Über die Mutarotation des Honigs

Preview:

Citation preview

FZeitsehr. f. Untersuchung 644 L. Rosen tha l e r , 1VIutarotation den Honigs. [d.:Nahr.-u. Oenu~mittel.

Uber die Mutarotation des tIonigs. V o n

L. Rosenthalero ~ i t t e i l u n g aus d e m P h a r m a z e u t i s c h e n Ins t i~ut d er Universi ta~ Strai~burg i.E.

[Eingegangen am 28. Oktober 1911.]

Obgleich es schon l~ngst bekannt ist, da$ frische HoniglSsungen eine hShere Drehung zeigen als solche, die einige Zeit gestanden haben oder mit Alkali versetzt wurden, dal~ also Itonig die Erseheinung zeigt, die man als Mutarotation (friiher Birotatlon oder Multirotation) bezeichnet, so fehlt es doch meines Wissens ffir deutsche Honige ~) an einer systematischen Untersuchung dieser Erscheinung. Deswegen und in der Hoffnung, daraus vielleieht einige Fingerzeige ftir die Praxis der }tonigunter- suchung gewinnen zu k5nnen, habe ich die GrSge der Mutarotation fiir eine Anzahl yon Honlgen ermittelt.

Die einzige Schwierigkeit, die bei einer derartigen Untersuchung auftritt, besteht darin, die wirkliehe Anfangsdrehung (Zeit ~ 0) zu ermitteln, und zwar deswegen, well es einige Zeit dauert, bis alle Honigteilchen in LSsung gegangen sind. Ffir die von mir ins Auge gefagten praktischen Zwecke (ffir die Ermittelung rein wissensehaft- licher Werte wii.re natiirlich ein solches Verfahren nieht zuI~issig) sehien es mir ge- niigend, als Anfangsdrehung (a) diejenige zu ermitteln, die 15 Minuten nach Uber- giegen des t-Ionigs mit Wasser abgelesen wurde. Die :Enddrehung (e) wurde durch Einleiten yon Ammoniakgas herbeigeffihrt. Die Differenz der beiden GrSgen ist die

100. m Mutarotation (m). Als VergleiehsgrSge wiihlte ieh die spezifische Mutarotation [m] - - 1. c '

wo 1 die Lange tier RShre, c den Extraktgehalt bedeutet, der nach Bestimmung des spezifischen Gewichts aus der Tabelle yon W i n d i s c h zu entnehmen ist. 2) Als zweite

m VergleiehsgrSge liege sich noch die relative Mutarotation - - wghlen. Ich sehe in- a des davon ab, diese Zahlen im einzelnen mitzuteilen, da sie mir bei den Bliitenhonigen wenig Charakteristisehes zu bieten scheinen anders bei Stfirkesirupen, bei denen sie ungewShnlich klein werden (bei den drei untersuchten Sorten 0,086; 0,0156; 0,0179) da bier die Mutarotation nur gering, die Anfangsdrehung sehr grog ist. Auch bei Tannenhonigen sind diese Werte im allgemeinen niedrig.

Der eingeschlagene Arbeitsgang war folgender: Etwa 10 g ttonig (genau gewogen) wurden unter Zusatz yon 10 g einer Ansehtittelung yon Aluminiumhydroxyd ~) mit Wasser von 15 o zu 100 ccm gelSst. Im Filtrat wurde die Drehung unter Be- nutzung eines Halbschattenapparates (in der 2 dm-RShre bei Natrium-Licht~ wie aueh bei allen sp~iteren Ablesungen) bestimmt, naehdem, wie oben angegeben, 15 Minuten seit dem Ubexgiegen des Honigs mit Wasser verflossen waren. In einen Teil des Filtrats wurden (bis zum Eintritt deutlich alkalischer Reaktion) einige Blasen Ammoniak

~) Fiir amerikanisehe ttonige hat C. A. Browne gefunden, daft ihre Birotation im Mittel 3,60 V betragt. (Vergl. diese Zeitschrift 1909, 17, 469.)

2) Vielleicht ware es ftir die lJbersichtliehkeit der Ergebnisse yon Wert, auch die e - - i

Inversion in ahnlieher Weise auszudracken, also etwa als spezifische Invers ion- 1 . c

woe al!gemein die (konstante) Drehung vor der Inversion, i die nach der InYersion bedeutet; c ware dana wie oben die Windisch'sche Zahl der nicht; invertierten F]iissigkeit.

~) Bei einigen Heidehonigen konnte mit Aluminiumhydroxyd allein keine gentigende Klarung erzielt worden, wohl aber nach Zusatz yon Kieselgur.

22. Band, "] I. Dezember 191LJ L. R o s e n ~ hal e r, Mutarotation des Honigs. 645

eingeleitet, die dutch Erwi~rmen 33°/0-igen Ammoniaks entwickelt und zum Trocknen fiber _~tzkalk geleitet waren. Die Ablesung wurde 1/~ Stunde sp~ter vorgenommen, nachdem ich mieh am Anfang wiederholt davon fiberzeugt hatte, dab li~ngere Ein- wirkung (bis 24 Stunden) keine weitere Abnahme, in manehen F~illen sogar eine un- bedeutende Zunahme der Drehung herbeiffihrt. Mit einem anderen Tail des Filtrates wurde die Bestimmung des spezifischen Gewichts und die Inversion (nach der Zoll- vorschrift) vorgenommen. Zur weiteren Charakterisierung wurden die Honige noch nach F i e h e auf Stiirkesirup und Invertzueker geprfift. Die Ergebnisse slnd in den Tabellen S. 646--647 wiedergegeben und zwar zun~iehst die der reinen ttonige, dann die der Kunstprodukte und Verf~lschungsmittel.

Die Betrachtung der Ergebnisse zeigt, dab bei den reinen Honigen m v o n 0,12 his 2,60, und [m] yon 0,71 bis 15,47 schwankt. Letzterer Wert ist besonders gering bei den Tonnenhonigen, am grSSten bei den Honigen No. 9, 12 und 22, die sieh reich- lieh durch feste Anteile auszeichnen, was aueh ffir den den hSehsten Wert aufweisenden ,,kandierten" Honig (No. 41) gilt. Von den Verfiilsehungsmitteln zeigen die beiden St~rkesirupe eine verhMtnismiif~ig geringe, der eine Invertzucker eine sehr starke spezifische Mutarotation. Die Ursaehe ffir die beobachteten groSen Unterschiede in der Mutarotation der untersuehten ttonige u. s. w. sind meines Erachtens hauptsi~eh- lich, wenn nicht einzig darin zu suchen, dab die Glykose darin in verschieden gro~en Mengen in kristallisiertem Zastande vorkommt. Da alle ttonige, die reichlich Krystalle oder feste Massen aufweisen, eine hohe Mutarotation besitzenl), so geht daraus hervor, da$ (unter der Annahme, dab die Glykose nur zwei Modifikationen aufweist) mit dem Erstarren des Honigs g]eiehzeitig ein Ubergang aus der schwach drehenden fl-Form in die stark drehende a-Form verbunden ist. Damit stimmt fiberein, dal~ der Tannenhonig No. 10, der [m] ~ 8,24 aufweist, krystallinisehe Ausseheidungen hatte, w~hrend die sehwach drehenden Tannenhonige z. B. No. 4, 11 und 29 vSllig oder fast v511ig davon frei waren. Daffir spricht welter noeh folgendes: Honig No. 8, der Ende Juni geschleudert war, zeigte, als er noch vS]lig flii~sig am 8. Juli unter- sucht wurde [m] ---~ 2,59; am 21. Oktober wurde er, naehdem er inzwisehen krystallisiert hatte, noehmals gepriift und zeigte dann [m] ~ 8,32. DaB dureh Erhitzen die Muta- rotation zurfickgeht, gilt, wie zu erwarten war und wie auch der Versuch gezeigt hat, ffir den Honig selbst, ebenso wie bekanntlich ffir seine LSsung. Da~ dann sehliet~- lich auch der fliissige Honig Mutarotatian unter Rfickgang der Drehung aufweist, zeigt, dal~ er aul~er der fl-Form der Glykose auch die a-Form enthiilt.

F fir dle Praxis der Honiguntersuehung seheint mir die Bestimmung der Muta- rotation irgend einen Vorteil nieht zu gewi~hren.

Zuletzt noch eine Bemerkung fiber die beiden F iehe ' schen Reaktionen. Sic haben sich im gro~en ganzen als zuverl~issig erwiesen. Doeh ist hervorzuheben, da~ mit Honig No. 5, der nicht mit Invertzucker versetzt ist, und Tannenhonig No. 23, der in Gegenwart eines yon mir Beauftragten geschleudert wurde uad also slcher frei yon St~rkesirup war, die betreffenden Fiehe ' schen Reaktlonen pos!tiv ausfielen.

Das zur Untersuchung verwendete Material stammte zum grS~ten Tell yon folgenden Personen und Firmen: Frl. M a r i e R i t t e r -Urach , Direktor Dr. H a e n l e - Stral~burg, Inspektor H o f man n- Mfinehen, NorddeutSches Itonig- und Waehswerk- VisselhSvede, Baltisehe Zuekerraffinerie-Neufahrwasser. ~[hnen allen sei auch an dieser Stelle bestens gedankt.

~) Daft die ausgeschiedenen Krystalle Mutarofation besitzen, war nach dem bisher Be- kannten ohne Weiteres anzunehmen und wurde aach nochmals experimentell festges~elIt.

[ Zei~sehr. f. Untersuehang 646 L. R o s e n t h a t e r , Muiarotation des Honigs. [d. Nahr . -u . Gentt~mi$~el.

¢; Art

und Herkunf~ des Honigs

Els~issischer Bliiten- aonigvom Friihjahr 1910.

FeinkSrnig. Wiir~embergisehor

Bliiienhoniz yore Juni [911. Teilweise ers~arr~, W firt~emberg. Blfiten- honig yore Mai 1911. Grobk~rnig ers tar rk EIs~issischer Tannou- honig vom Juni 1911,

Homcgen, tttissig. iHonig aus Dr. H a e n 1 o's Wersuehssta¢ion (Bienen mi~ Rfibenzueker ge- ffit~er~) yon 1910. Teil-

weiso erstarrt .

Honig- ~ ltisung ~

g in " ~ ' ~ 100 ecm] ~N~'g"®

10,5937 1,033t

10,5482 1,033'

10,1749 1,0301

9,9890 1,0301

10,0695 1,030

Hoaig aus Dr. Ha en l e ' s Versuchssta~ion (Biene~

6 mi~ lnve~zucker ge- 10,6172 1,030: ffitter~) yon 1910. Teil-

weise erstarrL rannenhonig aus dem

7 Schwarzwald. V611ig 10,1279 1,032 erstaxrk

[Ionig aus Dr. t t a e n I e 's 8 Vemuchsstation yore 9,9880 1,030

Juni ]911. Fliissig. ! Honig aus Dr. H a e n 1 e's

Versuchsstation yon 10,1395 1,030 9 ] 1910. Teilweiso ers~arrt.

- - iTannenhon ig aus den 10 Vogesenvon 1910. Teit- 10,3769 1,032

weise ers~arrL Tannenhonig aus den

11 voges~n yon 1911. 10,1839 1,032 Flfissig.

ttoaig aus Dr. H a e n l e ' s 10,1220 12 Versuehssta~ion. Teil- 1,031

weise erstarr~.

13 Jamaika-Honig. t talb- I0,3244 1,031 lest, dickfliissig.

14 Kuba-ttonig. Homogen 10,0658 1,029 dickflfissig.

Valdivia- Honig. Dtinn- 15 flfissig mi~ festen Ab- 10,4145 1,030

scheidungen.

16 Hawai-Honig. Diek- 10,2797 1,031 ~ tissig, Mar.

OtdenburgerHeideh onig. 17 Diekfliissig, ~riib, nicht 10,218~ 1,029

kSrnig. Deutseher Heidohonig.

18 Zah~tttssig, mi~ kryst~t- 10,3367 1,029 linisehenKSrn ern durch-

se~zt. Australiseher Honig.

19 ZShfl~ssig, mit krystal- 10,2482 1,032 linischenK6rnern durch-

setzt.

20 Chile-Honig.feink~irnig.ZShaassig, 10,1260 1,031

21 [talioniseher Honig. Ho- 10,2175 1,03~ a~ogen, undurehsieh~ig, Hawai-Honig. Stark mit

22 krys~allinischen ~:6r- 10,1537 1,03~ horn durehsetzt.

ElsRssischer Tannen- 23 ~onig yore ~.li 1911, 10,2048 1,03f

I~liissig. -lBayeriseh~r H e i d e h o n i g ~ t - - t - -

Dickflitss!g, _~riib_ ohne| 9,99421 1,031

a 0 ] e° ~'~1 l:m]

- -1 ,27 - - 2 f l 7 1,50 8,6{

- - 0,08 - - 1,02 0,94

@1,02 - - 1,14 2,16 13,5"

0,63 -- 0,80 0,17 1,0~

o

5,39 - -2 ,46

- - 2,18

- - 1,62

F i ehe ' s che Reaktion

auf auf St~rko- Invel~-

sirup zueker

negativ

~ " nega~iv

rriibung I negatlv

- - 0,67 I - - 2,49 - - 2,26 positiv

negafiv -j- 1,10 - - 1,08

E + 2,81 i+ ~,25

- - t , 5 0

I 7,83 + 0,62!- 1,59,221 / 14,11

9,291 -{- 0,56 ] nog~iv [ nog~tiv

2 , 5 9 - - 2,721 nog~tiv negativ

14,11 - - 1,80 nogativ nega~iv

8~24 neggl,iv i

1,741 @ 1,54 nega~iv I negativ +2,72 0,291 I - - I I 15,11 - - 2,96 ] negativ negativ

! t2,92 - - 3,06 nogativ nega~iv

8,77 - - 2,56 neguHv negativ

9,70 - - 2,16 negaHv negaHv

nega~iv

zweifol- haft

negativ

ne~a~iv

negativ

negafiv

],40 t + 1 ,461+ 1,1510,31 i 1,84[-1-0,22 i 1oositiv t negativ

22. Band. ] L, R o s e n t h a . l e r , Mutarotation des Honigs. 647 L Dezember 1911.]

Ar~ und Herkunf~

des Honigs

Honig- 15sung

g in 00 ccrr

25 [lbliitenhonig • Homogen,I 10,29081 1,0813 aieht mehr ausflieliend.I I 8,09

26 [Bayerischerflfissig, feink(irnlg.Honig" Z~h-[ I0,0529i 1,03241 8,38

An- End- drfaehg~g drehung

~0 eo

- - 0,06 -- 2,01

- - 1,18--2,11

[ Allganer Honig vom [10,1959 i 1 27 Friihjahr 1910. Grob- 1,0331 8,56 ~ 0 , 4 7 k6rnig erstaxrK

--llBayeriseher Honig YOre 28 Srtihjahr 1911. Inhomo.

gen, feink6rnig. ! ~Viirttembergischer I } 1'03241 t I [Ionig. Homogen, flltssig,[ I 29 ~om Auseehen eine 10,I370t 8,38 -?2,94-~2,82

Tannenhonigs. t ..... 'Wiir~embergiseher He- " -- ' I - - - -

nig (yon B~renklau und 10~0893[ / 8,20 q- 0,67 30 Wald). Z~h, kaum fliis- 8 , 6 4 - _ _ sig, feingrietiig. - - , _ _ _ _

~Vfir~tembergiseher 31 gonig. Feingrieliig, nieh~ 10,31571 8,17 -- 1,14 _ _ mehr fliissig. _ _ . . . . . . ~

Wiirttembergiseher 10,2922] ---~,18 - - 1,44 32 Honig. V611ig erstarrh - - Wiirttembergischer Ho- - - ' . . . . . . . .

nig. Dfinnfliissig, homo- 8,09 q - 1,64 33 gen, dunkelbraun, vom 10,0868[ -~-1,43 Aussehen eines Tannen.

honigs. - -- ~¥iir~tembergiseher ' - - i - __ 1,1~ ~.. 34 Honig.iriib,Fliissig, sehwaehgelb. 10,I456 1,0317 8,20 - - 0 , 8 9

--WfirttembergiseherBlfi- ~ 1 7 4 8 ~ 2 2 ~ - ~ 4 8 t ~ 35 tenhonig.¥611igers~arrK__ . . . . . . . . . - - 0,31 - - 1,40 - - Wfirttembergiseher He- 10,0140[ 1,0306 ~ . . . . . 36 nig. Grobkgrnig erst~arr~. _ _ _ _ _ _

- - 10,0977 1,0319 . . . . . . Wiirttembergischer

Hon;g (L Sehleudern 8.25 / - - 1,88 I - - 2,34 37 Ende )Iai bis Mitre JunO. Z~hflfissig, grobgrie~ig. [

%;%0 Wilr~embergischer 10,1979 Honig (2. Sehleudern 1,0313 8,09 38 Juni bis gull). V611ig i ers~arr~, grob~oriefi:ig, f ~ I

N O ]~ [m] o

F i eh e' sche Reaktion

auf auf St~rke- Inver~;- sirup zucker

2,54

2,5_5 - - 2 , 5 0 ] nega~iv i negativ

8,411 - - 1,58 [ [ negativ negativ - - - - [ ! - - ~ 11,94 -- 2,70 [ negativ I negativ

]Wiirt~embergiseher Ho-] 10,1432 1,0311 8,04 -~0,16 I__ aig (3.Sehleudern Juli his[ 1,91 39 Anfang August) Viillig __. erstarrt, grobgriefiig, _ _ . . . . . . . . . .

1,0806 40 Feldhonig.. Fast vgllig 9,9707, erstarr$, grobk6rnig.

r . r t . I - - I . . . . eeldhonig.,,Kandiert'Won 9,9650 1,0313 8,09 41 homogener Salbenkon- ] sistenz.

o,71 + 1,14

-~52- - - 0,50

4,16 - - 1,70

1,29 -~ 0,46

2,78 -- 2,72

negativ

nogativ

negativ I negativ

~riib negativ

negativ / negativ

tark triib] nogativ

~ , nogativ

negativ nega(iv

negativ nega~iv

negativ

negativ

negafiv

negativ

]~IrSe~rot,

dentl

positiv

posi¢iv

posiiiv

positiv

42 I tterkunft. Fliissig, I homogen. [Kunsthonig der

43 Is chert Zuckerra

Zuckerhonig derselben[ 10,1545 1,0302 781 44 Fabrik. Dickfliissig.

46 [[nver~zucker,rein.technisch

47 [ Stiirkesirup I.

48 [ St~irkesirup IL

Recommended