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- 1 - Nach Archivalien des Bundesarchivs, Berlin : 1.) >> Archivalie : Film 2ooo6 << / 1925 2.) >> Materialien : Film 2ooo2 << / 1926/7 [ Sign.: 28 & 29 - L / R / 3o R, 31 L / Polit. Archiv des A A. ] 3.) >> Geheime Reichssache Milch-Junkers << / / 4.) >> Russlandausschuss d. Dt. Wirtschaft << / 1939 Thematische oder Quellen-Edition bzgl. dieses Aspekts der J.-Angelegenheit konnten weder via 3w-p. & nicht anhand Titeln der >DNB < bibliographiert werden . Quellendarstellung bzgl. Hugo Junkers, & zur Geschichte der Lufthansa, vor den Wiedergründungen 1953 / BRD & DDR . Wesentlicher Bestand aus 1926 / ’27.

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Nach Archivalien des Bundesarchivs, Berlin : 1.) >> Archivalie : Film 2ooo6 << / 1925 2.) >> Materialien : Film 2ooo2 << / 1926/ 7 [ Sign.: 28 & 29 - L / R / 3o – R, 31 – L / Polit. Archiv des A A. ]

3.) >> Geheime Reichssache Milch-Junkers << / / 4.) >> Russlandausschuss d. Dt. Wirtschaft << / 1939

Thematische oder Quellen-Edition bzgl. dieses Aspekts der J.-Angelegenheit konnten weder via 3w-p. & nicht anhand Titeln der >DNB < bibliographiert werden .

Quellendarstellung bzgl. Hugo Junkers, & zur Geschichte der Lufthansa, vor den Wiedergründungen

1953 / BRD & DDR . Wesentlicher Bestand aus 1926 / ’27.

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“ NS–philosoph. Reflektion & Axiomatik “ :

Weltbrand, von den Stoikern angenommenes

Urfeuer, das nach bestimmten Zeitabschnit- ten die Welt zerstört.

DAS NEUE WELTLEXIKON / MIT WELT- ATLAS 194O , WIEN

Anhand der Materialien erhellt die staatsverwaltungsseitige Desinformationspolitik, vorwieg-end mittels einfacher Jnformationsunterdrückung – zu bewerkstelligen mit Hilfe der Kontrolle der Lehrinhalte der Universitäten. Das bekannte, aggressive Vorgehen militärischer Organi-sationsformen & spez. Verbände, bes. der Freikorps & Reichswehr, sind mit dieser Tendenz polarisierend & gleichzeitig einschüchternd, wirksam, in kooperation privatwirtschaftlichen Unternehmen, lobbymäßig. Deutlich erscheinen – neben der implizierten Darstellung, das “Globalisierungsmotiv“ wäre nicht erst ein Geschehen des Endes des 2o.Jhts. [ bekanntlich soll bereits auch die Sicherung des Gewürzhandels, Motiv der Befreiung des hl. Grals gewes-en sein] – ökonomisch, krisengenerative Methoden wohl ähnlich orientiert und in Konkur-renz der Entwicklung amerik. “Fordismus“. Dessen Leitlinien sind mittels Mystifikation / Desinformation, die allgemeine Automobilisierung & Forcierung des Flugverkehrs, zu bewir-ken, mit Umgestaltung gesellschaftlicher Bedingungen zur Dienstleistungsgesellschaft. Alles dies wirkt inzwischen „mehrebig“ & universell : destruktiv. Wenn schon der Kampfruf der historischen Schule jesuitischer Bollandisten und Autoren dieser Schule Zurück zu den Quellen lautete, um wieviel mehr für Heutige & Kommende gültig – zumal bzgl. der Quellen zum >NS< . Dieser Schlachtruf kann immer noch hin & wieder vernommen werden : oftmals aber , wie viele weitere methodischeVorsätze, ohne Konsequenzen, zugunsten Publi- kumsrücksichten und politischer Interessen verhallend & folglich,Präferenz selektiver Descritivität.

Tipp- & grammatikalische Fehler wurden korrigiert oder markiert. Hs. Unterstreichun-gen ausgelassen - solche des Masch.-scripts. hin & wieder markiert .

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Titelp. / Motto / Inhvzchn.. 1 - 3 Abb. 3w.-p. & LH, n.: Brockhaus 17./’ .’ ,’’ .- ’&’’ .’ ’’ 4 - 1o Biograph. Anmerkungen Aus Film 2o oo6 / Anmerkngn. Index Film 2o oo2 & 11 & 12 Archivalienübertragung, nach Film 2o oo2 bis 186 & zu Sven Hedin , p. 69 & 11 sq. Archivalie PK F – 218, mit Index 188 & lexigraph. Einträge 199 Ordner 9o8 Russland-Ausschuss d. dt. Wirtschaft / Einige pp. Korrespondenz 199 - 216 .

© helmut géwalt – 2oo6 – 2o16

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3w.-p. / Abbildng. – Hakenkreuz – : NS -Lufthansa-Plakat mit einer Junkersmaschine / Lex. Brockhaus - Einträge, 1971 : DLH _

Die Deutsche Lufthansa,’ ,’ wurde am 6.1.1926 durch Zusammenschluß von Junkers Luftverkehr & Dt. Aero Lloyd mit staatlicher Hilfe als nationale Luftverkehrs– Gesellschaft und alleiniger Träger des Zivilluftverkehrs gegründet (Kapital 25 Mill. RM). Die DLH hatte im In- und Ausland mehrere Tochtergesellschaften und Beteiligungen (z.B. Eurasia, Dt. Zep-pelinreederei). Durch technische und finanzielle Unterstützung ausländ. Gesellschaften ( Condor Syndicat, DLH – Peru) und durch fliegerische Pioniertaten ( Luftpostdient nach Südamerika) för-derte die DLH die Entwicklung des gesamten Luftverkehrs. Während des zweiten Weltkrieges beschränkte sie ihre Tätig- Keit und stellte sie nach Kontollratsbeschluß, 1945 völlig ein. Am 6. 1. 1953 wurde die AG für Luftverkehr (Luftag) gegründet, die am 6. 8. 1954 in Deutsche Lufthansa AG um-benannt wurde. Nach Rückgabe der Lufthoheit durch die Alliierten am 1. 4. 1955 begann der Ausbau des plan- mäßigen Liniendienstes , wobei zunächst nur dt. und einige europ. Orte angeflogen wurden. Als wichtigste Aufgabe sah die D.L. den Ausbau ihres interkontinentalen Streckennetzes an ( Strecken nach Austalien und über New York Mittelame-rika nach Südamerika). Gleichzeitig mit der Ablösung der Viscount–Flugzeuge durch die Boeing 727 wurde 1964 das europ. Streckennetz erweitert; von 1968 an, soll nach Indienststellung der Boeing 737 an

Stelle der Corvair 44o der Kurzstreckenluftverkehr ausgebaut werden. Während der Periode des Aufbaus bis 1962 erlitt die D.L. erhebliche Verluste , bes. durch die zu schnelle techn. Veraltung der Kolbenflugzeuge; 1964 erzielte sie erstmals einen nennenswerten Gewinn. Das Grundkapital wurde von 8o Mill. DM ( 1955) auf 4oo Mill. DM (166) erhöht, mit einem 96 %igen Staatsanteil, der auf 75 % gesenkt werden soll. Sitz der Hauptverwaltung ist Köln, der Werft Hamburg, der Betriebsbasis Frankfurt a. Main. Die DLH hatte (1966) 16.5oo Beschäftigte und flog bei einem Streckennetz von 2o6.ooo km 63 Orte in allen Erdteilen an . Die Condor Flugdienst GmbH und die Deutsche Lufthansa Selbstversi-cherungs AG (Delvag) sind Tochtergesellschaften der D. L. (1oo%), die außerdem noch an Lufthansa–Verkaufsorga-nisationen im Ausland maßgeblich und an Fernmeldegesellschaften beteiligt ist. 2) In der Dt. Dem. Rep. wurde die D.L. 1954 gegründet, der erste Linienverkehr Berlin – Warschau 1956 aufgenommen. Vorher wurde der Luftverkehr von der Sowjetunion betrieben. Am 1.9.1963 übernahm die 1958 gegründete > Interflug GmbH < die D. L.

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Der Eintrag “Brockhaus “ / Bd. 9, 197o lautet für : 1.) Junkers, H u g o , Flugzeugkonstukteur, * Rheydt 3. 2. 1859, † Gauting bei München 3. 2. 1935, richtete mit W Oechelhäu-

Ser 1889 in Dessau eine Versuchsanstalt für Gaskraftmaschinen ein, aus der 1892 die erste Gegenkolbengasmaschine hervorging. 1892 wurde das J.-Kalorimeter entwickelt, aus dem 1895 die Wärmeaustauschapparate (Gasbadeöfen) entstanden. 1897 – war Junkers Prof. für Wärmetechnik in Aachen. J. meldete u. a. Patente an : 19o7 für den Doppelkolbenmotor, 191o für das

Nurflügelflugzeug , 1918 für den Tiefdecker und das Flugzeug mit direkt belasteten Flügeln. Das erste Ganzmetallflugzeug der

Welt mit frei tragenen Flügeln ( J 1) wurde 1915, das erste Ganz- metall–Verkehrsflugzeug ( F 13) 1919, der erste auf dem Doppel- kolbenprinzip beruhende Schweröl – Flugmotor 1929 und das Großverkehrsflugzeug G 38 , 193o erbaut. Mit stabilen Großflug- zeugen leitete J. den weltweiten wirtschaftl. Luftverkehr ein. Die Ju 52 war in den dreißiger und vierziger Jahren das technisch be- deutsamste Großverkehrsflugzeug. Junkers gründete folgende Werke : J. & Co., Fabrik für Gasapparate Dessau(geg. 1895) ; Ka- loriferwerk Hugo J., Dessau (19o8) ; Forschungsanstalt Prof. J., Desssau (1915) ; J. - Flugzeug A.G. , Dessau (1919 ); J. Motoren- bau GmbH., Dessau (1924) ; Diese Werke wurden 1933 verstaat- licht ( Junkers Flugzeug- und Motorenwerke (GmbH.). Lit.: Festschrift (1929); R. Blunck, : H. J. (

21951) ; H. Schimak , in : Die

Großen Deutschen , hg. v. H. Heimpel u. a., ( 51957) ; Ingrid Baurt–Keetmann :

Dt . Industriepioniere ( 1966 & Bibliographie)

2.) Bzgl ’’ ’’ ’’ ’ ’ Junkers Flugzeug- und Motorenwerke GmbH., München, Unternehmen der Raumfahrt- und Elektonikindustrie ; hervorgegangen aus der von Hugo Junkers errichteten > Jun- kers Flugzeugwerke A. G. < u. d. > Junkers Motorenbau GmbH. < . Nach der Verstaatlichung wurde diese Firma 1936 in die >Junkers Flugzeug und Motorenwerke A.G. < umgewandelt. 1958 wurden die in der Bundesrepublik Dtl. verbliebenen Ver- mögenswerte reprivatisiert. Seit 1967 firmiert die Gesellschaft als GmbH. (Stammkapital: 5 Mill. ; Gesellschafter seit 1965: Mes- serschmidt AG. , (Messerschmidt-Bölkow-Blohm GmbH.; Umsatz : rd. 2o Mill. DM ; Beschäftigte : 5oo - 1968)

3.) Erhard Milch ,’’*’ ’ .’ . ’’†’...’,’ ’,’’ war Leiter der Flugbetriebsabteilung der Junkers Luftverkehrs AG. 1923 – 26, bei der Lufthansa 1926 – 33, hier zugleich Mitgl. des Vorstandes, 1928 – 33, Leiter d. kaufmännischen Finanzabteilung. Milch trug wesentlich zum Ausbau eines leistungsfähigen Flugnetzes der Lufthansa bei. 1942 wurde er deren Präsident. 1933 – 44 Staatssekretär im Reichs - Luftfahrtministerium , 1938 – 45 Gen.– Inspekteur d. Luftwaffe, 1941–44, Gen.–Luftzeugmeister. Milch wur- de 1947 vom internationalen Militärtribunal zu lebenslänglicher Haft verurteilt, 1954 entlassen. An sec. Literatur benennt die Brockhaus–Ed., 1971, T. 12 : David Irving , Die Tragödie der deutschen Luftwaffe, 197o

4.) Alle unter 4 : (c) Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, 2007

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Der deut. Konstrukteur & Unternehmer Hugo Junkers entwickelte im Jahr

1919 d. erste Ganzmetallflugzeug, die Junkers F13. Ebenfalls von Junkers

konstruiert wurde ein Nurflügelflugzeug (im Jahr 1910), das erste Ganz-

metallflugzeug mit freitragenden Flügeln (1925) sowie der erste

Schwerölmotor nach dem Doppelkolbenprinzip (im Jahr 1929)

Junkers, Hugo, Flugzeugkonstrukteur

und Unternehmer,*Rheydt (heute zu

Mönchen-Gladbach) 3.2.1859, Gauting

3.2.1935; ent-wickelte u. a. 1907 den

Doppelkolben-motor, 1910 ein

Nurflügelflugzeug, 1915 das erste

Ganzmetallflugzeug mit freitrag-enden

Flügeln (J 1), 1919 das erste Ganz-

metallverkehrsflugzeug (F 13) und 1929

den ersten Schwerölflugmotor nach dem

Doppelkolbenprinzip. – Junkers gründete

1913 die Junkers-Motorenbau GmbH und

1919 d. Junkers-Flugzeugwerke AG, beide

in Dessau, die 1934 verstaatlicht u. 1936 zu d. Junkers-Flugzeug- u. Motorenwerken AG zusammengefasst

wurden, in denen die Verkehrsflugzeuge Ju 52 (1931, »Tante Ju«), Ju 90 (1937) und die Kampfflugzeuge

Ju 87 (1935, »Stuka«), Ju 88 (1936) entstanden. Nach dem Krieg blieben die Werke in der sowjetischen

Besatzungszone staatlich; die im Bereich der BRDeutschland reprivatisierten Werke gingen 1969 in der

Messerschmitt-Bölkow-Blohm GmbH auf.

Deutsche Lufthansa AG, Abkürzung DLH, deutsche Luftverkehrsgesellschaft, gegründet am 6. 1. 1926

durch Zusammenschluss von Junkers Luftverkehr und Deutschem Aero Lloyd. Durch technische und

finanzielle Un-terstützung ausländischer Gesellschaften und durch fliegerische Pioniertaten

(Luftpostdienst nach Südameri-ka) förderte die DLH die Entwicklung des gesamten Luftverkehrs. 1945

stellte sie aufgrund eines Kontroll-ratsbeschlusses ihren Betrieb ein und wurde am 6. 1. 1953 als AG für

Luftverkehrsbedarf (Luftag) neu ge-gründet, seit 1954 heutiger Name. Sitz der Hauptverwaltung ist Köln,

der Betriebsbasis Frankfurt am Main. 1955 wurde der Liniendienst aufgenommen. Seit 1997 ist die DLH

voll privatisiert und in sechs strategischen Geschäftsfeldern tätig (Passage, Logistik, Technik, Catering,

Touristik, IT-Services). Der Flugpark (Bestand 2005: 332 Verkehrsflugzeuge) umfasst v. a. Boeing- sowie

Airbus-Flugzeuge. Durch die Mitgliedschaft in der Star Alliance wurde das Liniennetz seit 1997 erheblich

ausgeweitet.

Konzerngesellschaften sind u. a. Lufthansa Cityline GmbH, Thomas Cook AG, Lufthansa Cargo AG,

Lufthansa Technik AG, LSG Lufthansa Service Holding AG, Lufthansa Systems Group GmbH,

Lufthansa Commercial Hol-ding GmbH, Delvag Luftfahrtversicherungs AG und Lufthansa Flight

Training GmbH. - Die DLH und die Swiss haben am 22. 3. 2005 einen Integrationsvertrag unterzeichnet.

Swiss wird als eigenständiges, ergeb-nisverantwortliches Unternehmen unter dem Dach der DLH

weitergeführt, die strategische Steuerung über-nimmt die DLH. Die entstehenden Synergien sollen zum

Ausbau des Langstreckennetzes sowie für Europa-verbindungen im Osten und Südosten genutzt werden.

Focke, Heinrich, Flugzeugkonstrukteur, * Bremen 8. 10. 1890, ebenda 25. 2. 1979; Mitbegründer (1924)

der Focke-Wulf Flugzeugbau AG, Bremen, von der Schul-, Sport- und Verkehrsflugzeuge sowie

Jagdflugzeuge und Bomber gebaut wurden. 1932-37 arbeitete er an der Entwicklung des ersten

gebrauchsfähigen Hubschraub-ers (Fw 61) und gründete dafür mit G. Achgelis 1937 die Firma Focke,

Achgelis & Co. in Delmenhorst; . nach 1945 Hochschullehrer.

Alle : (c) Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, 2007

5.) Das Personenlexikon 1933 – 1945 / Hrg. Hermann Weiß, 1989 & 2oo2, Ffm. / 2oo3,

Wien, reproduziert bzgl. E. Milch einen Beitrag Dr. Christian Hartmanns : Milch, Erhard / Generalfeldmarschall; geb. 3o. o3.12 in Wilhelmshaven, gest. 25. o1. 1972 in Wuppertal / Barmen. Sohn e. Marine-Apothekers. 1911 Ltn. im Fußartillerie-Regiment (Ostpreussisches) Nr. 1, 1914 – 18. Teilnahme am 1.WK, seit 1915 bei d. Artillerieflieger–Abt. 2o4, zu-letzt Führung der Jagdgruppe 6. 192o Hptm. a. D., Tätigkeit bei Polizeifliegerstaffeln u. in der Zivilluftfahrt; 1926 Vorstandsmitglied d. Deutschen Lufthansa-AG, 3. 2.1933 Stellv. Reichskommissar für die Luftfahrt, Eintritt in die NSDAP, 1.5.1933 StSekr. im Reichsluftfahrtministerium, 1934 charakterisierter Gen.Maj., 1936 General, 1939 Ge-neralinspekteur der Luftwaffe; 19. 7. 194o GFM, 19.11.1941 gleichzeitiger General-luftzeugmeister, 2o.6.1944-15.1.1945 Aufhebung aller Ämter . 1947 im Nürnberger

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Milchprozess von einem US-Militärgericht zu lebenslänglicher Haft verurteilt , 1954 vorzeitg entlassen. Als Staatssekretär vertat M. neben dem Generalstabschef der Luftwaffe und dem Luft-zeugmeister das dritte wichtigste Amt in der deutshcen Luftwaffenführung. Durch sein-en Ehrgeiz und seine Arbeitswut , seine Intelligenz und sein Koordinationsvermögen, aber auch seine fliegerischen und technischen Erfahrungen sowie seine Verbindungen zur Industrie gelang es M. bald, sich eine Schlüsselstellung beim Aufbau der Luftwaffe zu sichern. Die angeblich jüdische Abstammung M.s wurde von dem ungleich pragmatischer denkenden Göring akzeptiert. Mit Übernahme des Postens des Generalluftzeugmeisters nach dem Freitod Udets beherrschte M. das gesamte Rüstungs-programm der Luftwaffe; seine großen organisatorischen und techischen Erfolge konnten indessen nichts an den katastrophalen Mißerfolgen dieser Teilstreitkräfte än-dern. Die Schwierigkeiten, wie sie etwa bei der Luftversorgung von Stalingrad, der Dis-kussion über die Rüstungsschwerpunkte oder den Einsatz der Strahlflugzeuge auftaten, verschärften die Rivalität zwischen M. und Göring und sorgten dafür, daß M. noch vor Kriegsende die meisten seiner Ämter verlor. CH ... unter Führerbefehl der Entfernung aller für weniger Zuverlässig angesehenen Per-

sonen aus allen Ämtern des NS – 1944 . . . H. Junkers, kein NSDAP– oder Gliederungs /Org.s /Verbands - Mitglied, wurde seitens des NS & dessen absur-perverser Logik nach, 1933 sofort bekämpft & enteignet wohl wegen der Ak-tivität & staatl. Kooperation der Weimarer Republik mit der Sowjetischen Regierung, mögli-cherweise auf Veranlassung aus Reichswehr & Reichswehr-Ministerium. Die Errichtung der russischen Flugzeug-Fabrik Junkers in Fili unterlag den Problemen der kulminierenden In-flation ebenso, wie einem politischem Kalkül der Revision des Versaille Vertrags, bereits in der Republik. Ganz ohne mildernden Einfluß weil ohne Erwähnung blieb dabei das für den NS eigentlich von Bedeutung seiende funktionale Unterlaufen d. Versailler Vertrags mit staatlicher Hilfe und von der Reichswehr veranlasst – ’ ’ ’ akten AA / Junkers ’dsgl. evident, wie dessen Fallenlassen, mit dem Höhepunkt der Krise. Annähernd im gleichzeitigen temporalen Horizont der Einwirkung des Reichswehrministeri-ums auf die Planungen Prof. Hugo ’geschah A. Hitlers Aufstieg vom Reichswehrspitzel in der DAP, zum Photo- -gestylten NSDAP-Führer, ab / 2o, mit erstem Verbot nach dem 1923 Hitler–Ludendorf / Putsch, bis zur Wiederzulassung 1925. In diesem Jahr er-lischt das staatl. Interesse an Junkers Russland – Projekt. Bereits 1922 schrieb der 22jährige

. ’ ’ ’ :’ ’ ’ ’ len, wegen des Auslands und wegen des Krieges, der kommt, und Trauer, dass die Vergangen ’ ’ ’ . [Longerich, 2oo8, p. 58] Die PK- ’ ’ ’ – erscheint als einzige Spur im Bestand ehem. BDC, jetzt, Bundesarchiv, Berlin, anhand automat. Verzeichnung, 2oo6. > ’ ’ ’ ö ’ ’ ’ „ ’ ’steht im 62. Band der Reichsgerichtsentscheidungen und zwar unmittelbar hinter einer er-neuten Anerkennung des Staatsnotstandes als Rechtfertigungsgrund: das Ponton-Urteil: Am 31. März 1925 waren bei dem Reichswehrmanöver – man hatte bei Veltheim an d. Porta Westfalica eine Behelfsbrücke aus Pontons gebaut – 81 Soldaten ertrunken. Wie die Jour-nalisten Fritz Küster und Berthold Jacob recherchierten, waren sie größtenteils illegale Zeit-freiwillige. Für ihren Arti ’ „ ’ Z ’ ’ ’ ’ ’ ’Z ’ Das andere Deutschland , wurden sie wegen Landesverrats angeklagt und vom Reichsgericht ver-

.’ ’ ä ’ ’ ’ ’ ’ ü ’ :’ „ ’ ,’ ’ ’Wohl des Staates in seiner Rechtsordnung festgelegt sei und sich in deren Durchführung ver-

,’ ’ .< [ I. Müller, p. 6 / a. a. O. … ] Der Komplex wurde bibliographisch & archivalienspezifisch nicht weiter denn zu erkennen hinterfragt, Nachlässe & Archivalien weiterer Achive nicht gesichtet, wie mögl. Korrespon-denzen im Archiv des Dt. Museum, M., in Universitätsarchiven, Gesellschaften oder der Ar-chive der Länder, &c. Ebensowenig wurden mögl. Materialien überprüft, bzgl. der seitens J. ge-gründeten Firmen und der Konnexion zur DLH. Auch wurde nicht in den National

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Archives nachgefragt Materialien, Ehren-Mitgliedschaften . in amerikanischer Gesellschaften betr..

Ingo Müller : Justiz ohne Gewissen – Justiz “nach bestem Wissen und Gewissen“ Deutsche Richter v. 1933 bis 1945 und die Bedeutung des Gewissens nach 1945 [ Evang. Akad,. Bad Boll / Ein Beitrag aus der Tagung: Gewissen und Recht / Zum Spannungs- verhältnis von Recht, Gesetz, Gerechtigkeit und Gewissen (nicht nur) beim Richten, 4. – 6. Mai

2007, Tagungsnummer: 520507 / Tagungsleitung: Kathinka Kaden] / 3w-dwnld. – pdf. Ein ’ ’ ’ ’’# / H 108172 / Film 4o oo6 : . lautet der hs. überschriebeneTitel der undatierten und nicht foliierten Archivalie p., aus Bestandsergänzungsfilmen ehemaligen DZA ’[’ .’Z ’ ’ ]’/ Potsdam jetzt :

Bundesarchiv – Finckensteinallee 63, Berlin / Film > 4o oo6 <. Reproduziert werden Archivalien des Auswärtigen Amtes, die mit anderen nach 1945 nach England oder Washington verbracht worden waren & ab 1956 restituiert wurden. O.a. Film zeigt vorwiegend solche aus den 2o-ger Jahre – die beschriebene ist, mit weiteren aus dem Jahr 1925. Das DZA erbat von Benutzern , deren Besuch in den National Archives in Washington oder anderen Archiven, anstand, die Übermittlung von Aktenverfilmungen spezifischer Bestände, kompensatorisch der Archivnutzung in der DDR – teils waren darunter auch Verfilmungen, vor Restitution der Archi-valien an das 1956 gebildete Bundesarchiv/Koblenz oder an das Politische Archiv des AA / Bonn, jetzt Berlin – so jedenfalls die ’ ’’ dieser ehem. Potsadamer Archiva-lien . Die Archivalien .’’ Z .’’ ’ / ’ ’ öß ’ ’ ’ ’ , Teilbestände an die Gauck-Birthler – Behörde für d. Unterlagen der Stasi der ehem. .’’ Die Serie Bestandsergänzungsfilme umfaßt mehrere 1o.ooo Archivalieneinheiten / MFilme. Heute werden Überlegungen vernommen bzgl einer möglichen ’oder Vernichtung. Alle Archivalien seien in materialen Beständen verschiedener Archive gleichermassen vorhanden. Dem inhalt-lichem Spektrum nach besteht die Sammlung aus ca. 12 thematischen Gliederungen von Archivalien zu NS-Beständen. Teile wurden an das Bundesarchiv Freiburg / Militärarchiv abgegeben, ein Teil lagert noch im Außenarchiv Hoppegarten und soll im Neubau / Finckensteinallee untergebracht werden. Die Bestandsnutzung wird mehr erschwert, obwohl Findmittel vorhanden & zugänglich waren. Dem Vorgang korrespondiert das Vorgehen bei der Nutzung der Bestände z. ZK der SED & anderen DDR Materialien, die nicht Zugangsbeschränkt sind – gegen allle ehem. BDC – Archivalien zum NS. Ein ähnlicher Vorgang einer Bestandskassation begründet mit Redundanzen, geschah z.T. an Materialien des ch– ,’ seitens des ehem. BDC angelegtem, allgemeinen biblio – biographischen Index, mit Qellenkopien, deren Originale zu einem Teil aber nur in vorhandenen ns Beständen. Kassel, Sept. 2oo8

Einen interpretationsmöglichen Anhalt, der Inhalt dieser Seite sei auch ca. 1925 vom Staatssekretär im Auswärtigen Amt & möglicherweise auch von der Regierung d. Weimarer Republik wahrgenommen wurde - bietet eine Randbemerkung von gleicher Hand, wie die abenteuerliche Titelung. [Unterstreichungen, n. d. Kopie d. Originals.) Sie lautet : HGK v. DIRKSEN erg.

Bülow 425

Bernhard Wilhelm von Bülow [Potsdam, 19. 6. 1853 – 21. 6. 1936, Berlin ], Diplomat & Staatssekretär im AA [193o] , vertrat eine scharfe Linie dt. Revisionspolitik, mit Ziel größerer internationaler Friedenssicherung, denn vom Genfer Völkerbund zu ge-währleisten. Ed.: ’ ,’ , 222 ’ ’ ä ’ ’ ,’ ;’ ’ ’ ’ ö ,’ .

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> Text < / [Abschrift, Unterstreichungen ähnlich dem Orig. ] :

Ganz geheimer Agentenbericht # von einem ziemlich zuverlässigen Gewährsmann wird ge- meldet :

’ ’ ’’ ö ’’ ’ ’’ einiger Zeit streng vertraulich darüber gesprochen , dass das alte Projekt einer internationalen militärischen Ak- tion gegen Sowjet–Russland zwecks endgültiger Ausrottung des Bolschewismus neuerdings wieder sehr in den Vorder- grund getreten ist. Die treibenden Kräfte sollen in ers- ter Linie die U. S. A. und England sein , von denen die ersteren eine Gefährdung ihrer Interessen in China und

England ganz allgemein eine Bedrohung seines Imperiums von einem Fortbestehen des Sowjet–Regimes erwarten. Die ge- nannten beiden Regierungen haben streng vetraulich der französischen Regierung den Vorschlag zu einer aktiven Be- teiligung unterbreitet , wobei die Regierung der U. S. A. angedeuted haben soll, dass sie bereit wäre , die Schulden Frankreichs an sie gegen eine Zession der französischen Gläubigeransprüche gegenüber einer restaurierten russi- schen Regierung zu streichen . Die Auffassung in den maßgebenden französischen Kreisen scheint noch keine einheitliche zu sein . Am stärk-

sten umstritten ist die Anregung Englands , die schwer zu umgehende Teilnahme Deutschlands mit einer Preisgabe Po- lens unter Wiederherstellung der deutschen Ostgrenzen von

1914 zu erkaufen . Die französischen Wirtschaftskreise ste- hen im allgemeinen dieser Lösung sympathsch gegenüber ; die chauvinistischen Kreise Frankreichs vertreten dagegen

die Ansicht , dass Deutschland zu allererst zum Eintritt in den Völkerbund veranlasst werden müsse und dann dass die Teilnahme Deutschlands an der geplanten Aktion in je- der Form von Deutschland auf Grund seiner Pflichten als Mitglied des Völkerbundes ohne besondere Kompensation gefordert werden könne.

H 108172 Film - 40 002 - / Aus Bestand : Geheimakten AA 192o – 1936 :

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Enthält Reproduktionen von Akten & Korrespondenzen bzgl. Junkers mit Bezug auf das politische Geschehen der Zeit . Der Film entstand nach dem techn. Intro , > MICROGRAMM SUMMARY SHEET <, ab 31.7.1952. Die gesamte Serie umfasst 12.52o Seiten [H 105308 – H 117827] nach Akten des ’ reign Ministry : Geheimakten 192o – 1936 / Bundles 355/1 (bis) 364/5. - Bestand Russland Handakten Bd. 1 – 96, & reproduziert Archivalien des AA., nach 1945 beschlagnahmt zum Englischen Luftwaffen-Ministerium n. Whitehall/London gekommen waren. Das Intro führt als (Erst-)Adressaten das Außenministerium auf , mit einer Kopie dem Leiter der Historisch- Politischen Abteilung des Inneministeriums d. USA, Washington D.C., via Amerikanische Botschaft, London, mit Hinweis auf eine ungenannte Anzahl weit-erer Kopien. Restituiert wurden die Bestände, wie die in die USA gelangten, ab 1956 sqq., dem Bundesarchiv Koblenz & hier, dem Politischen Archiv des A.A./Bonn, jetzt Berlin. Der Film ist aus dem Fundus sog.

ä u ’ ’ .’ . Zentralarchivs Potsdam der DDR. Dahin gelangten di Kopieen durch wiss. Kooperation, möglicherweise auch bereits vor Restitution er Orig. an das Bundesarchiv in Koblenz Unterstellter thematischer Relevanz wegen, dsgl. einen Aspekt der LH – Vorgeschichte betref-fend, den die Festschriften mit dieser Ausfürlichkeit nicht dargestellen, werden folgend, einige Materialien - Korrespondenzen - übertragen & vorgestellt. 3w- & bibliograph. Recherche nach, bisher anscheinend nicht ediert. Der (Teil-)Bestand, vorwiegend aus 1926 enthält mehrere Jnformationen d. Reichskanzlers & Außenministers einer Großen Koalition, 13.8.1923 zwischen DVP, DDP, Zentrum und SPD. Stresemanns kurze Regierung, bis 22.11.1923, führte mit ’ ’ ä ’ ’Währungsumstellung auf Rentenmark durch. Unter seiner Regierung mußte der >passive Widerstand< ggn. die Ruhrbesetzung beendet werden. Die Regierung S. stürzte wegen d. Rücktritte der SPD-Minister im Zusammenhang der Reichsexekution zur Absetzung einer sozial-demokratisch - kommunistischen Regierung in Sachsen. Bis zu seinem Tod in Berlin, 3. 1o. 1929 blieb Stresemann Außenminister der folgenden Regierungen. Nach WKI. hatte er, zuvor Vertreter weitgehender Annexionen und Befürworter totalen U-Bootkriegs ab 1917 - die Dt. Volkspartei geründet. 19o2 bis 1918 war er > Syndikus des sächs. Industriellenverbandes <, 19o7 – 1912 & seit Dez. 1914, MdR. Während d. Weimarer Republik versuchte er eine vorzeitige Räumung des Ruhrgebiets zu erreichen und Revision des Versailler Vertags, wie mittels Dawes–Plan (1924) und der Locarno-Verträge (1925). Im nämlichen Jahr erfolgte der Völkerbundsbeitritt. Zusammen mit A. Briand und J. A. Chamberlaine erhielt er 1926 den Friedensnobelpreis. Im August 1929 erreichte er auf der Haager Konferenz die Räumung des Rheinlands, nach Annahme des Young-Plans. Stilbildend auch im Sektor der Herrenmode für offizielle Gelegenheiten.

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INDEX vorhandener Kopien nach Film 4o oo2 / Geheimakten 192o – 1936 / AA Daraus reproduziert : 13–26 7. 6. 1927 Stresemann, Aufzeichnung Unterredung mit Tschitscherin, Baden– B. / 27 5. 5. 1926 .,’ .’ ’ .’ .’ .’ , / 28-29 6. 5. 1926 Vermerk Unterhaltung, MinRat. Brandenburg ü.d. Junkers-Werke / 3o 25. 5. 1926 Vermerk – AA bz .’ ’/’ ’ / 31 Mai 1926 Stellungnahme d. Flugzeugindustrie z. Fall J . / 32 Mai 1926 Presse- Mitteilung der Flugzgindstr. / 33-34 25 Mai1926 Aufzeichnung - Besprechung bei Brandenburg, Lütgens / 35-36 3. 6. 1926 Anschreiben z. Abschrift e. Kabinettsvorlage / 37 -38 5.6. 1926 Aufzeichnung / Gespr. mit Junkers im AA / 39-4o o. D. Aktenvermerk o. D. / 41-42 o. D. Abschrift / Junkers ’’ ’ Dr. Marx / 43-45 26. V. 1926 .’ ’,’ ’’ ’ .’ ’’ / 46-55 5.6.1926 ä .’ .’ ,’ .’ ’ ’ .’ ’ / 56-57 5.6.1926 ä .’ .’ ’ ’StSekr. Dr.Kempner [≠ Nrnbrgr. Ankläger ] / 58-61 Abschrift , Aktenvermerk [– Anlage z. L.4 ] / 62-71 7.6.1926 . Krohne / .’ .’ ’ .’ ä . / 72 15.6.1926 Anschreiben z. Übersendng. D. Kopie 61 – 70 an d. R.-Kanzler . / 73 - 8o 23.6.1926 Bericht, Moskaureise Mühlig-Hoffmanns an das AA. / 81 -84 25.6.1926 HaushaltsA.-Sitzung z. Sanierung Junkers [ MdR & MdL Ersing] / 85 - 88 6. 8. 1926 Bericht Hbüro J. - Besprechung im AA & Pressemittlg. - Mtlg. anMdR / 89 - 9o 7. 8. 1926 Aufzchng., Besprechng. mit Major Fischer / 91-11o 13. 8.1926 Chef des Stabes , Senftleben - Stellngnahme z. Denkschrift J. / 111-112 o. D. Aufzchng. bezgl. Sven Hedins Ost-Asien-Flug. / 113-119 18. 9.1926 Aufzchng. .’ um. / 12o-121 n.11.12.1926 Ergebnis Bespr. über d. Behandlng. J.-Frage / 122 31. 12. 1926 Stesemann , Besuch d. Türk. Botschafters / 123-124 29. 12.1926 Telegramm. Rantzau /Moskau über Jnformation . / 125 30. 12. 1926 Telegram n. Moskau bzgl. J.-Werke / Diplogerma / 126 6. 1. 1927 Aufzchng. einer Unterhaltung mit Major Fischer / 127 31. 12. 1926 Anschreiben z. Abschrft. - Vergleich Reich mit Junkers / 128-132 2o. 12. 1926 .’’ ’ . / 133-136 2o. 1.1926 Ausfhrngsprtokll. z. Vorgng. v. / 137-138 1o. 2. 1927 Bf. an d. Volksmmissar Joffe im Futteral / Anschr. an Botschafter / 139 7. 3. 1927 Bf. Joffes - Dt. Botschaft Moskau / 14o 24. 2. 1927 Brockdff.-R. an Dt. Botschafter Moskau / 141-142 11. 3. 1927 Z. Schreiben an Joffe / 143 25.5.1926 – 7.6.1926 Gaus - Fromageot / Inhaltvzchn. 3 Bfe. / 144-148 12. Mai 1926 ’ ’H. Fromageot ( Berliner Vertrag &c.) / 149-15o 29. 5. 1926 tlgr. Stresemanns Berliner Vrtg. & Mussolini / 151-154 21. 5. 1927 telegramm Sthamer – Stahlhelmtag &c. Engld.-Frankreich / 155 24. 5.1927 telegramm - moralische Blockade ggn. Rußland / Sthamer / 156-158 25. 5.1927 telegramm Europ. Lage & Russland / Müller / 159-16o 26. 5. 1927 telegramm Sthamer - Russenfrage / fasc. Beeinflussung 161 29. 5. 1927 telegramm Engl.-Russ. Beziehungssabbruch & Dtlnd.

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162 telegramm 29.5.1927 Iswestia / Neutralität Dtlnds. 163 telegramm 3o.5.1927 Engl./ Russ. & Reaktionen Babcock&Wilcox 164-165 telegramm 3.6.1927 z. Aufsatz Dtlnd. & d. engl.-russ. Konflikt 166-167 telegramm 5.6.1927 Kreditgewährung an Rusland & Boykott & Shell 168-171 telegramm 21.7.1927 .’ ’/ .’’„ ’ . . ’ 172-173 telegramm 21.7.1927 Fortsetzung 141-144 174-175 Bf.-Auszug 1o.8.1927 dt.-engl. Beziehungen/Petroleumkonflikt England-

Amerika / Deterding / Krupp-Konzession 176-177 telegramm 23.8.1927 B.-Moskau an AA-Berlin 178-181 telegramm 25.8.1927 Engl.-Sowj.-Beziehungen, Antisowj. Propaganda & Erlä ’ .’’ ’’ ö .’ ’:’„Shell & Co. 182-183 telegramm 6.9.1927 Russ. Botschaft / Kriegsgefahr 184 telegramm 6.9.1927 russ. propagierte Kriegsgefahr 185-186 telegramm 3o.9.1927 Kriegsgefahr f. Europa – poln. : dt. Verhältnis. _ Eine weiter folgende Verzeichnung reproduziert einige ppag., Ordner 9o8, “Wehrwirtschafts-führer“ / ehem. BDC – jetzt Barch-B*.: “Russland-Ausschuss der deutschen Wirtschaft“ – Ar-chivalie v.-1939-, anhand der ein Interesse ersichtlich wird, der Kontrolle russischer Roh-stoffe seitens der dt. Kreditgeber.Beginnt der Text:“Der Russland-Ausschuss der deutschen

Wirtschaft hat seit Jahren die Russische Wirtschaft genaustens beobachtet und die

behördlichen Stellen durch Denkschriften und statistisches Zahlenmaterial genaustens

unterrichtet.“... verweist das möglicherweise nicht zuletzt auf Junkers. 1941 endete die aus-schließliche Beobachtung, mit Versuch der Zwangskassation der observierten Ressourcen. Impliziert sind allen Formulierungen Verweise auf Einstellungen die bereits seit sog. “Früher Neuzeit“ parat, fehlende antropologische Forschungen, zugunsten überbordend pragmatischen Po-sitivismus, mit geometrisch-dimensionaler Reduktion – seit bereits dem Altertum. * Bundesarchiv – Berlin , Finckensteinallee 63 / Ordner des ehem. BDC - inzw. kassiert. 188 - 196 Junkers/Milch-Konvolut / Bestand (ehem.) BDC/NSDAP- PK /Parteikorrespondenz

197- 199 / Ju ,’ .’/’ ’ ’’ ’ .’ ü ,’ ’-35 & Reichshandbuch der Deutschen Gesellschaft , 1931 199 - 216 Russland-Ausschuss d. dt. Wirtschaft. Einige pp. Korrespondenz – Ordner 9o8 / Wehrwirt-schaftsführer – ehem. B. Doc.Center - jetzt Bundesarchiv Berlin, Finckensteinallee 63 216 sqq. : / Milch im Nrbrg. Proz. & Excurs 1 / bzgl. : Sven Hedin,

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RM 805 ppr. 9. VI. 27

Aufzeichnung

Meine Unterredung mit dem Russischen Volkskommissar T s c h i t s c h e r i n begann damit , daß sch. ihm von den soeben aus berlin eingetoffenen Nachrichten Kennt- nis gab, wonach der Russische Gesandte in Warschau ermordet worden sei , wobei ich ihm gleichzeitig das Beileid der Deutschen Reichsregierung zum Ausdruck brachte mit dem Be- dauern , unsere Unterhaltung mit dieser betrüblichen Mittei- lung einleiten zu müssen . Herr Tschitscherin war über die Mitteilung bestürzt und knüpfte sofort daran an, indem er

sagte , er hoffe , daß das Attentat keine bösen Folgen für . die Beziehungen zwishcen Rußland und Polen haben werde . . Allerdings sei zu befürchten , daß die extreme Richtung in Moskau dadurch gestärkt werde , noch habe aber die ge- mäßigte Partei die Oberhand und werde sich hoffentlich durch- setzen , da sie sich durchsetzen könne. Während der Unter- haltung wurde Tschitscherin telephonisch angerufen. Er führ- te die Unterhaltung russisch und teilte mir in Ergänzung meiner Mitteilung mit, daß der Attentäter der Sohn eines bekannten rusischen Emigranten sei und bereits ver- haftet worde wäre . Der Außenminister und Herr Pilsudski seien auf der Russischen Gesandschaft gewesen und hätten ihr Bedauern über diesen Vorgang ausgesprochen . Er schien zu überlegen , ob auch ihm Gefahr drohe und machte beiläu- fig die Bemerkung , daß er es vorziehe , seine Reisen in Deutschland im Auto zu machen , da man sich dadurch besser schützen könne , als wenn jeder wüßte , wann er auf dem Bahn- hof ankomme oder abfahre . Wir H105352 - 2 -

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Wir besprachen dann die Lage , und ich fragte

Ihn , wie er den Bruch mit England einschätze . Tschitscherins Gedankengänge waren folgende : An sich sei wohl diesr Bruch auf innerpoli- tische Beweggründe zurückzuführen . Man habe gedacht , damit die Labour Party zu schwächen und die konservative Regie- rung am Ruder zu halten . Wahrscheinlich habe man an nichts weiter gedacht , als zunächst mit wirtschaftlichen Maßnahmen gegen Sowjetrussland vorzughen . Er wisse , daß Chamberlain ein Gegner dieses Bruches gewesen sei, aber Chamberlain habe die Macht der die–hards innerhalb der dortigen Konser- vativen Partei unterschätzt und sei jetzt der Gefangene der die–hards . Man müsse damit rechnen , daß , nachdem der Bruch erstmal erfolgt sei , diejenigen Elemente , die ihn her- beigeführt hätten , auch darauf dringen würden , den Bruch immer weiter zu vertiefen nd weiter vorwärts zu gehen . Jch wies ihn darauf hin , daß das Ergebnis der letzten Neuwahlen doch die Konservativen wohl von einem solchen Weitergehen abhalten würde(n). Churchill habe erklärt diese Nachwahlen würden ein Gottesurteil des englischen Volkes für die Politik der Konservativen sein . Die Wahlen seien aber ganz anders ausgefallen . Die Labour Party und die Liberalen hätten je 2ooo Stimmen gewonnen und die Kon- servativen 2ooo Stimmen verloren. Lloyd George , den man politisch als den toten Mann ansah , sei Gegenstand jubeln- der Ovatinen im Englischen Unterhaus gewesen , man sehe in ihm den Führer einer künftigen Koalition der Liberalen und der Labour Party . Darin liege doch eine Stärkung des Außenministers , der vor dem Schritt gewarnt habe und eine Schwächung des Justizministers , der dazu gedrängt habe .. Herr Tschitscherin wollte diesen Einwand nicht gel- ten lassen . Jn dem Ergebnis der Nachwahlen liege die Ge- fahr H1053523

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- 3 - fahr, daß die Konservativen , die nunmehr um ihre Herr- schaft bangten,, alles daran setzen würden , um es nicht zu normalen Nachwahlen kommen zu lassen, sondern die Nach- wahlen unter einem kriegerischen Gesichtspunkt vollziehen zu lassen . Vor den Konservativen liege die Gefahr , daß Lloyd George wieder. Das Ruder ergreife . Dieser aber sei be- Kanntlich auch der Führer für die Agrar-Reform in England. Die engischen Landlords ständen jetztz vor der Gefahr, durch Lloyd George enteignet zu werden , und das würde sie erst Recht veranlassen , va – banque zu spielen und die Dinge auf die Spitze zu treiben . Jch fragte Herrn Tschitscherin , wie er sich denn einen Krieg Englands gegen Russland vorstel- le . Jch könne mir gar nicht denken , daß England einen sol- chen Krieg herbeiführen würde gar nicht in der Lage sein , soviel Truppen auszuheben , wie während des Weltkrieges . Dazu sei die Radikaliserung der Arbeitermassen viel zu stark . Jch fragte Herrn Tschitscherin , ob er glaube , daß England mit der Flotte Rußland blockieren wolle , oder ob England auf andere Bundesgenossen poche . Herr Tschitscherin sagte , er glaube nicht an ein direktes Eingreifen Englands gegen Rußland . Die Haupt- gefahr sehe er in der Persönlichkeit Pilsudskis. Pilsudski sei Romantiker und Abenteurer zugleich . Soweit er eine politishce Jdee habe , schwebe ihm die Jdee vor , Polen durch ein Föderativ–System mit Weiß–Rußland , Ukraine und Litauen . zu verbinden . Dabei sei dann auch Ostpreussen vollkommen eingekreist und für etwaige Handstreiche eher zugänglich . Schon im Jahre 192o habe Pilsudski mit Petjura ein ähn- liches Abkommen getroffen . Er sei der festen Überzeugung , daß der letzte Umsturz in Litauen von Pilsudski angestif- tet worden sei . Heute sei allerdings die Situation anders . Der H1053524

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- 4 - Der Einfluß der Militärs in Litauen sei zurückgegangen .

’ ’’’’’ ’’ ’’ ä ’. Woldemaras sei der Verteter der Nationalisten , der gegen die Preisgabe Wilnas , aber natürlich aus innenpolitishcen Rücksichten eine natinalistische Politik in Memel triben müsse . Jn Polen selbst aber sei Englands Einfluß sark am Werke. Dabei denke er nicht einmal so sehr an die englische offi- zielle Politik , sondern man müsse bedenken , daß es neben der Politik Chamberlaines noch die Politik der englischen Nationalisten gäbe und Herr Pilsudski von diesen in jeder Beziehung unterstützt werde , wenn er eine Po- litik der Ausdehnung Polens treiben wolle. Jn einem solchen Vorgehen Pilösudskis , auf das er immer wieder zu- rückkam , läge aber die Gefahr eines neuen Weltkrieges , eine gefahr , die auch Deutschland anginge denn Pilsuds- ki würde die Sache wahrscheinlich so treiben , daß er irgendeinen Grenzzwischenfall hervorrufen , die Schuld auf Rußland schieben und dann den Bündnisfall für Frankreich konstruieren würde . Dann müsse Frankreich marschieren . um Polen zu helfen , und damit sei einmal die Frage des Durchmarsches durch Deutschland gegeben und zweitens das Aufeinanderprallen nicht nur von Rußland und Polen , sondern auch von Rußland und Frankreich .

Jch fragte Herrn Tschitscherin , ob diese pessi- mistische Auffassung auf seine Untehaltung mit Briand und Poincaré zurückzuführen sei . Herr Tschitscherin er- widerte darauf , das könne er nicht sagen . Seine Unter- haltungen mit Briand und Poincaré ergabn die Erklärung beider Herren , daß sich an ihrem Verhältnis zu Rußland nichts ändern würde , fern nicht neue Ratsachen auf- tau .’’ ’’’ ’’ ’’ ung , daß Frankreich viel- leicht gegenwärtig die Situation Rußland gegenüber aus- zu- H105355

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- 5 - zunutzen versuche , um die Leistungen Rußlands aus den Vorkriegsschulden möglichst hochschrauben zu können. Ueber- haupt sei Frankreich gegenwärtig in einer politisch glücklichen Lage . Da England sich um Frankreichs Hilfe be- werbe , könne es dem englishcen Druck wiederstehen, Deutsch- land Konzessionen zu machen. Andererseits könne es auf Rußland ebenfalls drücken . indem es durchblicken ließe , daß es auch anders könne . Auf meine Frage wegen der Reden des Jnnenministers Saaroult meinte Tschitscherin , dieser Agitation lege er kein besonderes Gewicht bei. Der Jnnenminister habe auch wegen seines Vorgehens ziem- liche Schwierigkeiten bei seiner Partei gehabt . Die Be- kämpfung des Bolschewismus und der russishcen Politk ge- schehe hauptsächlich von der französishcen Rechten . Mit den Radikalen ständen sie totz der Haltung des radikalen Jn- nenministers eher gut . Er wolle mir im übrigen bei dieser Gelegenheit sagen , daß Herr Briand in der Unterhaltung mit ihm ziemlich unwillig über das Verhältnis zu Deutschland ge- sprochen habe . Herr Briand habe gesagt , er habe sich mit seiner ganzen Person .für eine Verständigung mit Deutschland eingesetzt , aber es sei nicht möglich , mit den Deutschen eine vernünftige Politik zu machen . Die deutschen nationa- listischen Minister stellten unzeitgemäße Forderungen und hielten Reden , die ihm seine Politik außerordentlich er- shwerten oder unmöglich machten . Tschitshcerin bemerkte , Herr Briand habe ihm das wohl gesagt , damit er es mir mit- teile , und er wollte sich deshalb dieser Aufganbe entledigen.. Jch erwiederte auf seine Ausführungen , daß ich seine Auf- fassung nicht zu teilen vermöchte . Der polnische Außenmini- ster habe sich in Genf sehr skeptisch über einen Feldzug gegen Rußland ausgesprochen , indem er erklärte , er sähe wohl ein , daß Polen bei einem solchen Experiment im ersten Schüt-

zengra –

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- 6 - graben liegen würde , aber er sähe noch nicht , wer eigent- lich Polen dabei untersrtützen würde, und vor allen Dingen , wisse er nicht , welchen Preis er für einen Sieg gegen Ruß- land fordern solle . Soviel mir bekannt sei , teile Polen diesen Standpunkt auch gegenwärtig und habe erst vor kurzem darauf hingewiesen , daß es ein lange Grenze mit Rußland habe und sich bemühe , mit Rußland in Frieden und Freund- schaft zu leben. Herr Tschitscherin sagte mir darauf , ja , das sei vielleicht die Ansicht Zaleskis aber nicht Pilsudskis . Jch erwiederte ihm , dau die Stellung Pilsudskis eine so überragende sei , daß der Außeninister diese Erklärung nicht abgeben würde , wenn er sich nicht in Uebereinstimmung mit Pilsdski wüßte. Auch habe Herr Zaleski , als er mir die- se Mitteilung in genf machte , sch ausdrücklch darauf berufen , daß er seine ganze Außenpolitik im engsten Ein- vernehmen mit Herrn Pilsudski treibe . Vor allen Dingen könnte ich aber seine Auffassung über Frankreich nicht tei- len . Was in aller Welt sollte denn das französische Volk bewegen , sich für Polen zu schlagen und einen ausichtslosen Feldzug gegen Rußland zu führen , denn Ruland sei ja in- sofern in einer glücklichen Lage , als sene weiten Gernzen militärische Operationen ganz außerordentlich erschweren . Wenn Herr Tschitscherin mir selber sagte , daß die ausschlag- gebende französische Partei der Radikalen nicht gewillt wäre , mit Rußland zu brechen , so könnte ich mir auch nicht denken , daß man heute das französische Volk dazu bewegen könnte , eine Millionenarmee aufzustellen und die ganzen Kriegskosten zu übernehmen , um einen Feldzug in einem fremden Lande zu führen . Viel eher schiene mir seine zweite Bemerkung richtig zu sein, daß Frankreich die augenblickliche Verlegenheit Rußlands dazu benutzen würde , um von Rußland große Konzessionen bei den wirtschaftlich- finanziellen Verhandlungen zu erlangen und eine starke An- erkennung H105357

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- 7 - erkennung der Vorkriegsschulden durchzusetzen . Wir gingen dann zu dem Verhältns zu England über . Tschitscherin sagte mir, es gäbe in Bezug auf das Ver- hältnis zu England in Rußland zwei Stömungen : die eine wolle den Abbruch aller wirtschaftlichen Beiehungen und den Boykott aller englischen Waren . Die andere Srömung ( zu der er nach seinen Ausführungen gehörte) stelle sich auf den Standpunkt , es komme nicht auf politische Beziehungen an , wenn man wirtschaftliche Geschäfte machen könne . Er sage das nicht , weil er der Auffassung wäre , daß Rußland den Export nach England nicht entbehren könne . So lägen die Dinge nicht . Wenn England nicht mehr in Rußland kaufen wolle , so würde das Rußland nicht be- denklich schädigen . Für verschiedene der Hauptexportartikel , z. B. Getreide und Naphta können andere Absatzgebiete ge- schaffen werden . Dagegen seien zwei Dinge , die ihn in Be- zug auf das künftige Verhältnis namentlich zu Deutschland beunruhigten. Das sei die Frage der Kredite . Er denke da- bei nicht an eine Forsetzung der großen Kreditpolitik , wie sie in dem Kredit von 3oo Millionen zum Ausdruck ge- kommen sei , wohl aber denke er an eine kurzfristige Kre- ditierung russischer Bestellungen . Bisher seien die Ge-

. . . schäfte mit Deutschland auf der Basis gemacht worden , daß die deutschen Wechsel in England diskontiert worden seien.

Auch die Versicherungen seien über London erfolgt . Er wis- se nicht , ob Deutschland stark genug sei , auf diese Redis- kontierung z verzichten , oder ob man einen andereren Markt finden müsse , um diese Sicherung vorzunehmen.. Er wäre mir sehr dankbar , wenn ich darüber Auskunft geben könnte . Jch erklärte ihm, daß ich ihm diese Frage nicht sofort beantworten könne , daß ich aber in Berlin darauf zurückkommen würde . Aus seine r Frage müsse ich annehmen, daßm er mit einer Sperrung der englishcen Banken gegenüber Rußland rechnete . Jch fragte ihn , ob die beziehungen zur Midland - H105358

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- 8 - Midland – Bank abgebrochen seien und ob er der Ansicht sei , daß außer der Bank von England , die natürlich in einem ganz besonderen Verhältnis zur Englischen Regierung stünde, auch die übrigen Banken sich dem Boykott gegen Rußland anschließen würden . Er sagte mir , daß er die Angelegen- heit auch nicht genau übersehen könne . Es sei kein Zweifel , daß die City den Bruch mit Rußland sehr ungern gesehen habe . Sie Robert Morne sei allerdings umgefallen und habe im House of Commons erklärt , er sei von der Entwicklung der Geschäfte in Rußland enttäuscht worden . Jedenfalls sei die Kreditfrage eine Frage , die ihm sehr viel Sorge mache und der er eine aktuelle Bedeutung beimesse . .Tschit- scherin kam dann auf die Frage zu sprechen , was wohl ge- schehen würde , wenn Frankreich Polen unterstützt und ge- gen Rußland marschierte , wie sei dabei die Stellung Deutsch- lands gegenüber dem Durchzug . Es gäbe zwei Möglichkeiten , die hierbei in Betracht kämen. Die eine sei der Durchmarsch auf Grund des Artikels 16 des Völkerbundes . Er scheide diese Frage als theoretisch aus , denn er nähme an , daß Deutsch- land im Völkerbund sich nicht auf den Standpunkt stellen würde , daß Rußland dr Angreifer sei , wenn Polen einen Grenzzwischenfall provoziere , um einen Kriegsgrund zu Schaffen , was er Pilsudski durchaus zutraue . Er sei aller- Dings bezüglich des Arikel 16 nicht ganz beruhigt . Er kenne die Erklärungen des Deutschen Reiches und ziehe sie in keiner Weise in zweifel . Die Welt wisse auch genugsam welchen Standpunkt Deutschland in dieser Frage vertrete . Aber eine klare Anerkennung des deutschen Standpunktes durch die anderen Mächte sei doch nicht erfolgt , denn so- viel er wisse , habe Briand zu den deutschen Deklarationen geschwiegen. Die H105359

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- 9 - Die zweite Frage , die aber viel bedenklicher sei , sei die Frage des Artikels 16 der Völkerbundssatzung , der doch

den einzelnen Staaten das Recht gäbe , selbst zu handeln. Wenn nun Frankreich ein Ultimatum an Deutschland stelle und den Durchmarsch verlange , was solle und werde dann Deutsch- land tun ? Das Beispiel Belgien sei doch nicht gerade nach- ahmenswert , Belgien habe sich im Kampf gegen Deutschland verblutet . Er wisse auch nicht , ob Deutschland sich stark genug fühle , um einem solchen Ansinnen gegenüber sich kämpfend z wehren. Jch erwiederte Herrn Tschitscherin , daß er die An – Gelegenheit des Artikels 16 doch falsch auffasse . So seien die Dinge nicht gewesen , daß wir in Locarno einfach unsere These vertreten hätten , und die anderen . insbesondere Herr Briand , dazu geschwiegen hätten. Die Verhandlungen seien tagelang gelaufen . Jn diesen tagelangen Verhandlungen hätte ich speziell immer wieder de Auffassung zum Ausdruck gebracht , daß wir weder uns an einer militärischen Hilfe- leistung beteiligen , noch den Durchmarsch gestatten, noch uns einem witschaftlichen Boykott anschließen könnten. Dabei hätte sich dann schließlich die Opposition der an- deren Seite hauptsächlich gegen die Nichtteilnahme an einem wirtshcaftlichen Boykott gerichtet , den ich damit begründet hätte, daß wir bei unserer heutigen Wehrlosigket alles vermeiden müßten , was einem Gegner irgendwie die Möglich- keit gäbe , einen Kriegsgrund gegen uns zu chaffen. Ein solcher Kriegsgrund könne auch der wirtschaftliche Boykott sein. Aber wenn man uns nicht die Macht gäbe , unser Land zu verteidigen , so könne man uns auch nicht eine Handlung zumuten, die uns in einen Krieg hineindrängte . Noch an dem Tage , an dem der Notenwechsel im Wortlaut endgültig festgelegt worden sei , habe Herr Vandervelde diese deutsche Auffassung noch einmal wiederholt und sein Bedauern darüber

ausgesprochen

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ausgesprochen , daß Deutschland die Mitwirkung an einem Boykott abgelehnt habe . Wenn bei diesem Schlußakt Briand und Chamberlaine auf die Dinge nicht näher eingegangen wären , so könne doch dieses Schweigen nur als Zustimmung, aber nicht als Ablehnung ausgelegt werden. Jm übrigen sei ich mit ihm der Meinung , daß bei einem Zusammenstoß der Großmächte die Dinge vielleicht praktisch einen an- deren Verlauf nehmen könnten , denn auch ohne Mitglied- schaft im Völkerbund ständen wir vor der Gefahr eines solchen französischen Vorgehens , wenn Frankreich gegen Rußland vorstoßen wollte . Jch könne ihm eine offizielle deutsche Auffassung dazu nicht mitteilen. Meine persön- liche Auffassung ginge dahin , daß Deutschland gegenüber einem solchen unberechtigten Ultimatum Protest erheben und passive Resistenz üben würde , den auf einen Kampf könne sich die deutsche Reichswehr wohl kaum einlassen. Jm übrigen wiederholte ich ihm gegenüber meine Auf- fassung , daß keine französische Regierung ihr Heer dazu

bekommen würde , für Polen gegen Rußland zu kämpfen und daß mir ausländische Militärs wiederholt versichert hätten, daß eine Etappenlinie Paris - Rußland durch Deutschland gar nicht zu halten sei . Dabei käme auch in Betracht , daß Frankreich Truppen auch auf anderem Wege , durch Transporte zur See , landen könne .

Jch fragte Herrn Tschitscherin darauf , wie er Zu der Spannung Jtalien –Jugoslawien stände , die ja

dadurch akut geworden sei , daß Jugoslawien seine Bezie- hungen zu Albanien abgebrochen hätte , und zwar , wenn man die albanischen Darlegungen zu Grunde lege , sogar in et- was brüsker Form. Tschitscherin sagte darauf , an dieser Frage sei Rußland Gott sei Dank nicht interessiert , er

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- 11 - er glaube nicht , daß ein solcher Konflikt auf Ruß-

land zurückwirken würde . Jch erwiederte ihm , das sei doch eine sehr falsche Auffassung , denn Frankreich habe si- cherlich kein Jnteresse an einer Machtverstärkung Jtaliens , und wenn Jtalien jetzt etwa aktiv gegen Jugo- Slawien vorginge , so würde umsomehr frankreich in dieser Zeit nicht im Osten beschäftigt sein wollen . Tschitsche- rin gab mir das zu , und bemerkte , er (Tschitscherin ) gehe doch von der Auffassung aus , daß die Konservativen in England sehr bald gegen Deutschland etwas unternehmen wollten. Das träfe aber , da die konservative Herrschaft doch vorläufig nur noch 1 ½ Jahr in England dauern würde , mit der Spannung Jtalien – Jugoslawien zeitlich zu- sammen.

Über das Verhältnis zu China äußerte sich Herr Tschitscherin folgendermaßen :

Es sei unrichtig , wenn man annähme , daß die russi- sche Politik in Asien dashin ginge , diesen Erdteil zu bolschewisieren . Man sei sich russischerseits vollkommen darüber klar , daß das nicht zu ereichen sei . Er wolle mir das Verhältnis Rußlands zu den asiatischen Völkern an folgendem Beispiel klarmachen : Jm Jahre 1918 habe China .

das an sich zu Rußland in freundschaftlichen Beziehungen stand , plötzlich die Tee-Einfuhr nach Rußlsand verboten. Er habe damals den chinesischen Geschäftsträger gefragt , was eigentlich dieser unfreundliche Akt bedeuten solle. Dieser habe ihm erwiedert , China stehe durchaus nicht un- freundlich zu Rußland , es habe im gegenteil das größte Jnteresse an freundschaftlichen Beziehungen. Aber China

sei

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- 12 - sei nicht Herr seiner selbst , sondern stehe unter dem

Einfluß der Großmächte , und diese hätte es gezwungen, gegenüber Rußland das zu tun . Rußlands Bestreben war deshalb, die nationale Unabhängikeitsbewegung überall zu fördern, unabhängig von der Regierungsform. So sei z. B. der Emir von Afghanistan sicherlich kein Typus eines Bolschewisten , sondern ein unabhängiger Alleinherrscher . Aber Afghanistan erstrebe ebenfalls seine Unabhängigkeit gegenüber den Einflüssen der europäischen Großmächte . Sdeshalb unterstüt- ze ihn Rußland. Herr Borodin , über den sich England so lebhaft beschwere , sei nicht von den Russen nach Südchina geschickt worden , um China aufzuhetzen , sondern er sei von den Chinesen gerufen worden.

Jch wies dann Herrn Tschitscherin darauf hin , daß Die russische Außenpolitik die größten Erschwernisse

habe durch das Verhalten der 3. Internationale . Ich hätte selbst Gelegenheit gehabt , mich in Moskau sehr energisch zu beschweren über den letzten Aufruf , in dem die alte Lüge wieder aufgefrischt werde , daß Deutschland Geheim- verträge habe , um auf der Seite der Jmperialisten einen Krieg gegen Rußland zu führen

Jch könnte mich nicht von einer Organisation , der hervorragende russische Herren angehören , der Lüge ezichtigen lassen . Herr Tschitscherin wisse aus meinen Erklärungen ganz gena , daß solche Geheim- verträge nicht beständen , sondern daß unser Verhältnis zur Außenpoitik durch die vertäge von Locarno und den Berli- ner Vertrag gekennzeichnet sei und ich ihn stets mit voller Offenheit unterrichtet hätte . Eine derartige Agita- tion der 3. Internationale schade Rußland in anderen Län- dern . dazu käme das ungezügelte Verhalten der russischen Presse . Wer das Interview gelesen hätte , das im Excelsior

gestanden . .

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- 13 - gestanden hat und Herrn von Schubert so törichte Äuße- rungen in den Mund legte, hätte wissen müssen , daß es sich um ein Lügengewebe handle . Trotzdem das auch in Berlin erklärt worden sei , obwohl das Interview so

lächerlich war , daß ich gar nicht darauf eingehen woll- ’,’’ ’’ ’’„ ’’ ’’„ ’’ ’’

geblieben, daraus Verdächtigungen gegenüber Deutschland zu schmieden . Ich müßte ihn darauf hinweisen , daß eine derartige Agitation die größten Gefahren für die russishce Außenpolitik in sich berge . Ebenso läge es mit anderen Ausstreuungen der russischen Presse . Wenn fortwährend erklärt würde , daß Chamberlaine Deutschland Danzig , den Korridor und Ost – Oberschlesien angeboten hätte, falls Deutschland gegen Rußland vorginge , so dürfte man sich nicht wundern , wenn allmählich die Zahl der Menschen wächst , die an dieses Angebot glauben. Tschitscherin erwiederte darauf , es sei vollkommen rich- tig , daß seine Außenpolitik durch diese Agitation nicht gefördert würde . Die Organisatin Komintern sei eine außerordentlich komplizierte. Bei der ganzen Art der russischen Politik sei es natürlich , daß Rußland diese Organisation nicht auflösen oder aus Moskau wegschicken Könne. Die Russische Regierung sei in dieser Organisa- tion durch eine Delegation vertreten , an deren Spitze Herr Bucharin stehe . Herr B. sei aber derartig über- Lastet , daß er wahrscheinlich den letzten Aufruf der Internationale erst in der Presse selbst gelesen habe . Es komme hinzu , daß die Delegierten der anderen Län- der sich geradezu einen Sport daraus machten , auf die russische Delegation nicht zu hören , indem sie erklär- ten , die russischen Delegierten seien nicht frei und unabhängig genug , weil sie ja immer auf staatliche Interessen Rußlands Rücksicht nehmen müßten . Die letzte

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- 14 - letzte Erklärung , über die ich mich beschwerte , sei von einem Finnen , einem Engländer und einem Franzosen verfaßt worden . Wenn er in Moskau gewesen wäre , so würde er vielleicht eine solche Entschließung haben

verhindern können . Er habe auch durch das Politische Büro oft auf die Presse , die z. T. Artikel brächte , die in vollkommenen Gegensatz zu seiner Außenpolitik ständen

den , eingewirkt , aber er könne natürlich auch nur von Zeit zu Zeit durch das Polit. Büro auf die Presse ein-

wirken und könne nicht jeden Tag einen Kanonenschuß auf die Redakteure abgeben . Er verspräche mir aber , sobald er in moskau ist , sich um diese Dinge zu kümmern . Zum Schluß unserer Unterhaltung kam Her Tschit- scherin noch einmal auf die kreditfrage zurück und bat mich , ihn hierüber , wenn es ginge , zu beruhigen. Er bemerkte dabei , daß Rußland jetzt gern mehr Aufträge Nachg Deutschland geben würde Leider – vom russischen Standpunkt aus – habe er feststellen müssen , daß die deutsche Indu- strie zum Teil so mit Aufträgen überlaufen sei , daß sie die Aufträge garnicht alle aufnehmen könne . Er verabschiedete sich , indem er – eigentlich im Gegensatz zu seinen ganzen Äusführungen – bemerkte , er lege den größten Wert auf die Regelung der okonomi- schen Fragen , denn die ökonomische Lage beherrsche heute die Welt . Baden – Baden , den 7. Juni 1927 . gez. S t r e s e m a n n . .

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Aufzeichnungen betreffend Junkers.

1.) Das Auswärtige Amt kann sich den Bedenken der Ressorts , das ausser den bisher investierten 17 Millio- nen Mark noch weitere erhebliche Reichsmittel zur Fortführung

eines Leerlaufbetriebes bei Junkers investiert werden , nicht verschliessen .

2.) Ein Konkurs ist nach Ansicht des Auswärtigen Amts aus aussenpolitischen Gründen unbedingt zu vermeiden , a) weil Indiskretionen in diesem Falle unver-

meidbar scheinen , eine Gefahr , die bei einem Abbau nicht in diesem Umfange zu befürchten wäre,

b) Schädigung des deutschen Ansehens durch den hierdurch bedingten Rücktritt von den mit fremden Regierungen bereits abgeschlossenen . Verträgen ( Türkei : Fabrikbauvertrag mitten

im Ausbau begriffen – Persien : Verkehrsver- trag ) c) darüber hinaus allgemeine schwerste Erschüt- terungen des eben wiederhergestellten Vertrau- ens in die deutshce Wirtschaft . 3.) In aussenpolitschem Interesse ist baldig-

ste “Entstaatlichung“ (Abstossen der Reichsbeteiligung ) anzu- streben , da es unerwünscht ist , dass das Reich jetzt in den von Junkers mit fremden Regierungen abgeschlossenen Verträ- gen Vertagspartner ist.

H 105395 Hiermit

dem Herrn Reichsminister gehorsamst vorgelegt

Berlin , den 5. Mai 1926 o. o. IV Ru . . . . . .

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# Ganz geheim ! V e r m e r k über eine Unterhaltung mit Ministerialrat Brandenburg über die Junkers– Werke .

Ich habe heute Besprechungen mit Ministerialrat Brandenburg und Major Fischer uber die Frage gehabt, wie verhindert werden könnte , daß mit der Zurück- schraubung der Junkers–Werke die in Russland von Junkers geschaffenen Anlagen etwa an ausländische Konzerne übertragen würden und wie erreicht werden könnte , daß der dem Junkers–Unternehmen in Russland zu Grunde liegende gesunde Kern erhalten bleiben könnte . Ich wies insbesondere auf die kürzlich aus Moskau hierher gelangte Nachricht hin , daß die Sowjetregierung

jetzt , nach dem Berliner Vertag wieder geneigter sein soll , mit den Junkers–Werken zu einem Abschluß zu gelangen , wenn auch natürlich auf einer ganz anderen Grundlage als bisher . Als der geeignetste Weg zur Erreichung dieser

Ziele scheint die Entsendung eines vom Aufsichtsrat der Junkers– Werke zu beauftragenden Fachmannes , etwa der Reichsfinanzminister a. D. von Schlieben oder der Generaldirektor von Porten ( beide Mitglieder des Aufsichtsrates von Junkers als Vertreter der Reichs- Interessen ) , nach Moskau , um dort mit der Sowjetre- gierung

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Regierung erneut zu verhandeln . Herr Ministerialrat Brandenburg regte an , diesem Herrn als Verteter des Reichsverkehrsministeriums Herrn O.Reg.Rat Mühlig–Hofmann beizugeben . Es wurde vereinbart , diesem Gedanken nachzugehen und ihn auch mit Herrn von Schlieben zu besprechen ; gegebenenfalls wird Herr Mi.Rat Brandenburg wieder an das Auswärtige Amt her- antreten . Hiermit 1) Herrn Ministerialdirektor Wallroth

Herrn Legationsrat Lütgens zur gefälligen Kenntnis ergebenst übersandt. 2) z.d. Akten

Berlin, den 6. Mai 1926.

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Zu IV 3236 Ganz geheim !

1.) V e r m e r k .

Mich suchte heute Herr Patze auf , der in der Leitung der Junkers–Werke tätig ist und auch an den Verhandlungen in Russ- land beteiligt war. Er kam , um mir den gegenwärtigen Stand der Streitsache Junkers gegen das Reichswehrministerium darzu-

legen . Ich benutzte die Gelegenheit , um mit ihm über die Ver- haftung von Herrn Scholl in Moskau zu sprechen und ihm gemäß Telegramm Nr. 592 der Botschaft mitzuteilen , daß ein offizielles Eingreifen der Botschaft nicht möglich sei ; der Botschafter be- halte jedoch den Fall im Auge und habe mit Patze darüber ge- sprochen, um gegebenenfalls dahin zu wirken, daß Scholl unauf- fällig über die rusische Grenze gelassen werde . Ich bat

Herrn Patze , dies auch Herrn Professor Junkers mitzuteilen. Herr Patze nahm meine Mitteilungen mit dem Ausdruck des Dankes für das Eingreifen der Botschaft entgegen , bat aber im übrigen keine Schritte zu tun , da sich Junkers völlig kor-

rekt benommen habe und von keiner Seite , auch nicht von Herrn Scholl , wie von der Sowjetregierung behauptet werde , Bestechungs- gelder gezahlt worden seien . Ein besonders lebhaftes Interesse der Botschaft für den Fall könne vielleicht daher den Ver- dacht erregen , als ob sich Junkers schuldig fühle .

Hiermit Min.Dir. W a l l r o t h ,

Herrn V.L.R. L ü t g e n s - je besonders -

zur gefälligen Kenntnis ergebemst vorgelegt . Berlin , den 23. Mai 1926

1.) Zu den Akten

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Berlin , im Mai 1926

Euer Hochwohlgeboren Beehren wir uns , in der Anlage die Stellungnahme der unter- zeichneten Flugzeug- und Flugmotoren– Industrie zu der schwebenden Junkers - Angelegenheit , welche an die deutsche

Presse gegangen ist , zur gefl. Kenntnisnahme ergebenst zu überreichen .

Wir behalten uns vor , in einer ausführlichen Denkschrift nochmals auf diese Angelegnheit zurüchzukommen . Mit vorzüglicher Hochachtung Albatros Flugzeugwerke G.m.b.H., Bayerische Motorenwerke A.-G.,

Berlin München

Caspar-Werke A.-G., Dornier-Metallbauten G.m.b.H

Travemünde. Friedrichshafen a. Bodensee

Ernst Heinkel Flugzeugwerke, Luft-Fahrzeug-Gesellschaft m.b.H.,

Warnemünde Berlin

Rohrbach Metallbau G.m.b.H., Udet-Flugzeugbau G.m.b.H.,

Berlin München

2 Anlagen

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Berlin , im Mai 1926

Sehr geehrte Schriftleitung !

Betrifft : Presse-Veröffentlichung im Fall Junkers . Die unterzeichneten Firmen der deutschen Flugzeug– und

Flugmotoren – Industrie haben in der letzten Zeit mit wachsen- der Beunruhigung die einseitige Orienterung der Presse in der neuerlichen Junkerskrise wahrgenommen . Die Unzahl der ihnen vorliegenden Pressenotizen aus dem ganzen Reiche lässt tendenziöse , von einer interessierten Stelle ausgehende Jnformation vermuten .

Einerseits aus der Befürchtung heraus , dass die Presse Das Schweigen der übrigen Flugzeug- und Motoren – Industrie als eine Anerkenntnis der geschilderten Verhältnisse ansehen könnte , andererseits aus dem Zutrauen zu der Objektivität der Presse und ihrem Wunsche , den allgemeinen Interessen dienen zu wollen , gestatten sich die unterzeichneten Firmen , in der Anlage ihre Stellungnahme zu übersenden . Sie bitten ergebenst , ihre beifolgende Ansicht in derselben Weise , wie im anderen Falle geschehen , der Öffentlichkeit zugänglich zu machen .

Mit vorzüglicher Hochachtung

Albatros Flugzeugwerke G.m.b.H., Bayerische Motorenwerke A.-G.,

Berlin München

Caspar-Werke A.-G., Dornier-Metallbauten G.m.b.H

Travemünde. Friedrichshafen a. Bodensee

Ernst Heinkel Flugzeugwerke, Luft-Fahrzeug-Gesellschaft m.b.H.,

Warnemünde Berlin

Rohrbach Metallflugzeugbau G.m.b.H., Udet-Flugzeugbau G.m.b.H.,

Berlin München

Anlage .

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A u f z e i c h n u n g . Am 17. Mai fand bei Herrn Ministerialrat Bran- denburg im Reichsverkehrsministerium eine Besprechung über die Weiterbehandlung der Junkersangelegenheit statt , an der außer Vertretern des Reichsverkehrsministe-

rium ( u. a. Major Fischer ) und Geheimrat von Dirksen der Unterzeichnete teilnahmen Bei der Besprechung wurde von der Tatsache ausgegangen , daß das Kabinett auf Grund der Vorlage des Reichsverkehrsministeriums vom 3. Mai ( vgl. II F

1273 ) am 5. Mai sich dahingehend entschieden hatte , daß der Konkurs der Junkerswerke vermieden werden müsse und hierzu der Abbau der Werke auf den Umfang eines Typen-

werks in Angriff zu nehmen sei , wobei die hierfür erforderlichen Mittel durch Nachtragsetat angefordert werden sollen . Bei der Besprechung stellte sich heraus , das Mitte April das russische Hauptkozessionskomitee an Professor Junkers geschrieben hatte , auf Grund der Schwierigkeiten , die die Durchführung des Vertrages

gezeitigt hätten , sei das Hauptkozessionskomitee zu der Über zeugung gekommen , das die Weiterarbeit auf bisherigem Boden nicht möglich sei und daher eine Auf- lösung des Konzessionsvertrages ins Auge gefaßt wäre . Ferner teilte der Vertreter des Reichswehrministeriums mit , das der Reichsgerichtspräsident Dr. Simons durch ein Schreiben des Reichswehrministeriums von der Er- stattung seiner gutachterlichen Äußerung entbunden sei . Während der Diskussin ergaben sich für die Weiterar- beit der Junkersweerke in Rußland folgende drei Möglich- keiten :

1. Heranziehung anderer Firmen , ein Plan , der nicht durchführbar erschien , da sich die gleichen Kon-

sequenzen H 105402

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sequenzen ergeben würden wie bisher ;

2. Abgabe des Werkes an die Russen gegen Bar- zahlung , dieser Plan hat wenig Ausicht auf Erfolg ;

3. Umgestaltung der Werke in eine deutsch – rus- sische Gesellschaft , wobei die Werke mit deutschem Personal und Ingenieuren z versorgen wären ; ein sol- ches Werk sollte nicht gehalten sein , nur Junkerstypen zu bauen , wobei das Reich auf die Flugzeugfirmen ein- wirken könne , daß diesr Gesellschaft Baulizenz ge- geben würde .

Die Besprechung führte zu dem Regebnis, daß die Entsendung eines vom Aufsichtsrat de r Junkerswer-

ke zu bevollmächtigenden Verteters nach Moskau zur sofortigen Aufnahme der Verhandlungen mit der Sowjet- regierung für erforderlich erachtet würde . In dieser Beziehung erschien Reichsfinanzminister a. D. von

Schlieben allen Beteiligten als die gegebene Persön- lichkeit , wobei ihm eventuell als fachliche Berater ein zu entsendender Vertreter des Reichsverkehrsmini- steriums ( Oberregierungsrat Mühlig-Hofmann) und der Vertreter der Werke in Mosklau zur Seite stehen könn- ten . Berlin , den 25. Mai 1926

1.) z. d. A gez. Lütgens. - - - - - H105403

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IV Pn ...................... S o f o r t ! Ganz geheim !

Herrn stellvertretenden Staatssekretär Köpke , Herrn Reichminister . Anliegend die Abschrift der Kabinettsvorlage des Reichswehrministeriums betreffend Herbeiführung einer Ent- scheidung in der Streitsache mit Junkers gehorsamst vorge- legt . Die Angelegenheit steht auf der Tagesordnung der Sitzung des Reichkabinetts vom Montag , den 7. Juni Major Fischer vom Reichswehrministerium suchte mich heute auf und teilte mir zu der Kabinettsvorlage des

Reichswehrministeriums folgendes mit : Das Reichswehr- ministerium habe die Frage , in welcher Form die Differenzen mit Junkers am besten und ohne Schaden für die Reichsin- teressen aus der Welt geschafft werden könnten , eingehend geprüft . Es sei zu der Überzeugung gekommen, daß der Beste Weg ein ordentliches Gerichtsverfahren sei, da hierdurch endlich eine einwandfreie Entscheidung über den Rechts- standpunkt herbeigeführt werden könne . Das Reichswehrministerium glaube auch nicht , daß sonstige Reichsinteressen begreffende Geheimhaltung des Verfahrens

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Verfahrens hierdurch Schaden leiden würden . Wenn ein Schiedsgericht mit der Aufgabe betraut werde , so müsse das Reichsfinanzministerium auch in diesem Falle Mittel bereitstellen , um einem Schiedsspruch , der eine Ver- pflichtung des Reichswehrministeriums für gegeben halte , gerecht zu werden . Die Bereitstellung dieser Mittel müsse von dem Haushaltsausschuss des Reichstages geneh- migt werden. Infolgedessen sei eine völlige Geheimhaltung nicht gewährleistet. Andererseits könne bei einem ordentlichen Gerichts- verfahren die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden ; nur wenige Richter und Anwälte hätten dann von dem Tatbe- stande Kenntnis. Es sei schliesslich zu berücksichtigen , daß die Öffentlichkeit ohnehin in großen Zügen über das Ver- hältnis von Junkers zum Reich unterrichtet worden sei.

Aus den vorgenannten Gründen bitte Generaloberst von Seeckt, daß sich auch das Auswärtige Amt mit diesem Wege einverstzanden erkläre , zumal da auch Reichsfinanz- minister a. D. von Schlieben , der Vertreter der Reichs- interessen im Aufsichtsrat , ihn für den einzig richtigen halte .

Berlin, den 3. Juni 1926

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o. o. IV Rm . . . . . . . . .

A u f z e i c h n u n g .

Heute vormittag suchte mich Herr Professor Junkers begleitet von Herrn Waurick auf. Er sprach zunächst dem Aus- wärigen Amt und mir seinen Dank für das Interesse aus, das seien Arbeit in Russland stets gefunden habe . Auf die jetzt entstandenen Schwierigkeiten übergehend , bemerkte ich , ich hof- fe , daß die Reise des Herrn von Schlieben nach Moskau zu

Verhandlungen mit der Sowjetregierung eine gewisse Klärung schaffen werde . Als Professor Junkers dies zu bezweifeln schien , erwiederte ich , dau die Lage durch die Art der Ver- handlungsführung von Junkers doch ausserordentlich unüber- sichtlich geworden sei. Ich schloss hieran die im Telegramm Nr 629 vom 31. 5. der Botschaft Moskau enthaltenen Mittei- lungen über die durch Herrn Scholl bw. Herrn Sachsenberg erfolgten Unregelmässigkeiten . Professor Junkers war durch diese Eröffnungen sehr erschüttert und sagte , er stände diesen Praktiken vollkommen fern und habe nicht die geringste Kennt- nis von ihnen gehabt . Er missbillige solche Bestechungsver-

suche aus ethischen und aus wirtschaftlichen Gründen im gleichen Masse . Er wolle mit Herrn Sachsenberg über diesen Vorfall sprechen und ihn darüber zur Rede stellen . Das Gespräch ging dann auf allgemeine Fragen des Luftverkehrs über , und Professor Junkers mchte längere Aus-

Führungen über/die Möglichkeit d es Luftverkehrs insbesondere in Russland

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Russland . Im Anschluss hieran hob er hervor , daß das eigent- liche Verdienst von Junkers nicht der Flugzeugbau , sondern die Organisation des Luftverkehrs sei . Wenn man ihm die Fabrik abnehme , so würde er sich damit schliesslich ab- findn ; aber die Bedrohung seiner Tätigkeit auf dem Gebiet des Luftverkehrs müsse ihn aufs Tiefste treffen . Professor Junkers war während dieser Ausführungen sehr erschüttert und Brach in Tränen aus. Es treffe ihn besonders hart , daß Herr Sachsenberg , von dem er gerade wegen seiner Verdienste auf dem Gebiet des Luftverkehrs so grosse Stücke halte , so an- gefeindet werde . Wenn er sich auch in Russland nicht korrekt benommen habe , so werde er sich doch nicht entscliessen können , sich von ihm zu trennen . Zum Schluss meinte Junkers , wenn ihm der Fugzeugbau und die Organisatn des Luftverkehrs in Deutsch- land unmöglich gemacht werde , so werde er ins Ausland gehen. Er war sichtlich bestrebt der Haltung des Reichs und des Reichgsfinanzministers von Schlieben gerecht zu werden und be- tonte nur immer wieder , daß eine solche starke staatliche Einwirkung auf seinen Betrieb mit der Eigenart desselben un- vereinbar sei . Er leiste Pionierarbeit und könne sich daher keine Fesseln anlegen lassen . Meinen Einwurf , daß schliess- lich solche Pionierarbeit doch auch von den vorhandenen Mit- teln und von der vorhandenen Nachfrage abhänge , vermochte er nicht in überzeugender Weise zu widerlegen . Hiermit Herrn Min.Dir. W a l l r o t h , Herrn V.L.R. von Richthofen , Herrn V.L.R. Lütgens

- je besonders - zur gefälligen Kenntnisnahme ergebenst vorgelegt . Berlin, den 5. Juni 1926

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H v Dirksen G. M.

Im Streitfall Junkers scheint , wie ich jetzt fest-

gestellt habe, die Sache so zu liegen : Reichsgerichtspräsident S i m o n s ist seinerzeit von dem Kabinett sondiert worden , ob er bereit sei , in der Streitsache Junkers gegen das Reich einen Schiedsspruch zu fällen. Auf diese unverbindliche Anfrage hat Herr Simons erwidert , das er das Amt eines Schiedsrichters nicht übernehmen könne . Er sei jedoch bereit , zwischen den Parteien zu vermitteln und einen Vergleichsvorschlag zu Überreichen . Den Vorschlag soll Herr Simons bereits aus- gearbeitet haben und beabsichtigen , ihn heute den Mit- gliedern des Kabinetts zugehen zu lassen . Der Vergleichsvorschlag soll von der Erwägung aus- gehen , dass sich ein Starker (R.W.M) und ein Schwacher ( Junkers ) zur Erreichung eines Zieles von allgemeinem

deutschen Interesse zusammengetan hätten , dass dieses Unternehmen jedoch mit einem Verlust hätte abgeschlossen werden müssen , und zwar nicht durch die Schuld einer der beiden Parteien , sondern durch die Verhältnisse . Der Starke, der den Schwachen in diese Risiken hineingeführt habe , sei billigerweise verpflichtet , dem Schwachen die Verluste zu ersetzen. Herr Simons soll daher die Rückgabe des AktienpaskIetes der Ifa an Professor Junkers , die Strei- chung der der Ifa gegebenen Reichskredite sowie , und zwar unter der Voraussetzung des Verzichtes des Professor Junkers auf alle weiteren Schadensersatzansprüche , die

Gewährung

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Gewährung eines Darlehens zwecks Fortführung der Flug- zeugwerke. Für das Auswärtige Amt würde die Annahme dieses Vorschlages ein(e) annehmbarer und erwünschter Ausweg aus einer Situation , die aus allgemeinen politishcen und witschaftspolitischen Gründen untragbar zu werden droht ,

bedeuten können . Zu prüfen wäre in diesem Falle unserer- seits nur . ob nicht Garantieen von Professor Junkres gefor- dert werden müsseten , 1.) damit die von ihm eingeganenen Auslandsverpflicht- tungen ohne weitere Opfer aus Reichsmitteln gehalten werden , 2.) damit nicht ohne unsere Kenntnis in Zukunft neue Auslandsverpflichtungen eingegangen werden , die uns ent-

weder politischbelasten(über : Arbeiten) oder die Gefahr mit sich bringen, dass das Reich aus Prestigegründen pp. doch wieder einspringen muss.

(Paraphe :)

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A b s c h r i f t .

An den Reichskanzler Herrn Dr. M a r x , Berlin , Reichskanzlei .

Sehr geehrter Herr Reichskanzler , Seit 5 Monaten schwebt ein Verfahren zwischen dem Reichswehrministerium und mir über die Fragen , ob ein zwi- schen dem Reichswehrministerium und mir seit dem Jahre 1921/22 bestenhenedes Vertragsverhältnis Anlass zum Zusammenbruch mei- nes Unternehmens geworden ist , und ob der Reichsfiskus für die durch Schuld seiner Organe mir erwachsenen Schäden haftbar gemacht werden muss. Der auf Vorschlag des Reichswehrmini- steriums damit beauftragte Herr Reichsgerichtspräsident Dr. Simons hat seine Aufgabe in diesem Verfahren als die eines Schlichters im Güteverfahren aufgefasst und dies den Par- teien sofort bestätigt. Über diese Auffassung der Mission des Herrn Reichsgerichtspräsidenten sind im letzten Stadium des Verfahrens Meinungsverschiedenheiten zwischen dem federführen- den Truppenamt und dem Herrn Reichsgerichtspräsidenten aufge- treten , die dazu geführt haben , dass das Truppenamt den Herrn Reichgerichtspräsidenten vorgestern von seiner Aufgabe abbe- rufen hat. Wenn ich diese Stellungnahme des Truppenamtes als verbindlich ansehen muss , bin ich gezwungen , den gerichtlichen Weg zur Austragung der Streitsache einzuschlagen . Um die hiermit verbundenen Schädigungen abzuwenden , bitte ich Sie , sehr geehrter Herr Reichskanzler , dem Kabinett einen Antrag vorzulegen , es möge von sich aus den Herrn Reichs- gerichtspräsidenen mit der Weiterführung der Angelegenheit als Schlichter beauen und die beiden Parteien an den zu fällenden Schlichtungsspruch binfden . In Anbetracht der grossen und in lebenswichtigen Punkten

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Punkten irreparablen Schädigungen , die jeder Tag der Verzögerung mit sich bringt und die sich nicht nur auf meine Dessauer Werke , sondern auch auf meine sämtlichen Auslandsvertretungen beziehen , halte ich das vorgeschlage- ne Schlichtungsverfahren unter dem mit der Materie am besten vertauten obersten Richter des Reichs für die einzige Möglichkeit , die Angelegenheit in genügend ra- scher und würdiger Weise zu klären .

Mit dem Ausdruck meiner vorzüglichsten Hochachtung bin ich ganz ergebenst gez. Hugo Junkers

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A b s c h r i f t . Reichswehrministerium Berlin , den 26. V. 1926 Der Chef der Heeresleitung. An den Herrn Reichskanzler Das Reichswehrministerium bittet , nachstehende An- gelegenheit zum Gegenstand einer Beratung durch das Reichs- kabinett zu machen . Das Reichswehrministerium hat im Frühjahr 1922 einen Vertrag mit Professor J u n k e r s abgeschlossen , in dem es ihm 14o Papier – Millionen = 1,2 Gold – Millionen zur Er-

richtung einer Flugzeugfabrikation in Russland zur Verfügung stellte .

Die schriftliche Abmachung wurde durch Herrn General- leutnant H a s s e mündlich noch dahin ergänzt , das mit weiteren Mitteln nicht zu rechnen sei und das deshalb

irgendwelche weiteren Verpflichtungen vom Reichswehrmini- sterium nicht übernommen werden könnten . Tatsächlich hat das Reichswehrministerium aber Jun- kers im Frühjahr 1924 über seine Verpflichtung hinaus mit 8 Goldmillionen noch geholfen . Junkers hat im Laufe der vergangenen drei Jahre ständig gegen das Reichswehrministerium den Vorwurf erhoben, es habe ihm bei der Gründung und Erhaltung seiner Fabrik in Russland Geldversprechungen gemacht , die es nicht gehalten habe .

Junkers wollte im Herbst 1924 ein Schiedsgericht eingesetzt haben . Das Reichswehrministerium hat ein Schiedsgericht zu diesem Zeitpunkt aus militärishcen und staatspolitishcen ER- wägungen heraus abgelehnt . Im

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Im Dezember 1925 hat sich das Reichswehrminste- rium aber aus eigener Initiative heraus dazu entschlossen , sen Verhältnis zu Junkers durch den Reichsgerichtsprä- sidenten , Herrn Dr. S i m o n s , einer neutralen Beurtei- lung unterziehen zu lassen . Über diese Frage herrscht zwishcen dem Reichs-

wehrministerium und Dr. Simons ein bedauerliches Missver- ständnis .

Das Reichswehrministerium hat in der neutralen Beuteilung einw gutachterliche Stellungnahme zu drei klar präzisierten Fragen erwartet :

a) Ist das Reichswehrministerium Junkers gegen- über moralisch verpflichtet ?

b) Hat Junkers seine Verpflichtungen eingehalten ? c) Hat Junkers die ihm vom Reichswehrministerium

gegebenen Gelder richtig verwendet ?

Dr. Simons hat sah dagegen seine Aufgabe in der Her-

beiführung einer gütlichen Regelung der zwischen dem Reichs- wehrminsterium und Junkers entstandenen Lage . Diese Verschiedenheit der Auffassungen führte da- zu, dass Dr. Simons dem Reichswehrministerium mitteilte , er müsse zu seinem Bedauern den Auftrag in die Hände der Parteien

zurücklegen , wenn das Reichswehrministerium auf der Erstattung eines Gutachtens bestände . Das Reichswehrminsterium bat daraufhin Herrn Dr. Simons , seine Aufgabe als erledigt zu beachten , da seine

Inanspruchnahme als Vermittler (eingefügt) vom reichswehrministerium nicht beabsich- tigt gewesen sei und Überdies bei der veränderten Sachlage eine Begutachtung der gestellten drei Fragen jetzt nicht mehr in Betacht käme .

Dr. Simons stellte daraufhin seine diesbezügliche Tätigkeit ein. In

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In der Zwischenzeit war nun – hervorgerufen durch Die notwendig gewordenen Abbaumassnahmen des Junkerswerkes –

die ganze Angelegenheit zweifellos durch die Junkersseite selbst in die Presse gebracht worden , sodass sich die brei- teste Öffentlichkeit damit befasste . Das Reichswehrministerium steht nach wie vor auf dem Standpunkt , das die von Prof. Junkers erhobenen Ansprü- che der rechtlichen Begründung entbehren . Das Reichswehrminsterium kann daher dem Prof. Jun- kers ausserhalb eines richterlichen Verfahrens irgendwelche Forderungen auf Schadensersatz oder dergleichen nicht zuer- kennen . Das Reichswehrministerium kann aber dem Vorschlage des Herrn Professor Junkers , die Angelegenheit nunmehr auf gerichtlichem Wege zu regeln , nur beitreten . Die früheren Bedenken gegen ein solches Verfahren stellt das Reichswehrministerium jetzt zurück , nachdem die Angelegenheit inzwischen durch die Junkersseite in die Öf- fentlichkeit gelangt ist . Ein Schiedsgericht kann nach Ansicht des Reichswehr- ministeriums bei der jetzigen Lage nicht mehr in Betracht kom- men . Es wird sich daher eine weitere Inanspruchnahme des Herrn Reichsgerichtspräsidenten Dr. Simons in dieser Angele- genheit von selbst erübrigen. Das Reichswehrministerium beantragt nunmehr , den Prof. Junkers unter Ablehnung eines Schiedsgerichts auf den ordentlichen Rechtsweg zu verweisen .

Der Brefwechsel zwishcen dem Reichswehrministerium und Herrn Reichsgerichtspräsidenten Dr. Simons ist zur Ein- sicht beigefügt.

gez. von Seeckt.

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Abschrift Anlage zu L.4. 638/26 g

Der Präsident des Reichsgerichts . Leipzig , den 5. Juni 1926;

An Den Herrn Reichskanzler Berlin.

Nach einer Mitteilung des Herrn Staatssekretärs der Reichskanzlei beabsichtigt die Reichsregierung in einer bevorstehenden Kabinettssitzung zu der Frage Stellung zu nehmen , in welcher Weise der Seit zwischen dem Professor Junkers in Dessau und dem Reich , zunächst vertreten durch das Reichswehrministerium , behandelt werden sollte . Nachdem ich vom Reichswehrministerium im Dezember v. Js. gebeten worden war , eine Verständigung zwischen den Streitenden zu versuchen , nd diesen Auftrag als den einer Vermittlungs- aktion angenommen hatte , glaube ich meine Eindrücke über Entstehung und Tragweite des Streits der Reichsregierung mitteilen zu sollen , obwohl das Reichswehrministerium den Auf- trag inzwischen schriftlich zurückgenommen hat . Aus der Notiz , di ’ ’’ ’ .’’ ’’ . .’’ ’’ ’’ - büro übergeben hatte und deren Veröffentlichung von der Reichregierung verhindert wurde , ist dort bekannt , daß es sich bei dieser Vermittlung weder um einen Schiedsspruch noch um ein Gutachten ge//handelt hat . Ich kann mich weder als Sachverständiger auf den Gebieten bezeichnen , auf die sich der Streit in wesentlichen Punkten bezieht , namentlich den gebieten der Technik , des Luftfahrzeugbaues und der kaufmännischen Disposition über die Betiebsmittel und gen der buchmäßigen Behandlung der Betriebsereignisse , noch war es mir in meiner Vermittlerrolle möglich , Zeugen und Sachverständge eidlich zu vernehmen . Eine solche Vernehmung wäre H105418 - 2 -

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wäre aber erforderlich gewesen , um zu einer sicheren Beur- teilung des Streitfalls zu gelangen ; denn über entschei- dende Tatsachen befinden sich die Pareien in vollem Wider- spruch miteinander und auch die von mir gehörten Auskunfts- personen beider Teile gaben widersprechende ERklärungen ab. Ich kann hiernach meine Eindrücke über die Entstehung . des Steitfalls nur unter allem Vorbehalt wiedergeben. Gleich in dem ersten und bisher einzigen Verhandlungs- termin , den ich unter Ladung beider Parteien abgehalten habe und in dem zu meinem Bedauern das Reichswehrministerium sich nicht hat vertreten lassen , habe ich als meine Aufgabe bezeichnet , nicht ein Urteil über das Verschulden der einen oder der anderen Partei an dem beklagenswerten Ausgang des russischen Unternehmens der Firma Junkers , das auch

vom Reichswehrministerium als ein im Reichsinteresse wertvol- ler Faktor in der deutschen Wirtschaft bezeichnet wurde , auf eine Grundlage zu stellen, die einerseits dem Reiche nach Möglichkeit weitere Opfer ersparte , andererseits Herrn Professor Junkers und seinen Mitarbeitern die freie Betäti- gung ihrer technischen und kaufmännischen Kräfte ermöglichte. Zu diesem Zweck habe ich die verschiedenen Werke , die Profes- sor Junkers in Dessau errichtet hat , so eingehend studiert , als es meine Zeit und meine sachlichen Kenntnisse gestatte- ten ; dabei habe ich nicht nur die ganze Fabrikation der Junkers–Flugzeugwerke und die Organisatinj der Junkers–Flug- verkehrsgesellschaft in Augenschein genommen , sondern mir auch von den Leitern der einzelnen Abteilungen und von Mit- gliedern des Arbeiterbetiebrates die nötigen Erläuterungen und Auskünfte erteilen lassen .

Auf H105419

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Auf Grund der Durchsicht des umfangreichen Materials an Urkunden aller Art , die mir abschriftlich vorgelegt wor- den sind und deren Inhalt von den Pateien nicht bestritten ist , auf Grund der Verhandlungen , die ich nicht nur mit den Herren der Firma Junkers , sondern auch mit den beteiligten Herrn des Reichswehrministeriums , sowie des Finanzausschus- ses der Junkers werkr gepflogen hatte , bin ich zu der Über- zeugung gelangt , daß die zwishcen den Streitteilen unter sich sowie mit der russischen Sowjet – Regierung geführt worden sind; der Vertagsmäßigkit und des Wertes der Leistungen , die von Ju ’’’ ’’ ’’ ußland gemacht worden sind ;der Verwen- dung der Gelder , die Professor Junkres vom Reichswehrministe- rium und später vom Reichsverkehrsministerium zur Verfügung gestelt worden sind ; der Unterstützung oder Hinderung , die

Herr Professor Junkres bei den beteiligten Reichsstellen ge- funden hat, daß alle diese Feststellungen einen großen Aufwand an Beweismitteln und an Zeit erfordern würden. Ein solcher Aufwand würde aber bei der augenblicklichen Notlage des Jun-

’’Unternehmens m. E. nicht vreantwortet werden können , weil er mit weit mehr als bloß finanziellen Opfern erkauft werden müßte , nämlich mit dem verlust der großen ideellen und organisatorischen Werte , die in dem einzigartigen Organis- mus des Ju ’ Unternehmens enthalten sind und die sich , wenn sie einmal zerstört wurden , nicht beliebig repro- duzieren lassen . Ich hatte deshalb , als der Auftrag zurückgezogen wurde , die Absicht , den Parteien etwa folgenden Verittlungs- vorschlag zu machen : 1) Das Reich verzichtet auf die Rückgewähr aller derjenigen Mittel , de von ihm seit dem Herbst , 1921 H105420

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192o – sei es durch Vermittlung des Reichswehrministe- rims , sei es durch Vermittlung des Reichsverkehrs- minsteriums – für die zwecke der Junkerswerke und Junkers – Flugverkehrs – Gesellschaft verwendet wor- den sind .

2) Das Reich verzichtet auf seime Beteiligungen an den Junkers–Werken und der Junkers–Flugverkehrs–Gesell-

schaft und gibt Herrn Junkers die von ihm in den Oktoberverträgen des Jahres 1925 an das Reich abge- tretenen Aktien zur freien Verfügung zurück .

3) Professor Junkers übernimmt wieder die volle und alleinige Verantwortung für den Betrieb der beiden Unternehmungen . 4) Mit Rücksicht auf den völligen Mangel an Betiebs- kapital , in den beide Unternehmungem sich heute ver-

setzt sehen und der die rasche Wiederherstellung eines rentablen Betriebes ausschließt, eröffnet das Reich Herrn Professor Junkers einen in monatlichen Raten von noch festzustellender Höhe zu zahlenden, über ein Jahr sich erstreckenden Kredit von bestimmter

Höhe. 5) Die Rückzahlung der auf Grund dieses Kredits ange- forderten Reichsmittel nebst noch zu bestimmenden

Zinsen erfolgt in Form einer Abgabe der Junkers–Werke in einer noch zu bestimmenden Höhe von jedem von ihr abgesetzten Flugzeug. Für die Amortisation der gesamten Summe ist eine zeitliche maximalgrenze zu bestimmen .

6) Die Forderung des Reichs aus der Creditwährung zu Punkt 4) nebst den Bedingungen der Rückzahlung zu Punkt 5) wird auf die Immobilien der Junkers–Werke

und

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und der Junkers–Flugverkehrsgesellschaft hypothe- karisch grundbuchmäßig eingetragen .

7) Professor Junkers verzichtet auf alle weiteren Ansprüche , die er - sei es aus Anlaß des russischen Unternehmens , sei es aus Anlaß der Leitung seiner Werke durch der vom Reich eingesetzten Organe – gegen das Reich erheben zu können glaubt ; er erkennt an, mit dem Augenblick wo ihm freie Verfügung über beide Unternehmungen zurückgegeben ist , keine weite- ren Forderungen an das Reich mehr zu haben als die aus der zugesagten Kreditgewährung sich ergebenden An- sprüche . Die Gründe für diesen Vorschlag habe ich Herrn

Rechsfinanzminister Dr. Reinhold kurz auseinandergesetzt : Sie beruhen auf folgenden Erwägungen : Der Ausgangspunkt der ganzen unglücklichen Entwick- lung der Ju ’’’Unternehmungen ist meiner Ansicht nach nachweisbar das russische Abenteuer . Zu diesem ist Herr Professor Junkers durch das Richswehrministerium , und zwar in erster Linie durch Herrn Major von Niedermeyer ver-

anlaßt worden . Er ist auf dieses Unternehmen mit großem Eifer eingegangen . Es scheint mir aber ausgeschlossen, daß er sich daran gewagt hätte , wenn er nicht überzeugt gewesen wäre , die Reichsregierung hinte sich zu haben . Insofern liegt beim Reich der erste kausale Anlaß zu den ganzen späteren Schwierigkeiten . Dazu kommt , daß über die tragweite der Unterstützung durch das Reich von Anfang an eine Unklarheit geherrscht

zu haben scheint , an der die Verteter des Reichs – ob mit

oder ohne Vollmacht muß hier dahin gestellt bleiben – nicht unbeteiligt gewesen sind . Von vornherein ist sowohl Herrn

Junkers wie der russischen Regierung gegenüber eine Investie- rung H105422

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rung von Mitteln zum Zwecke des Flugzeugbaues in Aussicht gestellt worden , die den Betrag von weit überstieg (sic), der später in dem schriftlichen Abkommen vom märz 1922 be- zeichnet worden ist. Sowohl Herr von Niedermeyer als Herr Pohl haben unstreitig die Summe von 600 Millionen Mark genannt.. Der Garantieschein , den Herr von Nieder-

meyer Trotzky übergeben hat und der zwar die Summe von 600 Millionen nannte , aber nur für 150 Millionen Gewähr leistete , ist , soviel ich feststellen konnte , der Partei Junkers erst während ds Vermittlungsverfahrens bekannt geworden . Herr Junkers hätte zwar , wenn er auf größere Aufträge des Reiches rechnete , das Abkommen vom März 1922 nicht ohne einen entsprechenden Vorbehalt unterzeichnen sollen ; dabei ist jedoch zu beachten , daß das Verhältnis des Reichswehrministeriums zu Professor Junkers von Anfang an nicht als ein rein geschäftliches , sonder als ein Vertauensverhältnis behandelt wurde . Das ergibt sich schon aus der durchaus geheimen Natur der ganzen Angele- genheit. Über die politische Zweckmäßigkeit des russischen Unternehmens steht mir in Urteil nicht zu. Ich möchte aber nicht verhehlen , daß es für die Stellung von Junkers gegenüber der Sowjet–Regierung in hohem Maße ungünstig war , daß die Beteiligung des Reichswehrministe- riums an dem Unternehmen von Anfang an so deutlich in die Erscheinung trat . Nicht nur die Reichspolitik , son- dern auch Junkers selbst war dadurch in hohem Maße in der Hand der Sowjet–Behörden . Inwieweit einerseits die finanziellen Be- dingungen des Vertrages , den Junkers mit der russischen Regierung abschloß , durch das Verhalten von Vertretern des H105423

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- 7 - des Reichswehrministeriums ungunstig beeinflußt worden sind ; inwieweit andererseits die Zusagen technischer Art die Junkers in diesem Vertrage machte , seine Leistungsfähigkeit überstiegen ; ob die Beanstandungen , die die russische Regie- rung gegenüber Lieferungen von Junkers erhob , berechtigt waren ; ob Junkers die vom Reich zur Verfügung gestellten Mittel im Sinne seiner Verträge mit der Sowjet–Regierung in Rußland ordnungsgemäß investiert hat ; wie hoch die Ver- luste gewesen sind , die Junkers in Rußlang erlitten hat und auf welche Ursache sie zurückzuführen sind : ob Junkers Reichsmittel in vertragswidriger Weise auf seinem Werk in Dessau oder auf die Propaganda für sein Verkehrsunternehmen Verwandt hat – das alles ist steitig und könnte nur nach eingehenden Beweisaufnahmen festgestellt werden . Ein ge- richtlicher Prozeß uber diese Fragen wäre zwar jetzt nicht mehr so gefährlich als in der Zeit , in der ich die Vermitt- lung übernahm ; ich glaube aber , daß er auch jetzt noch den Interessen der Reichsregierung in erheblicher Weise Abbruch tun würde . Deshalb halte ich es für richter , diesen gan- zen Fragenkomplex durch gegenseitigen Verzicht auf Be- schuldigungen und Ersatzansprüche aus dem Weg zu raämen. Das gleiche gilt von der Frage , ob das Reich zur Zeit des Ruhreinbruches das Ju ’’Unternehmen in anderer Wei- se zu Leistungen hätte heranziehen müssen , oder ob es aus politischen und technischen Gründen gezwungen war , seine Bestellungen einer anderen Firma zuzwenden , ohne Herrn Junkers in formell verbindlicher Weise zur eigenen Liefe- rung aufzufordern . Auch hier wäre ein Urteil nur nach An- hören von Sachverständigen möglich . Ein Hauptgrund der Schadensersatzansprüche dse Professor Junkres besteht in den Maßnahmen , die die Reichsregierung durch das Reichsverkehrsministerium H105423

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- 8 - Reichsverkehrsministerium getroffen hat , um sich wegen der finanziellen Opfer zu sichern , die es in den Jahren 1925 für die Ju ’’’Unternehmenungen gebracht hat . Diese Maßnahmen bestehen einmal in den Verträgen , die das Reich im Oktober mit Professor Junkers wegen Übereignung von 80 % der Anteile an den Junkers–Werken und der Junkers–Flugverkehrsgesell- schaft und wegen des Eingehens eines Syndikatsverhältnisses zwischen den Inhabern der Aktien geschlossen hat . Ich halte diese Vertäge vom Rechtsstandpunkt aus für anfechtbar , weil sie offensichtlich ein geschlossenens Ganzes bilden und weil derjenige Teil , durch den Professor Junkers auf die Geltendmachung seiner aktienrechtlich gewährleisteten Mino- ritätenrechte verzichtet hat , meines Erachtens und nach der Rechtssprechung des II. Senats des Reichsgerichts wegen Ver- stoßes gegen zwingendes materielles Recht nichtig ist. Je- denfalls glaube ich , daß ein Rechtsstreit , den Professor Junkers wegen Anfechtung dieser Verträge anstrengen würde , nicht als aussichtslos bezeichnet werden kann . Infolgedessen empfehle ich im Reichsinteresse , auf die Durchführung dieser Vertäge zu verzichten . Dazu führt mich noch ein weiterer Grund. Ich halte es für ausgeschlossen , daß ein Unternehmen wie das des Professor Junkers , das vollständig der genialen Ini- tiative eines höchst eigenartigen , technisch und organisa- torisch ungewöhnlich befähigten Mannes entsprungen ist , auf

einem Gebiet , in dem die Technik wie der Verkehr noch völlig im Anfang ihrer Entwicklung stehen , auf staatssozialisti- sche oder staatskapitalistische Weise geleitet werden kann . Die Gründe , welche die Überführung großer Verkehrsanstalten In staatliche Regie angezeigt ershceinen lassen , erhalten erst dann ihre Kraft , wenn die Verkehrstechnik und die Ver- kehrs-

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- 9 - kehrs – Organisation bis zu einem gewissen Grade stabilisiert worden sind , wie das bei der Eisenbahn , der Post und der Telegraphie , wenn auch unter gewissen Vorbehalten , behaup- tet werden kann. Sie versagen aber , wenn das Verkehrsmittel noch im beginn einer unübersehbaren Entfaltung sowohl nach der technischen wie nach der organisatorischen Seite steht .

Die Ausschaltung der Konkurrenz und die Übernahme in eine behördlich kontrollierte Regie muß notwendig zu einer Ver- kümmerung der Entwicklung führen .

Ich maße mir selbstverständlich kein Ur- teil uber die Zweckmäßigkeit der Gründung der Luft – Hansa

an. Innerhalb der Reichsgrenzen und mit Bezug auf den Verkehr zwischen dem Reich und den Nachbarländern mag diese

Gründung segensreich gewesen sein . Aber auch hier würde ich glauben , daß das Reich gut täte , sich darauf zu be- schränken , die einzelnen Unterehmungen unter gemeinsame Leitung zu stellen , nicht aber selbst als Unternehmer auf- zutreten . Für die erst bezeichnete Aufgabe ist es nicht er- forderlich , daß das Reich den Anteil der Junkers–Flugver- . kehr–Gesellschaft an der Luft–Hansa ganz oder zum über- wiegenden Teil in eigenen Besitz nimmt. Entscheidend endlich ist für mich die Überzeugung , die ich bei näherer Kenntnis der Eigenart des Professor Junkers , des von ihm bisher geleiteten Werkes Und seiner gesamten Mitarbeiter gewonnen habe, daß ein Zusammenarbeiten dieser Menschengemeinschaft mit Regie- rungsstellen in der Weise , wie sie gegenwärtig betrieben wird , zum völligen Zusammenbruch der Werke führen muß . Ich halte es für ausgeschlossen , daß Professor Junkers selbst und seine wertvollsten Mitarbeiter auf die Dauer diese Art der Arbeit ertragen werden . Sicherlich kann man diese Persönlichketen durch anderre ersetzen , mit denen das Zu- sammenarbeiten H105426

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- 10 - sammenarbeiten sehr viel bequemer sein wird, aber das eigen- artige des Ju ’’ ’,’ ’’ ’’ ’’ ’’ ’’ Ruhm verschafft und dem eutschen Luftwesen zu Ansehen verholfen hat, wird dan notwendig verloren gehen . Ein solcher Verlust bedeutet aber für das Reich m. E. mehr als die Ver- wendung einer Anzahl von Millionen auf die Sanierung des Wer- kes , zumal wenn die Rückzahlung der aufgewendeten Mittel durch reale Pfänder gesichert wird. Schließlich möchte ich betonen , daß die Sorge vor dem Widerspruch der konkurrenzfirmen m, der sicherlich nicht ausbleiben wird , mir unbegründet erscheint . Es handelt sich bei den von mir empfohlenen Anwendungen nicht um Subventio- nen , wie sie den anderen Werken gegeben werden , sondern um die Leistung aus einem Vergleich , bei dem gegenseitige An- sprüche des Reichs und des Professors Junkers gegeneinander aufgehoben werden und die Kreditgewährung nur als ein Aus- gleichsmittel erscheint . Eine solche Leistung kann nicht nur mit den Interessen des Reiches , sondern auch mit seien mora- lishcen Verpflichtungen aus dem gemeinsam unternommenen Aben- teuer in Rußland sachlich durchaus gerechtfertigt werde. Wie- weit man eine solche Begründung dem Reichstag und der Öffent- lichkeit gegenüber vorzubringen für gut hält, muß ich dem Ermessen der Reichsregierung überlassen . Wenn die von mir empfohlene Veständigung noch einen Zweck haben soll , so muß sie bald erfolgen . Nach den von der jetzigen Verwaltung geoffenen Maßnahmen scheint mir eine wirklliche Sanierung nur noch möglich zu sein , wenn sie alsbald einsetzt . Haben sich Professor Junkers und seine Mitarbeiter erst einmal einen anderen Wirkungskreis gesucht , so ist das Unternehmen als solches unwiderbringlich zerstört .

Damit würden aber auch alle Schranken niedergerissen sein , die bisher noch einer agitatorischen Verwendung der Streit- punkte in der Oeffentlichkeit im Wege standen und auf deren Beseitigung meine Vermittlung gerichtet war . (gez.) Dr. S i m o n s . H105427

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Abschrift Anlage zu L. 4. 638/ 26 g Der Präsident

des Reichsgerichts Leipzig , den 5. Juni 1926

Reichsgerichtsplatz 1 .

Herrn Staatssekretär Dr. K e m p n e r Reichskanzlei Berlin .

Sehr geehrter Herr Staatssekretär ! Ihre beiden Schreiben vom 29. v. M. und vom 1. d.M. be- stätige ich dankend. Vielleicht ist Ihnen aus der Presse be- kannt , das ich in der Pfingstwoche durch Tagungen des Evang- gelischen–Sozialen Kongresses , den ich leite , und der Deut- schen Gesellschaft für Völkerrecht , zu deren engerem Vor- stand ich gehöre , ich in Anspruch genommen worden bin . Seitdem habe ich infolge von angestauter Verwaltungsarbeit sowie von Sitzungen des Reichsgerichtspräsidiums , meines Strafsenats und des Staatsgerichtshofes für das Deutsche Reich keine Zeit mehr für die Ausführung meiner Absicht ge- funden , der Reichsregierung den Sach – und Streitstand in der

’’’ ’’’ ’’ ’.’’ ihrer grossen Eilbedürftigkeit – es steht m.E. nicht nur das Schicksal eines einzigartigen Werkes deutscher Technik und deutschen Unternehmungsgeistes , sondern auch ein gutes Teil politischer und wirtschaftlicher Reichsinteressen auf dem

Spiel – habe ich indessen geglaubt , an den Herrn Reichskanz- ler den anliegenden kurzen Bericht senden zu sollen , der sich

lediglich auf einen Vermittlungsvorschlag und seine Begrün- dung bezieht . Einen solchen Vorschlsg hatte ich den Par-

teien in Aussicht gestellt ; aber meine Erkrankung im März

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März und April d. J. verzögerten die Ausführung . Ehe ich den Vorschlag im einzelnen hatte durcharbeiten können , wurde

der Auftrag vom Rechswehrminsterium widerrufen . Damit halte ich meine Tätigkeit für beendet ; angesichts dse Widerrufs und seiner Begründung vermag ich auch nicht sie wiederauf- zunehmen . Übrigens können jetzt nur noch sofortige unmittel- bare Verhandlungen der Reichsleitung mit Professor Junkers helfen ; für eine Teilnahme an ihnen lässt mir mein Haupt- amt keine Zeit mehr . Ich bitte Sie , die Anlage dem Herrn Reichskanzler zu unterbreiten , und stelle eine Mitteilung an die Mitglie- der des Kabinetts ergebenst anheim .

In ausgezeichneter Hochachtung gez. Dr. S i m o n s

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Abschrift des Aktenvermerks . Anlage zu L.4 638 / 26 g.

In der am 28. Januar 1926 stattgehabten Besprechung im Reichsverkehrsministerium wurde Herrn Ministerialrat Bran- denburg von den anwesenden Herren Oberbaurat Heck und Dr. von der Porten folgendes unterbreitet :

1.) Auf die immer wiederholte Frage bei Feststellung des Finanzstatus der Junkers – Gesellschaft , ob noch irgend welche Verpflichtungen der Ju ’ aften neben den aus Büchern der Gesellschaft und der Bilanz derselben zu ersehenden Risiken bestehen , wurden lediglich unwesent-

liche Posten , wie Verpflichtungen der Jucoran in Höhe von 10 000 $, Verpflichtungen der Abfly in Höhe von 50 000 Kronen , angegeben , dagegen keinerlei Risiken aus Bauverträgen oder

dergleichen . Es wurde ausdrücklich festgestellt , dass der bestehende russische Vertrag nur insofern ungültig ein- wirken könne, als die in Russland investierten Werte von 12 Millionen Mark , die in der Bilanz per 1. Juni mit 4 Mil-

lionen zu Buch standen , restlos verloren sein könnten. Dieser Tatsache wurde dadurch Rerchnung getragen, dass in der dem Verkehrsministerium vorgelegten Bilanz das Werk Moskau auf 1 Mark abgeschrieben und demzufolge die vorhandenen Re- serven um 4 Millionen gekürzt mit nur 3,300 000 Mark aus- gewiesen wurden . Der Status der Gesellschaft wurde dement- sprechend ungünstiger eingestellt und beleuchtet . Es wird ferner darauf hingewiesen , dass das Bestehen eines türkischen Vertrages mit keinem Wort erwähnt wurde und die aus diesem Vertrag herrührenden Risiken und Verpflichtungen daher völlig unberücksichtigt blieben . Auf die von Herrn Heck und von der Porten bei der Schlussbesprechung nochmals in Gegen

wart

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- 2 - wart des Herrn Oberregierungsrat Mühlig–Hofmann vorgelegte Fragen ob eventuell Risiken oder Verpflichtungen nachrevidiert worden sind , erklärte Herr Gotthardt Sachsen-

berg , das keinerlei Risiken oder Verpflichtungen ihm be- kannt seien .

Inzwischen hat sich ergeben , dass einn türkischer Ver-

trag besteht , der der Junkers–Gesellschaft die Verpflichtung auferlegt , in der Türkei eine Flugzeugfabrik zu erbauen und die Hälfte der Baukosten aus eigener Tasche z bezahlen. . Die übereinstimmende Meinung der dem Aufsichtsrat angehören- den Industriellen und Bankleute , denen sich die Herren Ver- treter der Ressorte anschliessen , geht dahin , dass der in- zwischen bekannt gewordene türkische Vertrag den Junkers – Werken Verpflichtungen auferlegt , die einfach unerfüllbar sein können , wenn beispielsweise in irgend einem anderen Land Erfindungen gemacht werden, die den Junkers–Werken nicht zur Verfügung stehen. Die Junkers–Werke sind nämlich die Verpflichtung eingegangen , stets Flugzeuge zur Ablie- ferung zu bringen , die den günstigsten Bedingungen anderer Länder entsprechen .

Es hat sich ferner herausgestellt , daß aus dem rus- sischen Vertrag gleichfalls neue Verpflichtungen sich ergeben können , deren Umfang bei der Unklarheit der Verträge

heute noch unübersehbar ist. Die bisher von wenigen Eingeweihten vertetene und von den Junkers – Werken ge-

stützte Ansicht ging dahin , das der alte Konzessions- vertag mit Russland von beiden Vertagsschliessenden

gekündigt sei . Nach neuester Mitteilung des Herrn Gott- hardt Sachsenberg sollen entgegen dieser Annahme , falls

ein

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ein neuer Vertrag mit Russland nicht zustande kommt , noch starke Bindungen aus dem alten Vertag der Junkers – Gesell- schaft bestehen . Es muss daher festgestellt werden , dass bei der Aufstellung des Finanzplans Ausgaben für die russische und türkische Verpflichtung nicht virgesehen werden konnten , da den mit der Überwachung betrauten Herren das Vorhandensein solcher Verplichtungen ver- schwiegen wurde . Die an der heutigen Besprechung teil- nehmenden Herren sind der Meinung , das die Risiken , die aus den beiden oben genannten Verträgen den Junkers–Werken auferlegt werden können , derartig schwere sind , dass die Finanzierung dieser Verträge durch das Reich keineswegs Empfohlen werden kann . Es ist natürlich möglich dass durch Glückszufälle bei der Durchführung der Verträge den Junkers–Werken ein gewisser Nutzen entstehen kann , keines- wegs ist aber nach kaufmännischen Grundsätzen ein solcher Nutzen irgendwie zu errechnen , wohl aber ein viele Millio- nen betagendes Risiko als bestimmt vorhanden in die Rechnung einzusetzten.

3.) Unter diesen Umständen wird empfohlen , der Leitung der Junkers–Werke aufzuerlegen , den mit der Türkei bestehenden Vertag derart zu umzuändern das die ganz unübersehbaren Risiken entweder dem Professor Junkers oder einer für diesen besonderen Zweck gebildeten Gesellschaft mit einem beschränkten Kapital auferlegt werden und das der mit Russland anzuschliessende Vertrag gleichfalls dem Professor Junkers oder der für diesen Zweck mit kleinem Kapital ausgerüsteten Gesellschaft übertragen wird. Sollte dies nicht gelingen , so wäre in erwägung zu ziehen , die Junkers–

Werke H105432

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- 4 - Werke unter Geschäftsaufsicht stellen zu lassen und den Türken und Russen damit klarzumachen , dass die Junkers– . Werke nicht in der Lage sein werden , derartige , nüberseh- bare Risiken in sich birgende Verträge zu erfüllen . Das wird sicherlich dazu beitragen , die Vertäge der Form nach und dem Inhalt nach so zu ändern, dass das Risiko wenn auch nicht völlig ausgeschaltet so doch begrenzt wird .

3.) Die Fortführung der Geschäfte der Junkers–Werke müßte auf neuer , viel bescheidenerer Basis durchgeführt werden . Vor allem wäre es dringend erforderlich , die Motoren–

fabrik zu schliessen und die erforderlichen Motoren bei einer anderen hierfür geeigneten Gesellschaft unter Auf- sicht des von Prof. Junkers mitzubestimmenden Fachmannes . bauen zu lassen . Ferner müssten die ausserordentlich teuren Versuchsarbeiten für die Entwicklung anderer als lediglich für den Flugzeugbau bestimmter Motoren und Kon- stuktionen sofort unterbunden werden . Die Geschäftsordnung für eine derartige Neuregelung der Dinge wäre dann vom Ausschuss des Aufsichtsrates unter Zustimmung der beteiligten Ressorts der Direktion vorzuschreiben . H105433

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Der Reichsverkehrsminister Zu Tgb.Nr. L 638/26 geh. Vertraulich Betrifft Junkers . Bemerkungen zu dem Schreiben des Reichsgerichtspräsiden-

ten vom 5. Juni 1926 auf Grund des in der Ministerbesprechung vom 7. Juni 1926 gefaßten Beschlusses.

------- I. Gegenstand der Kabinettsentscheidung . Die Befassung des Reichskabinetts mit der Junkers–Ange- legenheit geht auf das Schreiben des Reichswehrministeriums (Chef der Heeresleitung ) vom 26. Mai 1926 zurück , in welchem die- Ser den Herrn Reichskanzler bittete , eine Entscheidung des Reichskabinetts nach der Richtung herbeizuführen , daß Junkers hinsichtlich seiner vermentlichen Ansprüche an das Reich auf den ordentlichen Rechtsweg verwiesen wird. Bei der bevorstehenden Entscheidung des Kabinetts handelt es sich also nur um die Frage , ob das Reich – wie es Junkers offenbar wünscht – auf ein Schiedsgericht eingehen soll , oder ob es Junkers gegenüber jede Verpflichtung ablehnt und es die- sem überläßt , seine Ansprüche im Wege der Zivilklage geltend zu machen . Die Frage , inwieweit Junkers zu stützen sei , ist durch den Kabinettsbeschluß vom 5. Mai 1926 , dessen Protokollierung ich nachstehend nochmals anführe , als erledigt anzusehen . (Protokoll der Sitzung des Reichsministeriums vom 5. Mai 1926 –RK. 3696 - .

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- 2 - Der Reichsverkehrsminister trug den Inhalt seiner Vorlage vor . Nach längerer Dabatte stellte der Kanzler folgendes Ergebnis fest : Von einem Konkursantrag , wie ihn die Vorlage des Reichsfinanzministers vorschlägt , soll abgesehen wer- den . Es soll eine Verkleinerung des Werkes herbeigefürt werden. Es soll für das so verringerte Werk ein Kredit gewährt werden , für den die Zustimmung des Reichstages herbei- zuführen ist . ) II. Darstellung des Verhältnsses zwischen Junkers und dem Reich .

a) Struktur der Junkers – Werke bei dem Zusammenbruch im Herbst 1925 .

Die Junkers – Werke bestanden aus folgenden Unternehmungen :

Junkers–Flugzeugwerk A. G. ( JFA) , Aktienkapital 3,5 Millionen.. Junkers–Motorenwerk G.m.b.H. (JUMO) Gesellschaftskapital 5 000 Mark, Junkers–Luftvekehr A. G. (JLAG) , Aktienkapital 2 Millioen Junkers & Co . ( Kaloriferwerk , Badeöfen– und Apparatebau), Forschungsanstalt Sämtliche Unternehmungen waren Hausbesitz des Professor Junkers . Die Aufsichtsräte führten nur ein Schein dasein . Bilanzen waren in den letzten Jahren nicht veröffentlicht . Eine klare Trennung der einzelnen Unter- nehmungen in finanzieller Hinsicht bestand nicht . b) Der Zusammenbruch im Oktober 1925 . Die JFA hatte Anfang Oktober 1925 beim Reichsverkehrsministerium eine Schuld in Höhe von 2,8 Millionen. Weitere Kredite waren vorher zum Teil in Auf-

träge H105435

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träge z. T. in Beihilfen umgewandelt . Die JLAG bestritt in den letzten Jahren mehr als die Hälfte des gesamten Luftver- kehrs und erhielt dafür Subventionen des Reichs , der Länder und der Kommunen . ( Sämtliche übrigen Luftfahrtzeugfabriken waren über die Deutsche Aero Lloyd A.G. auf die andere Hälfte der Luftverkehrssubventonen verwiesen. ) . Die Nachsuchung der Kredite für die JFA hatte stets in überstürzter Form stattgefunden . Niemals war bei einer Beantragung auch nur andeutungsweise geäußer worden, daß es sich bei die sen Krediten um die Realisierung von Ansprüchen handele , welche Junkers an eine andere Reichsstelle zu haben behauptet . Anfang Oktober wurde die JFA wiederum mit der Bitte um einen Kredit von 700 000 Mark vorstellig , dessen sofortige Gewährung zur Abwendung des Konkurses erforderlich sei . Das Reichsverkehrsministerium forderte nunmehr eine Übersicht über den Status der Firma.

Es stellte sich heraus , daß das Werk 12,5 Millionen Schulden hatte.. Diesen Schulden wurden Auftragsaussichten in Höhe von 4o Millionen gegenübergestellt. Die Auf-

tragsaussichten wurden vom R.V.M als dubios angesehen. Nachdem das R.B.M. . im Einvernehmen mit dem: Reichsfinanzministerium die verhältnisse bei Junkers durch zwei erfahrene Männer der Wirtschaft ( Generaldirektor von der

Porten und Generaldirektor Heck ) hatte durchleuchten lassen , entstand die Frage , ob das Reich helfen , oder das übermäßig aufgeblähte und wirtschaftlich unsolide fundierte Werk in Konkurs gehen lassen sollte . Es waren in der Hauptsache außen- politische Erwägungen , welche im Hinblick auf die russischen Junkers–Angelegenheiten damals (während der Verhandlungen in Locarno) dazu führten , daß die Reichsregierung sich für die Sanierung der Werke entschied ( Vergl. Protokoll der

Sitzung des Reichsministeriums vom 24.10.25.) . Hierbei wurde mit

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- 4 - mit der Bezahlung der Schulden und mit den Betiebskosten bis zum Frühjahr 1926 gerechnet . Bis zu diesem Zeitpunkt mußte Klarheit über die Auftagsaussichten zu erhalten sein .

Gelang es nicht , bis zum Frühjahr 1926 große Aufträge hereinzubringen , so mußte das Werk soweit abgebaut werden daß Auftragsbestand und Aufwand in Übereinstimmung kamen .. Es war sonach notwendig , die Kredite von 2,8 Millionen auf 17,5 Millinen zu erhöhen , was mit Zustimmung des Reichsta-

ges geschah. Bevor das Reich seine Bereitschaft zur Sanie-

rung der JFA erklärte , verlangte es die Übereignung von 8o % der JLAG–Aktien gegen angemessene Bezahlung . Das Reich ging hierbei von der Erwägung aus , daß die Unsolidität des Junkers–Konzerns in erster Linie auf den uferlosen Neugrün- dungen der JLAG und auf dem kostenspieligen Propagandaapparat dieser Gesellschaft beruhte . Es strebte die Vereinheitli- chung (nicht etwa Verstaatlichung) des Luftverkehrs an , weil dies aus außenpolitischen und verkehrspolitischen

Gründen unaufschiebbar war . Junkers hatte diesr Verein- heitlichung bisher hartnäckig widerstrebt , weil er offenbar hoffte , mittels der von ihm gegründeten Europa Union den gesamten europäischen Luftverkehr für sein Flugzeugewerk zu monopolisieren , d. h. sämtliche Luftverkehrssubventionen des Reiches , der Länder und der Gemeinden für seine Absatz- organisation flüssig zu machen.. Die J u ’’ waren außen– und innenpolitisch nicht durchführbar und auch im Hinblick auf die wertvolle andere deutsche Flugzeug- industrie nicht vertretbar . Die Vereinheitlichung des Luftverkehrs wurde dann auch nach ihrer Durchführung vom Reiche , von den Ländern und Kommunen geradezu als eine Erlösung empfunden .

Als eine weitere Vorbedingung der Sanierung H105437 verlangte

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- 5 - verlangte das Reich den Übergang der JUMO an die JFA , die

klare Abgrenzung der JFA von dem übrigen Konzern und den Abschluß eines Lizenzvertages zwischen der JFA und Profes- sor Junkers . Um das Werk nicht mit 17,5 Millionern Mark

Schulden zu belasten , wurden auf Vorschlag der aus der Wirt- schaft herangezogenen Sachverständigen 7 Millionen Mark nicht als Kredit , sondern gegen neu zu schaffenden Aktien gegeben. Die Aktien wurden einem Treuhänder , dem Generaldi-

rektor der Dessauer Continentalen Gesellschaft (Heck) übergeben. Ein von den ersten Männern der Wirtschaft auf das Wärmste empfohlener kaufmännischer Direktor (Staben) wurde eingesetzt und es wurde ein Finanzausschuß des Aufsichts- rates gebildet , dem nur einige Männer der Witschaft angehör- ten und dessen Vorsitz der Reichsminister a. D. v. Schlieben einnahm. Vertreter der beteiligten Ressorts (Verkehrs– und Fi- nanzministerium) konnten als Zuhörer an den Sitzungen des Finanzausschusses und des Aufsichtsrates teilnehmen. Die letzt- genannten Veränderungen vollzgen sich Mitte Dezember 1925. Im letzten Stadium der Verhandlungen hatte der Direktor der Junkers Luftverkehrs A. G. Gotthard Sachsenberg , welcher sich in den letzten Jahren zu einer Art Generaldirektor des ganzen Konzerns aufgeschwungen hatte , ohne jedoch die han- delsrechtliche Verantwortung für die anderen Unternehmungen zu tragen, plötzlich geäußert , daß es überhaupt unzulässig

’,’’ ’ ’’’ u ’’ u spechen . Junkers habe aus seien Verträgen mit dem Reichswehrministerium einen Anspruch an das Reich in Höhe von mindestens 12 Millionen . Da dem Reichsverkehrsministerium der aus früheren Jahren herrüh- rende Streit zwischen dem Reichswehrministerium nd Junkers bekannt war , wurde der überraschende Anspruch des Herrn Sachsenberg zurückgewiesen . Die vom Reich getroffene Lösung wurde H105438

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- 6 - wurde von den beteiligten Sachverständigen , insbesondere auch von dem die Junker ’’’ ’’’ Reichstagsabgeordneten Dr. Ku ’,’ ’ bezeichnet . Eine neue Schwierigkeit ergab sich , als be- kannt wurde , daß den vom Reiche mit der Durchprüfung der Verhältnisse bei Junkers beauftragten Sachverständigen Ver- bindlichkeiten von größter Bedeutung verschwiegen worden waren . Der in der Anlage beigefügte, von den Generaldirek- toren von Porten und Heck persönlich diktierte Aktenver- merk führt die wesentlichen Verheimlichungen an. Charak- teristisch war ferner noch der unerwartete Protest eines Wechsels über 500 000 RM ,mit welchem die Schwedische Luft- Verkehrs – Gesellschaft (eine Junkers Gründung) Flugzeuge an Junkers bezahlt und auf dem die JFA ein Giro übernommen hatte . Es kam somit der Fall zustande , daß mit deutschem Reichsgeld die Flugzeuge einer ausländishcen Luftverkehrs- gesellschaft bezahlt wurden . Gegen die Neuordnung setzte nun bei Junkers ein latenter , hauptsächlich von den beiden Brüdern Sachsen- berg und ihrem Anhang genährter Widerstand ein , der von der Reichsseite mit der größten Langmut und Schonung behandelt wurde . Die Aufträge welche im Herbst in Höhe von 4o Mil- lionen Mark in Aussicht gestellt wurden erwiesen sich als zum größten Teil nicht realisierbar . Der Hauptabnehmer (Rußland) fiel aus , da die Russen behaupteten , betrogen worden zu sein und da Bestechungen , die Junkers in Moskau angeblich vorgenommen haben soll, dort ruchbar wurden und zur Verhaftung hochgestellter Sowjetbeamter und zur Ein- leitung einer Untersuchung gegen den Junkers–Vertreter ge- führt hatten . es trat also die Notwendigkeit ein , das Werk so wie es bereits im Herbst 1925 in Aussicht genommen war ,

zu .

H105439

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- 7 - zu verkleinern . Bei der Bedeutung der Angelegenheit und in Anbetracht der von der Junklers–Seite her zu erwartenden Pressepolemik wurde die Angelegenheit dem Reichskabinett unterbreitet . Das Protokoll der Kabinettsentscheidung ist unter I angeführt . Die vorstehende Darstellung bezieht sich auf das Verhältnis zwischen Reich und Junkers , soweit das Reichsverkehrsministerium beteiligt ist . Die Darstellung der aus weiter zurückliegender Zeit herrührenden Zwistig- keiten zwischen Junkers und dem Reichswehrministerium kann nur von diesem Ministerium dargelegt werden. Das Reichs- verkehrsminsterium hat jedoch auf Grund der ihm bekannt gewordenen umfangreichen beiderseitigen Aeußerungen die Überzeugung gewonnen , daß ein substanzieller Anspruch des Professor Junkers nicht vorhanden ist, abgesehen davon , daß ein solche auch nur von der JFA , Nicht aber von Pro- fessor Junkers persönlich geltend gemacht werden könnte. Bemerkt sei noch , daß auch die Junkers Luft– verkehr A.G. in Konkurs geraten wäre , wenn das Reich nicht mit erheblichen Mittel über die vereinbarten Subventionen hinaus eingesprungen wäre, um zu verhindern , daß bei der Vereinheitlichung des Luftverkehrs die Aero Lloyd ver- tretenen Kreise , die von den D Banken geführt wurden , das Feld allein beherrschten. III. Stellungnahme zu dem Schreiben des Reichsgerichtspräsidenten vom 5. 6. 1926 Der Reichsgerichtspräsident bezeichnet sich selbst als nicht sachverständig . Von einer Darstellung der Rechtslage hat er abgesehen, er würdigt dieselbe nur in- sofern als er den Verzicht auf die Minoritätsrechte Jun- kers als nichtig bezeichnet. Zu dieser Frage hat das früher gehörte

H105440

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- 8 - gehörte Reichsjustizministerium eine gegenteilige Stellung eingenommen . Er gelangt zu einer Reihe von Werturteilen, zu deren Abgabe ihm als Nicht–Sachverständigen die Legiti- mation fehlt.. Sein Gütevorschlag geht davon aus , daß es ’ ’ ussische Abenteu ’’ ’,’’ ’’ ’’ usgangspunkt

der unglücklichen Entwicklung der Ju ’’Unterneh- mungen bildete . Die Richtigkeit dieser These darf nach den im Reichsverkehrsministerium vorliegenden Erfahrungen füg- lich bezweifelt werden., ganz abgesehen davon , daß das Reichswehrministerium , soweit hier bekannt , nie die Absicht gehabt hat , Junkers das ganze Risiko für alle russischen Unternehnungen (Junkers hat z. B. in Rußland auch Luftver- kehr betrieben) abzunehmen . Die Einwilligung des Reiches in den vom Reichsgerichtspräsidenten gemachten Gütevor- schlag würde die alte Wirtschaft bei Junkers mit ungedeck- ten Krediten wieder inaugurieren und das Reich in kürzester Frist vor eine ähnlichre Situation stellen , wie sie im Herbst 1925 bestanden hat. Professor Junkers hat selbst ausgeführt, daß ihm häufig einzelne Berater gesagt hätten , daß das Geld für dieses oder jenes seiner zahlreichen Projekte nicht zur Verfügung stehe. Er habe dann , wenn er das Projekt für gut gehalten habe , entschieden daß es totzdem durchzufüh-

’ ’.’’ ’’ ’’ ’’ ’ ’ . Das Reichsverkehrsministerium hat in sehr zahlreichen Fällen erfahren müssen , daß Junkers im Auslande Verpflich- tungen einging , für welche eine Deckung nicht vorhanden war . Diese Verpflichtungen haben häufig einen Charakter , der das Reich in außenpolitisch höchst unangenehme Zwangs- lagen versetzte ( Russenvertag , Türkenvertrag , Vereinbarung mit Sven Hedin , Ankauf eines Flughafengeländes von dem türkischen Staatspräsidenten , Luftverkehsvertrag in der südafrikanischen

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- 9 - südafrikanischen Union usw. ) . Auch ich halte es für erwünscht , daß das Reich sich von seiner Beteiligung an den Junkers–Werken, die seiner Zeit nur im Interesse von Junkers eingegangen ist , zurückzieht . Eine derartige Maßnahme ist aber nur möglich , wenn sich responsable Wirtschaftskreise finden , welche dem Reich das Aktienpaket abnehmen . Es bestehen nach dieser Richtung zwei – vorläufig noch sehr lochere – Möglichkeiten . IV. Die Frage des Schiedsgerichts . Die gegen ein Schiedsgericht sprechenden Gründe habe ich in der Ministerbesprechung am 7. Juni 1926 Bereits angeführt.. Sie seien hier nochmals kurz wieder- holt.

1.) Die Einwilligung in ein Schiedsgericht wäre die An- erkennung eines Anspruchs seitens Junkers . Ein sol- cher besteht , wie mir in allen Verhandlungen mit dem Reichswehrministerium mitgeteilt worden ist , nicht . Die Anerkennung eines Anspruchs würde eine Kette neuer Ansprüche der Junkers–Seite zur Folge

haben . 2.) Das Moment der Geheimhaltung der früheren Beziehun-

gen zwischen Reichswehrministerium und Junkers scheidet aus , nachdem Junkers in seinem Pressekampf diese Dinge längst an die Öffentlichkeit gezerrt hat. Auch im Falle eines Schiedsgerichts würde der Reichstag,, der inzwischen durch die Luftfahrzeug- Industrie alarmiert ist , nicht davon abgehen , sich mit der Angelegenheit zu beschäftigen .

3.) Ohne Verweisung auf den ordentlichen Rechtsweg

bleibt H105442

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- 10 - bleibt Junkers dauernd im besitz des Druckmittels gegenüber

der Reichsregierung, das er in seinen Vereinbarungem mit dem Reichswehrministerium sieht. Nach dem Pressekampf, den Jun- kers gegen seinen Wohltäter – das Reich – geführt hat , ent- spricht ein Güteverfahren auch nicht der Würde der Reichs- regierung .

4.) Professor Junkers wäre in einem Streit mit dem Reich als Privatperson gar nicht vertretungsberechtigt . . Dies wäre

aullein die JFA . Junkers könnte höchstens die Reichsbetei- ligung anfechten .

5.) Bei der JFA entstet allmählich Ornung . Es werden zur Zeit 650 Arbeiter beschäftigt . Das Verhältnis mit Rußland und mit der Türkei kann nur durch eine neue Aera geordnet

werden . Alle Dinge bei Junkers beginnen aber wieder zu schwimmen , sobald das Reich auf den gedanken eines Schieds- gerichts eingeht . (gez.) K r o h n e . H105443

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# Abt IV. Abschrift

Der Reichsverkehrsminister Berlin W 66 , den 15. Juni 1926 L. 4. 638 / 26 g Wilhelmst. 80

V e r t r a u l i c h

Nicht für den Geschäftsgang

bestimmt .

Anliegend übersende ich auf Grund des in der Minister- besprechung am 7. Juni d. J. gefassten Beschlusses die Brie- fe des Herrn Reichsgerichtspräsidenten Dr. S i m o n s an den Herrn Reichskanzler und an den Herrn Staatssekretär in der Reichskanzlei vom 5. Juni d. J. und meine Bemerkung- gen zu der Angelegenheit . gez. W. Krohne

An den Reichsminister des Auswärtigen Amtes, Herrn Dr. Stresemann Berlin W.8.

H105444

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zu L4 Nr. 694/26 g

Berlin, den 23. Juni 1926

B e r i c h t über die gemäß Verfügung vom 8. Juni 1926 L.4.654/26 geh. Auswärtiges Amt

Ru 3236 ausgeführte Reise nach Moskau . IV Ru 4 2 2 9

- 3495 eing. 8 - JULI 1926 VOM ----------- zum I. E r g e b n i s . -----Anl. ------Durschl. In Besprechungen mit den Herren

der deutschen Botschaft in Moskau, mit Herrn Oberst a.D. Thomsen und mit verschiedenen russischen Dienststel- len wurde festgestellt, daß bei den Russen infolge kaufmännischen und tech-nischen Versagens von Junkers und des geschäftlichen Vorgehenes der Junkers-Vertreter in Moskau große Mißstimmung herrsche . Durch die Ankündigung eines Wech- sels in der Leitung der Junkers-Werke und die Bekanntgabe neuer auf erfolg- reiches Zusammenarbeiten gerichteter Verhandlungsrichtlinien wurde diese Mißstimmung stark gemindert Die Russen sagten zu, in Verhand-lungen über die Abänderung bezw. Umwand- lung des Konzessionsvertrages einzu- treten. Sie sagten ferner eine Verlänge- rung der Lieferfristen für die in Auf- tra gegebenen Großflugzeuge zu, wogegen ihnen

W 8/7 Lu / Ru / R17 zu Scholl H105445

(II J)–IV Rm A.A.eing. 6. Juli 1926 NM L 7 V 5

W .

St P.

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- 2 - ihnen eine Nachprüfung des im übrigen nachdrücklich als angemessen bezeichneten Preises für die Flugzeuge in Aussicht gestellt wurde . Allen in Frage kommenden

Stellen ist eine unauffällige Lösung des Falles Scholl nahe gelegt und von den Betreffenden entsprechende Ein- flußnahme in Aussicht gestellt worden. II. Darlegung der Einzelheiten .

Am 1o. Juni trafen die Herren Reichsminister a. D. von Schlieben , Oberingenieur Heinemann und der Unterfertigte vormittags in Moskau ein . Am Vormittag wurde

das Werk in Fili besichtigt ; am Nachmittag fand in der Botschaft eine Besprechung über die Lage bei Junkers statt. Anwesend waren die Herren Botschafter Graf von Brockdorff–Rantzau , Reichsminister a. D. von Schlieben , Oberst a. D. Thomsen , Legationsrat Hilger und der Unter-

fertigte . Besprechungsergebnis war , daß durch das Vor- gehen der Herren Sachsenberg und Scholl , sowie durch das technische Versagen von Junkers bei den russishcen Behörden eine sehr große Mißstimmung gegen Junkers herr- sche. Wenn bei den Verhandlungen erklärt würde , daß ein- schneidende Änderungen persönlicher Art in der Leitung der Junkers–Werke vorgenommen wären , so würde das zwei- fellos einen günstigen Eindruck auf die Russen machen . Der Herr Botschafter hatte Herrn Minister von Schlieben am nächsten Abend zusammen mit dem Russischen Volkskommis- sar für Auswärtige Angelegenheiten , Herrn Tschitscherin , eingeladen , um eine Aussprache zu ermöglichen . Verhandlun-

gen

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- 3 - Verhandlungen kämen in Frage mit dem stellvertretenden Volkskommissar für Landesverteidigung Herrn

Unschlicht , mit dem Vorsitzenden des Haupt–Konzessions- Komitees , Herrn Trotzki oder seinen Stellvertretern , und mit dem Chef der Roten Luftflotte , Herrn Baranoff . Außer- dem könnte versucht werden , den Herrn Minister mit Herrn Rykoff , dem Vorsitzenden des Rates der Volkskommissare in Verbindung zu bringen . Bei der Kürze der zur Verfü- gung stehenden Zeit sei indessen noch damit zu rechnen , daß ein Besuch weder bei Trotzki noch bei Rykoff gelingen werde . Am 11. Juni fand in der Botschaft eine Besprechung zwischen den Herren Minister von Schlieben und Scholl in meiner Gegenwart statt . Herr von Schlieben ließ sich über die Vorkommnisse von Scholl Aufklärung geben und bewog diesen dazu , seine Vollmacht der Firma zurückzurei- chen , nachdem zuvor für den Übergang Herr Heinemann mit einer Untervollmacht versehen war. Am gleichen Tage fand eine Besprechung zwischen Herrn Oberst a. D. Thomsen und mir statt , in der die Frage des taktischen Vorgehens bei den Besprechungen mit den Herren Unschlicht und Baranoff bezüglich der voraussicht- lich zu erwartenden Vorwürfe besprochen wurde : Insbesondere würde hingewiesen werden auf das Versagen der Großflug- zeuge und Motoren , den Verlust von 2 Operationsjahren in der Beschaffung von Metallflugzeugen und das augenschein- lich mangelhafte Vertrauen auch der Deutschen Regierung zu

H105447

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zu den technischen Leistungen der Junkers–Werke hervorge- rufen durch Vergebung von Regierungsaufträgen an andere Firmen . Bzgl. Auflösung des Konzessionsvertrages meinte Herr Oberst a. D. Thomsen , daß eine Übernahme durch die Russen in der Form möglich wäre , daß die Russen eine ihnen dadurch gegenüber Junkers oder dem Reich entstehende Schuld in absehbarer Zeit weder zu verzinsen noch zu amortisieren hätten .

Am 11. Juni , 12 Uhr abends , fand eine Besprechung zwischen den Herren Minister von Schlieben , Botschafter Graf Brockdorff–Rantzau und Volkskommissar Tschitscherin statt . In dieser Besprechung , die etwa 3 Stunden dauerte , legte Herr Minister von Schlieben eingehend dar , wie sich bei Junkers die Verhältnisse neuerdings gestaltet hätten

und daß in der Leitung des Werkes ein Wechsel eingetreten sei ; er stellte fest , daß bei den Russen ein , wenn auch stark vermindertes Interesse nach wie vor bestünde und regte an , daß aus diesem Grunde auch die Russen ein In- teresse hätten , das Verfahren gegen Herrn Scholl in unauf- fälliger Weise zu beenden , um die Firma nicht zu belasten. Herr Tschitscherin äußerte sich wiederholt später gegenüber dem Deutschen Botschafter , daß der Verlauf der Unterredung auf ihn einen außerordentlich angenehmen Eindruck gemacht habe ; vor allen Dingen sei die Offenheit , mit der die Unterredung geführt wurde , außerordentlich wohltuend ge- wesen . Die Unterredung mit Herrn Tschitscherin hatte ein sehr günstiges Ergebnis : De bis dahin sehr zurückhaltenden russischen Behörden zeigte sich nunmehr , sowit das mög-

lich

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- 5 - möglich war , bereit , die neuen Ju ’’ ’’ zu empfangen . Am Montag, den 14. Juni fand eine Besprechung zwi- schen dem stellvertretenden Volkskommissar für Landes- verteidigung Herrn Unschlicht , Herrn Minister von Schlie-

ben , Herrn Geilitsch und mir statt. Herr von Schlieben legte dar , in welcher Weise sich bei Junkers die Ver- hältnisse geändert hätten . Er betonte , daß es 2 Probleme zu lösen gäbe : Die Änderung des Konzessionsvertages und die Auslieferung der bestellten Flugzeuge einschließlich Abstellung der dabei aufgetetenen Mängel . Herr Unschlicht zählte auf , welche Erwartungen Junkers in Rußland getäuscht habe. Auf die einzelnen Einwände , die Herr Unschlicht vorbrachte , konnten infolge der ausgezeich- neten Unterrichtung durch Herrn Oberst Thomsen die entspre- chenden Gegensargumente vorgebracht werden . Herr von Schlieben führte aus, daß nach seiner Ansicht Die Änderung des Kozessionsvertrages derart sein müsse , daß für die Junkers–Flugzeugwerke ein finanzielles Risiko fortfallen müsse , da es doch keinen Zweck habe , Verträge abzuschließen , die nicht erfüllbar seien . Die Umänderung des Konzessionsvertrages würde in einer Weise erfolgen, die für die Russen zweifellos besondere Schwierigkeiten nicht mit sich bringen würde. Es werde zugegeben , daß zur Zeit die zu liefernden Großflugzeuge technische Män- gel aufweisen , es seien aber alle Vorkehrungen getroffen , um ihre baldige Beseitigung herbeizuführen . Zweifellos

müßte

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müßte aber seitens der Russen ein Entgegenkommen hinsicht- lich der Lieferfristen gezeigt werden . Auch die Entwick- lung neuer Typen nach Wünschen der Russen stehe im Bereich der Möglichkeit . Vom Unterzeichneten wurde erklärt , daß auch der Regie- rung außerordentlich viel an einer sachlich zweckmäßigen Lösung der von Junkers begonnenen Aufgaben läge und daß seitens der Regierung dazu durch Zurverfügungstellung ihrer wissenschaftlichen Kräfte und Versuchsanstalten alles getan werden sollte , um zu einem sachlich befriedigen- den Ergebnis zu kommen . Herr Unschlicht betonte , daß auf Grund der Ausführungen die Russische Regierung einen er- neuten Versuch mit Junkers auf dieser neuen Basis machen wolle . Er war gegen Schluß der Unterredung sichtlich zu- vorkommender . Herr Minister von Schlieben bat ihn im Weg- gehen , auch seinerseits auf eine geräuschlose Beilegung und Behandlung des Falles Scholl im Hinblick auf die die Firma schädigenden Folgen hinzuwirken; Einflußnahme in die- ser Richtung wurde in Aussicht gestellt . Am gleichen Tag fand eine Besprechung mit dem Chef der Roten Luftflotte Baranoff in Gegenwart des technischen Referenten Wischiloff (?) statt , die im großen und ganzen / (sic ! ) denselben Verlauf nahm wie die Unterredung mit Herrn Un- schlicht . Herr Heinemann , der nunmehrige Vertreter der Firma Junkers in Moskau , nahm an der Besprechung teil . Als besonders wichtiges Besprechungsergebnis wurde erzielt , daß die Russen ihr Entgegenkommen bezgl. der Liefertermine für die auszuliefernde Serie Großflugzeuge aussprachen. Sie

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- 7 - Sie verlangten aber eine Herabsetzung der Preise , weil Sie behaupteten , daß die hohe Preissumme durch Bestechung erzielt worden sei . Dies wurde von Herrn Minister von

Schlieben entschieden in Abrede gestellt , indessen wurde zugesagt , in eine Nachkalkulation der Preise auf Grund sorgfältiger Berechnung einzutreten . Am Dienstag , den 15. Juni fand eine Besprechung im Konzessions–Komitee statt . Der Vorsitzende , Herr Trotzki , befand sich außerhalb Moskaus und war nicht zu erreichen. Sein Stellvertrerter , Herr Joffe, war schwer krank und war ebenfalls weder telefonisch noch persönlich zu sprechen. Die Besprechung fand statt mit Herrn Skobeleff , einem neuen Mitglied des Konzessions–Komitees , und Herrn Jako- bowitsch , einem Beamten diesr Behörde . Nach Darlegung der neuen Verhältnisse bei den Junkers–Werken , die von den Russen begrüßt wurden, wurde die Auflösung bezw. Änderung des Konzessionsvertrages besprochen und wegen Nichtbeant- wortung des vom Konzessons–Komitee unter dem 19. 4. 26 an Junkers gerichteten Schreibens um Entschuldigung gebeten ; dieser Brief sei infolge des Wechsels in der Leitung nicht in die richtigen Hände gelangt . Das Konzessions–Komitee stellte seine Mitwirkung für eine zweckentsprechende Ände- rung und Umbildung des Vertages in Aussicht und nahm zur Kenntnis , daß Junkers finanzielle Risiken in Rußland nicht eingehen könne . Schließlich wurde nochmals die Beantwor- tung des Briefes in Aussicht gestellt und auch hier um eine zweckentsprechende Einflußnahme in der Angelegenheit

Scholl

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- 8 - Scholl gebeten . Nach Besprechung des Ergebnisses in der Botschaft wurde am Mittwoch , den 16. Juni abends die Rückreise angetreten gez. Mühlig–Hofmann . ----- Der Reichsverkehrsminister . L. 4. 694 / 26 g. Berlin , den 1. Juli 1926 . Abschrift zuur gefl. Kenntnisnahme ergebenst übersandt . Im Auftrage gez. Brandenburg . Beglaubigt : Min. Kz. Obersekretär. An das Auswärtige Amt B e r l i n .

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Sitzung des Haushaltsausschusses vom 25. Juni 1926 Sanierung Junkers

Generaldirektor von der Porten führte aus , daß die seinerzeit bewilligten 17 ½ Millionen Mark nicht ausreichten , sondern noch 3 Millionen erforder- lich seien , und zwar 2 Millionen für nachträglich entdeckte Verbindlichkeiten und 1 Million Barmittel deswegen, weil es wegen der erschütterten Kreditfähigkeit nicht möglich gewe- sen sei, diese Mittel , wie vorgesehen, im Akzeptanzwege zu be- schaffen Der Redner kritisierte den Türkenvertrag , dessen Existenz seinerzeit bei der Sanierung angeblich ver-

schwiegen worden sei . Der Vertrag könnte zwar gut laufen, immerhin enthielte er Risiken , die er schon jetzt nicht un- erwähnt lassen möchte . Ferner tadelte er die angeblich un- durchsdichtige Buchführung und Wirtschaft der früheren Lei-

tung . Reichsfinanzminister a. D. von Schlieben schloß sich den Ausführungen an und begründete die Notwen-

digkeit der Bewilligung der 3 Millionen , wobei er sich aus- sichtsvoll über den weiteren Betieb äußerte.

Die Abgeordneten Koch , Gross (Zentrum) , Stücklen , H. Müller (Soz.) wünschten bei ihren Ausführungen im wesentlichen Klarheit über folgende drei Fragen a)

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Ersing, Josef /4.2.1882 Ochsenhasn.

– 5.8.1996 - Sttgt. -

Angestellter

MdL: 1. WBL ’46-5o / VVWB &

VLVWB 1946 / O. 834 / CDUErsing, Joseph (Mappe Orpo, unter Pol.Oberst. Schneider, S.4) / O. 834 MdR : 1919 – 1933 / Zentrum :

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a.) Ist es wahr , daß Professor Junkers Forde- rungen gegen das Reichswehrministerium besitzt , daß

seine Schwierigkeiten lediglich wegen Nichterfüllung dieser Forderungen entstanden sind, und aus welchem Grun-

de sind dem Sparausschuß diese Tatsachen im November v. Js. als die 17 ½ Millionen für die Sanierung ver-

langt wurden , verschwiegen worden ? b.) Ist es wahr , daß Reichsgerichtspräsident Simons mit einem schiedsrichterlichen Gutachten beauf- tragt wurde , und wie steht die Sache ? Dr. Kuhlenkampff drückte den Wunsch nach einer möglichen Beschleunigung der Prüfung des Gutachtens durch das Kabinett aus . Reichsverkehrsminister Krohne erklärte , daß gelegentlich der Sanierungsverhandlungen von Professor Junkers keinerlei Ansprüche gegen das

Reichswehrministerium vorgebracht worden seien ; er habe lediglich erfahren , daß Differenzen damals bestanden

haben sollen . Diese Differenzen habe er bei seinem Vortrag vor dem Sparausschuß erwähnt . Dsesgleichen habe das Reichsverkehrsministerium vor der Sanierung nichts von dem Abschluß des Türkenvertages gewußt. Abgeordneter Koch Kann sich nicht erinnern , daß der Reichsverkehrsminini-

ster damals die Differenzen gegenüber dem Sparausschuß erwähnt habe . Abgeordneter

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Abgeordneter Ersing (Zentrum) kritisierte die schlechte Wirtschaft von Junkers , tadelte die Bevorzugung von Junkers bei Verteilung der Subventio-

nen , erklärte , daß Simons nicht mit einem Gutachten beauf- tragt sei , verlangte eine Prüfung der Ju ’’ - sprache wegen der russischen Unternehmungen durch den Haus- haltsausschuß und war der Ansicht , daß das Kabinett über die Frage , auf welche Weise der Streitfall auszutragen sei , nicht ohne vorherige Zustimmung des Haushaltsausschusses

entscheiden dürfe . Abgeordneter Quarz (Deutschnational) schloß sich den Ausführungen des Abgeordneten Ersing an , kritisierte lebhaft die parteipolitische Haltung des Reichs-

gerichtspräsidenten Simons , der ohne Legitimation dem Kabi- nett einen Vorschlag unterbreitet habe , fügte jedoch (auf erstaunte Zurufe) hinzu , daß es besser sei , die Person des Reichsgerichtspräsidenten aus der Debatte zu lassen und meinte im übrigen , daß Junkers sich durch Abschluß der Sanierungsverträge , ohne Vorbehalt seiner Asprüche gegen das Reichswehrministerium , dieser Ansprüche begeben habe . Er sei nicht mehr berechtigt , Forderungen zu erheben . Der Ausschuß nahm auf Vorschlag der Abgeord- neten Ersing und Genossen nachstehende Entschließung an , die sinngemäß wie folgt lautet : 1.) Das Kabinett ist zu ersuchen , dem Ausschuß sämtliche Unterlagen über die russischen Ansprüche des Professor Junkers zur Prüfung zu unterbreiten ) im Bei- sein von Vertretern des Reichswehrministeriums ) . 2.) H105455

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2.) Das Kabinett wolle eine Entschließung über die Austragung des Streitfalles nicht ohne vorherige Zustimmung des Ausschusses treffen .

3.) Die Reichsregierung wolle dem Ausschuss eine Aufstellung über die Verteilung der Subventionen während des Jahres 1924 vorlegen . Reichsverkehrsminister Krohne wird gebeten, diese Entschließung zur Kenntnis des Kabinetts zu brin- gen und dafür zu sorgen , daß die Unterlagen dem Sparaus- schuß am kommenden Dienstag vorgelegt werden , damit der Ausschuß in der Sitzung am Donnerstag Stellung nehmen kann . Vorher ist der Ausschuß nicht in der Lage , die ge- wünschten 3 Millionen zu bewilligen . Berlin , den 25 . Juni 1926 H105456

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JUNKERS–WERKE, Hauptbüro Berlin , den 6. August 1926

Herrn Bernhard W a u r i c k , B e r l i n Martin Lutherstr. 19. Jn Verfolg Ihrer Besprechung im Auswärtigen Amt haben Sie uns gebeten , Ihnen mitzuteilen, welche Nachrichten wir über unseren Streit mit dem Reichswehrministerium bezw. dem Reichsfiskus der Presse oder Reichstagsabgeordneten haben zugehen lassen . Da es sich hier um eine sehr wichtige Frage handelt und Sie über diesen Zusammenhang , wie Sie uns mitteilten , schon vielfach, auch an anderen Stellen um Auskunft gefragt wurden , möchten wir Ihnen den Sachverhalt ausführlich klarlegen . Die erste Veröffentlichung über den Eingriff des Reiches bei Ju ’ ’’ ’’ ’’’ ustrie und Handelszeitu ’ ’ ’’ .’ ’ erschienen. Diese Meldung war offiziell oder offiziös durch das Reichsverkehrsministerium veranlasst . Kurze Zeit vorher sind Mel- dungen über Schwierigkeiten bei Junkers durch die holländische Tele-

graphen Agentu ’’ ’ ’ ’ ’’ ’’ uffallend tendenziösen und gehässigen Form verbreitet worden . Das Tatsachenmaterial , das in diesen Meldun-

gen verarbeitet war , stammte , wie wir heute wissen , aus deutschen Quellen . In Verfolg dieser Meldu ’ ’’ ’’ ’ ustrie und Handelszei- tu ’ und der Meldungen der holländischen Telegraphen–Agentur ist die deutsche Presse im allgemeinen aufmerksam geworden . Das Bürö der Junkers–Werke in Berlin sowohl wie die Zentrale in Dessau wurde um Nachrichten bestürmt. Es erschienen kurz hintereinander skandalöse

H105457 . / .

( 2 schlecht lesbare .

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Artikel über Ju ’ ’’ ’’ ’ ’’ ’’ ’ , die ebenso die Aneta–Meldungen in Bezug auf das Zahlenmaterial eine auffallend genaue Orientierung zeigten . Als ein Ausweichen nicht mehr möglich war, ist dann , von Junkers Seite in Wahrung berechtigter Interessen zu den verschiedenen tendenziösen Meldungen öffentlich Stellung genommen worden . Allerdings hat sich Junkers hierbei die allergrößte Reserve auferlegt , denn die eigentlichen Gründe für die eingetretenen Schwie- rigkeiten mussten naturgemäß unerwähnt bleiben . Damit entfiel für Junkers nicht nur die Möglichkeit einer absolut beweiskräftigen Recht- fertigung , er musste es sich vielmehr gefallen lassen , das in der Öffentlichkeit die Meinung laut wurde , es sei bei Junkers leicht- fertig gewirtschaftet worden . Seither ist in der Behandlung der Ange- legenheit durch die Presse kaum eine Unterbrechung eingeteten . Die bedeutenden Arbeiterentlassungen im Mai d. Js. haben der Presse viel- mehr Veranlassung gegeben , die Frage erneut im grossen Stile zu be- handeln . Zu dieser Zeit konnte Junkers gegenüber den tendenziösen und vollkommen unrichtigen Meldungen nicht mehr schweigen. Auf die dauernden Anfragen hat er , ohne die Russlandsache zu erwähnen im Mai zum ersten Mal die Pressevertreter wissen lassen , das die Ver- schuldung seiner Werke auf Verträge zurückzuführen seien , die er mit dem Reichsfiskus geschlossen hat . Auf Veranlassung des Reichsver- kehrsministeriums haben die Herren Reichsminister a.D. v. Schlieben und Herr v.d. Porten am 31. 7. 26 (hs. eingef.) einen Vortrag über die Ju ’ - heit gehalten im Hauptausschuss gehalten . Bei dieser Gelegenheit ist auch die russische Frage zur Sprache gekommen . Der Hauptausschuss hat beschlossen , einem Unterausschuss die Sache zur weiteren Unter- suchung zu übergeben . Auf Veranlassung des Vorsitzenden des

Hauptaus-

. / . H105458

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- 3 - schusses haben wir sodann den Mitgliedern des Unterausschusses sowohl

wie einigen Mitgliedern des Hauptausschusses die Ihnen bekannt e Denk- schrift vom 25. Juni zur Verfügung gestellt , in der über die Russland- Angelegenheit auch nichts gesagt ist . Es ist vierlmehr auch in dieser Denkschrift lediglich darauf hingewiesen , dass es sich um Verträge aus den Jahren 1921 / 22 mit dem Reichsfiskus handelt . Der Unteraus- schuss har Herrn Geheimrat Quaatz und Herrn Geheimrat Wieland als Referenten bestellt . Zu gleicher Zeit erfuhr Herr Professor durch den stellvertretenden Reichswehrminister Herrn Dr. Külz , dass das Kabinett zu dem Entschluss gekommen sei , Junkers auf den ordentlichen Rechtsweg zu verweisen . Herr Minister Curtius teilte Herrn Dr. Kulen- kampff von der Deutschen Volkspartei auf Anfrage mit , dass das Kabinett unter anderen Gründen auch deshalb zu dieser Entscheidung gekommen wäre , weil eine Geheimhaltung heute nicht mehr so notwendig erscheine , das man deswegen den ordentlichen Gerichtsweg vermeiden zu müssen glaube . Nach dieser Stellungnahme des Kabinetts und nach der Bildung des Ausschusses zur Untersuchung der Angelegenheit war es für Junkers . selbstverständlich , dass er sich darum bemühen musste , den untersuchen- den Stellen objektive Informationen zu ermöglchen , da sie bisher ledig- lich durch eine Partei informiert waren . Die Verweisungen an die ordent- lichen Gerichte bedingte zudem die Inanspruchnahme von Anwälten, sodass es notwendig wurde eine Vervielfältigung des früher dem Reichsgerichts- präsidenten übergebenen Materials vorzunehmen. Nach Rücksprache zwi- schen den Reichstagsabgeordneten Dr. Kulenkampff und Geheimrat Quaatz und hat uns sodann Herr Dr. Kulenkampff im Einvernehmen mit Herrn Geheimrat Quaatz den Rat erteilt , den je einem Mitglied des des Ausschusses der 6 Hauptparteien , Deutschnationale Patei , Deutsche Volkspartei , Wirtschaftspartei , Zentrum , Demokratische Partei . / .

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- 4 - Sozialdemokratische Partei , das dem Reichsgerichtspräsidenten von unserer Seite übermittelte Aktenmaterial zur Verfügung zu stellen .

Wie Junkers daraus ein Vorwurf gemacht werden kann, dass er neben den Vertretern des Zentrums und der beiden grossen der Rechtsparteien auch den Vertretern der Linksparteien das Material

zum Zwecke einer objektiven Jnformationsmöglichkeit übergeben hat, ist uns unverständlich , zumal einerseits sämtliche Hauptausschussmitglie- der, ,von anderer Seite über über die Gesamtfrage informiert war ,anderer- seits durch die Entscheidung des Kabinetts sowieso ein noch viel grösserer Personenkreis in Zukunft eingeweiht werden muss. Abge- sehen hiervon haben wir keine Veranlassung , die Demokratische und Sozialdemokratische Partei in ihrer Einstellung zu den Fragen der Diskretion in nationalen Dingen so zu werten , das wir uns hätten scheuen müssen, ihnen das Material zugängig zu machen . Auch soll ja, wie sich aus der Tatsache , dass das Reichsverkehrsministerium , die Sache in den Hauptausschuss gebracht hat , ergibt , der Gesamtausschuss, nicht nur die bestellten Referenten , in der Angelegenheit zwischen Junkers und Reich entscheiden . Nach unserer Auffassung müssen all die Persönlichkeiten , die Richter zwischen Junkers und dem Reich sein sollen , auch tatsächlich über die Gesamtmaterie informiert sein . Dass wir das Aktenmaterial der Presse zugängig gemacht hätten , ist unwahr. Ausser den Abgeordneten und ausser Persönlichkeiten, die direkt oder indirekt in der Verwaltung des Junkers–Konzerns mit- arbeiten , haben bisher lediglich unsere Rechtsbeistände das Material ganz oder teilweise übergeben bekommen . Wir hoffen , Ihnen mit diesen Darlegungen ein klares Bild gegeben zu haben und ermächtigen Sie ausdrücklich von diesen Mitteilungen in dem Umfange , wie Sie es für notwendig halten , Gebrauch , zu machen .

Mit vorzüglicher Hochachtung

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Ganz geheim ! o.o. I V R u. . . . . . . A u f z e i c h n u n g . Ich hatte heute eine Besprechung mit Major

Fischer, bei der ich ihm die J u n k e r s – D e n k – s c h r i f t zeigte . Er blätterte sie durch und sagte , es handele sich um den Schriftsatz , den Junkers seinerseits während des vor dem Reichsgerichtspräsidenten Simons schwebenden Ausgleichverfahrens eingereicht hätte . Der Schriftsatz schien aber durch weitere Anmerkungen und Indiskretionen ausgestaltet zu sein . Meine weiteren Mitteilungen , daß die- se Denkschrift an die meisten Mitglieder des Haushalts- ausschusses verteilt und auch einzelnen Journalisten be- reits bekannt sei , war Herrn Fischer unbekannt . Ich überließ ihm die Denkschrift zu näherem Studium bis Montag . Herr Fischer teilte mir mit , daß am 18. August eine Sitzung der Kommission stattfinden solle , die der Haushaltsausschuß des Reichstages zum Studium und zur Be- arbeitung der Junkersfrage gewählt habe . An der Sitzung würden teilnehmen die Abgeordneten Quaatz und Kulenkampff , Professor Junkers und Verteter des Reichswehrminsteriums sowie des Reichsverkehrsministeriums . Ich machte sodann Herrn Fischer darauf aufmerk- sam , es bestünde die dringende Gefahr , daß die in der Denkschrift begangenen Indiskretionen weiter durchsickertten und zum Gegenstand einer Verhandlung im auswärtigen Aus- schuß würden . Herr Fischer erwiderte , es werde zunächst er- foderlich sein , den Kreis der Personen festzustellen , an die

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die die Denkschrift versandt sei ; dies werde er durch Rück- frage bei der Firma Junkers tun und sodann veranlassen , daß Professor Junkers gewarnt werde , keine weiteren Indis- kretionen zu begehen. Falls Abgeordnete oder Journalisten Aufklärung- gen wünschten oder sonst die Gefahr einer öffentlichen Be- handlung drohte , hielt Major Fischer es für das beste , der – artige Fragen mit dem Hinweis abzubiegen , daß die Angele- genheit bereits im Reichstag, und zwar von der Kommission des Reichshaushaltsausschusses , behandelt werde . Ich erwiderte Herrn Fischer , dies würde aber in dem Falle nicht ausreichen , daß unvermuteterweise Indiskre- tionen in der Presse auftauchten . Für diesen Fall müsse sich das Reichswehrministerium schon jetzt Erklärungen über- legen , die gegebenenfalls sofort abgegeben werden könnten . Major Fischer sagte zu , sich mit diesre Frage beschäftigen zu sollen . Ich legte zum Schluß noch großen Nachdruck darauf , daß die Gefahr der Indiskretionen sich gegen früher ganz erheblich gesteigert habe , und wies auf die Unterhaltung Hoesch–Berthelot , betreffend die in der Bucht von Helsing- fors eingefrorenen Schiffe, hin . Herr Major Fischer schien diese Gefahr nicht für so drohend zu halten – wohl auch im Hinblick auf die bevor- stehende Behandlung der russischen Amnestiefrage im Kabinett. Hiermit Herrn Staatssekretär Schubert mit einem Doppel gehorsamst vorgelegt . Berlin , den 7. August 1926

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# Abschrift G e h e i m ! Berlin , den 13. 8. 1926

Reichswehrministerium Heereswaffenamt . Wa. 1 . Nr 1330/26.

Stellungnahme zur Denkschrift Professor Junkers vom 25. Juni 1926 . Dem Reichswehrministerium ist als neueste Auslassung des Professor Junkers über seinen Streit mit dem Reichs- fiskus seine Denkschrift vom 26. 6. 1925 bekannt geworden. Die darin gegen das Reichswehrministerium erhobenen Anschul- digungen sind sämtlich bereits in den dem Professor Junkers

bekannten Schriftsatz des Reichswehrministeriums Wa 1 Nr. 241/26 vom 15. 2. 1926 widerlegt worden. Wenn auch die neue Denkschrift Professor Junkers durchaus kein neues Material oder eine Antwort auf den erwähnten Schriftsatz bringt , erscheint es notwendig , den in ihr dem Reichswehrministe- rium gemachten Vorwürfen nochmals zur Wahrung des Reichs- interesses vor einem größeren Kreis entgegenzutreten , da sie geeignet sind , den wahren Sachverhalt zu verdunkeln und ein falsches Urteil über die Tätigkeit der Reichsstellen hervorzurufen . I. Schon die über die E n t w i c k l u n g der J u n k e r s w e r k e b i s z u m S t r e i t gemachten Ausführungen dürften in Fachkreisen stärkstem Widerspruch begegnen. Professor Junkers nimmt Verdienste für sich in Anspruch , die ihm ausschließlich kaum zuer- kannt werden können . Wenn Professor Junkers behauptet, daß

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daß er 1910 mit dem Gedanken des freitragenden verspannungs- losen dicken Flügels allein stand und noch viele Jahre allein blieb , so müssten ihm unbekannt sein : 1) Das Patent Lanchesters aus dem Jahre 1897 über ein

Flugzeug , das mit dünnen Aluminiumblechen beplankt werden könnte ,

2) die Versuche Lilienthals in den 9oziger Jahren mit dicken und dünnen Tragflächen , bei denen sich heraus-

stellte , dass da(s) dicke Profil mehr Auftrieb gibt , als das dünne .

3) Die Konstruktion eines freitragenden Eindeckers durch Blériot im Jahre 1908 ,

4) die Konstruktion eines Eindeckers durch Antoinette im Jahre 1911 , die dem ersten Junkrestiefdecker aus dem Jahre 1917 zum Verwechseln ähnlich sieht,

5) die Konstruktion des ersten Ganzmetallflugzeuges , welches in Deutschland geflogen wurde durch Professor Reissner (Reissner – Ente) im Jahre 1911 .

Bei der von Professor Junkers stets wieder hervorgehobenen Methodik seiner Arbeiten dürften ihm die vorerwähnten Vor- gänge kaum unbekannt sein . Im übrigen sind eine grosse Anzahl von Flugzeugkon-

strukteuren in grundlegenden Fragen völlig anderer Ansicht wie Professor Junkers und haben dennoch damit die auffälligsten Erfolge und Weltrekorde erreicht , die die Erzeugnisse Pro-

fessor Junkers ’’’’’’ ’’’nicht aufweisen konnten .

Wieso Professor Junkers im Kriege die wirtschaftliche Grundlage für die Serienfabrikatin seines Flugmotors hat fehlen können , ist nicht einzusehen , jedenfalls waren die wirtschaftlichen Verhältnisse , als Professor Junkers

den Motorenbau aufnahm , weit ungünstiger. Seine über diesen Punkt gemachten Ausführungen würden vor sachverständigen

Kreisen dem allergrößten Widerspruch begegnen. Wenn Professor Junkers das Urteil des Auslandes heran zieht und behauptet , dass ein Vorgehen wirtschaftlich die

Resultate

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/mit Junkers Flugzeugen/

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Resultate gebracht hat , die er sich theoretisch davon ver- sprochen hatte , so muss man in die Richtigkeit seiner Theorien sehr starke Zweifel setzen. Der angeführte Artikel des Chefredakteurs von Les Ailes irrt in seinem Urteil über die Absatzverhältnisse der Junkersflugzeuge . Junkers selbst gibt zu , daß die Verkehrs–Gesellschaften , welche Flugstrecken betreiben , zum allergrössten Teil in organisatorischem Zu- sammenhang mit den Junkers–Werken gestanden haben . Der Pro- zentsatz , an dem Junkers–Flugzeuge im Weltluftverkehrs–Netz 1925 beteiligt sind , kann keinen Anhalt für die wirtschaft- lichen Erfolge der Junkers Werke geben , solange nicht ge- klärt ist , mit welchem Prozentsatz Junkers auch wirtschaft- lich an den Flugzeugen beteiligt ist. Wiederholt ist es vorgekommen, dass Luftfahrtgesellschaften auf Beteiben Junkers mit geringer Beteiligung ausländishcen Kapitals gegründet sind , die dann ausschließlich Junkers Flugzeuge , dem Einfluss des Dessauer Werks entsprechend , verwendet haben. Es ergibt sich hieraus also praktisch , das der Absatz von Flugzeugen zum grössten Teil mit Hilfe von deutschem Kapital und zwar in erster Linie öffentlichen Geldern erzielt worden ist. Bei diesem Stand der Dinge von wirtschaftlichen Erfolgen der Politik Junker ’’ u sprechen , ist keineswegs angängig.

Die Absatzpolitik Professor J ergab auch nicht die Mittel zu weiterer Forschungsarbeit und zu weiterem Aus- bau der Werke , wie es in der Denkschrift behauptet wird. Vielmehr ergab die Produktionssteigerung über den Bedarf hinaus die Notwendigkeit , den Absatz in einem Maße zu steigern , das es ermöglicht wurde , die Verluste aus älteren Geschäften und Vekehrsunternehmungen durch An- zahlungen

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Anzahlungen auf neue Geschäfte vorläufig auszugleichen . Diese Politik ließ sich solange verfolgen, wie die künstliche Steigerung des Absatzes möglich war . Sobald dieses Anwachsen aufhörte , überstiegen die Schuldzinsen und die notwendig gewordenen Produktionsausgaben die laufenden Bareinnahmen und machten das Werk illiquid , wodurch wiederum die Notwendig- keit sich ergab , an das Reich mit der Bitte um Unterstützung heranzutreten. Anzeichen der eben geschilderten Geschäfts- politik ist die Tatsache , daß die Junkers Werke im Frühjahr des Jahres 1925 mit einer grossen Serie von Flugzeugen fest- saßen , für die ein Abnehmer fehlte. Diese Einnahmedifferenz gerade war es , die Junkers in erster Linie illiquid gemacht hat. Es kann nicht angenommen werden , dass Professor Junkers diese Tatsachen unbekannt geblieben sind. Von seiten der Junkers Werke sind auch keinesfalls aus Gründen wirtschaftlicher Vorteile Produktions – und Reparatur- werkstätten im Auslande errichtet worden . Vielmehr war deren Errichtung notwendig , da anders ein Betrieb mit den sehr schwer zu reparierenden Junkers Flugzeugen im Auslande auf unüberwindliche Schwierigkeiten stiess . Wenn Junkers wirklich aus wirtschaftlichen Gründen Produkionsstätten im Auslande errichtet hätte , so wäre es unlogisch , das er nur bei der Herstellung von Flugzeugen geblieben wäre , während für den Bau von Motoren und dem übrigen für den Luftverkehr notwendigen Gerät keine Produktionsstätten errichtet wurden . Hemmungen , die Junkers durch den Versailler Vertrag auferlegt wurden , waren keinesfalls in erster Linie massgebend für die Errichtung dieser Stätten , da Junkers bekanntlich bis kurz vor dem Außer- kraftsetzen der Begriffsbestimmungen fast ausschließlich nur solches Gerät hergestellt hat, welches den Begriffsbe-

stimmungen

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- 5 - bestimmungen entsprach. Die Errichtung von Produktions- stätten im Auslande muss demnach als notwendige Belastung der

Wirtschaftspolitik angesehen werden , hervorgerufen durch die besonders komplizierte Bauart seiner Erzeugnisse . Wenn auch die vorstehend widerlegten Punkte der Profes- sor ’ Denkschrift nicht unmittelbar einen Streit-

gegenstand mit dem Reichswehrministerium bilden , so konnten sie nicht unwidersprochen bleiben , da Professor Junkers

’’ ’ ’’ ’’ ’,’’ ’’ ’’ ’’ ’’ ’’’ ’’ ’’ ’’ ’’ ’’ ’ ’dastände,

wenn er nicht mit dem Reichswehrministerium in Beziehungen getreten wäre. II .

Aus dieser auf unzutreffenden Voraussetzungen beruhenden Behauptung folgert Professor Junkers dann, das nicht etwa die Ungunst der allgemeinen Wirtschaftslage oder eigene wirtschaftliche Fehler , sondern der Reichsfiskus, der ihm

viele Millionen hat zukommen lassen , seinen Untergang ver- schuldet hat . Nachdem das Reichskabinett , durch die Notwendigkeit , den offenen und versteckten Angriffen in der Presse entgegen- zutreten , bewogen , seine Bedenken gegen eine Behandlung der strittigen Fragen vor dem ordentlichen Gericht hat zuerück-

stellen müssen , ist P r o f e s s o r J u n k e r s d i e G e l e g e n h e i t g e b o t e n , d i e W a h r h e i t s e i n e r V o r w ü r f e z u b e w e i s e n . Bis

jetzt hat er davon noch keinen Gebrauch gemacht . Es kann Professor Junkers deshalb nicht zugestanden werden , dass , wie er schreibt , aus einer von ihm verlangten Zurückhaltung ihm Nachteile

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- 6 - Nachteile entständen. Um zu verhindern , das Professor Junkers hinter dem Schleier des Staatsgeheimnisses Vorgänge verbirgt , die seine Ansprüche von vornherein als unberechtigt erkennen lassen , sieht das Reichswehrministerium sich genötigt , sie in großen

Zügen und gestützt auf das beiden Parteien bekannte Akten- material zur Darstellung zu bringen . Professor Junkers behauptet an verschiedenen Stellen

seiner Denkschrift vom 25. 6. 1925 , das er du ’’’ ’’’ ’Ver- weigerung vertragsmässiger Zahlungen durch das Reich in die Geldverlegenheit gekommen ist , die die Sanierungsaktion des Reichsverkehrsministeriums notwendig gemacht haben . Er

’’ ’ ’ u ’ ’ ’,’’ ’’’ ’ ungen des Fisku ’ ’’und v ’’ ’’’ ’ umme, die der Fiskus Junkers schu .’’’

Die Veranlassung für das Reichswehrministerium ( Sonder-

gruppe) sich wegen des Unternehmens in Russland gerade an Professor Junkers zu wenden , war die Hoffnung , bedeutende Vorteile in der Ju ’’’’ uweise für Kriegs- und Verkehrsflugzeuge zu finden, die nach den ersten Aus- sprachen mit den Russen für sie absolut entscheidend waren . Eine Meinung über die kaufmännischen Eigenschaften der Firma bestand damals noch nicht . Sie wurden für solide gehalten . Major Niedermayer nahm damals zuerst rein persönlich mit Herrn Offermann , der seinerzeit bei Junkers angestellt war, Fühlung und liess dabei durchblicken, dass Herren des Reichswehrministeriums eventuell interessiert seien . Das Reichswehrministerium als solches ist von Herrn Nieder-

mayer

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W.I.Lenin,* am 22.

o4. 187o, Simbirsk

überstand den An-

schlag der Soz.Re-

volutionärin V. Ka-

plan. Nach erstem

Schlaganfall, Mai

1922 noch arbeits-

fähig, konnte er

Stalins Ablösung

als Parteisekretär

nicht mehr durch-

setzen. Nach ein-

em zweiten, 1923

verstarb er 21. o1.

1924. Nicht mit

letzter Gewissheit

ist die Rolle des Dt.

Kaiserhaus an der

Finanzierung der

Russ. Revolution

geklärt.

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Niedermayer hierbei nicht erwähnt worden. Nachdem Herr Offermann Professor Junkers von dieser Unterzeichnung unterrichtet hatte , trat das Reichswehrministe- rium (Sondergruppe) mit Professor Junkers unmittelbar in Beziehungen . In erster Linie handelte es sich darum , ihm die Einrichtung einer Fabrikationsstätte in Russland politisch als möglich hinzustellen . Weiterhin wurde Professor Junkers eine pekuniäre Unterstützung seiner Unternehungen zuge- sichert ; über ihre Höhe gingen bei diesen Verhandlungen die Ansichten auseinander , zu einem Abschluss kam es vorläufig nicht . Erst am 15. 3. 1922 wurde schriftlich folgendes zwischen den Parteien ausgemacht :

§ 1.

Die Firma N.N. (Junkers) verpflichtet sich , sofort nach Vertagsabschluss mit der R.R. (Russischen Regierung) , die

Fabrikation von Kisten (Flugzeugen) in Ru (Russland) in einem eim zur Verfügung stehenden Kapital entsprechenden Um- fange aufzunehmen . Sie wird dem russischen Unternehmen unter im einzelnen noch festzulegenden Bedingungen ihre gesamten Erfahrungen zur Verfügung stellen und die besonde- ren Wünsche der Sondergruppe (Reichswehrministerium) bei Ausgestaltung der Fabrikation , bei Verbesserung und Vervoll- ständigung der Forschungen , Lieferung von Flugzeugeugen , berück- sichtigen . § 2.

....... § 3. Die Sondergruppe bezahlt in den nächsten Tagen an die

Firma N.N. den Betrag von 4o Millionen P. M. zur freien Verfügung

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Verfügung der Firma N.N. unter Verzicht auf jeden Anspruch auf Rückerstattung . Die Firma N. N. wird diese Summe zur Abdeckung der ihr aus diesem russischen Unternehmen erwachsen- den Verluste und Kosten benutzen .

§ 4. Die Sondergruppe hält ab 1. 4. 1922 die Summe von 1oo

Millionen P. M. , die ausschliesslich als Betriebskapital des russischen Unternehmens dienen sollen , zur Verfügung . Aus dieser Summe können nach jeweiliger Vereinbarung zwischen dem Generaldirektor und einem von der Sondergruppe zu be- stimmenden Herren, jederzeit Beträge abgerufen werden . Eine Rückerstattungspflicht besteht nicht , jedoch soll über diese Beträge der Sondergruppe gegenüber Rechnungslegung erfolgen.

Professor Junkers behauptet , dass eine Reihe von Ab-

machungen entgegen diesem Vertage mündlich erfolgt seien , und versucht damit die Wirksamkeit dieser grundlegenden schriftlichen Vereinbarung ausser Kraft zu setzen . D a s R e i c h s w e h r m i n i s t e r i u m d a g e g e n b e t r a c h t e t d i e s e n V e r t r a g a l s G r u n d l a g e s e i n e r g e s a m t e n B e- ziehungen z u r F i r m a J u n k e r s und ist nicht in der Lage , irgendwelche Versprechungen , über deren In- halt zumeist auch keine schriftlichen Unterlagen vorhanden sind , als rechtlich bindend anzuerkennen . Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhange der Verlauf der dem Vertrags- abschluss unmittelbar vorausgehenden Besprechung. In ihr erklärte Professor Junkers , dass er sich zu dem russischen Unternehmen bereit erklärt habe , wenn

a)

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a) ihm das Risiko abgenommen werde,

b) ihm Verluste der Umstellung ersetzt würden ,

c) das erforderliche Kapital vorhanden wäre . General Wurtzbacher erwiderte , das bei einer ersten

Besprechung 100 Millionen Mark in Aussicht gestellt waren. Bei einer weiteren Besprechung wurde dann von Seiten Professor Ju ’ ’’’ ’,’’’ ’’’’’ ’’ ’ ’

Wären , dass/man aber mit 200 Millinen arbeiten könne. ’Sicher stehen jetzt nur 15o Millionen zur Verfügung , was darüber hinausgeht , sind fromme Wünsche. Müssen Sie mit 600 Millionen

’’ ’’ ö ’’ ’’ ’ ’ ’ ’? ’ General Hasse ergänzte dies , indem er sagte , dass 600

Millionen immer nur ein Phantasiegebilde gewesen seien . Wenn die Unternehmungen grösser aufgebaut seien , so sei dies ohne seine Zustimmung geschehen . Das Unternehmen solle sich allmählich wirtschaftlich gestalten , die 150 Millionen sollten sich herauswirtsch ’.’’ Unsere Leistung liegt darin, das wir ihnen die Wege ebnen in politischer Be- ziehung . Unsere Mittel sollen eine Unterstützung sein für die erste Zeit , wo in Russland die Verhältnisse noch unge-

ä ’’ ’ . Professor Junkers entgegnete , das sich die 6oo Mil- lionen ergeben hätten , als das Projekt genau durchgearbeitet worden sei . Für das grössere Programm seien grössere Mittel

’.’’ ’ ’’ ’’ ’’ ’,’’ ’’ u- .’ Auf meine Klage, dass die Schwierigkeiten in Russ-

land sehr gross seien , sagte General Hasse: Unser Geld ist gerade dafür da , um diese Schwierigkeiten zu über- winden , bis das U ’’’ ’’ ’’ . ’’ - dem die Debatte noch eine Weile gewährt hatte, erklärte

schliesslich

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- 10 - schliesslich Professor Junkers ’ ’ ’’’’’ ’ ’ ’ ’’’ ’ ’ ’ ’ ’ b e r e i t d a s R i s i k o z u ü b e r n e h m e n .

Er machte dann den Vorschlag , 50 Millionen an ihn zu geben zur Umstellung , 1oo Millionen in das neue Werk zu stecken. Daraufhin wurde der oben angeführte Vertrag abgeschlossen. In einem Brief des Professor Junke ’’ ’’ ’ - gruppe vom 19. 5.1922 stellte er ausdrücklich fest , dass die Risikoverpflichtung fortgefallen und das Kapital auf 100 Millionen Mark und weitere 5o Millionen Mark zur Abdeckung der Kosten und Verluste beschränkt war . Erst 6 Monate später hat Junkers den Konzessionsvertrag mit den Russen abgeschlos- sen , ohne das sich inzwischen die finanzielle Basis irgenwie verändert hätte. Es ist nicht klar , wie Professor Junkers unter diesen Umständen den Beweis dafür erbringen will, dass er ledglich seine Erfahrungen , Arbeitskraft und Organi- sation in das Unternehmen stecken wollte , das Reichswehr- ministerium dagegen das finanzielle Risiko und die Kapital- beschaffung übernehmen sollte. Entgegengetreten muss noch der Behauptung Pro-

’’’’ ,’ ’’ ’’’ ’’’ ’’ und potent war , das finanzielle Risiko und die Kapitalien für die Durchführung zu übernehmen . Nachdem Professor Junkers schon unter dem 15. 2. 1926 die Unrichtigkeit dieser Be- hauptung aus seinen eigenen Briefen und unwiderlegt von ihm vom Reichswehrministerium bewiesen worden war , kann ihre nochmalige Wiederholung nur tendenziösen Zwecken dienen und ist eine schlechte Stütze für sein vermeintliches Beweisgebäude . Es seien an dieser Stelle die entsprechenden Briefstellen wiederholt :

Am

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- 101 -

aufgestellte Behauptung /

xxxxx

- 11 - Am 22. 4. 1922 schrieb Professor Junkers an Major Fischer : Notgedrungen musste von/einer Erfüllung dieser Verein- barung (der Sorge für hinreichende Kapitalbeschaffung und der Sicherung für Risiko und Verluste) Abstand genommen ’ .’ Am 19. 5. 22 schrieb Professor Junkers an die Sonder- Gruppe von der durch den Vertrag vom 15. 3. 1922 veränderten Grundlage der Zu ’’’ ’ dahingehend , das die Ver- pflichtung zur Deckung des Risikos notgedrungen fortfallen

und das Kapital auf die feste Summe von zunächst nur 1oo Millionen GoldMark ä ’’ ’’ ’ .

Ebenfalls widerlegt worden ist die Behauptung , das Junkers

’’’ ’’ ’’ ’’’alle übrigen Aufgaben auf technischem und wirschaftlichem Gebiet vernachlässigen musste ’’und dazu vom Reichswehrministerium vertraglich verpflichtet worden ist.

’’ ’Zurückstellung der übrigen Au ’ ’’ ü ’’’ ’’ - bereitungen für das russische Unternehmen ist Professor Junkers damals vom Reichswehrministerium mit 4o Millionen P. M. abgegolten worden , und Professor Junkers hat dazu schrift- lich erklärt , Ansprüche aus diesem Grunde nicht mehr geltend zu machen. Im übrigen aber liegt dem Reichswehrministerium eine Denkschrift des Junkers–Direktors Gotth. Sachsenberg – der rechten Hand Professor Ju ’– vom 25. 11. 24 vor , die schlagend beweist , das Professor Junkers keine Aufgaben zurückgestellt , sondern ständig seinen Aufgabenkreis ver- grössert hat. Wie wäre sonst auch die von Professor Junkers selbst auf S. 9/ zu begreifen , das das Weltluftverkehrsnetz 1925 zu 40 % mit Junkers–Flugzeugen beflogen wurde, und dass

diese

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xxx

- 12 -

diese Strecken zum allergrössten Teile auch in organisatorischem Zusammenhang mit den Junkers–Werke ’’ ’’ .’ Das sieht doch nicht danach au ’,’’’ ’ ’ ’ ä ’’’’ unkers–Betriebe in der Heimat in dieser Gemenschaftsaufgabe (der russischen Unternehmung) au .’

Bemerkeswerter Weise führt Professor Junkers nur diesen einen § 23 aus dem mit dem Reichswehrministerium abgeschlos- senen Vertage an . Die übrigen oben erwähnten Paragraphen hätten seine Forderung in einem weniger bequemen Licht erscheinen lassen . Auch die von Professor Junkers (S.1o) aufgestellte

’’ ’’’’ ’’ ’ kann nicht unwidersprochen bleiben .

So spricht er stets von einer Illiquidität aus dem Herbst 1925. Diese Behauptung muss insofern richtig gestellt werden , als diese Illiquidität bereits im Frühjahr desselben Jahres den Reichsstellen gegenüber voll zum Ausdruck kam . Im Ver- trauen auf das kaufmännische Geschick der Firma Junkers haben es die Reichstellen der Firma bis in den Herbst 1925 hinein durch laufende , ganz beträchtliche Unterstützungen ermöglich, liquid zu bleiben . Die Hoffnungen der Reichsstellen , dass sich die Firma Junkers in dieser Zeit selbst rangieren könnte , wurden allerdings getäuscht. Die Geldmittel , die die Firma bis Herbst 1925 vom Reichs- verkehrsministerium erhalten hat , sind also trotzdem Pro- fessor Junkers sich gegen diesen Ausdruck sperrt , nichts anderers als regelrechte Subventionen, die mit irgendwelcher Schuld , die ihm der Fiskus an die Firma Junkers , wie oben gezeigt , gar nicht hat, außerhalb jedes Zusammenhangs stehen.

Die

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Künstliche Schaffung eines

Marktes _ v: Henry Ford .

- 13 -

Die Reichsstellen stehen keinesfalls auf dem Stand- punkt , den Junkers ihnen unterstellt , das ein Serienbau

von Flugzeugen gegenwärtig noch unmöglch sei. Ganz im Gegen- teil streben auch die Reichsstellen an , einen Serienbau , durch welchen ausschließlich der deutsche Flugzeugbau wirtschaftlich gestaltet werden kann , einzuführen . Die

Reichsstellen wissen aber ebenso genau , das die gewaltsame Einführung einer Serienherstellung nur mit ganz ungeheueren Geldmitteln durchzuführen ist , da gleichzeitig mit der Her- stellung , die oft künstliche Schaffung eines Absatzmarktes Hand in Hand gehen muss. Dass diese Geldmittel in dem er- forderlichen Maße nicht zur Verfügung standen , haben die Reichsstellen im Gegensatz zu Junkers stets erkannt . Um so erstaunlicher ist es , dass Junkers auch jetzt noch seine Wirtschaftstheorien aufrecht zu erhalten sucht , nachdem

gerade er die trübsten Erfahrungen auf diesem Gebiet ge- macht hat . Die ä ’’ er sei grundsätzlicher Gegner einer Subventionspolitik , werfen ein grelles Licht auf seine Einstellung zur Ausgabe der für die gesamte Luftfaht vor- handenen Staatsmittel . Diese Anschauung ist keineswegs erstaunlich , wenn man berücksichtigt , das Junkers mit seinen Anschuldigungen gegen die verschiedenen Reichsstellen den Standpunkt vertritt , dass ausgerechnet seiner Firma alle Ausgaben einschliesslich der für Neuinvestierungen und der durch Fehler entstandenen , vom Reiche wieder erstattet werden sollen . Wenn einer Firma diese Monopolstellung tatsächlich eingeräumt würde , so könnte sie allerdings von Subventionen ganz absehen und es wäre möglich , die für die

gesamte

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gesamte Luftfahrt bewillgten Geldmittel unkontrolliert dieser Firma zukommen zu lassen .

Nach dem bisher Ausgeführten ist unverständlich , wie Professor Junkers behaupten kann , er sei dem Reichswehr- ministeriu ’’ ü ’’’ ’ ’’ ’’ ’ ’’ u gegangen . Professssor Junkers hat in diesr zeit vom 27. 4. bis 12. 8. 22 die zur Verfügung gestellten 100 Millionen P.M. abgehoben . Nun musste doch wohl die dieser Vorleistung des Reichswehrministeriums entsprechende Nachleistung der Firma Junkers erwartet werden können ! Die Behauptung Ju ’,’’ ’’ uf Reichsseite sehr bald nach Abschluss des Vertages aus dem Jahre 1922 ein Nachlassen des Interesses für die russische Angelegenheit fühlbar geworden wäre , muss abgelehmt werden . Die Reichsstellen haben nach wie vor reges Interesse für den Fortgang des russi- schen Unternehmens gehabt und bewiesen . Kein Interesse konnten allerdings die Reichsstellen daran aben , Junkers , nachdem er die von ihm geforderten Mittel erhalten und seine Abgeltung zugestanden hatte , weitere Geldmittel für die russische Auf- gabe zur Verfügung zu stellen . Die Durchführung des Russen– vertrages war ausschließlich Aufgabe von Junkes geworden, das Reichswehrministerium sah mit wachsender Sorge ., wie gering die Potenz Junkers war , seinen entsprechenden Verpflichtungen nachzukommen . Nachdem oben festgestellt werden konnte , das Professor Junkers schriftlich anerkannt hat , das er keine Forderungen mehr an das Reichswehrministerium habe, muss der von ihm auf S. 12 seiner Denkschrift gewählte Ausdru ’’ ’ ’ ’ ’u s- s c h i e b u n g s m a s s n a h m e n d e s F i s k u ’’ in voller Schärfe zurückgewiesen werden . Die

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x) Anfang Juli / 1922 stellte Professor Junkers eine Berechnung der Kosten des gesamten Ausbaus von Fili ( Kleines Programm des Genossenschaftsverages) auf für die Fabrikation von 200 Flugmotoren und 100 Metallflugzeugen und berechnete die Gesamtkosten auf 4,7 Millionen Rubel , wobei der gesamte Ausbau Filis mit enthalten ist .

Die

- 15 -

Die Vorgänge , die Professor Junkers in einem einzigen Satz erledigt , bedürfen einer gründlichen Beleuchtung. Sie spielten sich wesentlich anders ab , als Professor Junkers es darzustellen sucht. Im Laufe des Jahres 1923 stellte sich bei der Firma Junkers mehr und mehr heraus , dass sie ihren Verpflichtungen dem Reich und den Russen gegenüber nicht in der zugesagten Weise nachkommen könne . Die Errichtung Filis hatte erheblich mehr Gelder verschlungen , als Junkers selbst angenommen und

dem Reichswehrministerium angegeben hatte .x) Diese Verluste wurden noch erhöht durch einen Verlustauftag , der darin be-

stand , das Junkers 100 Flugzeuge an die russische Regierung geliefert hat , die in ihren Leistungen weit hinter den Ab- nahmebedingungen zurückstanden , jedoch in ihren Unkosten die Erwartungen des Lieferanten erheblich überstiegen. Als die Russen zu erkennen gaben , das sie Junkers aus seine Ver- pflichtungen nicht herauslassen würden und ihm gewinnbringende Aufträge erst dann zukommen lassen würden , wenn er seinen übrigen Vertragsverpflichtungen völlig nachgekommen sei , trat Junkers an das Reichswehrminsterium mit der Bitte heran, ihm die vertagsmässige Einrichtung von Fili dadurch zu er- möglichen, dass ihm das Reichswehrministerium einen dement- sprechenden Auftrag gäbe . Die Besprechungen zwischen Junkers und dem Reichswehrministerim zogen sich sehr in die Länge , was hauptsächlich darin seinen Grund hatte ,

daß die Firma Junkers nicht in der Lage war , einwandfreie 1922/ Unterlagen über ihre Preise und Kalkulationen zu erbringen .

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Die Verhandlungen zogen sich bis in das Frühjahr 1924 hin , als Junkes erklärte , er könne erst im Herbst 24 mit russischen Aufträgen rechnen ; bis dahin brauche er 2o Milli- onen G. M. , um Fili fertig einzurichten und zu erhalten . Da von den Russen irgendwelche Gelder nicht zu bekommen seien, bäte er das Reichswehrministerium , ihm 2o Millionen G. M. in irgendeiner Weise zu verschaffen. Das Reichswehrminsterium erklärte ihm daraufhin , das an einen Auftrag oder an eine sonstige Hingabe von Mitteln in diesr Höhe nicht gedacht werden könne , da Mittel derartigen Umfanges nicht zur Ver- fügung ständen . Es könne eine Auftragserteilung in einem Werte von 8 Millionen Mark in Frage kommen. Ob Junkers damit gedient wäre ? Nach einiger Zeit erklärte daraufhin Junkers, er bäte von der Erteilung eines Auftrages abzusehen , und ihm die zur Verfügung stehende Summe als Darlehen auszu- zahlen. Mit Hilfe der 8 Millionen sei er in der Lage, weitere 12 Millionen aufzunehmen , welche Restsumme er brauche , um in Fili erfolgreich vorwärts zu kommen. Ganz klar ergibt sich , dass nicht das Reichswehrministerium es war , welches Junkers veranlasst hat , 12 Millionen aufznehmen , sondern dass dieser Vorschlag von Junkers selbst ausging und auf der Kenntnis der Höhe der verfügbaren Mittel beruhte . Trotz Anspannung aller Junkers zur Verfügung stehenden Bankverbindungen , nicht wie er behauptet , da ihm die Benutzung dieser Verbindungen nicht möglich war , konnte er die Summe , zu deren Aufnahme er sich dem Reich gegenüber verpflichtet hatte , nicht er- halten. Das Anwachsen der Schuld auf 12 Millionen ist ebenfalls nicht so erfolgt wie es Junkers darstellt. Diese Geldsumme hat sich vielmehr durch den dauernd kaufmännisch unvoll- kommen

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- 17 -

kommenen Betrieb der Junkerswerke ergeben .

Die Vorgänge , die mit der Ablehnung eines Schiedsgericht im Jahre 1924 , der Einsetzung des Reichsgerichtspräsidenten als Gutachter und der Zustimmung zu einem Beschreiten des richterlichen Weges zusammenhängen , verhalten sich wesentlich anders , als sie in der Denkschrift des Professors Junkers dargestellt werden .

Im Jahre 1924 ergaben sich Mißhelligkeiten zwischen den Junkers–Werken und der vom Reichswehrministerium mit der Zahlung der den Junkers–Werken zugestandenen 8 Millionen be- auftragten Stelle , die sich in erster Linie darauf bezogen , mit welchem Kurse die an Junkers gezahlten Dollarbeträge auf die bewilligten 8 Millionen umzurechnenen seien . Es handelt sich bei diesen Unstimmigkeiten um Summen , die an den 8 Millionen gemessen , nur eine geringe Höhe erreichten . Da das Reichswehrministerium in einwandfreier Weise die Ver- hältnisse geklärt hatte und zu der Überzeugung gekommen war , daß die Forderung der Junkers–Werke nicht berechtigt sei , wurde der Vorschlag Professor Ju ’ ’’,’’ ’’ - gericht einzusetzen , welches uber die Auffassung über die in Frage stehende Differenz entscheiden sollte , abgelehnt . Das Reichswehrministerium sah sich dazu genötigt , da dem kleinen Streitobjekt staatspolitische Gründe gegenüber- standen , die in ihrer Wichtigkeit die Ausbreitung des ver- hältnisses Reichswehrministerium–Junkers vor einem größeren Kreis nicht zulässig erscheinen ließen. Im Herbst 1925 , als die Sanierung der Junkers–Werke erforderlich geworden war , lag für das Reichswehrministerium keine Veranlassung vor, den erneuten Wunsch Professor Junkers

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- 108 -

eigenen

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Junkers , der Einsetzung eines Schiedsgerichts , das nun aber über das gesamte strittige Objekt entscheiden sollte , zuzustimmen. Die Junkers–Werke hatten Verträge mit der Russi- schen Regierung und dem Reichswehrministerium abgeschlossen und von letzterem erhebliche Mittel für die Ausführung dieser Verträge erhalten , ohne diese erfüllen zu können. Das Reichswehrministerium , auf älteren Erfahrungen fussend , musste erwarten , das die Firma Junkers wiederum Schritte zur eigenen Rettung auf Kosten des deutschen Ansehens in Russland unternimmt in dem Bestreben , sich der immer augenscheinlicher werdenden Krise in Russland zu entziehen. Dass diese Erwartung nicht unberechtigt war , ist durch die notwendig gewordenen Untersuchungen gegen Junkers Vertreter von Seiten der Sowjet- behörden bestätigt worden . Das Reichswehrministerium ergriff daher die erste Gelegenheit , sich auf die russischen Unter- nehmungen Junkers einen Einfluß zu sichern , der den für dieses Unternehmen gewährten Geldmittel entsprach , und er ermöglichte , unkontrollierbare Schritte der Junkers–Vertreter in Russland zu unterbinden . Die Sicherung dieses Einflusses geschah mit Hilfe eines Vertrages , dessen rechtliche Grundlage Professor Junkers nunmehr anzweifeln zu müssen glaugt , indem er darauf hinweist , das bei seinem Abschluss das Reichswehrminister- ium seine Notlage in unzulässiger Weise ausgenutzt hätte . Es ist aber ein Unding , eine unzulässige Willensbeein- flussung der Firma Junklers von seiten des Reichswehrministe- riums nachträglich zu konstruieren . Wenn Professor Junkers die Annahme der Sanierungsvorschläge nicht zusagte , so hätte er diese ausschlagen können . Er vergisst , das die Sanierung ausschliesslich in seinem wohlverstandenen Interresse zur Abwendung dse Konkurses erfolgte . Mit gleichen oder ähnlichen Gründen könnte jeder Gemeinschuldner einen Vergleich , den

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- 109 -

- 19 - den er innerhalb oder außerhalb eines Geschäftsaufsichts- verfahrens abschließt , mit der Begründung ablehnen , er habe sich in einer Notlage befunden .

Erst im xxxxxxxx Laufe der durch das Reichsverkehrsministe- rium bearbeiteten Sanierungsaktion wurden bedeutende Ver- bindlichkeiten der Firma Junkers bekannt , die bis dahin verschwiegen waren und die eine Abwendung des Konkurses doch noch zweifelhaft erscheienen ließen. Um einen Teil der zwischen dem Reichswehrministerium und Professor Junkers schwebenden Steitfragen zu klären , deren Bekannt- werden vor einem unbefugten Kreis zu verhindern erwünscht war , trat das Reichswehrmininsterium an Professor Junkers mit dem Vorschlag heran, an den Herrn Reichsgerichtspräsi- denten die Bitte zu richten , das Verhältnis des Reichs- wehrministeriums zu Junkers hinsichtlich der Zusammenarbeit in der russischen Frage einer neutralen Beurteilung zu unterziehen. Nachdem Professor Junkers diesem Vorschlage des Reichswehrministeriums zugestimmt hatte , bat dieses den Herrn Reichsgerichtspräsidenten , Gutachter in der An- gelegenheit Reichswehrministerium kontra Junkers zu sein und legte ihm nach Informierung über die Hauptstreitpunkte folgende drei Fragen vor :

1) Ist das Reichswehrministerium Junkes gegenüber moralisch verpflichtet ?

2) Hat Junkers seine Verpflichtungen eingehalten ?

3) Hat Junkers die ihm vom Reichswehrministerium gegebenen Gelder richtig eingesetzt ?

Im Laufe der durch den Herrn Reichsgerichtspräsidenten geführten Untersuchung entstanden über den Umfang seiner Tätigkeit

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- 20 - Tätigkeit Meinungserschiedenheiten , die ihn veranlassten, seinen Auftrag in die Hände des Reichswehrministeriums zurück- zulegen, falls das Reichswehrministerium sich nicht entschlie- ßen könnte , seiner Auffassung beizutreten . Da das Reichs- wehrministerium hierzu nicht in der Lage war , musste es dem Wunsche des Herrn Reichsgerichtspräsidenten nachkommen und auf seine weitere Inanspruchnahme verzichten . Nach den oben gemachten Ausführungen und nach dem Schei- tern aller inoffiziellen Einigungsversuche , kann das Reichs- wehrministerium es nur begrüssen , das nunmehr der Weg zur Regelung vor den ordentlichen Gerichten freigegeben ist. Nur so ist es möglich , die durch Presse und Propaganda irregeleitete öffentliche Meinung in die Bahnen zu lenken , die der Wiklichkeit entsprechen. Der Chef des Stabes : gez. S e n f t l e b e n .

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# A u f z e i c h n u n g betreffend Ost–Asien–Flug von Sven Hedin Ich habe heute Herrn Gesandten von R o s e n b e r g

telefonisch bei einer Besprechung im Reichsverkehrsministerium erreicht und ihn gebeten , den Standpunkt des Auswärtigen Amtes dahin zu vertreten, dass das A. A. zwar die von J u n - k e r s eingegangenen Verpflichtungen übernehmen wolle , dazu es indessen keine grossen finanziellen Anforderungen an das Reichsverkehrsministerium bezw. das Reichsfinanzministerium stellen wolle , die diese Behörden dann nur unwillig und unter Berufung auf den Druck des A.A. leisten würden .

Herr von Rosenberg suchte mich dann auf und teilte mit , dass die Besprechung den vom A. A. gewünschten Verlauf genommen hätte. Der Reichsverkehrsminister Krohne befinde sich schon auf der Reise nach Schweden und er selbst werde am Montag früh in Stockholm eintreffen , um die Vorbesprechungen mit Sven Hedin zu führen , bevor dieser mit dem Reichsverkehrs- minister zusammenträfe . Gleichzeitig werde auch Ministerialrat B r a n d e n b u r g in Stockholm sein .

Bei der Besprechung im Reichsverkehrsministerium sei im Auftrag von Herrn Minister K r o h n e betont worden, dass auch das Reichsverkehrsministerium für eine Übernahme der Ju ’’’ ungen gegenüber Sven Hedin sei und zwar besonders auch aus luftpropagandistischen Gründen ; ein- tretendenfalls würde ein solcher Flug noch viel grössere Wirkung- gen zu Gunsten der deutschen Fliegerei ausüben als die Reise des Reichskanzlers Luther in Südamerika . Ferner habe das Reichsverkehrsministerium auch den Standpunkt vertreten , dass es nicht angängig sei , Sven Hedin gewissermassen sitzen zu lassen und von den Junkerschen Verpflichtungen völlig zurück- zutreten

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- 112 -

- 2 - zutreten

Der ebenfalls anwesende Vertreter des Reichsfinanz- ministeriums habe sich diesen Ausführungen nicht verschlos- sen und sei prizipiell völlig bereit , zur Finanzierung des Planes im gewissen Umfange gewesen . Über die prinzipiel- le Frage hätten sich keine Schwierigkeiten erhoben , da in der Ministerbesprechung die Herren Minister Stresemann , Reinhold und Krohne sich schließlich völlig geeinigt hätten .

Bei der Besprechung sei auch allgemen die Ansicht ver- treten worden , das diese finanzielle Beihilfe des Reichs eine bestimmte Höhe – etwa 1 – 1½ Millionen – nicht über- steigen dürfte ; und das sie nicht in Form einer Geldzahlung an Sven Hedin in Erscheinumg treten dürfte . Vielmehr könne es sich nur darum handeln , der Lufthansa die Leistungen für dieses Unternehmen bis zu einer gewissen Geldsumme abzunehmen. Es sei auch verabredet worden , das Reichsminister Krohne Sven Hedin gegenüber zum Ausdruck bringen wolle , dass er sich bei der Lufthansa dafür einsetzen werde , dass diese den Ost–Asien–Flug nach Kräften unterstütze .

Über die Art der Durchführung der finanziellen Beihilfe des Reichs seien weitere Besprechungen zwischen den betei- ligten Referenten vorbehalten geblieben ; der Vertreter des Reichsfinanzministeriums habe anheimgstellt , das die Zahlung aus dem Fonds des A. A. in der Weise erfolge , dass das A. A. mit Zustimmung des Reichsfinanzministeriums eine um den ent- sprechenden Betrag erhöhte Forderung für den Fonds in den Etat einstelle.

Herr vom Rosenberg sagte , er habe schliesslich den grössten Nachdruck darauf gelegt , das die Beteiligung des Reichs auf keinen Fall in die Erscheinung treten dürfe und alle Einzelheiten streng geheim gehalten werden sollten . Hiermit

Herrn V. L. R. L ü t g e n s . Herrn V. L. R. Graf B a s s o w i t z .

Herrn L. R. F o r s t e r H105491

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- 113 -

[eine Zeile - Informationsverlust / Kopie d. Verteilers ] o. o. IV Ru 5156 .

18 . 9.

G a n z g e h e i m : # A u f z e i c h n u n g über eine Besprechung im Reichsverkehrsmini- sterium betreffend J u n k e r s – W e r k e . Am 18. August 1926 um 10 Uhr 3o fand unter dem Vorsitz des Herrn R e i c h s v e r k e h r s m i n i - s t e r s eine Besprechung statt , an der teilnahmen :

die Reichstagsabgeordneten Q u a t z , W i e l a n d , K u h l e n k a m p f ,

als Mitglieder des Haushaltsauschusses , Professor J u n k e r s und J a n s e n , von den J unkers- Werken , Reichsfinanzminister a. D. von S c h l i e b e n , als Vertreter dse Reiches beim A ufsichtsrat von J unkers , ferner Vertreter des Reichswehrministeriums , des Reichsfinanzministeriums

des Auswärtigen Amts. Der Reichsverkehrsminister bezeichnete zunächst

als den Zweck der heutigen Besprechung , den Reichstagsab- geordneten Aufklärung von beiden Parteien über die Sachlage

zu verschaffen . Die Besprechung würde am zweckmässigsten in zwei Teile gegliedert sein : zunächst wäre über das russische Geschäft zu sprechen sein , sodann über die all- gemeine Umorganisation von Junkers . Zur ersten Frage werde besonders dazu Stellung genommen werden müssen , ob Junkers durch das russische Geschäft in die bekannten Schwierigkeiten

gekommen sei .

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- 114 -

meint /

- 2 -

Ein Verteter des Reichswehrministeriums verlas sodann die anliegende in Abschrift beigefügte Denkschrift vom 13. 8.

Abgeordneter Kuhlenkampf , der während des grössten Teiles der Debatte für Professor Junkers das Wort führt , er- klärt dieser Schriftsatz sei mehr zur Vorbringung bei einem ordentlichen Gerichtsverfahren geeignet , als hier bei einer

vorbereitenden Aussprache . Professor Junkers habe das Material nicht im Kopf , um eingehende Antworten geben zu können und müs-

se gegebenenfalls seine Referenten zuziehen .

Reichs verkehrsminister Krohne weist daraufhin , dass Junkers Standpunkt durch seine wiederholten Denkschriften hinreichend verbreite sei , während das Reichswehrministerium bisher geschwiegen habe . Die heute verlesene Denkschrift sei seine erste schriftliche Auslassung in der Sache .

Abgeordneter Quatz will versuchen , eine Darstel- lung des Tatbestandes , soweit er nicht bestritten sei, zu geben . Abgesehen von den (sic) allgemeinen bekannten Sachverhalt hebt er zunächst die Frage hervor , ob die Sowjetregierung sich zur Abnahme von 2o% der Flugzeug–Produktion in Fili verpflichtet habe beziehungsweise ob die Reichsregierung eine solche Verpflichtung eingegangen sei . Major Fischer/ daß eine solche Absatzgarantie be- standen habe , jedoch sei das Mass der Bestellungen abhängig gemacht worden von der Höhe der zur Verfügung stehenden

Mittel .

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[ vide supr., Senftleben, pp. - 9o bis 1o9 - ]

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- 115 -

- 3 -

Reichstagsabgeordneter Quatz stellt fest , dass also Russland und Deutschland eine gewisse Verpflichtung über-. nommen hätten , die Flugzeugproduktion von Junkers in Fili abzunehmen . Das kaufmännische Risiko indessen sollte Junkers

tragen . Das Unternehmen in Russland habe man mit einem Miß- verständnis geendet und darüber sei zwischen dem Reichswehrministe-

rium und Junkers ein Streit entstanden .

Einen weiteren Streitpunkt betreffen die 100 Fokker–Flug- zeuge , die das Reichswehrministerium während des Ruhrkampfes bestellt habe . Junkers beschwere sich darüber , das er bezw. das russische Werk den Auftrag nicht erhalten habe. Das Reichswehrminsterium wende ein , es habe den Moskauer Ver- treter von Junkers , Oberstleutnant Schubert wegen der Lieferung

befragt ; dieser habe sich indessen für nicht imstande er- klärt , die Lieferung durchzuführen . Junkers wende hierauf ein , das nicht sein Moskauer Vertreter , sondern nur die Dessauer Zentrale für diese Entscheidung zuständig gewesen sei .

Ein weiterer Streitpunkt sei schliesslich die Behauptung des Reichswehrministeriums , daß Junkers 12 Millionen Mark in das Unternehmen in Fili habe hineinstecken sollen . Es entstehe nun die Frage , wo diese Mittel geblieben seien . Vor allen Dingen müsse festgestellt werden , wie hoch die von Junkers in Fili vorgenommene Investition gewesen sei.

Major Fischer führte aus , die Junkers Flugzeuge hätten leider auch technisch grosse Mängel gehabt . In dem letzten

Manöver in Russland seien von 100 Flugzeugen , die teilgenom- men hätten , nur 5 von Junkers stammende gewesen und von diesen habe nur 1 Flugzeug durchgehalten .

Das

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Das Reichswehrministerium habe für Fili 9,4 Millionen Goldmark gezahlt . Er frage nun Professor Junkers , wie viel Junkers investiert habe

Professor Junkers meint , die Inverstition seiner Firma hätte hauptsächlich in Arbeit bestanden .

Reichstagsabgeordneter Kuhlenkampf fügt hinzu , man könne von Professor Junkers nicht verlangen , daß er diese Zahlen im Kopf habe ; dazu müsse er seinen Referenten zur Stelle haben .

Reichsverkehrsminister Krohne wirft ein , immerhin seien die Zahlen so wichtig , daß er sich schon denken könne(n), das Professor Junkers sie auch im Kopf habe .

Ein Vertreter des Reichswehrministeriums führt an Hand der zur Verteilung gelangten in Abschrift beige- fügten Bilanzen aus , es ergebe sich aus diesen Bilanzen , dass Junkers nicht viel investiert habe . Er folgere aus Nr. 4 von Anlage 2a , das Junkers 1 Million Goldmark vertragswidrig verwendet habe . Auch die Belastung von Fili mit 2 Millionen Zinsen sei unzulässig . Ferner sei das Werk Fili auch noch mit den Generalunkosten für Dessau belastet worden . Posten 1 beweise , dass das Unternehmen außerordentlich unwirtschaftlich betrieben sei . Junkers habe an jedem Flugzeug etwa 50 000 Mark ver- loren . Es bliebe die Frage zu lösen , wo die 4,3 Millionen Rubel Reichsgelder geblieben seien . Dessau habe sogar noch auf Kosten von Fili etwa 1 Million Goldmark verdient hauptsächlich dadurch , dass es für das Werk in Fili be- stimmte Gerätschaften und Maschinen für das hundertfache ihres Marktpreises dem Werk Fili in Anrechnung gebracht habe. Es

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- 5 - Es sei festzustellen :

1) dass Junkers keine bleibende Investition in Fili vorge- nommen habe,

2) dass er die Reichssubventionen falsch verwendet habe ,

3) dass er sich durch Überteurung unzuläsige gewinne verschafft habe. Die Zahlungen des Reichswehrministeriums seien mehr als ausreichend für die Inbetriebnahme für Fili gewesen . Der Zusammenbruch von Junkers sei nicht auf sein russisches Engagement zurückzuführen .

Reichstagsabgeordneter Quatz, meint , man müsse die An- gaben des Reichswehrministeriums kaufmännisch technisch nachprüfen und bittet um Überlassung einer Abschrift dieser Ausführungen .

Reichstagsabgeordneter Kuhlenkampf bezweifelt , das eine Nachprüfung der Angaben dse Reichswehrministeriums die Richtigkeit der vorgebrachten Behauptungen erweisen würde . Im Hauptausschuss habe Herr von der Porten als Vertreter des Kontrollauschusses Aufseheh erregende Behauptungen über die Unordnung bei Junkers vorgebracht ; einer Nach- prüfung hätten diese Behauptungen indessen nicht standgehalten . Junkers habe 5 Millionen Goldmark in Fili investiert.

Reichstagsabgeordneter Quatz machte nachstehende prin- zipielle Ausführungen . Es handele sich im vorliegenden Fall zweifellos um eine Sache , die die Executive angehe ; das Reich habe die Mehrheit bei Junkres . Der Reichstag müsse weitere Mittel bewilligen . Eine solche Bewilligung würde indessen

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- 6 - indessen erschwert , wenn die Beziehungen zwischen der Mehr- heit von Junkers (dem Reich ) und der Minderheit ( Professor Junkers ) ungeklärt wären . Vor allem dürfe keine Pressetätig- keit entfaltet werden ; die Möglichkeit der Anstrengung des Prozesses müsse selbstverständlich offengehalten werden . Der praktischste Weg , um weiter zu kommen sei vielleicht der , dass ein noch kleineres Gremium als das heute vresammelte , an eine Prüfung der Behauptungen der beiden Parteien heran- ginge und die Möglichkeit für ein gedeihliches Zusammen- arbeiten der Mehrheit und der Minderheit von Junkers schaffe . Damit werde dann auch dem Haushaltssausschuß seine Stellung- nahme erleichtert werden .

Major Fischer betont , dass das Reichswehrministerium niemals mit der Presse gearbeitet habe. Indessen seien von Persönlichkeiten , die Junkers nahestünden , wie dem Admiral von Levetzow und Herren von Wilamowitz so schwere Indiskre- tionen begangen worden , das der Oberreichsanwalt eingeschrit- ten sei . Auch jetzt sei eine Denkschrift verteilt worden , die ebenso schwere Indiskretionen enthielte . Er frage Herrn Professor Junkers , wer diese Denkschrift erhalten habe.

Reichstagsabgeordneter Quatz bittet , davon Abstand zu nehmen,Herrn Professor Junkers einer Vernehmung zu unter- ziehen, er stellt aber das Einvernehmen von Professor Junkers fest , dass alle weiteren Verhandllungen unter Inne- haltung vollster Diskretion stattfinden sollten .

Reichsagsabgeordneter Krohne fasst die Aufgabe des zu schaffenden kleinen Gremiums zusammen , das hauptsächlic h zur Orientierung der Abgeordneten dienen soll ; gleichzeitig soll eine fachmännische Prüfung der Parteibehauptung vorge- nommen werden können . Die gerichtliche Entscheidung würde hierdurch

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- 7 - hierdurch nicht praejudiziert . Nach der Sitzung bat ich Herrn Reichstagsabgeordneten Quatz , das Auswärtige Amt an den Sitzungen des Gremiums zu beteiligen , sobald Fragen von außenpolitischem Interesse zur Verhandlung stünden . Herr Quatz sagte zu und bemerkte , in den ersten Sitzungen würden wohl nur rein kaufmännische Fragen zur Verhandlung kommen . Ich besprach sodann mit Ministerialrat Branden- burg und Major Fischer die Frage der von Junkers durch Verteilung der vertraulichen Denkschrift begangenen Indis- kretion . Herr Fischer, meinte , er habe Ermittlungen ange- stellt , um den Umfang der Indiskretion festzustellen . Im übrigen werde sich jetzt schwer etwas redressieren lassen , da der Schaden schon eingetreten sei . Es bliebe zu hoffen , das Junkers nnmehr keine weiteren Indiskretionen begehen werde . Jedenfalls seien diese Indiskretionen ein erneutes Argument dafür , daß die Behandlung des Streitfalles vor den ordentlichen Gerichten keinen grösseren Schaden an- richten könne , als bereits angerichtet worden sei . Hiermit Herrn Staatssekretär von Schubert - mit 2 Doppel – zur geneigten Kenntnisnahme gehorsamst vorgelegt . Berlin , den 18. August 1926

/8

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D

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V e r t r a u l i c h ! =============== Ergebnis der Besprechung über die Behandlung

der Junkers – Frage am 11 . Dezember 1926 --------------------------------------------------------------------------

Anwesend :

Ministeraldirektor Dr. Greiner Reichsfinanzministerium Oberstleutnant Wilberg (Reichswehrministerium Rittmeister Jeschonnek (Truppenamt Geh.Reg.Rat. Dr. Jacobs (Reichswehrministerium

Hauptmann Grosch (Waffenamt Min.Dirigent v. Richthofen ( `` `` v. Dirksen ( Auswärtiges Amt

Votr.Leg.Rat Lütgens ( Ministerialrat Fisch ( Ob.Reg.Rat Mühlig–Hofmann ( `` `` `` Dr. Panzeram (Reichsverkehrsministerium

Dipl.Ing. Schaedel ------- Nach ausführlicher Schilderung der Gesamtlage der I f a und ihres Verhältnisses zu Prof. J u n k e r s durch Ob.Reg.Rat Mühlig–Hofmann wurde vorbehaltlich der Zustimmung der in Frage kommenden Herren Minister von den anwesenden Ressortleitern folgene Stellungnahme eingenommen : 1. ) Der Konkurs der Ifa erscheint früher oder später Unvermeidlich , da das Reichsfinanzministerium außer dem schon bewilligten Geldbetrage weitere Mittel ,

die, für ein weiteres Jahr berechnete , 13 ,2 Millionen betragen würden , nicht zur Verfügung stellen kann .

2.) Die Vertreter des Auswärtigen Amts glauben , daß der Konkurs des Werkes auch außenpolitisch tragbar sei , Herrn unter

Ministerialdirigent v. Dircksen

Auswärtiges Amt . H105499

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- 2 - unter der Voraussetzung , daß die Garantien für Erfüllung der durch die Ifa übernommenen Verpflichtun-

gen in der Türkei und in Persien in rechtlicher wie moralischer Beziehung geboten würden . Es beständen keine Bedenken , um an Stelle von Junkers andere seriöse

Unternehmen ( z. B. in Verkehrsfragen die Deutsche Luft Hansa ) für weitere Verhandlungen in der Türkei und in Persien zu präsentieren .

3. ) Ein Interesse des Auswärtigen Amts oder des Reichs- wehrministeriums an der Fortführung des Unternehmens von Junkers in Russland besteht nach letzten Ver- öffentlichungen in der Tagespresse nicht mehr .

4. ) Angesichts der unter 1) angegebenen Tatsache erscheint es nicht mehr zweckmäßig , aus den haushaltsmäßig noch

zur Verfügung stehenden Beträgen weitere Mittel der Ifa zuzuweisen , da diese Mittel technisch und politisch vorteilhafter , z. B. zur Erfüllung der von Junkers im Auslande übernommenen Verpflichtungen , Verwendung finden können .

5. ) Die anwesenden Ressortvertreter werden ihren Herren Ministern in diesem Sinne umgehend Vortrag halten. Die anwesenen Herren wurden darauf aufmerksam ge-

macht , daß voraussichtlich vorstehende Frage zum Gegenstand einer Kabinettssitzung in den nächsten Tagen gemacht wer-

den würde . Die Teilnehmer an der Sitzung haben Abschrift von vorstehendem Vermerk erhalten . gez. Fisch.

H105500

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hs., schräg: Zweiter Durchschlag

Abschrift für

Herrn

GehRat

v.Dircksen

Abschrift R.M. 2111 vr. 23. 12. 1926 .

# Besuch des Türkischen Botschafters 23. Dezember 1926 Der Türkische Botschafter erkundigte sich nach dem Verlauf der Verhandlungen in Genf. Er fragte nach dem Stand der allgemeinen Abrüstung , den ich als unge- wiß hinstellte . Der Botschafter erzählte , daß Italien durch den albanischen Vertrag die Dinge im Balkan Bewegung zu setzen versuche . Italien stütze sich auf sein Bündnis mit Griechenland und habe ferner das Maze- donische Komitee für sich gewonnen . Das Slawentum am Balkan fühle sich bereits durch Italien bedroht. Musso- lini solle gesagt haben , er wolle die Grenzen des alten Rom im Balkan wieder herstellen . Diese seien mindestens bei Rumänien Tschitscherin habe ihn aufgefordert , Schiedsrichter zu sein , um Serbien und Bulgarien zusammenzubringen. Der Serbische und Bulgarische Gesandte sei zu ihm gekom- men und hätte ihm , Tschitscherin , gesagt „ Retten Sie

’’ ’’ ’ . Der Botschafter erkundigte sich nach der Stellung des Reiches zu den Junkers – Werken und fragte , ob die Junkers – Werke bestehen bleiben , worauf ich ihm sagte, das hinge davon ab , ob die Junkers – Werke Privatkapi- tal erhielten . gez. Stresemann

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Jahren im Betriebe der Junkerswerke

zugetragen haben , nicht nur um eine

sehr wichtige wirtschaftliche , son-

dern politische Frage , bei der das

Prestige des Reiches in Mitleiden-

schaft gezogen ist . ( Ich brauche nicht

an

T e l e g r a mm. Moskau , den 29. Dezember 1926, 5.22 Uhr Nm

Ankunft : 29. 8.40

Nr. 1269 v. 28. 12 Entzifferung . ( Geh. Ch. V.)

Vertraulich ! Am 25. Dez. erhielt ich offen von Pro- fessor Junkers ein Telegramm , in dem er mir mit- teilt , daß seine Werke ihm auf Grund neuester Ver- einbarungen schuldenfrei zurückgegeben worden sind.

Eine Antwort auf diese mich völlig überraschende Depesche habe ich dem Professor bisher nicht erteilt. Erbitte dringend Drahtmitteilung drüber , ob und welche Veränderungen in dem Verhältnis des Reichs

zu den Junkerswerken sich inzwischen vollzogen haben insbesondere seit der Mission des ehemaligen Reichs-

finanzministers von Schlieben , den ich hier ange- sichts der politisch wie finanziell sehr verwickel-

ten Lage der Junkerswerke auf dortigen Wunsch persönlich amtlich unterstützt und auch bei Tschit- scherin eingeführt habe . Ich muß über derart grundlegende Entschließungen sofern sie wirklich stattgefunden haben , rechtzeitig informiert sein , um der hieigen Regierung gegenüber die bekanntlich an den Junkerswerken in hohem Maße interessiert ist , mangels jeglicher Informationen nicht in eine unmögliche Lage zu kommen . Es handelt Hergestellt in 7 Expl. sich nach den mehr als peinlichen Davon sind gegangen : Vorgängen , die sich in den letzten IV Kv

Expl. 1 an Abt. II F ( Arb.Ex. ) ’’’ ’’’’’ ’’’’’’ ’’’ ’’’ ’’’’ . ’’’’ ’’’ .’ 5 ’’ . .’ ’’’’ ’’’’ ’’’’’ ’’’ ’’’’ ’’’’ ’’’’’ ’’’ Die ist Expl. Nr. 2

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an Angelegenheiten der Motore B. M. W. Werke , die Bestechungsaffäre Linow , Casteglioni , betüge-

rische Verwendung falscher Höhenmesser usw. zu erinnern ) . Bitte um Vorlage dieses Telegramms an den Herrn Staatssekretär und Reichsminister . Rantzau .

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zu IV Ru 8835 Berlin , den 3o. Dezember 1925 D i p l o g e r m a M o s k a u T e l e g r a m m ( in Ziffern ) ( Geh. Chiffr. Verf.) Auf Telegramm Nr. 1269 vom 28. 12. Wortlaut des vom Reich mit Professor Jun-

geschlossenen Vergleichs folgt mit morgigem

Nach Abgang Kurier . Herrn von Richthofen Herrn Konsul Schulz-Sponholz Wesentlichste Bestimmungen des Vergleichs z.g.K. ergebenst vorzu- sind , dass das Reich sein Aktien–Paket an Jun-

legen. kers zurückgibt , aus dem Unternehmen ausschei- det und Professor Junkers wieder unbeschränkte Verfügung über sein Unternehmen erhält. Sämt-liche vom Reich gewährten Kredite werden ge-

strichen . W a l l r o t h .

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Handakten o. o. R. M.

G a n z g e h e i m ! A u f z e i c h n u n g

über eine Unterhaltung mit Major Fischer . Major F i s c h e r suchte mich gestern auf, um mir

folgende Mitteilungen zu machen : Hinsichtlich der J u n k e r s – Angelegenheit stehe das Reichswehrministerium auf dem Standpunkt , dass nunmehr, nach Abschluss des Vergleichs Junkers–Reich , das Reich sich auch hinsichtlich der weiteren Abwicklung der Junkers–Ge-

schäfte im Auslande desinteressieren müsse . Infolgedessen sähe das Reichswehrministerium auch davon ab , auf den Gang der Verhandlungen zwischen Junkers und der Sowjetregierung irgendwie einzuwirken . Mitteilungen in demselben Sinne werde der Vertrauensmann des R.W.M. in Moskau demnächst dem Botschafter Grafen Rantzau machen. Der Militärattaché der hiesigen Sowjetbotschaft habe ihm mitgeteilt , dass eine Einigung in den Verhandlungen der Sowjetregierung mit Junkers nicht wahrscheinlich sei und daß infolgedessen vermutlich das in dem mit Junkers geschlossenen

Vertrage vorgesehene Schiedsgericht in Tätigkeit zu treten haben werde . Hiermit Herrn V.L.R. Freiherrn von Richthofen

Herrn Konsul Schulz–Sponholz - je besonders -

zur gefälligen Kenntnisnahme ergebenst vorgelegt . Berlin , den 6. Januar 1927

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Berlin, den 31. Dezember 1926 IV Rn 8864 Handakten Anliegend wird Abschrift des zwischen dem Reich und Professor J u n k e r s geschlossenen Vergleichs nebst dem weiteren in Frage kommenden Schriftwechsel zur ge- fälligen Kenntnisnahme ergebenst übersandt . Im Auftrage . gez. von Dircksen An die Deutsche Botschaft M o s k a u Original – Eingang n V.G.R v. Richthofen 31. 12. zurückgereicht

rb 31/12 . 26

V.sand durch Kurier Gd. H105506

(hs.)

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Abschrift III o 5846 Berlin W 8, den 2o. Dezember 1926 Der Reichsverkehrsminister . Z. 1a/1173/26 g Auf Grund eines Kabinettbeschlusses vom 18. Dezember 1926 übermittle ich Ihnen den anliegenden Vorschlag eines Überein- kommens , dessen wesentliche Punkte ich bereits unter dem 18. De- zember d. J. Herrn Geheimen Regierungsrat Dr. Qaatz und Herrn

Ab- geordneten Dr. Mittelmann mitgeteilt habe. Ich halte mich an das

Angebot bis zum 24. Dezember 1926, mittags 12 Uhr , gebunden , der- gestalt , dass mir bis zu diesem Zeitpunkt das anliegende Stück der Vereinbarung mit Ihrer und der Junkers Flugzeugwerk A.G. Un-

terschrift ohne Abänderung und Zusatz zugegangen sein muss. Im übrigen kommt nach dem erwähnten Kabinettsbeschluss eine weitere Unterstützung der Junkes Flugzeugwerke A. G. nur insofern in Frage , als ich auf Ihren Wunsch bereit bin, durch Ankauf von Gerät aus den vorhandenen Lagerbeständen der Ifa zur Deckung des dringendsten augenblicklichen Geldbedarfes Mittel bis zur Höhe von 125 ooo RM zur Verfügung zu stellen . gez. Dr. Krohne An Herrn Prof. Dr. ing. Hugo Junkers , Dessau -------------------- Anlage zu L 1a/1173/26 g. I. Die unter dem 2o. Oktober 1925 zwischen Prof. Junkers durch seinen Generalbevollmächtigten und dem Konsortium geschlossenen Verträge werden mit Wirkung vom Schluss der zu II, 1 erwähnten Generalversammlung ab aufgehoben . Die auf Grund dieser Vertäge getroffenen Massnahmen und getätigten Rechtshandlungen behalten ihre Gültigkeit . II. Nach Erfüllung dre gemäss Nr. III. von Prof. Junkres oder der

Junkers–

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- 2 - Junkers–Flugzeugwerk A. G. zu bewirkenden Leistungen ist das Reich zu folgenden Leistungen verpflichtet : 1. Das Reich übereignet Prof. Junkers nach Beschlussfassung über die Bilanz des abgelaufenen Geschäftsjahres durch die ordentliche Generalversammlung die ihm zur Zeit gehöri- gen nom. 7 000 000 RM Vorzugfsaktien der Junkers Flugzeug- werk A.G.

2. Das Reich verzichtet auf die Rückzahlung aller Junkers Flugzeugwerk A. G. oder dem Prof. Junkers gewährten , zur

Zeit noch bestehenden Darlehen oder Vorschüsse in Höhe von rd. 15 000 000 RM , 9 400 000 RM und 2 050 000 RM ein-

schließlich dararuf anfallender Zinsen . 3. Das Reich macht die zur Sicherung der unter 2. ) genannten

Darlehenforderungen getroffenen Massnahmen rückgängig , so- weit sich nicht aus III , 2 ein anderes ergibt. III. Professor Junkers und die Junkers–Flugzeugwerk A. G,. ver-

pflichten sich gesamtschuldnerisch zu folgenden Leistungen : 1. Es wird ein Betrag von 1 000 000 RM in bar an das Reich gezahlt . Falls Barzahlung bis zum 31. Dezember 1926 nicht möglich ist , begnügt sich das Reich mit Zahlung bis zum 1. April 1927 , falls eine Gross– (D.) Bank bis zum 31. Dezembe 1926 gegenüber dem Reichsverkehrsminister die Erklärung abgibt , das sie dafür , dass die zahlungsverpflich- tung bis zum 1. April 1927 erfüllt wird , die selbstschuld- nerische Bürgschaft übernehme. Die nach dem 31. Dezember 1926 noch ausstehenden Teilbeträge sind von diesem Zeit- Punkt ab , mit 6 v. H. jährlich zu verzinsen . 2. Aus den Beständen der Ifa wird dem Reich gerät im Werte von 2 700 000 RM übereignet . De Auswahl steht dem Reichs-

verkehrsministerium H105508

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Reichsverkehrsministerium zu jedoch müssen 4 Grossflugzeuge der Firma verbleiben. Die Festsetzung der Materialpreise

erfolgt für Flugzeuge und Motoren nach den im Geschäftsver- kehr zwischen Reich und der Ifa , für Ersatzteile nach

den im Geschäftsverkehr zwischen der Deutschen Luft Hansa A.G. und der Ifa üblichen Preisen. Die Auswahl seitens des Reiches hat im allgemeinen bis zum 1. März 1927 , die Lieferung bis zum 1. Mai 1927 zu erfolgen ; bis zur Lieferung werden bzw. bleiben dem Reich zur Sicherung seiner Forderungen 12 fabik- neue Grossflugzeuge übereignet .

3. Alle von der Junkers Flugzeugwerk A. G. zur Zeit ( 18. Dezember 1926) für Reichsstellen ( einschliesslich der Deutschen Ver- .

suchsanstalt für Luftfahrt und der Deutschen Verkehrs – Flie- gerschule) in Angriff genommenen Arbeiten und erteilte Auf-

träge werden entschädigungslos ausgeführ . Eine Liste dieser Arbeiten und Aufträge wird das Reich bis zum 31 Dezember 1926

der Ifa zugehen lassen.. 4. Dem Reich werden von Prof. Junkers bzw. der Junkers–Flug-

zeugwerk A. G. die noch nicht dem Reich gehörigen restlichen nom. 400 000 RM Aktien der Junkres Luftverkehrs A. G. übereignet. 5. Prof. Junkers und die Junkers Flugzeugwerk A. G. erklären, und zwar Prof. Junkers für sich und seine Erben und sämtliche Un- ternehmungen des Junkers–Konzerns , keinerlei Ansprüche irgend welcher Art gegen Reichsstellen aus gemeinsamen Unternehmen und aus sonstiger Zusammenarbeit oder Verbindung zu haben. Prof. Junkers ist verpflichtet , von denjenigen Unternehmungen des Junkers–Konzerns , für die er nicht oder nicht allein Ver-

tretungsbefugnis hat, entsprechene Erklärungen beizubringen . Beide verzichten für die Zukunft auf Inanspruchnahme von Dar- lehen und Beihilfen aus öffentlichen Mitteln , für welchen Zweck

diese

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Diese Zuwendungen auch bestimmt sein mögen . 6. Prof. Junkers und die Junkers Flugzeugwerk A. G. sind verpflich-

tet, das Reich von den in ihrem Interesse übernommenen Zahlungs- verpflichtungen jeder Art zu befreien .

7. Falls die Junkers Flugzeugwerk A. G. oder falls die Herren Staben , Hille , Heinemann , E.O. Müller , Dr. Kilian , Dr. Herge- sell , Junge und Eggers aus Anlass der Äußerung in der Aktien- beteiligung das Angestelltenverhältnis bis zum 1. März 1927

lösen – wozu den genannten Herren das Recht einzuräumen ist – so ist dem oder den Ausscheidenden eine Abfindung zu zahlen.

Die Abfindung entspricht bei den drei ersten Herren einem Ge- halt für die Dauer von 18 Monaten, bei den nächsten drei Herren einem solchen für die Dauer von zehn Monaten , bei den letzten zwei Herren einem solchen für die Dauer von 6 Monaten . Die ist

bis zum 31. Dezember 1926 für jeden Herren bei einer ihm ge- nehmen Bank auf ein Sperrkonto einzuzahlen , von dem die Beträ- ge im Falle eines Ausscheidens abgehoben werden können . Soweit bis zum 1. März 1927 ein Ausscheiden nicht erfolgt ist, fällt die freie Verfügung über das Konto an die Junkers Flugzeug- werke A. G. zurück. Die Junkers Flugzeugwerke A. G. verpflichtet sich , nach dem 1. März 1927 ein Kündigungsrecht aus den Änderungen in der Aktien- beteiligung gegenüber einem der vorgenannten Herren nicht her- zuleiten. Falls die genannten Herren Werkswohnungen inne haben , darf

Ihnen die Wohnung bis zum 31. Dezember 1927 nicht gekündigt werden. IV. 1. Unter Reichsstellen im Sinne dieses Vertrags ist zu verstehen : sämtliche Reichsministerien und deren nachgeordnete Stellen

sowie

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- 5 - sowie die vom Reiche abhängigen Gesellschaften . 2. Das Reich wird für die Ausführung des vorstehenden Vertrages

durch den Reichsverkehrsminister vertreten.

gez. Dr. Krohne.

---------------------

Abschrift übersende ich zur gefälligen Kenntisnahme.

gez. Dr. Krohne

An die Junkers Flugzeugwerk A.G. Dessau ,

z. Hd. des Herrn Dir. Staben ,

Herrn Reichsminister a. D. von Schlieben , Präsident des Landesfinanzamts Magdeburg , Oranienst. 1 . , Herrn Generaldirektor Oberbaurat a. D. Heck , Dessau, Dr. Boetzkes , Direktor der Bank für Industieobliga-

tionen, Berlin, Alte Jacobstr. , Geh Reg. Rat Min.Rat a.D. Dr. ing. v. Buttlar , . Vereinigte Aluminium–Werk A.G., Berlin/Französischestr. 55-56 Geh.Reg. Rat Lück, Vereinigte Aluminium–Werk A.G., Berlin/Französischestr. 55-56 Dr. Kuhlenkampf , M.d.R., Magdeburg, Askanischer Platz 1, Thomas Brown, Berlin, W 10, Viktoriastr. 33 Geh.Reg.Rat Dr. Quaatz, M.d.R., Berlin W 1o, Hohenzollernst. 1 Fabrikanten Dr. Wieland, M.d.R., Ulm (Donau ,’ utorstr. 7 Syndikus Dr. Mittelmann, M.d.R., Berlin, NW 23 , Händelstr. 13 Fabrikanten Dr. h.c. Florian Klöckner, M.d.R., Löttrinhausen (Kr. Hörde) Gewerkschaftssekretär Ersing, M.d.R., Karlsruhe (Baden), Klauprechtst. 27 Stücklen, Redakteur, M.d.R., B.- Steglitz, Lenbachstr. 6a.

Zusatz für Junkers : Zwei weitere beiliegende Stücke bitte ich den Vertretern der

Arbeiter und Angestelltenschaft im Aufsichtsrat zu übergeben. ----------------

Der Reichsverkehrsminister Berlin , den 24. Dezember 1926 I. Ia/1188 / 26 g. II. Ang.

Streng vertraulich ! Abschrift beehre ich mich zur gefälligen Kenntnis-

nahme zu übersenden . gez. Dr. Krohne An das Auswärtige Amt . H105511

Daniel Stücklen [3o.4. 1869 -13.3.1845], freirelig., SPD, SD – erfasst / n. Lilla, 1992

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Abschrift zu II 0 5846 Anlage II) Ausführungsprotokoll zu dem von Herrn Professor Dr. ing. Junkers und der Junkers Flugzeugwerk A.G. angenommenen Angebote des

Reichs vom 2o. Dezember 1926 .

In Ausführung des Angebots der Reichs vom 2o. Dezember

1926 sind sich beide Parteien in folgendem einig : zu I des Angebots : Mit den in der Ziffer genannten Verträgen ist der gesamte aus Anlass der Sanierungsaktion vom Oktober 1925 zwischen den Parteien geschlossene Veragskomplex gemeint. zu II und III des Angebots : 1) Für die in II, 1 bezeichnete Generalversammlung reicht es aus , wenn am 28. Dezember 1926 in Berlin eine Generalversammlung stattfindet , in der sämtliche Aktien vertreten sein werden und für die beide Parteien auf Ein- haltung von Förmlichkeiten , soweit gestzlich zulässig , ver- zichten . Diese Generalversammlung wird über folgende Tages- ordnung Beschluss fassen :

a) Berichterstattung des Vorstandes und Aufsichtsrates b) Erteilung der Entlastung an den Vorstand und die Mit-

glieder des Aufsichtsrates für ihre bis zur General- versammlung ausgeübte Tätigkeit.

2) Professor Junkers und die Junkers Flugzeugwerk A. G. haben die von ihnen übernommenen Verpflichtungen grundsätzlich

sofort vorzuleisten , soweit nicht in dem Angebot besondere Fristen vorgesehen sind und soweit nicht in den nachfolgen-

den Absätzen dieser Ziffer 2) ein anderes bestimmt ist . Das

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- 2 -

Das Reich erklär sich bereit , um Professor Junkers und der Junkers Flugzeugwerk A. G. die pünktliche Erfüllung der von ihnen übernommene Geldwertleistungen zu ermöglichen , Zug um Zug gegen die Erfüllung darunter III , 1 und 7 be- zeichneten Leistungen seinerseits folgende Leistungen zu

bewirken : a) die unter II,2 III , erwähnten Leistungen zu erfüllen , b) die Aushändigung der dem Reiche gehörigen nom. 7 Millio- nen Reichsmark Vorzugsaktien bezw. Interimsscheine der Junkersflugzeugwerk A. G. an Professor Junkers oder an dessen Order unter der Bedingung vorzulegen, dass vorher in der am 28. Dezember 1926 stattfindenden Generalversammlung einstimmig die Entlastung der Mit- glieder des Aufsichtsrats und Vorstandes beschlossen wird.

Die Professor Junkers und der Junkersflugzeug A. G. gemäss III, 6 obliegenden Verpflichtung zur Befreiung der Reichs-

stellen von deren Zahlungsverpflichtungen ist mit der Massgabe zu er füllen , das die Befreiung bis zum 31. Januar 1927 erfolgt sein muss . Zur Sicherung der Forderung des Reiches

auf Befreiung übereignet Professor Junkers bezw. Junkers– Flugzeugwerk A. G. an das Reich drei Grossflugzeugemit Motoren, jedoch ohne Reservemotoren , über die von Professor Junkers bezw. der Junkersflugzeuwerk A. G. bereits gemäss III , 2 zu übereignenden oder übereigneten 12 Grossflugzeuge hinaus ; das Reich ist berechtigt , diese 3 Flugzeuge auch an Dritte zur Sicherung weiter zu übereignen . 3) Die in Ziffer III,1 und III,7 bezeichneten , bis zum

31.

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- 3 -

31 Dezember 1929 fälligen Leistungen sind mit Rücksicht darauf , das der 31. Dezember als Feiertag gilt , spätestens am nächstfolgenden Werktage , dem 3. Januar 1927 , zu bewirken.

4) Die unter III,2 erwähnte Auswahl des Reiches wird bereits bis zum 15. Januar 1927 erfolgen , unter der Voraus- setzung, dass die Junkers Flugzeugwerk A.G. und die Junkers- Motore G.m.b.H. eine vollständige Liste das bei ihnen vor- handenen Geräts bis zum 3. Januar 1927 dem Reichsverkehrs- ministerium übermittelt haben.

Unter den in III,2 Schlussatz , bezeichneten Grossflugzeugen sind Grossflugzeuge mit L 2 Motoren zu einem Gesamtstück- preis von 260 000 RM zu verstehen.

5) Die unter III,3 bezeichnete Liste der in Angriff genommenem Arbeiten und erteilten Aufträge , welche das Reichs- verkehrsministerium bereits am 23. Dezember 1926 mittags 12 Uhr überreicht hat , wird diesem Protokoll als Anlage

beigefügt.

6) Die unter III,6 erwähnten Zahlungsverpflichtungen betreffen eine im Interesse der Junkers–Flugzeugwerke A. G. von der Junkers Luftverkehr A. G. gegenüber der Bayerischen

Staatsbank eingegangene Zahlungsverpflichtung in Höhe von 500 000 RM nebst Zinsen und eine vom Reichsverkehrs-

Ministerium im Interersse der Junkers Flugzeugwerk A. G. gegenüber der allgemeinen Elektrizitätsgesellchaft A. G.

eingegangene Zahlungsverpflichtung in Höhe von 48 000 Reichsmark nebst Zinsen.

7)

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- 4 --

7) Bei Berechnung der unter III,7 bezeichneten Abfindung sind die den Herren vetragsmässig zustehenden Tagegelder

ausgeschlossen .

Das Reich wird darauf hinwirken , dass die unter Ziffer 7 , Absatz 2 erwähnte , der Junkers Flugzeugwerk A.G. auferlegte Verpflichtung , aus der Änderung in der Aktienbeteiligung ein Kündigungsrecht nach dem 1. März nicht herzuleiten , auch von den Herren selbst übernommen wird .

Das in Ziffer 7, Absatz 3, ausgesprochene Kündigungsver- bot soll nicht dazu führen , dass die genannten Herren länger als ein Monat 2 Wohnungen innehaben oder die Werkwohnung weiter vermieten .

Zu IV des Angebots :

Aus IV , 1 in Verbindung mit III, 5 1. Satz ergibt sich, dass im Verhältnis zwischen der Junkers Flugzeugwerk A. G. und der Junkers Luftverkehr A. G. ein etwaiger Saldo als er- ledigt gilt, soweit sich nicht aus III, 6 in Verbindung mit Ausführungsprotokoll zu II und III, Ziffer 6, ein anderes ergibt.

Schlußbestimmung : Soweit etwa durch den Vertrag einschließlich dieses Aus- Führungsprotokolls und deren Ausführung Steuer– und Stempel–

Gebühren erwachsen sollten , werden sie von Prof. Junkers und der Junkers Flugzeugwerk A. G. getragen . gez. Dr. Krohne -------------------

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Handakten Berlin , den 10. Februar 1927 . Streng geheim ! Euer Exzellenz übersende ich anliegend ergebenst einen an den Volkskommissar Herrn Joffe gerichteten Brief des Herrn Reichsfinanzmininsters a. D. von Schlieben ; der Brief wurde mir vom Staatssekretär des Reichsverkehrs- ministeriums im Auftrage von Herrn von Schlieben mit der Bitte übermittelt ,’’ ü ’’ ’’ ’ ung des Briefes an den Adressaten Sorge tragen zu wollen . Durch die Kabinetts- krise und verschiedene andere Erwägungen sei eine frühere Absendung des Briefes unmöglich gewesen .

Euer Exzellenz bitte ich, die Aushändigung des Briefes gegen dessen Inhalt hier keine Bedenken bestehen , veran- lassen zu wollen.

Ihrem Ermessen stelle ich anheim, der Sowjetre- gierung bei dieser gelegenheit Mitteilung zu machen , daß gemäß einem kürzlich mit Professor Junkers geschlossen-

nen Abkommen ein bisher dem Reiche gehörendes Aktienpaket der Junkers–Flugzeugwerk A.G. in Dessau an Herrn Professor

Junkers Z. H. dem Deutschen Botschafter Herrn Grafen Brockdorff-Rantzau, persönlich Deutsche Botschaft, Moskau . Durch Kurier (Doppelumschlag)

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- 138 -

(2)

Junkers verkauft wurde. In Verfolg diese Aktienverkaufs hätten die auf Veranlassung des Reiches im Aufsichtsrat tätigen Mitglieder, darunter auch der Reichsminister a.D. von Schlieben , ihre Ämter niedergelegt. Desgleichen seien die auf Veranlassung des Reiches in der Firma tätigen Be- amten , unter anderem die Vorstandsmitglieder Direktor Staben und Heinemann aus den Diensten der Firma ausgeschieden. Die Reichsregierung gebe der Hoffnung Ausdruck , daß die durch Herrn Reichsminister a.D. von Schlieben eingeleiteten und von Herrn Heinemann fortgeführten Verhandlungen mit den verschiedenen Behörden der U.d.S.S.R. auch unter den veränderten Verhältnissen fortgeführt werden würden.

(I. R. St.S.) Das zweite Expl. (H105519 & 105520) unterscheidet sich vom Vorliegenden durch die Adressenzusätze : bzg. Brief an den Volkskommissar der U.d S.S.R. Herrn Joffe (1b.)

& Herrn V.L.R Frhr. v. Richthofen z. gfl. Miteilg. auf der ersten Seite, wie dem gesperrten Zusatz :

sofort 1 im Bf.-Kopf, rechts.

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o.O. IV Ru 1385 Handakten

V e r m e r k :

Herr Staatssekretär von S c h u b e r t übergab mir kurz vor seiner Abreise das an ihn gerichtete Schreiben des Herrn Botschafters Grafen Brockdorff-

Rantzau mit dem Auftrage , Herrn Staatsekretär G u t b r o d vom Reichsverkehrsministerium von seinem Inhalt zu benachrichtigen . Das Schreiben des Botschafters betrifft die Weitergabe eines Schreibens des Reichsfinanzministers a.D. von S c h l i e b e n an Herrn J o f f e , betreffend die Junkers–Verhandlungen in Moskau . Hiermit Herrn Ministerialdirekor Wallroth

Herrn V.L.R von Richthofen

Herrn V.L.R. Lütgens zur gefälligen Kenntnis , sodann zu den Akten IV Ru.

Berlin , den 7. März 1927

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Abschrift . Der Deutsche Botschafter Moskau, den 24. Februar 1927 . Euer Hochwohlgeboren beehre ich mich auf das ge- schätzte Schreiben vom 1o. Februar mitzuteilen . das ich von einer Weitergabe des Briefes des Herrn Reichs- finanzminister a. D. von Schlieben an Herrn Joffe aus nachstehenden Gründen Abstand nehmen zu sollen ge- glaubt habe . Erstens hat Joffe vor einiger Zeit krankheitshalber einen längeren Urlaub ins Ausland angetreten , und zweitens erfuhr , seitdem Herr von Schlieben seinen Brief entwarf , die in Frage stehende Angelegenheit eine Wendung , die mir die Weitergabe be- denklich erscheinen lässt .

Die Verhandlungen , die der Vertreter von Professor Junkers zur Zeit hier vollführt , vollziehen sich nämlich in Anknüpfung an die Verhandlungen des Herrn Heinemann auf einer analogen Basis und nehmen bisher einen zu- friedenstellenden Verlauf . Daher könnte im gegen-

wärtigen Stadium der Inhalt des Schreibens des Herrn Reichsfinanzministers a.D. von Schlieben , besonders

mit Rücksicht auf die meines Erachtens vom deutschen Standpunkte nicht wünschenswert erscheinenden darin er- wähnten Einzelheiten , von russischer Seite missverstan- den zu werden und den Verlauf der Verhandlungen ungünstig beeinflussen .

Ich bin sicher , dass Euer Hochwohlgeboren unter Be- rücksichtigung dieser Sachlage meine Entscheidung billi- gen und bitte , den Herren Reichsfinanzminister a. D. von Schlieben gegebenenfalls entsprechend verständigen lassen zu wollen . gez. Brockdorff-Rantzau

- - - - -

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Handakten # 9.3. (hs.)

G e h e i m ! o. o. IV Ru 1506 Nachdem ich den Brief des Herrn Botschafters Grafen Rantzau an den Herrn Statssekretär im Reichsverkehrsministe-

rium Gutbrod , betreffend Nichtweitergabe des Schlieben Briefes an Herrn Joffe weitergeleitet hatte , rief mich

gestern Herr Reichsminister a.D. von Schlieben an. Er war sehr erregt über die Antwort des Botschafters und sagte , er müsse darauf bestehen, das sein Brief an Herrn Joffe weiter gegeben würde , des es würde von allen Seiten ein Kesseltreiben gegen ihn veranstaltet ; die Rolle die er im Auftrage des Reiches bei der Sanierung von Junkers gespielt

habe , werde in ein falsches Licht gerückt. Er werde gegen diese Machenschaften in der Öffentlichkeit energisch

Stellung nehmen und des sei ihm ganz gleichgültig , wenn es dabei auch zu einem grossen Krach käme. Der Brief an Herrn

Joffe habe dem Zweck dienen sollen, seine Rolle , die er bei der Moskauer Mission in der Junkers–Angelegenheit ge- spielt hätte , klar zu stellen , um alle etwaigen Mißdeutungen

auszuschalten . Es sei ihm unerfindlich , dass der Herr Botschafter , mit dem er doch seinerzeit im engsten Einver-

nehmen gearbeitet habe , nun auf einmal wieder die Partei von Junkers zu ergreifen scheine .

Ich erwiderte Herrn von Schlieben , eine Parteinahme zu Gunsten von Junkers sei vom Botschafter zweifellos nicht beabsichtigt

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- 2 - beabsichtigt gewesen ; dieser habe es wohl nur für in-opportun gehalten , in diesem Stadium der Sache einen Vertreter der

Sowjetregierung noch einmal mit der Angelegenheit in so ausführlicher Weise zu befassen und so die Diskussionen über eine abgeschlossene Episode wieder zu eröffnen . Jeden- falls wäre ich sicher , dass die Antwort des Grafen Rantzau mit der Entwicklung der Junkers–Angelegenheit in Deutsch- land in keinem Zusammenhang stünde. Herr von Schlieben beruhigte sich etwas und sagte , er bäte aber doch , seine Auffasung dem Grafen Ratzau mit- zuteilen ; er selbst gehe mit dem Gedanken um , an Herrn Joffe unmitelbar zu schreiben . Ich sagte zu, dass ich seine Mitteilungen an den Herrn Botschafter weiterleiten werde . Hiermit

Herrn V.L.R. Lütgens

Herrn V.L.R. von Richthofen

Herrn V.L.R. Forster

Herrn Ministerialdirektor Wallroth

Herrn Staatssekretär von Schubert p.r. - mit 1 Doppel - zur gefälligen Kenntnis ergebenst vorgelegt . Berlin , den 11. März 1927

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I n h a l t . Gaus– Fromageot . 25 . 5 . 1926 – 7. 6. 1926 12. 5. 26 Brief Fromageot an Franz. Regierung betr. Bedeutung des deutsch–russischen Wirtschatfs - Vertrages . 4. 6. 26 Schreiben des Herrn R.M. an den franz. Botschaf-

ter betr. friedlichen Charakter des deutsch– russischen Vertrages .

5. 6. 26 Pressetelegramme aus Paris be. Äusserungen Briandes im Senat über den deutsch– russischen Vertrag. Die Schreiben vom 4. & 5. 6. 1926 wurden nicht reproduziert, da mit Bezug auf das vom 12. 5. 26 & informationell

redundant .

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Ganz geheim Abschrift .

’’ une lettre adresée par M. Henri Fromageot à son Gouvernement . GENEVE LE 12. MAI 1926 . (hs.)

Conformecent au désir que vous ’ expricè , j saisi upati ’’’ premiere rencontre privée avec mes col-

lègnes britanniques et Allemand pour entretenir ce dernier du traité Germano – Russe . Monsieur GAUS savait la surprise , l on défavo-

rable et les apprehènsions que la conclusion de ce traitè avaient provoquées généralement en Europe et particulièrement en France. Il ’ ’’dit être très heureux de pouvor se donner

officieusement toutes les explications que je croirais devoir lui desander sur le sens et la porté ’’’ ’’’’ ’’’ a lui

même rédigé ; il a ajouté q ’ ’’ ’’’ èrement auto- risé par M. STRESEMANN .

Mon collègue Alemand ’’ ’’’ ’’’ ’’’ ’’ ’’’ CECIL HURST ’’ ’’ ’,’’ historique de ce traité qui ètait de- puis plusieurs sois en négociation et qui a pour origine la prétention Russe laquelle on d ’ ’ dans la Sociètè des Nations entrainerait la rupture des bonnes relations Germano–Russe , l ’’ ’’ettant à la merci

une politique occidentale anti–sovjètique ; une pareille rup- ture eût ètè sévèresent condamn ’’’ ’’’’ ’’ ue Alle-

mands . Le gouvernement soviètique ait fort longtemps à accep- ter les pricipes du traitè actu ,’’ ’ ’ ’’ écidé peu à peu. De son côté le Gouvernement Allemand appréhendait de signer ce traitè après être rentré dans la Société des Na- tions par crainte de vor mal interpréter cette signature don- née au lendemain de son admission mais á le suite des circon- stances de sois de Mars dernier elle y a procédé dès mainte- nant.

une

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- 2 -

une façon générale et ne servant des termes mêmes des questons qu ’’’ ’’ ’’ ’’ uvernement f ç ’’,’’

exposé à M. GAUS qu ussi bien comme membre de la Société des Nations que comme signataire des actes de Locarno nous nous croyions fondés à demander au Gouvernement allemand l - rance q ’’ ’’ ’’ ’’ , vis–à–vis de nous , de son accord avec la Républiqu ’’ ’ ’ ’’’ ’’ ’ engagements qu ’’’ ’’ ’’ ’’’ ’’’ ’’ ’’ ux qu ’’ - tractera par son entrèe dans la Sociètè des Nations. À cet égard M. GAUS ’’ u affirmativement de la façon la

plus nettes Naturellement ,’ –t–il dit , „ cela va de soi .

Comment pourrait –on imaginer le contraire ? Juridiquement , u ’’,’’ ’’ ’’ ’– il pas pour vous comme pour les

autres Membres de la Société des Nations une : Res inter alios acvta .

Nous avons ensite relu avec son différents ar- ticles du traité et le texte de la lettre remise par M. STRESEMANN ’’’ Ambassadeur soviétique á Berlin , mon collégue allemand nous explicant comme il su ’’ ’’,’’’ ’’ et la portée de chaque stipulation .

Les deux premier articles (contact amical , neutralité) sont inspirés des formules adoptées par les traités actuelle-

’’ ’’’ ’’ ’ Etats Membres de la Société des Nations , notamment le traitè italo–serbe , le traiè de la Tchèco-slovaquie ’’’ ’’ ’’ ’’ és de la pe- tite Entente . ’’ ’’ ’ ’’ ’’ ’ ’ lettre de M. STRESEMANN ’ autre chose en vue ni un autre but que le maintien de relations amicales ente les deux pays et la règlement des affaires (Auseinandersetzung) sur la base qui concerne âllemagne , des obligations résultant du Pacte de la S. d. N.

Quant

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- 3 -

Quant à la neutr ’’ ’’’ ’’’’ ’’ ’,’’’’ est expresssément subordonnée à la conditio ’’ ’’ ’ non provoquée contre la Russie . On trouve des stipulations analogues dans les traités ci–dessus rappelés et également dans le préambule du traité de commerce de 1922 entre la Russie et Tchécho– .’’ ’’ agression non

provoquée avait donnè lieu à des objections de la part des

négociateurs soviétiques . Selon ceux-ci cette expression laissait s ’’ ’’ U. R. S. S. provoquerait une agression . Quoi qu on puisse dire de cette singulière pensée il y a été satisfait par les mots à certains égards plus larges malgré son attitude pacifique

’ 3 (non participation à une action coercitive économiqu ’’ ’’’ ’’ usivement applicable que dans le cas oứ la Russie serait attaquée sans provocation ou

lorsqu ’ ’’ ’ ’ ’’ ’’ lit armé . Or, il suffit de lire ’’ ’ ’’ ’ ’,’’ èe 7 , du Pacte pour con- stater q ’ ’ ’,’’ ’’ ’’ ’’ ’’ ’ -

plication et que, ’ ’,’ ’ ’ ’ ’ ien porté atteinte. Quant à la référence faite par M. STRESEMANN à la lettre de Locarnw, cette référence ne dit absolument rien de

plus que cette lettre měme ; le Ministre allemand des Afaires Etangéres se borne à y renvoyer. Quels q ’’ ’ être les disco ’,’ ’’ uement cette lettre qui peut faire foi entre le Gouvernement allemand et les puissances signatires

des accords de Locarno; les obligations rés ’’ ’ - lemagne de ’ 16 du Pacte ne sont en roen altérées. Aussi bien la lettre de M. ’ ’’ ur Soviétique constitué une série de réponses à des questions posées ’’ U.S.S.R. toujours sur ce même sujet : Est-ce que ’’ ’’ ’ ’ ’ .d.H. ’’ ’’un obstacle à la conclusion du traite avec les soviets? Est-ce que , une

’’ ’ ’’ ’ . . .’’ ’’ne se trouvera pas obli- gée H 1o5531

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gée malgré elle par les opinions des autres puissance et par les décisions du Conseil décident qu ’’ U.S.S.R. est

aggresseur ?

Il est exact que le Gouvernement allemand à expliquè au Gouvernement soviétique qu ’ ’’ ’’ ’ uvait entrainer u ’ ’ ’ ’ le consentement de celle-ci. ’ ’’ ’’ ’ ’ ésolution ’ ’’ u 27 Septembre et du 4 Octobre 1921. Rien ne permet de dire que ’’’ ’’ ’ ’ -à-vis des soviets à refuser son adhésion à un vote ’ ’ uèe . Pourquoi , à ajouté M. GAUS , nous prêter de semblables intentions qu

pourrait tout aussi bien prêter dans une sens ou dans un autre,

à chacun des membres du Conseil . Le „contact amicale„ , comme

il a ètè dit plus haut , repose au contraire sur la base du maintain de la paix générale et sur le respect , en ce qui con- ’ ’,’’ ’’ ’ u Pacte de la S. d. N De toutes ces explications il résulte que , dans la pen- sée de M. GAUS , ce traité qu ’’ ’ ’’ ’ ui a causé tant ’,’ ’ ’ ’,’ ’ ôté du maintien de rela- ’’ ’,’ ’ entre le Russie et l Allemagne , aucun change- ment à ce qui existerait si le trait ’ ’ ’ ’ u.

Assurément la question de sàvoir ’ ’ ’’ u non agres-

sion non provoquée est une question qui laisse éventuellement

la porte ouverte à mille discussons, mais de cela le traité germano-ru ’’ ’’ ’’ ’,’ ’’ ’’ ui-même sinon la nature des choses . ’’ ’’ ’ ’ é nulle-

’ ’’ ’’ ’’ ’’ ’ ’ ’à se soustraire à aucune des obligations résultand du Pacte de la S. d. N. ou des accords de Locarno, mais encore il s ’ ef- forcé et croit pouvoir dire que le traité conclu avec les soviets ne saurait en quoi que ce soit être interprété comme

y portant atteinte. H1o5532 M.

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- 5 -

M. GAUS , à qu ’ ’’ connaissance de ce compte rendu de notre entretien ,’ ’’ ’’ ’’ ’’ ’’ ’’ - timent , étant bien etendu que ces explications ne saussaient être présentues comme des déclarations destinées à la publi- cité ; car de telles déclarations ne manqueraient pas , selon ’,’ ’ ’ ’ ’ ’ ’ à

’,’’ ’’ ’’ ’ ’,’’ ’’ ’’ uses parfaitement inopportunes.

Je communique verbalement , à titre privé , à mes col- légues belge, polonais et italien , et ’’ ’’ ’’’ -

présentant Tchécoslavaque , la substance de ces explications ’’ .’ ’’ ’ ’ ’’ out disposé à donner à ceux-ci dans les mêmes conditions. /. H1o5533

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Abschrift . Berlin, den 29. Mai 1926 c.o.R.M. 998 Deutsche Botschaft R o m .

Nr. 172 Tel. i. Ziff. ( geh. Ch. Verf. ) Mit Beziehung auf diesseitiges Telegramm Nr. 156. Jm Hinblick auf die in gestriger Rede Mussolinis enthaltenen Ausführungen über deutsch-russischen Vertag möchte ich zu Jhrer Jnformation darauf hinweisen, daß im Anschluß an Genfer Bespreche- ungen zwischen Gaus und Fromageot ähnliche Besprechung auch mit Italienischem Justitiar Pilotti stattgefunden hat. Dieser führte Besprechungen mit der Begründung herbei, daß er dazu telegraphischen Auftrag von der Consultà erhalten habe. Bei Besprechung ergab sich volle Übereinstimmung darüber, daß deutsch-russische Abmachungen mit Locarno und Völkerbund nicht im Widerspruch stehen.

Jn diesen Tagen ist Französischer Botschafter hier unter Ueberreichung Berichts Fromageots vorstellig geworden , um offi- ielle und schriftliche Bestätigung zu extrahieren , daß die im Bericht niedergelegten Erläuterungen von Gaus der Auffassung der Deutschen Regierung entsprechen. Obwohl das in jeder Beziehung der Fall ist, möchten wir doch vermeiden , formelle schriftliche Er-

klärung über Russenvertrag abzugben, zumal da Französische Re- gierung beabsichtigt , diese Erklärungen auch anderen Locarno- mächten mitzuteilen. Voraussichtlich wird Demarche Französischen Botschafters durch Privatbrief Reichsministers erledigt werden,

über den zur Zeit noch mit Kergerts(?) verhandelt wird. Sollte sich dort passende grch elegenheit bieten, so könnten Sie,

ohne Demarche Französischen Botschafters zu erwähnen , darauf hin-

weisen ab 1. 5. 11.5o w. z. V.

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weisen, daß durch Unterhaltungen zwischen Gaus und Pilotti Jta- lienische Regierung doch alle in Betracht kommenden Aufklärungen über Tragweite deutsch-rusischen Abmachungen erhalten habe. Köpke . Stresemann . H1o5544

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Abzeichnungen & Randbemer-

kungen , sowie ein 15-stelliger

Verteiler / Bez. Expemlar : 9

T e l e g r a m m ( Geh. Ch. V. ) London, den 21. Mai 1927 6 Uhr 5 Nm. Ankunft, 21. ’’’’’ 19 ’’ Nr. 366 vom 2o. 5. Anschluß an 359. Ich aufsuchte Tyrell zuerst gestern, dann heute und bat um nähere Mitteilung über das Ergeb- nis der englisch-französischen Besprechngen. T. , dem die Frage nicht sehr gelegen kam, ant- wortete,daß besondere konkrete Abmachunge getroffen seien, daß er aber Briand sehr ruhig und vernünftig und bereitwillig gefunden habe,

daß Briand aber grössten Schwierigkeiten in Frankreich ausgesetzt sei. Diese Schwierigkeiten

wären durch die Haltung Deutschlands in letzter Zeit stark gewachsen, namentlich der Stahlhelm- Tag mit seinen Demonstrationen , die kriegeri- schen Geist atmeten, haben verstimmt, ferner die Art und Weise wie Deutschland seine Forderungen in Paris geltend gemacht habe. Ich entgegnete ihm, dass der Stahlhelmtag vollständig überschätzt und verkannt sei.

Stahlhelmleute hätten ihren Sinn für Ruhe und Ordnung bewiesen und hätten sich zur

Republik bekannt , im Übrigen sei der Tag eine Art Oeffnung eines Sicherheitsventils f gewesen, seine Unterdrückung hätte inner- politische Schwierigkeiten und ein Wieder- aufleben überpatriotischer Stimmungen nach sich H1o5574

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- 2. -

sich gezogen. Wenn er mit den Forderungen in Paris die Verhand-

lungen über Truppenreduktion im Rheinland meine, was er be- jahte, so müsste ich sagen, dass ich seinen Standpunkt nicht ver-

stände , denn es handelte sich um ein Recht Deutschlands , das ihm ausdrücklich zugesagt sei. T. entgegnete, dass es sich keineswegs

um eine Vertagung auf den griechischen Kalender handele und dass die Erfüllung kommen werde, aber es bestünden große Widerstände von Seiten des Militärs und Geduld sei nötig . Hier wurde die Unter- Redung abgebrochen. Bei ihrer Wiederaufnahme zurückkam ich auf erhobene Beschwerden, worauf T. sich dagegen verwahrte , dass er englische Beschwerde erhoben habe. England sei in dieser ganzen Sache nichts weiter als honest broker . Wir besprachen dann ein- gehend die Frage der Reduktion der Truppen, und der Zerstörung der Ostfestungen. T. zustimmte mir , dass beide Fragen miteinan- der nicht in Zusammenhang stünde. Nichtsdestoweniger hielt er es für nützlich ( expedient ) in der der Festungen nachzugeben. Dagegen einwandte ich , dass das eine kaum hinzunehmende Demüti- gung Deutschlands bedeute , denn der Anspruch auf Verringerung der Truppen sei einwandfrei und bedingungslos , während die Kon- trollfrage im allerungünstigsten Falle eine ungeklärte Streitfra- ge sei, deren sichere Lösung sich aus dem Wortlaut des Abkommens nicht ergebe. T. nickte Zustimmung , ich fortfuhr , dass ein Nach- geben Deutschlands Wasser auf die Mühlen der Nationalisten be- deute und gerade solche Stimmungen auslöse , die Frankreich un- terdrückt zu sehen wünsche . T anerkannte auch das , beharrte aber bei seinem Rat . Er hinzufügte , das die Haltung Frankreichs aus Angst zu erklären sei. Trotz der Entwaffnung Deutschlands sei Frankreich H1o5575

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- 3 - Frankreich sich seiner Schwäche bewußt . Meiner Entgegnung , dass die einzige Lösung dieser Situation darin bestehe , dass Frank- reich sich zu einer vernünftigen Politik gegenüber Deutschland

entschließe, zustimmte er vollkommen. Sachlich erzielte ich aber keinerlei Erfolg. Ich aufwarf darauf die Frage, was geschehen solle wenn ein Teil nachgebe , erhielt aber keine Antwort , ich ver- wies darauf , dass notwendigerweise die Handelsvertagsverhand-

lungen Deutschlands und Frankreichs darunter leiden und dass auch zu befürchten sei, dass die Beziehungen zwishcen Deutsch- land und Frankreich ungünstig beeinflußt werden könnten; T. gab zu erkennen , daß er dem beipflichtete , vermied aber die in Berlin gemachte Demarche zu erwähnen.

Ich fragte endlich , ob es eine Bedeutung habe, dass in dem offiziellen Communiqué nichts von Locarno erwähnt sei. T ver- sicherte hoch und heilig , dass davon keine Rede sein könne. Es verstände sich von selbst, daß Chamberlain und Briand von dieser

Politik weder abweichen wollten, noch könnten. Locarno sei aber so oft und so zum Überdruß früher erwähnt worde, dass es gut sei, wenn es einmal nicht berührt sei. In der Sache selbst sei nichts geändert. Er könne mich nochmals versichern, dass nichts Konkretes abgemacht sei.

Mein Eindruck von der Unternehmung war sehr ungünstig. Nach meiner Überzeugung hat England Frankreich gegenüber eine Art Desinteressement in deutsch-französischen Angelegenheiten er- klärt , vermutlich gegten Konzessionen auf anderen Gebieten . We- nigstens glaube ich nicht , dass auf irgendeine Hilfe von England gegenüber Paris zu rechnen ist. Ich stehe auch unter der Em- pfindung H1o5576

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- 4 - pfindung , dass die Locarno-Politik einen starken Stoß erlitten hat,. Ob diese Haltung Englands zum Teil dem Zwecke dient, auf Deutschland einen Druck auszuüben , um es für die englische anti- russische Politik gefügiger zu machen, habe ich bei dieser Ge- legenheit nicht feststellen können. Der Gedanke , dass dem so ist, liegt aber nahe.

Die russische Frage wurde nur ganz kursorisch berührt, was angesichts der Tatsache, dass die Regierungerklärungen noch in Vorbereitung ist , sich von selbst versteht. T. bezeichnete die Sachlage als ernst und hinzusetzte , dass die Russen trotz aller Warnungen unbeirrt ihre Versuche, sich in englische Angelegen-

heiten einzumischen, fortgesetzt hätten. Auch hätten sie niemals gegebene Zusagen gehalten. Meine Frage, ob danach mit einem Bruch

zu rechnen sei, beantwortete er weder mit ja noch mit nein, son- dern wiederholte, dass die Situation sehr ernst sei. Sthamer . H1o5577

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Schwer lesbare

Randbemerkng.

& 18 – stelliger

Verteiler

Telegramm ( Geh. Ch. V. )

London, den 24. Mai 1927 18 Uhr 45 Ankunft : 24. ’’’’’’’’’ ’’’’’ 19 -----

Nr. 375 vom 24. 5. Anschluß an Nr. 331 und folgende für stellver- tretenden Staatssekretär persönlich Erfahre vertraulich von einer dem Foreign Office nahestehenden Persönlichkeit , daß Bri- tische Regierung nach erfolgtem Abbruch mit dem Beginn einer starken ’ ’ gegen Rußland rechne. Italien habe gestern hier erklären lassen , daß es bereit sei, an einer

solidarischen Blockade teilzunehmen und habe durchblicken lassen , daß es evtl. später auch

zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen be- reit sei . Dies habe Chamberlain noch gestern Franzosen mitgeteilt und gewissen Eindruck er-

zielt. Sondierung Vereinigter Staaten durch Entsendung eines britischen Kabinettsmitglieds

werde erwogen . Der russischen Randstaaten glaubt man schon jetzt sicher zu sein ; auf Po-

len habe man sogar etwas dämpfend einwirken müssen. Deutschlands Haltung sei von größter Bedeutung ; Frage seiner Teilnahme an

- scher Blockade ’’ ’’ ’’ ä ’’ tagung

in Genf vorsichtig angeschnitten werden. Sthamer .

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Verteiler 1 – 13

Anmerkg.:Herge-

stellt in 13 Expl.

Dies ist Expl. Nr.2

IV Ru 3188 [ hs. erg.] Telegramm . Bern, den 25. 5. 1927 14 Uhr 2o Min Ankunft : 25. 5. 1927 17 3o Auswärtig Berlin. Nr. 72 Berner Tageblatt über Bruch zwi- schen England und Rußland : In Europa wird sich neue Lage am stärksten bei Nachbarn Sowjetrußlands auswirken : Rumänien und Polen sowie baltischen

Randstaaten . Mussolini legte früher großen Wert auf gute Beziehungen zu Sowjetrussland . Gründe hierfür bestehen fort , es wird sich gerade jetzt zeigen wie weit Italien imstande ist eine von England unabhängige Politik zu treiben . Wird sich neue Lage am schärf- sten bei Nachbarn Rußlands auswirken , so kommt Deutschland durch sein schwierigste Lage . Deutschlands geo- graphische Lage schreibt ihm vor weder eine Politik die mit Westen gegen Ruß-

land geht , noch eine solche die mit Rußland gegen Westen geht , zu befolgen. Gefahr bestand schon beim Abschluß der Verträge von Locarno , daß Deutschland in eine Offensivfront gegen Rußland eingespannt werde. Sie wurde beschwo- ren indem kurz zuvor Neutralitätsver- trag mit Rußland abgeschlossen wurde. Gefahr ist von neuem da. Es wird von Entwicklung englisch-russischen Ver- hältnisses abhängen wie stark London in Kzl. Nr. 2313

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in Berlin auf Entscheidung drängt. Auf alle Fälle wird es für Deutsche Regierung gerade wegen militärischer und wirt- schaftlicher Schwäche sehr schwer sein, völlige Neutralitäts-

politik durchzuführen. Immerhin bietet Rheinpakt von Locarno ihm jetzt Sicherheit, daß Frankreich nicht Gelegenheit , da England stark gebunden ist, benutzt, um durch neuen Ruhrein- bruch Erstarkung Deutschlands mit der französische nationa-

listische Presse ihr Land und andere ängstigen möchte rück- gängig zu machen. Hoffnung, daß Rheinland bald geräumt werde,

muß man jetzt allerdings in Deutschland begraben. Es sei denn, man wolle sich Räumung durch Parteinahme für England erkaufen.

Ob England Frankreich zu diesem Geschäft bewegen könnte, ist zweifelhaft : Deutschland aber werde damit seine Existenz aufs Spiel setzten. Wir haben immer bedauert, daß Frankreich sich nicht zur zeitigen Räumung Rheinlands entschließen konn-

te und bedauern es heute mehr denn je. Besetzung hindert ein Zusammensarbeiten beider Staaten und gerade dieses Zusammen- arbeiten würde Sicherheit geben, daß jetzige Krisis ohne Krieg vorübergehe, nach einem neuen Krieg würde gerade der wenn auch mit Waffen überwundene Bolschewismus Gewinner sein. Latente Kriegsgefahr die in englisch-russischer Spannung liegt, kann für Europa jedenfalls am sichersten durch Zusam- mengehen Deutschlands und Frankreichs überwunden werden. Nationalzeitung : Mannigfaltigkeit der Gründe , die der längst im Fahrwasser extremster Konservativen steuernde englische Premier für diesen schwer zu erklärenden Schritt angibt , scheint zu beweisen , daß kaum ein einzelner zwingen- der Grund vorhanden war . Es scheint , daß englische Innen- politik eine solche Aktion benötigt. Es gilt offenbar im ganzen Lande eine konservative Front zu schaffen und eine nationa-

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nationalistische patriotische Welle für allfällige Neuwahlen z ’’ ’ ’ ’ ’ ’ ’ ’ .’ ß entfalten die Russen in England wie überall rege Propaganda. Aber war diese Gefahr wirklich so groß und ist mächtiges England so ängstlich , daß alle Beziehungen die von britischen Banken und anderen Unternehmungen seit Handelsvertrag vom 7. August 1924 angeknüpft worden waren, wieder zunichte ge- macht werden am Tage nach Abschluß erster europäischer Welt- wirtschaftskonferenz, an der so viele schöne Reden gehalten

wurden und die friedenshungrige Welt insbesondere über erst- maliges Erscheinen der Russen in Genf erfreut war ! Wird sich Zahl der Arbeitslosen, die sich in England immer noch auf

eine Million beläuft , durch diese gefährliche aus partei – politischen Interessen getroffene Maßnahme verringern ? Bis auf

weiteres wird es nicht zu offenen Feindseligkeiten zwischen England und Rußland kommen. Dazu sind in keinem der zwei Länder Lust und Möglichkeit vorhanden. Aber der so sehr erwünsch- ten Befreiung Europas wird mit solchen Experimenten kein Vor- schub geleistet. Adolf Müller.

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Verteiler 1 – 13

Anmerkg.:Herge-

stellt in 13 Expl.

Dies ist Expl. Nr.2

Telegramm London , den 26. 5. 1927 13 Uhr 35 Min Ankunft : ’ 26. 5. 1927 14 3o Auswärtig Berlin . Nr. 383 vom 26. 5. Russenfrage steht auch heute im Vordergrund Interesses. Stellungnahme der Presse im allgemeinen die gleiche wie gestern . Konservative Blätter bil- ligen Vorgehen der Regierung während liberale Presse vielleicht noch deut- licher als gestern ihre Bedenken äußert und zum Teil aktive Kritik übt. Labour Blatt Daily Herald führt Regierungsmaßnahmen auf fascistische Beeinflussung zurück. Times Leitartikel äußert sich scharf gegen Bolschewisten und enthält folgenden Passus :’’’ ’ ’’ ’’ ’’ ’ a shock in other countries , as is con- stantly predicted , depends mainly , it would seem , on the value which they attach to the honourable conventions of diplomacy. After this exposure it is frank-

ly incredible that the repesentatives of great civilized nations in Lon- don should wish to be associated by a common title with such a legation as Chesham House . But it is still more incredible that the cause of civilisation Kzl. Nr. 2333

H1o5612

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civilisation can be served in the long run by bolstering a palpable fraud, or that friendship with Russia can ever be re-established on the basis of pretence. Zahlreiche Berliner Korrespondenten melden neutrale haltung deutscher Presse und lassen Befriedigung über Ver- ständnis, das englischem Standpunkt entgegengebracht werde, . erkennen. Berliner Timeskorrespondent erwähnt, daß in Deutsch- . land bereits mit für Deutschland unbequemer Möglichkeit Über- nahme Vertretretung russischer Interessen gerechnet werde, sowie

damit, daß Beziehungen zu Moskau nunmehr für Deutschland auch . sonst unangenehme Folgen haben könnten. Einige Blätter melden,

daß Canada beschlossen habe, russische Handelsabkommen zu kündigen. Presse veröffentlicht Erklärung russischen Geschäfts- trägers als Antwort auf Erklärung Premierministers im Unter- haus , in der Anschuldigungen zurückgewiesen werden. Sthamer .

H1o5613

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Verteiler 1 – 23

Anmerkg.:Herge-

stellt in 54 Expl.

Expl.Nr. nicht bez

Telegramm. Warschau, den 29. Mai 1927 16 Uhr o7 Ankunft : 29. Mai 1927 2o uhr Pressetelegramm 22 Zu englisch - russischem vom 29. 5 Beziehungsabbruch schreibt Cas. daß sich Deutschland wenn es Gefahr vollkommener Isolierung vermeiden wolle , bald entscheiden müsse , ob

es im Areopag Kulturstaaten verhar- ren oder sein Schicksal mit asia- tischem System von Intriguen und Vertragsbrüchen verbünden wolle . Für Polen wäre im Sinn des von nationalem Instinkt getragenen Hin- weises Pilsudskis erforderlichenfalls Wahl zwischen England und Rußland nicht schwer . Gegenwärtig solche Wahl /wohlnicht notwendig doch kann pol- nische Außenpolitik ohne für andere Kastanien aus dem Feuer zu holen aktuelle Lage zur Verstärkung polni-

scher Stellung in Europa ausnützen. .

Rauscher - . Kzl. Nr. 2374 H1o5643

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Oben: D 3o. / ab-

gezchnt.[Dirksen]

Hergestellt in 13

Expl. f. Verteiler

1 – 13 / Expl. 2 /

9.

Telegramm . Moskau, den 29. Mai 1927 , 2o Uhr 9 Ankunft : 29. Mai 1927, 23 Uhr 35 . Auswärtig Berlin Nr. 72o vom 29. 5. Iswestia meldet in Taß- telegramm aus Berlin achtundzwan- zigsten : Einverständnis deutscher Regierung ihren Londoner Botschaf- ter mit Wahrung Interessen der Sowjetunion zu beauftragen, wird als unbestreitbarer Beweis für Neu- tralität Deutschlands beurteilt . Nur Hugenberg Blätter und Deutsche Zeitung kritisieren scharf diesen

Schritt deutscher Regierung. Presse zitiert in Taßtele-

gramm aus Berlin achtunszwanzig- sten Meldung Parsiser Korrespon-

denten Vossischer Zeitung , daß Chamberlain im Gespräch mit deu- schem Botschafter Sthamer Deutsch- land zum Verzicht auf seine ge- genwärtige Politik gegenüber Sowjetunion zu überreden ver- suchte und daß Reichsminister Stresemann während Besuches beim Botschafter einer der Westmächte sein Bedauern über englisch – sow- jetrussischen Bruch ausgespro-

chen und darauf hingewiesen habe , daß Deutschland strengste

Neutralität beobachten werde. - Hey - . Kzl. Nr. 2378 . H1o5644

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Hergestellt in 13

Expl. / Die ist Nr.

2 –

Verteiler 1. – 13.

T e l e g r a m m Moskau, den 3o. Mai 1927 21, 35 Uhr Ankunft : ’ 31. ’’’ 3,oo ’. Auswärtig Berlin . Nr. 723 vom 28 . Prawda meldet : „ Stimmung englischer Geschäftskreise nach Abbruch Handelsbeziehungen mit Sowjetunion findet ihren Ausdruck in nachstehenden Telegramm, die Handelskommissariat Sowjetunion aus London erhielt . Elektrische Abteilung der Arcos telegraphiert der Moskauer Abteilung der Arcos : Babcock und Wilcox versichern, daß sie Bestellun-

gen in England und der Sowjetunionen wie bisher ausführen werde. Diesel- be Arcosabteilung wiedergibt Tele-

gramm der Metrovikers an ihre Mecha- niker in Sowjetunion, in dem es heißt,

daß Firma fortfahre Verträge in Eng- land und in Sowjetunion auf dersel- ben Grundlage auszuführen , wie vor Abbruch. Metrovikers anweist ihre

Monteure in Sowjetunion reibungs- lose Aufstellung der von Firma ge-

lieferten Ausrüstungen sicherzu- stellen.

H e y . Kzl.Nr. 2393 H1o5654

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Hergestellt in 14

Expl. / Verteiler

… Dies ist Expl.

Nr. 7

T e l e g r a m m . Genf, den 3. 6. 27 19 Uhr 55 Ankunft : Berlin, den 3. 6. 27 21 Uhr 55 Nr. 189 vom 3. 6. 27 In einem Aufsatz utschland . und der englisch-ru ’’’ ’’’’ ’ -

spricht Willliam Martin die Stellungnah- me Deutschlands zu dem englisch-russi- schen Konflikt . Er nennt die Erregung, .

die der Abbruch der Beziehungen in Berlin in Regierungs - und Pressekreisen ausgelöst hat verwunderlich. Beide hät- ten sich beeilt , die Neutralität Deutschlands zu erklären , als wenn man am Vorabend eines neuen Krieges stün- de . Die Bitte der Sowjets, die Wahrung ihrer Interessen zu übernehmen , hätte sichtbare Unruhe in Deutschland ausge- löst . Diese Vorgänge ließen sich nicht mit einer irrigen Auffasung des Zieles

der englischen Regierung erklären ; man habe in Berlin geglaubt, England unter- nehme in der ganzen Welt einen Kreuz-

zug gegen Rußland mit dem Schlachtruf : Wer nicht für mich ist, ist gegen mich !

Alles dies zeige , wie sehr die deutsche Psychologie beeindruckbar und

nervös geblieben sei. 1o Jahre morali- scher Blockade und unerhörte Unglücks-

schläge lasteten noch auf ihr. Unwill-

kürlich Kzl.Nr. 2445

H1o5671

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kürlich dächten noch die Deutschen , die nicht der ganzen

politischen Entwicklung der letzten Dekade gefolgt seien in Vorkriegsterminologien , wo alles mit der nackten Gewalt in Be-

ziehung gestanden habe. Schwach und verletzlich , wie sich die Deutschen fühlten , würden sie durch den geringsten Lärm aus

dem Häuschen gebracht.

Die Deutschen könnten sich eine politische Aktion nur mit einem bestimmtern Ziel vorstellen. Die englischen Ziele hätten sie zunächst nicht entdecken können. Schließlich

hätte eine einzige Erklärung Verständnis gefunden. Das Ziel sei ein rein innerpolitisches. Die Wahlen ständen vor der Tür . So sei die Ruhe wieder in die Gemüter eingezogen. Katastrophen, die man befürchtete, seien nicht eingetroffen; trotz alledem bliebe der Zwischenfall für Deutschland ärger- lich und unbequem. Deutschland sei Rußlands größter Liefe-

rant und England Rußlands größter Abnehmer. Wenn Rußland nichts mehr verkaufe, könne es nichts mehr kaufen. Nicht

nur die schon problematische Rückerstattung der 3oo Millio- nen sei kompromittierend, das gesamte Handelsgleichgewicht

Rußlands sei gestört . Dies bedeute eine kommende Krise für die deutsche Industrie und vielleicht die Notwendigkeit, neue Kredite zu gewähren . Aschmann H1o5672

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Hergestellt in 1o

Expl. / Verteiler.

… Dies ist Expl.

Nr. 2

T e l e g r a m m ( Geh. Ch. V. ) London, den 5. Juli 1927 2o Uhr 2o Ankunft ; 5. ’’’’’’’’ ’’ 21 2o

Nr. 475 vom 5. 7. Auf Nr. 5o4 x) vom 2.

x) IV Ra 4135. Unterbindung Wirtschaftsverkehrs durch amtliche Beeinflussung würde wie- derholter Erklärung der Regierung ent- gegenstehen, daß Abbruch der diploma- tischen Beziehungen legitimen Handel zwischen Rußland und England unberührt

lassen soll. Auch hat die Regierungs- presse letzthin wiederholt auf Gewinnung

von neuen Lieferungs- und Frachtaufträgen für englische Industrie und Schiffahrt hingewiesen . Erfahre ferner vertauens-

würdig , daß vor Abbruch vereinbarte Kreditarrangements mit Russen unverän- dert bestehen zu bleiben. ( Gruppe verst.) . Dagegen besteht erklärlicherweise bei

den Engländern wenig Neigung, neue Kre- dits, die Russen verlangen , zu bewilli- ge. Aber angebliche Vereinbarungen engli-

scher Banken, Diskontierung russischer

Wechsel grundsätzlich abzulehnen, ist nicht festzustellen, wenn auch Einzel- fälle H1o5979

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fälle vorgekommen sind . Daß englische Firmen deutsche Firmen bei Kreditgewährung vorgeschoben haben, mir hier nicht bestätigt , wohl aber hat die Presse gele-

gentlich behauptet, daß deutsche Firmen in London er- haltene Kredite zur Finanzierung ihrer Russengeschäfte benutzen. Mitteilung über Boykott russischen Benzins be- ztieht sich augenscheinlich auf seit Monaten geführten Preiskrieg, der Shell-Gruppe und den übrigen Combine- Firmen gegen amerikanische und mexikanische Außenseiter, denen die Russian Oil Production limited und kleinere

Gesellschaften mit russischen Interessen zugerechnet werden. Kampf wird, soweit er gegen diese russischen

Interessen geführt ist , erklärlicherweise, insbeson- dere von der Daily Mail aus politischen Gründen

agitatorisch unterstützt . Sthamer . H1o598o

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Abgez.:

D(irksen) 22 / 7

Rn ? / Ehr ? schwer

lesbar

Hergest. in 15 Expl.

Dies ist Expl. Nr. 9

T e l e g r a m m . Paris, den 21. Juli 1927. Ank ’:’’’’ ’’’ .’’’’ 15,1o Uhr

Auswärtig Berlin. No. 811 . Heutiger Avenir veröffentlicht Zuschrift von Arnold Rechberg , die ich nachstehend in vollem Wortlaut über- mittle, wobei ich besonders auf die Ausführungen unter Ziffer 3 hinweise. Berlin, Große Querallee 1, le 17 juilliet 1927. Monsieur le Directeur , C est avec beaucoup attention que J ai lu l article de l amiral Degouy, publié le 15 juilliet dans les colonnes de l Avenir . J estime que , dans la situation européenne , telle qu ’ est actuellment , la franchise absolue est la meilleure diplomatie . Je tiens donc à préciser ceci .

1) L Amiral Degouy a raison , le Peuple allemand est de caractére guerriere et il le sera toujours . Le militarisme prussien est conforme à l esprit du peuple allemand tout entier. Cet esprit guerrier du peuple allemand ne disparaitra ni dans deux générations, ni dans deux siécles .

2) Le peuple allemand ne reconnaitra

jamais Kzl.Nr. 2959

H1o5993

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jamais le traité de Versailles. Au contraire , plus ce Traité d ’,’’ ’’’ ’’ ’’ ’’ ’’ gagnera le peuple allemand . Le peu de pacifisme qui a existé , en

Allemagne, apres la débacle de 1918, est presque totalement Disparu. Je suis - certain que même tous les socialistes allemand marcheraint comme un seul homme contre la France ’ ’’’ ’’’ ’’ ’’une nouvelle guerre franco-allemand .

3) La sécurite ’ ’’ ’ est point du tout garan- tie. Il est vrai que la France dispose actuellement de ’ ’ ée la plus puissance et la mieux outilée du monde . Mais il peut se produire à tout instant , à notre epoque

ution technique rapide, une inventon nouvelle , qui rendra , du jour au lendemain, inefficaces toutes les armes actuelles et toute l ’ ’’’’ ’’’ ’’ ,’ quelles ’’ ’’’ ’’’ ’’ ’’’ être . Je ne doute pas que la France , si toutefois les relationes franco- ’ ’’ ’’ ’’ o- difiées, aura la guerre au jour même que ’’ -

ra faire cette guerre avec une chance de sucées . En ce cas , la Traité de Locarno ne sera q ’ ’ ’ déchiré par la volonté unanime du peuple allemand. Si dans ’’ ’ ’’ ’’ ’ ’’,’ ne resterait pas – cette fois-ci – pierre sur pierre en France. D ailleuers les constellations politiques ne durent jamais. Je viens de rentrer de Londres, ou ’’ ue des anglais de la plus haute influence politique. Tous ces anglais avent parfaitement que le bolchéviene , en Russie , ’’ ’’ ,’’ ue les soi-disant querelles entre le gouvernement soviétique et une oppositin qui , en vérité ,

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existe point , ne sont q un camoflage habile. Les tyrans rouges tiennent le malhereux peuple russe dans leur griffons plus efficacement que jamais , et leurs positions en Chine et en Asie devient tous les jours plus forte et plus menaçante.

L Angleterre commence donc à avor besoin d une épée con- tientale . Les hommes d etat anglais ne croient point que

la Pologne ou quelque autres états vosins de la Russie so- viétique puissent être suffisamment forte pour faire tomber le bolchévisme en Russie , ou pour défendre, en général, les intéréts anglais sur le continent européen. La France, d autre part , est top loin de la Russie . urs une armée française pourrait-elle intervenir en Russie , si la

France doit observer une Allemagne ennemie? Le jour n est donc pas loin ou l Angleterre fera ousage de toute son in- fluence pour rétablir une armée allemande, bien entendu aprés q ne entende anglo-allemandeaura été signée. Dans une dis- cussion ’’ ’ ur du phare de la Loire , M. Maurice Schwob , qui ’ produite dans les colonnes de

Avenir même , nous avons , M. Maurice Schwob et moi , esquisée les conditions précises une reconcilation sin- cére et absolue de la France ’’ ’ Allemagne. Je suis tout à fait sûr que ces conditiones seraient acceptées de bon coeur et sans aucune arriére-pensée par la grande majorité du peuple allemand et même par la grande majoritée des nationa- listes allemands. A ces conditions, France pourrait avoir

’’ ’,’une alliance basée non pas sur les sentiments – ’ ’prouve – qu une garantie minime, mais sur un amalgame réel et matériellement indissoluble des int ’’ ’’ ’’ ’’ ’ ’’ ’’ ’ Allemagne. Si

alors

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alors l Angleterre venait joindre ce bloc franco-allemand ,

nous pourrions au ’’ ’ ’ ,’’ u vient cet immense danger bolchevique qui nous menace tous . La premiére des ’’ une alliance franco-alle- mande, établies par M. Maurice Schwob et par moi, ’ entre les grandes industries françaises et allemandes , a été réalisée. Des grands industriels anglais ne cachent point ils sont battue par ce bloc industriel franco-alleand , auquel ils attribuent une puissance sans égale. Ces industri-

els anglais avouent franchement qu ’ ne leur reste qu ’à rejoindre ce bloc. Mais si nou ’ iont point à réaliser

également les autres conditions arrêtées par M. Maurice Schwob et par moi , si nous , français et allemands , continuons à

nous quereller , je ne vois pas comment la sécurité de la France pourra jamais être garantie. Une alliance industrielle, militaire et politique , étroite et indissolouble , entre la France et Allemagne, telle que M. Maurice Schwob et moi nous

l esquissée , ’’ ’ ’ ’ vien- drait se joindre . urs, si nou ’’ ’

pas à nous allier, si au contraire nous allions nous faire une nouvelle guerre, plus terrible que celle de 1914-1918, ce serait les tyrans de Moscou qui auraient raison de nous tous et qui finitraient par devenir nos naitres. Leur grand jeu est

basé sur les querelles et les différences des nationalismes européens, comme ils se servent des nationalismes indigénes en Asie pour chasser les mêmes européensde cet immense con- tinent.

Je vous prie, Monsieur le directeur, de bien vouloir pu- blier cette lettre dans les colonnes de votre journal et veuilles prore d mes sentiments trés distigués . Arnold

Rechberg Fortsetzung folgt. R i e t h . H1o5996

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Hergestellt in 15

Expl. / Verteiler

1 - 13

Dies ist Expl. Nr. 9

T e l e g r a m m . ( Geh. Ch. V.) Paris, den 21. Juli 1927 .’:’’’’ ’’’ .’’’’ ’’’’’’’ ’’’’’-- 22 Uhr 3o Min. Nr. 812 v. 21. 7. Fortsetzung von offenem Telegr. Nr. 811. Der mit vorstehendem Telegramm im Wortlaut gedrahtete Artikel Rech- bergs überbietet in den Ausführungen, die er unter Ziffer 3 enthält , alles , was Rechberg bisher in dieser Hinsicht geleistet hat. Rechberg wird zu seiner Verteidigung freilich anführen können , dass die allgemeine Tendenz seines Ar- tikels gerade die Förderung einer deutsch-französischen Verständigung bezwecke . Diese Verständigung soll sich jedoch nach den Plänen Rechbergs bekanntlich in der Form einer deutsch- französischen Militäralliance mit gemein- samem Generalstab unter englischer Be-

teiligung und mit der Spitze gegen Russland vollziehen. Für den Fall des

Nichtzustandekommens dieser Pläne malt Rechberg jetzt Gefahr eines Krieges

zwischen Deutschland und Frankreich an die Wand. Jn diesem Fall würde Ver- trag H1o5997

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trag von Locarno nur Papierfetzen sein, der durch ein- stimmigen Willen derzeitigen deutschen Volkes zerrissen werden würde. Dieses würde restlose Zerstörung Frank- reichs zur Folge haben , wenn Deutschland siege. Da trotz

Rechbergs Berufung auf die Zustimmung von Maurice Schwob hier niemand die Rechbergschen Gedanken einer

deutsch-französischen Militäralliance ernst nimmt , wer- den diese seine vorstehend erwähnten Äußerungen von dem Avenir, der täglich die deutsche Gefahr seinen Le- sern vor Augen führt und damit jede Verständigung be- kämpfen will, gern abgedruckt , weil er damit seine War- nungen auch von einer hier leider vielfach als maßge- bend angesehenen deutschen Stelle als bestätigt hinstel- len kann. Jch stelle der dortigen Erwägung anheim, was dort zur Vermeidung einer Wiederholung von derartigen Äusserungen aus deutscher Feder in einem deutsch-feind- lichen Pariser Blatt geschehen kann. Es würde mir zweck- mässig erscheinen, wenn auch in der deutschen Pressse einem solchen Gebaren in geeigneter Weise entgegengetreten würde. Rieth .

H1o5998

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A u s z u g =============== aus einem Brief von Herrn Rostin an Herrn Horstmann vom 1o. August 1927

Bei der Frage deutsch-englischer Beziehungen spielt , wenigstens in den führenden politischen Kreisen und wohl auch in der öffentlichen Meinung , das Thema unserer Bezie- hungen zu anderen Nationen eine außerordentlich geringe Rolle. Ich meine damit zunächst die deutsch – russischen Beziehungen. Ich finde , die Hitze der russischen Kascha im englischen politischen Menu erheblich abgekühlt , schon bei- nahe wieder genießbar . Die Gefahr der Internationalisierung des Konfliktes und damit die Notwendigkeit einer Option für uns, wenn auch nicht völlig gebannt , scheint von London ge- sehen, in weiter Ferne. Was auch immer geschieht , der Schwer- punkt liegt letzt in Moskau . Der Wunsch , die hier noch ver- bliebenen Russen landsam aufs tote Gleis zu schieben , ent- springt meiner Auffasung nach wirschaftlichen Gesichts- punkten. Man ist natürlich nicht so dumm zu erkennen, daß es den Russen darauf ankommt , in immer stärkerem Maße zu ver- kaufen, aber nicht zu kaufen, und sich eine Kreditposition zu schaffen. Ich glaube nicht an ein System , eher an eine behördliche Unsicherheit . Es herrscht aber darüber hinaus in politischen und Wirtschaftskreisen Uneinigkeit schlechthin, die einen versuchen Bestellungen zu bekommen, die Banken finanzieren nach wie vor oder bevorschussen russische Ver- käufe und die anderen wollen alles mit Stumpf und Stil aus- rotten. Der Petroleum-Konflikt heißt natürlich England- Amerika H1o6oo3

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Amerika , nur mit der ornamentalen Ausschmückung : Rußland . Die Amerikaner steigen eben mit dem billi- geren russischen Naphta kräftig ins fernöstliche Ge ä ’.’’ ’’ ’,’’ ß’’ ’’ Boykott sich nicht internationalisieren läßt, kostet der Shell , wie ich mich selber überzeugen konnte , hef- tige Kopfschmerzen und findet in der City starke Beach- tung . Das gleiche gilt von der Krupp – Konzession , die, was man immer auch sonst von ihr sagen kann, in der City einen günstigen Eindruck schuf im Sinne einer wirt- schaftsfriedlichen Entwicklung , und das ist ja schließ- lich das, worauf es ankommt . H1o6oo4

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Hergestellt in 13 Expl.,

Verteiler 1 – 13

Dies ist Expl. Nr. 12

T e l e g r a m m . Moskau, den 23. 8. 27 22 Uhr 29 Ankunft : Berlin , den 24. 8. 27 2 Uhr 45

Nr. 995 vom 23. 8. 27 Auswärtiges Berlin Leitartikel Prawda , überschrieben ’ ’’ ö u ’’ ’’ ’’ ’ ,’ , daß auf der Genfer Völkerbundssession lebhafter Kuhhandel bevorsteht , behan-

delt Frage Rheinlandbesetzung und aus- ü ’:’’ ’ utschland nebelhaft allerlei Kolonialsegnungen versprechen, um es zum Anschluß an den zu bildenden Antisowjet- Block zu verlocken und dann die ehemali- gen deutschen Kolonien erst recht nicht aus der Hand geben - das ist so recht im Geiste bester Traditionen englischer Diplomatie . Über diese Traditionen sollte mancher in Deutschland ernstlich nachdenken. Englischer Imperialismus , dieser alter Wucherer , wird für so kleine Darlehen wie Verringerung der Besatzungs- truppen oder Gewährung eines Plätzchens in der bedeutungslosen Mandatskommission so hohe Zinsen fordern , daß deutscher Schuldner , um sie zu bezahlen , die Selbständigkeit seiner Politik im Osten in englischen Lombard versetzen ver- setzen (sic!) müßte. Nun wird auf Deutschland hinter den Kulissen bevorstehender Völker- bundstagung Kzl.Nr. 33o4

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bundstagung aufs neue Druck ausgeübt werden, um es zum Ab- [= An-/Tippfehler?] schluß an den vom englischen Imperialismus mit Eifer zusammen-

gezimmerten Antisowjetblock zu verleiten. Man will Deutsch- land , ebenso wie auch Polen, zum Werkzeug Englands gegen Sow- jetunion machen. Ohne solche Versuche ist es bei keiner ein- zigen der letzten Völkerbundstagungen abgegangen. Die in letzter Zeit in England im Zusammenhang mit erneuter Ver- schärfung der Kohlenkrisis gegen die wirtschaftliche Konkur- renz des erstarkenden Deutschlands lautwerdenden Stimmen müssen den deutschen Politikern aufs neue die einfache Wahr- heit ins Gedächtnis zurückrufen , daß in England die politi- schen Stimmungen wieder aufleben , die dort vor Kriegsausbruch 1914 herrschten. Traditionelles Dogma britischer Politik nicht zu dulden , daß starker deutscher Nebenbuhler sich auf europäischem Kontinent erhebe, macht sich gesteigert gel- tend. Stellungnahme deutscher Diplomatie auf bevorstehender Völkerbundstagung wird zeigen, ob sie eine großzügige selbstän- dige Politik befolgt oder sich in Dienst des Dirigenten be- gibt, der das europäische Konzert des Kontinents von den britischen Inseln aus leitet ; ob sie die Freundschaft mit dem großen und aufblühenden Lande im Osten Europas aufrechtzu- erhalten trachten oder diese Freundschaft um ein Linsengericht an die gewandten Leute des Foreign Office verkaufen wird. Rantzau . H1o6o13

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Rand, schräg, UK /VLn

/ Herrn von Dirksen.

& Schriftzug : Auf Wei-

sung an Herrn MD

Köpke Bln. D. 26.8.

Holmann (?)

Streng geheim 25. August 1927 XXV. In der konservativen Partei Englands herrschen keine ein- heitlichen Ansichten über die Form, die die englisch-sowjeti- schen Beziehungen in Zukunft annemen sollen, ob sie planmässig zu einem offene Konflikt führen müssen oder ob man Massnahmen

ergreifen soll, die geeignet sind, die weitere Verstärkung der/ für den englischen Handel schädlichen Wirkung des diplomatischen

Bruchs mit Moskau zu verhindern. Ein Teil der englischen In- dustrie fägt an unruhig zu werden über die Politik der anti- bolschewistischen englischen Finanzkreise , die der besonderen anti-bolschewistischen Gruppe der konservativen Partei naheste-

hen . Diese Politik äussert sich in dem Besteben, die ständige Verschlechterung der Quotierung der Sowjetwechsel zu errei- chen im Boykott der langfristigen russischen Wechsel und über- haupt im Spiel der Baisse der russischen Finanzverpflichtungen.

Dieser Teil der englischen Industrie – zu dem speziell auch V i c k e r s gehört – hält eine Anzahl der russi- schen Finanzverpflichtungen in Händen, und daher ist es selbst-

verständlich , das die Politik eines Teils der englischen Ban- ken bei genannten Industriekreisen eine Beunruhigung her- vorruft, weil dadurch die Operationen mit den russischen Wechseln ershcwert werden. Es besteht also in der Industrie eine Gruppe, die der Regierung empfiehlt, die Handelsbeziehungen mit der SSSR zu

verstärken und zwar durch geheime Gewährung von Schutzkrediten für den Handel mit der SSSR. Andererseits drängt ein Teil der eng- lischen konservativen Partei dazu, sich auf einen offenen Kon- flikt mit der SSSR einzulassen, der nach Ansicht diesr Kreise sowie- so unvermeidlich ist. In einem solchen Konflikt würde England nict isoliert bleiben, da es jedenfalls von Frankreich unter- stützt werden würde, dessen innere Lage es dazu zwigen würde.

Birkenhead H1o6o14

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B i r k e n h e a d führt seine Arbeit gegen Moskau wie- ter und diese Arbeit ist streng organisiert. Zurzeit konzen-

triert sie sich hauptsächlich auf die Schaffung einer planmäs- sigen Propaganda , die gegen SSR gerichtet ist. – ( Dieser Teil des Berichts stammt aus einer bolschewistischen Geheimquelle ). – Birkenhead hat ein besonderes Propaganda – Komitee geschaffen, das im engsten Kontakt mit den größten Presseagenturen der ganzen Welt arbeitet . Die Grundthesen dieser Propaganda sind folgen- de : 1.) Die Verbreitung solcher Nachrichten über SSSR im Ausland,

die dazu geeignet sind, auf die Schwäche der Sowjetre- regierung hinzuweisen. Man wird hierbei besonders die Lage in der russischen Kommunistischen Partei ausnützen und au ’’ ’ ’ ’ ’‚ ’’ .’’’’’Z ’ dieser Propaganda ist, den ausländischen Finanzkreisen klarzuma- chen , dass die Kreditoperationen mit der Sowjetregierung gefährlich sind , da diese Regierung nicht fest ist.

2.) Die Aufmerksamkeit des Auslandes auf die verstärkte Tätig- keit der Komintern lenken. In letzter Zeit verbreitet der englische Geheimdienst Nachrichten über bevorstehende kommunistische Aufstände in verschiedenen Ländern. Da- durch wird eine gewisse Nervosität hervorgerufen , die die konservative Partei für aussenpolitishce Zwecke auszunüt- zen gewillt ist.

3.) Man muss die besondere Aufmerksamkeit auf Deutschland rich- ten und nicht die Regierung in den anti-bolschewistischen

Kurs hineinziehen, sondern die deutsche öffentliche Mei- nung . Dies ist aber nur zu erreichen durch eine Verstär- kung der Beziehungen zwischen der englischen konservativen Partei und den organisierten Teilen der deutschen Rechts- bewegung Die ganze Propaganda, die in Deutschland gegen SSSR geführt wird , bewegt sich hauptsächlich in folgenden Richtungen : ’…’/ H1o6o15

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1.) Deutschland kann sich auf die politischen Vorteile verlas- sen, die es durch Unterstützung der englischen antibolsche-

wistischen Politik erhalten wird. 2.) Die kommunistische Partei steht vor einem offenen Aufstand,

und die Rechtsparteien müssen sich rechtzeitig darauf vorbe- reiten.

3.) Die innere Lage von SSSR ist sehr schlecht 4.) England hat sich entschlossen , einen Kampf gegen SSSR zu

Führen und bereitet sich energisch darauf vor.

Letzters ist hauptsächlich dazu bestimmt , einen Eindruck auf die deutschen Finanzkreise zu machen, um sie von weiteren Kre-

ditoperationen mit Moskau zurückzuhalten. Mit anderen Worten steht die britische Regierung selbst unter dem Einfluss zweier

verschiedener Strömungen in der konservativen Partei und la- viert zwischen ihnen , indem sie solche Tatsachen schafft, die direkt gegen SSSR gerichtet sind. ( Diese Tatsachen liegen haupt- sächlich im Gebiet der englischen Aussenpolitik; hier spielt

der englische Druck auf Frankreich und Polen, besonders auf er- steres , die Hauptrolle ). Andererseits erklärt die britische

Regierung ihre Bereitschaft , die Handelsbeziehungen zu Moskau zu vergrössern . Auch in dieser letzten Hinsicht kann man kon- krete Tatsachen erwarten. Welcher Einfluss schliesslich die Oberhand bei der Regierung gewinnen wird , ist vorläufig unmög- lich zu sagen. Das eine aber ist klar , dass alles von der wie-

teren Entwicklung der internationalen Lage abhängig ist da- von, welche Politik die anderen Staaten SSSR gegenüber einschla- genwerden. Falls eine ungenügende internationale Lage für SSSR entstehen sollte, ist ein offener Zusammenstoss zwischen England

und SSSR zu erwarten. – ( Nachstehender Bericht des französischen Nachrichtendienstes dient zur Erläuterung des vorstehenden Berichtes ) . Shell H1o6o16

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- 4 -

S h e l l u. Co. übt einen starken Einfluss auf die engli- schen Banken aus, mit dem Ziel , sie zu zwingen , der Russian Oil- Produkt-Gesellschaft Kredite zu sperren . Aufgrund eines

Feldzuges , den Shell gegen den Direktor der Russian Ol-Produkt- Gesellschaft eingeleitet hat , wird dieser jetzt aus England aus- gewiesen . Die Mehrzahl der englischen Banken hat sich ent-

schlossen , keine russischen Wechsel mehr zu prolongieren ; der Termin dieser Wechsel ist der 1. Januar 1928 . Eine Ausnahme

bildet die Haltung der Midland–Bank , die russische Angele- genheiten ausnützen will. Diese Bank steht in Verbindung mit englishcen Firmen , die ihre Handelsbeziehungen mit SSSR vergrös- sern wollen. In der letzten Zeit hat sich die Bank mit dem Ankauf von russischen Wechseln beschäftigt . Bis jetzt soll sie für 4 Millionen Goldrubel diese Wechsel aufgekauft haben. Davon sind etwa ein Drittel der Wechsel solche , mit welchen russi- sche Firmen deutsche Firmen bezahlt haben. In Verbindung mit diesen Operationen der Midland–Bank hat sich die Lage der russi- schen Wechsel in England etwas gebessert. Der Grund für diese Bankoperationen ist noch nicht klar , da aber die Bank erklärt , dass sie im Petroleumkrieg eine neutale Stellung einnimmt , so ist anzunehmen, das se mit der Russian Oil–Produkt–Gesellschaft in direkter Verbindung steht. Die Stellung der Midland–Bank

hat grosse Beunruhigung in den anti–russischen Kreisen Englands hervorgerufen ; die letzteren beschäftigen sich stark mit mit dem Gedanken etwas zu unternehmen, um die für ihre Pläne schädlichen

Resultate der Tätigkeit dieser Bank zu verhindern. –

- - - - - - - - H1o6o17

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Am oberen Rand, hs. : v Dirksen Tel 834 Telegramm ( geh. Chiff. Verf. ) ab Berlin, den 6. September 15,45 Uhr an Genf, ’’’’’’ ’’’’’’’’’ ’’’ 16 Nr. 49 vom 6. September G a n z g e h e i m . Botschaft Moskau drahtet 5. September : Die Kriegsgefahr , die bisher von den Parteien hauptsächlich als Agitationsmittel benutzt wurde , um die Mas- sen „’ ufzu ü ’ ’, wird jetzt und zwar mit Sorge auch von den besonnenen Mitgliedern der Regierung als imminent betrach- tet.

Ein leitendes Kollegiumsmitglied des Aussenkommissari- ats hat sich , wie ich zuverlässig erfahre , etwa wörtlich ge-

äussert :’’’’’„’’ ’’ ’’ ’’’ ’’’ ü ’’ ’’unvermeidlich . Wir müssen in für das nächste Jahr erwarten . Wir haben sichere Nachrichten, dass England die Einkreisungspolitik mit doppeltem Ziel fortsetzt :

1. England wird Russland blockieren . 2. England wird Polen vreanlassen, die Sowjetunion an-

zugreifen. Die anderen Randstaaten sind gleichfalls kampfbereit. Finnland hat deutlich wissen lassen , dass seine Bereitschaft gegeben sei, wenn England die Kosten trage. Esthland hat wahr- scheinlich schon einen Geheimvertag mit Polen. Rumänien wird die Aufgabe zufallen , Odessa zu besetzen . Pateks Zusicherungen sind nicht von praktischer Bedeutung , da ihn Pilsudski nur als Werkzeug benu ’. ’

Das Kollegiumsmitglied äusserte weiter : Frankreich werde voraussichtlich an einem Angriff auf Russland nicht teil- nehmen, weil ihm an einer Schwächung Englands gelegen sei. Al- lerdings dürfe die Sowjetunion von Fankreich nicht allzuviel erwarten , denn die antikommunistische Bewegung übersteigt dort alles Maß. Der Krieg sei unvermeidlich, weil die antisowjeti- sche

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H1o6o18 2 .

sche Politik englischer Regierung sonst ad absurdum geführt wäre. Nur durch einen faktisch militärischen Angriff auf Russ- land könnten die Konservativen aus den nächdstzen Wahlen als Sieger

hervorgehen. Niemand freilich vermöge vorauzusehen, wie dieser Krieg au ’’ ü .’’ ’’ ’’„’ u ’ ’’ ’ werden, so würde Deutschland im Weigerungsfall einfach überrannt

werden.

Polen gehe trotz aller schönen Worte auf ernstliche Ver- handlungen nicht ein. Es stelle seine alte von der Sowjetregier- ung abgelehnte Forderung einer Verhandlung an bloque mit den anderen Randstaaten unter seiner Führung . Polen sei – das dürfe man nicht vergessen – Pilsudski , einem „ Romantiker , der für seine Pläne stets die Majorität im Land haben werde, ausgelie-

fert , England wisse das genau. Pilsudski sei verschlossen und sage niemand , welche Pläne er verfolge. Wenn der Krieg komme, gebe es für die Feinde der Sow-

jetunion nur eine Angrifflinie : die russisch –polnische Grenze . Das polnische Volk , das von jeher antirussisch gewesen sei, wer- de jederzeit für einen Krieg gegen die Sowjetunion zu haben

sein. Brockdorff – Rantzau . Wallroth . H1o6o19

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1. Herrn R. M.

2. St. S.

3. St. S. Pünder

4. V.L.R. R.v.Dirksen

5. V.L.R. R.v.Bülow

Telegramm . ( Geh. Ch. Verf.) [hs.:] Nr. 841 Berlin . den 6. September 1927 21, 4o Uhr Ankunft Genf, den 6. September 1927 21,35 Uhr Deutsche Delegation , Genf Anschluß an 49 Moskauer Telegramm. Nr. 56 v. 6. 9. Habe bei heutiger Unterhaltung mit Brodovsky Gespräch auf russischerseits propagierte Kriegsgefahr ge- lenkt. Brodovsky angab, daß Kriegsgefahr von Sowjetre- gierung , für die sie übrigens ausreichende Unterlagen hätte, stark verwertet werde , weil sie damit Aufmerksam- keit und Sinn für Kriegsgefahr in ihrem Land wachhalten wollte. Auf Einwand , daß ihre unablässige Betonung zum Schaden Rußlands besonders in wirtschaftlicher Hinsicht ausschlagen könnte , weil dadurch Kreditfähigkeit aus- ländischen namentlich deutschen Wirtschaftskreisen ge- genüber erheblich verringert würde , erwiderte Brodovsky Sowjetregierung habe diese Möglichkeit auch in Rechnung

gestellt, werte aber den dadurch etwa entstehenden wirt- schaftlichen Nachteil geringer als die Vorteile , die nach ihrer Meinung in rechtzeitiger Warnung vorm Kriege als Mittel zu seiner Vermeidung läge. Koepke . H1o6o20

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Hergestellt in **/ unleserlich

Explaren / Verteiler 1 – 18

Dies ist Expl. Nr. 2

T e l e g r a m m (Geh.Ch.V.)

London, den 3o. September 1927 8 Uhr 1o Ankunft : 3o. ’ 2o ’ 45

Nr. 638 vom 30. 9. Geheim !

Unterstaatssekretär gregory vom Foreign Office bat Ustinow heute nachmittag zu sich und legte ihm spontan , offenbar für uns bestimmt , vertraulich den Standpunkt das auswärtigen Ministeriums zu veschie-

denen schwebenden Fragen dar. Welche Ab- sicht er damit verband , ist im einzelnen nicht ganz klar zu erkennen., Äußerungen scheinen mir aber doch von gewissem In-

teresse . 1.) P o l e n : Einzige Kriegsgefahr in Europa erblickt Gregory in unbefrie-

digendem Verhältnis zwischen Deutschland und Polen. Nicht Albanien, nicht Mussoli- ni , sondern deutsch-polnische Spannungen enthalte ernstes Gefahrenmoment für Frieden. Es habe Zeiten gegeben, wo England an der

Stabilität polnischen Staates zweifelte , diese Zweifel seien verschwunden , Staat

sei nicht nuer stabil , sondern er sei eine necessity geworden und England würde alles tuen , to back it up. Ganze slavische

Welt östlich Polens werde noch für Jahr- zehnte

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zehnte chaotisch bleiben , das Bollwerk hiergegen sei Polen und müsse daher gestärkt bleiben. Auch Deutschland habe hieran ein Interesse , und es müsse sich mit Polen vertragen . Sehr wünschenswert sei der Abschluss einer Reihe von regionalen Ab-

kommen in Art des Locarno . 2. Russisch–englische Beziehungen

Gregory bestätigte ( wie schon anderweitig gemeldet ) , dass bis- her kein russischer Fühler wegen Wiederaufnahme von wirtschaft- lichen oder politischen Verhandlungen an die amtlichen Stellen

in London gelangt sei. Sollte ein solcher Fühler kommen, so werde er natürlich sachlich geprüft werden , Gregory sehe aber keine Aussicht , dass es zu einem Abschluss komme , den Russ- land sei offenbar noch nicht bereit , die Bedingungen anzunehmen, auf denen England bestehen werde . Das sei auch kein Unglück, denn the best thing is not to have anything to do with these people .

3. Russisch–französische Bedingungen. Gregory schnitt das Problem selbst an , stellte sich aber voll- kommen desinteresiert ; man habe hier so wenig Interesse an dieser Entwicklung , dass Roreign Office in der ganzen vorigen Woche nur ein einziges Telegramm hierüber aus Paris erhalten habe .

Dieckhoff . H1o6o22

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Junkers/Milch-Konvolut im Bestand (ehem.)BDC/NSDAP- : > GEHEIMAKTE / MILCH - JUNKERS < / Sign.: PK F – 218 / enthält pp. 1 – 21 /24 : 1) Bayerischzell, 23.XI.33 / J. an Röhm / [Niederschlggng. sogen. .,’ .’ .’ ’] II) Berlin, 6.12.33 / Milch an Röhm & Antwortentwurf - Avis [III) Entwurf , *** den ** Dezember 1933 / Röhm IV) Berlin, 12.12.33 / Höfler an Röhm ] V) Dessau/München, 4.1.34 / Junkers an Röhm & d. Ministerium f. Luftfahrt VI) Berlin, 15.1.34 / Milch an Gö. / betr. H. Junkers VII) Berlin, 1o.2.34 / Keßelring – Maas an Röhm VIII) Dessau, 5.2.34 / OStw. Lämmler an d. Rluftfahrtministerium, IX) Berlin, 8.8.34, Göring an V. Lutze , SA-Stabschef X) Aktenvermerk über den Fall Junkers / undatiert

zwischen. 23.6. & 31.8. 34, nach : XI) Deckblatt – Geheim-Akten Milch –Junkers

umfaßt am 23. Juni 1934 12 Blätter Ruimann , Adjudant P am 31.August 1934 17 Blätter , Beck, Obschaf. XII ) Biographischer Eintrag zu unkers, Hu ’ ,’’ us :

.’ ü ,’ / ’&’’ .’ .’ .’ ,’ ’’ Die Materialien der Akte ermöglichen einen Einblick in die allgemeine hysterisch-auto-ritär orientierte Praxis des ’ ’ .’’ Der, unter noch demokratischen Be-dingungen stattfindende Informations-Austausch d. Regierung der Weimarere Republik und anderer Staaten, auch mit dem bereits Fasc. Italien Mussolinis, wie mit einem gleich-berechtigten Partner, behandelte gerade auch die Thematik der vertraglichen Überein-stimmung des deutsch-russischen (Berliner) V., v. 1926, mit Bedingungen des

’ . Nicht in Übereinstimmung mit den Vertägen, waren die in illegaler - ’’ ’ ü ’ ’ Abkommens von Deutscher Seite, gerade

mit Wissen und Billigung staatlicher Administration, wie des Reichswehrministeriums – besonders deutlich, anhand der Übertragungen, nach den Archivalien AA, mit dem >> bolschewis-tischen Russland <<, über deren inhaltliche Konsequenzen wenig zu ersehen – die aber dem damaligen Deutschen Reich ermöglichten, seine Luftwaffe, internationalen Stan-darts gemäß, weiterzuentwickeln. Das 1933 wie demokratisch gewählte anschließende ns-fascistische politische Agieren kann daher nicht anders erscheinen denn die forcierte Fortführung längst vorbereitetem prozessualen Geschehen im Gang der Aktivitäten der Staatsverwaltung und, wie bekannt, weiterer privatwirtschaftlicher, bsplsw. dem Autobahnbau. Sehr klar erscheint auch die enge Kooperation staatlichen und privatwirschaftlichen Handelns : der dürftigkeit der ideologishc – philosophischen Fundierung des NS-Fasc.entspricht dies Erscheinen, als ein mörderisches Plagiat begierig sich aber als Revolution stylend, bürgerlich-feudalistischer Politik. Korrespondenz Nr. 1./PK, reproduziert eine larmoyante Beschwerde Junkers, Befürch-tungen äußernd, von möglichen weiteren Forschungsvorhaben abgeschnitten zu werden unter Darstellung des nicht wenig interessanten Aspekts der Befürwortung & Bevorzug-ung freier, gegen zweckbezogene industrielle Forschung unter Gefahr des Erkenntnis-verlusts – erstaunlich für die mathematisch/positivistisch orientierte Ingenieurswissen-schaft. Folgend, innerparteiliche Informationen/Anschreiben, kulminierend in der Ant-wort Röhms auf Junkers, 23. XI.33, daß nach Rücksprache mit dem Reichs-luftfahrtministerium keinerlei Einwände bestünden gegen eine Fortsetzung

. Forsch-u ä ’.’.’. ’ ’ ’ ’ ’ ü ,’ ’ ’ ’als Forscher auch weiterhin der deutschen Lu ’ ’ . ’ [ . . .,/ :’ .’

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III./nicht reproduziert.]. Junkers bedankte sich am 4. Januar 1934 bei Röhm & Göring für das seinen Bestrebungen und Nöten entgegengebrachte Verständnis, verweist aber auch auf erforderte Klärung weiter noch anstehender Probleme bei der Lösung der Arbeiten für die Allgemeinheit, bzgl. wichtiger Aufgaben und wünscht vollen Erfolg, persönliche Gesundheit und Glück für 1934. Von erheblichem Interesse scheint die den Materialien immanente Description der Kor-relation staatlichem – dem privatwirtschaftlichen Vorgehen zu sein – wie ebenso die Rolle staatl. Interventionismus deutlich wird – nicht zuletzt des Reichswehrministeri-ums – bereits in der Weimarer Republik dem NS, wenn nicht ein Initiator, nah. Auch erscheint, das bereits in den 2o-Jahren unternommene illegale staatliche Agieren gegen den Versailler Vertrag, seltsamerweise wenig formuliert, im Kontext einer allgemein re-pressiven Situation, mit Entwicklung autoritärer/fascistischer Syteme im gesamteuropäischen Raum ( Mussolini, 1923 , Pilsudski, Franco, Salazar, Bulg., Rumän.) Auch heute noch als Motiv des Aufstiegs des NS angeführt – äußerte sich in einer Klageschrift zum Dezennium, bsplsw. auch der spätere BuPräs. Th. Heuss – versäumen die meisten Fragestellungen das allen Fasc. Manifestationen zentrale anthropologische Problem : den Autoritarismus. Sache Junkers – unter dem NS : Nr. VIII/PK, vom 5. Februar 1934 – enthält Anschreiben mit folgendem staatsanwaltlichen Bericht [Beglaubigt Abschrift],der Gewichtigkeit wegen, gesamt reproduziert :

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Beglaubigt Abschrift . Dessau , den 5. Februar 1934 (hs. pag. : ) Einschreiben ! Persönlich ! Doppelter Umschlag

An das

Reichsluftfahrtministerium z. Hd. D. Herrn Ministerialrats H ö f e l d B e r l i n .

Ich habe in meinen früheren Berichten wieder= holt auf die staatsbedenkliche Einstellung des Professors Junkers , seiner Berater und Mitarbeiter , die sich zum Teil in leitenden Stellen des Junkerswerkes befanden , hingewie-

sen . In meinem Bericht vom 15. November 1933 habe ich nachgewiesen , dass gegen Professor Junkers weiter=

hin der unverjährte Tatbestand des Verrats militärischer Geheimnisse besteht. In Verfolg des mir erteilten weiteren Auftra-

ges kann ich zwischenberichtlich melden . dass Professor Junkers die ihm vom Reich zur Errichtung des Werkes in Russland im Jahre 1922 gegebenen 1,7 Millionen Goldmark und die im Jahre 1924 zusätzlich gezahlten 8 Millionen Reichsmark nicht ausschließlich zu dem Zwecke verwendet hat , zu welchem sie ihm ausdrücklich und allein nur gege=

ben waren . Ich habe aus den beschlagnahmten Geschäftsbü=

chern des Junkers – Werkes festgestellt , dass fast 5 Milli= onen Reichsmark von den 9,7 Millionen Reichsmark ( genau 4 863 050.70 Reichsmark ) zurückbehalten und für die Auf=

richtung und Verbesserung des eigenen Werkes verwendet worden sind . Diese Tatsache habe ich durch Zugenaussagen

D I b 142134 gel. / [hs. Anmerkung]

Nr. VIII

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[ p. 11 / v.] schon früher bestätigt erhalten , ohne das ich jedoch eine zahlenmässige Unterlage erhalten konnte . Im Jahre 1926 verlangte de r Professor Junkers

vom Reiche weitere Millionen Reichsmark mit der Begrün = dung , dass er in das russische Werk mehr Millionen hinein= gesteckt habe , als er vom Reich erhalten habe . Er spiegelte also hier unwahre Tatsachen vor , um sich in den Genuss weiterer Subventionen zu setzen . Die unlauteren Machenschaften des Professor Junkers gegen das Reich , die sich bis zu einem landesverräterischen Treiben stei= gerten , führten zu der bekannten Hingabe weiterer 17 Milli= onen Reichsmark . Professor Junkers dürfte also , wie nunmehr die Ermittlungen ergeben haben , die Tabestandsmerkmale der Untreue oder Unterschlagung und des Betruges , falls das Reich seinerzeit schon die unwahren Angaben des Professors Junkers nicht geglaubt hat) erfüllt haben . Ich werde nachweisen , das die Existenz der Jun= kerswerke überhaupt nur mit den Mitteln des Reiches bis zu dem heutigen Tage möglich war . Ich prüfe zurzeit weiter , wie und in welcher Höhe die Schulden des Professors Jun= kers , zu deren Abdeckung die letzten 17 Millinen Reichs= mark gegeben worden waren , entstanden sind , und wer sich insbesondere noch an den Reichsgeldern bereichert hat . Ferner wird die Frage geürüft werden , welche zi= vilrechtlichen Ansprüche das Reich heute gegen Pro= fessor Junkers aus dessen damaligen Machenschaften herlei= ten kann , auch für den Fall , dass seinerzeit bei der Beendi=

[ p. 12 / r. ] 12 gung des Streites Junkers gegen das Reich letzteres einen Verzicht auf Rückzahlung der Gelder ausgesprochen haben sollte . Der Leiter der Landeskriminalpolizeistelle D e s s a u . gez. L ä m m l e r Oberstaatsanwalt . Anhaltinische Beglaubigt Stempel / Staatsanwaltschaft Grossmann [andere Lesart mögl.] 688 Oberjustizinspektor

Schreiben Nr. IX :

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Der Reichsminister der Luftfahrt

LD Nr. 1625 / 34 D I 1 B geh.

G e h e i m An den Herrn Stabschef der S.A. , Victor L u t z e , Persönlich

B e r l i n W ,

Tiergartenstraße 4/5 Das Reichsluftfahrtministerium ist seit vielen Monaten mit der Klärung des Falles Junkers beschäftigt . Neuerdings ist mir bekannt geworden , daß versucht wird, über politische Persönlichkeiten auf die Regelung des Falles Junkers Einfluß zu nehmen . Ich darf ergebenst bitten , mich von allen Schritten , die in dieser Sache erfolgen , alsbald zu verständigen . Ich werde Sie über meine endgültige Entscheidung unterrichten . Ich bitte , den Inhalt der Anlage gegen Jedermann geheim zu halten . gez. Göring

Geheim F.D.R. Dr. v Hellwigs [ & andere Lesart]

Zum Akt P Reg. Rat

M i l c h - J u n k e r s

am 24 . 8. M

B e r l i n W 8 , den 8. August 1934 . Behrenstaße 68= 7o

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Fernsprecher : A 2 Flora 0047 22 . Hl Tel.=Adr. : Reichsluft Berlin

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G e h e i m 14

Aktenvermerk über den Fall Junkers

Während der langen Jahre der Zusammenarbeit zwischen dem

Reich und dem Junkers–Konzern führte das Verhalten von Professor Junkers und seinen Mitarbeitern zu stets sich wiederholenden schwersten Reibungen . In früheren Jahren war jedoch im Parteien- staat von Weimar ein Vorgehen gegen Junkers nicht möglich , da Junkers so gute und weit verzweigte Beziehungen zu allen damals herrschenden Parteien hatte , daß er zwar einerseits stets neue Unterstützungn vom Reich zu erlangen verstand , andererseits sich immer wieder jeder Einflußnahme durch das Reich und jeder Klärung der Verhältnisse zu entziehen wußte. Diese Sachlage änderte sich grundlegend mit dem 3o. Januar 1933 und dem Beginn des Aufbauprogramms Sommer und Herbst 1933. Das Reich hatte das Recht , die Pflicht und die Möglichkeit , die nationale und wirtschaftliche Zuverlässigkeit der führenden Männer der Firmen nachzuprüfen , die Träger des Aufbauprogramms werden sollten . Insbesondere mußte es für strengste Geheimhal-

tung der Aufbaumaßnhmen Sorge tragen . Diese Nachprüfung fühte bei Junkers zu einem im Interesse

des Programms untragbaren Ergebnis . Drei Gründe waren für das Einschreiten entscheidend : 1. ) Junkers hatte sich mit Mitarbeitern umgeben, deren nationale

Zuverlässigkeit zum mindesten höchst fraglich erschien , zu- mal eindeutig Beziehungen zur kommunistischen Partei und zu Sowjetrußland nachgewiesen werden konnten. 2. ) Junkers hatte Mittel , die ihm vom Reich für ein Werk in

Rußland zur Verfügung gestellt wurden , zu einem erheblichen Teil nicht zum angegebenen Zweck verwendet. Später erreich-

te er mit der unrichtigen Angabe , er habe bei dem Rußland- geschäft große Verluste erlitten , daß das Reich ihm zu- nächst mit erheblichen Mitteln beisprang und später in einem Vergleich auf alle seine Forderungen gegen Junkers verzichtete .

3. ) Wahrscheinlich mit dem Zweck , einen Druck auf die Reichs- regierung auszuüben , veröffentlichte Junkers in den Jahren 1926 und 1927 eine Reihe von Denkschriften zum Teil landes- verräterischen Inhalts über das Rußlandgeschäft . Während zu zu

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Nr. X

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- 2 - zu der Anschuldigung zu 1. ) nichts weiter zu bemerken ist, sind zu 2. ) und 3. ) kurze Bemerkungen erforderlich : Zu 2. ) : Im Jahre 1922 stellte das Reichswehrministerium Junkers in einem Geheimvertrag 9,8 Millionen zur Verfügung , die aus - schließlich zur Errichtung einer Flugzeugfabril in Rußland be- stimmt waren . Durch Buchsachverständige wurde nunmehr nachge- wiesen , daß diese Gelder nur etwa zur Hälfte in Rußland inve-

stiert wurden . Der Rest von rund 4,9 Millionen wurde ohne Wissen des Reichs für sonstige private Zwecke verwendet . Bei

Abschluß des Rußlandgeschäftes im Jahre 1926 behauptete Junkers aus diesem Geschäft einen Verlust von insgesamt über 2o

Millionen erlitten zu haben . Ein vereidigter Buchprüfer hat jetzt festgestellt , daß Junkers nach seinen eigenen Büchern nicht nur keinen Verlust , sondern sogar einen Gewinn von rund

7 Millionen aus dem Rußlandgeschäft hatte . Der Gewinn floß offenbar sonstigen Konzernzwecken zu . Der Sachverständige hat ferner festgestellt , daß Junkers zwei Konten führte . Auf dem einen erschienen erhebliche Verluste , auf dem anderen wurden große Gewinne gebucht . Das Reich erfuhr nur die Zahlen des Kontos 1) .

Durch die stets wiederholten und durch Vorlage der Buchun- gen auf Konto 1) belegten Behauptungen , Junkers habe durch Schuld des Reiches ungeheuere Verluste erlitten , erreichte Junkers 1926 einen Vergleich , in dem das Reich auf seine gesam-

ten Ansprüche gegen Junkers verzichtete . Das Reich wurde da- durch um viele Millionen geschädigt . Zu 3. ) : Der Vertrag zwischen dem Reichswirtschaftsministerium und Junkers über Rußland war im Interesse der Landesverteidigung streng geheim . Trotzdem setzte im Laufe des Jahres 1926 , in der Zeit der wirtshcaftlichen Schwierigkeiten des Junkers – konzerns , offenbar von Junkers und seien Mitarbeitern veran- laßt, eine Pressecampagne ein , in der die Forderungen von Junkers gegen das Reich allgemein und bald auch das Rußland- Geschäft insbesondere zur Sprache gebracht wurden . Im Sommer 1926 verwies die Reichsregierung Junkers mit seinen Ansprüchen

Auf

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16

- 3 - auf den ordentlichen Rechtsweg . Sie ging dabei von der Voraus- setzung aus , daß in einem etwaigen Verfahren die Öffentlichkeit ausgeschlossen und damit die Geheimhaltung gewährleistete wer-

den könne . Junkers erhob jedoch keine Klage gegen das Reich , arbeitete vielmehr , wohl um auf die Regierung für die schwe- benden Vergleichsverhandlungen Druck auszuüben , mit

Denkschriften . Eine dieser Denkshcriften , die alle Einzelhei- ten des Rußlandgeschäftes enthielt , wurde an die Mitglieder eines Unterausschusses des Reichstages verteilt . Wahrschein- lich auf diesem Wege gelangte das Geheimmaterial an den Manchester Guardian , der es in einem Artikel veröffentlichte.

Darüber hinaus wurde in einer im Sommer 1927 herausgegebenen Denkschrift , die einer gewissen Anzahl von Personen zuging ,

auch der dechiffrierte Wortlaut des Rußlandvertrages abge- druckt . Damit erscheint der Tatbestand des Landesverrats zum in objektiver Hinsicht als erfüllt , in wieweit er auch subjektiv vorliegt , wird zur Zeit noch untersucht .

Bei Bekanntwerden dieser Tatsachen im Laufe des Jahres 1933 erschien im Interesse des Reiches ein Einschreiten unbe- dingt erforderlich . Zwei Komplexe waren zu unterscheiden : a) die strafrechtliche Seite , b) die zivilrechtlich-wirtschaftliche Seite .

Zu a) : Die strafrechtliche Aktion wurde von Oberstaatsanwalt Lämmler als Leiter der Landeskriminalpolizeistelle Dessau durchgeführt . Zunächst wurden gegen Professor Junkers gewisse

Freiheitsbeschränkungen auf Grund der Verordnung zum Schutz von Volk und Staat verhängt , die inzwischen wieder aufgehoben

wurden. Gleichzeitig begann eine eingehende Prüfung des straf- rechtlichen Sachverhalts, die zu dem oben kurz skizierten

Ergebnis führte. Es erwies sich allerdings , daß wegen eines großen Teils der Anschuldigungen (Untreue , Betrug ) aus for-

malrechtlichen gründen ( Verjährung )strafrechtliche Verfol- gung nicht mehr möglich ist. An der moralischen Wertung ändert

sich damit nichts. De Einleitung eines Verfahrens wegen Landesverrats , der noch nicht verährt ist , wurde aus allge-

mein - politischen Gründen zurückgestellt . Im Frühjahr 1934

jedoch

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17 - 4 - jedoch wurde dieser Komplex auch auf ausdrücklichen Wunsch der Verteter von Junkers dem Oberreichsanwalt übergeben , der sich nunmehr schlüssig zu werden hat , ob Anklage zu erheben ist. Zu b) : Unabhängig davon , ob formal – rechtlich eine strafrecht- liche Verurteilung noch möglich ist , erschien bei der gegebe- nen Sachlage ein weiteres verbleiben von Junkers in den Werken untragbar. Zwei Grundforderungen waren im Interesse der Durch- führung des Programms zu stellen :

Unbedingte Gewährleistung der Geheimhaltung und Verhinderung der Verschleuderung von Reichsgeldern.

Die Erfüllung beider Forderungen war nach den oben dargelegten Vorfällen nicht gewährleistet . Am 18. 1o. 1933 wurde daher an Professor Junkers die Forderung gestellt , vorbehalt- lich einer endgültigen Regelung 51 % der Aktien und Anteile einem Treuhänder zu übergeben . Dies geschah . Bald erwies sich diese Zwischenlösung als unzureichend . Eine volkommene Tren- nung der Person Junkers von den Werken war unbedingt erforder- lich . Unberührt sollte die Möglichkeit von Junkers zu weiterer privater Forschungsarbeit bleiben . Es sollte ein Kauf– und Schiedsvertrag zwischen em Reich und Junkers geschlossen wer- den . Alle Anteile an den Werken sollten (zunächst) auf das Reich übergehen , der Kaufpreis sollte von einem unabhängigen Schiedsgericht festgesetzt werden , dem sich beide Teile unter- werfen. In monatelangen stets wiederholten Verhandlungen versuchte das Reich zu einer r Erledigung auf dieser Basis zu kommen . Der inzwischen bestellte Generalbevollmächtgte von Junkers . Rechtsanwalt Dr. Eschstruth , erklärte sich mit den Grundsätzen einverstanden ; die Verhandlungen wurden jedoch sehr lange hinaus gezögert . Schließlich wurde ihm eine Frist zum 5. 8. 1934 gesetzt . Er hatte nunmehr den Vertragsabschluß in der vorge- sehenen Form abgelehnt . Mit Schreiben vom 4. 8. 1934 wurde ihm mitgeteilt , daß nnmehr ohne Vertragsabschluß ein Gremium unabhängiger Sachverständiger den Wert feststellen werde , Weitere Maßnahmen wurden vorbehalten .

ENDE DES TEXTs DIESER ARCHIVALIE

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Nach der NS-Akten Bestandskontroll - Seite am Ende der ns Orig.- Archivalie (Abb. ne- ben stehend), wurden durch Mitarbeiter des

. BDC zwei Seiten biographisch-lexikal. Quel-

. lenkopien - ergänzt Erkennbar an d. zwei Einträgen wird vor al- lem, die biograph. ns Version unterschlug

H. Junkers Mitgliedschaften in vier ame- rikanischen Gesellschaften.

Folgende gleichzeitige Einträge des PK- Bestands , ehem BDC - wurden nach Mai, 8. 1945 ergänzt : Deutsches Führerlexikon / 1934 – ’’ Junkers, Hugo, Professor / Dr.-Ing. e. h. der TH München, Dr. ph. H.c. der Univers. Gießen., Dessau , Kaiserplatz 21. [ & Ab.] Geboren : 3. Februar 1839 in Rheydt als Sohn des Webereibesitzres Heinrich J. und seiner Frau Luise, geb. Vierhaus. ― Bildungsgang : Gewerbeschule , spätere Oberreal-schule in Barmen ; Studium des Maschinenbaus an den Technischen Hochschulen in Berlin, Karlsruhe Aachen. ― Berufsgang u. a. : 1883 Regierungs-Bauführer Examen an der Technischen Hochschule Aachen;1884/89 Tätigkeit als Konstrukteur bei verschie-denen Maschinenfabriken in Berlin und im Rheinland ; 1892 Fertigstellun g der ersten Gegenkolben – Gasmaschine System Oechelhaeuser und Junkers in Dessau ; 1895 Entstehung der Firma Junkers & Co. in Dessau, Gasbadeöfen ; 1897 / 1912 o. Professor an der Technischen Hochschule Aachen : Lehrsthl für Wärmetechnik ; 1910 Anmeldung des für den Junkers–Flug-zeugbau grundlegenden Gleitfliegerpatents ( DRP. 233 788) ; 1915 Übersiedlung der Forschungsanstalt Prof. Junkers von Aachen nach Dessau ; 1915 Entwicklung und Fer-tigung des ersten Ganzmetall-Flugzeugs der Welt mit freitragendem dicken Flügel, der Junkers J 1 , bei Junkers & Co. ( jetzt im Deutschen Museum in München aufgestellt); 1916 Aufnahme der Serienproduktion von Ganzmetall-Flugzeugen ; seit 1919 Junkers-Flugzeugwerk A.- G. , Dessau ; 1927 Fertigentwicklung des Junkers-Schweröl Fahrzeugmotors; 1932 Fertigentwicklung des Junkers-Schweröl Flugzeugmotors ; die Junkers – Werke umfassen : Forschungsanstalt Professor Junkers , Junkers – Flugzeugwerk A.-G. , Junkers – Motorenbau G.m.b.H. , Junkers-Kalorimeterbau G.m.b.h.; Korrespondierendes Mitglied der Preuß. Akademie der Wissenschaften, Berlin; außerordentliches Mitglied d. Akademie des Bauwesens ; Akademie für Deutsches Recht. Auszeichnungen : E.K. II am weißen Bande ; Inhaber der Bunsen-Pettenkofer-Ehrentafel, der Grashof-Denkmünze, der Wilhelm-Exner-Medaille, des Siemens-Rings, der goldenen Verdienst-Medaille des Österrechischen Aeroclubs, Wien ; Ehrensenator des Friedrichs-Polytechikum, der städtischen Gewerbehochschule

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Köthen, der Technischen Hochschule Aachen und München ; Ehrenbürger der Städte Aachen, Dessau, Rheydt. Reichshandbuch der Deutschen Gesellschaft , 1931 Junkers, Hugo, Dr.-Ing. E.h., Dr. phil. H.c.,. Prof. - Geb. 3. 2. 1859 in Reydt als Sohn eines Webereibesitzers und dessen Gattin Luise, geb. Vierhaus. – Verh. seit 1897 mit Therese, geb. Bennhold, Tochter des Prof. B. in Dessau. – Kinder : Herta, geb. 1899; Anneliese, geb. 19oo; Werner, geb. 19o2; verst. 1923; Ruth, geb. 19o2; Ilse, geb. 19o3;Klaus, geb. 19o6; Ehrhard, geb. 19o8; Heinrich, geb. 191o; Luise,geb. 1913; Günter, geb. 1915; Gudrun, geb. 1916; Dorothee, geb. 192o. – Nach dem Besuche der Höheren Gewerbeschule (Oberealschule) in Barmen, studierte J: 1878 – 88 an den Technischen Hochschulen Berlin-Charlottenburg, Karlsruhe und Aaxchen und bestand 1883 das Examen als Regierungs-Bauführer. 1884 – 1888 war er als Konstrukteur bei verschiedenen Maschinenfabriken inBerlin und im Rheinland tätig und befasste sich 1889 bis 1892 mit Studien und Forschungsarbeiten zur Konstruktion von Großgasmo-toren in Zusammenarbeit mit Wilhelm v. Oechelhaeuser in Dessau . 1892 gelang ihm die Fertigstellung der ersten Gegenkolbengasmaschine, System Oechelhaeuser und Jun-kers. Er schuf den Junkers Kaloriemeter für kontinuierliche Heizwertbestimmung auf Grund seiner wärmetechnischen Studien am Gasmotor. 1893 begann J. mit seinen wär-metechnischen Forschungsarbeiten zur Entwicklung von Wärmeaustauschapparaten (Warmwasserbereitung und Heizung) in Anlehnung an das Kalorimeterprinzip. Er baute den ersten Junkers Gasbadeofen . 1893 nahm er die Fabrikation von Kalorimetern und Wärmeaustauschapparaten auf, bis er 1897 als o. Prof. für Wärmetechnik und als Leiter des Maschinenlaboratoriums an die Technischen Hochschule Aachen berufen wurde. J. setzte seine wärmetechnischen Forschungen und Entwicklungsarbeiten an Gasapparaten und an der Verbrennungsmaschine fort und gründete eine eigene Versuchsanstalt. Seine wärmetechnischen Studien führten 1900 zur Einführung des Lamellensystems für Wärmeaustauschapparate. 1903 entstand aus besonderen Studien über Wärmedurch-gangs-Strömungen und Wirbelung der erste Lamellenkaloriser für heizzwecke: seit 1908 wird dieser fabrikmäßig für Heizungs-, Kühlungs-, Trocjnungs- und Lüftungsanlagen hergestellt. ― Auf Grund seiner Forsdchungsarbeiten am Verbreenungsmotor stellte J.

’’ ’ ’’ ’ ’ ’ ’ ’ ’’ ’ ’ ’ -Flügel- .’ ’ ’ ’ ’ ’ ’ ’ ’ ’ ü ’1913 zum Bau des ersten Ganzmetallflugzeugs mit verspannungslosem , freitragenden Flügel, das seit 1916 serienweise hergestellt wird. 1919 schuf er das erste ausschließlich Verkehrszwecken dienende Flugzeug. Ein Jahr später setzte dieEntwicklung eigener Luftverkehrs-Unternehmungen im In- und Ausland ein. J. entwickelte auf Grund seiner Forschungen das Flugzeug weiter und schuf verschiedene Passagier- und Frachtflugzeug-typen in Zusammenarbeit mit dem Luftverkehr. Den Gegenkolbenmotor entwickelte er weiter, schuf 926 den Fahrzeugölmotor und 1929 den Oelflugmotor . ―

’ :’ ’ „’ ’ ’ ’ ’ ’ ’ ’ßö ’ ’ ’ ’ ,’ ’ ;’ ’ ’

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Arbeiten auf dem Gebiete des Met ’ ’ ’ ’ ’ ’’ ’ ü ’ ,’ ’ ,’ ’ ’ ;’ „ ’ ’

’ ’ ’ ’ ’ ’ ’ ,’ .’ ,’ .’ ’ ’– J. ist Mitglied des Vereins Deutscher Ingenieure ; des Vereins von Gas- und Wasserfachmännern; der Schiffbautechnischen Gesellschaft ; der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Luftfahrt; der American Society for Test Materials(Philadelphia) ; der American Society of Mechanical Engineers (New (New York); der American Society of automitive Engineers (New York); der American Society of Heating and Vertilating Engineers (New York) und der Deutschen Gesellschaft von 1914 (Berlin). ― J. ist Ehrensenator der Gewerbehochschule in Cöthen (seit 1926) ; Inhaber der Bunsen – Pet-tenkofer – Ehrentafel (seir 1926); der Grashofdenkmünze (seit 1927) ; Ehrenbürger der Städte Dessau, Aachen und Reydt (seit 1928) ; Ehrensenator der Technischen Hoch-schule Aachen (seit 1928); Mgl. der Preussischen Akademie der Wissenschaften (seit 1929) und seit 1929 Ehrenbürger de Technischen Hochschule Karlsruhe i. B. ― Er ist Inhaber zahlreicher Orden und Ehrenzeichen . ― Dessau , Kaiserplatz 21

Russland-Ausschuss d. dt. Wirtschaft. Einige pp. Korrespondenz – Ordner 9o8 / Wehrwirt-schaftsführer – ehem. B. Doc.Center - jetzt Bundesarchiv Berlin, Finckensteinallee 63

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