zusatzlich durch Umsetzung dieses Esters mit t-Butylhypochlorit bewiesen werden :

2 SH2--CS-SCH3 + 2 (CH3),C-0Cl-+ N=C(SCH,)-N=C(SCH,)-S

+ 2 HC1 + S + r! (CHJ3C-OHs

V e r s u c h s d u r r h f ~ h r u n g . 5 g (0,047 mol) Dithiocarbamidsanre-S-methylester [l] werden in 100 em3 Diethylether gelost. Z a dieser Losung werden bei 0°C und Ar-Atmosphare unter Ruhren 6,1 g (0,047 mol) des narh TEETER 11. Mitarb. [18] durch Einleiten von Chlor in eine wal3rig-alkalische t-Butanol-Losung dargestellten t-Butylhypochlorits, gelost in 50 em3 Ether, getropft. Nach Beendi-

88 c:. G.4TTOW u. R. GERNER

gung der Reaktion nird die klare Losung vom gelben, klebrigenNiederschlag abfiltriert und der Ether im Vakuitm abdestilliert. Zur Entfernung des entstandenen t-Butanols wird mehrmals mit Wasser ausgekocht und die zuriickbleibende Substanz aus einem EthanollWasser-Gemisch umkristallisiert.

Die Identitat der hergestellten Substanz (Dimethylperthiocyanat) n u d e durch IR- und Massen- spektren [l6] beviesen.

2. Umsetzung yon Chloramin rnit dem Methylester der N-Methyldithiocarbamidsaure

Chloramin reagiert in etherischer Losung bei - 10°C mit dem N-Methyldi- thiocarbamidsaure-S-methylester unter Bildung von N-Methyl-N-(N-methyl- S’-methylthioformimido)-dithiocarbamidsaure-S-methylester (TFDC) :

2 CH,--SH-CS-SCH, + NHZCI -+ CH,S-CS-N(CH,)--C(=NCH,) -SCH,

+ S + NH,CI.

Arbe i t svorschr i f t . Zu einer auf -10°C abgekuhhen und sehr kraftig geriihrten Losung von 4477 g (0,37 mol) K-Met,hyldithiocarbamidsllure-S-methylester [l] in 250 cm3 abs. Diethylether n-erden unter Ar-Atmosphare sehr langsam 275 cm3 etherischer Chloramin-Losung, die 0,185 mol gelost enthalt, getropft, nobei sich ein zunachst weif3 ansfallender Niederschlag rasch gelb farbt. Kach Beendigung des Zutropfens wird noch 30 min bei 0°C geriihrt und anschlieBend auf Chloramin- Freiheit des Losnngsmittels rnit KI gepriift. Der Niederschlag nird abfiltriert und der Ether im 1-nkuum abdest’illiert. Das zuriickbleibende Produkt wird einer zn-eimaligen Destillation im Olpum- penvakuum unterzogen. Ausbeute : etwa 49% der Theorie, bezogen auf die eingesetzte Menge an K-Methyldithiocarbamidsaure-S-methylester.

Analyse. Methoden s. KapitelII.1. C: 34,72 (ber. 34~59); H: 5,9G (5,81); N: 13,44 (13,49);

Das TFDC ist eine hellgelbe, eigenartig riechende, olige Fliissigkeit, die bei Zimmertemperatur unzersetzt halthar ist. Sie siedet bei 91OC (10-2 Torr) ; ihre pyknometrisch bestimmte Dichte betragt di0 = 1,206 & 0,002 g/cm3, der Bre- chungsindex ist ni5 = 1,6283. Die Substanz ist gut loslich in Diethylether, Chloro- form und anderen organischen Losungsmitteln. Weniger gut lost sie sich in Etha- nol, praktisch unloslich ist sie in Wasser.

Im sic h t b a r e n und U V - B e r e i c h zeigen etherische Losungen von TFDC folgende drei Absorptionen (in Klammern : molarer Extinktionskoeffizient E ) : 224 nm ( E = 1,08 + lo4 1 - M O P - cm-l), 245 nm (1,26 . lo4) und 278 nm (1,14.104).

Im I n f r a r o t s p e k t r u m (kapillarer Film, Bereich: 4000-530 cm-l) von TFDC werden Absorptionen beobachtet, deren Maxima mit versuchsweisen Zu- ordnungen in Tab. 1 wiedergegeben sind.

Die Zuordnung der meisten Banden erfolgte durch Vergleich mit den Infrarotspektren der Methyl- ester von Dithiocarbamidsauren [l]. Die charakteristische Absorption bei 1618 cm-l ist einer v(C=N)- Schwingung zuzoordnen, die nach FABIAN u. Nitarb. [19] fur eine S-C!=Pu’-Gruppierung typisch ist. Die aiiffallige Bande bei 771 cm-I stellt wahrscheinlich eine CN-Deformationsschwingung dar, die, durch eine Kormalkoordinatenanalyse gesichert, fur das Gunnidin von JOXES [20] bei 747 cm-’ gefonden wurde. ifber v(C-iY)- und 6(C--N=C)-Schwingangen s. (211.

Im l H - N M R - S p e k t r u m (60 MHz) einer 100/,igen Losung von TFDC in Kohlenstofftetrachlorid treten Signale auf, deren hei 40, 60 und 90°C gegen TMS gemessene chemische Verschiehungen Tab. 2 zu entnehmen sind. Es han- delt sich bei allen Resonanzsignalen um Singuletts. Das Verhaltnis der integrierten

S: 45,90 (49,1G)O/b.

Umsetzung von Chloramin rnit CS, und mit Methylestern von Dithiocarbamidsauren 89

Talwllr 1 Infrarotspektruma) Yon CHsS -CS--N(CH2)-C(=NCH,)-SCHJ ~

Bandenlage Mogliche Bandenlage Mogliehe [cm-l] Zuordnung [om-'] Zuordnung

3215 w 1053 m, sh

2930 ni. sh 2915 111 2837 ni, sh lGlS \ s

B(CHs)

v(C=S), v(C-S)

2985 in. sh } 1025 8 (CHs)

1008 8, sh VdCHa) 959 m

941 ni %J(C=F) 929 m, sh

13%1 v s v(h'-C=S) 1307 s, sh BS(CH3) 1217 s I

V(C-S) 710 w 664 m G(C--N=C) 650 w 635 w } v ( C - - N )

1208 s 1133 UI

1090 vs 1 625 w 560 w

a) Es hedruten : Y = Valenaschwingung, 6 = Deformationsschwingung, e = rocking-Schwingnng. Geschiitzte relative Intensititen der Absorptionsmaxima: vs = sehr stark, s = stark, m = mittel, w = schwach, sh = Schulter.

Tabelle 2 (Chemische Verschiebungen 6 in ppm gemessen gegen TMS ; Aufnahmebedingungen s. Text)

lH-NMR-Spektruma) von CH,S-CS-N(CH,)-C(=NCH,)-SCH, bei 40, 60 und 90°C

s I1 ,SCH2

CH%- C-N-C, I %WH$

Temperatur 6(Ha) Ib) r3(Hb) Ih) 6(HC) Ib) 6(Hd) Ib)

40°C 2,33 27 2,64 100 3,15 G8 3,49 68 2,43 73 3,28 32 3,59 32

60°C: 2,33 br - 2,GZ - 3,15 br - 3,49 br - 2,43 br 3,28 br 3,59 br -

90°C 2,43 br - 2,GZ - 3,15 br - 3,49 br -

") Es bedeutet: br = breit b, I = Signalintensitat (in %) bezogen auf 6(Hb) = 100%.

Gesamtintensitaten betragt bei 4OoC fur die Protonen Ha : Hb : Hc : Hd = 1 : 1 : 1 : 1. Bei 60 und 90°C konnte keine Integration durchgefuhrt werden.

Die Zuordnung der Signale erfolgte durch Vergleich mit dem *H-NMR-Spektrum von N-Methyl- dithiocarbamidsaure-S-methylester [l]. Der Unterschied in den chemischen Verschiebungen der Protonen He und Hd erklfirt sich durch die Nachbarschaft von Hd zur Doppelbindung, wodurch das Signal dieses Protons zu tieferem Feld hin verschoben wird.

Die Aufspsltung der Signale yon Ha, He und Hd kann clurch Isomerieeffekte gedeutet werden:

/ -AT ' / s --PIT s \/ C 2 r \d

II / I

90 G. GATTOW u. R. GERNER

Nimmt man das lH-NMR-Spektrum der Substanz in Abhangigkeit von der Temperatur auf, dann nehmen bei den aufgespaltenen Signalen jeweils die mit der geringeren Intensitat intensitltsmaBig ab. Bei 90°C werden nur noch drei breite und ein schmales Resonanzsignal beobachtet, entsprechend den vier verschiedenen Methylprotonen. Die Temperaturabhangigkeit des Spektrums steht im Ein- klang mit dem Auftreten von cis-trans-Isomeren.

Das 13C-NMR-Spektrum (20,15 MHz) von TFDC (20%ige Losung in HCC1,) zeigt bei 3OoC Signale, deren chemische Verschiebungen (auf TMS als Standard umgerechnet) in Tab. 3 wiedergegehen sind.

Tabelle 3 13C-NMR-Spektruma) von CH,S-CS--N(CH,)-C( =KCH,)-SCH, bei 30°C (Chemische Versehiebungen S in ppm gegen TATS ; Aufnahmebedingungen s. Text)

S

~~ ~~

") Es bedeutet: br = breit

Die Signale bzw. Signalpaare wurden durch Vergleich mit dem 13C-NMR-Spektrum von Dimethyl- perthiocyanat [16] zugeordnet. Eine Unterscheidung zwischen den von den Atomen Cc und Cd her- vorgerufenen Resonanzsignalen war nicht moglich. Die Aufspaltungen konnen analog denen im 'H-NMR-Spektrum erklart werden.

Tabelle 4 Massenspektruma) von CHsS -CS -N(CHs)-C(=NCH,)-SCH, ~

mie % rel. Fragmention m/e % rel. Fragmention Haufigk. Haufigk.

210 11,o M+ + 2 70 26,9 CHaSCNf + 3H, CS,+ 209 7,6 M+ + 1 75 14,O CH3SCN+ + 2H 208 81,7 Mf 74 45,O CHsSCN+ + H 195 9,7 M+ - CHI + 2H 73 77,4 CH8SCN+ 193 50,7 M+ - CHa 72 66,7 CHsSCNt-H, SCN.+ 163 3,0 M+ - SCHr + 2H 71 8,6 CH3SCN+-2H 161 l 5 , O M+-SCHa 70 21,5 CNCS+, CHsNCNCHif 121 15,O CHsS-CS-NCHs+ + H GO 37,6 CHsNCNCHs+ -H

105 3,O NCS-SCHa+ 61 22,4 SCN+ + 3H 94 19,4 CHsS-SCHs+ 59 14,O SC"+ + H 91 64.5 CHsS-CSf 58 9,6 SCNf 90 39,8 CHaS-C=NCHd + 2H 57 5,6 XCNCH3+ + 2H 89 43,o CHIC -C=NCHs+ + H 56 23,7 NCNCH3+ i H 88 l O 0 , O ('Ha3 -('=NPHs+ 55 8,6 XCNCHa+ 79 44,o CH&+ 52 1O,2 XCNCHs+-3H 77 7,0 HCS,+ 48 13,s SCHs+ + H

47 11,5 SCHs+ + H

120 11,s CHIS-CS -NCHs+ 64 14,0 s*+

a) Aufgefiihrt sind die Bruchstiicke mit m/e 2 47. Nicht angegeben sind die voni Isotop hervorgerufenen Peaks.

Umsetzung von Chloramin mit CS, und rnit Methylestern yon Dithiocarbamidsiuren 91

Im Massenspe k t r u m (Elektronenstoflionisation, 60 eV, Temperatur der Ionenquelle 20OC) von TFDC treten Fragmente auf, die Tab. 4 zu entnehmen sind. Der Peak des Molekulions wird bei m/e = 208 mit einer relativen Haufigkeit von 81,7% beobachtet, der Basispeak wird von dem Bruchstiick CH,S-C= NCHZ (mie = 88) hervorgerufen.

Die Fragmentierung von TFDC im Massenspektrometer steht im Einklang mit der postulierten Struktur dieser Verbindung. Die grol3e Haufigkeit des Fragmentions bei m/e=88 (CH3S--C=NCH,+), das wahrscheinlich hauptsachlich durch Abspaltung der rechten Molekulhalfte entsteht, ist ein Hin- weis auf die C=N-Doppelbindung.

3. Umsetzung von Chloramin mit dem Methylester der N,N-Dimethyldithiocarbamidsaure

Die analog in den Kapiteln 11, 1. und 11, 2 . durchgefuhrte Umsetzung von Chloramin mit dem N, N-Dimethyldithiocarbamidsaure-S-methylester [l] fuhrte zu keinem definierten Produkt.

Bei der Zugabe von Chloramin zu der etherischen Losung des Esters bei -10°C fd l t zunachst ein weil3er Niederschlag aus, der imVerlauf der Resktion gelb und dann braun wird. Saugt man ihn ab, dann erhalt man eine braune, klebrige, iibelriechende ,Ilasse, die in Ether unloslich ist und sich nicht aufarbeiten lieB.

111. Zum Mechanismus der Reaktion zwischen Chlorsmin und den Methylestern von Dithiocarbamidsauren

Aus den Strukturen der bei den Reaktionen von Chloramin mit Dithiocarb- amidsaure-S-methylester und mit N-Methyldithiocarbamidsaure-S-methylester erhaltenen Substanzen kann folgender Mechanismus vorgeschlagen werden :

1. Angriff des Chloramins an das N-Atom des Esters und Dimerisierung

S S NH I1 II / I

2 HZN- C-SCH3 + NHZCI + CHaS-C ,C-SCH, + S + NH,CI. \ N /

Dieses Zwischenprodukt entspricht rnit NH = NCH, dem TFDC, d. h. dem End- produkt der Reaktion von N-Methyldithiocarbamidsaure-S-methylester mit Chloramin. Die Weiterreaktion unter RingschluB ist hier blockiert.

2. Oxidativer RingschluB durch Chloramin und Bildung von Dimethylper- thiocyanat

S NH S- N II /I i II

CH,S- C .C-SCH, + NH,C1+ CH,S--C\ 'C-SCH, -k KH,CI. '\ x/ \S/

H

Fur die uns zur Verfugnng gestellten Hilfsmittel danken wir sehr der Deutschcn Forschungs- gemeinschaft und dem Fonds der Chemie sowie der Adolf-Todt-Stiftung.

92 G. GATTOW u. R. GERNER

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Bei der Redaktion eingegangen am 9. Oktober 1981.

Anschr. d. Verf.: Prof. Dr. G. GATTOW und Dipl.-Chem. R. GERNER, Inst. f. Anorg. Chemie u. Analyt. Chemie d. Univ., Johann-Joachim-Becher-Weg 24, D-6500 Mainz

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