Vorbereitung von Studierenden auf den Unterricht mit … · Weinrich, Alexandra L. Zepter...

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EINS: Den Einstieg in Sprache erleichtern

Dr. Lotte Weinrich, PD Dr. Alexandra Zepter (Ph.D.)

IDSL II, Universität zu Köln

Vorbereitung von Studierenden auf den Unterricht mit neu zugewanderten Kindern und Jugendlichen

Weiterbildungsinitiative DaZ NRW Kick-off

Welche Wörter findest du schön?

Beispiele aus dem Deutschförderunterricht

2

Michael, 12 J., Russland

3

Marlon, 8 J., Philippinen

4

Samaria, 16 J., Irak

5

Marina, 15 J., Syrien

6

Meri, 18 J., Äthiopien

7

Haki, 19 J., Kosovo

8

Mustafa, 17 J., „unbegleiteter minderjähriger

Flüchtling“ (UMF) aus Syrien 9

10

Was zeigt uns dieses Beispiel?

Anregung der

Vorstellungskraft als Schlüssel

für die Sprachförderung: Grundlegende Relevanz des

Kommunikations-/ Ausdrucksbedürfnisses

11

1. DaZ im Lehramtsstudium Fach Deutsch an der Uni Köln: Beispiel EINS-Projekt

2. Methoden Sprachförderung: DemeK

3. Förderbeispiel I: Alphabetisierung in SEK I mit dem Bilderbuch

4. Förderbeispiel II: Wechsel-Präpositionen und Kasus

Übersicht

12

i. Sprachförderung in SEK I von neu zugewanderten Schülerinnen/Schülern

ii. Einstieg in die Sprache auf Basis einer sprachlich-literarischen Förderung

iii. Masterstudierende fördern im Rahmen ihres Lehramtsstudiums

EINS: Den Einstieg in Sprache erleichtern

Lehr-Projekt an der Uni Köln

13

Zeitrahmen in einem Mastersemester: circa 3 Monate; circa 3 Std. wöchentlich

In Kleingruppen: Zwei Studierende fördern jeweils vier bis sechs Schüler/-innen.

EINS-Projekt

Lehramtsstudierende fördern die basalen sprachlichen Kompetenzen von neu zugewanderten SEK-I-Schülerinnen und Schülern (Vorbereitungsklassen; Sprachfördergruppen).

14

Forschendes Lernen: Theorie und Praxis in direkter Verzahnung: Studierende belegen als Tandem zwei Masterseminare (4 SWS): Sprachdidaktik und Literaturdidaktik

EINS-Projekt

Phase I: Lernort Universität: circa fünf Wochen Vorbereitung auf die Förderung

Phase II: Lernort Schule: Praxiserfahrung

Kontinuierliche Reflexion der Praxis: Reflexionstagebuch und -sitzungen (Uni)

15

Pilot im WS 2016/17:

Drei Tandem-Seminare im Master Deutsch Lehramt (ca. 100 Studierende)

20 Kölner Schulen (HRG, Gym); BZR Köln

EINS-Projekt

Konzeptentwicklung:

Sprachdidaktik: Eveline Einhauser, Lotte Weinrich, Alexandra L. Zepter

Literaturdidaktik: Antje Arnold, Daniela A. Frickel, Andreas Seidler

16

Europäischer Referenzrahmen:

EINS-Projekt: Kompetenz-/Lernziele

1. Auf Schülerebene → Unterstützung der Integration in den Regelunterricht:

Zielniveau: rezeptiver Bereich B1, produktiver Bereich A2 → bildungssprachliche Register (u.a. Cummins 2000, Feilke 2012, Gogolin et al. 2013, Riebling 2013)

17

EINS-Projekt: Kompetenz-/Lernziele

2. Auf Studierendenebene → DaZ-/DaF-Lehrfähigkeiten in den Stufen A1 und A2 entwickeln

Die Studierenden lernen, den Sprachstand zu beobachten und auf dieser Basis Aufgabenformate bzw. Lehr-Lern-Arrangements für die Zielgruppe auszuwählen, in der Praxis zu adaptieren, anzuwenden und diese Praxis zu reflektieren.

Die Studierenden sammeln und reflektieren Erfahrungen im Teamteaching und in der Kleingruppenarbeit.

18

EINS-Projekt

Und wie wird gefördert?

Methoden und Didaktik?

19

Wir lernen uns kennen

20

Die Sprachrunde: Beispiel

„Hallo, ich bin Alex. Ich komme aus Köln. Woher kommst Du?“

Hallo, ich bin Lotte. Ich komme aus … Woher kommst du?“

Chunk-Lernen: Ganze Einheiten prägen sich ein.

21

Chunk-Lernen

Chunks im DemeK-Programm und im EINS-Projekt:

häufig gebrauchte Konstruktionen; aus bildungssprachlichem Register

Konstruktion inklusive Slot, der variiert wird (→ Schemata) und Kategorisierung ermöglicht

Erwartung: Generalisierungsleistung wie im Erstspracherwerb

Chunk (vgl. Definition Handwerker 2008: 52) = Ausdruckssequenz, die zusammen mit ihrer Bedeutung/Funktion im Kontext holistisch, als Ganzes verarbeitet wird

22

Deutschlernen in mehrsprachigen Klassen:

Konzept entwickelt von der Bezirksregierung Köln in Zusammenarbeit mit der Universität zu Köln

DemeK-Methoden: Artikelsensibilisierung/Grammatiksensibilisierung

Chunk-Lernen

Generative Textproduktion

23

Methoden Sprachförderung: DemeK Grammatiksensibilisierung

24

DemeK-Plakate: Artikelsensibilisierung

DemeK-Plakate: Artikelsensibilisierung

Zu jedem neuen Substantiv wird der Artikel dazugelernt und durch Farbmarkierung potenziell besser memoriert: Maskulinum blau, Neutrum grün, Femininum rot.

Die Plakate können sukzessive erweitert werden (auch mit Artikeln in anderen Kasusformen, Pronomen etc.).

26

Grammatiksensibilisierung

Warum der nominale Fokus? Erwerbstheoretischer Hintergrund: Die empirisch am ehesten gesicherten Erwerbssequenzen betreffen die grammatischen Bereiche Verbstellung, Satzsyntax, Kasus und Tempus (vgl. von Diehl et al. 2000, Landua et al. 2008, Grießhaber 2008, 2010, Jeuk 2010).

Aneignung der nominalen Morphologie im Deutschen eine sehr große Herausforderung → System der Nominalphrase aufgrund der Konfundierung von Numerus-, Genus- und Kasusflexion wenig durchsichtig

27

Methoden Sprachförderung: DemeK Generative Textproduktion

28

Der Text als Stützstruktur sprachlichen Handelns (Scaffolding):

Generatives Sprechen (Sprachrunde; Chunk-Lernen) = Mustersprechen

Generatives Schreiben = Musterschreiben nach literarischen Texten

Generative Textproduktion

29

Literarischer Text bietet kreativen Impuls und unterstützendes Gerüst für den Schreibprozess → Aufgabe: Verändern

Anregung von grammatischem Lernen: Text → systemische, kohärente Ganzheit: Eine Textveränderung kann weitere Textveränderungen erfordern.

Generative Textproduktion

30

Basistext

1, 2, 3, 4, 5, 6, 7,

wo ist denn mein Freund geblieben?

Er ist nicht hier,

er ist nicht da,

er ist wohl in Amerika.

31

Basistext verändern

1, 2, 3, 4, 5, 6, 7,

wo ist denn mein Freund geblieben?

Er ist nicht hier,

er ist nicht da,

er ist wohl in Amerika.

Freundin

32

Teil im Ganzen entdecken

1, 2, 3, 4, 5, 6, 7,

wo ist denn mein Freund geblieben?

Er ist nicht hier,

er ist nicht da,

er ist wohl in Amerika.

Freundin meine

33

Textkohäsion beachten

1, 2, 3, 4, 5, 6, 7,

wo ist denn mein Freund geblieben?

Er ist nicht hier,

er ist nicht da,

er ist wohl in Amerika.

Freundin meine

Sie

sie

sie

34

Beispiel: Hausspruch

35

Text sinnlich entdecken

Vortragen erproben: schnell, langsam, laut, leise, gemeinsam, abwechselnd, chorisch …; Aufstehen, mit Gestik, mit Bewegung im Raum …

Gruppenarbeit: Vortragsversion inklusive Bewegung und Inszenierung im Raum erarbeiten

36

Lebensweltbezug schaffen

Gemeinsam Orte sammeln, an denen man sich gerne aufhält, wo man gerne etwas macht (verknüpfen mit Präposition in): Hinterhof, Schule, Zimmer, Küche, Café, Park, Heimat …

In meinem Haus,

da wohne ich,

da schlafe ich,

da esse ich.

Und wenn du willst,

dann öffne ich die Tür

und lasse dich ein.

37

Lieblingsorte sammeln

Gesammelte Wörter auf DemeK-Plakaten nach Genus sortieren (mit Artikel)

Erarbeiten, wie die korrekte Flexion vom Dativ Singular in allen drei Genera ist:

der das die der Park

in meinem Park

in dem = im Park

das Haus

in meinem Haus

in dem = im Haus

die Schule

in meiner Schule

in der Schule 38

Handlungsverben sammeln

Was machst du gerne in deinem Zimmer? ─ In meinem Zimmer lese ich gerne.

Und was machst du gerne in deinem Zimmer? ─ In meinem Zimmer …

Musik hören ─ lesen ─ telefonieren ─

twittern ─ schlafen ─ singen ─ spielen ─

träumen ─ malen ─ tanzen ─ Kuchen essen …

39

Generatives Schreiben

Was machst du gerne in deinem Baumhaus?

Titel: __________________

In meinem Baumhaus,

da

In meinem Haus,

da wohne ich,

da schlafe ich,

da esse ich.

Und wenn du willst,

dann öffne ich die Tür

und lasse dich ein.

Baumhaus,

40

Beispiele Schülertexte

41

Verben im Präsens üben

Schüler/-in fasst zusammen, was der/die Nachbar/-in gerade vorgetragen hat →

Memorieren und Transferieren:

In meinem Baumhaus,

da höre ich Musik,

da träume ich,

da schlafe ich ein.

In deinem Baumhaus,

da hörst du Musik,

da träumst du,

da schläfst du ein. 42

Memorieren/Transferieren

In meinem Baumhaus,

da höre ich Musik,

da träume ich,

da schlafe ich ein.

In ihrem Baumhaus,

da hört sie Musik,

da träumt sie,

da schläft sie ein.

In seinem Baumhaus,

da hört er Musik,

da träumt er,

da schläft er ein. In deinem Baumhaus,

da kannst du Musik hören,

da kannst du träumen,

da kannst du einschlafen. 43

Gemeinsam vortragen

In unserem Baumhaus,

da hören wir Musik,

da träumen wir,

da schlafen wir.

Und wenn du willst,

dann lassen wir die

Leiter herunter

und lassen dich ein.

Zwei bis vier Schüler/-innen bilden eine Gruppe, zeigen sich gegenseitig ihre Texte und schreiben daraus gemeinsam ein Gedicht in der wir-Form.

Die Gruppe erarbeitet, wie sie das Gedicht vortragen möchte (mit Bewegung).

Präsentation, Würdigung

44

Warum die Verknüpfung sprachlichen und literarischen Lernens?

45

Perspektive im EINS-Projekt

1. Literarische Texte ermöglichen sprachliches Lernen im bildungssprachlichen Register.

2. „Wahrnehmung und Genuss der Materialität der Sprache“ (Zabka 2008: 193):

eröffnet Zugang zum literarischen Text UND Plattform für implizites und explizites grammatisches Lernen

3. Vorstellungsbildung: Aspekt des literarischen

Lernens UND Schlüssel zum sprachlichen Lernen 46

Roman Jakobson: (vgl. Jakobson 1971)

Literarische Texte

Überstrukturiert und semantisch überdeterminiert: hoher Informationsgehalt der Zeichenmenge

Doppelte Referenz der Texte: Verweis auf Texthandlungen (Inhalt) und auf die eigene sprachliche Materialität (Form)

47

Materialität der Sprache

Der sinnliche Zugriff auf den Text unterstützt beim sprachlichen Lernen das implizite Verankern von grammatischen Mustern.

Wahrnehmung und Genuss der Materialität der Sprache → kann im LU durch sinnliche Zugriffe zum Text unterstützt werden; z.B. über die Entwicklung von Präsentationen (vgl. u.a. Lösener/Siebauer 2011)

48

Vorstellungsbildung

Praxis der Sprachförderprojekte an der Uni Köln zeigt: Anregung der Vorstellungsbildung → unterstützt das sprachliche Kommunikations-/Ausdrucksbedürfnis.

Nach Kaspar Spinner der erste Aspekt literarischen Lernens → „das grundlegendste Merkmal literarischer Rezeption“ (Spinner 2015: 189)

→ u.a. durch produktive Verfahren anzuregen (u.a. Spinner 1993, 2008, 2014)

49

Förderbeispiel I: Alphabetisierung in SEK I mit dem Bilderbuch

50

Ein Bilderbuch für die Sek I?

51

52

Bilderbuch auch für Jugendliche?

„Auf dem Feld der Kinder- und Jugendliteratur

sind mehrfach adressierte Werke anzutreffen, die für ihre unterschiedlichen Adressatengruppen jeweils eine andere Botschaft bereit halten. Bei Texten dieser Art haben wir es überwiegend mit allegorischen oder parabolischen Dichtungen zu tun, die zwei Ebenen aufweisen: einen Bildteil und einen Sachteil, wobei letzterer die eigentliche Aussage und Bedeutung beinhaltet“ (Ewers, H.-H. 2012). 53

Freunde finden

54

Gute Vorsätze

55

Lebensweisheit

56

Epimythion (Lehre)

57

Transfer

58

Immer wenn der Pfeil kommt, findet ein Transfer auf die Lebenswirklichkeit statt.

Beispiel Generatives Schreiben

59

Vorteile des Bilderbuchs

1. Bilder erzählen die Geschichte („Visual Literacy“ (M. Dehn)).

2. Die Bilderbuchfiguren laden zur Identifikation ein.

60

Identifikation?

61

Transfer

62

Vorteile des Bilderbuchs

3. Der Text ist in Reimprosa geschrieben.

63

Die Prosodie des Deutschen erfassen

64

Vorteile des Bilderbuchs

4. Der Wortschatz ist in eine Geschichte eingebettet (narrative Kompetenzen sind sprach- und kulturübergreifend).

65

Einzelwörter ohne Kontext?

66

Vorteile des Bilderbuchs

5. Wörter sind in einen Text eingebunden. Ihre Textfunktion kann direkt mitgelernt werden (vgl. Pronomen).

67

Pronomen im Verbparadigma (DaF)

68

ich lerne du lernst er / sie / es lernt wir lernen ihr lernt sie lernen

DaZ: Pronomen lernen im funktionellen Textzusammenhang

Direkte Rede: Wechsel in die Ich-Form 69

Pronominalisierung (Nomen wird durch Pronomen ersetzt)

der Löwe

er 70

Sprache in Texten

71

„Wir kommunizieren nicht mit Wörtern und Sätzen, sondern mit Texten, der Text ist die Äußerungsform, mit der sich Kommunikation vollzieht.“

(Kühn, P. 2010, S. 22)

Zwischenfazit: Vorteile des Bilderbuchs

1. Bilder erzählen die Geschichte („Visual Literacy“ (M. Dehn)).

2. Die Figuren laden zur Identifikation ein.

3. Der Text ist in Reimprosa geschrieben.

4. Der Wortschatz ist in eine Geschichte eingebettet (narrative Kompetenzen sind sprach- und kulturübergreifend).

5. Wörter sind in einen Text eingebunden. Ihre Textfunktion kann direkt mitgelernt werden (vgl. Pronomen).

72

Alphabetisierung mit dem Bilderbuch

73

74

DemeK-Plakate: Artikelsensibilisierung

Unterstützung des Genus-Erwerbs

DER AFFE DAS NASHORN DIE GIRAFFE DIE AFFEN DIE NASHÖRNER DIE GIRAFFEN

76

Präverbal: Bilder zuordnen

77

Graphem-Phonem-Korrespondenz

E ELEFANT

R „ROARR“

AU AUGE

-NG- ZUNGE

-ER FENSTER

78

Laute „diskriminieren“ können

79

Erste Wörter (Skelettschreibung)

80

ATL (Antilope) AOG (Auge) FESTA (Fenster) → Fehlerfreundlichkeit!

Laut-Buchstaben-Bezug sichern

Laut-Buchstaben-Bezug sichern

82

„A wie Antilope“ „F wie Felsen“ „B wie Bett“

Ur-Wort-Prinzip Konsonantenbuchstaben lautieren!

Vom Laut zur Silbe Übung

Welche Erkenntnisse können Lehrer(innen) und Schüler(innen) gewinnen?

83

Vom Laut zur Silbe Übung

Jede Silbe hat einen Vokal (grau markiert). Die Vokale in EL und LE klingen unterschiedlich. Das <S> in SA klingt anders als in AS. Das <R> in RO klingt anders als OR. Die Vokale in RO und OR klingen unterschiedlich. Das Gleiche gilt für die Vokale in NI und IN.

84

Fachliche Erklärung

Im Deutschen hat jede Silbe einen Vokal (oder Diphthong: z.B. <ei>*).

In <LE> ist der Vokal gespannt [le:], in <EL> wird das <e> als „ä“ realisiert, der Vokal ist ungespannt [ɛl].

in SA wird wie immer im Anlaut eines Wortes oder einer Silbe das <S> stimmhaft realisiert [za:] und das <A> ist gespannt [a:]. Bei <AS> wird das <A> ungespannt realisiert; das <S> ist wie immer im Auslaut eines Wortes oder einer Silbe stimmlos [as].

In RO wird der Vokal gespannt realisiert [ʁo:]. In OR ist der Vokal ungespannt; das <R> wird wie ein dumpfes [a] vokalisiert [ɔɐ].

In NI ist der Vokal gespannt [ni:], in IN ungespannt [ɪn].

85

*Buchstaben werden in spitzen Klammern < > notiert, Laute in eckigen Klammern [ ]. Die Unterscheidung „gespannt vs. ungespannt“ bezieht sich auf Vokale und entspricht der alltagssprachlichen Benennung „kurz vs. lang“.

Vgl. Busch, Albert / Stenschke, Oliver (2008): Germanistische Linguistik. 2. Aufl. Tübingen: Narr, S. 38-46.

Lautumgebung (R-Realisationen)

ROSE

BROT

BIER (BIA)

FERTIG (FEATISCH)

Buchstaben kann man nicht hören, nur Laute!

86

Zweisilber Übung

Welche Erkenntnisse können Lehrer(innen) und Schüler(innen) gewinnen?

87

Zweisilber

L E M A M A L E

S U R O N I S U

Welche Entdeckung können Lehrer(innen) und Schüler(innen) machen?

88

Zweisilber (Trochäen)

L E M A M A L E

S U R O N I S U

Bei Zweisilbern ist die erste Silbe betont, die zweite unbetont. Wenn der Vokalbuchstabe <E> in der unbetonten Silbe steht, wird er als

„ö“ [ə] realisiert (Schwa-Vokal). 89

90

Basismuster: trochäischer Zweisilber

„Ausgehend vom trochäischen Zweisilber kann somit das komplexe Zusammenspiel phonografisch-silbischer und morphologischer Regularitäten, das für die Wortschreibung des Deutschen kennzeichnend ist,[…] erschlossen werden.“

In: Riegler, Susanne (2016): Schrift gebrauchen, Schrift verstehen. Orthografieerwerb im Spannungsfeld zwischen sinnhaftem Schreiben und Systematik der Schrift. In: Kruse, Norbert / Reichardt, Anke (Hrsg.): Wie viel Rechtschreibung brauchen Grundschulkinder? Positionen und Perspektiven zum Rechtschreibunterricht in der Grundschule. Berlin: Erich Schmidt Verlag, S. 55-66, hier S. 58.

91

Erste Wörter schreiben

92

Vom Wort zum Satz

klein DIE MAUS IST KLEIN.

groß DER LÖWE IST GROß.

stolz DER LÖWE IST STOLZ.

mutig DIE MAUS IST MUTIG.

ängstlich DER LÖWE IST ÄNGSTLICH.

schwach DIE MAUS IST SCHWACH.

gefährlich DER LÖWE IST GEFÄHRLICH.

friedlich DIE MAUS IST FRIEDLICH.

93

Komparation (Adjektive)

94

Vom Satz zum Text

95

DER LÖWE IST GROß,

DIE MAUS IST KLEIN,

DOCH BEIDE KÖNNEN

FREUNDE SEIN.

Generatives Sprechen / Schreiben

96

MARINA IST GROß,

FATIH IST KLEIN,

DOCH BEIDE KÖNNEN

FREUNDE SEIN.

Generatives Sprechen / Schreiben

97

DIE MAUS BESCHLOSS,

JETZT STARK ZU SEIN;

IHR LEBEN LANG WAR SIE

IMMER NUR KLEIN!

DAS ELEFANTENBABY BESCHLOSS,

JETZT STARK ZU SEIN;

SEIN LEBEN LANG WAR ES

IMMER NUR KLEIN!

DER SCHMETTERLING BESCHLOSS,

JETZT STARK ZU SEIN;

SEIN LEBEN LANG WAR ER

IMMER NUR KLEIN!

Generatives Sprechen / Schreiben

98

Lese-Mal-Aufgabe

99

Generatives Sprechen

100

MARINAS HAARE SIND

BRAUN.

IHRE AUGEN SIND …

Diskussion

101

Förderbeispiel II: Wechsel-Präpositionen und Kasus

102

Präpositionalphrasen

Im Deutschen können Präpositionen Dativ, Akkusativ oder auch Genitiv zuweisen: Welchen Kasus eine Präposition regiert, ist arbiträr und muss mit der Präposition gelernt werden. (Ausnahme: lokative Wechsel-Präpositionen!)

P + Dativ: [PP von [NP meinem Vater]]

[PP mit [NP dem Messer]]

P + Akkusativ: [PP für [NP meinen Vater]]

P + Genitiv: [PP trotz [NP des Gewitters]]

103

Wechsel-Präpositionen

Die Dozentin nimmt sich einen Stuhl, steigt auf den Stuhl und sagt dabei laut:

1. Ich steige auf den Stuhl. Die Dozentin steht auf dem Stuhl und sagt dabei laut:

2. Ich stehe auf dem Stuhl.

In (1) regiert die Präposition auf den Akkusativ, in (2) den Dativ. Aber warum?

104

Wechsel-Präpositionen

Eine Vielzahl lokativer Präpositionen können im Deutschen zwei Kasus zuweisen: Akkusativ und Dativ.

Die Verteilung von Akkusativ- und Dativrektion ist dabei systematisch organisiert.

Welches Muster zeigt die Kasusalternation?

105

Wann Akkusativ? Wann Dativ?

Ich stelle mich neben den Stuhl.

Ich stehe neben dem Stuhl.

Ich gehe vor den Tisch.

Ich stampfe vor dem Tisch mit den Füßen.

Ich krieche unter den Tisch.

Ich sitze unter dem Tisch.

Ich springe in den Kreis.

Ich springe im Kreis rauf und runter. 106

Wechsel-Präpositionen: Funktion ←→ Form

1. Akkusativ wird zugewiesen, wenn eine direktive Lesart ausgedrückt werden soll → AKKUSATIV = RICHTUNG → entstehendes Lokalisierungsverhältnis

2. Dativ wird zugewiesen, wenn eine lokale Lesart ausgedrückt werden soll → DATIV = ORT, STELLE → bestehendes Lokalisierungsverhältnis

107

Sprachenvergleich

Im Niederländisch werden beide Lesarten syntaktisch differenziert:

a. de weg [PP [NP het bos] inP ] Direktiv der Weg der Wald in

„der Weg in den Wald”

b. de weg [PP inP [NP het bos]] Lokal der Weg in der Wald

„der Weg im Wald”

108

Didaktisierung

Wechsel-Präpositionen im Sprachförderunterricht (SEK I) (mit dem Bilderbuch Der Löwe in Dir):

1. Visualisierung mit Bewegung

2. Reflexion des Musters: Bildzeichen

3. Spielerisches Üben: mündlich und schriftlich

109

Präpositionen sammeln

110

Der Löwe liegt auf dem Felsen.

Die Antilope ist rechts neben dem Felsen.

Das Zebra ist links neben dem Felsen.

Die Vögel fliegen über dem Felsen.

Das Gras wächst vor dem Felsen.

Die Berge sind hinter dem Felsen.

Die Erde ist unter dem Felsen.

Visualisierung mit Bewegung

In der Turnhalle oder auf dem Schulhof:

Wahlweise: große (verschieden farbige) Hula-Hoop-Reifen auf dem Boden verteilen; mit Kreide große Kreise auf den Boden zeichnen; mit Seilen große Kreise auslegen

Mit einer Handvoll Bewegungsverben Wechsel-Präpositionen einführen/ thematisieren: z.B. springen, hüpfen, schlendern, stampfen, humpeln

111

Visualisierung mit Bewegung

Verschiedene Kreise auf dem Boden:

Lehrkraft demonstriert, spricht und bewegt gleichzeitig; z.B. : Ich springe in den Kreis. Ich springe in dem Kreis hin und her.

Alle zusammen (sprechen und bewegen); z.B.: Wir schlendern in den Kreis. Wir schlendern in dem Kreis hin und her.

Eine Person bewegt (Pantomime), die anderen erraten die Handlung.

112

Visualisierung mit Bewegung

Kreise in unterschiedlichen Farben auf dem Boden; Sprachrunde mit Bewegung:

„Ich schlendere in den gelben Kreis. Alex, was machst du?“ ─

„Ich schlendere in dem blauen Kreis hin und her. Mira, was machst du?“ ─

„Ich schlendere in dem grünen Kreis hin und her. Cem, was machst du?“ ─ usw.

113

Musterreflexion: Bildzeichen

Soll das Muster der Kasusalternation bewusst reflektiert werden, hilft Visualisierung über Bildzeichen.

Auf Plakaten im Klassenzimmer präsent halten:

114

Wechsel-Präpositionen

Akkusativ: Direktiv/Richtung

Dativ: Lokal/Ort

115

Im Präsentationskreis

116

Was macht der Löwe? Der Löwe

stolziert in die Mitte.

Der Löwe stolziert in der Mitte umher.

Wechsel-Präpositionen-Spiel

Karten ausschneiden (wahlweise weitere Karten selbst basteln). Alle grünen Karten kommen in einen ‚grünen‘ Hut, alle gelben in einen ‚gelben Hut‘. Es gibt zwei Bildzeichen-Karten für die direktive und die lokale Lesart; die kommen in einen ‚roten Hut‘. Die blauen Karten (Präpositionalphrasen) werden sichtbar auf den Tisch verteilt.

Einfaches ‚Mensch ärgere dich nicht‘-Spiel mit Erweiterung spielen: Jeder Spieler, der an der Reihe ist, zieht zuerst aus jedem der drei Hüte eine Karte und bildet in der geforderten direktiven oder lokalen Lesart einen passenden Satz im Präsens mit integrierter Präpositionalphrase. Erst wenn der Satz stimmt (Verb und PP passen zueinander; Verbflexion, Satzstellung; Lesart richtig bestimmt), darf gewürfelt werden. Es darf geholfen und soll miteinander über die Bedeutung der gebildeten Sätze gesprochen werden!

Schwierigere (kreativere) Variante: Nur aus rotem und grünem Hut ziehen und Verb und Präpositionalphrase selbst erdenken.

117

Such-Rap Fokus auf lokaler Lesart

In unterschiedlichen Versionen gemeinsam laut sprechen; dabei [meinen Bleistift] und [dem Tisch] wahlweise durch andere passende Phrasen austauschen.

Gemeinsam einen passenden Rhythmus finden; dazu den eigenen Körper oder Instrumente einsetzen.

Gruppenarbeit: Gemeinsam einen eigenen Such-Rap schreiben, einstudieren und vortragen.

Der Such-Rap „Ich finde meinen Bleistift nicht. Wo ist er nur geblieben? Ich suche ihn auf dem Tisch. Ich suche ihn unter dem Tisch. Ich suche ihn hinter dem Tisch. Ich kann ihn nirgends sehen.“ (Anne Berkemeier)

118

Such-Rap Fokus auf lokaler Lesart

Idee entwickelt im EINS-Seminar von Studierenden (Jan Steegmann):

Immer verschwinden meine Sachen! Helft ihr mir suchen!?

Ein Rap braucht einen Rhythmus. Üblicherweise zählt man immer bis 4 ─ also 1,2,3,4; 1,2,3,4 ......

Man fängt auf die 1 an zu sprechen.

Beim Such-Rap spricht man am besten immer abwechselnd.

Lasst uns mal mein Handy finden. Keine Ahnung warum immer deine Sachen verschwinden. Ist es auf dem Tisch? Es ist nicht auf Tisch! Ist es unter dem Tisch? Es ist nicht unter dem Tisch! Ist es in der Tasche? Es ist nicht in der Tasche! Und jetzt kommst du! Was geht dir immer verloren und wo könnte man überall danach suchen? Schreibe deinen eigenen Such-Rap! Viel Spaß!

119

Übung

Wir haben drei Aufgabenformate für die Wechsel-Präpositionen thematisiert:

1. Visualisierung mit Bewegung

2. Brettspiel

3. Such-Rap

Wählen Sie ein Format aus und entwickeln Sie einen eigenen Vorschlag.

120

Universität zu Köln

Fazit

Eckpfeiler ─ Kernthesen

121

Anregung der Vorstellungskraft als Schlüssel für Sprachlernen

In der kreativen Auseinandersetzung mit literarischen Texten (Lesen, Sprechen/ Vortragen, Schreiben) Sprachlernen ganzheitlich gestalten → Kognition, Sinne, Emotionen, Bewegung involvieren

EINS-Projekt: Eckpfeiler ─ Kernthesen

1. Auf Schülerebene → sprachliche und literarische Förderung verknüpfen:

122

Verknüpfung von Theorie und reflektierter Praxis: Theoretisch fundiertes Lehren lernend erproben

Vorbereitung auf zwei Säulen: (a) Fördermaterialien; (b) Integration eigener ästhetischer Erfahrungen → Entwicklung von Varianz-Bewusstheit

EINS-Projekt: Eckpfeiler ─ Kernthesen

2. Auf Studierendenebene → Stärkung des forschenden Lernens; hier Fokus DaZ:

123

Abschlussdiskussion

124

Literaturempfehlungen Alphabetisierung

Busch, Albert / Stenschke, Oliver (2008): Germanistische Linguistik. 2. Aufl. Tübingen: Narr, S. 38-46.

Dehn, Mechthild (2007): Visual literacy und Sprachbildung. In: kjl & m 59; H. 3, S. 11-20.

Ewers, Hans-Heino (2012): Literatur für Kinder und Jugendliche. Eine Einführung in die Grundbegriffe der Kinder- und Jugendliteraturforschung. München: Fink.

Kruse, Norbert / Reichardt, Anke (2016) (Hrsg.): Wie viel Rechtschreibung brauchen Grundschulkinder? Positionen und Perspektiven zum Rechtschreibunterricht in der Grundschule. Berlin: Erich Schmidt Verlag.

Mayer, Andreas (2010): Gezielte Förderung bei Lese- und Rechtschreibstörungen. München: reinhardt.

Spiegel, Carmen / Vogt, Rüdiger (Hrsg.) (2006): Vom Nutzen der Textlinguistik für den Unterricht. Hohengehren: Schneider.

Wildemann, Anja (2015): Heterogenität im sprachlichen Anfangsunterricht. Von der Diagnose bis zur Unterrichtsgestaltung. Seelze: Kallmeyer.

125

Literatur zur Vertiefung: Präpositionen

Zu syntaktischen Kategorien (Wortarten; Phrasen, Wortgruppen), syntaktischen Funktionen (Satzgliedfunktion) und Kasusrektion:

Pittner, Karin und Judith Berman (2015): Deutsche Syntax. Ein Arbeitsbuch. Tübingen: Gunter Narr Verlag (6., durchges. Auflage)

Eisenberg, Peter (2004): Grundriss der deutschen Grammatik. Band 2: Der Satz. Stuttgart: Metzler

Zum Präpositionalobjekt:

• Hinze, Christian und Klaus-Michael Köpcke (2011): „Präpositionalobjekt und Präpositionaladverbial. Vom Nutzen der Prototypentheorie für den Grammatikunterricht“. In: Köpcke, Klaus-Michael und Christina Noack (Hrsg.): Sprachliche Strukturen thematisieren. Sprachunterricht in Zeiten der Bildungsstandards. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren. S. 60-83

Zu Wechsel-Präpositionen (lokale und direktive Präpositionen):

Zifonun, Gisela et al. (1997): Grammatik der deutschen Sprache, Band 3. Schriften des Instituts für deutsche Sprache (ids). Berlin, New York: Walter de Gruyter. S. 2105ff.

126

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