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Die Regelungen zur Produktplatzierung im Rundfunkstaatsvertrag und in den Gemeinsamen Werberichtlinien der Landesme- dienanstalten und ihre Umsetzung im TV. Eine Bestandsaufnahme und erste Einordnung Institut für Medienforschung Göttingen & Köln Mai 2011

Gutachten Product Placement 2011

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Die Regelungen zur Produktplatzierung im

Rundfunkstaatsvertrag und in den

Gemeinsamen Werberichtlinien der Landesme-

dienanstalten und ihre Umsetzung im TV.

Eine Bestandsaufnahme und erste Einordnung

Institut für Medienforschung • Göttingen & Köln

Mai 2011

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Auftraggeber Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten (ALM)

Kommission für Zulassung und Aufsicht der Landesmedien-anstalten (ZAK)

Durchführung Institut für Medienforschung IM•GÖ Düstere Str. 20, 37073 Göttingen Spichernstraße 36, 50672 Köln

Projektleitung Prof. Dr. Helmut Volpers

Projektmitarbeit Uli Bernhard, M.A.

Dr. Elisabeth Clausen-Muradian

Bericht Helmut Volpers, Uli Bernhard, Elisabeth Clausen-Muradian Göttingen, 23.05.2011

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Inhaltsverzeichnis

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Inhalt

1 Einleitung .............................................................................................................. 2

1.1 Problemstellung und Zielsetzung........................................................................2

1.2 Vorgehensweise .................................................................................................3

1.3 Begriffsklärungen zum Regelgerüst ....................................................................6

1.4 Produktdarstellungen in TV-Sendungen, die nicht durch die neue Regelung erfasst sind........................................................................................................12

2 Die Entwicklung von Produktplatzierungen im Deutschen Fernsehen im ersten Jahr nach der Liberalisierung................................................................ 14

3 Ergebnisse der Programmbeobachtung.......................................................... 17

3.1 Produktplatzierungen in der Programmpraxis – Überblick ................................17

3.2 Die inhaltlich-dramaturgische Einbindung der Produktplatzierung in die Sendung ...........................................................................................................20

3.3 Kennzeichnung von Produktplatzierungen........................................................26

3.4 Kennzeichnung von Gewinnspielpartnern.........................................................32

3.5 Kennzeichnung von Produktplatzierungen bei Fremdproduktionen..................33

3.6 Kennzeichnung von Produktionshilfen ..............................................................40

3.7 Ausstatterhinweise............................................................................................50

3.8 „Grenzfälle“ .......................................................................................................55

4 Die Programmpraxis im Kontext der rechtlichen Rahmenbedingungen – eine Einschätzung des gegenwärtigen Regelungskonzepts ........................... 64

5 Zusammenfassung und Fazit ............................................................................ 68

6 Literatur.............................................................................................................. 72

Anhang:

• Leitfragen der ZAK zur Durchführung der Bestandsaufnahme und deren Beantwortung (synoptische Darstellung)

• Liste der visionierten Fernsehsender

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Einleitung

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1 Einleitung

1.1 Problemstellung und Zielsetzung

Der Rundfunkstaatsvertrag (RStV) in der Fassung des 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrages (RÄStV) ist zum 1. April 2010 in Kraft getreten. Er setzt die Regelungen der Richtlinie 2007/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2007 (Richtlinie über Audiovisuelle Mediendienste) zur Änderung der Richtlinie 89/552/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit (Fernsehrichtlinie) in nationales Recht um. Eine der wesent-lichsten Änderungen der Novelle besteht darin, dass nunmehr im Programm privater Fernseh-veranstalter unter bestimmten Bedingungen Produktplatzierungen zulässig sind. In den §§ 2, 7, 15 und 44 enthält der 13. RÄStV erstmals Regelungen zur Produktplatzierung, die ihrer-seits – soweit sie die Programmangebote der privaten Rundfunkveranstalter betreffen – in den von der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) am 23. Februar 2010 be-schlossenen Gemeinsamen Werberichtlinien der Landesmedienanstalten in den Ziffern 1 und 4 konkretisiert worden sind.

Erkennbare Markenprodukte waren bereits vor der letzten Novelle des RStV in deutschen Fernsehprogrammen in verschiedenen Sendungskontexten vorhanden. Zum großen Teil han-delte es sich hierbei um zulässige, da unvermeidbare Darstellungen von Produkten, Marken und Dienstleistungen. Bezahlte Produktplatzierungen waren hingegen bis zum 13. RÄStV unzulässig. Die nunmehr vorgenommene Liberalisierung dieser Regelung bedeutet für das deutsche Rundfunkrecht einen Paradigmenwechsel:

► Deutlich erkennbare Produkte, die gegen Entgelt mit der Absicht, werbliche Wirkung zu entfalten, implementiert werden, sind jetzt – unter bestimmten Voraussetzungen – zuläs-sig.

Allerdings formulierte der Gesetzgeber für diese zulässigen Fälle von Produktplatzierungen Grenzen bzw. knüpft Bedingungen daran. Die wesentlichen Regelungen betreffen zum einen eine Begrenzung auf bestimmte Programmformate und zum anderen eine explizite Kenn-zeichnung der Sendungen, in denen Produktplatzierungen enthalten sind.

Die vorliegende Expertise liefert eine Bestandsaufnahme der Programmpraxis im ersten Jahr seit Bestehen des 13. RÄStV und eine Überprüfung, ob und inwieweit die Normkonkretisie-rung durch die Werberichtlinien Fernsehen der Landesmedienanstalten (WerbeRL) die gebo-tene Berücksichtigung findet. Hierfür wurde vom Oktober 2010 bis zum April 2011 eine in-tensive Visionierung ausgewählter Fernsehsender und Programmstrecken vorgenommen, um Produktplatzierungen zu identifizieren.1

Die aus der Programmbeobachtung resultierenden Funde wurden vor dem Hintergrund der bestehenden Werberichtlinien analysiert. Im Kern ging es hierbei darum zu prüfen, ob und inwieweit die im 13. RÄStV genannten Regelungen für die Zulässigkeit von Produktplatzie-

1 Die Vorgehensweise bei der Programmbeobachtung wird im Kapitel 1.2 detailliert dargelegt.

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Einleitung

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rungen eingehalten werden, wo dies (möglicherweise systematisch) nicht geschieht und wo sich ggf. Grauzonen zeigen. Die Regelungsdichte, die sich aus den Bestimmungen des 13. RÄStV und den entsprechenden Normkonkretisierungen der Landesmedienanstalten und öf-fentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ergibt, stellt für die Veranstalter relativ hohe Anforde-rungen in Bezug auf die Fallkonstellationen, in denen Produktplatzierungen möglich sind und wie sie dramaturgisch zu behandeln sind. Ob ein Produkt redaktionell gerechtfertigt oder nicht gerechtfertigt ist und ob einem Produkt im Sendungsverlauf eine (zu) auffällige Stellung eingeräumt wird, wirft definitorische Fragen auf. Es ist eine Aufgabe der vorliegenden Exper-tise, die Produktionspraxis – vor dem Hintergrund der Werberichtlinien – kritisch zu durch-leuchten. Des Weiteren wird die Einhaltung der unterschiedlichen Kennzeichnungspflichten überprüft. Anhand von Fallbeispielen erfolgt eine Problematisierung der Sendepraxis bzw. des Regelungsgerüsts.

1.2 Vorgehensweise

Um die einleitend dargelegte Forschungsfrage der vorliegenden Expertise beantworten zu können, war es zunächst notwendig, Programmsequenzen mit Produktplatzierungen zu ermit-teln und aus dem Gesamtprogramm zu extrahieren. Aus forschungsökonomischen Gründen war eine komplette Visionierung aller in Deutschland lizenzierten privaten und öffentlich-rechtlichen Fernsehprogramme über den gesamten Erhebungszeitraum nicht realisierbar. Den-noch sollte die Expertise auf einer breiten Erhebungsbasis „aufsetzen“, die es ermöglicht, die Formvarianten der im Beobachtungszeitraum im deutschen Fernsehen eingesetzten Produkt-platzierungen umfänglich zu erfassen. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden für das Visionie-rungskonzept der TV-Programme methodisch zwei Zugänge gewählt:

1. Die komplette Aufzeichnung und Visionierung von zwei künstlichen Programmwochen ausgewählter Fernsehprogramme innerhalb des Erhebungszeitraums.

2. Eine systematische Suche nach Fallbeispielen aufgrund von Vorinformationen über Sen-dungen und Formate, die aus einer umfangreichen Exploration resultierten.

Die beiden beschriebenen Zugänge zu Programmangeboten mit Produktplatzierungen ge-währleisteten jeweils unterschiedliche Funde, so dass durch die Kombination ein verlässliches Abbild der Produktionspraxis in Bezug auf Produktplatzierungen und Produktionshilfen si-chergestellt war:

Im ersten Fall wurde anhand eines Programmvolumens von rund 5.000 Stunden grundsätzlich das Vorhandensein von Produktplatzierungen und Produktionshilfen in allen Formaten ge-prüft. Hierbei konnten ggf. auch solche Produktplatzierungen identifiziert werden, die unzu-lässig sind (z.B. in Nachrichten, Sendungen zum politischen Zeitgeschehen) oder unzulässige Themenplatzierungen im Sinne des § 7 Abs. 7 Satz 1 RStV. Die Stichprobe wurde innerhalb zweier Untersuchungszeiträume gezogen. Für jeden ausgewählten Fernsehsender2 wurde eine erste künstliche Woche aus dem Zeitraum zwischen dem 1. November 2010 und dem 15. Ja-nuar 2011 aufgezeichnet und visioniert. Da sich abzeichnete, dass die Möglichkeit legaler Produktplatzierungen von der Branche zunächst zögerlich angenommen wurde3, fand die Er-

2 Vgl. die Liste der ausgewählten Fernsehsender im Anhang. 3 Vgl. dazu auch Kapitel 2.

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Einleitung

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hebung einer zweiten künstlichen Woche in einem späteren Zeitraum zwischen dem 1. März und dem 15. April 2011 statt. Bei der Sichtung dieser kompletten Aufzeichnung der gesamten Programmstrecke zweier künstlicher Wochen ging es zunächst darum, diejenigen Programm-bestandteile, die im Sinne der Fragestellung nicht relevant sind, herauszufiltern. Zu den nicht visionierten Programmstrecken zählen z.B. Spielfilme mit dem Produktionsjahr vor 2009, Sport-Live-Übertragungen und Werbeblöcke. Diejenigen Programmstrecken, die im Sinne der Leitfragen des Ausschreibungstextes von Bedeutung waren, wurden zunächst auf das Vor-handensein von Produktplatzierungen geprüft. Lagen solche vor, wurden die entsprechenden Sequenzen aus dem Gesamtuntersuchungsmaterial extrahiert und für die anschließenden Ana-lyseschritte (Systematisierung, Bewertung etc.) bereitgestellt.

Im zweiten Fall erfolgte eine anlassbezogene Visionierung derjenigen Formate und Sendun-gen, die besonders affin für Produktplatzierungen und Produktionshilfen erschienen. Um sol-che Sendungen, in denen Platzierungen mit erhöhter Wahrscheinlichkeit zu erwarten waren, zu bestimmen, erfolgte bereits vor dem Zeitraum der eigentlichen Bestandsaufnahme eine explorativ angelegte Recherche und Auswertung der Literatur zur Produktplatzierung im Fernsehen nach der Liberalisierung durch den 13. RÄStV.4 Diese „Desktop Research“ begann bereits vor der Phase der eigentlichen Bestandsaufnahme und wurde während der gesamten Laufzeit des Forschungsprojektes fortgesetzt, so dass eine effektive Lenkung der systemati-schen Programmbeobachtung kontinuierlich gewährleistet war. Auf der Grundlage der festge-stellten Indikatoren für Produktplatzierungen in spezifischen Sendungen und Formaten erfolg-te eine gezielte Aufzeichnung und Visionierung entsprechender Programmstrecken. Dabei entfiel der o.g. Prozess der Abstrahierung und der umfassenden Visionierung und es wurde sofort gezielt nach bestimmten bzw. aufgrund der Kontextinformationen zu erwartenden Pro-duktplatzierungen gesucht. Für die „verdächtigen“ Sendungen wurden zudem Teletext und Websites in Bezug auf Kontextinformationen zu Produktplatzierungen gesichtet. Die systema-tische Suche nach Fallbeispielen umfasste – im Gegensatz zum ersten Feldzugang der voll-ständigen Beobachtung zweier künstlicher Wochen bei ausgewählten Fernsehsendern – alle Programme im deutschen Fernsehen, soweit sie im Sinne der Fragestellung von Bedeutung sind.5

Die nachfolgende Abbildung verdeutlicht die Stichprobenkonzeption:

4 Dies umfasste u.a. Statements, Diskussionen, Ankündigungen, Brancheninterna sowie Marktbeobachtung in

der Fachpresse (z.B. HORIZONT und W&V) sowie diverse Websites aus dem Umfeld der Werbebranche (z.B. www.brandedentertainmentonline.de und www.productplacement.de) bzw. der Werbevermarkter (z.B. www.sevenonemedia.de und www.elcartelmedia.de).

5 Dies gilt nicht für Bürger- bzw. Hochschulfernsehen und Teleshopping-Kanäle. Ausgeschlossen wurden auch Programmangebote des Pay-TV.

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Einleitung

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Das Ergebnis der oben skizzierten Arbeitsschritte war eine Sammlung von Fallbeispielen mit Programmsegmenten, die Produktplatzierungen enthalten. Im nächsten Analyseschritt ging es darum, diese Fallbeispiele zu kategorisieren, zu systematisieren und zu typologisieren. Hier-bei wurde insbesondere der Umfang von Produktplatzierungen bezogen auf Programme, Formate und Sendungen ermittelt. Dabei wurde zunächst nicht unterschieden zwischen zuläs-sigen und ggf. unzulässigen, gekennzeichneten und ggf. nicht gekennzeichneten Produktplat-zierungen.

Vor dem Hintergrund der empirischen Erfassung und Deskription der Fernsehpraxis erfolgte schließlich eine Überprüfung der Normkonformität und Bewertung, inwieweit die Regelungs-konzeptionen in der Praxis „greifen“.

Stichprobenkonzeption

Stichprobe I

komplette Aufzeichnung ausgewählter Programme: je zwei künstliche Wochen

(ca. 5.000 Programmstunden)

Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So

Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So

Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So

P1

P2

P20

1. November

Stichprobe II

anlassbezogene Aufzeichnung (hier auch Sichtung von Teletext und Websites)

15. April

Exploration liefert

Indikatoren für Produkt-

platzierungen

Juli 2010 April 2011

P1 Sendung 2 Sendung n…Sendung 1

P2 Sendung 2 Sendung n…Sendung 1

Pn Sendung 2 Sendung n…Sendung 1

1. Oktober 15. April

P = Programm

15. Dezember 1. März

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Einleitung

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1.3 Begriffsklärungen zum Regelgerüst

Im Kapitel 3 werden die Funde aus der Programmpraxis, bei denen es sich tatsächlich oder vermeintlich um Produktplatzierungen handelt, systematisch vorgestellt und im Hinblick auf ihre Konformität zum Regelungsgerüst überprüft. Da hierbei stets auf den rechtlichen Rah-men rekurriert werden muss, wird nachfolgend eine kurze Bestandsaufnahme der für Pro-duktplatzierungen maßgeblichen Regelungen vorgenommen.

Schematische Regelungsübersicht

Das Darstellen von gewerblichen Waren oder deren Herstellern, von Dienstleistungen oder deren Anbietern außerhalb von Werbesendungen ist zulässig, wenn es aus überwiegend programmlich-dramaturgischen Gründen, insbesondere zur Darstellung der realen Umwelt, sowie zur Wahr-nehmung von Informationspflichten erfolgt (Ziff. 4 Nr. 1 WerbeRL Fernsehen; ähnlich lautend Ziff. 8.3 WerbeRL ARD/WerbeRL ZDF). Dieser Grundsatz folgt aus dem Recht der Programm-freiheit als Kerngehalt der Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG).6

Demgegenüber sind Schleichwerbung, Produkt- und Themenplatzierung sowie entsprechende Praktiken unzulässig (§ 7 Abs. 7 Satz 1 RStV).

• Schleichwerbung ist die Erwähnung oder Darstellung von Waren, Dienstleistungen, Namen, Marken oder Tätigkeiten eines Herstellers von Waren oder eines Erbringers von Dienstleistun-gen in Sendungen, wenn sie vom Veranstalter absichtlich zu Werbezwecken vorgesehen ist und mangels Kennzeichnung die Allgemeinheit hinsichtlich des eigentlichen Zweckes dieser Erwähnung oder Darstellung irreführen kann. Eine Erwähnung oder Darstellung gilt insbeson-dere dann als zu Werbezwecken beabsichtigt, wenn sie gegen Entgelt oder eine ähnliche Ge-genleistung erfolgt (§ 2 Abs. 2 Nr. 8 RStV).

• Produktplatzierung ist die gekennzeichnete Erwähnung oder Darstellung von Waren, Dienst-leistungen, Namen, Marken, Tätigkeiten eines Herstellers von Waren oder eines Erbringers von Dienstleistungen in Sendungen gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung mit dem Ziel der Absatzförderung. Die kostenlose Bereitstellung von Waren oder Dienstleistungen ist Produktplatzierung, sofern die betreffende Ware oder Dienstleistung von bedeutendem Wert ist (§ 2 Abs. 2 Nr. 11 RStV).

• Themenplatzierung definiert der Rundfunkstaatsvertrag nicht. Nach Ziff. 1 Abs. 3 WerbeRL Fernsehen ist Themenplatzierung die Programmintegration werblicher Aussagen bezüglich be-stimmter Produkt- oder Dienstleistungsgattungen gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleis-tung mit dem Ziel der Absatzförderung.

Während Schleichwerbung und Themenplatzierung generell unzulässig sind, erlaubt der Rund-funkstaatsvertrag für Produktplatzierung Ausnahmen (§ 7 Abs. 7, §§ 15, 44 RStV7).

6 Vgl. BVerfGE 59, 231 (258); 87, 181 (201); 89, 144. 7 Der § 7 Abs. 7 und die §§ 15 und 44 gelten nicht für Sendungen, die vor dem 19. Dezember 2009 produ-

ziert wurden (§ 63 RStV).

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A) Für öffentlich-rechtliche und private Programme § 7 Abs. 7 RStV

Schleichwerbung, Produkt- und Themenplatzierung sowie entsprechende Praktiken sind unzuläs-sig. Soweit in den §§ 15 und 44 Ausnahmen zugelassen sind, muss Produktplatzierung folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Die redaktionelle Verantwortung und Unabhängigkeit hinsichtlich Inhalt und Sendeplatz müs-sen unbeeinträchtigt bleiben,

2. die Produktplatzierung darf nicht unmittelbar zu Kauf, Miete oder Pacht von Waren oder Dienstleistungen auffordern, insbesondere nicht durch spezielle verkaufsfördernde Hinweise auf diese Waren oder Dienstleistungen, und

3. das Produkt darf nicht zu stark herausgestellt werden; dies gilt auch für kostenlos zur Verfü-gung gestellte geringwertige Güter.

Auf eine Produktplatzierung ist eindeutig hinzuweisen. Sie ist zu Beginn und zum Ende einer Sendung sowie bei deren Fortsetzung nach einer Werbeunterbrechung oder im Hörfunk durch ei-nen gleichwertigen Hinweis angemessen zu kennzeichnen. Die Kennzeichnungspflicht entfällt für Sendungen, die nicht vom Veranstalter selbst oder von einem mit dem Veranstalter verbundenen Unternehmen produziert oder in Auftrag gegeben worden sind, wenn nicht mit zumutbarem Auf-wand ermittelbar ist, ob Produktplatzierung enthalten ist; hierauf ist hinzuweisen. Die in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten, das ZDF und die Landesmedienanstalten le-gen eine einheitliche Kennzeichnung fest.

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B) Für öffentlich-rechtliche Programme § 15 RStV

Abweichend von § 7 Abs. 7 Satz 1 ist Produkt-platzierung im Rundfunk zulässig

1. in Kinofilmen, Filmen und Serien, Sport-sendungen und Sendungen der leichten Un-terhaltung, die nicht vom Veranstalter selbst oder von einem mit dem Veranstalter ver-bundenen Unternehmen produziert oder in Auftrag gegeben wurden, sofern es sich nicht um Sendungen für Kinder handelt, oder

2. wenn kein Entgelt geleistet wird, sondern lediglich bestimmte Waren oder Dienstleis-tungen, wie Produktionshilfen und Preise, im Hinblick auf ihre Einbeziehung in eine Sendung kostenlos bereitgestellt werden, so-fern es sich nicht um Nachrichten, Sendun-gen zum politischen Zeitgeschehen, Ratge-ber- und Verbrauchersendungen, Sendungen für Kinder oder Übertragungen von Gottes-diensten handelt.

Keine Sendungen der leichten Unterhaltung sind insbesondere Sendungen, die neben unter-haltenden Elementen im Wesentlichen infor-mierenden Charakter haben, Verbrauchersen-dungen und Ratgebersendungen mit Unterhal-tungselementen.

C) Für private Programme § 44 RStV

Abweichend von § 7 Abs. 7 Satz 1 ist Pro-duktplatzierung im Rundfunk zulässig

1. in Kinofilmen, Filmen und Serien, Sportsendungen und Sendungen der leich-ten Unterhaltung, sofern es sich nicht um Sendungen für Kinder handelt, oder

2. wenn kein Entgelt geleistet wird, sondern lediglich bestimmte Waren oder Dienst-leistungen, wie Produktionshilfen und Preise, im Hinblick auf ihre Einbeziehung in eine Sendung kostenlos bereitgestellt werden, sofern es sich nicht um Nachrich-ten, Sendungen zum politischen Zeitge-schehen, Ratgeber- und Verbrauchersen-dungen, Sendungen für Kinder oder Über-tragungen von Gottesdiensten handelt.

Keine Sendungen der leichten Unterhaltung sind insbesondere Sendungen, die neben un-terhaltenden Elementen im Wesentlichen in-formierenden Charakter haben, Verbraucher-sendungen und Ratgebersendungen mit Un-terhaltungselementen sowie Sendungen in Regionalfensterprogrammen und Fensterpro-grammen nach § 31.

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Themenplatzierung

Themenplatzierung definieren die WerbeRL Fernsehen der Landesmedienanstalten8 in Ziff. 1 Abs. 3 als „Programmintegration werblicher Aussagen bezüglich bestimmter Produkt- oder Dienstleistungsgattungen gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung mit dem Ziel der Absatzförderung“. Sie umschreiben damit das, was in der Werbebranche allgemein unter „Generic Placement“ verstanden wird.

Im Vergleich dazu beschreibt der Deutsche Journalisten-Verband9 Themenplatzierung als einen „Unterfall der Produktplatzierung“, bei der „durch Einsatz von Entgelt, noch häufiger aber durch den Einsatz anderer Mittel versucht“ werde, „eine für bestimmte Waren, Dienst-leistungen, Namen, Marken oder Tätigkeiten günstige Berichterstattung zu erreichen und die lancierten Themen durch Medien zu transportieren“. Auch diese Definition könnte ein „Gene-ric Placement“ meinen, lässt sich aber auch so deuten, dass hierunter vornehmlich verbale thematische Platzierungen verstanden werden, die auf konkrete Produkte, Dienstleistungen etc. Bezug nehmen oder Rückschlüsse auf Einzelanbieter/-angebote zulassen (im Unterschied zu den WerbeRL Fernsehen der Landesmedienanstalten wird hier nicht von „-gattungen“ ge-sprochen). Insofern wäre die hier vorgenommene Einordnung der Themenplatzierung als Un-terfall der Produktplatzierung verständlich. „Themenplatzierung“ im Sinne des Rundfunk-staatsvertrages ist dies aber nicht, da der RStV die optische („Darstellung“) und verbale („Er-wähnung“) Herausstellung unter den Begriff der „Produktplatzierung“ fasst, wenn sie sich auf Produkte, Dienstleistungen etc. eines bestimmten Anbieters bezieht bzw. auf einen solchen schließen lässt (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 11 RStV).

In eine generellere Richtung geht der Versuch einer Begriffsbestimmung, die J. Müller-Rüster aus einer Zusammenschau unterschiedlicher Quellen als „die im Interesse und Auftrag eines Dritten gegen eine Leistung erfolgende, zielgerichtete Implementierung von handlungsbe-stimmenden Themen in den dramaturgischen Verlauf eines Fernsehprogramms“ beschreibt.10 Themenplatzierung sei von Produktplatzierung zu unterscheiden, da bei ersterer nur allgemei-ne Aussagen getroffen würden. In der Literatur würden Themenplatzierungen „in der rund-funkrechtlichen ‚Grauzone‘ zwischen unzulässiger Schleichwerbung, erlaubtem Sponsoring und teilweise zulässiger ideeller Werbung verortet“. Diese Umschreibung ist sehr allgemein, weshalb sie sich noch weniger für eine klare Abgrenzung zwischen Produktplatzierung auf der einen und Themenplatzierung auf der anderen Seite eignet, wonach der RStV aber eindeu-tig unterscheidet, wenn er Produktplatzierung unter bestimmten Voraussetzungen zulässt, Themenplatzierung aber generell nicht.

Aus der Gesamtschau dieser Versuche einer Begriffsdeutung lässt sich aber entnehmen, dass Themenplatzierung nicht als ein Unterfall der Produktplatzierung angesehen werden kann, sondern dass Produkt- und Themenplatzierung beide einen Unterfall von Schleichwerbung darstellen, wobei die Platzierung von Themen weiter reichend in die redaktionelle Gestal-

8 Die WerbRL von ARD und ZDF enthalten keine Begriffsbestimmung. 9 DJV-Stellungnahme zur Umsetzung der Richtlinie 2007/65/EG des Europäischen Parlaments und Rates

vom 11.12.2007 zur Änderung der Richtlinie 89/552/EWG – Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-RL); veröffentlicht unter www.djv.de

10 Müller-Rüster (2010), S. 25 (mit weiteren Nachweisen).

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tungsfreiheit der Programmveranstalter eingreift als die Platzierung von Produkten (Waren, Dienstleistungen etc.), nämlich soweit, dass sie Auswahl und Inhalte nicht nur beeinflusst, sondern weitgehend bestimmt. Zugleich kommen thematische Platzierungen unterschwelliger daher als Platzierungen von konkreten Einzelangeboten, da sie innerhalb des redaktionellen Programms von den Zuschauern noch schwieriger als werblich veranlasst wahrgenommen werden können.

Insoweit ist die Regelung des RStV, Themenplatzierung im Unterscheid zur Produktplatzie-rung generell zu verbieten, logisch und konsequent.

Formal lassen sich Themenplatzierung und Produktplatzierung unter Berücksichtigung der vorgenannten Deutungen nach dem Verständnis des Rundfunkstaatsvertrages im Wesentli-chen wie folgt abgrenzen:

• Handelt es sich um die gezielte (optische und/oder verbale) Vermittlung eines positiven Images für Produkt- oder Dienstleistungsgattungen, fällt dies unter den Begriff der The-menplatzierung.

• Handelt es sich um die gezielte (optische und/oder verbale) Vermittlung eines positiven Images für bestimmte oder bestimmbare konkrete Produkte, Dienstleistungen etc., fällt dies unter den Begriff der Produktplatzierung.

Fallen Produkt- und Themenplatzierung zusammen (d.h. wird beispielsweise eine bestimmte Produktgattung besonders thematisiert und gleichzeitig ein konkretes Produkt dieser Gattung oder dessen Hersteller herausgestellt), wird die Präsentation in ihrer Gesamtheit als Produkt-platzierung zu werten sein, da in diesem Falle die gattungsbezogene Thematisierung lediglich die Herausstellung des platzierten Produktes unterstreicht bzw. verstärkt, ihr hier aber neben der Produktplatzierung keine eigenständige Bedeutung zukommt. Allerdings kann die zusätz-liche gattungsbezogene Thematisierung und die damit verbundene Erhöhung der Werbewir-kung dazu führen, dass die Präsentation des Produktes auch dann, wenn sie entsprechend den Vorgaben für die (zulässige) Produktplatzierung gekennzeichnet ist, wegen der besonderen werblichen Herausstellung unzulässig ist. Bei nicht gekennzeichneter Präsentation wird das Zusammentreffen von Produkt- und Themenplatzierung, wenn sie sich auf dieselben oder verbundene Produkte/Produktgattungen bzw. Dienstleistungen/Dienst-leistungsgattungen beziehen, im Regelfall als ein klares Indiz für Schleichwerbung auszumachen sein.

Produktplatzierung in öffentlich-rechtlichen Programmen

Öffentlich-rechtliche Programme dürfen Produktplatzierung nur enthalten in Kinofilmen, Filmen und Serien, Sportsendungen und Sendungen der leichten Unterhaltung, die nicht von der Rundfunkanstalt selbst oder von einem mit ihr verbundenen Unternehmen produziert oder in Auftrag gegeben wurden. Es muss sich also um reine Fremdproduktionen handeln, auf die der öffentlich-rechtliche Veranstalter keinen Einfluss hat. Generell ausgenommen sind Kin-dersendungen. Hier ist also Produktplatzierung auch nicht erlaubt, wenn es sich um eine Fremdproduktion handeln würde (§ 15 Nr. 1 RStV).

Bei Eigen- und Auftragsproduktionen ist Produktplatzierung für öffentlich-rechtliche Pro-grammanbieter nur bei unentgeltlicher Bereitstellung von Produkten und Dienstleistungen erlaubt, sofern es sich nicht um Nachrichten, Sendungen zum politischen Zeitgeschehen, Rat-geber- und Verbrauchersendungen, Sendungen für Kinder oder Übertragungen von Gottes-

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diensten handelt (§ 15 Nr. 2 RStV). Wobei hier zu beachten ist, dass die unentgeltliche Be-reitstellung von Produkten und Dienstleistungen überhaupt erst dann Produktplatzierung i.S. des RStV ist, wenn die betreffende Ware oder Dienstleistung von bedeutendem Wert ist (§ 2 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 RStV). Dies ist sie nach den WerbeRL ARD/ZDF (jeweils Ziff. 9.1.), wenn sie 1% der Programmaufwendungen und den Betrag von 1.000,- Euro überschreitet. Mit anderen Worten: Unentgeltliche Produktionshilfen, die unterhalb dieser Werte liegen, sind keine Produktplatzierung und im Rahmen der redaktionellen Verantwortung unbe-schränkt zulässig. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten müssen somit das Vorhan-densein kostenloser Beistellungen nur kennzeichnen, wenn sie erheblichen Wert haben (über 1.000,- Euro und 1% der Produktionskosten). Eine Kennzeichnungspflicht besteht zudem bei Fremdproduktionen, die Produktplatzierungen enthalten.

Produktplatzierung in Fremdproduktionen

Gemäß § 7 Abs. 7 Satz 3 RStV ist auf eine Produktplatzierung eindeutig hinzuweisen. Dies gilt für Eigen- und Auftragsproduktionen sowie grundsätzlich auch für Fremdproduktionen (vgl. § 7 Abs. 7 Satz 5 RStV). Auch in Fremdproduktionen ist daher grundsätzlich das Vor-handensein von Produktplatzierungen zu kennzeichnen. Die Kennzeichnung muss zu Beginn und zum Ende der Sendung sowie bei ihrer Fortsetzung nach einer Werbeunterbrechung er-folgen und angemessen sein (§ 7 Abs. 7 Satz 4 RStV). „Angemessen“ ist die Kennzeichnung, wenn sie für die Dauer von mindestens 3 Sekunden die Abkürzung „P“ und die Einblendung eines erläuternden Hinweises (z.B. „enthält Produktplatzierung“, „unterstützt durch Produkt-platzierung“; bei unentgeltlicher Produktplatzierung, d.h. Produktionshilfe „von bedeutendem Wert“ auch „unterstützt durch Produktionshilfe“) enthält (vgl. Ziff. 9.4. WerbeRL ARD/WerbeRL ZDF; Ziff. 4 Nr. 7 WerbeRL Fernsehen der Landesmedienanstalten).

Allerdings ist es für die Veranstalter bei Fremdproduktionen nicht unbedingt ohne Weiteres erkennbar, ob die Produktion Produktplatzierungen enthält. Für diesen Fall sieht der RStV in § 7 Abs. 7 Satz 5 ebenfalls Regelungen vor, die in Kap. 3.5 näher erläutert werden.

Sendungen, die vor dem 19.12.2009 produziert wurden

Auf Sendungen, die vor dem 19.12.2009 produziert worden sind, finden die Regelungen zur Produktplatzierung gemäß der Übergangsbestimmung des § 63 RStV keine Anwendung. Dies betrifft sowohl die grundsätzliche Zulässigkeit von Produktplatzierungen als auch die Ver-pflichtung zur Kennzeichnung.11 Das heißt, diese Sendungen sind allein nach der Rechtslage zu beurteilen, die vor dem Inkrafttreten des 13. RÄStV bestand. Hiernach galt das Verbot von Schleichwerbung uneingeschränkt.12 Ausnahmeregelungen zur Produktplatzierung gab es nicht. Das bedeutet, eine Produktplatzierung, die nach der alten Rechtslage den Tatbestand der Schleichwerbung erfüllt, ist bei Produktionen, die vor dem 19.12.2009 entstanden sind,

11 So die Amtliche Begründung zu § 63 RStV, die sich hier auch auf die entsprechende Übergangsregelung in

Art. 3g Abs. 4 der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-RL) beruft. 12 Nach § 2 Abs. 2 Nr. 6 RStV (alte Fassung) ist Schleichwerbung „die Erwähnung oder Darstellung von

Waren, Dienstleistungen, Namen, Marken oder Tätigkeiten eines Herstellers von Waren oder eines Erbrin-gers von Dienstleistungen in Programmen, wenn sie vom Veranstalter absichtlich zu Werbezwecken vorge-sehen ist und die Allgemeinheit hinsichtlich des eigentlichen Zwecks dieser Erwähnung oder Darstellung irreführen kann. Eine Erwähnung oder Darstellung gilt insbesondere dann als zu Werbezwecken beabsich-tigt, wenn sie gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erfolgt“.

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auch heute allein nach diesen Kriterien zu beurteilen. Sie kann nicht durch eine Kennzeich-nung nach den neuen Regelungen zur Produktplatzierung nachträglich „zulässig“ gemacht werden. In diesem Fall kann der Veranstalter eine Altproduktion nur in einer um die unzuläs-sigen Platzierungen bereinigten Fassung erneut ausstrahlen.

Kennzeichnung von Produktionshilfen mit geringfügigem Wert

Auch Produktionshilfen mit geringfügigem Wert sind zu kennzeichnen, wenn sie gegen Ent-gelt oder eine ähnliche Gegenleistung zur Verfügung gestellt wurden. Allein bei der unent-geltlichen Bereitstellung von Produkten und Dienstleistungen entfällt die Kennzeichnungs-pflicht, wenn die betreffende Ware oder Dienstleistung nur von geringfügigem Wert ist (wenn sie also 1% der Produktionsaufwendungen und den Betrag von 1.000,- Euro nicht überschrei-tet; vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 RStV i.V.m. Ziff. 1 Abs. 2 Nr. 2 WerbeRL Fernsehen/Ziff. 9.1. WerbeRL ARD/WerbeRL ZDF). In diesem Fall handelt es sich dann nämlich nicht um Produktplatzierung, dementsprechend besteht auch keine Kennzeichnungspflicht.

1.4 Produktdarstellungen in TV-Sendungen, die nicht durch die neue Rege-lung erfasst sind

Im deutschen Fernsehen gehören Produktplatzierungen zu den ältesten werblichen Erschei-nungsformen. Bereits im Jahr 1956 – noch vor der Einführung des Werbefernsehens (1955) – wurden Produktplatzierungen in Sportsendungen beobachtet.13 Im deutschen Rundfunkrecht existierte bis zum 13. RÄStV keine Legaldefinition für „Product Placement“ bzw. „Produkt-platzierung“. Die mannigfachen Erscheinungsformen von Produkten, Firmenlogos, Marken-namen und Dienstleistungsunternehmen, die im Kontext von Fernsehsendungen erkennbar sind, wurden überwiegend als unvermeidbar angesehen. Fälle von gezielter und bezahlter Produktplatzierung innerhalb von Fernsehsendungen wurden hingegen als Schleichwerbung gewertet. Eine dritte Gruppe von Produktplatzierungen – die vermeidbare, aber unbezahlte – wurde in der Regel toleriert. Die Regelungen des 13. RÄStV beziehen sich nur auf vermeid-bare und bezahlte Produktplatzierungen sowie Produktionsbeihilfen von besonderem Wert. Im letzteren Fall entsteht aufgrund des geldwerten Vorteils ebenfalls eine „Bezahlung“, so dass vereinfacht gefolgert werden kann:

► Der RStV definiert Produktplatzierungen als vermeidbare und bezahlte Implementierung von Produkten, Marken und Firmendarstellungen in Fernsehsendungen.

Mit dieser Definition wird allerdings ein Großteil der im Fernsehen sichtbaren Produkte, Marken und Firmen nicht erfasst. Hierbei handelt es sich um

1. unvermeidbares und unbezahltes Placement sowie

2. vermeidbare und unbezahlte Produktplatzierung.

Der Typ 1, die unvermeidbare und unbezahlte Darstellung von Produkten, liegt auf den ersten Blick außerhalb der Einflussnahme der Rundfunkveranstalter. In der gesellschaftlichen Reali-tät nehmen Konsumgüter einen immer größeren Stellenwert ein, so dass eine realitätsnahe

13 Vgl. Volpers/Bernhard/Schnier (2008), S. 96.

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Einleitung

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Darstellung der „Wirklichkeit“ ohne die Darstellung von Produkten in vielen Formaten kaum möglich sein dürfte. Hiervon sind gerade solche Formate betroffen, in denen bezahlte Pro-duktplatzierungen auch nach der neuen Rechtslage unzulässig sind, wie Informations- und Verbrauchersendungen.

Der Typ 2, die vermeidbare und unbezahlte Platzierung von Produkten, ist ebenfalls Reflex auf die Bedeutung von Produkten für das Berichterstattungsgeschehen. So ist z.B. der Hin-weis auf und die optische Präsenz des neuen Buchs oder der neuen CD eines Künstlers grund-sätzlich vermeidbar, ist aber im Kontext einer Kultursendung plausibel und trotz der werbli-chen Wirksamkeit, die sie entfalten mag, zulässig.

Nur die vermeidbare und bezahlte Produktplatzierung fällt vordergründig betrachtet in den Regelungsbereich der neuen Bestimmungen und ist somit unter bestimmten Bedingungen ebenfalls zulässig. Im Falle der Zulässigkeit wäre dann eine Kennzeichnung notwendig. Fak-tisch liegt die Vermeidbarkeit von Produktplatzierung zunächst in den Händen der Produzen-ten und nicht beim Veranstalter. Hierdurch entsteht zwangsläufig bei Fremdproduktionen eine Problemzone – können sie doch eine Fülle von Produktplatzierungen enthalten, auf die der Veranstalter keinen Einfluss hat. Zwar muss er auf die Tatsache oder Möglichkeit des Vor-handenseins von Produktplatzierungen hinweisen, allerdings kann dies an „versteckter Stelle“ im Teletext oder Webauftritt erfolgen. Zudem besteht über passives Sponsoring im Sport ein breites Einfallstor für Produktplatzierungen in Fernsehsendungen, allerdings erfolgt die Be-zahlung hier „am Veranstalter vorbei“.

Die Beispiele zeigen, dass es eine Fülle von erkennbaren Produkten im Fernsehprogramm gibt, auf welche die neue Regelung nicht anwendbar ist. Für den durchschnittlichen Zuschau-er dürfte in der Flüchtigkeit der normalen Rezeptionssituation der Unterschied zwischen zu-lässiger, aber vermeidbarer bezahlter Produktplatzierung sowie unvermeidbarer oder ver-meidbarer unbezahlter kaum eine Rolle spielen. Für die Veranstalter hingegen eröffnen sich durch die Vielzahl der Kontexte, in denen Produkte im Programm auftauchen können, Grau-zonen bzw. es bilden sich Hybridformen aus. Die Medienaufsicht wird hierdurch verstärkt gefordert, da es nun zu entscheiden gilt, ob eine Darstellung von Produkten in zulässiger oder unzulässiger Weise erfolgt. Im Prinzip war diese Situation bereits vor der Novelle des 13. RÄStV gegeben, sie tritt nunmehr nur schärfer hervor. Im Kapitel 3.8 erfolgt daher anhand von Fallbeispielen eine Problematisierung der entsprechenden Sendepraxis.

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Eie Entwicklung von Produktplatzierungen …

14

2 Die Entwicklung von Produktplatzierungen im Deutschen Fernsehen im ersten Jahr nach der Liberalisierung

Im Kontext der vorliegenden Expertise wurde neben der Programmbeobachtung eine Auswer-tung der aktuellen Publikationen zur brancheninternen Diskussion über die Liberalisierung von Produktplatzierungen im Fernsehen durchgeführt. Im Ergebnis zeigt sich, dass bisher sowohl bei den Werbetreibenden als auch bei den Produzenten und Programmverantwortli-chen eine gewisse Zurückhaltung im Hinblick auf die Platzierung von Produkten in Fernseh-sendungen vorherrscht. Hierfür sind mehrere Gründe zu nennen:

Die Frage, wie die durch Produktplatzierungen erlösten Einnahmen zwischen Produzenten und Sendern verteilt werden, ist bisher nicht beantwortet.14 Ungeklärt ist in diesem Zusam-menhang insbesondere, nach welchen Kriterien der erhöhte Aufwand für die Produzenten abgerechnet werden soll.15 Folglich konstatierte im April 2010 ein anonymer Branchenin-sider: „Die Produzenten zieren sich, solange nicht klar ist, wie viel Geld sie bekommen.“16

Zum anderen scheint der erhebliche Aufwand, der für Produktplatzierungen betrieben werden muss, ein bedeutsamer Hemmschuh. Vor allem die Produzenten gehen von einem großen Mehraufwand aus, da die Vertreter des jeweiligen Werbekundens am Set betreut werden müs-sen und eine intensivere juristische Beratung notwendig ist.17 Zudem müssen die Platzierun-gen bereits frühzeitig in das Drehbuch eingearbeitet werden.18 Sabine Eckhardt, Geschäftsfüh-rerin der ProSieben-Sat.1-Werbetochter „Seven One AdFactory“ konstatiert:

„Das Potenzial [von Product Placement] wird in der öffentlichen Diskussion bei weitem höher eingeschätzt, als es in der Realität sein wird. Product Placement ist eine sehr auf-wendige Form der Werbung, die bei allen Beteiligten einen nicht unerheblichen organi-satorischen Aufwand verursacht.“19

Ein weiterer Grund für die Zurückhaltung auf Seiten der Veranstalter erklärt sich mit der Be-fürchtung, dass Produktplatzierungen „klassische“ Werbeformen, insbesondere die Spots, verdrängen könnten und somit ein Abwandern der Etats in den Bereich der Produktion statt-findet.20 Nicht zuletzt aus diesem Grund weisen die Werbevermarkter der Sender darauf hin, „dass ein Placement einen klassischen Spot nicht ersetzen kann. Beide Maßnahmen müssen Hand in Hand gehen. Ein Placement sollte immer Teil einer Kampagne sein“21.

Die ARD-Anstalten verzichten nach eigenen Angaben häufig auf kennzeichnungspflichtige Produktionshilfen, da sie negative Reaktionen der Zuschauer auf das „P“-Logo befürchten.

14 Vgl. beispielsweise Paperlein (2010); Tieschky (2011); Voß (2010b). 15 Vgl. Voß (2010b), S. 1f. 16 Zitiert nach Paperlein (2010), S. 27. 17 Vgl. Voß (2010b), S. 1. 18 Vgl. Bialek/Siebenhaar (2010), S. 1. 19 Sabine Eckhardt, zitiert nach Bialek/Siebenhaar (2010), S. 1. 20 Vgl. Bell (2010). 21 Sabine Eckhardt, Geschäftsführerin des ProSiebenSat1-Werbevermarkters „SevenOne“, zitiert nach Gan-

gloff (2010), S. 1f. Ähnliche Zitate finden sich beispielsweise in Voß (2010a).

Page 17: Gutachten Product Placement 2011

Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Eie Entwicklung von Produktplatzierungen …

15

Der Intendant des Südwestrundfunks (SWR), Peter Boudgoust, äußert sich beispielsweise wie folgt: Es gebe zwar weiterhin entsprechende Angebote,

„da mich allerdings stört, dass wir gegebenenfalls wegen einer verhältnismäßig kleinen Leistung das jeweilige Programm mit dem Kürzel ‚P‘ kennzeichnen müssen, habe ich intern mit den Kollegen vereinbart, dass wir diese Autos [für die Krimiserie ‚Tatort’] künftig für die Dauer der Dreharbeiten anmieten. Das verteuert zwar die Produktions-kosten ein wenig, aber mit Blick auf die Gesamtkosten fällt es nicht groß ins Ge-wicht“22.

Aus Sicht werbetreibender Unternehmen und der Media-Agenturen schließlich erscheinen Produktplatzierungen häufig als überteuert. So kommt ein Geschäftsführer einer PR- und Pla-cementagentur zu der Einschätzung: „Die Anforderungen der Vermarkter sind extrem hoch, man verlangt für ein Placement das Zwei- bis Dreifache eines Werbespots, bewegt sich also im sechsstelligen Bereich.“23 Zur Unsicherheit in Bezug auf die Preise trägt auch bei, dass ein einheitlicher Tarif-Maßstab – wie er für die Spotwerbung im Tausender-Kontaktpreis existiert – für die Platzierung von Produkten bisher fehlt.24 Dazu kommt, dass die Werbewirkung von Placements bzw. deren Effizienz fraglich ist. Eine Befragung von über 400 werbetreibenden Unternehmen und Werbeagenturen durch den RTL2-Vermarkter „El Cartel Media“ kommt zu dem Ergebnis, dass für rund 50 Prozent der Unternehmen und Agenturen die unsichere Wer-bewirkung und der problematische Imagetransfer Hinderungsgründe darstellen, bisher keine Produktplatzierungen durchgeführt zu haben.25 Zudem meiden viele Unternehmen die Werbe-form „Product Placement“, da sie fürchten, ihre Marke könne durch eine falsche Inszenierung beschädigt werden bzw. in Verbindung mit „Schleichwerbeskandalen“ gebracht werden.26 Auch die Bestimmung, dass Platzierungen ausschließlich in Sendungen der „leichten Unter-haltung“ legal sind, sofern es redaktionell gerechtfertigt ist, schränkt die Möglichkeiten ein, Produkte in ein passendes Programmumfeld möglichst glaubhaft einzubinden. Mathias M. Alefeld, Geschäftsführer einer Placement-Agentur konstatiert: „Das Angebot ist sehr klein und unbefriedigend. […] RTL bietet ausgewählten Kunden sehr wenig zu stark überhöhten Preisen und ProSiebenSat.1 nur bestimmte, zum Teil wenig interessante Umfelder.“27

Vor diesem Hintergrund versuchen die Vermarkter zunehmend, die Bedenken der potenziel-len Werbekunden zu zerstreuen und betreiben gezielte PR für das Werbeinstrument „Product Placement“, indem sie beispielsweise Befunde vorlegen, denen zufolge Produktplatzierungen positive Effekte für die Markenbekanntheit und das Image des Werbenden haben.28 Dennoch ist mit dem „großen Durchbruch“ von Produktplatzierungen im deutschen Fernsehen in ab-sehbarer Zeit eher nicht zu rechnen: „Nach wie vor herrscht bei Marketingverantwortlichen eine große Unsicherheit über Möglichkeiten und Grenzen, vor allem aber auch über die opera-tive Umsetzung.“29 Um diese Unsicherheiten abzuschwächen und einheitliche Richtlinien zu

22 Peter Boudgoust, zitiert nach o.V. (2010b), S. 1. 23 Matthias M. Alefeld, Geschäftsführer der Agentur „MA Media“, zitiert nach Gangloff (2010), S. 1. 24 Vgl. Tieschky (2011). 25 Vgl. El Cartel Media (2010), S. 16. 26 Vgl. Paperlein (2010). 27 Matthias M. Alefeld, Geschäftsführer der Agentur „MA Media“, zitiert nach o.V. (2010a), S. 1. 28 Vgl. Paperlein (2011a). 29 Kettmann (2011), S. 1.

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Eie Entwicklung von Produktplatzierungen …

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vereinbaren, verhandeln derzeit u.a. der Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT) mit der Produzentenallianz sowie Vertretern der werbetreibenden Wirtschaft über einen ge-meinsamen Verhaltenskodex für Produktplatzierungen. In einer unverbindlichen Protokoller-klärung zum 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrag forderten die Ministerpräsidenten eine ent-sprechende Selbstverpflichtung. Darin sollen insbesondere Grundregeln festgelegt werden, die die redaktionelle Unabhängigkeit sichern.30 Bis zum Redaktionsschluss der vorliegenden Expertise konnten sich die Beteiligten allerdings nicht auf ein gemeinsames Ergebnis einigen. Allerdings bot die ProSiebenSat.1 Media AG den Produzenten im Februar 2011 an, pauschal 22 Prozent des Erlöses von Produktplatzierungen zu überlassen.31 Dagegen will die RTL-Gruppe die Vergütung für die Produzenten von Fall zu Fall regeln.32

30 Vgl. Paperlein (2011b). 31 Vgl. Produzentenallianz (2011). 32 Vgl. Schader (2011c).

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung

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3 Ergebnisse der Programmbeobachtung

3.1 Produktplatzierungen in der Programmpraxis – Überblick

Im vorhergehenden Kapitel wurde dargelegt, dass sich aus Branchensicht das Werbeinstru-ment „Produktplatzierung“ im deutschen Fernsehmarkt bislang noch nicht entscheidend durchsetzen konnte. Diese Einschätzung der Akteure aus dem Werbemarkt wird durch die durchgeführte Programmbeobachtung bestätigt:

► Als erster zentraler Befund dieser Studie lässt sich festhalten, dass eine flächendeckende Durchdringung des deutschen Fernsehprogramms mit Produktplatzierungen im Sinne der Definition des Rundfunkstaatsvertrages derzeit nicht gegeben ist.

Dieser Umstand relativiert die nachfolgend vorgenommene Typologisierung, die aufgrund der geringen Fallzahl an Platzierungen lediglich grundlegende Muster herausarbeiten kann.

Nachstehend werden zunächst diejenigen Fallbeispiele vorgestellt, bei denen es sich eindeutig um eine Platzierung von Produkten in Fernsehsendungen handelt, die im Untersuchungszeit-raum zwischen dem 1. November 2010 und dem 15. April 2011 ausgestrahlt wurden. Hierbei wird zunächst nicht zwischen zulässigen und ggf. unzulässigen, gekennzeichneten und ggf. nicht gekennzeichneten Produktplatzierungen unterschieden.

Insgesamt wurden im Untersuchungszeitraum lediglich 13 Serien/Reihen und 3 Einzelsen-dungen beobachtet, in denen eindeutig Produktplatzierungen identifizierbar waren (vgl. die nachfolgende Übersicht)33 bzw. in denen entsprechende Kennzeichnungen vorhanden wa-ren.34 Nicht in der Übersicht enthalten sind diejenigen Fälle, in denen „Produktionshilfen“ gekennzeichnet wurden; auf sie wird in Kap. 3.6 eingegangen.

Es zeigt sich erwartungsgemäß, dass – mit einer Ausnahme – sämtliche Platzierungen im pri-vaten Fernsehen stattgefunden haben. Es fällt auf, dass insbesondere die Sender der ProSie-benSat.1 Media AG auf diese Form der Refinanzierung zurückgreifen: So wurden für die Sender ProSieben, Sat.1, kabeleins und sixx zehn Reihen und eine Einzelsendung ausfindig gemacht. Für die RTL-Gruppe ließen sich lediglich drei Reihen und eine Einzelsendung mit Platzierungen ermitteln. Für RTL (den Hauptsender) wurde im Untersuchungszeitraum ledig-lich eine Produktplatzierung – nämlich im Finale der Castingshow „Das Supertalent“ – beo-bachtet.35 Dies lässt auf eine deutlich größere Zurückhaltung der RTL-Gruppe schließen, die zudem derzeit nicht bereit ist, die Produzenten an Placement-Erlösen zu beteiligen.36

33 Dabei handelt es sich wohlgemerkt um Reihen/Sendungen mit Produktplatzierungen, nicht um eine Aufzäh-

lung der einzelnen Placements. So enthalten manche Formate, wie etwa „Germany’s next Topmodel“ oder „Zuhause im Glück“, Platzierungen mehrerer Markenprodukte, die nicht immer in jeder Folge auftreten.

34 Es ist nicht in jedem Fall möglich, bei einer gekennzeichneten Sendung auch alle platzierten Produkte ein-deutig zu identifizieren.

35 Vgl. dazu auch Schader (2011a); Schader (2011b). 36 Vgl. Schader (2011c). Ein Indikator für die bislang vorherrschende Zurückhaltung der RTL-Gruppe kann

auch darin gesehen werden, dass der RTL-Werbevermarkter IP-Deutschland erst seit Frühjahr 2011 in sei-nem Webauftritt explizit für Product Placement wirbt. Dagegen pries die Website des ProSieben-Sat.1-

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung

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Übersicht – Im Untersuchungszeitraum festgestellte Produktplatzierungen in Serien und Einzelsendungen

Sendungstitel Sender Genre Produkt/Produktgattung

Serien/ Reihen/ Formate

„Anna und die Liebe“ Sat.1 Daily Soap C&A-Mode / McCafé

„Deutschlands Meister-koch“

Sat.1 Kochsen-dung/ Reihe

Siemens-Küchenausstattung / Real-Supermarkt

„Hand aufs Herz“ Sat.1 Daily Soap Musical „Sister Act“

„The Mentalist“ Sat.1 Krimiserie Automarke Chevrolet

„Schlag den Raab“ ProSieben Spielshow Automodell Opel Astra

„Germany’s next Topmo-del“

ProSieben Castingshow Diverse (u.a. mehrere Modelabel, Evi-an-Wasser, Mentos-Bonbons, Samso-nite-Koffer etc.)

„Die Model-WG“ ProSieben Castingshow Otto-Mode

„Fashion & Fame – Design your dream!“

ProSieben Designer Castingshow

Otto-Mode

„Jumbos Würstchen-millionär“

kabeleins Castingshow/ Doku Soap

Obi-Baumarkt

„Das Supertalent“ RTL Castingshow „Xbox 360“-Spielekonsole

„Zuhause im Glück“ RTL2 Doku Soap Baubedarf (Velux-Fenster) Einrich-tungsgegenstände (Küchen-Nolte, Ikea etc.), Hertz-Autovermietung

„Die Wollnys – Eine schrecklich große Familie“

RTL2 Doku Soap Campingplatz

„Zacherl – Einfach kochen“ sixx Kochsen-dung/ Reihe

Lebensmittel (v.a. Iglo-Produkte)

Einzelsendungen

„Neujahrskonzert“ ZDF Konzertüber-tragung

Kreuzfahrtschiff („Mein Schiff“) der Reederei Tui Cruises

„Glückstreffer – Anne und der Boxer“

Sat.1 Spielfilm – Nicht zu identifizieren –

„The Dome“ RTL2 Musik-sendung

Computerspiel „Just Dance 2“

Vermarkters SevenOne Media schon sehr bald nach der Legalisierung im April 2010 Produktplatzierungen als Werbeinstrument an.

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung

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Bezüglich der Sendeformate ist zu konstatieren, dass sich keine Programmformate herauskris-tallisiert haben, die besonders geeignet oder affin für Produktplatzierungen erscheinen. Auf-grund der geringen Fallzahl lassen sich auch hier lediglich Tendenzen referieren:

• Im Untersuchungszeitraum ließen sich u.a. Placements in zwei Daily Soaps („Anna und die Liebe“ sowie „Hand aufs Herz“, beide Sat.1), zwei Doku Soaps („Zuhause im Glück“ sowie „Die Wollnys – Eine schrecklich große Familie“, beide RTL2) und zwei Kochsen-dungen (Reihen) („Deutschlands Meisterkoch“, Sat.1, sowie „Zacherl – Einfach kochen“, sixx) nachweisen.

• Die meisten Produktplatzierungen fanden sich allerdings in Castingshows („Die Model WG“, „Germany’s next Topmodel“, „Fashion & Fame“, alle ProSieben, „Jumbos Würst-chenmillionär“, kabeleins, sowie „Das Supertalent“, RTL).

Womöglich ist letztgenanntes Format bezüglich der Einbindung von Markenprodukten in den Sendungs- bzw. Handlungsablauf am flexibelsten und unkompliziertesten. So lassen sich hier Produktplatzierungen vergleichsweise spontan vornehmen, da die Abstimmung mit Dreh-buchautoren, Regisseuren oder Künstlern relativ unaufwändig und die Rücksichtnahme auf Dramaturgie bzw. Handlung kaum nötig ist. Dies belegt beispielsweise die Platzierung der Microsoft-Spielekonsole „Xbox 360“ in der RTL-Castingshow „Das Supertalent“. Dieses Placement war ursprünglich für die Übertragung eines Boxkampfes geplant. Da dieser kurz-fristig abgesagt wurde, mussten die Verantwortlichen innerhalb kurzer Zeit umdisponieren und entschieden sich für die genannte Castingshow als Alternativformat.37 Dagegen erfordern Produktplatzierungen in Spielfilmen deutlich mehr Planungs- und Koordinationsaufwand so-wie zeitlichen Vorlauf.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass Produktplatzierungen im Untersuchungszeitraum aus-schließlich in Formaten der „leichten Unterhaltung“, Seifenopern, Spielfilmen, Musiksendun-gen und Konzertübertragungen ausfindig gemacht wurden. Dies entspricht den Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrages.

► Placements in Formaten mit Informationscharakter – wie insbesondere Nachrichten, Sendungen zum politischen Zeitgeschehen sowie Ratgeber- und Verbrauchersendungen –, in Programmstrecken für Kinder oder in Übertragungen von Gottesdiensten konnten nicht identifiziert werden. Mit anderen Worten: Die Veranstalter haben sich in diesem Punkt regelkonform verhalten.

Was vorstehend für die Sendeformate konstatiert wurde, hat auch Gültigkeit für die platzier-ten Gegenstände:

► Es lassen sich keine Produkte oder Produktgruppen benennen, die signifikant häufiger als andere in das Fernsehprogramm integriert wurden.

Die Bandbreite der Waren ist sehr vielfältig und reicht von Küchengeräten (Siemens-Herde), Lebensmitteln (Evian-Mineralwasser, Iglo-Tiefkühlkost) über Baubedarf (Velux-Fenster) sowie verschiedene Modelabels, Fahrzeuge (Opel, Chevrolet) und Unterhaltungselektronik

37 Vgl. Schader (2011a).

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung

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(„Xbox 360“-Spielekonsole, Computerspiel „Just Dance 2“) bis hin zu ausgefallenen „Ge-genständen“ wie einen Campingplatz oder Kreuzfahrtschiffe beziehungsweise Reiseveranstal-ter. Es ist zu beobachten, dass nicht ausschließlich konkrete Produkte platziert werden. Viel-mehr finden auch Markennamen wie das Bekleidungsgeschäft „C&A“, die Café-Kette „McCafé“, die „Real“-Supermärkte oder „Obi“-Baugeschäfte Eingang in das Programm, ohne dass spezifische Produkte dieser Firmen dargestellt werden.

3.2 Die inhaltlich-dramaturgische Einbindung der Produktplatzierung in die Sendung

Wie eingangs erläutert, gelten für zulässige Produktplatzierungen bestimmte Anforderungen an die Gestaltung bzw. die inhaltlich-dramaturgische Einbindung der platzierten Produkte. So sind laut § 7 Abs. 7 RStV Produktplatzierungen nur dann zulässig, wenn

• die redaktionelle Verantwortung und Unabhängigkeit hinsichtlich Inhalt und Sendeplatz unbeeinträchtigt bleiben,

• die Platzierung nicht unmittelbar zu Kauf, Miete oder Pacht von Waren oder Dienstleis-tungen auffordert (insbesondere verkaufsfördernde Hinweise sind nicht gestattet) und

• die Produkte nicht zu stark herausgestellt werden.

Redaktionelle Unabhängigkeit

Für die im Kontext der vorliegenden Expertise analysierten Produktplatzierungen ist Folgen-des festzuhalten:

► Die Sichtung und Bewertung ergab in den meisten Fällen keine Hinweise darauf, dass die redaktionelle Unabhängigkeit hinsichtlich Inhalt und Sendeplatz durch Produktplat-zierungen beeinträchtigt wurde.

Lediglich in der ProSieben-Designer-Casting-Show „Fashion & Fame – Design your dream!“ ist diese Beeinträchtigung gegeben. Diese Sendung wurde von ProSieben in enger Abstim-mung mit dem Modeversandhaus „Otto“ konzipiert und realisiert.38 Sie kann daher exempla-risch für eine entsprechende „Grenzüberschreitung“ der Werberichtlinien gelten und wird daher nachfolgend ausführlich bewertet. In der Show kreiert ein etablierter Modedesigner mit Nachwuchsdesignern ein neues Modelabel namens „GoldCut“, wobei die besten Kleidungs-stücke exklusiv auf der Homepage www.otto.de verkauft werden. Das Logo des Labels ist in vielen Einstellungen deutlich sichtbar, ebenso der Schriftzug „Otto“ auf diversen Requisiten. Zudem tritt „Otto“ als Sponsor der Show auf, worauf ein entsprechender Hinweis vor der Sendung aufmerksam macht. Die enge Verbindung von „Otto“ und ProSieben geht über eine schlichte Produktplatzierung deutlich hinaus. Vielmehr liegt hier ein Beispiel für eine Pro-gramming-Sendung vor. Darunter wird eine TV-Produktion verstanden, die in Zusammenar-beit zwischen Sender und Werbekunde realisiert wird.39

„Der Werbetreibende tritt hier nicht nur in einer passiven Rolle auf, die sich darauf be-schränkt, seine Botschaft in einem Programmumfeld zu platzieren, das von einer Redak-

38 Vgl. die Pressemitteilung des Werbevermarkters SevenOne: SevenOne (2011). 39 Vgl. dazu Volpers/Bernhard/Schnier (2008), S. 137-141. Auch Wengenroth (2006), S. 69.

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung

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tion gestaltet wird und auf das er keinen weiteren Einfluss hat. Vielmehr tritt das Unter-nehmen bei Formen des Programmings als aktiver Co-Produzent auf, der Inhalte des re-daktionellen Programms mitbestimmt. Der Werbetreibende wird in aller Regel bereits in die Planungs- und Konzeptionsphase der Sendung einbezogen.“40

In der Werbebranche werden solche Werbeformen auch als „Branded Entertainment“ disku-tiert, da die Präsentation von Marken oder Produkten innerhalb eines unterhaltenden Kontex-tes im Vordergrund steht.

Auch wenn man im vorliegenden Fall sicher unterstellen kann, dass auf Seiten des Veranstal-ters programmlich-konzeptionelle Interessen und Erwägungen eine Rolle spielen (Etablierung einer neuen Variante des Unterhaltungsformates „Casting Show“), ist die Sendung „Fashion & Fame“, wie sich aus der Pressemitteilung des Werbevermarkters des Veranstalters ganz klar ergibt, am wirtschaftlichen Interesse (Produktentwicklung und Produktabsatz) des Mode-versandunternehmens „Otto“ ausgerichtet.41 Die Sendung ist Teil eines Gesamtvermarktungs-konzepts („Kombination aus Sponsoring, Product Placement und Kollektion“42), und diese Ausrichtung schlägt sich in der programmlichen Umsetzung auch erkennbar nieder. Dass in einer solchen Konstellation redaktionelle Unabhängigkeit nicht mehr gegeben ist, liegt auf der Hand. Dabei handelt es sich hier jedoch nicht um einen Fall von Themenplatzierung, sondern um einen unzulässigen Fall von Produktplatzierung. Zwar wird durch das Sendungskonzept auch ein Werbeeffekt für die Designerzunft im Allgemeinen vermittelt; in erster Linie dient die Verflechtung von Themensetzung und Produktplatzierung hier aber der gezielten Absatz-förderung konkreter Dienstleistungs- und Produktangebote des Otto-Konzerns.

Insofern ist die Kennzeichnung „unterstützt durch Produktplatzierung“ auch nicht korrekt bzw. nicht ausreichend. Da der Werbecharakter hier erkennbar im Vordergrund steht und ei-nen wesentlichen Bestandteil der Sendung ausmacht, handelt es sich um eine Dauerwerbesen-dung, die entsprechend zu kennzeichnen wäre. Problematisch ist hier auch die Kombination der „Produktplatzierung“ mit einem „Sponsoring“43 desselben Partners. Sponsoring ist grund-sätzlich ausgeschlossen, wenn sich die Sendung inhaltlich mit Produkten oder Dienstleistun-gen befasst, die der Sponsor selbst anbietet und vertreibt, insbesondere, wenn sie auf Absatz-förderung von Produkten und Dienstleistungen des Sponsors ausgerichtet sind.44 Hiernach schließen sich Sponsoring und Produktplatzierung wechselseitig aus. Ebenso wenig möglich ist das Sponsern von Werbung – auch dann nicht, wenn die Werbung redaktionell gestaltet und von bestimmter Dauer ist.45

40 Volpers/Bernhard/Schnier (2008), S. 137. 41 Vgl. SevenOne (2011). So heißt es bereits in der Überschrift: „SevenOne AdFactory entwickelt ein integ-

riertes Kommunikationskonzept für Otto.“ 42 SevenOne (2011). 43 Die Sendung beginnt bzw. endet mit einem Sponsorhinweis „Viel Spaß mit Fashion & Fame wünscht Otto“

bzw. „Fashion & Fame wurde Ihnen präsentiert von Otto“, wobei jeweils auch die Website des Unterneh-mens eingeblendet wird.

44 Vgl. § 8 Abs. 2 und 3 RStV sowie Ziff 7 Abs. 4 und 7 WerbeRL Fernsehen der Landesmedienanstalten. 45 Vgl. dazu auch Ziff. 7 Abs. 2 Satz 2 WerbeRL Fernsehen: „Das Sponsern von Werbung, wie z.B. Spotwer-

bung, Dauerwerbesendungen oder Teleshoppingfenstern, ist unzulässig.“

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung

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Aufruf zum Kauf und zu starke Herausstellung

Für die anderen o.g. Anforderungen des RStV lässt sich konstatieren:

► Es wurden keine Platzierungen festgestellt, in denen unmittelbar und explizit zum Kauf der jeweiligen Produkte aufgefordert wird. Allerdings wurden drei Einzelfälle beobach-tet, die als „verkaufsfördernd“ einzustufen sind und in denen die Produkte zu stark her-ausgestellt wurden.

Fall 1

Bei diesem Fall handelt es sich um die Platzierung der Spielekonsole „Xbox 360“ in der RTL-Castingshow „Das Supertalent“. Das Produkt war nicht nur mehrfach gut im Bild sichtbar, sondern Sprecher und Kandidat priesen es darüber hinaus auch verbal an:

Sprecher: „Daniel ist fleißig. Er übt jeden Tag mit Kinect für die Xbox 360.“

Kandidat: „Wir spielen manchmal ‚Dance Central‘ auf der Xbox. Das ist irgendwie Hip-Hop-mäßig. Man lernt was draus und es macht Spaß.“

Moderator: „Mit Kinect für die Xbox im Gepäck kann doch jetzt nichts mehr schief ge-hen.“

Fall 2

Beim zweiten Fall geht es um die Platzierung von Iglo-Tiefkühlprodukten in der Kochsen-dung „Zacherl – Einfach kochen“ (sixx). Die Lebensmittel werden hier nicht nur platziert, sondern ihre Vorzüge auch verbal hervorgehoben, wie nachfolgende Zitate aus der Sendung vom 17.11.2010 belegen:

Koch: „Heute haben wir ein grünes Thema. Aber keine Angst, wir sprechen nicht über Politik, sondern über Spinat. Wie Popeye schon sagte: Spinat macht stark. Warum ei-gentlich? Spinat hat eine hohe Konzentration an Vitamin A, C und Folsäure und ‘ne richtig dicke Portion Eisen. Warum ich Tiefkühlspinat nehme? Weil der Spinat direkt nach der Ernte weiterverarbeitet wurde und so einen höheren Vitamin C-Gehalt hat als der Spinat, der vorne schon zwei Tage in der Auslage liegt.“

Später in derselben Sendung greift der Koch das Stichwort seines Gastes auf:

Koch: „So. Wir haben jetzt hier den Spinat – ganz wichtig. Ich habe jetzt TK-Spinat heute gekauft, weil es gibt im Moment noch keinen frischen. Und da ist dann TK-Spinat auch eigentlich praktischer wie anderer.“

„Das Supertalent“ (RTL) vom 18.12.2010

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung

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Gast: „Aber ist der nicht auch frischer, als wenn du jetzt welchen kaufen würdest, den es frisch geben würde?“

Koch: „Das ist genau der Punkt. Also, wenn ich im Sommer oder im Frühjahr, wenn’s den ersten deutschen auch gibt, dann nehme ich lieber den TK-Spinat. Weil da hast du auch mehr Vitamine drin als wenn der Spinat schon aus Südafrika herüberfliegt, weil dann ist er schon meistens vier, fünf Tage alt, bevor du ihn irgendwo kaufen kannst. Und deswegen ist in dem Fall der [TK-Spinat] besser.“ (Warum der deutsche Spinat aus Südafrika „herüberfliegt“, behält der Koch allerdings für sich.)

„Zacherl – Einfach kochen“ (sixx) vom 17.11.2010

In der Ausgabe vom 21.11.2010 hebt Zacherl die Besonderheiten von Tiefkühl-Erbsen aus-führlich hervor. Auch hier reagiert er, während das entsprechende Produkt der Marke „Iglo“ deutlich sichtbar ist, auf ein Stichwort seines Gastes:

Gast: „Tiefkühlkost braucht man ja nicht mehr vorher kochen. Das geht ja gleich so.“

Koch: „Nee. Deswegen sind die [Erbsen] auch so wunderschön grün, weil die direkt nach der Ernte kurz abgekocht werden, d.h. blanchiert und das Schöne ist, dass durch das Blanchieren, durch das Salz, bleibt das Chlorophyll, das ist der grüne Farbstoff in den Erbsen, voll erhalten. Deswegen haben die so eine richtig schöne, perfekte Farbe.“

Unterstützt wird dieser einstudiert wirkende Dialog durch die Einblendung „Tiefkühlerbsen enthalten mehr Vitamine als Dosenerbsen“.

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung

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„Zacherl – Einfach kochen“ (sixx) vom 21.11.2010

Auffällig ist, dass der Koch zwar nicht den speziellen Markennamen erwähnt, sondern ledig-lich Tiefkühlkost im Allgemeinen lobt. Durch die visuelle Einblendung des jeweiligen Pro-duktes wird allerdings deutlich, dass er Iglo-Gemüse bevorzugt. In der Literatur werden sol-che Fälle, bei denen ein Markenname in einen scheinbar neutralen Informationsbeitrag über eine Produktgruppe integriert wird, als „trojanische Pferde“ bezeichnet.46 Auf diese Weise wirkt eine Doppelstrategie: a) Zunächst wird der Zuschauer vom Koch über die Vorteile der Produktgruppe „Tiefkühlkost“ im Allgemeinen informiert. b) Gleichzeitig greift ein zweiter Mechanismus, indem ein spezieller Markenname mit der Produktgruppe in Verbindung ge-bracht wird.

Im konkreten Beispiel ist die Präsentation in ihrer Gesamtheit als unzulässige Produktplatzie-rung zu werten. Da die visionierten Sendungen von „Zacherl – Einfach kochen“ keine Kenn-zeichnung in Form des „P“-Logos oder sonstiger Hinweise enthält, liegt überdies ein klarer Fall von Schleichwerbung vor! Die gattungsbezogene Thematisierung (Gesundheit und Vita-mingehalt von Spinat und Gartengemüse; Frischegehalt und leichte Verwendbarkeit von Tief-kühlware) unterstreicht bzw. verstärkt die Herausstellung der platzierten Produkte. Die damit verbundene Erhöhung der Werbewirkung führt dazu, dass die Präsentation der Produkte auch dann, wenn sie entsprechend den Vorgaben für die (zulässige) Produktplatzierung gekenn-zeichnet wäre, wegen der besonderen werblichen Herausstellung unzulässig ist.47

Fall 3

Die bereits beschriebene ProSieben-Designer-Casting-Show „Fashion & Fame – Design your dream!“ stellt den dritten Fall von Produktplatzierungen dar, bei dem verbale Hinweise gege-ben wurden, die sich u.U. als verkaufsfördernd auffassen lassen. Neben den optischen Platzie-rungen des Labels „GoldCut“ und des „Otto“-Schriftzugs wird verbal mehrfach hervorgeho-ben, dass die gezeigte Kleidung im Web zu erwerben ist – so auch in der Folge vom 27. Janu-ar 2011: „Darüber hinaus wird es das Gewinnerstück dann auch im Anschluss gleich auf ot-

46 Vgl. Volpers/Bernhard/Schnier (2008), S. 55-58. 47 Vgl. § 7 Abs. 7 Satz 1 Nrn. 2 und 3 RStV.

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to.de zu erwerben geben.“ Auch der Textilchef von „Otto“ kommt in seiner Funktion als Jury-Mitglied zu Wort: „Ich freue mich sehr auf die Kollektion, die ich heute sehen werde und ich freue mich natürlich ganz besonders, dass wir diese Kollektion dann später auf otto.de haben werden.“ Dies unterstreicht, dass es sich bei diesem Format weniger um eine redaktionell ver-antwortete, sondern vielmehr um eine Dauerwerbesendung handelt, wie oben bereits ausge-führt wurde.

„Fashion & Fame“ (ProSieben) vom 27.02.2011

Die anderen identifizierten Produktplatzierungen sind jedoch nicht als „verkaufsfördernd“ bzw. als zu stark herausgestellt zu bewerten. Dort sind die Produkte bzw. Markennamen le-diglich in vergleichsweise kurzen Einstellungen zu erkennen oder werden nur beiläufig er-wähnt. Ein Beispiel dafür sind die ausschließlich verbalen Placements der Modekette „C&A“ in der Daily Soap „Anna und die Liebe“ (Sat.1). Dort wurde gezeigt, wie eine fiktive Werbe-agentur als Teil der Handlung über mehrere Folgen hinweg die reale Werbekampagne des Unternehmens konzipierte. Dabei wurde der Firmenname mehrfach wie in folgendem Dialog, der zur Entstehung des Werbeslogans führt, erwähnt:

„Wir machen jetzt echt Werbung für C&A?“ „Wenn’s klappt, ja.“ „Sag mir was du trägst, und ich sag dir, wer du bist.“ [… ] „Bisschen lang der Spruch, oder?“ „Sei was du trägst, sei C&A?“ „Mia! Ich glaube, wir haben es!“ („Anna und die Liebe“, Sat.1, vom 10.09.2010)

Eher dezent ist auch das optische Placement von Siemens-Küchengeräten in der Sat.1-Show „Deutschlands Meisterkoch“. So sind die verwendeten Kochherde vor allem deswegen als Siemens-Produkte zu identifizieren, da die identischen Geräte in einer Dauerwerbesendung unmittelbar vor dem Beginn der Show ausführlich vorgestellt wurden.

Redaktionell gerechtfertigte Produktplatzierungen

Neben den genannten Anforderungen müssen Produktplatzierungen nach Ziffer 4 Nr. 6 der Werberichtlinien redaktionell gerechtfertigt sein. Dies ist dann der Fall, „wenn das Produkt aus überwiegend programmlich-dramaturgischen Gründen in die Handlung oder den Ablauf integriert wird oder die Verwendung oder Darstellung des Produkts als Information zur Ver-deutlichung des Inhalts der Sendung notwendig ist“48.

Bezüglich der redaktionellen Rechtfertigung von Produktplatzierungen lässt sich zunächst festhalten, dass Produkte in keinem Fall überwiegend aus programmlich-dramaturgischen,

48 Ziffer 4 Nr. 6 WerbeRL Fernsehen der Landesmedienanstalten.

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sondern stets in erster Linie aus kommerziellen Gründen in das Programm integriert werden. Darüber hinaus dürften auch alle bezahlten Placements grundsätzlich vermeidbar sein, da kaum ein Fall vorstellbar ist, in dem innerhalb von Filmen, Serien oder sonstigen Sendungen der „leichten Unterhaltung“ Markennamen und Markenprodukte zwingend als solche erkenn-bar sein müssen. So besteht in der Regel die Möglichkeit, entweder vollständig auf Place-ments zu verzichten oder – wenn es sich nicht vermeiden lässt, konkrete Produkte einzusetzen – die Marke unkenntlich zu machen bzw. durch eine geeignete Kameraführung auszublenden, ohne die Dramaturgie der jeweiligen Produktion zu verändern. Deshalb kann im Kontext der vorliegenden Expertise lediglich untersucht werden, inwieweit sich die Placements sinnvoll in den Handlungsablauf integrieren. Mit anderen Worten:

• Wird ein Produkt so in die Handlung integriert, dass es inhaltlich-dramaturgisch passend bzw. ungezwungen wirkt und sich ästhetisch an den Kontext anpasst?

• Oder stellt das Placement einen ästhetischen bzw. dramaturgischen „Bruch“ dar, wirkt beliebig, „künstlich“ oder erzwungen?

Für beide Szenarien konnten innerhalb des Untersuchungszeitraums Fallbeispiele ausfindig gemacht werden. So haben beispielsweise die Siemens-Küchengeräte in der Show „Deutsch-lands Meisterkoch“ (Sat.1) eine gewisse inhaltliche Begründung und fügen sich gut ein. Ähn-liches gilt für den Baubedarf und die Einrichtungsgegenstände in „Zuhause im Glück“ (kabel-eins) oder die „Otto“-Mode in „Die Model-WG“ (ProSieben).

Warum es hingegen inhaltlich sinnvoll bzw. gar notwendig ist, die Würstchenbude in „Jum-bos Würstchenmillionär“ ausgerechnet vor einem Obi-Markt aufzustellen oder den angehen-den Mannequins in „Germany’s next Topmodel“ fortwährend Evian-Mineralwasser zuzufüh-ren, ist nicht ersichtlich. Auch die Placements der Unterhaltungselektronik in „Das Superta-lent“ (RTL) und „The Dome“ (RTL2) wirken erzwungen und beliebig.

Insofern ist zu konstatieren, dass es sowohl Fälle gibt, bei denen das jeweilige Placement ver-gleichsweise zwanglos in den redaktionellen Kontext eingegliedert ist, als auch Beispiele für eine weniger gelungene Integration. Dass sich der Handlungsablauf mehr oder weniger voll-ständig den Produkten unterwirft, ist lediglich bei der bereits beschriebenen Programming-Sendung „Fashion & Fame“ gegeben.

3.3 Kennzeichnung von Produktplatzierungen

Nach § 7 Abs. 7 Satz 3 RStV ist auf Produktplatzierungen eindeutig hinzuweisen, und zwar zu Beginn und am Ende der entsprechenden Sendung sowie nach Werbeunterbrechungen. Wie diese Kennzeichnung konkret auszusehen hat, spezifizieren die WerbeRL Fernsehen der Landesmedienanstalten in Ziffer 4 Nr. 7: „Die Produktplatzierung ist jedenfalls dann ange-messen gekennzeichnet und für den Zuschauer erkennbar, wenn die Kennzeichnung zu Be-ginn und zum Ende einer Sendung sowie bei deren Fortsetzung nach einer Werbeunterbre-chung für die Dauer von mindestens 3 Sekunden die Abkürzung ‚P‘ als senderübergreifendes Logo für Produktplatzierungen enthält. Die Kennzeichnung der Produktplatzierung durch ein senderübergreifendes Logo ist durch Einblendung eines erläuternden Hinweises zu ergänzen (wie z.B. ‚Unterstützt durch Produktplatzierungen‘).“ Im Hinblick auf die Kennzeich-nungpflicht für entsprechende Fälle des hier untersuchten Sendematerials gilt es festzuhalten:

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► Die rechtlichen Vorgaben zur Kennzeichnung wurden von den Programmverantwortli-chen im Untersuchungszeitraum weitestgehend eingehalten.

Allerdings wurde bei zwei Sendungen, die offensichtlich bezahlte Produktplatzierungen ent-halten, überhaupt nicht darauf hingewiesen. Dabei handelt es sich zum einen um die Fremd-produktion „The Mentalist“ (Sat.1), auf die in Kapitel 3.5 ausführlicher eingegangen wird. Zum anderen ist die bereits beschriebene Kochshow „Zacherl – Einfach kochen“ (sixx) be-troffen. Dort fanden sich – wie bereits beschrieben – in mehreren Folgen offenkundig absicht-lich platzierte Lebensmittel, vorwiegend der Marke „Iglo“, ohne dass ein Hinweis auf diese Placements erfolgt wäre. Hierbei handelt es sich eindeutig um Schleichwerbung.

Ansonsten konnten keine weiteren Fälle von ungekennzeichneten Produktplatzierungen iden-tifiziert werden, bei denen mehr oder weniger eindeutig von einer werblichen Intention aus-zugehen ist. Alle oben aufgelisteten Placements waren – von den genannten Ausnahmen ab-gesehen – als solche kenntlich gemacht. Die Kennzeichnung erfolgte in aller Regel wie in den Werberichtlinien vorgeschrieben: zu Beginn und am Ende der entsprechenden Sendung sowie ggf. nach Werbeunterbrechungen durch Einblendung des besagten „P“-Logos samt eines er-läuternden Textes. Der Wortlaut dieses Textes variierte dabei leicht. Insgesamt konnten fol-gende Erläuterungsvarianten beobachtet werden:

• „unterstützt durch Produktplatzierungen“ (verwendet von den Sendern kabeleins, ProSie-ben, RTL sowie Sat.1: z.B. „Jumbos Würstchenmillionär“, kabeleins; „Germany’s next Topmodel“, ProSieben; „Anna und die Liebe“, Sat.1)

• „UNTERSTÜTZT DURCH PRODUKTPLATZIERUNGEN“ (verwendet von RTL in „Das Supertalent“)

• „Unterstützt durch Produktplatzierung“ (verwendet von RTL2 z.B. in „The Dome“)

• „enthält Produktplatzierung“ (verwendet vom ZDF im „Neujahrskonzert“)

„Jumbos Würstchenmillionär“ (kabeleins) vom 23.11.2010

„The Dome“ (RTL 2) vom 18.12.2010

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„Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker“ (ZDF) vom 01.01.2011

Bei gekennzeichneten Produktplatzierungen wurde das „P“-Logo stets von diesen Erläuterun-gen begleitet. Lediglich bei der Castingshow „Das Supertalent“ (RTL) wurde das Logo nach den Werbeunterbrechungen ohne Text eingeblendet. Dagegen wies RTL zu Beginn und am Ende der Sendung durch die Kombination aus Logo und Text auf das enthaltene Placement hin.

„Das Supertalent“ (RTL) vom 18.12.2010

Ausnahmslos in allen beobachteten Fällen ist das „P“-Logo – wie vorgeschrieben – rund 3 Sekunden eingeblendet. ProSieben kündigt die Einblendung zudem mit einem kurzen akusti-schen Signal an.

Unabhängig von den oben beschriebenen Kennzeichnungen wird bisweilen auf den Namen des platzierenden Unternehmens hingewiesen. Dies erfolgt in aller Regel am Ende der Sen-dung im Abspann. Dabei sind zwei Varianten zu unterscheiden: Im einen Fall wird lediglich der Name des unterstützenden Unternehmens eingeblendet, im anderen Fall ist der Unterneh-mensname in Form des Markenlogos gestaltet. Beispiele für die bloße Namensnennung sind etwa „Germany’s next Topmodel“ (ProSieben), „Fashion & Fame“ (ProSieben) oder „Jumbos Würstchenmillionär“ (kabeleins).

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„Germany’s next Topmodel“ (ProSieben) vom

11.03.2011

„Jumbos Würstchenmillionär“ (kabeleins) vom

16.11.2010

Der Firmenname in Gestalt des Markenlogos ist dagegen beispielsweise bei „Zuhause im Glück“ (RTL 2) eingeblendet, wobei partiell der Werbeslogan des Unternehmens als Insert erscheint („Nolte Küchen. Die Kompetenz in Sachen Qualität“). Dieser Fall stellt allerdings eine Ausnahme dar.

„Zuhause im Glück“ (RTL 2) vom 09.11.2010

Entsprechende Einblendungen im Vorspann einer Sendung konnten nicht beobachtet werden. In zwei Fällen machte der Produktplatzierer allerdings unmittelbar vor Sendungsbeginn auf sich aufmerksam: In der Programming-Sendung „Fashion & Fame“ (ProSieben) war ein Sponsorhinweis des Werbepartners „Otto“ zu sehen; in der Kochsendung „Deutschlands Mei-sterkoch“ (Sat.1) wurde eine mehrminütige Dauerwerbesendung ausgestrahlt, in der ausführ-lich die Küchengeräte von Siemens vorgestellt wurden, die anschließend auch in der Show selbst zu sehen waren.

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Daneben gibt es Fälle, in denen ein Hinweis auf den produktplatzierenden Werbepartner im Vor- oder Abspann einer Sendung gänzlich ausbleibt. Dies ist etwa bei „Schlag den Raab“ (ProSieben), „Hand aufs Herz“ (Sat.1) oder „The Dome“ (RTL2) gegeben.

In den Webauftritten der Sender ließen sich nur zu den Sendungen „Fashion & Fame“ sowie „Die Model-WG“ (beide ProSieben) deutliche Verweise auf den Werbepartner finden, wie die entsprechenden Screenshots belegen. Zudem waren hier direkte Links zu „otto.de“ eingebun-den, über die die in den Sendungen zu sehenden Kleidungsstücke erworben werden können. Dies ist ein weiterer Beleg dafür, dass die Zusammenarbeit zwischen ProSieben und „Otto“ zumindest im Fall von „Fashion & Fame“ deutlich über eine bloße Produktplatzierung hi-nausging, wie bereits ausgeführt wurde.

http://www.prosieben.de/tv/fashion-and-fame/show/ [Stand: 01.03.2011]; Markierungen nicht im Original

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http://www.prosieben.de/tv/die-model-wg/ [Stand: 03.03.2011]; Markierung nicht im Original

Ansonsten waren auf den sendereigenen Websites allenfalls dezente Hinweise auf den jewei-ligen Produktplatzierer zu finden. So wird bei „Deutschlands Meisterkoch“ auf Siemens als Sponsor der Sendung aufmerksam gemacht. Ob dieses Unternehmen auch Platzierungen vor-genommen hat, geht allein aus der Website nicht hervor.

http://www.sat1.de/deutschlands-meisterkoch/ [Stand: 03.03.2011]

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Im Fall der Sendung „Jumbos Würstchenmillionär“ wird der Werbepartner „Obi“ lediglich kurz in einem Text im Webauftritt erwähnt, ohne auf die Produktplatzierung einzugehen.

http://www.kabeleins.de/doku_reportage/jumbos-wuerstchenmillionaer/show/ [Stand: 12.12.2010]; Markierung

nicht im Original

Bei allen anderen Fallbeispielen ließen sich keinerlei Hinweise auf die Produktplatzierer fin-den. Auch machten die Sender in keinem Fall im Teletext auf ihre Werbepartner aufmerk-sam.49

3.4 Kennzeichnung von Gewinnspielpartnern

Gewinnspiele sind nach § 8a RStV zulässig. Im Rahmen der Auslobung der Sachpreise ist eine zweimalige Nennung der jeweiligen Firma sowie eine zweimalige kurze visuelle Darstel-lung erlaubt.50 Wie die Bereitstellung von Produktionshilfen gilt allerdings nach § 15 Satz 1 Nr. 2 und § 44 Satz 1 Nr. 2 RStV ausdrücklich auch die (unentgeltliche) Bereitstellung von Preisen als Produktplatzierung, wenn es sich dabei um Waren oder Dienstleistungen von be-deutendem Wert handelt.51 Dies hat zur Folge, dass derartige Preisauslobungen auch gemäß § 7 Abs. 7 RStV zu kennzeichnen sind. Die Kennzeichnung „Unterstützt durch Gewinnspiel-partner“ – wie sie in der Programmpraxis partiell festzustellen ist – erfolgt dabei in Anleh-nung an die Kennzeichnung von Produktionshilfen. Die WerbeRL ARD/WerbeRL ZDF ge-ben in Ziff. 9.4. bei unentgeltlicher Bereitstellung von Produkten von bedeutendem Wert aus-drücklich die Kennzeichnung „Unterstützt durch Produktionshilfe“ vor. Die Werberichtlinien der Landesmedienanstalten machen keine derartig explizite Vorgabe, sondern regen eine Formulierung („z.B. unterstützt durch …“) lediglich an.52 Für die unentgeltliche Bereitstel-lung von Preisen unterhalb des bedeutenden Wertes finden die Regelungen zur Produktplat-zierung keine Anwendung. Hier richtet sich die Präsentation des Preises weiterhin nach Ziff. 8 der WerbeRL Fernsehen der Landesmedienanstalten bzw. nach Ziff. 11.1 bis 11.3 der Wer-beRL ARD/WerbeRL ZDF.

49 Das Teletext-Angebot der Sender wurde stichprobenartig auf Hinweise auf Produktplatzierer gesichtet. 50 Vgl. Ziffer 8 Werberichtlinien. 51 Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 RStV. 52 Vgl. dort Ziff. 4 Nr. 7.

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Gemäß dieser Regelungen ist es bei einer Reihe von Sendungen (beispielsweise „Die perfekte Minute“, Sat.1; „Abenteuer Leben“, kabeleins; „Galileo“, ProSieben) der Fall, dass – analog zur beschriebenen Kennzeichnung von Produktplatzierungen – vor und nach der Sendung sowie nach Werbeunterbrechungen das „P“-Logo mit dem Text „unterstützt durch Gewinn-spielpartner“ eingeblendet wird. Diese Kennzeichnung ließ sich ausschließlich bei Sendern der ProSiebenSat.1-Gruppe nachweisen. Die Öffentlich-Rechtlichen sowie die Sender der RTL-Gruppe verzichten auf diesen Hinweis.

„Die perfekte Minute“ (Sat.1) vom 11.03.2011

3.5 Kennzeichnung von Produktplatzierungen bei Fremdproduktionen

Gemäß § 7 Abs. 7 Satz 5 RStV sind Sendungen, die nicht vom Veranstalter selbst oder von einem mit ihm verbundenen Unternehmen produziert bzw. in Auftrag gegeben wurden, von der Kennzeichnungspflicht ausgenommen. Bedingung dafür ist, dass nicht mit „zumutbarem Aufwand“ ermittelbar ist, ob Produktplatzierungen in solchen Fremdproduktionen enthalten sind. Die WerbeRL Fernsehen der Landesmedienanstalten konkretisieren diese Bedingung in Ziffer 4 Nr. 10: „Als zumutbarer Aufwand gilt jedenfalls, wenn der Veranstalter den Verkäu-fer in vertraglicher oder sonstiger Weise zur Vorlage einer Erklärung auffordert, ob die Sen-dung Produktplatzierungen enthält.“ Kann keine Sicherheit darüber erlangt werden, haben die Programmverantwortlichen im Videotext oder anderen Medien im Zusammenhang mit der jeweiligen Sendung darauf hinzuweisen, dass eine Aufklärung über mögliche Placements nicht möglich war.53

Aus dieser Rechtslage ergeben sich somit mehrere Szenarien für nach dem 19. Dezember 2009 produzierte Fremdproduktionen, die in der Praxis auftreten können:

1. In einer Fremdproduktion sind Placements enthalten, von denen der Sender weiß. Konsequenz: Kennzeichnungspflicht greift, Hinweis im Programm mit „P“-Logo. Dies ist der eindeutige Fall des § 7 Abs. 7 Satz 3 RStV, wonach auch bei Fremdpro-duktionen grundsätzlich eine „angemessene“ Kennzeichnungspflicht besteht.

53 Vgl. Ziffer 4 Nr. 10 WerbeRL Fernsehen der Landesmedienanstalten.

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2. In einer Fremdproduktion sind Placements enthalten, die der Sender nicht ermitteln konnte. Konsequenz: Kennzeichnungspflicht entfällt, kein Hinweis im Programm mit „P“-Logo. Dies ist der Fall des § 7 Abs. 7 Satz 5 RStV. Die Entbindung von der Kennzeichnungspflicht setzt hier aber voraus, dass der Veranstalter einen zumutbaren Aufwand getrieben hat, zu ermitteln, ob Placements in der Fremdproduktion enthalten sind. Als zumutbarer Aufwand gilt, wenn der Veranstalter den Verkäufer in vertragli-cher oder sonstiger Weise zur Vorlage einer Erklärung auffordert, ob die Sendung Produktplatzierung enthält.54 Kann der Veranstalter auf diese Weise nicht ermitteln, ob die Produktion Placements enthält, muss er die Sendung auch nicht kennzeichnen. In diesem Fall hat der Veranstalter im programmbegleitenden Videotext oder Teleme-dienangebot oder in sonstiger Weise darauf hinzuweisen, dass die Aufklärung nicht möglich war.55

3. In einer Fremdproduktion sind keine Placements enthalten und der Sender konnte dies klären. Konsequenz: kein Hinweis im Programm mit „P“-Logo, kein Hinweis im Vi-deotext oder anderen Medien. In diesem Fall gibt es keine Produktplatzierung, daher auch keine Hinweispflicht.

4. In einer Fremdproduktion sind keine Placements enthalten, der Sender konnte dies aber nicht sicher klären. Konsequenz: kein Hinweis im Programm mit „P“-Logo. Die-ses Szenario wird in der Praxis voraussichtlich keine Rolle spielen. Es wäre auch nicht justiziabel. Die Prüfungs- bzw. Aufklärungspflicht kann für einen Veranstalter über-haupt erst dann entstehen, wenn sich nach Sichtung des Sendematerials begründete Anhaltspunkte ergeben, dass die Produktion Placements enthalten könnte. Bei einer Produktion, die tatsächlich aber keine Placements enthält, werden hinreichende, eine Prüfungspflicht auslösende Indizien auch nicht auszumachen sein (insoweit ist auch Szenario 3 ein eher theoretisches Modell). Wenn aber keine Prüfungs- bzw. Aufklä-rungspflicht vorliegt, besteht auch keine Hinweispflicht, dass eine Aufklärung nicht möglich war. Im Gegenteil: Mit einem solchen Hinweis ohne begründeten „Anfangs-verdacht“ würde der Zuschauer ebenso in die Irre geführt wie bei nicht gekennzeich-neten Platzierungen, indem ihm nämlich (nicht vorhandene) Einflussnahmen Dritter suggeriert werden.

Im Rahmen der vorliegenden Expertise werden drei Fragen zu Produktplatzierungen in Fremdproduktionen beantwortet, die sich unmittelbar aus der skizzierten Rechtslage ableiten lassen:

1. Wurden im Untersuchungszeitraum Fremdproduktionen ausgestrahlt, die mit dem „P“-Logo gekennzeichnet sind?

54 So gleichlautend Ziff. 9.5 WerbeRL ARD/WerbeRL ZDF und Ziff. 4 Nr. 10 WerbeRL Fernsehen der Lan-

desmedienanstalten. 55 Beispielsweise: „Diese Sendung könnte Produktplatzierung enthalten.“ Vgl. Ziff. 9.5 WerbeRL

ARD/WerbeRL ZDF. In Ziff. 4 Nr. 10 WerbeRL Fernsehen der Landesmedienanstalten ist diese Hinweis-pflicht demgegenüber nur allgemein formuliert: „Der Hinweis hat im Zusammenhang mit der Sendung und/oder mit Programmankündigungen zur Sendung im Videotext oder anderen Medien zu erfolgen.“

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2. Gibt es Fälle von Produktplatzierungen in Fremdproduktionen, die nicht gekennzeich-net sind?

3. Gibt es im Zusammenhang mit möglichen Produktplatzierungen in Fremdproduktio-nen Hinweise im Videotext der Sender oder anderen Medien?

Um diese Fragestellung beantworten zu können, wurden im März 2011 neben den fremdpro-duzierten Sendungen, die in den beiden künstlichen Wochen der Stichprobe der generellen Programmsichtung ausgestrahlt wurden, zusätzlich je zwei Folgen ausgewählter Fremdpro-duktionen visioniert, die nach dem 19. Dezember 2009 produziert wurden.56

Mit dem „P“-Logo gekennzeichnete Fremdproduktionen

Im Rahmen der Programmbeobachtung wurde lediglich eine mit dem „P“-Logo gekennzeich-nete Fremdproduktion identifiziert. Dabei handelt es sich um die Live-Übertragung des Neu-jahrskonzerts der Wiener Philharmoniker am 1. Januar 2011 im ZDF.

Während der Pause des Konzerts wurde ein mit dem Titel „The Vienna Philharmonics on Tour“ bezeichneter Beitrag ausgestrahlt, der bildlich und musikalisch Eindrücke einer Kon-zertreise des Orchesters vermittelt, die dieses auf einem deutschen Kreuzfahrtschiff (TUI Cruises „Mein Schiff“) auf der Ostsee zu verschiedenen europäischen Großstädten unter-nommen hat. Dabei vermitteln nicht nur die Szenen, welche die Philharmoniker bei ihren un-terschiedlichen Auftritten zeigen, die Anmutung eines Imagefilms. Auffällig wird auch das Kreuzfahrtschiff mit seinem Ambiente und seinen Angeboten bildlich und atmosphärisch in Szene gesetzt, ebenso die angefahrenen Hafenstädte, wodurch insgesamt ein nicht unerhebli-cher Werbeeffekt für die von dem Betreiber angebotene Baltikum-Kreuzfahrt erzeugt wird. Dementsprechend kommt die Süddeutsche Zeitung zu dem Schluss: „Was das ZDF da am Neujahrsmittag zeigte, wirkte wie ein knapp halbstündiger Werbefilm, ein Spot mit riesigen Eisskulpturen, prächtigen Buffets, untermalt von ein bisschen klassischer Musik.“57 Die Form der Darstellung liefert ein Indiz für das die Produktplatzierung kennzeichnende Ziel der Ab-satzförderung (§ 2 Abs. 2 Nr. 11 RStV).

Da es sich bei der Konzertübertragung um eine Produktion des ORF und damit aus Sicht des ZDF um eine Fremdproduktion handelt und somit keine Sendungsform vorliegt, für die – be-zogen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk – Produktplatzierung ausgeschlossen ist (§ 15 Satz 1 Nr. 1 RStV), durfte das ZDF die Sendung dennoch übernehmen, sofern die Anforde-rungen an eine zulässige Produktplatzierung ansonsten eingehalten werden. Hierzu gehören insbesondere die Beachtung der erforderlichen Kennzeichnungspflichten (§ 7 Abs. 7 Satz 3 RStV) und das Verbot des werblichen Übermaßes (§ 7 Abs. 7 Satz 1 Nrn. 2 und 3 RStV).

Die Kennzeichnung der Sendung mit Produktplatzierung – sie erfolgt am Anfang und am En-de der Live-Übertragung des Neujahrskonzerts – ist korrekt. Die Szenen, in denen das Kreuz-

56 Dabei handelt es sich um die Sendungen „CSI Miami“, „Law & Order“, „CSI – Den Tätern auf der Spur”

(alle RTL), „Navy CIS“, „The Mentalist“ (beide Sat.1), „Fringe – Grenzfälle des FBI“, „Desperate House-wifes“, „Vampire Diaries“, „Private Practice“, „Two and a Half Men“, „Grey’s Anatomy“ (alle ProSieben), „Stargate Universe“ (RTL2), „Good Wife“ (kabeleins), „The Closer“ (VOX).

57 Riehl (2011), S. 15.

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fahrtschiff eine Rolle spielt, lassen sich (noch) redaktionell rechtfertigen, da sie – bis auf ge-legentliche Szenen, die das Schiff von außen auf offener See zeigen – stets auch die Philhar-moniker mit im Fokus haben. Insoweit ist das werbliche Übermaßverbot wohl noch eingehal-ten (wenngleich dies ein Grenzfall ist).

Außer diesem Fall konnten keine weiteren Fremdproduktionen mit dem Hinweis auf Produkt-platzierungen ermittelt werden.

Produktplatzierungen in Fremdproduktionen, die nicht gekennzeichnet sind

Während des Untersuchungszeitraums wurde ein Fall von Produktplatzierungen in Fremdpro-duktionen identifiziert, der nicht gekennzeichnet war. In diesem Fall platzierte der Autoher-steller Chevrolet seine Fahrzeuge, und zwar in der aktuellen Staffel der in den USA produ-zierten Krimiserie „The Mentalist“ (Sat.1). In dieser Sendung, die im Jahr 2010 produziert wurde, fahren die Ermittler sichtbar neue Automodelle des Unternehmens, wobei das Mar-kenlogo des Öfteren deutlich erkennbar ist. Dass es sich dabei nicht um einen Zufall oder eine unentgeltliche Produktbeistellung handelt, geht aus einem Product-Placement-Ranking des Marken-Beratungsunternehmens Interbrand hervor.58 Die Sendung ist nicht mit einem Hin-weis auf Produktplatzierungen versehen. Auch die Website von Sat.1 oder der Teletext geben darüber keinen Aufschluss. Weitere ungekennzeichnete Placements in fremdproduzierten Sendungen wurden nicht ausfindig gemacht.

„The Mentalist“ (Sat.1) vom 03.04.2011

Hinweise im Videotext und anderen Medien

Für die aufgelisteten fremdproduzierten Sendungen wurden im März 2011 das Videotextan-gebot und die Webauftritte der jeweiligen Sender sowie vier auflagenstarke Programmzeit-schriften („TV Movie“, „Hörzu“, „tv14“, „TV Spielfilm“) nach Hinweisen in Bezug auf mög-liche Produktplatzierungen durchgesehen.

Bei sämtlichen in der Stichprobe vertretenen Fremdproduktionen der Sender RTL und RTL2 fand sich im Rahmen der Programmankündigung im Videotext der Hinweis: „Diese Sendung könnte Produktplatzierungen enthalten“ gut sichtbar am unteren Bildschirmrand, während

58 Vgl. o.V. (2011a).

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oberhalb des Schriftzuges der Inhalt der jeweiligen Folge beschrieben wurde. Dies spricht dafür, dass – wie vorstehend ausgeführt – der Sender nicht mit „zumutbaren Aufwand“ sicher ermitteln konnte, ob Placements enthalten sind oder nicht. Interessant in diesem Zusammen-hang ist, dass der Videotext von RTL den besagten Schriftzug auch bei Fremdproduktionen einblendet, die vor Dezember 2009 produziert wurden.

RTL-Videotext Seite 341 vom 26.04.2011; Markierung nicht im Original

Dagegen fanden sich im Videotext der Sender ProSieben, Sat.1 und kabeleins keine Hinweise auf mögliche Produktplatzierungen. Zwei Gründe sind dafür denkbar: Zum einen ist es mög-lich, dass ProSieben und Sat.1 bei den genannten Sendungen geprüft haben, dass keine Pro-duktplatzierungen enthalten sind. In diesem Fall muss – wie im skizzierten Szenario 3 – we-der im Programm noch im Videotext auf Placements hingewiesen werden. Zum anderen ist aber auch denkbar, dass ProSieben und Sat.1 zwar nicht klären konnten, ob die Sendungen Produktplatzierung enthalten, allerdings nicht im Videotext auf die Unsicherheit hingewiesen haben. Hier ist ein Schwachpunkt der geltenden Regelung zu konstatieren: Es ist für den Zu-schauer nicht ersichtlich und nicht ohne Weiteres zu prüfen, ob die Programmverantwortli-chen sich – wie in Szenario 3 beschrieben – konform mit den Richtlinien verhalten und sich des Nicht-Vorliegens von Produktplatzierungen versichert haben oder aber die Regelungen schlichtweg ignorieren, indem sie ohne jede Prüfung auf Hinweise verzichten. Da sich – wie ausgeführt – zumindest für die Sendung „The Mentalist“ Placements nachweisen ließen, ist hier offenbar von der zweiten Möglichkeit auszugehen.

Aus juristischer Sicht ist es allerdings unproblematisch, dass es bei einem Fehlen jeder Kenn-zeichnung für den Zuschauer nicht ersichtlich und überprüfbar ist, ob der Veranstalter Fremd-produktionen überhaupt auf vorhandene Produktplatzierungen untersucht hat: Grundsätzlich ist es nicht Sache (und auch nicht im Interesse) des Zuschauers, die Einhaltung der gesetzli-chen Bestimmungen durch den Veranstalter selbst zu überprüfen. Vielmehr verlässt er sich darauf bzw. muss sich darauf verlassen dürfen, dass der Veranstalter sich gesetzeskonform

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verhält. Dazu gehört auch, dass der Veranstalter die journalistischen Grundsätze von Objekti-vität und Sachlichkeit wahrt und ihn (den Zuschauer) über den Zweck seines Programmange-botes nicht irreführt (z.B. durch Schleichwerbung – eine solche wäre ja die nicht gekenn-zeichnete Produktplatzierung). Mit anderen Worten: Es entspricht der Verpflichtung gegen-über dem Gesetz, dass der Veranstalter seine Programme – bei Fremdproduktionen also seine Programmeinkäufe – auf Produktplatzierungen überprüft. Tut er dies nicht, sieht er sich dem Vorwurf der Schleichwerbung59 ausgesetzt, wenn die Sendungen (nicht gekennzeichnete) Placements enthalten. Diesem Vorwurf kann der Veranstalter nur begegnen, indem er bei Fremdproduktionen das Sendematerial im Hinblick auf mögliche Placements sichtet und bei Feststellung begründeter Anhaltspunkte („Anfangsverdacht“) nach den Grundsätzen des § 7 Abs. 7 RStV aufklärend prüft sowie – je nach Klärungserfolg entsprechend Szenario 1 oder Szenario 2 – kennzeichnet. Eines darüber hinausgehenden Schutzes bedarf der Zuschauer nicht. Im Fall der beschriebenen Serie „The Mentalist“ kam Sat.1 der skizzierten Prüfpflicht offenbar nicht nach.

Insgesamt zeichnet sich bezüglich der Hinweise im Videotext folgendes Muster ab:

► Während die Sender der RTL-Gruppe (mit Ausnahme von VOX) bei Fremdproduktio-nen im Stichprobenzeitraum Hinweise auf mögliche Produktplatzierungen im Videotext lancierten, fehlten solche bei Sendern der ProSiebenSat.1-Media-Gruppe. Ob diese er-mittelt haben, dass Fremdproduktionen tatsächlich frei von Placements sind oder ohne eine solche Prüfung auf Hinweise verzichtet haben, muss – abgesehen von dem nachge-wiesenen Chevrolet-Placement – offen bleiben.

Auf den Websites der Sender ließen sich für keine der aufgeführten Sendungen Hinweise in Bezug auf Produktplatzierung finden. Auch in den analysierten Programmzeitschriften fehlten solche Hinweise. In diesem Zusammenhang bleibt allerdings anzumerken, dass der Sender DMAX sowohl auf seiner Webpräsenz als auch im Teletext bei fremdproduzierten Sendungen darauf hinweist, dass Produktplatzierungen nicht ermittelt werden konnten.

http://www.dmax.de/tv-programm/?type=day [Stand: 02.04.2011]; Markierungen nicht im Original

59 Das Schleichwerbeverbot ist eine grundrechtsbeschränkende Regelung der Rundfunkfreiheit, die gerade

auch dem besonderen (Verbraucher-)Schutz des Zuschauers dient.

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung

39

DMAX-Videotext Seite 391 vom 26.04.2011; Markierung nicht im Original

Der Spartensender HISTORY – The History Channel (Germany) verweist bei seiner Pro-grammankündigung pauschal darauf, dass es ihm nicht in allen Fällen gelungen ist, Produkt-platzierungen zu ermitteln.

www.history.de/programm [Stand: 23.04.2011]; Markierung nicht im Original

Das ZDF schließlich listet auf seiner Website aktuelle fremdproduzierte Sendungen auf, bei denen Produktplatzierungen bzw. Produktionshilfen nicht in Erfahrung gebracht werden konnten. Zum Zeitpunkt der Untersuchung fand sich dort allerdings kein Eintrag.

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung

40

http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/5/0,1872,8058597,00.html?dr=1 [Stand: 03.04.2011]

3.6 Kennzeichnung von Produktionshilfen

Zweifelsfreie Produktionshilfen

Die bisherigen Ausführungen bezogen sich ausschließlich auf die Platzierung von Produkten gegen Entgeltleistungen. Unter Umständen kann allerdings auch die kostenlose Bereitstellung von Waren oder Dienstleistungen eine Produktplatzierung sein. Dies ist nach § 2 Abs. 2 Nr. 11 RStV dann der Fall, wenn der entsprechende Gegenstand von bedeutendem Wert ist. Die Werberichtlinien führen aus, dass dieses Kriterium für jede Produktion gesondert zu bestim-men ist: „Als relevante Grenze für die Bestimmung des bedeutenden Wertes wird 1 Prozent der Produktionskosten ab einer Untergrenze von 1.000,- Euro festgelegt.“60

Folgende Produktionshilfen konnten innerhalb des Stichprobenzeitraumes zweifelsfrei ermit-telt werden:

Sendung/ Serie Sender Sendetag Genre Produkt/ Produktgattung

„Das Hochzeitsschiff“ DasErste 03.02.2011 Show Kreuzfahrtschiff

„Das Traumschiff“ ZDF 26.12.2010 Spielfilm Kreuzfahrtschiff

„Meine Familie bringt mich um“

ZDF 01.02.2011 Spielfilm VW Touareg, VW Ti-guan, VW Golf

„Die Minensucherin“ ZDF 04.04.2011 Spielfilm Schutzausrüstung/ Beratung

„Nur die Liebe zählt“ Sat.1 mehrere Show Audi Q7

60 Ziffer 1 Abs. 2 der WerbeRL Fernsehen der Landesmedienanstalten.

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung

41

Verschiedene Indikatoren lassen darauf schließen, dass es sich bei diesen fünf Fällen um Pro-duktionshilfen handelt. Bei den Produktionen „Das Hochzeitsschiff“ (DasErste) und „Traum-schiff“ (ZDF) wurden zu Beginn und am Ende der Sendung Kennzeichnungen eingeblendet, die den bisher beschriebenen Kennzeichnungsvarianten von Produktplatzierungen ähneln. Zusätzlich zu dem „P“-Logo wies der Text „Unterstützt durch Produktionshilfe“ auf vorhan-dene Beistellungen hin. Im Falle des „Traumschiffs“ wurde dies im Abspann durch folgende Einblendung konkretisiert: „Zu dieser Sendung wurde Produktionshilfe geleistet durch Peter Dellmann Reederei“.

„Das Traumschiff“ (ZDF) vom 26.12.2010

In beiden Fällen wurden den Sendern bzw. den Produzenten offenbar die Kreuzfahrtschiffe, die auch des Öfteren ästhetisch ins Bild gerückt wurden, kostenlos für die Dreharbeiten über-lassen. Da davon auszugehen ist, dass die Schiffe einen hohen absoluten Wert aufweisen, der 1 Prozent der Produktionskosten jeweils deutlich übersteigt, handelt es sich dabei um Pro-duktplatzierung im Sinne des Rundfunkstaatsvertrags. Es ist korrekt, die Unterstützung dieser Sendungen mit der Bezeichnung „Produktionshilfe“ zu kennzeichnen: Bei unentgeltlicher Produktplatzierung „von bedeutendem Wert“ sehen die WerbeRL ARD/WerbeRL ZDF aus-drücklich die Kennzeichnung „unterstützt durch Produktionshilfe“ vor.61

Bei den anderen drei Fallbeispielen fand keine Kennzeichnung mit dem „P“-Logo statt. Aller-dings wies eine Textzeile im Abspann darauf hin, dass die Produktion der jeweilige Sendung unterstützt wurde. Diese Hinweise lauten:

• „Zu dieser Sendung wurde Produktionshilfe geleistet durch: Volkswagen AG“ („Meine Familie bringt mich um“, ZDF)

• „Mit freundlicher Unterstützung durch Audi AG“ („Nur die Liebe zählt“, Sat.1)

61 Daneben enthalten die WerbeRL ARD/WerbeRL ZDF eine ausdrückliche Vorgabe auch für die Kennzeich-

nung bei Zusammenfallen von (entgeltlicher) Produktplatzierung und (unentgeltlicher) Produktionshilfe. Hier muss zum einen (regulär am Anfang und Ende der Sendung) der Hinweis „enthält Produktplatzierung“ erfolgen; ein Hinweis auf geleistete „Produktionshilfe“ erfolgt sodann zusätzlich im Abspann oder, wenn ein solcher Abspann nicht existiert, in sonstiger geeigneter schriftlicher Weise am Ende der Sendung. Ein derartiger Fall wurde allerdings nicht identifiziert.

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung

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• „Zu dieser Sendung wurde Produktionshilfe geleistet durch: Stiftung Menschen gegen Minen e.V.“ („Die Minensucherin“, ZDF)

Die Formulierung mit dem Bestandteil „Produktionshilfe“ lediglich im Abspann einer Sen-dung sorgt für Verwirrung, da eine (unentgeltliche) Produktionshilfe keiner Kennzeichnung bedarft, sofern diese nicht von bedeutendem Wert ist. Im letzteren Fall wäre eine Kennzeich-nung zu Beginn und Ende mit dem „P“-Logo nötig. Kennzeichnet der Veranstalter hingegen Produktionshilfen von nicht-bedeutendem Wert, entsteht eine Kennzeichnungsform, die nicht gesetzlich geregelt ist und deren Aussage für den Zuschauer vage bleibt.

„Die Minensucherin“ (ZDF) vom 04.04.2011 „Meine Familie bringt mich um“ (ZDF) vom 01.02.2011

„Nur die Liebe zählt“ (Sat.1) vom 18.03.2011

Für die Ermittlung des Wertes der zur Verfügung gestellten Fahrzeuge ist nicht vom Kauf-preis, sondern lediglich von den Mietkosten für die Dauer der Dreharbeiten auszugehen. Die Produzenten des Fernsehfilmes „Meine Familie bringt mich um“ veranschlagen diese Kosten auf 2.100 Euro.62 Diese Summe dürfte zu gering sein, um 1 Prozent der Produktionskosten zu übersteigen. Das Kriterium des „bedeutenden Wertes“ ist folglich nicht erfüllt. Damit handelt es sich bei den gezeigten Autos im Falle des ZDF-Spielfilms „Meine Familie bringt mich um“ bzw. im Falle der Sat.1-Show „Nur die Liebe zählt“ wahrscheinlich nicht um Produktplatzie-rung. Eine Kennzeichnung mit dem „P-Logo“ ist insofern nicht notwendig und in beiden Fäl-len auch nicht gegeben. Gleiches gilt für die Minen-Schutzausrüstung im Fernsehfilm „Die Minensucherin“. Auch hier handelt es sich offensichtlich nicht um eine Produktionshilfe von bedeutendem Wert und somit auch nicht um Produktplatzierung.

62 Vgl. Vernier/Wittlich (2011).

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung

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„Meine Familie bringt mich um“ (ZDF) vom 01.02.2011 „Nur die Liebe zählt“ (Sat.1) vom 18.03.2011

Den drei genannten Beispielen ist demnach gemeinsam, dass keine Produktplatzierung, wie sie im Rundfunkstaatsvertrag definiert ist, vorliegt. Dennoch unterscheiden sich diese Produk-tionshilfen erheblich in ihrer inhaltlichen Ausgestaltung. Während die VW-Modelle bei „Meine Familie bringt mich um“ deutlich sichtbar sowie ästhetisch ansprechend ins Bild ge-setzt sind und auch der Audi Q7 in der Sendung „Nur die Liebe zählt“ auffällig präsentiert wird, ist die Produktionshilfe der Stiftung „Menschen gegen Minen“ (MgM) für den Fernseh-film „Die Minensucherin“ auf den ersten Blick nicht auszumachen.

Fallbeispiel: „Menschen gegen Minen“

In diesem Film geht die Hilfestellung durch die o.g. Stiftung deutlich über die kostenlose Be-reitstellung der Schutzausrüstung für Minensucher hinaus. Eine Pressemitteilung der Organi-sation belegt, dass der Film, der am „Internationalen Tag der Minenaufklärung“ der Vereinten Nationen ausgestrahlt wurde, in Zusammenarbeit zwischen ZDF und MgM entstand. So wur-de beispielsweise das Drehbuch durch Mitarbeiter der Stiftung „ständig auf Authentizität überprüft“63und Sprengmeister der Organisation schulten die Schauspieler.64 Zugespitzt for-muliert entsteht der Eindruck eines PR-Filmes, der zeigt, „was getan werden muss, um den Menschen in Angola und anderen von Landminen verseuchten Ländern zu helfen“65. So wird der Hauptdarstellerin, die sich im Film zur Minensucherin ausbilden lassen möchte, zunächst empfohlen: „Spenden Sie an eine Hilfsorganisation, die können jeden Cent gebrauchen“ – ein Aufruf, der sicherlich im Sinne von MgM ist. Im Anschluss an den Film standen Mitglieder der Stiftung den Zuschauern zudem im ZDF-Chat Rede und Antwort.

Zu diesem Fernsehfilm ist zunächst anzumerken, dass die Kennzeichnung – sofern sie erfor-derlich wäre – hier nicht korrekt, weil unvollständig ist. Der Hinweis auf die Unterstützung durch Produktionshilfe erfolgt lediglich im Abspann am Ende der Sendung, nicht jedoch auch am Anfang, wie dies in § 7 Abs. 7 Satz 4 RStV eindeutig vorgeschrieben ist. Mit Blick auf das Trennungsgebot von Werbung und Programm ist diese Vorgabe auch folgerichtig, denn

63 Menschen gegen Minen (2011). 64 Vgl. Menschen gegen Minen (2011). 65 Menschen gegen Minen (2011). Vgl. zu Non-Profit-PR auch Volpers/Bernhard/Schnier (2008), S. 40f.

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung

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der Zuschauer kann nur dann für Einflüsse Dritter hinreichend sensibilisiert werden, wenn er auf die Einflussnahme gerade auch bereits zu Beginn der Sendung aufmerksam gemacht wird.

Einen Fall von Themenplatzierung liegt indes nicht vor. Themenplatzierung i.S. des RStV ist die gezielte (optische und/oder verbale) Vermittlung eines positiven Images für Produkt- und Dienstleistungsgattungen mit dem Zweck der Absatzförderung. Dass die dramaturgische Auf-arbeitung der Problematik von Landminen, wie sie hier umgesetzt worden ist, einen Werbeef-fekt vermittelt, steht außer Zweifel. Dieser bezieht sich aber nicht allgemein auf eine Produkt- oder Dienstleistungsgattung, sondern ganz konkret auf eine Organisation. Mit der Themenset-zung („Landminen“), der zeitlichen Platzierung der Ausstrahlung („Internationaler Tag der Minenaufklärung“) und der Einbindung der Stiftung „Menschen gegen Minen“ (Beratung und Bereitstellung der Schutzausrüstung – das Ganze entsprechend als Produktionshilfe gekenn-zeichnet, Betreuung des Chats im Anschluss an den Film) wird nicht die Bedeutung und der Nutzen von Hilfsorganisationen bzw. von Organisationen, die sich dem Kampf gegen Land-minen verschrieben haben, als Gattung befördert, sondern die namentlich genannte (und hier-durch konkretisierte) Stiftung.

Allerdings ist hier schwer auszumachen, ob die erfolgte Einbindung der Stiftung tatsächlich über eine rein fachbezogene Beratung und Unterstützung – die ohne Zweifel notwendig ist, wenn es um die authentische filmische Bearbeitung tatsächlicher Problematiken und Ge-schehnisse geht – hinaus reicht. Auch die Aktivität im ZDF-Chat ist noch kein hinreichendes Indiz für eine Werbeabsicht. Chats, die im Anschluss an eine Sendung zu Zuschauerfragen, die sich aus dem in der zuvor gelaufenen Sendung behandelten Thema ergeben, angeboten werden, sind ein mittlerweile durchaus gängiges programmliches Element. Und auch in ande-ren Fällen kommen dabei in der Regel Personen zum Einsatz, die auch zuvor an der Sendung teilgenommen haben (hier in einer gewissen Logik die Fachberater des Films). Jedenfalls wird sich in diesem Fall die programmliche Begründetheit, ggf. sogar Notwendigkeit, ohne Mühe herleiten lassen. Eine darüber hinausgehende übermäßige Herausstellung der Stiftung ist auch nicht gegeben, so dass die Grundsätze für zulässige Produktplatzierung des § 7 Abs. 7 Satz 2 RStV auch eingehalten sind.

Fallbeispiel „Meine Familie bringt mich um“

Problematischer als der oben ausgeführte Fall ist indes die VW-Beistellung im Fernsehfilm „Meine Familie bringt mich um“. So fällt auf, dass die Hauptdarstellerin (Iris Berben) sehr oft (mindestens 15 Mal) in Szenen zu sehen ist, in denen sie ihr Fahrzeug benutzt. Das Auto ist dabei teilweise sehr präsent, das VW-Logo ist häufig deutlich erkennbar. Auch in anderen Szenen – z.B. mit der vermeintlichen „Rivalin“ der Hauptdarstellerin – tauchen Fahrzeuge des Herstellers VW auf. Laut Berichterstattung in den Medien66 gab es eine Vereinbarung der Produktionsfirma „Moovie“ des Produzenten Oliver Berben mit dem VW-Konzern über eine kostenlose Fahrzeugbereitstellung. Auch die Produktion selbst weist im Abspann – wie be-schrieben – auf die Tatsache einer geleisteten Produktionshilfe der VW-AG hin. Bei dem Film handelt es sich laut Angaben um eine Produktion aus dem Jahre 2010, so dass die neuen Regelungen zur Produktplatzierung Anwendung finden. Hiernach ist eine kostenlose Bereit-

66 Vgl. u.a. o.V. (2011b); o.V. (2011c); o.V. (2011d); o.V. (2011e).

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung

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stellung von Fahrzeugen als Produktionshilfe grundsätzlich zulässig (§ 15 Satz 1 Nr. 2 RStV). Allerdings darf das Produkt nicht zu stark herausgestellt werden, was ausdrücklich auch für kostenlos zur Verfügung gestellte Güter gilt – und zwar auch dann, wenn sie nur von gerin-gem Wert sind (§ 7 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 RStV). Das heißt, selbst wenn die Produktionshilfe des VW-Konzerns keinen bedeutenden Wert i.S. der Relevanzgrenze der Produktplatzierung erreicht haben sollte und demgemäß auch keine kennzeichnungspflichtige Produktplatzierung darstellen würde, dürften die Fahrzeuge nicht über das Maß hinaus präsentiert werden, wel-ches durch den Rahmen der redaktionellen Zweckrechtfertigung gesetzt ist. An dieser Stelle liegt im vorliegenden Fall das Problem: Die Häufigkeit, mit der sich die Hauptdarstellerin mit ihrem Fahrzeug im Film bewegt, sowie der Umstand, dass auch andere Personen (hier insbe-sondere die vermeintliche Rivalin) ein Fahrzeug desselben Typs (VW Tiguan) fahren und auch im Hintergrund bisweilen VW-Modelle sichtbar sind (siehe Screenshot), ist durchaus geeignet, Zweifel aufkommen zu lassen, ob die Szenen in jedem Fall ausschließlich einer dramaturgisch-künstlerischen Motivation geschuldet sind.67 Eine weniger häufige Einbindung der Fahrzeuge wäre hier der rechtlich korrekte Weg gewesen – und zwar ohne Kennzeich-nung, wenn die Bereitstellung nur von geringem Wert war, oder mit Kennzeichnung (korrekt am Anfang und Ende des Films), wenn die Bereitstellung von bedeutendem Wert war.

„Meine Familie bringt mich um“ (ZDF) vom 01.02.2011

► Die skizzierten Beispiele zeigen, dass die konkrete Ausgestaltung dessen, was unter der Bezeichnung „Produktionshilfe“ geführt wird, in der Programmpraxis ganz unterschied-lich ausfallen kann und von einer mehr oder weniger offensichtlichen Präsentation des jeweiligen Produktes bis hin zu inhaltlicher Einflussnahme und intensiver Beratung geht.

67 In einer früheren Fassung des Spielfilms spielten die Autos sogar eine noch dominantere Rolle. Erst nach

einer Anfrage des Nachrichtenmagazins „Focus“ wurde der Film durch das ZDF überprüft und inkriminier-te Szenen herausgeschnitten. Vgl. Vernier/Wittlich (2011).

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung

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Vermutliche Produktionshilfen

Bei weiteren Produktionen liegt nahe, dass Produktionshilfe geleistet wurde. Da weder durch das „P“-Logo noch durch einen Hinweis im Abspann darauf aufmerksam gemacht wurde, lässt sich hier allerdings nur von begründeten Verdachtsfällen ausgehen. Dabei handelt es sich z.B. um den ARD-Fernsehfilm „Der verlorene Sohn“ (ausgestrahlt am 23.02.2011) oder um die Spielshow „Fort Boyard“ (kabeleins).

Im ersten Fall fällt auf, dass nahezu alle Autos, die im Film zu sehen sind, aus dem VW-Konzern stammen: Die Darsteller fahren fast ausschließlich Autos von Audi oder VW, am Straßenrand parkt stets ein Skoda-Modell. Der Kölner Stadt-Anzeiger geht davon aus, „dass eine derartige Häufung von VW-Konzern-Wagen in einem Film kaum mehr realistisch [ist]“ 68. Insofern liegt die Vermutung nahe, dass die Fahrzeuge den Filmproduzenten zur Ver-fügung gestellt wurden. Da allerdings auch hier lediglich der Mietpreis der Autos in Anschlag zu bringen ist, liegt ein bedeutender Wert, der 1 Prozent der Produktionskosten übersteigt, wohl nicht vor. Damit handelt es sich nicht um eine kennzeichnungspflichtige Produktplatzie-rung, selbst wenn der Verdacht auf Produktbeistellung zutreffen sollte.

Gleiches gilt für die Show „Fort Boyard“, in der Mitglieder zweier Teams verschiedene Auf-gaben zu lösen haben. Ort der Handlung ist die bekannte gleichnamige Festung vor der fran-zösischen Atlantikküste. Im Abspann der Sendung erscheint der Hinweis „gedreht auf Fort Boyard – Carente Maritime Area, France“ mitsamt dem Logo des bei Touristen beliebten französischen Départements. Selbst wenn sich daraus etwaige Produktionshilfen nicht explizit ableiten lassen, ist doch davon auszugehen, dass die Festung für die Dreharbeiten kostenlos zur Verfügung gestellt wurde. Nach Ziff. 1 Abs. 2 WerbeRL Fernsehen (ebenso Ziff. 9.1. WerbeRL ARD/Ziff. 9.1. WerbeRL ZDF) bleiben Gegenstände und Immobilien, die nicht im Handel frei erhältlich sind, allerdings außer Betracht. Die Festung ist danach wertmäßig über-haupt nicht anzurechnen.

In dieser Sendung tragen die Kandidaten zudem Trainingsanzüge vom Sportbekleidungsun-ternehmen „Nike“. Es ist nicht sicher zu entscheiden, ob die Bekleidung kostenlos zur Verfü-gung gestellt wurde oder ob die Redaktion lediglich zufällig und auf eigene Kosten auf diesen Ausstatter zurückgriff.

68 Hein (2011).

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung

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„Fort Boyard“ (kabeleins) vom 12.03.2011

► Insgesamt fällt auf, dass die überwiegende Zahl der nachgewiesenen und vermuteten Produktionshilfen Sendungen der öffentlich-rechtlichen Programme betrifft. Vermutlich greifen deren Produzenten auf diese Möglichkeit der Kostenersparnis besonders häufig zurück, da ihnen bezahlte Produktplatzierungen nicht gestattet sind. Bevorzugtes Objekt für Produktionshilfen sind Fahrzeuge, die mit den Marken Audi und VW insbesondere dem Volkswagen-Konzern zuzuordnen sind.

Abgrenzungsprobleme

Abschließend ist zu konstatieren, dass ein zentrales Ziel des Gesetzgebers, den Zuschauer über den Status von im redaktionellen Programm erscheinenden Markenprodukten aufzuklä-ren und diesbezüglich Transparenz zu schaffen, nicht immer erreicht wird. So konnten im Rahmen der hier vorgenommenen Programmbeobachtung einige Fälle ausfindig gemacht werden, bei denen für den Zuschauer nicht erkennbar ist, ob es sich bei den deutlich erkenn-baren Produkten in TV-Sendungen um ungekennzeichnete Produktplatzierungen, unentgeltli-che Beistellungen oder lediglich um zufällige, unbeabsichtigte Einblendungen handelt.

Diese Ungewissheit ist bei fast allen Automodellen gegeben, die innerhalb einer Fernsehsen-dung mehrfach im Bild zu sehen sind und bei denen das Fabrikat mühelos und eindeutig er-kennbar ist. Ein prototypischer Fall für die skizzierte Abgrenzungsproblematik ist der Merce-des-C-Klasse-Kombi, der von den Ermittlern der ARD-Krimireihe „Tatort“ in der Sendung vom 25. April 2011 gefahren wird. Dieses Fahrzeug ist mehrfach prominent im Bild zu sehen. Über die Hintergründe lässt sich lediglich spekulieren. Aller Wahrscheinlichkeit nach liegt ein bezahltes, ungekennzeichnetes Placement hier nicht vor, da keine Naheinstellungen des Mer-cedes-Markenlogos vorgenommen werden, die Marke oder das Auto nicht näher erwähnt werden und nicht auffällig ästhetisch ins Bild gerückt sind. Auch eine unentgeltliche Produk-tionshilfe wurde im vorliegenden Fall vermutlich nicht geleistet. Dagegen spricht, dass – an-ders als im vorstehend diskutierten Fernsehfilm „Der verlorene Sohn“ – die Akteure neben dem Mercedes auch Autos anderer Hersteller, wie etwa Audi oder Porsche, benutzen. Auf-grund des organisatorischen Aufwands ist nicht davon auszugehen, dass mit all diesen Unter-nehmen separate Verträge über Produktionshilfen abgeschlossen wurden. Sollte ein einzelner Autofabrikant eine Produktbeistellung geleistet haben, so wäre damit zu rechnen, dass auch

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung

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die anderen verwendeten Fahrzeuge dieser einen Marke zuzurechnen sind. Somit dürfte es sich im beschriebenen Fall weder um eine Produktplatzierung noch um eine Produktionshilfe handeln. Vielmehr ist plausibel, dass die Produzenten mehr oder weniger zufällig Fahrzeuge verschiedener Hersteller für die Dreharbeiten angemietet haben.

„Tatort“ (DasErste) vom 25.04.2011

Dagegen ist es durchaus möglich, dass der vom Moderator der Sendung „Abenteuer Leben XXL“ (kabeleins vom 16.11.2010) gefahrene Fiat 500, der mehrfach deutlich ins Bild gerückt wurde, gegen Entgelt platziert oder kostenlos als Produktionshilfe zur Verfügung gestellt wurde. Im ersten Fall läge eine nicht gekennzeichnete Produktplatzierung vor, im zweiten Fall könnte aufgrund des vergleichsweise geringen Mietwertes des Fahrzeugs auf eine Kennzeich-nung verzichtet werden. Genauso ist indes denkbar, dass der Fiat von der Redaktion auf eige-ne Kosten beschafft wurde. Auch hier gilt somit – wie in vielen weiteren Fällen –, dass der Zuschauer keine abschließende Klarheit über den Status des Markenprodukts erlangen kann.

„Abenteuer Leben XXL“ (kabeleins) vom 16.11.2010

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung

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► Dieser Mangel an Transparenz resultiert hier letztlich aus der rechtlichen Vorgabe, dass lediglich Produktionshilfen von „bedeutendem Wert“ kennzeichnungspflichtig sind. Diese Regelung erlaubt, dass Produkte von weniger „bedeutendem Wert“ – worunter in aller Regel auch Fahrzeuge fallen – den Produzenten kostenlos zur Verfügung gestellt und in das Programm integriert werden, ohne dass der Zuschauer darüber informiert wird.

Von der beschriebenen Mehrdeutigkeit sind indes nicht ausschließlich Fahrzeuge betroffen. In der RTL2-Sendung „Zuhause im Glück“ beispielsweise ist regelmäßig eine ganze Reihe von Markenprodukten, meistens Baubedarf und Möbel, von verschiedenen Herstellern erkennbar. Zwar sind die nach Dezember 2009 produzierten Folgen dieser Sendereihe korrekt mit dem Hinweis „Unterstützt durch Produktplatzierung“ gekennzeichnet, unklar ist hingegen, welche Produkte gegen Entgelt platziert, welche kostenlos zur Verfügung gestellt und welche regulär durch die Filmproduzenten erstanden wurden. Auch der Abspann kann darüber keinen Auf-schluss geben. Dort werden einige Unternehmen summarisch genannt (in der Sendung vom 09.11.2010 beispielsweise heißt es: „Mit freundlicher Unterstützung von Hertz, Schöner Wohnen Farbe, Velux, Musterring, Nolte Küchen, Bankamp – Die Leuchtenmanufaktur, Vil-leroy & Boch“), allerdings ist unklar, welchen Beitrag diese Unternehmen jeweils geleistet haben. So ist nicht ersichtlich, wie viele und welche dieser Unternehmen tatsächlich bezahlte Produktplatzierungen vorgenommen haben. Beispielsweise ist nicht mit Sicherheit festzustel-len, ob z.B. die Velux-Fenster gegen Entgeltzahlung platziert oder lediglich kostenlos zur Verfügung gestellt wurden. Daneben wird auch nicht ersichtlich, ob und welche Produktions-hilfen von bedeutendem Wert sind. Die vergleichsweise prominente Hervorhebung der Ve-lux-Fenster, deren Funktionsweise anschaulich demonstriert wird und deren Vorzüge im Dia-log zweier Handwerker erläutert werden69, spricht dafür, dass dieses Produkt gegen Entgelt-leistung platziert wurde. Abschließende Sicherheit ist allerdings nicht gegeben, da aus der Gesetzeslage nicht hervorgeht, inwieweit die produktplatzierenden Unternehmen offengelegt werden müssen. So ist es möglich, u.U. mehrere Placements und Produktionshilfen mit einem einzigen Hinweis „abzudecken“. Für den Zuschauer ist es dann – wie im skizzierten Fall – nicht möglich, zu entscheiden, welche Produkte Placements und welche Produktionshilfen sind. Eine ähnliche Konstellation liegt bei der jüngsten Staffel der Casting-Show „Germany’s next Topmodel“ vor. Auch hier wird eine Vielzahl an Markenprodukten genannt bzw. gezeigt und im Abspann auf die Zusammenarbeit mit diversen Unternehmen hingewiesen. Wie die Unterstützung dieser Firmen im Einzelnen aussieht und insbesondere, welches genau die ge-gen Entgelt platzierten Produkte sind, auf die die Kennzeichnung mit dem „P“-Logo hindeu-tet, geht daraus allerdings nicht hervor.

69 „Und das Glas? Ist ein Sicherheitsglas?“ „Ein Verbundssicherheitsglas, wie bei einer Autoscheibe.“ […]

„Durch den 45-Grad-Öffnungswinkel hat man hier einen wunderbaren Ausblick über den wunderschönen Garten.“ „Und hier ist die Daueröffnungsklappe?“ „Genau. Und auch zugleich für die Putzstellung, zum Reinigen. So kann man dann hier die Glasscheibe wunderbar und einfach reinigen.“

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„Zuhause im Glück“ (RTL2) vom 09.11.2010

Eine für den Zuschauer kaum erkennbare Produktplatzierung liegt in der Sendung „Die Woll-nys – Eine schrecklich große Familie“ vor. Auf den ersten Blick erscheint eindeutig der mehr-fach im Bild zu sehende VW-Bus das platzierte Objekt und damit der Grund dafür zu sein, weswegen die Sendung mit dem „P“-Logo gekennzeichnet ist. Eine Recherche von Schader ergab allerdings, dass das Fahrzeug tatsächlich im Besitz der in der Sendung vorgestellten Familie ist und nicht vom Volkswagen-Konzern zu Werbezwecken platziert wurde. Vielmehr stellte der Betreiber einer Ferienanlage der Familie Bungalows auf seinem Campingplatz kos-tenlos zur Verfügung.70 Dies wird für den Zuschauer in keiner Weise erkenntlich, zumal das Logo oder der Name des Campingplatzes allenfalls flüchtig im Bild zu sehen war und nicht erwähnt wurde.

3.7 Ausstatterhinweise

Gemäß Ziff. 4 Nr. 8 WerbeRL Fernsehen bleiben Ausstatterhinweise i.S. Ziff. 12 WerbeRL Fernsehen von den Vorschriften zur Produktplatzierung unberührt. Ausstatterhinweise sind also neben Produktplatzierungen weiterhin am Ende von Sendungen zulässig und werden nicht als Werbung behandelt, sofern sie wie Sponsorhinweise gemäß Ziff. 7 Abs. 3 Nr. 2 WerbeRL Fernsehen gestaltet sind. Darüber hinausgehende Hinweise sind wie Werbung zu behandeln. Ausstatterhinweise werden demnach als eine Sonderform des Sponsorings71 be-trachtet und demgemäß rechtlich an den Vorgaben für diese Art der Unterstützung von Sen-dungen gemessen. Allerdings legt die DLM die rechtlichen Regelungen dahingehend aus, dass Ausstatterhinweise lediglich dann erlaubt sind, wenn das zur Ausstattung verwendete Produkt als solches den Hersteller nicht erkennen lässt, also beispielsweise die Kleidung der Moderatoren nicht mit einem Aufdruck des Logos oder Schriftzuges des jeweiligen Labels versehen ist.

Im Zeitraum der Untersuchung ließen sich zahlreiche Ausstatterhinweise identifizieren. Ein Erkenntnisgewinn durch eine vollständige Auflistung ist nicht gegeben. Da die Hinweise auf Ausstatter allesamt sehr ähnlich ausfallen, sollen hier nur einzelne Beispiele angeführt wer-den. In der Regel beziehen sich die Hinweise auf die Kleidung, die Moderatoren von Fernseh-

70 Vgl. Schader (2011b) 71 Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 9 RStV ist Sponsoring jeder Beitrag einer natürlichen oder juristischen Person oder

einer Personenvereinigung, die an Rundfunktätigkeiten oder an der Produktion audiovisueller Werke nicht beteiligt ist, zur direkten oder indirekten Finanzierung einer Sendung, um den Namen, die Marke, das Er-scheinungsbild der Person oder Personenvereinigung, ihre Tätigkeit oder ihre Leistungen zu fördern.

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sendungen tragen, und werden am Ende der Sendung im Abspann eingeblendet. Bisweilen geschieht die Nennung der Hersteller in abstrahierter Textform ohne Unternehmenslogo, wie im Beispiel der Sendung „Abenteuer Leben“ (kabeleins):

„Abenteuer Leben“ (kabeleins) vom 16.11.2010

In den meisten Fällen sind die Schriftzüge allerdings in Form des jeweiligen Firmenzeichens gestaltet, wie folgender Screenshot zeigt:

„Exclusiv“ (RTL) vom 08.02.2011

Gelegentlich finden sich auch Mischformen dieser beiden Präsentationsarten, vermutlich um einen Hersteller – im folgenden Beispiel der Kosmetikkonzern „L’Oréal“ – besonders hervor-zuheben.

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„Taff“ (ProSieben) vom 23.11.2010

Im MDR-Magazin „Hier ab vier“ (MDR) vom 23.03.2011 wurde ein Ausstatterhinweis wäh-rend der laufenden Sendung – und zwar im Anschluss an eine ausführliche Präsentation von Frühlingsmode – platziert.

„Hier ab vier“ (MDR) vom 23.03.2011

Eine Besonderheit stellt der Ausstatterhinweis dar, wie er im Anschluss an die Nachrichten-sendung „Punkt 6“ (RTL) vom 08. April 2011 präsentiert wurde. Dort wurde in einem 20-sekündigen filmartigen Einspieler, der mit Musik unterlegt war, am unteren Bildschirmrand auf verschiedene Modelabels hingewiesen, während die RTL-Moderatoren die Kleidung in Modelposen präsentierten. Da auch Moderatoren zu sehen waren, die nicht in der vorherigen Sendung aufgetreten waren, beziehen sich die Ausstatterhinweise nicht auf „Punkt 6“ – in deren Kontext ohnehin keine Ausstatterhinweise erfolgen dürfen, da es sich um eine Nach-richtensendung handelt – sondern auf das gesamte RTL-Programm. Für diese Annahme spricht auch die Vielzahl der genannten Ausstatter.

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„Punkt 6“ (RTL) vom 08.04.2011

Die vorliegende Gestaltung erfüllt nicht die Anforderungen an Ausstatterhinweise, wie sie zu Beginn des Kapitels skizziert wurden. Insbesondere fehlt den „Ausstatterhinweisen“ ein kon-kreter Sendungsbezug. Eine Sendung definiert der Rundfunkstaatsvertrag als einen inhaltlich zusammenhängenden, geschlossenen, zeitlich begrenzten Teil eines Rundfunkprogramms.72 Im vorliegenden Fall präsentieren sich jedoch Moderatoren, die in unterschiedlichsten Sen-dungen des Programms eingesetzt wurden. Mithin beziehen sich die „Ausstatterhinweise“ nicht auf eine bestimmte Sendung, sondern auf das gesamte Programm. Mit dem fehlenden Sendungsbezug entfällt aber auch die programmliche Rechtfertigung dieser Form der Darstel-lung. Die Präsentation der Labels erscheint willkürlich und unter den Moderatoren austausch-bar: Nicht das ausstattende Unternehmen tritt als finanzieller Unterstützer der programmli-chen Darbietung auf, sondern die Protagonisten des Programms erscheinen als (werbliche) Präsentatoren der Produkte der „ausstattenden“ Unternehmen. Die Gestaltung ist daher wie Werbung zu behandeln. Als solche verstößt sie aber gegen das in § 7 Abs. 3 RStV postulierte Trennungs- und Kennzeichnungsgebot von redaktionellen Programminhalten und Werbebot-schaften.

► Innerhalb der Stichprobe fanden sich keine Fälle, bei denen Produkte, auf die in einem Ausstatterhinweis aufmerksam gemacht wurde, durch Aufdrucke oder sonstige Eigen-schaften den Hersteller erkennen ließen. Sofern der Markenname eindeutig zu erkennen war, blieb am Ende der Sendung ein Herstellerhinweis aus.

Dieser Fall ist beispielsweise in einer Folge der Kochsendung „Zacherl – Einfach kochen“ (sixx) vorgekommen. Hier trug der Koch ein T-Shirt, auf dem deutlich sichtbar der Marken-name „Guess Jeans“ aufgedruckt ist. Ein Hinweis im Abspann auf dieses Modelabel als Aus-statter fand sich nicht. Setzt man voraus, dass das Kleidungsstück kostenlos zur Verfügung

72 Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 2 RStV.

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gestellt und durch die Firma Guess kein Entgelt an den Produzenten gezahlt wurde, liegt eine Produktplatzierung im Sinne des Rundfunkstaatsvertrages nicht vor, da der Wert des T-Shirts die relevante Grenze zur Bestimmung eines bedeutenden Wertes von 1.000 Euro nicht über-schreitet.

Da „gebrandete“ T-Shirts ausgesprochen gängige Modeartikel sind, wird man gegen die Dar-stellung insgesamt auch nichts einwenden können, solange es sich um Einzelfälle handelt. Tauchen jedoch gehäuft Modelle mit Label-Aufdrucken auf, könnte sich die Frage nach Schleichwerbung stellen, wenn die Kleidungsstücke übermäßig präsent sind bzw. ins Bild gerückt werden. Die bloße Erkennbarkeit der Marke reicht dabei vermutlich nicht, da ein gro-ßes Schriftbild grundsätzlich prägend für solche Kleidung ist. Es müsste wohl ein besonderes In-Szene-Setzen (z.B. durch Kameraführung o.Ä.) hinzukommen, um von einem (unzulässi-gen) Übermaß zu sprechen.

„Zacherl – Einfach kochen“ (sixx) vom 09.11.2010

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung

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3.8 „Grenzfälle“

Im Kontext der systematischen Programmbeobachtung innerhalb des Untersuchungszeitrau-mes fiel eine Reihe von Fällen auf, bei denen Markennamen bzw. Markenprodukte in redakti-onellen Kontexten zu sehen waren und/oder genannt wurden, die sich aber aus verschiedenen Gründen von den bisher vorgestellten „klassischen“ Produktplatzierungen unterscheiden: Entweder ist die ganze Sendung – deutlich über ein bloßes Placement hinausgehend – mehr oder weniger von dem Markennamen geprägt oder diverse Indikatoren legen nahe, dass keine werbliche Intention gegeben ist. Diese Funde eint, dass keiner von ihnen durch das „P“-Logo gekennzeichnet war. Eine Auswahl dieser Fälle, die jeweils prototypisch für weitere ähnliche Beispiele stehen, wird nachfolgend vorgestellt und aus medienrechtlicher Perspektive bewer-tet.

Beispiel 1

Ein Beispiel für einen solchen Sonderfall ist ein Beitrag im ARD-Morgenmagazin vom 20.11.2010 über pflanzliche Öle als Treibstoff. In diesem Zusammenhang stellt ein Vor-Ort-Reporter eine Rapsmühle vor: Arbeitsabläufe und Geschäftsfelder des Betriebes werden dem Zuschauer am Rande vermittelt, im Vordergrund stehen allerdings allgemeine Informationen über pflanzliche Treibstoffe. In manchen Szenen nimmt die Darstellung des besuchten Unter-nehmens werblichen Charakter an, beispielsweise wenn der Reporter den Speiselöl-Geschäftsbereich vorstellt und mit einer Mitarbeiterin auch über die Auszeichnung des Be-triebes durch die Deutsche Lebensmittelgesellschaft spricht:

Reporter: „Ja, und hier hat man sich nicht nur auf Biosprit und Öl für Motor speziali-siert, sondern seit zwei Jahren macht man auch Pflanzenöl, Speiseöl. Also, hier der gro-ße Kanister für den gastronomischen Bereich; hier kann man aber auch so kleinere Fla-schen kaufen. […] Dann kommt hier so eine kleine Plakette [auf die Öl-Flaschen] drauf. Was ist das für eine?“

Mitarbeiterin: „Das ist eine DLG-Prämierung. Also das Moritz-Öl zählt zu den besten in Deutschland.“

Der Schriftzug der Firma „Moritz-Öl“ ist u.a. auf den Produkten, den Maschinen oder einem großen Wandplakat deutlich zu erkennen. Insofern gibt es durchaus problematische Aspekte in der Berichterstattung bzw. der Darstellung:

• Es wird lediglich ein Anbieter vorgestellt.

• Der Name bzw. die Marke („Moritz-Öl“) taucht mehrfach auf, auch mit Werbeslogan deutlich sichtbar („Moritz – Das westfälische Rapsöl“).

• Die Speiseöl-Produkte werden recht ausführlich vorgestellt (wie beschrieben mit Hinweis auf DLG-Prämierung), obwohl Öl als Bio-Sprit eigentliches Thema des Beitrages ist.

• Nur der Inhaber und Mitarbeiter dieser einen Firma werden interviewt und haben die Ge-legenheit, zu (allerdings auch kritischen) Fragen des Reporters Stellung zu nehmen.

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung

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„Morgenmagazin“ (DasErste) vom 20.11.2010

Aufgrund des klaren Informationscharakters des Beitrages und der durchaus auch kritischen Auseinandersetzung mit der thematisierten Form der Energiegewinnung ist dennoch nicht von einem bezahlten Placement auszugehen. Deshalb ist der Beitrag medienrechtlich nach den allgemeinen Grundsätzen zu bewerten. Danach ist die Darstellung zulässig, wenn sie sich im Rahmen dessen bewegt, was sich unter Wahrung der journalistischen Grundsätze einer unab-hängigen, objektiven und sachlichen Berichterstattung redaktionell für eine angemessene In-formation des Zuschauers begründen lässt. Was unter Berücksichtigung der verfassungsrecht-lich garantierten Programmfreiheit73 der Veranstalter nicht heißt, dass die gewählte Form der Darstellung für den redaktionellen Zweck zwingend gewesen sein muss und nicht auch andere Darstellungen denkbar gewesen wären. Entscheidend ist, dass sich die vom Veranstalter ge-wählte Form der Darstellung aus dem redaktionellen Zweck der Berichterstattung rechtferti-gen lässt74, dass also ein nachvollziehbarer Anlass zum Hinweis auf die präsentierten Produk-te oder Informationen besteht.75 Die Grenze zu unzulässiger Schleichwerbung ist hingegen überschritten, wenn die Darstellungsweise so übersteigert ist, dass sie eine absichtlich zu Werbezwecken eingesetzte Zurschaustellung indiziert.76 In diesem Fall wäre die Darstellung auch in Form einer gekennzeichneten Produktplatzierung unzulässig (vgl. § 7 Abs. 7 Satz 2 Nrn. 2 und 3 RStV).

Nach diesen Maßstäben ist der Beitrag ein Grenzfall. Im Gesamteindruck vermittelt er zwei-fellos einen Werbeeffekt für die Firma Moritz-Öl und ihre Produkte. Im Einzelnen lassen sich aber ebenso Gründe anführen, mit denen sich jede der Darstellungen programmlich auch (noch) rechtfertigen lässt. Zu nennen sind hier die Verdeutlichung der Vielseitigkeit der Ver-wendbarkeit von Rapsöl, die Abbildung der Realität in der Rapsmühle oder die kritischen und teilweise auch flapsigen Bemerkungen und Kommentare des Reporters als relativierendes Korrektiv.

73 Vgl. BVerfGE 97, 298, 310 f. 74 Vgl. Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, RStV 45. AL, § 7 Rdn. 52; Hahn/Vesting, Beck’scher Kommentar

zum Rundfunkrecht, RStV § 7 Rdn. 47 ff., jeweils mit weiteren Nachweisen. 75 Vgl. Hahn/Vesting, Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, RStV § 7 Rdn. 55, m.w.N. 76 Vgl. Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, RStV 45. AL, § 7 Rdn. 52.

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung

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Beispiel I1

Ein weiteres Beispiel für die Durchdringung ganzer Programmstrecken mit Markennamen ist ein Beitrag in der Reportage-Sendung „Abenteuer Leben“ (kabeleins) vom 7. März 2011 über eine neu entstehende Filiale des Möbelhauses „Ikea“. Darin wird gezeigt, wie das Gebäude entstand und die letzten Arbeiten kurz vor der Eröffung vorgenommen werden. Der Sprecher des mehr als 20-minütigen Beitrages erwähnt mehrfach den Firmennamen, bisweilen auch mit einem enthusiastisch klingenden Unterton („Der Welt größter Möbelhersteller baut sein größ-tes Möbelkaufhaus in Berlin“; „Ein Projekt der Superlative – das 46. schwedische Einrich-tungshaus wird Deutschlands größtes und das zweitgrößte weltweit.“). Die zu Wort kommen-den Mitarbeiter äußern sich ebenfalls in Superlativen über ihren Arbeitgeber bzw. die neue Filiale: „Ab Montag werden wir das beste, umsatzstärkste Haus von IKEA sein und das freundlichste Haus von allen Einzelhändlern hier in Berlin“; „Und wir werden gleich das neu-este, modernste und schönste Einrichtungshaus der Welt eröffnen.“). Auch visuell taucht der Ikea-Schriftzug häufig auf, so z.B. auf der Bekleidung der Mitarbeiter oder auf Plakaten im Hintergrund.

„Abenteuer Leben“ (kabeleins) vom 07.03.2011

Die wiederholte Verwendung des Firmennamens in Verbindung mit Superlativen und der häufig zu sehende Ikea-Schriftzug erscheinen auf den ersten Blick problematisch. Allerdings gibt es hier keinen Hinweis auf eine Produktplatzierung; der Beitrag ist daher ebenfalls nach den allgemeinen Grundsätzen zu bewerten. Wie der bereits geschilderte „Rapsöl-Fall“ bewegt sich auch dieser Beitrag an der Grenze der (noch) zulässigen Abbildung der Lebenswirklich-keit. Zugunsten der Zulässigkeit des Beitrages an sich spricht zunächst seine Anlassbezogen-heit. Der Aufbau und die Eröffnung eines Möbelhauses stellen einen begründeten Anlass dar, in Form einer Reportage bzw. Dokumentation in die damit verbundenen Organisations- und Arbeitsprozesse hineinzuschauen. Dies erfolgt grundsätzlich auch objektiv und sachlich; Fort-schritte und Rückschritte, Schwierigkeiten und Gelungenes werden ausgewogen dargestellt. Der werbliche Eindruck wird hier letztlich allein durch die Superlative, die an verschiedenen Stellen auftauchen, erzeugt. Allerdings liegen den Superlativen der Kommentatoren konkrete Fakten zugrunde: Ist ein Kaufhaus das größte der Welt, Deutschlands oder einer Stadt, be-

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung

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schreibt der Superlativ einen Fakt, gibt eine Information; ist der Aufbau des Möbelhauses angesichts seines Ausmaßes mit enormem Aufwand verbunden – der gezeigt wird –, wird man auch von einem „Projekt der Superlative“ sprechen können, ohne den Boden der Objek-tivität und Sachlichkeit zu verlassen. Die Äußerungen der Leitungspersonen gegenüber den Mitarbeitern sind als Motivationsansprachen erkennbar; ihre Dokumentation dürfte daher als Abbild der Wirklichkeit im Rahmen der Programmfreiheit des Veranstalters ebenfalls noch erlaubt sein. Das Gleiche gilt für die Wiedergabe der Firmenmarke auf den Kleidungsstücken der Mitarbeiter. Wie in vielen anderen Unternehmen auch, gehört hier die Mitarbeiterkleidung zur „Corporate Identity“ des Möbelhauses. Die Marke wird nicht speziell in Szene gesetzt, sondern ist Abbild der Realität.

Beispiel I1I

Dies lässt sich auch für die RTL-Doku-Soap „Undercover Boss“ konstatieren. In dieser Serie mischen sich hochrangige Führungskräfte, wie z.B. die Vorstandsvorsitzenden, real existie-render Unternehmen inkognito unter „einfache“ Mitarbeiter und arbeiten als „Berufseinstei-ger“ getarnt in verschiedenen Bereichen der eigenen Firma. Am Ende jeder Folge wird die wahre Identität der Manager – dramaturgisch wirksam in Szene gesetzt – aufgedeckt. Im Rahmen dieses, in jeder Folge gleichen Handlungsgerüsts wird das jeweilige Unternehmen mehrfach genannt und das Markenlogo ist häufig sichtbar. Mitunter erweckt die ganze Serie den Eindruck, vorwiegend zur Image-Förderung der jeweiligen Unternehmen entstanden zu sein.77 So verweisen auch die Webauftritte der Firmen nicht ohne Stolz auf ihre Mitwirkung an der Sendung, wie aus dem folgenden Screenshot der Website des Tiefkühlwarenhändlers „Eismann“ hervorgeht, dessen Vorstandsvorsitzender in der ersten Sendung der Staffel „un-dercover“ arbeitete. Da zwar von einer engen Kooperation zwischen den Unternehmen und RTL, nicht aber von einer bezahlten Platzierung auszugehen ist, entfällt die Kennzeichnungs-pflicht. Ebenso ist die Darstellung aus juristischer Sicht wohl noch gerechtfertigt, da die Ab-bildung der Realität im Vordergrund steht.

77 Vgl. auch Felgenhauer (2011), der von einer „RTL-Dauerwerbesendung mit verkleideten Chefs“ spricht.

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung

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http://www.eismannjobs.de/navi-header/ueber-eismann/undercover-boss.html [Stand: 02.04.2011]

Beispiel IV

Dieses Argument kann auch für die Sendung angebracht werden. Diese im Jahr 2008 produ-zierte Doku-Soap zeigt Episoden aus dem Leben und Arbeiten der Brüder Ludolf, die ge-meinsam in dem Ort Dernbach im Westerwald eine Autoverwertung betreiben. In mehreren Folgen dieser Serie fallen gut erkennbare Markenprodukte auf, so z.B. in der Sendung vom 23. November 2010 in mehreren Szenen Produkte des Coca-Cola-Konzerns („Sprite“, „Fan-ta“, „Coca-Cola light“). Die Getränkeflaschen sind zwar in der Regel nur von Weitem oder auch flüchtig zu sehen, aber aufgrund des Wiedererkennungswertes infolge des hohen Be-kanntheitsgrades der Produkte an Flaschenform und Farbe deutlich zu erkennen. Einen Hin-weis auf eine Produktplatzierung gibt es gleichwohl nicht. Eine Kennzeichnung kommt hier auch nicht in Betracht, da die Regelungen zur Produktplatzierung gemäß § 63 RStV auf Sen-dungen, die vor dem 19. Dezember 2009 produziert wurden, keine Anwendung finden. Die Zulässigkeit der Sendung ist daher nach den allgemeinen Grundsätzen zu bewerten, d.h. sie richtet sich danach, ob sich die vom Veranstalter gewählte Form der Darstellung redaktionell-dramaturgisch rechtfertigen lässt. Tut sie dies nicht, ist dies – insbesondere, wenn die Produk-te stark herausgestellt sind – ein Indiz für eine werbliche Zweckrichtung und damit (sowohl nach alter wie nach neuer Rechtslage) Schleichwerbung. Die Sendung dürfte dann nur in einer

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung

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um die entsprechenden Szenen bereinigten Fassung erneut ausgestrahlt werden. Die Möglich-keit, sie durch nachträgliche Kennzeichnung „erlaubnisfähig“ zu machen, gibt es nicht.

„Die Ludolfs – 4 Brüder auf’m Schrottplatz“ (DMAX) vom 23.11.2010

Für eine redaktionell-dramaturgische Rechtfertigung könnte sprechen, dass es sich um eine Doku-Soap handelt, die ein tatsächliches Geschehen lediglich wiedergibt. Der Eindruck einer gezielten Platzierung drängt sich zumindest nicht zwingend auf. Die Flaschen werden als Teil des dokumentierten Geschehens bildlich nur gestreift; ihre (Wieder-)Erkennbarkeit resultiert zumeist nur aus der Bekanntheit der Produkte. Ihre hohe Verbreitung in allen Bevölkerungs-schichten würde dem Veranstalter auch ein schlüssiges Argument an die Hand geben, dass es sich hier um „Alltagsgut“ der dokumentierten Familie handelt. Hinzu kommt, dass auch ande-re (Marken-)Produkte des Alltagslebens (wieder-)erkennbar sind – z.B. ein Haarwaschmittel, eine Packung Chips, bei der Bedienung der Fritteuse ist der Markenschriftzug des Produktes erkennbar –, die allesamt nur gestreift und in einem konkreten dramaturgischen Handlungszu-sammenhang gezeigt werden.

Beispiel V

Ein geradezu „klassischer“, häufig vorkommender Fall des Auftauchens von Markenproduk-ten in redaktionellen Kontexten sind Künstler, die z.B. in Talkshows ihr neues Produkt (CDs, Bücher, Kinofilme etc.) vorstellen. Das jeweilige Produkt wird dabei in der Regel mehrfach genannt und visuell in Nahaufnahmen auffällig in Szene gesetzt. Pars pro toto für diese Kons-tellation steht das Interview in der Sendung „mdr um 12“ vom 06. Dezember 2010, in dem die 15-jährige Nachwuchsschauspielerin Lena Beyerling eine gemeinsam mit anderen Künstlern produzierte Benefiz-CD für die Krebs- und Obdachlosenhilfe präsentiert.

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung

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„mdr um 12“ (MDR) vom 06.12.2010

Zu diesem Beispiel bzw. zu dieser Konstellation allgemein ist Folgendes festzuhalten: Hin-weise auf Begleitmaterialien Dritter in Sendungen sind, auch wenn sie einen Werbeeffekt für das Produkt oder die Dienstleistung des Dritten erzeugen, zulässig, wenn sie eine Rechtferti-gung im journalistischen Interesse finden, d.h. die Information des Zuschauers und nicht der Werbeeffekt im Vordergrund steht.78 Zweckrichtung ist hier allein das redaktionelle Informa-tionsinteresse. Bleibt es nicht dabei, sondern geht die Zweckrichtung weiter bzw. sogar über-wiegend auf Absatzförderung, handelt es sich um Produktplatzierung, die dann gekennzeich-net werden müsste (anderenfalls wäre sie als verdeckte Form der Absatzförderung – damit also Schleichwerbung – unzulässig). Das bedeutet: Dient das in der Sendung vorgestellte Buch/die CD usw. der Erläuterung des aktuellen Schaffens des Künstlers, ist die Präsentation (kennzeichnungsfrei) zulässig; erfolgt die Präsentation lediglich selbstzweckhaft, ist sie es nicht. Im skizzierten Beispiel erfolgt die Darstellung der CD im Rahmen des legitimen Infor-mationsinteresses. Von einer Produktplatzierung ist nicht auszugehen, so dass auch eine ent-sprechende Kennzeichnung hinfällig ist.

Beispiel V1

Die Präsenz eines Markennamens im redaktionell verantworteten Inhalt, allerdings ebenfalls keine Produktplatzierung, ist in der Sendung „BECK’S MOST WANTED MUSIC“ (MTV) anzutreffen. Dabei handelt es sich um eine moderierte Sendung, in der von den Zuschauern gewählte Musikclips gespielt werden. Die Biermarke „Beck’s“ taucht nicht nur namentlich auf, sondern wird bisweilen auch in Gestalt des Firmenlogos eingeblendet. Eine derartige Form des Titelsponsorings wird in Anlehnung und im Rahmen der allgemeinen Regelungen zum Sponsoring als zulässig angesehen, wenn sich die Sendung weder in ihrer inhaltlichen Ausgestaltung auf den Titelsponsor bezieht, noch in der Sendung selbst Produkte des Titel-sponsors vorgestellt werden.79 Die Werberichtlinien Fernsehen der Landesmedienanstalten erlauben in Ziff. 7 Abs. 10 ausdrücklich „das Einsetzen von Namen von Unternehmen, Pro-

78 Vgl. Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, RStV 45. AL, § 7 Rdn. 57; Hahn/Vesting, Beck’scher Kommentar

zum Rundfunkrecht, RStV § 7 Rdn. 59. 79 Vgl. Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, RStV 45. AL, § 7 Rdn. 55a.

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung

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dukten oder Marken als Sendungstitel (Titelsponsoring)“, wenn (neben der Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben des RStV für das Sponsoring) „bei der Erwähnung (…) keine werbli-chen Effekte in den Vordergrund rücken“ 80. Werden also die rechtlichen Vorga-ben/Einschränkungen für das Sponsoring im Übrigen eingehalten, ist Titelsponsoring erlaubt. Anderenfalls handelt es sich um Schleichwerbung und wäre damit unzulässig.

Im vorliegenden Fall taucht der Markenname (einschließlich gelegentlicher kurzer Einblen-dungen auch des Markenlogos) ausschließlich im Titel auf. Weitere Hinweise, Erwähnungen oder Darstellungen in der Sendung selbst finden nicht statt. Die Darstellung ist darum zuläs-sig.

„Beck’s Most Wanted Music“ (MTV) vom 13.11.2010

Beispiel VII

Eine starke Durchdringung mit Markennamen und -logos ist auch in Stefan Raabs „Wok-WM“ (ProSieben) anzutreffen. Dabei handelt es sich um eine Unterhaltungssendung, die wie eine Sport-Übertragung aufgebaut ist. Prominente aus Sport und Unterhaltung treten mit ei-nem modifizierten asiatischen Wok in einer Rennrodel- und Bobbahn in Einzel- und Mann-schaftsrennen gegeneinander an. Daneben finden humoristische und musikalische Einlagen statt. Die gesamte Sendung ist deutlich und unmissverständlich erkennbar durchsetzt mit Pro-duktmarkeneinblendungen (auf und am Rande der Rodelbahn, auf der Sportkleidung der Teil-nehmer, auf Stellwänden etc.). Ferner fungieren Firmen als Namenspatrone für die Teams, und bei musikalischen Einlagen wird die jeweilige CD eingeblendet.

80 Die Werberichtlinien ARD und ZDF enthalten keine derartige explizite Regelung. Es ist aber davon auszu-

gehen, dass auch in öffentlich-rechtlichen Programmen Titelsponsoring in dem Rahmen, in dem ihnen Sponsoring ebenfalls gestattet ist, als zulässig anzusehen ist.

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Ergebnisse der Programmbeobachtung

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„Wok WM“ (ProSieben) vom 13.03.2011

Merkmal der Dauerwerbesendung ist, dass der Werbecharakter erkennbar im Vordergrund steht und die Werbung einen wesentlichen Bestandteil der Sendung darstellt (§ 7 Abs. 5 RStV). Im Unterschied zu Sendungen, bei denen die redaktionelle Gestaltung das Programm prägt, während nur einzelne werbliche Elemente hinzutreten, sind Dauerwerbesendungen ins-gesamt Werbesendungen.81 Sie sind redaktionell gestaltete Werbung, die sich von einem (re-daktionell gestalteten) Werbespot durch ihre Länge unterscheiden82, woraus die besondere Kennzeichnungspflicht (gemäß § 7 Abs. 5 Satz 2 RStV für die gesamte Dauer der Sendung) resultiert.83 Bei einer Dauerwerbesendung fällt die Werbebotschaft „mit der Tür ins Haus“. Im Unterschied dazu sind Produktplatzierung und Schleichwerbung Erscheinungsformen werb-lich unterstützter und angereicherter redaktioneller Programmangebote. Werbebotschaften kommen hier verdeckt, quasi nebenbei und unterschwellig daher.

Nach diesen Grundsätzen ist die Kennzeichnung der „Wok-WM“ als Dauerwerbesendung korrekt. Im privaten Rundfunk sind nach Wegfall der täglichen Höchstgrenze der Werbung durch den 13. RÄStV Dauerwerbesendungen in unbegrenztem Umfang zulässig;84 im öffent-lich-rechtlichen Rundfunk ist die Zulässigkeit von Dauerwerbesendungen durch den in § 16 Abs. 1 RStV festgesetzten Umfang begrenzt; sie kann danach im Einzelfall maximal 20 Mi-nuten betragen.

81 Vgl. Volpers/Holznagel (2009), S. 171 f., mit weiteren Nachweisen. 82 Vgl. Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, RStV 45. AL, § 7 Rdn. 34. 83 Vgl. Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, RStV 45. AL, § 7 Rdn. 42. 84 Vgl. Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, RStV 45. AL, § 7 Rdn. 38.

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Die Programmpraxis im Kontext der rechtlichen …

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4 Die Programmpraxis im Kontext der rechtlichen Rahmenbe-dingungen – eine Einschätzung des gegenwärtigen Regelungs-konzepts

Obwohl die neuen Regelungen zur Produktplatzierung den Veranstaltern deutliche Erleichte-rungen bringen, Produkte gezielt in das Programm einzubetten und sich hierdurch finanzielle Einnahmequellen legal zu erschließen, wird von dieser Möglichkeit bisher eher zögerlich Gebrauch gemacht.

Dies mag zum einen daran liegen, dass die Programmveranstalter in der Regel selbst wenig Wert darauf legen, dem Zuschauer ihre Sendungen als Plattformen für Werbebotschaften Dritter darzubieten. Genau dies verlangt aber die mit erlaubter Produktplatzierung verbundene Kennzeichnungspflicht. Denn mit ihr muss sich der Veranstalter dem Zuschauer offenbaren, dass das, was in seiner Sendung dargestellt wird, nicht aus einem redaktionellen oder drama-turgischen Impetus erfolgt, sondern wirtschaftlichen Erwägungen geschuldet ist. Rund 70 Prozent der Zuschauer finden Vermischungen von Programm und Werbung „nicht in Ord-nung“ oder lehnen sie ausdrücklich ab.85 Da mag es hier und da günstiger erscheinen, Platzie-rungen den Mantel eines redaktionellen/dramaturgischen Anscheins umzuhängen und auf eine Kennzeichnung auch dann zu verzichten, wenn finanzielle Erwägungen tragendes Element der Platzierung sind.

Andererseits machen die Komplexität der Regelungen und die Vielzahl der Varianten von Produkt- und Markeneinbindungen die Einordnung in der Praxis oft schwer und verlangen den Veranstaltern angesichts regelungsbedingter Abgrenzungsungenauigkeiten und tatsächli-cher Grenzüberschneidungen viel ab, im Alltagsgeschäft stets die richtige Wertung zu treffen.

So ist eine Differenzierung zwischen „überwiegend programmlich-dramaturgisch“ begründe-ten Platzierungen (vgl. Ziff. 4 Nr. 1 WerbeRL Fernsehen), die aus Gründen der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verbürgten Programmfreiheit86 seit jeher kennzeichnungsfrei zulässig sind87, und solchen, die nicht mehr als „überwiegend“ von programmlich-dramaturgischen Erwägungen, sondern als vom Ziel der Absatzförderung (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 11 RStV) getragen anzusehen sind, mitunter kaum möglich.

Zwar wird versucht, über das Merkmal der entgeltlichen oder ähnlichen Gegenleistung (vgl. § 2 Abs 2 Nr. 11 RStV) und das Gebot der nicht zu starken Herausstellung von Produkten (vgl. § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 3 RStV) auch Grenzbereiche zu erfassen. Allerdings sind diese Kriterien nur bedingt tauglich, da sie zum einen unterschiedliche Definitions- und Regelungsbereiche

85 Vgl. Volpers/Holznagel (2009), S. 59 ff. 86 Vgl. BVerfGE 59, 231 (258); 87, 181 (201); 89, 144. 87 Siehe dazu auch Ziff. 9 Abs. 1 WerbeRL Fernsehen (2000): „Das Darstellen von gewerblichen Waren oder

deren Herstellern, von Dienstleistungen oder deren Anbietern außerhalb von Werbesendungen ist keine Schleichwerbung, wenn es aus überwiegend programmlich-dramaturgischen Gründen sowie zur Wahrneh-mung von Informationspflichten erfolgt.“ – Es ist nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber mit dem 13. RÄStV hinter diesen Standard zurücktreten wollte; aus Gründen der Achtung der Programmfreiheit wäre dies auch schwer durchsetzbar.

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Die Programmpraxis im Kontext der rechtlichen …

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(redaktionell/dramaturgisch bedingte Platzierung; Produktplatzierung; Schleichwerbung) in-haltlich verwischen und zum anderen in der Praxis kaum immer eindeutig verifizierbar sind.

So wird das für zulässige (aber gemäß § 7 Abs. 7 Satz 3 und 4 RStV kennzeichnungspflichti-ge) Produktplatzierungen fixierte Gebot der nicht zu starken Herausstellung von Produkten in Ziff. 4 Nr. 6 WerbeRL Fernsehen ebenfalls an das Erfordernis geknüpft, dass das Produkt „aus überwiegend programmlich-dramaturgischen Gründen in die Handlung oder den Ablauf integriert wird oder die Verwendung oder Darstellung des Produkts als Information zur Ver-deutlichung des Inhalts der Sendung notwendig ist“ und dass ihm bei seiner Platzierung „kei-ne auffällige Stellung im Sendungsverlauf eingeräumt“ wird. Damit aber wird – auch im Ver-gleich zur vorherigen Rechtslage – eine Kennzeichnung (als Produktplatzierung) verlangt, wo Darstellungen bisher kennzeichnungsfrei zulässig waren und unter Beachtung des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG auch weiterhin kennzeichnungsfrei erlaubt sein müssen.

Bleibt also als einziges „echtes“ Abgrenzungskriterium die Gewährung eines Entgeltes oder einer ähnlichen Gegenleistung, wobei von dem Begriff der „ähnlichen Gegenleistung“ vor-nehmlich kostenlose Bereitstellungen von Waren oder Dienstleistungen i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 RStV umfasst sein dürften, die insbesondere dann, wenn sie „von bedeutendem Wert“ sind, für den Programmveranstalter/Produzenten einen geldwerten (zur Absatzförde-rung im Interesse eines Dritten motivierenden) Vorteil darstellen.

Lassen sich redaktionsfremde Erwägungen bei dem Versprechen und der Annahme von Geld-zahlungen noch vergleichsweise leicht ausmachen (vorausgesetzt, dieser Umstand wird of-fenbar), stellt sich dies bei geldwerten Vorteilen schon wesentlich schwieriger dar. Denn An-haltspunkte für eine nicht redaktionell, sondern wirtschaftlich motivierte Platzierung können sich anders als bei Geldleistungen, die über einen wirtschaftlichen Vorteil durch die lediglich kostenfreie Zurverfügungstellung erheblich hinausgehen (hier erhält der Veranstalter nicht nur kostenfrei das Produkt, sondern zusätzlich einen i.d.R. erheblichen Geldbetrag), kaum ermit-teln lassen, wenn sich das Produkt – wie auch bei gezielten Platzierungen verlangt – harmo-nisch und zurückhaltend in den natürlichen Handlungsverlauf einfügt. Insbesondere fehlt es in diesen Fällen an einer klaren Abgrenzung zur Darstellung von Produkten als Teil einer pro-grammlich-dramaturgisch gerechtfertigten Wiedergabe der Lebenswirklichkeit, die seit jeher vom verfassungsrechtlich geschützten Programmauftrag gedeckt war (auch dann, wenn der Veranstalter für die Bereitstellung des Produktes kein Entgelt entrichten musste).

An diesem Punkt stellt sich auch die Frage nach der rechtlichen Abgrenzung zum Sponsoring. Nach der Definition des Rundfunkstaatsvertrages (§ 2 Abs. 2 Nr. 9) ist Sponsoring jeder Bei-trag einer an Rundfunktätigkeiten oder der Produktion audiovisueller Werke nicht beteiligten natürlichen oder juristischen Person oder Personenvereinigung zur direkten oder indirekten Finanzierung einer Sendung, um den Namen, die Marke, das Erscheinungsbild, die Tätigkeit oder die Leistungen der Person oder Personenvereinigung zu fördern. Hiernach ist auch die Bereitstellung von Einzelleistungen bzw. -produkten, welche die Umsetzung einer Sendung wirtschaftlich ermöglichen, Sponsoring, wenn sie vom Sponsor mit dem Zweck verbunden ist, den eigenen Namen, eigene Produkte, seine Tätigkeit oder seine Leistungen zu fördern.

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Während bisher die Zurverfügungstellung von Ausstattungsgegenständen unter den Begriff der finanziellen Förderung i.S. des Sponsorings eingeordnet wurde88, gehen Hart-stein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner davon aus, dass nach der mit dem 13. RÄStV für Produktplat-zierungen geschaffenen Sonderregelung für diese Einordnung kein Raum mehr sei.89 Dieser Ansicht kann jedoch nicht gefolgt werden, denn das Sponsoring hat – jedenfalls nach der In-tention des Gesetzgebers – eine andere Zielsetzung als Werbung und ihre Sonderformen, zu denen auch die Produktplatzierung zählt. Während Werbung auf Produktabsatz gerichtet ist, dieser also bestimmendes Interesse der Präsentation ist, zielt Sponsoring auf die wirtschaftli-che Unterstützung einer Sendung, wobei bestimmendes Interesse hier die Förderung des eige-nen unternehmens- und/oder produktbezogenen Images ist.90 Ist im einen Fall also Absatzför-derung tragendes Motiv, geht es im anderen Fall um Imagegewinn. Das eine vom anderen zu unterscheiden, dürfte in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten bereiten und führt dazu, dass es letztlich in der Hoheit der Veranstalter (und ihrer Unterstützer) liegt, in welcher Form die Un-terstützung erfolgt und präsentiert wird. Dennoch lässt sich das Sponsoring von Sendungen durch Sachzuwendungen in Form von Ausstattungsgegenständen weder im Hinblick auf diese Abgrenzungsprobleme noch unter Verweis auf die Regelungen zur Produktplatzierung aus-schließen. Hierzu bedürfte es einer klar eingrenzenden Definition des Sponsorings, die der Gesetzgeber vornehmen müsste. Der obigen Auffassung von Hart-stein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner gefolgt, bliebe im Übrigen auch kein Raum für die nach der neuen Rechtslage unveränderte Behandlung von Ausstatterhinweisen, die nach den WerbeRL Fernsehen aber weiterhin außerhalb der Regelungen zur Produktplatzierung zulässig sein sol-len.91

Nicht glücklich erscheint auch die Anknüpfung an das Merkmal des „bedeutenden Wertes“ bei kostenlosen Bereitstellungen, wie es § 2 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 RStV definiert.92 Sie mag aus der Überlegung heraus nachvollziehbar sein, dass kostenlose Bereitstellungen für den Programmveranstalter/Produzenten keinen erheblich ins Gewicht fallenden finanziellen Vor-teil darstellen und damit auch ein wirtschaftliches Interesse als Motivation für die Einbindung weniger ausgeprägt ist, wenn die zur Verfügung gestellten Produkte oder Dienstleistungen nur von geringem Wert sind. Überzeugend ist dies allerdings im Hinblick auf die Transparenz von gezielten Platzierungen gegenüber dem Zuschauer nicht. Auch die Abgrenzung zur Schleich-werbung dürfte hier künftig noch einige Schwierigkeiten bereiten, insbesondere dann, wenn sich Platzierungen geringwertiger Produkte in einer Sendung häufen.

Auch für Preisauslobungen wirft die Anbindung an den „bedeutenden Wert“ Probleme auf, da sie in Abhängigkeit vom Wert des Preises in der Praxis zu unterschiedlichen Bedingungen und Kennzeichnungen führt. Gemäß § 15 Satz 1 Nr. 2 bzw. § 44 Satz 1 Nr. 2 RStV gelten Preise, die von Dritten kostenlos zur Verfügung gestellt werden, ebenfalls als Produktplatzie-rung, wenn die ausgelobten Produkte von bedeutendem Wert sind. Dies hat zur Folge, dass

88 Vgl. Hahn/Vesting, Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, RStV § 2 Rdn. 129, mit weiteren Nach-

weisen; Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, RStV, 46. AL, § 8 Rdn. 22-24. 89 Vgl. Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, RStV, 46. AL, § 8 Rdn. 22-24. 90 Vgl. Hahn/Vesting, Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, RStV § 2 Rdn. 133 f. 91 Vgl. Ziff. 4 Nr. 9 i.V.m. Ziff. 12 WerbeRL Fernsehen 92 Sie beruht auf Erwägungsgrund 91 der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste, welcher aber in der

Richtlinie selbst (s. dort Art. 3g/kodifizierte Fassung Art. 11) keinen Niederschlag gefunden hat.

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Die Programmpraxis im Kontext der rechtlichen …

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Preisauslobungen in diesem Fall nur noch in Sport- und leichten Unterhaltungssendungen zulässig sind und gemäß § 7 Abs. 7 Satz 3 und 4 RStV als Produktplatzierung gekennzeichnet werden müssen. Nur wenn sich die ausgelobten Produkte unterhalb der Grenze des bedeuten-den Wertes bewegen, gelten diese Bestimmungen nicht, sondern es finden wie bisher die Vorgaben der WerbeRL Fernsehen (vgl. dort Ziff. 8) Anwendung. Eine solche Differenzie-rung ist unverständlich und dürfte nicht nur bei den Zuschauern Verwirrung stiften, sondern angesichts der an den WerbeRL Fernsehen gefestigten Praxis auch bei den Veranstaltern für erhebliche Unsicherheit bei der künftigen Auslobung und Darstellung von Preisen sorgen. Preisauslobungen sind ein Mittel der Programmbindung und daher von Seiten der Veranstal-ter bezüglich der ausgelobten Preise in der Regel nicht i.S. der Beförderung eines Produktab-satzes motiviert. Preisauslobungen sollten daher auch weiterhin entsprechend den WerbeRL Fernsehen als Programmelement betrachtet und die Preisdarstellungen an programmlich-redaktionellen Maßstäben gemessen werden.

Inwieweit sich die Regelungen bewähren werden, wird abzuwarten sein. Im Hinblick auf die aufgezeigten, in den Beobachtungen zum Teil auch schon sichtbar gewordenen Probleme soll-te die Praxis im Umgang mit den Regelungen zur Produktplatzierung zunächst weiter be-obachtet werden, um weitere Erfahrungswerte zu sammeln. Daran anknüpfend sollten die Werberichtlinien der Landesmedienanstalten ggf. konkretisiert und, soweit erforderlich, die gesetzlichen Regelungen „nachjustiert“ werden.

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5 Zusammenfassung und Fazit Zielsetzung

Der Rundfunkstaatsvertrag (RStV) in der Fassung des 13. Rundfunkänderungsstaatsvertrages (RÄStV) ist zum 1. April 2010 in Kraft getreten. Eine der wesentlichsten Änderungen der Novelle besteht darin, dass nunmehr – in Umsetzung europäischen Rechts (Fernsehrichtlinie) – im Programm privater Fernsehveranstalter unter bestimmten Bedingungen Produktplatzie-rungen zulässig sind. Erkennbare Markenprodukte waren bereits vor der letzten Novelle des RStV in deutschen Fernsehprogrammen in verschiedenen Sendungskontexten vorhanden. Zum großen Teil handelte es sich hierbei um zulässige, da unvermeidbare Darstellungen von Produkten, Marken und Dienstleistungen. Bezahlte Produktplatzierungen waren hingegen bis zum 13. RÄStV unzulässig. Die nunmehr vorgenommene Liberalisierung dieser Regelung bedeutet für das deutsche Rundfunkrecht einen Paradigmenwechsel:

► Deutlich erkennbare Produkte, die gegen Entgelt mit der Absicht, werbliche Wirkung zu entfalten, implementiert werden, sind jetzt – unter bestimmten Voraussetzungen – zuläs-sig.

Allerdings formulierte der Gesetzgeber für diese zulässigen Fälle von Produktplatzierungen Grenzen bzw. knüpft Bedingungen daran. Die Regelungen betreffen u.a. die Begrenzung auf bestimmte Programmformate, die Art und Weise der dramaturgischen Einbindung von Pro-dukten in den Sendungsverlauf sowie eine explizite Kennzeichnung der Sendungen, in denen Produktplatzierungen enthalten sind.

Vor dem Hintergrund der neuen Rechtslage und den damit einhergehenden Veränderungen hat die Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten (ALM) beim Institut für Medienfor-schung Göttingen&Köln (IM•GÖ) eine Bestandsaufnahme der Programmpraxis im ersten Jahr seit Bestehen des 13. RÄStV in Auftrag gegeben. Hierbei sollte auch geprüft werden, ob und inwieweit die Normkonkretisierung durch die Werberichtlinien Fernsehen der Landesmedien-anstalten die gebotene Berücksichtigung findet. Hierfür wurde von Oktober 2010 bis zum April 2011 eine intensive Visionierung ausgewählter Fernsehsender und Programmstrecken vorgenommen, um Produktplatzierungen zu identifizieren. Die aus der Programmbeobach-tung resultierenden Funde wurden vor dem Hintergrund der bestehenden Werberichtlinien analysiert. Im Kern ging es hierbei darum zu prüfen, ob und inwieweit die im 13. RÄStV ge-nannten Regelungen für die Zulässigkeit von Produktplatzierungen eingehalten werden, wo dies (möglicherweise systematisch) nicht geschieht und wo sich ggf. Grauzonen zeigen.

Die Regelungsdichte, die sich aus den Bestimmungen des 13. RÄStV und den entsprechenden Normkonkretisierungen der Landesmedienanstalten und öffentlich-rechtlichen Rundfunkan-stalten ergibt, stellt für die Veranstalter relativ hohe Anforderungen in Bezug auf die Fall-konstellationen, in denen Produktplatzierungen möglich sind und wie sie dramaturgisch zu behandeln sind. Ob ein Produkt redaktionell gerechtfertigt oder nicht gerechtfertigt ist und ob einem Produkt im Sendungsverlauf eine (zu) auffällige Stellung eingeräumt wird, wirft defini-torische Fragen auf.

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Befunde

Als erster zentraler Befund lässt sich festhalten, dass eine flächendeckende Durchdringung des deutschen Fernsehprogramms mit Produktplatzierungen im Sinne der Definition des Rundfunkstaatsvertrages derzeit nicht gegeben ist. Obwohl die neuen Regelungen zur Pro-duktplatzierung eine deutliche Liberalisierung zur Programmintegration von Werbebotschaf-ten bedeutet und sich hierdurch finanzielle Einnahmequellen erschließen, wurde im ersten Jahr nach der Novelle des RStV von dieser Möglichkeit eher zögerlich Gebrauch gemacht. Die Gründe hierfür sind vor allem in der noch nicht geklärten Aufteilung der Erlöse zwischen Produzenten und Veranstaltern zu sehen.

Innerhalb des Beobachtungszeitraumes ließen sich dennoch etliche Fälle von Produktplatzie-rungen beobachten, denen quasi der Status von Pilotprojekten zukommt. Die Analyse dieser Fälle zeigt, wie die Produzenten mit der dramaturgischen Einbindung der Produkte umgehen und wie die Veranstalter die rechtlichen Auflagen umsetzen. Zusammenfassend sind folgende Ergebnisse festzuhalten:

► In denjenigen Fällen, in denen Produktplatzierungen vorhanden waren, erfolgten sie der neuen Rechtslage entsprechend ausschließlich in den zulässigen Unterhaltungsformaten.

► Placements in Formaten mit Informationscharakter – wie insbesondere Nachrichten, Sendungen zum politischen Zeitgeschehen sowie Ratgeber- und Verbrauchersendungen –, in Programmstrecken für Kinder oder in Übertragungen von Gottesdiensten konnten nicht identifiziert werden.

► Die Sichtung und Bewertung ergab in den meisten Fällen keine Hinweise darauf, dass die redaktionelle Unabhängigkeit hinsichtlich Inhalt und Sendeplatz durch Produktplat-zierungen beeinträchtigt wurde.

► Es wurden keine Platzierungen festgestellt, in denen unmittelbar und explizit zum Kauf der jeweiligen Produkte aufgefordert wird. Allerdings wurden Einzelfälle beobachtet, die als „verkaufsfördernd“ einzustufen sind und in denen die Produkte zu stark heraus-gestellt wurden.

► Die rechtlichen Vorgaben zur Kennzeichnung wurden von den Programmverantwortli-chen im Untersuchungszeitraum weitestgehend eingehalten.

Es lässt sich also konstatieren, dass die privaten Fernsehveranstalter im Beobachtungs-zeitraum, von wenigen Fällen abgesehen, die rechtlichen Bestimmungen zur Produkt-platzierung in Fernsehsendungen eingehalten haben.

Neben der entgeltlichen Platzierung von Produkten kann unter Umständen auch die kostenlo-se Bereitstellung von Waren oder Dienstleistungen eine Produktplatzierung sein. Dies ist nach § 2 Abs. 2 Nr. 11 RStV dann der Fall, wenn der entsprechende Gegenstand von bedeutendem Wert ist. Die Werberichtlinien führen aus, dass dies für jede Produktion gesondert zu bestim-men ist: „Als relevante Grenze für die Bestimmung des bedeutenden Wertes wird 1 Prozent der Produktionskosten ab einer Untergrenze von 1.000,- Euro festgelegt.“

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Solche Produktionsbeihilfen von besonderem Wert konnten in geringer Zahl im Untersu-chungszeitraum festgestellt werden. Sie waren den rechtlichen Regelungen entsprechend ge-kennzeichnet. Darüber hinaus wurden etliche Fälle von vermeintlichen Produktionsbeihilfen identifiziert, die offenkundig unter der relevanten Grenze der Produktionskosten lagen und somit nicht unter die Kennzeichnungspflicht fallen.

Problembereiche

Mit der im 13. RÄStV vorgenommenen Definition von „Produktplatzierung“ wird ein Groß-teil der im Fernsehen sichtbaren Produkte, Marken und Firmen nicht erfasst. Hierbei handelt es sich um (1) unvermeidbares und unbezahltes Placement sowie (2) vermeidbare und unbe-zahlte Platzierung von Produkten.

Der Typ 1, die unvermeidbare und unbezahlte Darstellung von Produkten, liegt auf den ersten Blick außerhalb der Einflussnahme der Rundfunkveranstalter. In der gesellschaftlichen Reali-tät nehmen Konsumgüter einen immer größeren Stellenwert ein, so dass eine realitätsnahe Darstellung der „Wirklichkeit“ ohne die Darstellung von Produkten in vielen Formaten kaum möglich sein dürfte. Hiervon sind gerade solche Formate betroffen, in denen bezahlte Pro-duktplatzierungen auch nach der neuen Rechtslage unzulässig sind, wie beispielsweise Infor-mations- und Verbrauchersendungen.

Der Typ 2, die vermeidbare und unbezahlte Platzierung von Produkten, ist ebenfalls Reflex auf die Bedeutung von Konsumgütern für das Berichterstattungsgeschehen. So ist z.B. der Hinweis auf und die optische Präsenz des neuen Buchs oder der neuen CD eines Künstlers grundsätzlich vermeidbar, ist aber im Kontext einer Kultursendung plausibel und trotz der werblichen Wirksamkeit, die damit entfaltet werden mag, zulässig.

Nur die vermeidbare und bezahlte Produktplatzierung fällt in den Regelungsbereich der neuen Bestimmungen und ist somit unter bestimmten Bedingungen ebenfalls zulässig. Im Falle der Zulässigkeit ist dann allerdings eine Kennzeichnung notwendig. Faktisch liegt die Vermeid-barkeit von Produktplatzierung zunächst in den Händen der Produzenten und nicht beim Ver-anstalter. Hierdurch entsteht zwangsläufig bei Fremdproduktionen eine Problemzone – kön-nen sie doch eine Fülle von Produktplatzierungen enthalten, auf die der Veranstalter keinen Einfluss hat. Zwar muss er auf die Tatsache oder Möglichkeit des Vorhandenseins von Pro-duktplatzierungen hinweisen, allerdings kann dies an „versteckter Stelle“ im Teletext oder Webauftritt erfolgen.

Für die Veranstalter eröffnen sich durch die Vielzahl der Kontexte, in denen Produkte im Programm auftauchen können, Grauzonen bzw. es bilden sich Hybridformen aus. Die Kom-plexität der Regelungen und die Vielzahl der Varianten von Produkt- und Markeneinbindun-gen macht die Einordnung in der Praxis oft schwer und verlangt den Veranstaltern angesichts regelungsbedingter Abgrenzungsungenauigkeiten und tatsächlicher Grenzüberschneidungen viel ab, im Alltagsgeschäft stets die richtige Wertung zu treffen. So ist eine Differenzierung zwischen „überwiegend programmlich-dramaturgisch“ begründeten Platzierungen, die aus Gründen der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verbürgten Programmfreiheit seit jeher kennzeich-nungsfrei zulässig sind, und solchen, die nicht mehr als „überwiegend“ von programmlich-dramaturgischen Erwägungen, sondern als vom Ziel der Absatzförderung getragen anzusehen sind, mitunter kaum möglich.

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Im Kontext der erfolgten Programmbeobachtung konnten etliche Fälle identifiziert werden, bei denen Markenname bzw. Markenprodukte in redaktionellen Kontexten zu sehen waren und/oder genannt wurden, die sich aber aus unterschiedlichen Gründen nicht unter die Defini-tion von Produktplatzierung subsumieren lassen. So kann beispielsweise die vollständige Sendung bzw. ein Beitrag – deutlich über ein bloßes Placement hinausgehend – von einem Markennamen geprägt sein, wie dies bei der Vorstellung eines neuen IKEA-Möbelhauses („Abenteuer Leben“, kabeleins) der Fall war. Auch in der RTL-Doku-Soap „Undercover Boss“ wurde das jeweils dargestellte Unternehmen mehrfach genannt und war das Markenlo-go häufig sichtbar. Neben Programmformaten, auf deren Gestaltung die Veranstalter Einfluss haben, besteht zudem über passives Sponsoring im Sport ein breites Einfallstor für Produkt-platzierungen in Fernsehsendungen, allerdings erfolgt die Bezahlung hier „am Veranstalter vorbei“.

In der Programmpraxis ergibt sich daraus für den Zuschauer die Situation, dass es eine Fülle von erkennbaren Produkten im Fernsehprogramm gibt, auf welche die neue Regelung nicht anwendbar ist und somit auch keine Kennzeichnung erfolgt. In anderen Kontexten trifft das Publikum jedoch auf Produktplatzierungen, auf deren Vorhandensein es hingewiesen wird. Für den durchschnittlichen Zuschauer dürfte in der Flüchtigkeit der normalen Rezeptionssitu-ation der Unterschied zwischen zulässiger, aber vermeidbarer bezahlter Produktplatzierung sowie unvermeidbarer oder vermeidbarer unbezahlter kaum eine Rolle spielen. Allerdings kann er sich nun über die Wahrnehmung der Kennzeichnung Gewissheit über den Hinter-grund der Produktplatzierung schaffen.

Das zentrale Ziel des Gesetzgebers, den Zuschauer über den Status der im redaktionellen Pro-gramm erscheinenden Markenprodukte aufzuklären und diesbezüglich Transparenz zu schaf-fen, wird allerdings nicht immer erreicht: Im Rahmen der hier vorgenommenen Programmbe-obachtung konnten etliche Fälle ausfindig gemacht werden, bei denen für den Zuschauer nicht erkennbar ist, ob es sich bei den deutlich erkennbaren Produkten in TV-Sendungen um une-kennzeichnete Produktplatzierungen, unentgeltliche Beistellungen oder lediglich um zufälli-ge, unbeabsichtigte Einblendungen handelt. Diese Ungewissheit bezieht sich vor allem auf Automodelle, die innerhalb von Fernsehsendungen mehrfach ins Bild kommen und bei denen das Fabrikat mühelos und eindeutig zu erkennen ist. Hierbei dürfte es sich häufig um kosten-lose Bereitstellungen handeln. Die für eine Kennzeichnungspflicht maßgebliche Anknüpfung an das Merkmal des „bedeutenden Wertes“ bei kostenlosen Bereitstellungen erscheint aller-dings wenig glücklich. Die Abgrenzung zur Schleichwerbung dürfte hier künftig noch einige Schwierigkeiten bereiten, insbesondere dann, wenn sich Platzierungen geringwertiger Produk-te in einer Sendung häufen.

Die Medienaufsicht wird durch die geschilderten Probleme verstärkt gefordert sein, da es nun zu entscheiden gilt, ob eine Darstellung von Produkten in zulässiger oder unzulässiger Weise erfolgt. Im Prinzip war diese Situation bereits vor der Novelle des 13. RÄStV gegeben, sie tritt nunmehr durch das ausgeweitete Regelungsgerüst noch schärfer hervor.

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Bestandsaufnahme zu Produktplatzierungen • Literatur

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Volpers, Helmut/ Holznagel, Bernd (2009): Trennung von Werbung und Programm im Fern-sehen. Zuschauerwahrnehmung und Regulierungsoptionen. Berlin.

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Voß, Jochen (2010b): Product Placement: So sehen’s die Produzenten. Im Web abrufbar unter http://www.dwdl.de/magazin/25436/product_placement_so_sehens_die_produzenten/ [Stand: 11.05.2010]

Wengenroth, Kai (2006): Neue Erlösformen im deutschen Fernsehen. Entwicklung und Zu-kunft der Fernsehfinanzierung. Saarbrücken.

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Anhang

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Leitfragen der ZAK zur Durchführung der Bestandsaufnahme und deren Beantwortung (synoptische Darstellung)

Leitfragen Befunde

Allgemeine Anforderungen

Sind Fälle identifizierbar, in denen unmittelbar zu Kauf, Miete oder Pacht von Waren oder Dienstleistungen aufge-fordert wird, insbesondere durch spezielle verkaufsfördern-de Hinweise auf Waren oder Dienstleistungen?

Es wurden keine Platzierungen festge-stellt, in denen unmittelbar zum Kauf der jeweiligen Produkte aufgefordert wird. Allerdings wurden drei Einzelfälle beo-bachtet, die als „verkaufsfördernd“ einge-stuft wurden.

Sind Fälle identifizierbar, in denen ein Produkt zu stark herausgestellt wird?

Es wurden drei Fälle beobachtet, in denen die Produkte zu stark herausgestellt wur-den.

Sind Fälle identifizierbar, in denen der Eindruck entsteht, dass das Produkt nicht aus überwiegend programmlich-dramaturgischen Gründen in die Handlung oder den Ablauf integriert wird oder die Verwendung oder Darstellung eines Produkts nicht als Information zur Verdeutlichung des In-halts der Sendung notwendig ist?

Es wurden einige Fälle identifiziert, in denen die Integration in den Handlungs-ablauf erzwungen erscheint. In einem Fall („Fashion & Fame“, ProSieben) unter-wirft sich der Handlungsablauf vollstän-dig der Produktinformation.

Sind Fälle identifizierbar, in denen dem Produkt bei seiner Platzierung eine auffällige Stellung im Sendungsverlauf eingeräumt wird?

Es wurden drei Einzelfälle beobachtet, bei denen eine auffällige Stellung im Sen-dungsverlauf vorliegt.

Sind Produktplatzierungen in anderen Formaten als Kino-filmen, Filmen, Serien, Sportsendungen und Sendungen der leichten Unterhaltung feststellbar, also etwa in Nachrichten, Sendungen zum politischen Zeitgeschehen, Ratgeber- und Verbrauchersendungen, Sendungen für Kinder oder Über-tragungen von Gottesdiensten?

Nein: Entsprechende Fälle sind nicht beo-bachtet worden.

Kennzeichnung

Werden die Produktplatzierungen zu Beginn und zum Ende einer Sendung sowie bei deren Fortsetzung nach einer Werbeunterbrechung gekennzeichnet?

Die Kennzeichnungen wurden korrekt vorgenommen.

Erfolgt die Kennzeichnung für die Dauer von mindestens 3 Sekunden durch die Einblendung der Abkürzung „P“?

Ja: Abweichungen wurden nicht beobach-tet.

Wird das „P“-Logo durch Einblendung eines erläuternden Hinweises ergänzt? Wenn ja, durch welchen?

Ja: Es wurden folgende Erläuterungstexte beobachtet:

• „unterstützt durch Produktplatzierun-gen“

• „UNTERSTÜTZT DURCH PRO-

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DUKTPLATZIERUNGEN“

• „Unterstützt durch Produktplatzierung“

• „enthält Produktplatzierung“

Wird auf den Produktplatzierer vor Beginn und/oder nach Ende der Sendung hingewiesen? In welcher Form?

In Einzelfällen, nach der Sendung durch Einblendungen.

Wird hierbei zusätzlich ein Markenlogo des Produktplatzie-rers eingeblendet?

Logos wurden nicht identifiziert, aber gelegentlich erschien der charakteristische Firmenschriftzug.

Gibt es weitere Hinweise auf den Produktplatzierer im Te-letext und/oder im Internet?

Bis auf wenige Ausnahmen nicht.

Ausstatterhinweis

Sind Ausstatterhinweise identifizierbar? Ja

Wie sind diese gestaltet? Einblendung in Textform nach der Sen-dung

Lassen die in der Sendung verwendeten Produkte, auf die sich die Ausstatterhinweise beziehen, den Hersteller erken-nen (etwa durch Logo, Schriftzug o.Ä.)?

Nein

Fremdproduktionen

Werden im Untersuchungszeitraum mit dem „P“-Logo gekennzeichnete Fremdproduktionen ausgestrahlt?

In einem Fall, Live-Übertragung des Neu-jahrskonzertes der Wiener Philharmoniker (ZDF).

Sind Produktplatzierungen in Fremdproduktionen identifi-zierbar, die nicht gekennzeichnet sind?

Ja, in einem Fall: Automobile der Marke Chevrolet in der US-Krimiserie „The Mentalist“ (Sat.1).

Gibt es Hinweise im Zusammenhang mit der Sendung und/oder mit Programmankündigungen zur Sendung im Videotext oder anderen Medien?

Bei einigen Sendern erfolgte dies, bei anderen nicht.

Themenplatzierung

Ist im Untersuchungszeitraum in Einzelfällen ein begründe-ter Verdacht auf Themenplatzierung feststellbar?

Nein

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Liste der visionierten Fernsehsender

Private Programme Öffentlich-rechtliche Programme

Vollprogramme Vollprogramme

• RTL • ARD/Das Erste

• Sat.1 • ZDF

• ProSieben • MDR

• kabel eins

• RTL2

• VOX

• Das Vierte

Spartenprogramme

• super RTL

• Tele 5

• sixx

• DMAX

• Sport 1

• ntv

• N24

• MTV

• VIVA

• Nick