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38 Focus Marketing & Kommunikation 2/07 Benchmarking steigert Erfolg effizient BENCHMARkING Marketing-Benchmarking wird oft als Instrument zur Effizienz- steigerung angepriesen. Benchmarking basiert auf dem Vergleich der Ergeb- nisse vergleichbarer Prozesse. Im Marketing wird dem Benchmarking ein hoher Stellenwert eingeräumt, verlässliche Vergleichsmasstäbe sind hier wichtig . VON RoGER DoBLER* Neben den klassischen Effizi- enzvergleichen wird oft auch der Best-Practice-Ansatz als spezi- fische Form des Benchmarkings betrachtet (Marketing Perfor- mance, Bauer/Stockburger/Ham- merschmidt, Wiesbaden 2006). Die Gegenüberstellung unter- schiedlicher Strategien oder ein- zelner Kampagnen im Marketing verlangt zwingend einen geeig- neten Vergleichsmassstab. Ein Massstab, mit dem das Ergebnis der Umsetzung einer Marketing- aktivität nicht nur gemessen, son- dern auch mit analogen Aktionen verglichen werden kann. Damit eine Vergleichbarkeit grund- sätzlich gegeben ist, sollten die Umgebungsparameter nicht nur beim Beginn einer Beobachtungs- periode, sondern auch während der gesamten Vergleichsperiode identisch sein. Diese idealty- pischen Voraussetzungen wer- den in der Praxis selten erfüllt. Denn statt korrekten Vergleichs- ansätzen wird unter dem Begriff Benchmarking gerne mit Schlüs- selzahlen von Konkurrenten oder Branchen-Kennziffern argumen- tiert. Dass dabei oft Äpfel mit Birnen verglichen werden, zeigen die häufig endlosen Diskussionen über die Interpretation allfälliger Unterschiede oder aber auch identischer Vergleichswerte. Idealer Massstab für Effizienzmessung So werden denn als Vergleichs- massstab oftmals die Grössen Un- ternehmenswert oder Markenwert herangezogen. Diese basieren in ihrer Kalkulation auf Annahmen, die nicht unbestritten sind und deshalb unter kritischen Um- ständen nur schwer oder kaum akzeptiert werden. Als weitere Entscheidungsgrösse für den Vergleich von Marketingaktivi- täten bietet sich der Kundenwert (Customer Equity) an. Wenn alle wesentlichen Aktionen und Re- aktionen mit den Kunden in einer Datenbank erfasst werden, dann kann der Kundenwert relativ ein- fach berechnet werden. Daten- bankgestützte Analysen mittels verschiedener Kostensätze usw. zeigen die Empfindlichkeit auf resp. die Abhängigkeit des wirt- schaftlichen Erfolges von einzel- nen Parametern und geben dem Management Sicherheit in der In- terpretation der Ergebnisse. So ist denn der Kundenwert, berechnet als Customer Lifetime Value CLTV (= diskontierter zukünftiger Kun- denwert) ein idealer Massstab für die Effizienzmessung von Marke- tingkampagnen und –strategien. Vergleichbare Bedingungen wichtig Ein korrektes Benchmarking ver- langt die Vergleichbarkeit der Ausgangslage und der Umge- bungsvariablen während der Be- obachtungsperiode, mit anderen Worten gleiche oder vergleichbare Bedingungen. Konkret bedeutet dies, dass zumindest Zeit, Raum, aber auch Zielgruppen identisch definiert resp. vergleichbar sein müssen. Diese Forderung führt dazu, dass die zu vergleichenden Strategien etc. beim Benchmar- king gleichzeitig und im glei- chen Raum umgesetzt werden müssten, um die Vergleichbarkeit nicht einzuschränken. Soll diese harte Anforderung erfüllt wer- den, dann dürfen die klassischen Kommunikationsmedien wegen ihrer Breitenwirkung nicht in ein Benchmarking-Szenario einbezo- gen werden, damit gegenseitige Störungen vermieden werden. Darum verlangt ein korrektes Benchmarking von Marketingstra- tegie-Ansätzen, dass die wesent- lichen Unterschiede in den Um- setzungsmassnahmen direkt an den Kunden oder Interessenten adressierbar sind. So kann eine gegenseitige Beeinflussung der zu vergleichenden Varianten ausge- schlossen werden. Infolgedessen müssen die unterschiedlichen Kommunikations- und Angebots- formen innerhalb des Marketing- mixes persönlich adressierbar sein. Dies bedeutet wiederum, dass Kunden und/oder Interes- senten identifizierbar sein müs- sen, wenn sich diese bei den zu vergleichenden Strategieansätzen unterscheiden sollen. Die Medien wie Telefon, Mailing, E-Mail und Internet sind dazu prädestiniert, aber auch an Verkaufsstandorten kann dies mittels Kundenkarte einfach realisiert werden. Erfah- rung im Direktmarketing ist hier sicher ein Vorteil. Kundenströme länger beobachten Diese Forderung schränkt gleich- zeitig die Anwendbarkeit statis- tisch korrekter Vergleichstudien ein. Ein korrektes Benchmarking, das die Werbewirkung und Ef- fizienz von klassischen Image- kampagnen aufzeigen soll, ist demzufolge nicht möglich. Ideal für den Vergleich hingegen sind zum Beispiel Kundenbindungs- programme, bei denen auf das individuelle Verhalten der einzel- nen Kunden gezielt eingegangen wird. Das Direktmarketing stellt hier das notwendige Instrumen- tarium zur Verfügung. Im Direktmarketing sind die üblichen Angebots- und Kommu- nikationstests, bei denen im Nor- malfall nur eine Grösse geändert wird, in kürzester Zeit abgeschlos- sen. Im Gegensatz dazu sind Stra- tegietests von langer Dauer und verlangen deshalb zusätzliche Massnahmen resp. Regeln, damit die Testgruppen beispielsweise nicht immer kleiner werden und somit die Aussagekraft der Ergeb- nisse aufgrund der Versuchsan- ordnung reduziert wird. Anders als bei den klassischen Testanla- gen im Marketing, wo Aktionen und Kampagnen getestet werden, legt man hier zwei oder mehrere sogenannte Kundenströme an, die über längere Zeit beobachtet wer- den. Die Zuordnung eines Kun- den oder Interessenten zu einem definierten «Strom» bleibt über die ganze Untersuchungsperiode die gleiche. Demzufolge werden derartige Testanlagen auch als Streamtests bezeichnet. Der Um- fang der einzelnen Streams wird analog der üblichen Testgrössen- bestimmung berechnet.n * Roger Dobler, Teamleader Data Mining & Modelling, AZ Direct AG, Rotkreuz, Crissier, St.Gallen Marktsegment Untersuchungsperiode Stichprobe A Stichprobe B Stichprobe B Stream 1 Stream 2 A B Strategie A Strategie B schematische Darstellung einer stream- Testanlage zum Vergleich zweier unterschied- licher Marketing- strategien.

Benchmarking steigert Erfolg effizient

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Marketing-Benchmarking wird oft als Instrument zur Effizienzsteigerung angepriesen. Benchmarking basiert auf dem Vergleich der Ergebnisse vergleichbarer Prozesse. Im Marketing wird dem Benchmarking ein hoher Stellenwert eingeräumt, verlässliche Vergleichsmasstäbe sind hier wichtig

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38 Focus Marketing & Kommunikation 2/07

Benchmarking steigert Erfolg effizientBENCHMARkING Marketing-Benchmarking wird oft als Instrument zur Effizienz- steigerung angepriesen. Benchmarking basiert auf dem Vergleich der Ergeb- nisse vergleichbarer Prozesse. Im Marketing wird dem Benchmarking ein hoher Stellenwert eingeräumt, verlässliche Vergleichsmasstäbe sind hier wichtig .

VON RoGER DoBLER*

NebendenklassischenEffizi-enzvergleichenwirdoftauchderBest-Practice-Ansatz als spezi-fische Form des Benchmarkingsbetrachtet (Marketing Perfor-mance, Bauer/Stockburger/Ham-merschmidt,Wiesbaden2006).Die Gegenüberstellung unter-schiedlicherStrategienoderein-zelnerKampagnenimMarketingverlangt zwingend einen geeig-neten Vergleichsmassstab. EinMassstab, mit dem das ErgebnisderUmsetzung einerMarketing-aktivitätnichtnurgemessen,son-dernauchmitanalogenAktionenverglichen werden kann. Damiteine Vergleichbarkeit grund-sätzlich gegeben ist, sollten dieUmgebungsparameter nicht nurbeimBeginneinerBeobachtungs-periode, sondern auch währendder gesamten Vergleichsperiodeidentisch sein. Diese idealty-pischen Voraussetzungen wer-den in der Praxis selten erfüllt.Denn statt korrekten Vergleichs-ansätzenwirdunterdemBegriff

BenchmarkinggernemitSchlüs-selzahlenvonKonkurrentenoderBranchen-Kennziffern argumen-tiert. Dass dabei oft Äpfel mitBirnenverglichenwerden,zeigendiehäufigendlosenDiskussionenüberdieInterpretationallfälligerUnterschiede oder aber auchidentischerVergleichswerte.

Idealer Massstab für EffizienzmessungSo werden denn als Vergleichs-massstaboftmalsdieGrössenUn-ternehmenswertoderMarkenwertherangezogen. Diese basieren inihrerKalkulationaufAnnahmen,die nicht unbestritten sind unddeshalb unter kritischen Um-ständen nur schwer oder kaumakzeptiert werden. Als weitereEntscheidungsgrösse für denVergleich von Marketingaktivi-tätenbietetsichderKundenwert(CustomerEquity)an.Wennallewesentlichen Aktionen und Re-aktionenmitdenKundenineinerDatenbank erfasst werden, dann

kannderKundenwertrelativein-fach berechnet werden. Daten-bankgestützte Analysen mittelsverschiedener Kostensätze usw.zeigen die Empfindlichkeit aufresp. die Abhängigkeit des wirt-schaftlichenErfolgesvoneinzel-nen Parametern und geben demManagementSicherheitinderIn-terpretationderErgebnisse.SoistdennderKundenwert,berechnetalsCustomerLifetimeValueCLTV(=diskontierterzukünftigerKun-denwert)einidealerMassstabfürdieEffizienzmessungvonMarke-tingkampagnenund–strategien.

Vergleichbare Bedingungen wichtigEinkorrektesBenchmarkingver-langt die Vergleichbarkeit derAusgangslage und der Umge-bungsvariablenwährendderBe-obachtungsperiode, mit anderenWortengleicheodervergleichbareBedingungen. Konkret bedeutetdies,dasszumindestZeit,Raum,aberauchZielgruppenidentischdefiniert resp. vergleichbar seinmüssen. Diese Forderung führtdazu,dassdiezuvergleichendenStrategien etc. beim Benchmar-king gleichzeitig und im glei-chen Raum umgesetzt werdenmüssten,umdieVergleichbarkeitnichteinzuschränken.Solldieseharte Anforderung erfüllt wer-den,danndürfendieklassischenKommunikationsmedien wegenihrerBreitenwirkungnichtineinBenchmarking-Szenarioeinbezo-gen werden, damit gegenseitigeStörungen vermieden werden.Darum verlangt ein korrektesBenchmarkingvonMarketingstra-tegie-Ansätzen,dassdiewesent-lichenUnterschiede indenUm-setzungsmassnahmen direkt anden Kunden oder Interessentenadressierbar sind. So kann einegegenseitigeBeeinflussungderzuvergleichenden Varianten ausge-schlossenwerden. Infolgedessenmüssen die unterschiedlichenKommunikations-undAngebots-

formeninnerhalbdesMarketing-mixes persönlich adressierbarsein. Dies bedeutet wiederum,dass Kunden und/oder Interes-senten identifizierbar sein müs-sen,wennsichdiesebeidenzuvergleichendenStrategieansätzenunterscheidensollen.DieMedienwieTelefon,Mailing,E-MailundInternet sinddazuprädestiniert,aberauchanVerkaufsstandortenkann dies mittels Kundenkarteeinfach realisiert werden. Erfah-rungimDirektmarketingisthiersichereinVorteil.

Kundenströme länger beobachtenDieseForderungschränktgleich-zeitig die Anwendbarkeit statis-tisch korrekter Vergleichstudienein.EinkorrektesBenchmarking,das die Werbewirkung und Ef-fizienz von klassischen Image-kampagnen aufzeigen soll, istdemzufolgenichtmöglich. Idealfür den Vergleich hingegen sindzum Beispiel Kundenbindungs-programme, bei denen auf dasindividuelleVerhaltendereinzel-nenKundengezielteingegangenwird. Das Direktmarketing stellthier das notwendige Instrumen-tariumzurVerfügung.

Im Direktmarketing sind dieüblichenAngebots-undKommu-nikationstests,beidenenimNor-malfallnureineGrössegeändertwird,inkürzesterZeitabgeschlos-sen.ImGegensatzdazusindStra-tegietests von langer Dauer undverlangen deshalb zusätzlicheMassnahmenresp.Regeln,damitdie Testgruppen beispielsweisenichtimmerkleinerwerdenundsomitdieAussagekraftderErgeb-nisse aufgrund der Versuchsan-ordnung reduziert wird. AndersalsbeidenklassischenTestanla-gen im Marketing, wo AktionenundKampagnengetestetwerden,legtmanhierzweiodermehreresogenannteKundenströmean,dieüberlängereZeitbeobachtetwer-den. Die Zuordnung eines Kun-denoderInteressentenzueinemdefinierten «Strom» bleibt überdieganzeUntersuchungsperiodedie gleiche. Demzufolge werdenderartige Testanlagen auch alsStreamtestsbezeichnet.DerUm-fangdereinzelnenStreamswirdanalogderüblichenTestgrössen-bestimmungberechnet.n

* Roger Dobler, Teamleader

Data Mining & Modelling, AZ

Direct AG, Rotkreuz, Crissier,

St.Gallen

Marktsegment

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Stichprobe A Stichprobe B

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schematische Darstellung einer stream-Testanlage zum Vergleich zweier unterschied-licher Marketing-strategien.