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32 prmagazin 11/2010 UNTERNEHMEN & ORGANISATIONEN Imageanalyse (3): Energie OHNE POWER Der „Atomdeal“ im September hat die Energiebranche kräftig durcheinander- gewirbelt. Wie hat sich die hitzige Diskussion rund um die Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken auf das Online-Image der Versorger und ihrer Marken ausgewirkt? Das Reputationsrating gibt Aufschluss. TEXT: Frank Sanders Brennelementesteuer, Brückentechnologie, Laufzeitverlänge- rung: Drei Begriffe standen im Zentrum der energiepolitischen Debatte der vergangenen Monate. Augenscheinlich profitieren vor allem die vier Oligopolisten E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW von dem heftig umstrittenen „Deal“, während Ökostrom- und lokale Anbieter um ihre Investitionen bangen. In Erwar- tung des baldigen Atomausstiegs hatten viele kleinere Versorger ihr Geld in eine atomfreie Zukunft gesteckt. Nach dem Atom- kompromiss erscheint der Energiemarkt nun gefestigter denn je. Hat sich die vielschichtige Diskussion auch auf die Online- reputation der Unternehmen ausgewirkt? Für das Rating nahmen Kuhn, Kammann & Kuhn, Hidden Images und das prmagazin elf Unternehmen unter die Lupe. Neben E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW wurden die Billigmar- ken Eprimo (RWE), E wie einfach (E.ON) und Yello (EnBW), die bekannten Ökostromanbieter Naturstrom und Lichtblick sowie die regionalen Großversorger Mainova und Münchener Stadt- werke analysiert. Ein Blick auf die Ergebnisse verrät: Trotz einiger positiver Ausreißer steht die Branche in der digitalen Öffentlichkeit in keinem guten Licht (siehe Seite 34). In den Kategorien Marke- nerlebnis und Performance sind mehr als zwei Drittel in der schlechteren Hälfte (D-F) und immer noch rund die Hälfte im Bereich Mangelhaft (E-F) angesiedelt. Weniger als ein Viertel der Noten befindet sich in den Kategorien A und B. David schlägt Goliath: Auf diese schlichte Formel lassen sich die Ergebnisse zuspitzen. Sowohl in der Kategorie Marken- erlebnis als auch Performance schneiden die beiden Billigmar- ken Yello und Eprimo am besten ab und liegen zudem deutlich vor ihren Konzernmüttern. Beide Unternehmen weisen in den zwei Kategorien einen sehr hohen Anteil an positiven Profilie- rungen auf, bei gleichzeitig sehr wenigen bis keinen negativen. Dabei fällt auf, dass bei den vermeintlich reinen Billiganbietern nicht ausschließlich preisspezifische Themen im Fokus stehen. Vielmehr deuten Verknüpfungen mit emotionalen Begriffen wie „fantastisch“, „genau richtig“, „alles drin“, „menschlich“ und „super“ auf ein starkes, positives Gesamtbild hin. Eprimo und Yello haben es geschafft, die Kunden zu erreichen und positive Diskussionen um ihre Marke auszulösen.

Reputation Rating Energie - Ohne Power

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Der "Atomdeal" im November hat die Energiebranche kräftig durcheinandergewirbelt. Wie hat sich die hitzige Diskussion rund um die Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken auf das Onlineimage der Versorger und ihrer Marken ausgewirkt? Das Reputationsrating gibt Aufschluss.

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32 prmagazin 11/2010

UNTERNEHMEN & ORGANISATIONENImageanalyse (3): Energie

OHNE POWERDer „Atomdeal“ im September hat die Energiebranche kräftig durcheinander-

gewirbelt. Wie hat sich die hitzige Diskussion rund um die Laufzeitverlängerung

von Kernkraftwerken auf das Online-Image der Versorger und ihrer Marken

ausgewirkt? Das Reputationsrating gibt Aufschluss.

TEXT: Frank Sanders

Brennelementesteuer, Brückentechnologie, Laufzeitverlänge-

rung: Drei Begriffe standen im Zentrum der energiepolitischen Debatte der vergangenen Monate. Augenscheinlich profitieren vor allem die vier Oligopolisten E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW von dem heftig umstrittenen „Deal“, während Ökostrom- und lokale Anbieter um ihre Investitionen bangen. In Erwar-tung des baldigen Atomausstiegs hatten viele kleinere Versorger ihr Geld in eine atomfreie Zukunft gesteckt. Nach dem Atom-kompromiss erscheint der Energiemarkt nun gefestigter denn je. Hat sich die vielschichtige Diskussion auch auf die Online-reputation der Unternehmen ausgewirkt?

Für das Rating nahmen Kuhn, Kammann & Kuhn, Hidden Images und das prmagazin elf Unternehmen unter die Lupe. Neben E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW wurden die Billigmar-ken Eprimo (RWE), E wie einfach (E.ON) und Yello (EnBW), die bekannten Ökostromanbieter Naturstrom und Lichtblick sowie die regionalen Großversorger Mainova und Münchener Stadt-werke analysiert.

Ein Blick auf die Ergebnisse verrät: Trotz einiger positiver Ausreißer steht die Branche in der digitalen Öffentlichkeit in

keinem guten Licht (siehe Seite 34). In den Kategorien Marke-nerlebnis und Performance sind mehr als zwei Drittel in der schlechteren Hälfte (D-F) und immer noch rund die Hälfte im Bereich Mangelhaft (E-F) angesiedelt. Weniger als ein Viertel der Noten befindet sich in den Kategorien A und B.

David schlägt Goliath: Auf diese schlichte Formel lassen sich

die Ergebnisse zuspitzen. Sowohl in der Kategorie Mar ken-erlebnis als auch Performance schneiden die beiden Billigmar-ken Yello und Eprimo am besten ab und liegen zudem deutlich vor ihren Konzernmüttern. Beide Unternehmen weisen in den zwei Kategorien einen sehr hohen Anteil an positiven Profilie-rungen auf, bei gleichzeitig sehr wenigen bis keinen negativen. Dabei fällt auf, dass bei den vermeintlich reinen Billiganbietern nicht ausschließlich preisspezifische Themen im Fokus stehen. Vielmehr deuten Verknüpfungen mit emotionalen Begriffen wie „fantastisch“, „genau richtig“, „alles drin“, „menschlich“ und „super“ auf ein starkes, positives Gesamtbild hin. Eprimo und Yello haben es geschafft, die Kunden zu erreichen und positive Diskussionen um ihre Marke auszulösen.

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WENIG PROFIL, VIEL DURCHSCHNITT

In der Kategorie Präsenz sind die Ergebnisse erwartbar. Die Chefs der großen Konzerne sind präsenter als die kleinerer Unternehmen, Johannes Teyssen (E.ON) aufgrund seiner kurzen Amts zeit weniger als sein Vorgänger Wulf Bernotat. Die Präsenz sagt jedoch noch nichts über die positive und nega tive Profilierung aus. Erst beim Blick auf die Kategorien Managementkompetenz und Persönlichkeit zeigt sich in der Benotung zwar ein insgesamt schlechtes Bild, bei der inhalt-lichen Analyse kommen jedoch interessante Details ans Licht.

Der Vergleich zwischen altem und neuem CEO zeigt: Es gibt zwar keine Unterschiede in der Endnote, wohl aber in ihrem Zustandekommen. So fußt Bernotats Reputation auf einem breiten Fundament ohne allzu positive und ne gative Ecken und Kanten. Anders bei Teyssen: Seine po sitiven Pro-filierungen als freundliche, konsequente und charakter volle Persönlichkeit konterkarieren negative Profilierungen wie Unentschlossenheit, Rastlosigkeit und eine gewisse Steif-heit. Zugleich verfügt er aber über eine solide Reputations-basis, die seine Position insgesamt festigt.

Anders ist das bei Christian Friege (Lichtblick), Constan-

tin Alsheimer (Mainova) und Kurt Mühlhäuser (Stadtwerke München). Alle drei weisen in ihrem Persönlichkeitsprofil ein Spannungsverhältnis auf. Bei positiven wie negativen Entwicklungen müssen sie damit rechnen, dass der fehlende Resonanzkörper ein schnelleres Ausschlagen ihrer Reputa-tion nach sich zieht. Bei einer solchen Ausgangsposition können schon schlechte Quartalszahlen einen Totalabsturz einleiten.

F ABeste Wertung:

F E D C B A F E D C B AF E D C B A

Alsheimer (Mainova)

Banning (Naturstrom)

Bernotat (E.ON)

Friege (Lichtblick)

Großmann (RWE)

Hatakka (Vattenfall)

Mühlhäuser (Stadtw. München)

Teyssen (E.ON)

Villis (EnBW)

Reputation Rating 2010 / Energiebranche / ManagerFührungsspitze Präsenz Management-PerformancePersönlichkeit

Ein Blitz symbolisiert einen besonders hohen Anteil positiver und negativer Extremwerte an der Gesamtwertung

Die Energie-CEOs schneiden schlecht ab – sowohl bei Managementkompetenz

als auch bei Persönlichkeit. 70 Prozent der Bewertungen in diesen Kategorien

liegen in der schlechteren Hälfte (D-F), fast 30 Prozent bei Mangelhaft (E-F).

Ex-E.ON-Chef Wulf Bernotat (rechts) und

sein Nachfolger Johannes Teyssen haben

im Netz eine ähnliche Gesamt reputation –

aber aus unterschiedlichen Gründen.

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RWE-Chef Jürgen Großmann polarisiert nicht so stark wie vermutet. Obwohl er im Vergleich zu seinen CEO-Kolle-gen die größte Präsenz im Netz hat, finden sich nur sehr wenige extrem positive und negative Bewertungen seiner Persönlichkeit. Ähnlich sieht es bei der Managementkompe-tenz aus. Hier bekommt Großmann allerdings keine einzige extrem positive Wertung, die negativen kreisen um Begriffe wie „keine Aufbruchstimmung“, „keine mutige Entschei-dung“ und „Streit“.

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UNTERNEHMEN & ORGANISATIONENImageanalyse (3): Energie

DAS RATING

F ABeste Wertung:

F E D C B A F E D C B AF E D C B A

E.ON

EnBW

Eprimo

ewieeinfach

Lichtblick

Mainova

Naturstrom

RWE

Stadtwerke München

Vattenfall

Yello

Reputation Rating 2010 / Energiebranche / UnternehmenUnternehmen Präsenz Performance Markenerlebnis

Ein Blitz symbolisiert einen besonders hohen Anteil positiver und negativer Extremwerte an der Gesamtwertung

Für die Ermittlung der Rating-Einstu-

fungen werden hunderttausende Mei-

nungsäußerungen in Social Media, Blogs, Foren und Onlineportalen der Printmedien ausgewertet. Tabu sind nur die Homepages der untersuchten Unternehmen. Diese Art der Kommuni-kationsanalyse im Internet hat gegen-über klassischen Methoden wie Um-fragen den Vorteil, die unbeeinflusste Meinung der Stakeholder abzubilden.

Ein so genannter Metacrawler trägt mithilfe von Suchmaschinen alle on-line verfügbaren Texte zusammen, die die untersuchten Firmen im Zusam-

menhang mit definierten Begriffen er-wähnen. Beispielsweise enthält die mehrere hundert Wörter umfassende Liste zur Reputationsdimension Mar-

kenerlebnis Begriffe wie Qualität und Ehrlichkeit. Auf dieser Basis werden zunächst absolute Trefferzahlen ermit-telt. Sie geben Aufschluss über die Sichtbarkeit des Unternehmens, aber noch nicht darüber, ob die Begriffe profilierend und somit reputa tions-fördernd (positiv wie negativ) sind. Möglich ist das erst durch die Gegen-überstellung der Anzahl positiver und negativer Nennungen.

Ob und wie Begriffe profilieren be-ziehungsweise die Reputation beein-flussen, zeigen die anderen Kategorien. Unter Markenerlebnis sind sämt liche Begriffscluster subsumiert, die sich aus Erfahrungen mit einer Firma ergeben (Unternehmen, Marke, Produkt, Ser-vice). Unter Performance wird aus-schließlich wirtschaftliche Semantik gefasst, etwa Cluster zu Aktien-, Um-satz- und Gewinnentwicklung sowie Zukunfts fähigkeit. Die gleiche Me-thode gilt für die Unternehmenschefs. In der Rubrik Persönlichkeit werden ihre Cha raktereigenschaften analysiert.

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E wie einfach kann an diese guten Ergebnisse nicht an-knüpfen. Ein geringer Anteil positiver steht einem größeren An-teil negativer Nennungen gegenüber. Die Kritik entzündet sich vor allem an Servicethemen („Abzocke“, „Kündigung“, „nicht se-riös“ in der Kategorie Markenerlebnis) und fehlender Inspira-tion bei der Markenführung („Nachahmer“, „kein Gespür“, „kein Potential“).

Von den anderen Unternehmen schaffen es nur EnBW und der

regionale Anbieter Mainova noch auf einen Platz im Mittelfeld. EnBW zeigt Stärke als „Marke mit Charakter“, die sich durch ein „gutes Angebot“, „Kundenzufriedenheit“ und „Menschlichkeit“ profiliert. Mainova fällt vor allem durch positive Nennungen in den Themenkomplexen Nachhaltigkeit, Preisniveau und Inno-vation auf.

Was ist der Grund für das schlechte Abschneiden von Licht-blick, Vattenfall, RWE und E.ON? Ein Blick in die Daten verrät: Lichtblick kann die vermutet hohen Erwartungen nicht erfüllen. Sehr wenige positive stehen zahlreichen negativen Profilierun-gen gegenüber. Letztere beziehen sich vor allem auf die man-gelnde wirtschaftliche Performance und eine weltfremd anmu-tende Distanz, was der Marke wenig Sympathie beschert. Die Kommunikation des Unternehmens hat es nicht geschafft, das Image als Ökostromanbieter positiv aufzuladen und Resonanz in der Onlinekommunikation auszulösen.

Weniger verwundert hingegen das schlechte Abschneiden von

Vattenfall. Schließlich prägen die Pannen in den Atomkraftwer-ken und die Debatte um die Umstrukturierung des Konzerns seit längerem die öffentliche Diskussion. Die Daten bestätigen die Vermutung. Attribute wie „anonym“, „intransparent“, „ge-fährlich“, „unverantwortlich“ und „nicht klimafreundlich“ spre-chen eine klare Sprache. Die Kommunikation sollte an den Werten Transparenz und Authentizität in der Informations-verbreitung arbeiten sowie ihr Agendasetting optimieren, um die Glaubwürdigkeit des Unternehmens langfristig zu steigern.

E.ON und RWE schneiden im Ranking zwar nicht positiv ab, können aber auf eine Onlinereputation bauen, die sich auf viele verschiedene Aspekte stützt. Diese befindet sich im Gegensatz zu Eprimo, E wie einfach und Yello nicht in einem Spannungs-verhältnis. Mögliche positive wie negative Entwicklungen ver-ändern die Reputation der Marken nicht so schnell nach oben oder unten. Im Gegensatz zu E.ON löst RWE wesentlich mehr Kommunikation im Internet aus und steht in der Kategorie Präsenz sogar auf Platz eins.

Das E.ON im Netz deutlich weniger genannt wird, verwundert.

Die vom Unternehmen ausgehenden Botschaften und Themen werden anscheinend registriert, lösen aber keine Diskussionen aus. Von einem Konzern dieser Größenordnung ist da mehr zu erwarten. Oder ist die offenbar weniger auf Themensetzung als auf Informationsvermittlung zielende Kommunikation stra te-gisch gewollt?

Vergleicht man die Daten mit denen aus früheren Erhebun-gen, lässt sich festhalten, dass die Themen rund um die Laufzeit-verlängerung keine emotionale Diskussion mit Einfluss auf die Onlinereputation der Unternehmen ausgelöst haben – zumin-dest nicht im Rahmen der diesem Rating zugrunde liegenden positiven und negativen Begriffslisten.

Frank Sanders ist Leiter Corporate Relations der Kölner Agentur

für Wirtschaftskommunikation Kuhn, Kammann & Kuhn.

Die Thesaurusliste Management-Per-

formance bildet fachliche Kompetenz und Führungsstärke der Vorstandsvor-sitzenden ab.

Die Ratingstufen „A“ bis „F“ geben das Verhältnis von positiven und nega-tiven Assoziationen an. Je mehr posi-tive und je weniger negative Verbin-dungen ein Unternehmen auf sich vereint, desto besser sind die Rating -Einstufungen in Richtung A. Insge-samt gibt es sechs Stufen, jede steht für eine spe zifische Wert bandbreite zwi-schen den nume rischen Werten 1 (A)

und 4 (F). Zusätzliche Markierungen mit einem Blitz sym bol stehen für ein Span nungs verhältnis, in dem sich die Marke oder der CEO befindet. In die-sen Fällen gibt es einen hohen Anteil positiver und negativer Extremwerte – eine wichtige Erkenntnis, denn pola-risierte, nicht konsistente Wahrneh-mung weist auf Chancen und Risiken in der Kommunikation hin. Schon kleinste Verän derungen können große Auswirkungen haben.Eine gute Onlinereputation ist kein einmal erworbenes, statisches Gut, son-dern Produkt verschiedener, permanent

laufender Prozesse. Welches Unterneh-men, welche Marke und welcher CEO erfreuen sich wachsender Beliebtheit im Netz? Wer stürzt in der Gunst der User ab? Um die Dynamik abbil-den zu können, nahm Hidden Images in diesem Jahr eine Nullmessung über alle untersuchten Branchen vor und wird die Daten 2011 mit denen aus einer neuen Analyse vergleichen. Im Fokus: Handel, Finanzen, Energie, Automobil, Tele kom mu ni kation und Elektronik. Die nächste Untersuchung erscheint in der Januar-Ausgabe des prmagazins.