Über Komplexe Sulfosäuren des Platins

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L. Tschugajeff und S. Ii?msikofi Komplm Sulfosauven des Platins. 299

Uber komplexe Sulfosauren des Platins. Von L. TSCHUGAJEFF t und S. KRASSIKOFF.

Das Chlorid der ersten REIsErschen Base [Pt4NH3]C1, verliert bekanntlich beim Erwiirmen bis auf 250 O in trockenem Zustande, wie auch bei andauerndem Erwarmen bis auf looo mit Salzsaure, allmahlich die Halfte seines Ammoniaks und verwandelt sich in das Chlorid der zweiten bISETschen Base: [Pt4NH3]C1, = 2NH3 + [Pt2 NH, a CI,]. Dabei findet eine tiefe Veranderung der Funktion des Chlors statt: das letztere geht aus dem ionogenen leicht beweg- lichen Zustande in den nichtionogenen schwerbeweglichen iiber und wird dem Haloide in organischen Verbindungen ahnlich.

Ebenso ist bekannt, daB fiir das Brom- und Jodsalz der ersten REISETSChen Base die analoge Umwandlung noch vie1 leichter, ah fur das Chlorsalz, verliuft ; als Produkte dieser Umwandlung er- scheinen die Verbindungen: [Pt2NH, e Br,] und [PtBNH, n J,] - das Bromid und Jodid der zweiten REIsETschen Base.

In all diesen Salzen befindet sich das Haloid in fest gebundenem Zustande. Zufolge seiner bekannten Koordinationstheorie nimmt A. WERNER an, daB die Chlor-, Brom- und Jodatome in diesem Falle i n der zweiten Koordinationssphare lagern und daB dabei ein Haloid- atom im Verhaltnis zum andern eine Transstellung einnimmt , wie dieses durch folgende Schemas erlautert wird :

Der Ubergang von den Haloidsalzen der ersten REIsErachen Base zu den Salzen der zweiten REISETSChen Base besteht, nach A. WERNER, darin, daB zwei Haloidatome zwei Ammoniakmolekiile

NH".,.,pt,m + + aus der inneren (ersten) Koordinrations- des Ions [NEI3*'/. \NH,] sphare in die au6ere (zweite) verdriingen.

300 L. Tschugajjeff zcnd X, Krmsikofi

Bisher waren keine systematischen Untersuchungen uber den Ver- lauf dieser Reaktion fur verschiedene Anionen X, die in den Bestand der Salze der ersten REISETschen Base [Pt4NH,]XZ gehhen, unter- nommen worden. Auger den Haloidsalzen sind nur noch Salze der salpetrigen Saure (Nitrite) untersucht worden, die analoge Resultate ergaben.

Zurzeit ist es uns gelungen, zu zeigen, da6, wenn man vom Chlorid der ersten REIsETschen Base ausgeht und in der oben er- wahnten Reaktion als abspaltendes Agens die Salzsaure durch schwef- lige Saure ersetzt, auch unter diesen Verhaltnissen die Entfernung zweier Ammoniakmolekule aus dem Komplexion [Pt4 HNH,] f * be- werkstelligt werden kann, wobei infolge gleichzeitiger Snwesenheit der Salz- und der schwefligen Saure in der Losung, j e nach denVer- suchsbedingungen, es gelingt, entweder beide fortgehende Ammoniak- molekiile durch die Reste der schwefligen Saure HSO, zu ersetzen oder durch diesen Rest nur ein Ammoniakmolekul auszutauschen, wobei das zweite durch Chlor substituiert wird.

Beim Einleiten Ton Schwefeldioxyd in eine heiBe Losung des Chlorids der ersten REIsETschen Base [PMNH,]CI, scheiden sich anfanglich bla6gelbe nadelartige Kristalle am. Nach Eindampfen der Mutterlauge wurde ein reichlicher kristallinischer Niederschlag von weiBer Farbe (Blattchen) erhalten. Die Analyse desselben ergab folgende Resultate:

0,1567 g Subatanc ergaben 0,0954 g Pt. 0,3189 g 17 ,, 0,0948g AgCl.

Pt,C1,MsH,,S,O, Ber.: Pt 61,45 C1 7,44 S 6,73 Gef.: Pt 60,90 C1 7,35 S 6,82

0,3342 g >> 1 ) 0,1651 g BaSO,.

Pt CI

s -

Das Verhliltnis - . Ber.: 1,5 Gef.: 1,505

1, -

71 Pt Ber.: 1,5 Gef.: 1,47

Bei kurzdauerndem Warmen mit Salzsaure gibt die weiBe Sub- stanz das Chlorid der zweiten REIsETschen Base, und in der Losung bleibt das Chlorid der ersten REisETschen Base; wahrend der Reak- tion scheidet sich Schwefeldioxyd aus.

Endgiiltig wurde die Struktur unserer Substanz durch die Reaktion mit Kaliumchloroplatinit festgestellt, welche im Sinne der Qleichung

[Pt2NH,C1(SO,)],[Pt4NH3] + K,PtC14 = [Pt4 NHJPtCI, + 2 [Pt2 NH,Cl(SO,)]I(

Kompbxe Sujfosauren des Platins. 301

verlief, wobei theoretische Mengen des griinen Mactrwsschen Salzes und des Kalisalzes der Sulfosaure [Pt2 NH,Cl(SO,)]H gebildet wurden. Die betrachtete Substanz erweist sich also als ein bikomplexes Salz folgender Struktur :

[Pt 2 NH, C1 SO,],[Pt * 4 NH,] . Die Bildung dieser Substanz kann man sich in der Art vor-

stellen, da6 anfangs die schweflige SDure beide Ammoniakmolekiile aus dem Chlorid der ersten REISETschen Base verdriingt, wobei an Stelle des einen das Chlor, an Stelle des anderen die Qruppe SO, sich stellt. Die dadurch gebildete Sulfosaure gibt dann mit der ersten REIsET schen Base das verhaltnisma6ig schwer Iosliche Bi- komplexsalz. Ubrigens kann man auch eine andere Bildungsweise der beschriebenen Verbindung zulassen, wie weiter unten zu er- sehen ist.

8 1 s zweites Produkt der Wechselwirkung zwischen der schwef- ligen Saure und dem Chlorid der ersten REIsEischen Base erscheinen die oben erwahnten blaBgelben Kristalle. Die Elementaranalyse zeigte, daB ihre Zusammensetzung der Formel Pt2N,R,,S,0, nahe kommt. Beim Wsrmen mit Salzsaure zersetzt sich die Substanz leicht. Aus der Losung scheidet sich das Chlorid der zweiten REISET- schen Base aus, wiihrend in der Losung das Chlorid der ersten REISET schen Base bleibt, welches leicht mit Hilfe von Kaliumchloro- platinit (Bildung des MAGNUS schen Salzes) festzustellen ist. Diese Daten zwingen uns anzunehmen, daB die gelben Nadeln das bi- komplexe Salz: [Pt4NH3] [Pt2 NH,(SO,),] darstellen, welches einer- seits der ersten REIsETschen Base , andererseits der Komplexsaure [Pt2 NR,(SO,),]H, entspricht.

Nimmt man nun in Betracht, daB in dem oben erwahnten Ver- suche die Bildung gelber Nadeln der Entstehung farbloser Nadeln der Zeit nach voranging, so kann man denken, daB diese letzteren sich sekundar bei Einwirkung der Salzsaure auf die Verbindung [Pt2NH3(S0,),]Pt4NH, im Sinne der Gleichung

2[Pt2NH3(S0,),][Pt4NH3] + 4HC1 == 2H,SO, 4- [Pt2NH3C1(S03)], [Pt4NH3] + [Pt4NH3]CI,

bilden konnten.

Was die geometrische Konfiguration dieser beiden Plantinsulfo- sauren anbelangt, mit deren Derivaten wir zu tun hatten, SO ge-

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hiiren ,sie beide nach A. WERNER zur Transreihe und entsprechen folgenden Schemas:

Die Untersuchung wird in verschiedenen Richtungen weiter- gefiihrt.

Die vorstehende Abhandlung ist vom verstorbenen Prof. L. TSCHU- QAJEFF in ’russischer Sprache abgefaflt und von mir in seinen Papieren vorgefunden worden. Zurzeit mit der Ordnung des wissenschaft- lichen Nachlasses des Verstorbenen noch stark beschaftigt, werde ich gemafl der Bearbeitung des Materials eine Reihe seiner Arbeiten in nachster Zeit veroffentlichen. S. KRASSIKOFF.

st. Petersburg, Chmisches Laboratorium der Universitat.

Bei der Bedaktion eingegangen am 13. September 1923.

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