Warum manchmal Katzen vom Himmel fallen... oder... Von guten und von schlechten Modellen...

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 Warum manchmal

Katzen vom Himmel fallen ...

oder... Von guten

und von schlechten Modellen

Hans-Wolfgang Henn

Übersicht

1 Die Operation “Katzen am Fallschirm”

2 Warum Modelle? 3 Winter’sche Grunderfahrungen 4 Modellieren: Chancen und

Gefahren5 Modellieren in der Schule 6 Schlusswort

1 Die Operation “Katzen am Fallschirm”

1 Die Operation “Katzen am Fallschirm”

Erfolgreicher Kampf gegen Moskitos und

Malaria.

1 Die Operation “Katzen am Fallschirm”

Erfolgreicher Kampf gegen Moskitos und

Malaria.

Kakerlaken Geckos Katzen

• Die rücksichtslose Abholzung in vielen Ländern.

• Die Bodenversalzung aufgrund von gedankenlosen künstlicher Bewässerung.

• Der Bau von Atomkraftweriden an erdbeben- gefährdeten Standorten.

• Der unreflektierte Gebrauch neuer chemischer Substanzen.

• die oft recht forschen Manipulationen mit Hilfe der Gentechnologie,

Viele weitere Beispiele solch monokausalen Denkens, also schlechter Modellierung, ließen sich anführen.

2 Warum Modelle?

• Modelle sind vereinfachende Repräsentationen, die nur einen ge- wissen, irgendwie objektivierbaren Teil der Realität berücksichtigen.

• Ein einfaches Beispiel ist eine Landkarte.

• Modelle sind Abbildungen von der Realität in die Mathematik.

• Die Aufgabe eines Modells ist, Folgerungen für die Realität zu ziehen.

• Das Modell muss irgendwohin führen.

Normative Modelle z.B. Einkommensteuer, Wahlmethoden, Regeln für die Fußball-Europa-Meisterschaft ….Deskriptive Modelle Modelle, die vorhersagen (z.B. Wettervorhersage) Modelle, die erklären (z.B. woher kommt der Regenbogen?) Modelle, die beschreiben (z.B. die Entwicklung von HIV)

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Normative Modelle z.B. Einkommensteuer, Wahlmethoden, Regeln für die Fußball-Europa-Meisterschaft ….Deskriptive Modelle Modelle, die vorhersagen (z.B. Wettervorhersage) Modelle, die erklären (z.B. woher kommt der Regenbogen?) Modelle, die beschreiben (z.B. die Entwicklung von HIV)

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Normative Modelle z.B. Einkommensteuer, Wahlmethoden, Regeln für die Fußball-Europa-Meisterschaft ….Deskriptive Modelle Modelle, die vorhersagen (z.B. Wettervorhersage) Modelle, die erklären (z.B. woher kommt der Regenbogen?) Modelle, die beschreiben (z.B. die Entwicklung von HIV)

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Normative Modelle z.B. Einkommensteuer, Wahlmethoden, Regeln für die Fußball-Europa-Meisterschaft ….Deskriptive Modelle Modelle, die vorhersagen (z.B. Wettervorhersage) Modelle, die erklären (z.B. woher kommt der Regenbogen?) Modelle, die beschreiben (z.B. die Entwicklung von HIV)

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• Modelle können mehr oder weniger brauchbar sein (nicht “richtig” oder “falsch”). • “Harte“ Modelle und eher “weiche” Modelle. • Modelle haben stets einen subjektiven Charakter. Sie hängen ab von den gewählten normativen Annahmen. • Damit stets Gefahr von Mißbrauch und Mißinterpretation.

3 Winter‘sche Grunderfahrungen

(GE 1) Erscheinungen der Welt um uns, die uns alle angehen oder angehen sollten, aus Natur, Gesellschaft und Kultur, in einer spezifischen Art wahrzunehmen und zu verstehen,

(GE 2) mathematische Gegenstände und Sachverhalte, repräsentiert in Sprache, Symbolen, Bildern und Formeln, als geistige Schöpfungen, als eine deduktiv geordnete Welt eigener Art kennen zu lernen und zu begreifen,

(GE 3) in der Auseinandersetzung mit Aufgaben Problemlöse- fähigkeiten (heuristische Fähigkeiten), die über die Mathematik hinaus gehen, zu erwerben.

Heinrich Winter (1995):

4 Modellieren: Chancen und Gefahren

• Realitätsorientierte Themen sind kaum Teil des Mathematikunterricht.

• In der didaktischen Diskussion besteht seit langem Überein- stimmung über die Wichtigkeit, Verbindungen zwischen Realität und Mathematikunterricht zu schaffen.

Ich sehe drei wichtige Faktoren, die die Entwicklung einer Modellierungskompetenz bei Lernenden unterstützen, aber auch entscheidend verhindern können: 4. 1 Das Problemfeld “zentrale Prüfungen”,

4.2 der Einsatz von Computern,

4.3 die professionelle Ausbildung und Motivation der Lehrkräfte.

Beispiele:

4 Modellieren: Chancen und Gefahren

Auf einem Schiff sind 26 Schafe und 10 Ziegen. Wie alt ist der Kapitän?

4.1 Das Problemfeld ”zentrale Prüfungen”

Baden-Württemberg , Leistungskurs Mathematik, Analytische Geometrie, 1998:

Szenario mit einer innen begehbaren, senkrechten quadratischen Pyramide aus Holz.

Aufgabenteil c:

Auf einem Schiff sind 26 Schafe und 10 Ziegen. Wie alt ist der Kapitän?

Baden-Württemberg , Leistungskurs Mathematik, Analytische Geometrie, 1998:

Szenario mit einer innen begehbaren, senkrechten quadratischen Pyramide aus Holz.

Aufgabenteil c:

In der Pyramide ist parallel zum Boden eine Platte befestigt, die in der Mitte eine kreisförmige Öffnung mit dem Durchmesser d = 2,4 hat. Ein großer Schaumstoffball hat den Radius r = 1,5. Beim Aufräumen muss der Ball durch die Öffnung nach oben gedrückt werden. In welcher Höhe ist die Platte angebracht, wenn sie sich so weit oben wie möglich befindet und der aufbewahrte Ball entspannt in der Öffnung liegt?

Auf einem Schiff sind 26 Schafe und 10 Ziegen. Wie alt ist der Kapitän?

3

3

Volumen V 9,4m

1m Schaumstoff wiegt etwa 40kg,

also Gewicht 380kg

3

3

Volumen V 9,4m

1m Schaumstoff wiegt etwa 40kg,

also Gewicht 380kg

4.2 Der Einsatz von Computern

Die heutige Computer-Technologie ist für alle drei Winter’schen Grunderfahrungen gleichermaßen hilfreich und wichtig:

• Der Computer ist ein mächtiges Werkzeug zur Unterstützung von Modellbildung und Simulation ( GE 1).

• Der Computer kann den Aufbau von adäquaten Grundvorstellungen zu mathematischen Begriffen unterstützen,insbesondere durch dynamische Visualisierung ( GE 2).

• Der Computer fördert heuristisch-experimentelles Vorgehen beim Problemlösen ( GE 3).

Der Computer macht aber, was er soll – Sinnvolles und Unsinniges!

Schwimm-Weltrekordzeiten (Männer) für 100 m Freistil

Year Time (sec)

1912 61.6

1924 57.4

1957 54.6

1968 52.2

1972 51.22

1976 49.99

1988 48.42

1994 48.21

b ax

cy

1 e

Vier Modellansätze (mit Hilfe des verfügbaren Regressionsbefehl):

lineare Funktion

y = ax+b

Potenzfunktion

y = axb

Exponentialfunktion

y = abx

Logistische Funktion

Year Time (sec)

1912 61.6

1924 57.4

1957 54.6

1968 52.2

1972 51.22

1976 49.99

1988 48.42

1994 48.21

Year Time (sec)

1912 61.6

1924 57.4

1957 54.6

1968 52.2

1972 51.22

1976 49.99

1988 48.42

1994 48.21

Olympische Spiele München 1972

Zunächst Messung mit drei Dezimalen:

Larsson 4:31,981

McKee 4:31,983

v 100 m / 50 sek = 2 m/sek

1/100 Sekunde 2 cm

1/1000 Sekunde 2 mm

4.3 Die professionelle Ausbildung und Motivation der Lehrkräfte

„sieh’ die Welt mit mathematischen Augen“

So weit, so gut!

Aber selbst dieses schöne Problem kann vor lauter Begeisterung an Anwendungen und Modellierung schlecht unterrichtet werden!

Zwei Beispiele:

Höhe des Kalbs

Höhe des Kalbs

Formel

Höhe des Kalbs

Formel

Setze die 5 Zahlen in die Formel ein und addierere

5 Modellieren in der Schule

Mathematisches Modellieren: Gegenseitige Befruchtung von Mathematik und dem “Rest der Welt”

Hierzu sind geeignete Lernumgebungen unabdingbare Voraussetzung.

Lyn English: “rich learning experiences”,authentische Situationen, Chancen für eigene Explorationen, vielfältige Möglichkeiten für Interpretationen.

Einige Beispiele:

 

5.1 Wer die Zahl braucht, hat die Wahl:

Die Zahlengerade ist das wichtigste Modell in der Schule:

Ideale, reale und Computer-Zahlen

5.1 Wer die Zahl braucht, hat die Wahl:

Die Zahlengerade ist das wichtigste Modell in der Schule:

Ideale Zahlen: 2 = 2,0 = 2,00

Ideale, reale und Computer-Zahlen

5.1 Wer die Zahl braucht, hat die Wahl:

Die Zahlengerade ist das wichtigste Modell in der Schule:

Ideale Zahlen: 2 = 2,0 = 2,00

Reale Zahlen: Intervalle, 2 2,0 Intervalle führen zur Fehlerfortpflanzung bei weiteren Rechnungen.

Ideale, reale und Computer-Zahlen

5.1 Wer die Zahl braucht, hat die Wahl:

Die Zahlengerade ist das wichtigste Modell in der Schule:

Ideale Zahlen: 2 = 2,0 = 2,00

Reale Zahlen: Intervalle, 2 2,0 Intervalle führen zur Fehlerfortpflanzung bei weiteren Rechnungen.

Computer-Zahlen: führen ihr ganz eigenes Leben! Leistungsfähigkeit der Prozessoren Fehleranalyse der implementierten Gleichkomma- Arithmetik

Ideale, reale und Computer-Zahlen

Mathematisches Modell für das Reflexionsgesetz

Einfallswinkel: [ - ; + ] Reflexionswinkel: [ - 2; + 2]

Fehler nach n Reflexionen: 2n  Anfangsfehler: Fehler nach 18 Reflexionen > 3600

01

1000

Beispiel für die Fehlerfortpflanzung:

„Beispiel für Computerzahlen“Iterativ erzeugte Punkt-Folge (nach U. Kulisch, TU KA)

Pn(xn/yn), n 0 mit P0(0/0) und

Berechnung der Folgenglieder mit MAPLE

Rechengenauigkeit: Digits = m (m = 5, 10, 15, 20),

2000 Folgenglieder,

jeweils 500 Punkten in schwarz, rot, grün und blau.

Zusammenhang mit „Chaos-Bildern“!

n 1 n n n n+1 nx y sgn(x ) | 3x 36 | , y = 11 - x für n > 0.

5.2 Beispiele von der Praxis für die Praxis

 

Wartungshäuschen

CIA: China hat 1.127.519.327 Einwohner

am 21. März 1991

US Postministerium:

Größe der Eagle Stamp (erschienen am 29. 4. 1985)

48,768 x 43,434 Millimeter

US Postministerium:

Größe der Eagle Stamp (erschienen am 29. 4. 1985)

48,768 x 43,434 Millimeter

1,92 x 1,71 square inches metrische Maße (Umrechnungsfaktor 2,54)

Wie hoch ist der Mount Everest?

• Wie misst man die Höhe eines Berges?

Wie hoch ist der Mount Everest?

• Wie misst man die Höhe eines Berges?

• 1852: Mount Everest höchster Berg auf der Erde mit 29.002 English feed (8840 m)

Zucker-Tütchen

5.3 Prüfungen: Erfassen und Rückmelden von Kompetenz-

zuwachs

Anwendungen und Modellbildung müssen sich auch in Prüfungssituationen widerspiegeln.

Beispiel 1 (5. Klasse): Schreibe eine Aufgabe, in der 2 kg 500 g und 10 Tage vorkommen. Löse dann deine Aufgabe.

Laura will 2 kg 500 g in 10 Tagen verlieren. Wie viel Gewicht muss sie an jedem Tag verlieren?Tim, ein 10 Monate altes Baby, wog vor 10 Tagen 2 kg 500 g. Jetzt wiegt er 4 kg. Um wie viel hat er zugenommen? Ein Baby wiegt 2 kg 500 g. Welches Gewicht wird es in 10 Tagen haben? (Das berechnete Resultat waren 25 kg!) Katrins Pony wiegt 2 kg 500 g. Das Pony isst 1 kg 500 g an einem Tag. Wie groß ist sein Gewicht, wenn es 1 kg 500 g 10 Tage lang isst?

Laura will 2 kg 500 g in 10 Tagen verlieren. Wie viel Gewicht muss sie an jedem Tag verlieren?Tim, ein 10 Monate altes Baby, wog vor 10 Tagen 2 kg 500 g. Jetzt wiegt er 4 kg. Um wie viel hat er zugenommen? Ein Baby wiegt 2 kg 500 g. Welches Gewicht wird es in 10 Tagen haben? (Das berechnete Resultat waren 25 kg!) Katrins Pony wiegt 2 kg 500 g. Das Pony isst 1 kg 500 g an einem Tag. Wie groß ist sein Gewicht, wenn es 1 kg 500 g 10 Tage lang isst?

Die Diskussion der Antworten ist ein wichtiger erster Schritt bei der mathematischen Modellbildung.

Beispiel 2 (7. Klasse): Ein Waschmittelhersteller wirbt mit dem Slogan: „Unser Produkt wäscht 150% weißer“. Nimm zu dieser Aussage Stellung!

Es ist unlogisch, denn 150% von was? Aber die Kunden sind überzeugt, weil es sich viel anhört. Aber eigentlich wäscht sie gar nicht weißer, denn 150% von nichts ist nichts.

Der Slogan ist tückisch, denn man weiß nicht, wie weiß es vorher gewaschen hat oder wie weiß andere Produkte waschen.

Der Slogan ist sinnlos, denn man kennt den Grundwert nicht.

Beispiel 3 (Abschlussklausur): Wie viele Verkehrsschilder gibt es in Dortmund?

● Reflexion darüber, was Mathematik und Welt verbindet.

● Die Wissenschaft Mathematik ist nur scheinbar objektiv.

● Ethische Fragen mathematischen Handelns.

Wittmann: MATHEMATIK Mathematik

Mathematik kann ohne bewusste subjektive Wertentscheidungen eine verantwortungslose

Mechanisierung der Welt fördern.

6 Schlusswort

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