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© BLE 2003 Wilms-Rademacher Tiergesundheit im ökologischen Landbau D3 Allgemeine Tierhaltung Informationsmaterialien über den ökologischen Landbau (Landwirtschaft einschl. Wein-, Obst- und Gemüsebau) für den Unterricht an landwirtschaftlichen Berufs- und Fachschulen (Initiiert durch das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau) Fachschule Landwirtschaft

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Tiergesundheit im ökologischen Landbau

D3 Allgemeine Tierhaltung

Informationsmaterialien über den ökologischen Landbau (Landwirtschaft einschl. Wein-, Obst- und Gemüsebau) für den Unterricht an landwirtschaftlichen Berufs- und Fachschulen

(Initiiert durch das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau)

Fachschule Landwirtschaft

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Wilms-Rademacher

Warum das Thema Tiergesundheit?

Der Erfolg eines landwirtschaftlichen Betriebs mit Nutztierhaltung ist wesentlich von den biologischen Leistungen der Tiere abhängig.

Dauerhaft hohe Leistungen erfordern gesunde Tiere.

Fragen der Tiergesundheit sind also auch im ökologischen Landbau von hoher Bedeutung.

Bei Fragen der Tiergesundheit werden Verfahrens- und Einstellungsunterschiede zwischen ökologischer und konventioneller Landwirtschaft sehr deutlich.

Das Thema ist damit für den Unterricht unverzichtbar.

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Wilms-Rademacher

Warum das Thema Tiergesundheit?

Der ökologische Landbau beansprucht, durch Zucht, Fütterung und Haltung der Nutztiere beste Voraussetzungen für eine optimale Tiergesundheit zu schaffen. Diese Gesichtspunkte werden an anderer Stelle betrachtet.

Besonders intensives Bemühen um Erhaltung bzw. Wieder-herstellen der tierischen Gesundheit ist kennzeichnend für Tier-haltung im ökologischen Landbau. Typisch sind dabei unter Begrifflichkeiten wie „Naturheilverfahren“ zusammengefasste Vorgehensweisen. Diese weichen deutlich von den in der konventionellen Landwirtschaft angewandten „schulmedi-zinischen“ Methoden ab.

Zwischen diesen Ansätzen bestehen einerseits erhebliche Gegensätze. Andererseits folgen Praktiker, Berater und Tierärzte oft dem Motto: „Was hilft und heilt, wird angewendet, egal welche Theorie dahinter steht.“

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Wilms-Rademacher

Warum das Thema Tiergesundheit?

Wir können vorläufig festhalten:

Die Begrifflichkeiten zum Thema Tiergesundheit sind nicht eindeutig und nicht einheitlich.

Die Sachverhalte sind großenteils verwickelt und nur selten unmittelbar einsehbar.

Für eine eigenständige Beurteilung ist deshalb eine intensive und grundsätzliche Auseinandersetzung mit den verschie-denen Heiltheorien und -verfahren nötig.

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Wilms-Rademacher

Wo stehen wir? Wo stehen die Verbraucher?

Bei der Beantwortung dieser Fragen helfen die nachfolgenden Fragebögen!

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1. Wie bewerten Sie die Tierhaltung im ökologischen Landbau?

Allgemeines

Futter und Fütterung gesund 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 ungesund

Haltung tiergerecht 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 nicht tiergere.

Umgang mit den Tieren schonend 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 brutal

Produkte

  schmackhaft 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 nicht schm.

  gesund 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 ungesund

  rückstandsfrei 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 belastet

Tiergesundheit

Stellenwert wichtig 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 unwichtig

Vorgehensweise gründlich 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 nachlässig

Maßnahmen schonend 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 belastend

Vorbeugung vorrangig 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 nachrangig

Medikam.-verbrauch insges. hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Antibiotika-Einsatz hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Leistungsförderer-Einsatz hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Hormon-Einsatz hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Einsatz von illeg. Mitteln hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Einsatz von Naturheilverf. sehr häufig 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 sehr selten

Einzeltierberücksichtigung hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Betreuung durch Tierarzt intensiv 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Kostenaufwand je Tier hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

                           

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2. Wie bewerten Sie die Tierhaltung im konventionellen Landbau?

Allgemeines

Futter und Fütterung gesund 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 ungesund

Haltung tiergerecht 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 nicht tierger.

Umgang mit den Tieren schonend 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 brutal

Produkte

  schmackhaft 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 nicht schm.

  gesund 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 ungesund

  rückstandsfrei 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 belastet

Tiergesundheit

Stellenwert wichtig 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 unwichtig

Vorgehensweise gründlich 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 nachlässig

Maßnahmen schonend 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 belastend

Vorbeugung vorrangig 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 nachrangig

Medikam.-verbrauch insges. hoch  5 4   3  2 1  0  1  2  3  4   5 gering

Antibiotika-Einsatz hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Leistungsförderer-Einsatz hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Hormon-Einsatz hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Einsatz von illeg. Mitteln hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Einsatz von Naturheilverf. sehr häufig 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 sehr selten

Einzeltierberücksichtigung hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Betreuung durch Tierarzt intensiv 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Kostenaufwand je Tier hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

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3. Wie bewerten Sie den Einsatz von Naturheilverfahren bei Nutztieren?

Wirkung sicher 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 unsicher

schonend 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 be-lastend

nachhaltig 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 flüchtig

Zeitaufwand für den Tierhalter hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Betreuung durch Tierarzt intensiv 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Zeitaufwand für den Tierarzt hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Medikamentenkosten hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Vorbeugung vorrangig 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 nach-rangig

Medikamentenverbrauch insges. hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Antibiotika-Einsatz häufig 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 untersagt

Leistungsförderer-Einsatz hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Hormon-Einsatz hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Einsatz von illegalen Mitteln hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Einzeltierberücksichtigung hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Kostenaufwand hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Wirtschaftlichkeit insgesamt hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

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4. Wie bewerten Sie den Einsatz von konventionellen, schulmedizinischen Heilverfahren bei Nutztieren?

Wirkung sicher 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 unsicher

schonend 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 be-lastend

nachhaltig 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 flüchtig

Zeitaufwand für den Tierhalter hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Betreuung durch Tierarzt intensiv 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Zeitaufwand für den Tierarzt hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Medikamentenkosten hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Vorbeugung vorrangig 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 nach-rangig

Medikamentenverbrauch insges. hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Antibiotika-Einsatz häufig 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 untersagt

Leistungsförderer-Einsatz hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Hormon-Einsatz hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Einsatz von illegalen Mitteln hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Einzeltierberücksichtigung hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Kostenaufwand hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Wirtschaftlichkeit insgesamt hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

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Wilms-Rademacher

5. Wie bewerten Sie Ihren derzeitigen Wissensstand zu den nachstehenden Themen bzw. Teilbereichen?

Tiergesundheit allgemein hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Krankheitsursachen hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Stoffwechselerkrankungen hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Infektionskrankheiten hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Immunsystem hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Antibiotika-Problematik hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Schulmedizinische Verfahren hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Naturheilverfahren hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Homöopathie hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Phytotherapie hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Akupunktur hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Reiki hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Bachblütentherapie hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

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Wilms-Rademacher

6. Wie schätzen Sie die Bedeutung der Behandlung der nachstehenden Themen im Rahmen des Fachs „Ökologische Landwirtschaft“ ein?

Tiergesundheit allgemein hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Krankheitsursachen hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Stoffwechselerkrankungen hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Infektionskrankheiten hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Immunsystem hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Antibiotika-Problematik hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Schulmedizinische Verfahren hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Naturheilverfahren hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Homöopathie hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Phytotherapie hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Akupunktur hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Reiki hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

Bachblütentherapie hoch 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 gering

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Auf welche Fragen brauchen wir Antworten?

a) Für ökologische Betriebe gelten spezielle Normen. Wo liegen die Unterschiede zu konventionellen Betrieben? (Folie 15)

b) Ökologische Betriebe setzen meistens auf Naturheilverfahren, konventionelle Betriebe eher auf die Schulmedizin. Was ist das eigentlich? (Folien 16 - 21)

c) Krankheit - Gesundheit - Leben. Wie werden diese wichtigen Begriffe im ökologischen Landbau, wie in der konventionellen Landwirtschaft verstanden? (Folien 22 - 25)

d) Was löst eigentlich Krankheiten aus? (Folien 26 - 29)

e) Warum machen Infektions- und Stoffwechselkrankheiten so vielen Betrieben so große Probleme? (Folien 30 - 31)

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Auf welche Fragen brauchen wir Antworten?

f) Wie funktionieren eigentlich die natürlichen Abwehrein-richtungen gegen Infektionen? (Folien 32 - 46)

g) Was gibt es an verschiedenen Naturheilverfahren? Welche haben Bedeutung im ökologischen Landbau? (Folien 47 – 48)

h) Was stört den ökologischen Landbau an den schulmedizinischen Verfahren der Tierbehandlung?(Folien 49 - 59)

i) Was ist an der im ökologischen Landbau angewendeten Homöopathie anders und besonders. Was ist von ihr zu halten? (Folien 60 - 84)

j) Homöopathie wurde ursprünglich für und an Menschen entwickelt. Kann man sie bei Tieren anwenden? (Folien 85 - 89)

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Mögliche Antworten :

von a) bis j)

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a) Normen für ökologische Betriebe – wo liegen die Unterschiede zu konventionellen Betrieben?

Für ökologische Betriebe gelten alle Mindestnormen wie für konventionelle Betriebe auch.

Außerdem: Kein vorbeugender Einsatz von chemisch-synthetischen Arzneimitteln (Antibiotika)! Falls Einsatz von chemisch-synthetischen Arzneimitteln unvermeidbar: Verdopplung der Wartezeiten, mindestens 48 Stunden! Für Ökosiegel-Vermarktung: maximal drei chemisch-synthetische Behandlungen pro Jahr bei Kühen, Mastbullen und Sauen, maximal eine bei Geflügel und Mastschweinen! Keine antibiotischen Leistungsförderer! Kein Schwanzkupieren, kein Abkneifen der Zähne, kein Stutzen der Schnäbel! Enthornen nur mit Ausnahmegenehmigung!

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b) Was ist eigentlich Schulmedizin?

Schulmedizin: Medizin, die an anerkannten wissenschaft-lichen Hochschulen gelehrt wird, und deren Erlernen Voraussetzung für die Zulassung zu einer ärztlichen Tätigkeit ist.

Schulmedizin ist „wissenschaftliche“ Medizin, d. h. Metho-den und Theorien anderer Wissenschaften (z. B. Chemie, Physik, Biologie, Psychologie, Sozialwissenschaften) werden je nach Brauchbarkeit für die Erkennung, Behand-lung und Vorbeugung von Krankheiten auswählt und/oder abgewandelt. Aus diesen Erfahrungen werden Regeln für die medizinische Praxis erarbeitet. Mit dem Fortschritt in den anderen Wissenschaften ändern und verbessern sich sich auch ständig die Anwendungspraktiken in der Schulmedizin.

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b) Was ist eigentlich Schulmedizin?

Die Schulmedizin hat so in den letzten 200 Jahren in der Diagnose und Behandlung vieler Krankheiten gewaltige Fortschritte gemacht.

Objektiv ist unser durchschnittlicher Gesundheitszustand heute unvergleichlich viel besser als der unserer Vorfahren vor 200 Jahren. Unsere Lebenserwartung hat sich z. B. mehr als verdoppelt.

Besonders große Fortschritte, z. B. bei Gefäßchirurgie, Notfallmedizin, Transplantationen, plastischer Chirurgie, Bekämpfung vieler Seuchen (Pocken, Tuberkulose), manchen Krebsarten (Hodenkrebs, Kinderleukämie), stehen vergleichsweise geringere Fortschritte bei Allergien und bei anderen chronischen, oft psychosomatisch oder psychosozial beeinflussten Erkrankungen gegenüber.

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b) Was ist eigentlich Schulmedizin?

Viele Menschen erwarten bei Krankheit das Erleben von Fürsorglichkeit, Milde, Sanftheit, Zuwendung, Pflege, Geduld, Anteilnahme, Hingabe usw. Sie erleben statt-dessen oft einen Medizinbetrieb, der von Kommerzi-alisierung, Spezialisierung, Anonymität, Bürokratie, Großapparaten, Rationalisierung, Zeitknappheit usw. geprägt ist.

Die „gefühlte“ Gesundheit vieler Menschen in heutigen Industriegesellschaften ist deshalb offenkundig viel schlechter als die objektiv messbare. Deshalb ist die Kritik an der Schulmedizin weit verbreitet.

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b) Was sind eigentlich Naturheilverfahren?

Besonders in den letzten 30 Jahren ist das Interesse an solchen Alternativen zur Schulmedizin enorm gestiegen. Naturheilverfahren ist ein nicht einheitlich definierter Oberbegriff für unterschiedliche Therapiemethoden u. Konzepte. Gemeinsam ist ihnen, dass sie für sich in Anspruch nehmen, nebenwirkungsarm zu sein und mit natürlichen Mitteln die individuellen, körpereigenen Ordnungs- und Heilkräfte anzuregen.

In Deutschland ist die Homöopathie vermutlich das am weitesten verbreitete nicht-schulmedizinische Heilverfahren. Manche Verfahren der Naturheilkunde waren früher Bestandteil der Schulmedizin, z. B. die Phytotherapie. Viele, wie etwa Akupunktur, Ayurveda oder Reiki stehen im Zusammenhang mit religiösen oder philosophischen Vorstellungen fernöstlicher Herkunft.

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b) Was sind eigentlich Naturheilverfahren?

Anwendungsschwerpunkte der Naturheilverfahren sind die bereits erwähnten Krankheitsbereiche, bei denen die Fortschritte der „Schulmedizin“ relativ geringer sind, also chronische Erkrankungen, oft mit psychosomatischem und psychosozialem Hintergrund, und Allergien.

Die Sammelbezeichnung „Naturheilverfahren“ ist in vielen Fällen objektiv offensichtlich falsch und jedenfalls als Abgrenzungsbegriff zur Schulmedizin wenig tauglich. Was etwa soll am Einstechen von Nadeln, also Akupunktur, natürlich sein? Die Bezeichnungen „Alternative Heilverfahren“ oder „nicht-schulmedizinische Verfahren“ träfen vermutlich eher zu und wären weniger wertend oder mit Nebenbedeutungen besetzt.

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b) Was sind eigentlich Naturheilverfahren?

Gemeinsam ist allen alternativen Ansätzen, dass sie versuchen, die endgültige Richtigkeit ihrer Lehrmeinung zu beweisen und zu begründen. Das Kernmerkmal und die Kernforderung heutiger Wissenschaft, nämlich Änderungen und Verbesserungen über den Beweis der Unrichtigkeit bisheriger Auffassungen zu erreichen, akzeptieren und erfüllen sie nicht.

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c) Krankheit - Gesundheit - Leben

Die konventionelle Landwirtschaft orientiert sich am Gesundheitsbegriff der Schulmedizin, d.h. der WHO-Definition von 1948:

Gesundheit ist der Zustand vollkommenen, körperlichen und sozialen Wohlbefindens. Auf Tiere übertragen heißt das, dass sie, soweit zugänglich und erfassbar,

normale Organfunktionen aufweisen,

beschwerdefrei alle arttypischen Verhaltensweisen zeigen und

stressfrei mit anderen Tieren und den Menschen in ihrer Umwelt verkehren.

Gesundheit ist dabei ein Gleichgewichtszustand, der immer wieder neu hergestellt werden muss.

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c) Krankheit - Gesundheit - LebenLeben wird in der Schulmedizin bzw. der konventionellen Landwirtschaft biologisch, d. h. rein materialistisch als die Summe von Stoffwechselprozessen verstanden. Systeme, bei denen diese Prozesse störungsfrei verlaufen, sind gesund, ansonsten krank. Das ganze Lebewesen entspricht der Summe seiner Teile. Diese sind heute schon weit-gehend definiert und menschlichen Zu- und Eingriffen grundsätzlich zugänglich. Alles, was man an Lebewesen beobachten und feststellen kann, ist die Folge von bestimmten, prinzipiell ebenso feststell- und beobacht-baren Ursachen. Alle Einwirkungen müssen bestimmte, logisch nachvollziehbare Folgen haben.

Menschlicher bzw. tierischer Geist, also Bewusstsein, Denken, Gefühle, Intelligenz usw. werden ebenfalls materialistisch interpretiert, d. h. konkret als das Ergebnis des Stoffwechsels und der Interaktion entsprechend vieler und entsprechend hochentwickelter Nervenzellen.

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c) Krankheit - Gesundheit - Leben

Krankheit kann schulmedizinisch immer dann und um so eher angenommen werden, wenn und um so mehr sich die in den jeweiligen Definitionen von Gesundheit genannten, wesentlichen Kenngrößen und Bedingungen vom Normal-bereich entfernen.

Gesundheit wird schulmedizinisch als der Normalfall unterstellt. Abweichungen von diesem Normalzustand, also Krankheiten, müssen dann in irgendeiner Weise verursacht werden bzw. verursacht worden sein.

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c) Krankheit - Gesundheit - Leben

Nicht nur im ökologischen Landbau halten viele Menschen diese rationalen, naturwissenschaftlichen, „kalten“ Ansätze für unzureichend. Sie gehen davon aus, dass Lebewesen als Ganzes viel mehr sind als die Summe ihrer beobachtbaren und beeinflussbaren Teile. Sie glauben, dass die nicht-materiellen Lebenskräfte und Wirkprinzipien auf bestimmte Weise erfasst und beeinflusst werden können.

Deshalb setzen sie auf entsprechende nicht-materielle Ansätze zur Erhaltung oder Wiederherstellung gestörter Verhältnisse innerhalb von Lebewesen, also auf Heilung von Krankheiten mit entsprechenden Verfahren.

Zwischen den einzelnen Naturheilverfahren sind die Auffassungen über Leben, Gesundheit und Krankheit z. T. recht unterschiedlich.

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d) Was löst eigentlich Krankheiten aus?

Krankheit wird bei Mensch und Tier schulmedizinisch stets auf Ursachen zurückgeführt. Natürlich können in der Wirk-lichkeit des Lebens viele verschiedene Ursachen bzw. Faktoren gleichzeitig und in unterschiedlichster Wechsel-wirkung an der Entstehung und Entwicklung einer Krankheit beteiligt sein.

Trotzdem ist es sinnvoll und grundsätzlich auch möglich, einzelne Krankheitsursachen von einander abzugrenzen und einzeln zu analysieren.

Die folgenden Übersichten zeigen den Versuch einer Übersicht über Krankheitsfaktoren.

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d) Was löst eigentlich Krankheiten aus?

Krankheitsfaktoren können aus den betroffenen Lebewesen selbst stammen oder aus der Umwelt.

1 Endogene Krankheitsfaktoren (sind aus dem Lebewesen selbst wirkend)

1.1 Genetische Defekte

1.2 Stoffwechselstörungen - wobei letztere natürlich oft genug von außen veranlasst werden.

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d) Was löst eigentlich Krankheiten aus?

2 Exogene Krankheitsfaktoren (stammen aus der Außen-/Umwelt)

2.1 Abiotische KrankheitsfaktorenResultieren aus der unbelebten Umwelt bzw. leben selbst nicht

2.1.1 Physikalische KrankheitsfaktorenZ. B. Blitzschlag oder Ertrinken oder vom Tierhalter beeinfluss-bare Faktoren wie Liegeflächen, Stallboden etc. Soweit hier durch Fehler in Material oder Ausführung bei den Tieren krankhafte Schäden entstehen, spricht man von Technopathien.

2.1.2 Chemische KrankheitsfaktorenZ.B. alle giftigen Verbindungen, auch wenn diese von Lebewesen gebildet worden sind, solange diese Lebewesen diese Gifte nicht im Tierkörper gebildet oder freigesetzt haben. Ebenso zählt auch das Fehlen essentieller Substanzen (Vitamine, AS, mehrfach ungesättigte FS, Spuren- bzw. Mengenelemente) zu den chemischen Krankheitsfaktoren.

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d) Was löst eigentlich Krankheiten aus?

2.2 Biotische Krankheitsfaktoren

2.2.1 Prionen

2.2.2 Viren

2.2.3 Bakterien

2.2.4. Pilze Die von diesen ersten drei Faktoren ausgelösten Prozesse werden

auch als Infektionen bezeichnet.

2.2.5 (echte) Einzeller

2.2.6 Würmer/Egel

2.2.7 Milben/Insekten Die von den drei letzteren Faktoren ausgelösten Prozesse werden

manchmal auch als Invasionen bzw. Parasitosen bezeichnet.

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e) Infektions- und Stoffwechselkrankheiten

Bei größer werdenden Tierbeständen nimmt das Risiko von Infektionen und Invasionen überproportional zu.

Größer werdende Tierbestände führen häufig zu Hal-tungsbedingungen, die für die Tiere Stress bedeuten. Stress führt zur Bildung von Stresshormonen, welche über die Dämpfung des Proteinstoffwechsels die Funktion des Immunsystems herabsetzen.

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e) Infektions- und Stoffwechselkrankheiten

Die Leistungsveranlagung heutiger Nutztiere hat sich ex-plosionsartig entwickelt. Hauptursachen hierfür sind mo-derne Zuchtmethoden und die künstliche Besamung. Der Zuchtfortschritt ist dabei nicht in allen Stoffwechselberei-chen gleichmäßig. Viele Betriebe klagen bei den schnellen Stoffwechselumstellungen nach dem Abkalben bzw. Abferkeln über zunehmende Gesundheitsprobleme.

Die Fähigkeiten bzw. Möglichkeiten der Tierhalter im Bereich der Tierernährung entwickeln sich langsamer als die Leistungsveranlagung ihrer Tiere. Auch deshalb bereiten Stoffwechselkrankheiten auf vielen Betrieben erhebliche Schwierigkeiten.

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f) Abwehreinrichtungen gegen Infektionen

1 Parammunität

Unter diesem Begriff fasst man alle unspezifischen Abwehrein-richtungen des Organismus gegen Infektions- bzw. Invasions-erkrankungen bzw. ihre Erreger zusammen.

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f) Abwehreinrichtungen gegen Infektionen

1.1 Haut

1.1.1 Lederhaut und HaarkleidDie trockene, saubere und unverletzte Lederhaut mit ihrem pH-Wert von ca. 5,5 ist für die weitaus meisten Erreger rein mechanisch völlig undurchdringlich und kein geeigneter Ver-mehrungsraum. Der Tierhalter sollte entsprechend alles tun, um dieses Abwehrorgan funktionsfähig zu halten. Zu erinnern ist hier an:

Ausreichende Einstreu oder andere geeignete Sauberkeitsmaßnahmen;Die Sicherstellung der Fell- und Hautpflege durch die Tiere selbst oder Putzen und Scheren durch den Landwirt Ausreichende Versorgung mit Vitamin-A, Pantothensäure und ZnMinimierung von Hautverletzungen durch geeignete Technik (z. B. Fressgitter ohne scharfe Kanten)Angemessene Behandlung etwaiger Hautverletzungen je nach Größe (Säubern, Desinfizieren, Antibiotika- bzw. Zn-Salben bzw. -sprays, Abdecken, Verbinden)

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f) Abwehreinrichtungen gegen Infektionen

1.1.2 SchleimhäuteSchleimhäute sind wegen ihrer ungeheuer großen Oberfläche, ihrer Feuchtigkeit und ihrer sehr geringen Dicke bevorzugte Eintrittsstellen von Erregern. Schleimhäute kleiden den Verdauungstrakt, die Atemwege, den Urogenitaltrakt und die Augen aus. Zu ihrem Schutz finden sich etliche, funktionell durchaus unterschiedliche Einrichtungen:

Spüleffekte (Harn, Nasensekret, Niesen, Husten)

Flimmerepithelien (Lunge)

pH-Wert-Änderungen (< 3 im Magen, > 7 im Duodenum)

Eiweißspaltende Enzyme (Pepsin, Trypsin)

Symbionten, d. h. ungefährliche, meist säurebildende Bakterien, welche u. a. die Besiedlung mit unerwünschten Krankheitserregern, insbesondere Fäulniserregern und Pilzen verhindern (Mund / Maul, Vormägen, hintere Darmabschnitte, Vagina)

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f) Abwehreinrichtungen gegen Infektionen

Die Abwehrfunktionen der Schleimhäute kann der Tierhalter unter

anderem unterstützen, indem erdie Vitaminversorgung sicherstellt,

übermäßige Verkeimung des Futters durch korrekte Lagerung verhindert,

zu geringe Luftfeuchtigkeiten im Stall vermeidet,

die Schleimhäute so wenig wie möglich und wenn nur mit absolut sauberen Händen berührt,

mit dem Einsatz von Probiotika gefährdete Schleimhautbereiche im Darm gezielt besiedelt,

durch gesäuertes Futter für Fäulniskeime ungünstige Bedingungen schafft.

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f) Abwehreinrichtungen gegen Infektionen

1.2 Fieber und Kreislauf-/StoffwechselbeschleunigungVon den erkrankten Individuen werden diese Änderungen allgemein als sehr unangenehm empfunden. Es ist durchaus strittig, ob ihnen eine eigene Abwehrfunktion gegen die Erkrankung zukommt oder ob sie nur deren unangenehme, ja schädliche Folge und daher zu bekämpfen sind. Fieber macht beispielsweise nur dann Sinn, wenn der Erreger auf Temperaturanstieg deutlich empfindlicher reagiert als die Körperzellen.

Die mit einer Infektion häufig verbundene Mattheit und Appetitlosigkeit können zur sinnvollen Vermeidung unnötiger Bewegungen und zur Entlastung des Verdauungsapparates führen. Fieber und Schmerzen können mit nebenwirkungsarmen Mitteln wie z. B. Acetyl-Salicyl-Säure zuverlässig bekämpft werden.

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f) Abwehreinrichtungen gegen Infektionen

1.3 InterferonbildungInterferon ist eine Botensubstanz, die von virusbefallenen Zellen gebildet wird und bei anderen Zellen u. a. eine erhöhte Virus-abwehrbereitschaft auslösen kann. Jede Virusinfektion löst unabhängig von ihrer Schwere diese Schutzreaktion aus, so dass mit entsprechenden Präparaten (z. B. auf Hühnerpockenbasis) Wahrscheinlichkeit und Schwere von typischerweise virus-induzierten Erkrankungen wie etwa Rindergrippe reduziert werden können. Diese Parammunitäts-Inducer können ohne Neben-wirkungen wiederholt eingesetzt werden und bleiben etwa 10 bis 14 Tage wirksam. Eine Immunitätssteigerung (Boosterung) durch Wiederholung wie bei echten Schutzimpfungen erfolgt allerdings nicht.

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f) Abwehreinrichtungen gegen InfektionenJede aktive Schutzimpfung gegen Viren hat als erwünschte, allerdings vorübergehende Nebenwirkung diese erhöhte allgemeine Virusabwehrbereitschaft zur Folge.

1.4 Makrophagentätigkeit Makrophagen sind große weiße Blutkörperchen (Leukozyten), die ständig überall im Körper anzutreffen sind. Sie sind eigen-bewegungsfähig und können sich durch kleinste Zwischenräume in Zellverbänden zwängen. Makrophagen patrouillieren ständig auch auf Schleimhautoberflächen, z. B. der Atemwege. Sie haben die Fähigkeit, körperfremde Substanzen als solche zu erkennen. Sie umfließen diese dann und versuchen, sie enzymatisch abzubauen. Da sie die dabei festgestellten Strukturen der Fremdsubstanz an andere Zellen des Immunsystems weiter-melden, sind sie gewissermaßen das Bindeglied zwischen Immun- und Parammunsystem. Wenn sie bei ihrer Tätigkeit lokal massenhaft absterben, bilden sie Eiter, der seinerseits für einige bakterielle Erreger eine ideale Vermehrungsgrundlage darstellt. 

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f) Abwehreinrichtungen gegen Infektionen

2 ImmunitätDer Immunitätsbegriff ist nicht eindeutig definiert und soll hier als das Ergebnis einer erfolgreichen Auseinandersetzung des Immunsystems mit einem Krankheitserreger verstanden werden. Das Immunsystem ergibt sich aus dem Zusammenwirken der weißen Blutkörperchen.

Weiße Blutkörperchen: Makrophagen (große Fress-/Meldezellen), Granulozyten (kleine Fresszellen), Helferzellen, Plasmazellen, Killerzellen, Unterdrückerzellen und Gedächtniszellen.

Je nach Erregertyp ist die Immunreaktion unterschiedlich.

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f) Abwehreinrichtungen gegen Infektionen

2.1 VirusinfektionenBei Virusinfektionen analysieren die Makrophagen die von ihnen aufgenommenen Viren und melden die beim Abbau gefundenen Strukturen an die Helferzellen weiter.

Die Helferzellen veranlassen eine dramatische Vermehrung von Plasmazellen einerseits und Killerzellen andererseits.

Die Plasmazellen bilden in fast unglaublicher Geschwindigkeit und Menge zu den Oberflächen des Virusantigens passende Globulineiweiße, sogenannte Antikörper. Diese reagieren mit den Viren in den Körperflüssigkeiten und bilden so nicht mehr ansteckungsfähige Antigen-Antikörperverbindungen. Diese werden von Makrophagen und Granulozyten entsorgt, was Phagozytose (wörtlich: Zellfressen) genannt wird. Diese Bildung von Antikörpern wird auch als humorale (wörtlich: feuchte) Immunreaktion bezeichnet, da die Antikörper vor der Reaktion mit den Antigenoberflächen in den Körperflüssigkeiten in gelöster Form vorliegen.

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f) Abwehreinrichtungen gegen Infektionen

Wichtig ist nicht nur die Bekämpfung der im Körper vorhandenen Viren, es muss ebenso die Bildung neuer Viren durch bereits befallene Körperzellen unterbunden werden. Derartige Zellen werden ihrerseits durch Antikörper markiert und so für die Killerzellen kenntlich gemacht. Die Vernichtung dieser befallenen Körperzellen durch Killerzellen nennt man auch Zytolyse (wörtlich: Zellauflösung) Nach dem gleichen Prinzip versucht der Körper übrigens erkannte Krebszellen zu vernichten.

Antikörper haben also eine wichtige Doppelfunktion:

1. Blockierung / Unschädlichmachung von Antigenen,

2. Markierung von (infizierten) Zellen.

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f) Abwehreinrichtungen gegen Infektionen

Nach erfolgreicher Bekämpfung von Viren und virusbildenden Befallszellen führen die Unterdrückerzellen die Bildung von Plasma- und Killerzellen wieder auf Normalmaß zurück.

Die Gedächtniszellen behalten die für eine schnelle Immunantwort wichtigen Informationen. Wenn und solange sie ausreichend vorhanden sind, kann der gleiche, unveränderte Erreger abgefangen werden, bevor er eine Erkrankung des Organismus auslösen kann. Dieser Zustand ist dann Immunität. Allerdings behalten die Gedächtniszellen nicht alle Antigeninformationen gleich gut. Auch ändern manche Erreger ihre Oberflächen-strukturen sehr schnell. In diesen Fällen gibt es keine oder keine vollständige Immunität.

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f) Abwehreinrichtungen gegen Infektionen2.2 Bakterielle Infektionen

Die Immunreaktion gegen Infektionen durch Bakterien oder andere Erreger mit eigenem Stoffwechsel läuft im Detail etwas anders ab. Hauptproblem sind hier unter Umständen nicht die Erreger selbst, sondern ihre teilweise extrem giftigen Stoffwechselprodukte, die Toxine. Gegen diese werden Antikörper gebildet, die mit ihnen zu ungiftigen Antigen-Antikörper-verbindungen reagieren, welche nach geschildertem Muster phagozytiert werden.Andere Antikörper markieren die Erreger für die Killerzellen, welche wiederum versuchen, die Erreger mittels Zytolyse abzutöten. Wieder beseitigen Makrophagen und Granulozyten die Überreste. Auch hier zeigt sich wieder die Doppelfunktion der Antikörper - Blockieren und Markieren. Besonders schwierig zu bekämpfen sind solche Erreger, die als Zellinnenparasiten existieren, wie Mykoplasmen oder Kokzidien. In dieser Position sind sie für Antikörper kaum zugänglich, da diese ja in den Körperflüssigkeiten gelöst sind, die außen um die Zellen vorhanden sind.

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f) Abwehreinrichtungen gegen Infektionen

2.3 Unterstützung bzw. Entlastung für das Immunsystem Dies kann der Tierhalter in mehrfacher Hinsicht leisten.

2.3.1 StressminimierungUnter Stress bildet der Organismus Corticoide. Diese greifen sehr stark dämpfend in den Proteinstoffwechsel ein. Damit werden Entzündungssymptome zwar gemildert, aber damit auch das Immunsystem sehr nachhaltig unterdrückt.

2.3.2 Hygiene

Die Kapazitäten des Immunsystems sind begrenzt. Sauberkeit und Hygiene sind nicht nur für die Fernhaltung obligat pathogener Erreger wesentlich. Auch die Anzahl ubiquitärer = (überall verbreiteter) Keime sollte minimiert werden.

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f) Abwehreinrichtungen gegen Infektionen

2.3.3 Antibakterielle MedikamenteDiese wirken ergänzend zum Immunsystem. Allerdings hat der hochdosierte Einsatz wirksamer bakterienzerstörender Mittel (z. B. bestimmte Antibiotika) unter Umständen den Preis einer relativ schwachen Immunitätsausbildung.

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f) Abwehreinrichtungen gegen Infektionen

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g) Naturheilverfahren - Bedeutung im Öko-Landbau

AderlassAkupunkturAkupressurAnthroposophische MedizinAromatherapieAusleiten nach AschnerAyurvedaBachblütenBiochemie nach SchüßlerBioresonanzBlutegelChiropraktikEigenbluttherapieGegensensibilisierungElektrotherapieFarbtherapie

HomöopathieHomotoxikologieAntihomotoxische TherapieKinesologieMagnetfeldtherapieMassageNeuraltherapiePhysikalische Anwendungen (z. B. Wickel)PhythotherapieReikiSauerstoff-/OzontherapieSchröpfenShiatsuUmstimmungstherapieZytoplasmatische Therapie

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g) Naturheilverfahren - Bedeutung im Öko-Landbau

Innerhalb der Fülle alternativer Behandlungssysteme ist die Homöopathie der bei weitem wichtigste Ansatz. Daneben, und vielfach in Kombination mit homöopathischen Behandlungsmethoden angewandt, sind auch noch die Phytotherapie, die Bach-Blütentherapie und sonstige, teilweise aus fernöstlichen Kulturbereichen stammende Verfahren wie etwa Reiki und Akupunktur erwähnenswert.

Insgesamt ist die Zahl alternativer Ansätze allerdings noch sehr viel größer als die vorstehende Liste, zumal sich innerhalb bestimmter Ansätze häufig Untersysteme mit eigenen Schulen bilden.

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h) Kritik an schulmedizinischen Tierbehandlung

Manche der schulveterinärmedizinischen Behandlungsmethoden werden im ökologischen Landbau - aber nicht nur dort - sehr kritisch gesehen, weil sie zu stark und zu schnell bestandsweise Antibiotika einsetzen. Das gefährdet durch Resistenzbildung bei pathogenen Keimen die tierische und auch die menschliche Gesundheit. Außerdem laboriere die konventionelle, d. h. schulmedizinischen Vorgehensweise vorwiegend an Symptomen und vernachlässige dabei womöglich die Beobachtung, Behandlung und Betreuung der Einzelpatienten. Diese Kritik hat auch in der konventionellen Landwirtschaft zu erheblichen Veränderungen geführt, z. T. erzwungen durch geänderte Rechtsvorschriften. Einige der mit diesen Vorwürfen zusammenhängenden Fragestellungen sollen nachfolgend näher untersucht werden.

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h) Kritik an schulmedizinischen Tierbehandlung

1. Was sind Antibiotika und wie wirken sie?

Antibiotika (Einzahl = Antibiotikum) sind Stoffwechselprodukte von Mikroben, meist Pilzen, die den Stoffwechsel anderer Mikroben, meist Bakterien schädigen. Keimhemmende, also die Vermehrungsaktivität behindernde, und keimzerstörende A. sollten in der Therapie nicht kombiniert werden.

Die Wirkmechanismen beruhen auf:

Hemmung der Zellwandsynthese > Platzen der Keime wg. Weiterwachsen der Zellmasse (Penizillin, Cephalosporin, Bacitracin)Störung der Zellwanddurchlässigkeit > Platzen der Keime wg. Druckanstieg (Polymyxin, Colistin, Streptomycin)Hemmung der Proteinsynthese (Tetrazyklin, Aminoglykosid)Hemmung der Nukleinsäurebildung (Gyrasehemmer)

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h) Kritik an schulmedizinischen Tierbehandlung

Hauptvorteil vieler Antibiotika ist, dass sie solche Stoffwechselbereiche angreifen, die in den Zellen von echten Ein- und Mehrzellern nicht vorkommen. Daher sind einige Antibiotika (Penizillin!) nebenwirkungsfrei oder nebenwirkungsarm. Das macht den Einsatz solcher Antibiotika außerordentlich attraktiv. Nachträglich zwecks Wirkungsverbesserung veränderte Antibiotika bezeichnet man als teilsynthetische Antibiotika. Vollsynthetische Substanzen mit gleicher Wirkrichtung heißen Chemobiotika.

Die Entdeckung der Antibiotika durch Alexander Fleming in den 20er- Jahren des vorigen Jahrhunderts und die spätere massenhafte Herstellung und Anwendung schien den Sieg über bakterielle Erkrankungen wie z. B. die Tuberkulose in Reichweite zu bringen.

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h) Kritik an schulmedizinischen Tierbehandlung

2. Was ist unter Resistenzproblematik zu verstehen?

Mikroben haben ein ungeheuer großes Vermehrungsvermögen. Dabei kommt es auch zu Mutationen. Diese sind meist nachteilig, in seltenen Fälle für die jeweilige Lebensumwelt auch positiv. Die mutierten Mikroben vermehren sich dann schneller und verdrän-gen die nicht-mutierten Varianten. Wenn Antibiotika in der Umwelt von Bakterien eingesetzt werden, treten unvermeidlich resistente Typen auf und vermehren sich. Das Resistenzgen gegen ein Antibiotikum kann auch eine Resistenz ein anders aufgebautes, aber wirkungs-ähnliches Antibiotikum bedeuten. Derartige Resistenzeigenschaften von Bakterien können über die Gattungsgrenzen hinaus weiter gegeben werden.

Diese verschärfte Problematik wird auch als Kreuzresistenz bezeichnet.

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h) Kritik an schulmedizinischen Tierbehandlung

Deshalb verschärft leichfertiger Einsatz von Antibiotika grund-sätzlich die Resistenzproblematik. Außerdem sind logischerweise die leicht und schnell zu findenden bzw. zu entwickelnden Anti-biotika zuerst gefunden und entwickelt worden. Es wird immer schwieriger und langwieriger werden, neue, noch wirksame Antibiotika zu entwickeln. Die Fähigkeit von Bakterien zur Resis-tenzbildung ist prinzipiell unbegrenzt. Der falsche und leichtfertige Einsatz von Antibiotika wird daher langfristig ihren Einsatz unwirksam machen. Allerdings werden bei langzeitigem Nicht-einsatz bestimmter Antibiotika die Resistenzen auch abnehmen. Hätte nämlich die Resistenz-Mutation weitere, grundsätzlich positive Eigenschaften für die jeweiligen Bakterien, müssten alle Bakterien immer schon gegen alle Antibiotika resistent sein.

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h) Kritik an schulmedizinischen Tierbehandlung

3. Und was hat das mit der Tierhaltung zu tun?

Die Gesundheit von Nutztieren wird genauso wie die von Menschen durch bakterielle Erkrankungen bedroht. Daher setzen auch Tierärzte (und Landwirte) gerne Antibiotika ein. Wo – z. B. in Mastbetrieben – junge Tiere mit noch nicht voll ausgereiftem Immunsystem aus unterschiedlichen Beständen, d. h. mit unterschiedlichstem Keimmilieus belastet, unter nicht optimalen Umständen zusammen kommen (crowding-Syndrom), drohen immer Krankheiten. Unter diesen Bedingungen ist, solange Antibiotika billig, noch wirksam und leicht zu beschaffen sind, ihr massenhafter, bestandsweiser, vorbeugender Einsatz die bequeme Alternative zu konsequenten Hygiene-, Impf-, und Zuchtmaßnahmen- und Maßnahmen zur Verbesserung der Stallumwelt der Tiere bzw. zum Abbau von Stressfaktoren.

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h) Kritik an schulmedizinischen Tierbehandlung

Unter diesen Umständen haben sich Missstände heraus gebildet, bei denen z. B. Tierärzte ganzjährig von Hof zu Hof zu reisen, um den jeweiligen Medikamentenbedarf zu decken, ohne die Tierbestände selbst zu betreuen. Gerade auch die ökologische Landwirtschaft hat solche Zustände stets scharf kritisiert. Das hat inzwischen seitens der Politik zu erheblichen und hoffentlich wirksamen Einschränkungen für den Antibiotika-Einsatz im Rahmen der Veterinärmedizin geführt.

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h) Kritik an schulmedizinischen Tierbehandlung

Der ökologische Landbau lehnt auch den Einsatz sogenannter „nutritiver“ Antibiotika zur Leistungsförderung an sich gesunder Tiere kategorisch ab. Antibiotika in Konzentrationen weit unterhalb der therapeutischen Wirksamkeit können bei Nutztieren beträchtliche Leistungssteigerungen bewirken. Ausgehend von den USA wird inzwischen weltweit dieser Einsatz von Leistungsförderern betrieben und zwar teilweise mit Antibiotikagruppen, die in ähnlicher Form und entsprechend höherer Dosierung auch in der Humanmedizin eingesetzt werden. Bisher wurde der unmittelbare Nachweis der Resistenzbildung bei pathogenen Keimen und damit der Gefährdung menschlicher Gesundheit nicht eindeutig erbracht. Dennoch hat die – gerade auch von der ökologischen Landwirtschaft – vorgetragene Kritik am Einsatz dieser nutritiven Antibiotika zu einem Einsatzverbot für etliche dieser Substanzen geführt. Ein generelles, EU-weites Verbot der letzten vier noch zulässigen antibiotischen Leistungsförderer ist in Aussicht. Auch alle Qualitätsprogramme für konventionelle Tierhaltung beinhalten heute einen Verzicht auf den Einsatz nutritiver Antibiotika.

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h) Kritik an schulmedizinischen Tierbehandlung

4. Wo besteht weiteres Konfliktpotential zwischen konventioneller und alternativer Veterinärmedizin?

Schulmedizinisch gilt Impfen, insbesondere gegen Seuchenerreger, als Königweg zur Schaffung und Erhaltung gesunder Tierbestände. Hier besteht die Chance den Erreger zu tilgen, d. h. ihn grundsätzlich aus der Lebensumwelt der Nutztiere zu entfernen. Daher gibt es gesetzlich vorgeschriebene oder öffentlich geförderte Impfprogramme. Allerdings sind (leider) keineswegs gegen alle Erreger wirksame Impfstoffe verfügbar. Gegen den Einsatz von Lebendimpfstoffen hat die EU wegen des Risikos eines Impfdurchbruchs Vorbehalte.

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h) Kritik an schulmedizinischen Tierbehandlung

Manche Vertreter der, von der ökologischen Landwirtschaft besonders bevorzugten, Homöopathie bzw. der anthroposophischen Medizin lehnen Impfen kategorisch ab, weil dadurch auf den grundsätzlich positiv zu bewertenden Erfahrungsschatz´durch die Auseinandersetzung mit einer Infektionskrankheit verzichtet wird. Allerdings hat diese Position auch bei Veterinären, die im Bereich des ökologischen Landbaus aktiv sind, wenig Rückhalt. Soweit Impfmaßnahmen gesetzlich vorgeschrieben sind, müssen sie auch in der Tierhaltung im ökologischen Landbau durchgeführt werden.

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h) Kritik an schulmedizinischen Tierbehandlung

Der Einsatz von Hormonen zu Zwecken der allgemeinen Leistungs-steigerung ist derzeit auch in der konventionellen Landwirtschaft EU-weit verboten, allerdings weniger aus ökologischen bzw. Tierschutz- oder Verbraucherschutzgründen, sondern aus Furcht vor Vermarktungsproblemen. Der Hormoneinsatz wird in der ökologi-schen Landwirtschaft auch dort abgelehnt, wo er in der konventio-nellen Landwirtschaft, allerdings relativ selten und nur in größeren Beständen eingesetzt wird, nämlich zur Synchronisation von Sexual-Zyklen bei Sauen, Schafen und Kühen.

Die ökologische Landwirtschaft lehnt solche, in der Tat tief in biologische Steuerungsprozesse eingreifende, Maßnahmen als „unnatürlich“ ab.

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i) Homöopathie

Das berühmte Motto der Homöopathie : „Similia similibus curentur“ = „Ähnliches soll durch Ähnliches geheilt werden“

Wähle, um sanft, schnell, gewiss und dauerhaft zu heilen, in jedem Krankheitsfalle eine Arznei, welche ein ähnliches Leiden (homoion pathos) für sich erregen kann, als sie heilen soll!

Der Begründer der Homöopathie:

Samuel Hahnemann (1755-1843)

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i) Homöopathie

Die HomöopathieHat das Ziel und den Anspruch, den Gesamtorganismus sanft und völlig ohne Nebenwirkungen zu heilen oder im Gesundheitszustand zu verbessernWurde Ende des 18. Jahrhunderts von dem, mit den damaligen schulmedizinischen Möglichkeiten und Methoden zutiefst unzufriedenen, Arzt und Naturwissenschaftler Samuel Hahnemann begründet, benannt und in den folgenden Jahren vom ihm weiter entwickeltIst seitdem nur unwesentlich, vor allem nicht qualitativ, verändert bzw. weiter entwickelt wordenIst ein ursprünglich für die Heilung und Behandlung von Menschen konzipiertes, aber im Prinzip auch bei Tieren anwendbares VerfahrenZählt in den meisten Ländern nicht zur Schulmedizin, d. h. nicht zum Pflichtprogramm dessen, was ein Arzt für seine Zulassung wissen und beherrschen muss

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i) Homöopathie

Die HomöopathieHatte Ende des vorigen Jahrhunderts einen Höhepunkt in ihrer Verbreitung und danach stark an Bedeutung verloren, ist aber, wie andere alternative Heilverfahren auch, seit etwa 30 Jahren wieder deutlich im AufwindFindet in erster Linie bei subakuten bzw. chronischen, psychosomatischen, psychosozialen sowie allergischen Erkrankungen AnwendungWird von vielen schulmedizinischen Ärzten und Tierärzten nicht ausschließlich, sondern in stark wechselndem Umfang neben bzw. zusammen mit schulmedizinischen Methoden eingesetztVerfügt über ein schriftlich festgelegtes, festes, im Grundsatz von jedermann erlernbares Regelwerk und beansprucht nicht, wie etliche andere alternative Heilverfahren, den Zugriff auf nur Eingeweihten zugängliche, para-normale Kräfte.

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i) Homöopathie

Prinzipien der Homöopathie

Die Anwendung der Ähnlichkeitsregel führt zur Auswahl der richtigen Arzneimittel

Die Homöopathie nimmt an, dass die typischen Reaktionen, die ein gesunder Organismus als Symptome auf die Verabreichung bestimmter Störstoffe (Gifte) zeigt, Hinweise darauf sind, dass er, der Organismus, versucht, sein ursprüngliches Gleichgewicht, d. h. seine Gesundheit zurückzuerlangen. Zeigt ein Organismus ohne Verabreichung dieser Gifte die gleichen Symptome, ohne sofort von selbst zu gesunden, geht die Homöopathie davon aus, dass die Stoffe (Gifte), die beim Gesunden die Symptome auslösen, beim Kranken die nötigen Gegen- oder Abwehrmechanismen fördern oder auslösen.

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i) Homöopathie

Eingesetzt werden viele in der Natur vorkommende Stoffe (z. B. Kochsalz, Eisen, Gold, Kupfer usw.), darunter auch giftige Substanzen wie Arsen, Phosphor, Quecksilber oder etwa Schlangengifte, auch sehr viele giftige Pflanzenalkaloide, sowie Krankheitserreger, erkranktes Gewebe und Eiter (sogen. Nosoden) sind in der Homöopathie wichtige Heilmittel. Bis heute sind mehr als 1.000 Substanzen im Homöopathischen Arzneibuch aufgeführt, d. h. sie sind im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf Gesunde erfasst und beschrieben. Dies ergibt dann für die jeweilige Substanz ihr sogenanntes „Arzneimittelbild“. Insgesamt sind in Deutschland mehr als 10.000 homöopathische Präparate auf dem Markt, darunter viele sogenannte Komplexmittel, d. h. Kombinationen mehrer bzw. vieler Einzelmittel in meist relativ niedriger Dosierung. Letztere werden bevorzugt zur Selbstmedikation von Laien oder auch von nicht-homöopathischen Ärzten bzw. Tierärzten eingesetzt.

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i) Homöopathie

Entsprechend der bei Patienten erhobenen Befunde (Krankheitsbild) sucht der Homöopath das dazu passende Arzneimittelbild und findet so das geeignete Mittel. Dabei achtet er nicht nur auf das einzelne Symptom, sondern auch darauf, unter welchen speziellen Umständen, den sogenannten Modalitäten, es sich gezeigt hat. Diese Modalitäten sollen die exakte Bestimmung des richtigen Arzneimittels erleichtern und verbessern. Deshalb legt die klassische Homöopathie großen Wert auf eine sehr sorgfältige Befundaufnahme. Dazu gehört auch eine gründliche Erforschung der Vorgeschichte der Erkrankung.

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i) Homöopathie

Eine weitere Hilfe bei der Suche nach dem für den jeweiligen Patient individuell am besten passenden Arzneimittel verspricht sich die Homöopathie der Berücksichtigung der sogenannten Organ- bzw. Gewebebeziehungen, die für manche Mittel als vorrangig festgestellt worden ist.

Hinzukommt, dass Menschen bestimmten homöopathischen Konstitutionstypen zugeordnet werden, welche übereinstimmende physische und psychische Merkmale aufweisen, die eine Beziehung zu typischen homöopathischen Arzneimitteln aufweisen. Die Behandlung mit diesem Mittel beeinflusst die Patienten in ihrer Gesamtverfassung positiv - unabhängig von dem nach dem Ähnlichkeitsprinzip ermittelten Heilmittel zur Behandlung ihrer jeweiligen Erkrankung.

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i) Homöopathie

Sehr geringe Dosierungen der Heilmittel und sehr spezifische Herstellungsvorschriften

Das Auslösen des Heilungsprozesses durch eine Gabe des Fremdstoffs in der Höhe, die für sich allein bei Gesunden auch die Symptome auslösen könnte, also den Patienten zusätzlich krank machen könnte, wäre zu gefährlich. Der Organismus braucht nicht den (Gift-)Stoff an sich, sondern nur die in ihm vorhandene Fähigkeit, den Körper zu heilen. Dazu genügen sehr kleine, für sich allein völlig ungiftige Mengen, im Extremfall nicht einmal der Stoff selbst, sondern nur Informationen über ihn. Die Dosierung einer homöopathischen Arznei ist dann ideal, wenn sie ganz kurzfristig und gefahrlos die Krankheitssymptome verstärkt. Diese sogenannte Erstverschlimmerung gilt als sicheres Anzeichen dafür, dass das Arzneimittel richtig ausgewählt worden ist, welches die Heilung auslöst. Die weitere Behandlung kann dann in einer geringeren Dosierung erfolgen.

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i) Homöopathie

Die Verringerung der Dosierung wird nicht durch Verkleinern der Arzneistoffmengen durch Teilen erzielt, sondern durch ein sehr spezifisches Verfahren, das „Potenzieren“. Dafür hat schon der Begründer der Homöopathie, Hahnemann, feste Regeln aufgestellt. Es erfolgt durch ein genau vorgeschriebenes Verschütteln (bei flüssigen Stoffen) bzw. Verreiben (bei festen Stoffen) der Ausgangssubstanz (= sog. Urtinktur) mit Alkohol oder Wasser bzw. mit Milchzucker. Im Verhältnis 1:10 ergeben sich D(ecem)-Potenzen, bei 1:100 C(entum)-Potenzen, bei 1:50.000 Q(uintaginta milia)-Potenzen - auch LM-Potenzen genannt.

Nach jeder Potenzierungsstufe ist also von der Ausgangssubstanz nur noch 1/10, 1/100 oder 1/50.000 vorhanden. Daher geht auch von noch so gefährlichen Urtinkturen ab D4 (= 1/10.000) keine Gefahr mehr aus. Deshalb sind alle homöopathischen Arzneimittel ab D4 rezeptfrei.

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i) Homöopathie

Durch die richtige Verschüttelung bzw. Verreibung der jeweiligen Substanz bzw. Potenzierungsstufe erfolgt stofflich eine Verdünnung und gleichzeitig - nach homöopathischer Überzeugung - eine Verstärkung des Heileffekts.

Eine allgemeine Therapie-Empfehlung lautet, akute Erkrankungen mit „Tief“-Potenzen von D4 bis D11 in kurzen Zeitabständen bis zu halbstündlich zu behandeln.

Subakute und funktionelle Störungen sollen mit mittleren Potenzen (D12 bis D20) ein bis zweimal täglich, chronische Erkrankungen mit Hochpotenzen ab D30 in größeren zeitlichen Abständen therapiert werden.

Bei hauptsächlich psychisch beeinflussten Erkrankungen verwenden klassische Homöopathen oft Höchstpotenzen von z. B. C1000. Dies ist eine weit größere Verdünnung, als mit sämtlichen Atomen des Universums möglich wäre.

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i) Homöopathie

Wirkungsweise der Homöopathie

Der Begründer der Homöopathie hatte keine genaue Erklärung dafür, mit welchen Kräften und Mechanismen homöopathische Heilmitteln die Heilungsprozesse bewirken. Verschiedene Anhänger der Homöopathie bieten z. T. unterschiedliche Ansätze, etwa die Transformationswirkung von Biophotonen, welche auf und durch das Trägermedium übertragen werde. Einen sehr anschaulichen Ansatz beschreibt J. Rost in Anlehnung an G. Bayr [1].Ausgehend davon, dass Gesundheit ein ständig durch Störung bedrohter, aktiv aufrecht zu erhaltender Prozess ist, ergibt sich das nachstehende Bild:  [1] Bayr,G. „Kybernetische Denkmodelle der Homöopathie“ Haug, Heidelberg (1982)

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Abwehrsysteme

+ - - +

Symptome

Störung

Gesundheit

Reiz

i) Homöopathie

Die Störung der Regelstrecke „Gesundheit“ wird vom Organismus des Patienten wahrgenommen (=Reiz). Das System erreicht unter bestimmten Umständen den Ausgangszustand Gesundheit nicht mehr.

Dadurch werden die Abwehrsysteme aktiv, die gegensinnige Wirkungen auslösen. Diese werden vom Patienten (und gegebenenfalls vom Arzt) als Symptome wahrgenommen, sind also nicht die Krankheit, sondern Ausdruck der Abwehrreaktionen.

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i) Homöopathie

Die Störung der Regelstrecke „Gesundheit“ wird vom Organismus des Patienten wahrgenommen (=Reiz). Dadurch werden die Ab-wehrsysteme aktiv, die gegensinnige Wirkungen auslösen. Diese werden vom Patienten (und gegebenenfalls vom Arzt) als Symptome wahrgenommen, sind also nicht die Krankheit, sondern Ausdruck der Abwehrreaktionen. Das System d. h. der Organismus erreicht unter bestimmten Umständen den Ausgangszustand Gesundheit nicht wieder oder nicht schnell genug wieder. Das tritt immer dann ein,

wenn das Regelsystem überreagiert, wie z. B. bei einer Allergie oder bei zu hohem Fieber;

wenn extremen Störungen vorliegen, für die keine Abwehr verfügbar ist, z. B. bei schwersten Verletzungen oder dauerndem Fehlen essentieller Stoffe;

wenn das Regelsystem die Reize nicht erkennt;

wenn das Regelsystem zu schwach ist, um auf Reize ausreichend zu reagieren.

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i) Homöopathie

Aus medizinischer Sicht muss zuerst versucht werden, die Störung zu beseitigen, z. B. eine durch zu geringen Klauenabrieb entstan-denen Fehlstellung der Klaue durch entsprechendes Beschneiden zu beheben oder einen Vitaminmangel durch entsprechende Füt-terung auszugleichen. Dies nennt man Kausaltherapie.

Manchmal sind die Störungen nicht eindeutig erkennbar oder nicht kurzfristig zu beheben, wie z. B. bei falscher Stallgebäudekonzeption. Dann greift die Schulmedizin bevorzugt zu Maßnahmen, die den Symptomen entgegenwirken. Diese Konträrtherapie stellt nach homöopathischer Auffassung einen Eingriff in die Eigenregulation des Organismus dar, der möglichst vermieden werden soll. Das leuchtet ein, wenn die Symptome den Patienten sehr stark belasten. Wenn Fieber zu hoch steigt, muss eine fiebersenkende Maßnahme versucht werden und wenn z. B. ein Kalb durch den Durchfall auszutrocknen droht, muss der Durchfall gestoppt werden.

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i) Homöopathie

Das heißt aus homöopathische Sicht, dass die körpereigene Reaktion unterdrückt wird. Daher spricht man auch von Suppressionstherapie. Diese gehört, wie auch der Ersatz von Fehlendem, die sogenannte Substitutionstherapie, also die gezielte Gabe von Antikörpern, Vitaminen, Hormonen, Enzymen, Mineralien, zum Oberbegriff Konträr-Therapie. Gleiches gilt für Maßnahmen, die den Kreislauf, die Atmung, die Nierenfunktion usw. anregen sollen, die sogenannte Exzitationstherapie. Sehr kritisch sieht die Homöopathie die Inhibitionstherapie, bei der „Anti“-Mittel die körpereigenen Immunreaktionen ergänzen, meist aber eher ersetzen sollen. Dazu zählen Antibiotika, Sulfonamide, Kokzidiostatika, Anthelmintika, Insektizide und Akarizide.Entsprechend dem Grundschema auf Folie 71 kann die Therapie auch bei der Reiz-Wahrnehmung des Organismus ansetzen, der spezifischen Stimulationstherapie. Hierzu zählen aktive Schutzimpfungen und die Homöopathie, welche aber der aktiven Schutzimpfung skeptisch bis teilweise radikal ablehnend gegenübersteht.

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i) Homöopathie

Insgesamt bietet sich dann das nachstehende Gesamtschema. Die Homöopathie geht davon aus, dass außer der Kausaltherapie möglichst die spezifische Stimulationstherapie in Form der Homöopathie gewählt werden sollte, weil sie ohne den Organismus zu belasten und ohne Nebenwirkungen helfend da eingreift, wo die vorhandenen Selbstregulationskräfte Anstöße und Hinweise brauchen.

Entsprechend dem Regelkreisschema könnte auch der Bereich der Abwehrsysteme in allgemeiner Weise ohne unmittelbaren Zusammen-hang mit der aktuellen Erkrankung gefördert werden, was als unspezifische Reiztherapie bezeichnet werden kann und wozu Maßnahmen wie Heilfasten, Bewegungstherapie, Physiotherapie usw. gehören. Dies sind Therapieformen, die bei Nutztieren nur bedingt verwirklicht werden können.

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aktivierend inaktivierend

Konträr-Therapie

Substitution

ExzitationInhibition

SuppressionHomöopathieAkt. SchutzimpfungDesensibilisierung

Spezifische Stimulation

Unspezifische Stimulation

Störung Kausaltherapie

i) Homöopathie

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i) Homöopathie

Für die Homöopathie spricht aus Sicht eines medizinischen Laien,dass ihre humanen Grundsätze - so sanft, gewiss, schnell und dauerhaft wie möglich zu heilen - ethisch vorbildlich sind;

dass klassische Homöopathen ihre Patienten mit außerordentlich großer Intensität und Sorgfalt behandeln;

dass sehr viele Menschen die homöopathische Behandlung offensichtlich als lindernd, hilfreich und heilend erleben;

dass homöopathische Medikamente in den üblichen Dosierungen, jedenfalls ab D4, immer unschädlich sind;

dass homöopathische Arzneimittel im Vergleich zu anderen Präparaten sehr kostengünstig sind;

dass Homöopathen keine Kompetenzen beanspruchen, wo Organe oder Organsysteme funktionslos geworden oder schwer geschädigt sind, und deshalb eine ausschließlich homöopathische Behandlung gefährlich wäre.

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i) Homöopathie

Argumente gegen die Homöopathie aus Sicht eines medizinischen Laien:Der Anspruch auf endgültige und unübertreffbare Lösungen ist in Kunst, Religion und Philosophie vorstellbar, aber sicher nicht im Bereich einer angewandten Wissenschaft. Die Heilkunst ist keine Kunst im eigentliche Sinne, sondern hauptsächlich eine Wissenschaft.

Die Schulmedizin hat in den letzten 200 Jahren dramatische Fortschritte gemacht. Verglichen damit erscheint die Homöopathie statisch und wenig innovativ. Sie greift selbst kaum neue naturwissenschaftliche oder wissenstheoretische Ansätze auf, um sich zu entwickeln und zu erweitern.

Homöopathie wird oft in Kombination mit anderen nicht-schulmedizinischen Verfahren praktiziert und angewandt, welche weniger seriös und nachvollziehbar erscheinen als die Homöopathie selbst.

Die Einstufung der Patienten in Konstitutionstypen, also in Menschen mit aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes fest vorgegebenen physiologischen, intellektuellen und charakterlichen Eigenschaften, ist wissenschaftlich nicht haltbar und mit heutigen Vorstellungen von Individualität und Menschenwürde kaum vereinbar.

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i) Homöopathie

Kritik seitens der Schulmedizin

Die Schulmedizin lehnt die Homöopathie überwiegend ab.

Wesentliche Kritikpunkte sind:

1. Die Homöopathie ist im Ansatz vorwissenschaftlich und irrational. Ihr Hauptprinzip, die sogenannte Simile-Regel (Ähnliches heile man mit Ähnlichem, welches beim Gesunden ähnliche Symptome hervorruft) ist ein oberflächlicher Analogieschluss. Er führt zu der, aus schulmedizinischer Sicht lächerlichen Annahme, man könne völlig verschiedene, weil völlig verschieden verursachte Erkrankungen mit dem gleichen Mittel therapieren, z. B. mit Pulsatilla-D6 Ischias und krankhafte weibliche Eifersucht, mit Brechnuss (nux vomica) Verdauungsbeschwerden, Streitsucht, Hämorrhoiden, Kater, Migräne, verklebte Augenlider, Erkältungen, Darmverschluss, Prostatabeschwerden, Nierenkolik, Impotenz, Hexenschuss, Harnträufeln und Akne.

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i) Homöopathie

2. Homöopathen erheben den Anspruch, Patienten ganzheitlich zu behandeln, und werfen der Schulmedizin vor, sie bekämpfe nur Symptome, statt den Menschen zu heilen. Gleichzeitig basiert aber die ganze Homöopathie ausschließlich auf der Erhebung und Erkennung von Symptomen. Der Ganzheitlichkeitsanspruch passt auch nicht zu der Tatsache, dass es einen fast unübersehbar großen Markt für rezeptfreie Homöopathika gibt.

3. Das Potenzieren und die Annahme, dass dadurch Substanzen in ihrer Wirksamkeit gesteigert werden können, missachtet wesentliche Erkenntnisse der Biologie, Physik und Chemie. Dass die Dosis erst den Unterschied zwischen Gift und Heilmittel macht, ist auch der Schulmedizin bekannt. Dass aber eine ständige Verringerung einer Dosis eine tendenziell immer stärkere Wirkung auslösen soll - nicht nur in einem Einzelfall, sondern als durchgängiges Prinzip - , ist für Schulmediziner nicht akzeptabel. Ab D23 findet man kein einziges Molekül der Urtinktur bzw. Ausgangssubstanz mehr in einem homöopathischen Präparat, dafür aber andere Moleküle aus unvermeidlichen Verunreinigungen der Trägerstoffe. Dass und wie die Trägerstoffe die Wirkinformationen der Urtinktur, nicht aber die der Verunreinigungen transportieren sollen, ist nicht nachvollziehbar.

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i) Homöopathie

4. Die Homöopathie verweist auf sehr viele Heilerfolge und und leitet da-raus das Motto ab: „Wer heilt, hat Recht.“ Die Schulmedizin bestreitet diese Heilerfolge nicht grundsätzlich, führt sie aber auf Placebo- und andere Effekte zurück.

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i) Homöopathie

Placebo-EffektHeilung aus dem Glauben des Patienten an die Wirkung der Be-handlung sind auch in der Schulmedizin bestens bekannt. Jeder gute Arzt nutzt immer diesen Placebo-Effekt. Placebo-Effekte lassen sich mit entsprechend aufwendigen, sogenannten Doppel-Blind-Versuchen zuverlässig ermitteln. Die Homöopathie kann im Verhältnis zu der sehr großen Zahl an Behandlungen und des um-fassenden Anspruchs auf Wirksamkeit nur absurd wenige, metho-disch sauber angelegte Studien vorlegen, mit denen sie eine über Placebo-Effekte hinausgehende Wirksamkeit belegen kann.

Sonstige EffekteDie Schulmedizin geht davon aus, dass viele Patienten nicht nur homöopathisch behandelt werden, so dass Heilerfolge der Schul-medizin u. U. einer homöopathischen Behandlung zugeordnet werden.

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i) Homöopathie

Chronische Erkrankungen zeigen oft zyklische oder schubweise Verläufe. Kranke suchen eher in akuten Phasen den Arzt auf. Daher werden der homöopathischen Therapie auch solche Situations-verbesserungen zugerechnet, welche ohnehin eingetreten wären.

Nach schulmedizinischer Auffassung erfolgen viele Heilungen spontan. Solche Heilungen werden bei homöopathischer Behand-lung dieser zugerechnet, wären aber ohne sie ebenso erfolgt.

Weiterhin vermutet die Schulmedizin, dass Therapieabbrüche, bei denen der Patient den Arzt nicht wieder aufsucht, sondern in schulmedizinische Behandlung (zurück) wechselt, als Heilerfolge der Homöopathie interpretiert werden.

Die Schulmedizin wirft der Homöopathie und vielen weiteren nicht-schulmedizinischen Heilverfahren vor, dass sie Nocebo-Effekte bewirken.

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i) Homöopathie

Nocebo-Effekt ist eine Erkrankung aus dem Glauben, dass man erkranken muss und stellt das Gegenteil eines Placebo-Effektes dar. Beispiele für Nocebo-Effekte sind Voodoo-Ereignisse, wo intensiv an Zauberei Glaubende tatsächlich erkranken oder sogar sterben, oder das Auftreten von Vergiftungssymptomen/Strahlungsschäden nach nur geglaubter, tatsächlich aber nicht erfolgter Belastung. Im Zusammenhang mit der Homöopathie ist gemeint, dass diese mit ihrer direkten oder indirekten Kritik an der als hart, belastend, oberflächlich, äußerlich, gefährlich, unnatürlich, chemisch, vergiftend usw. dargestellten Schulmedizin deren Wirksamkeit herabsetzt oder Patienten sogar ganz von notwendigen, schulmedizinischen Behandlungen abschreckt.

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j) Homöopathie bei Tieren

Schon der Begründer der Homöopathie, Hahnemann, meinte, dass dieses Heilverfahren auch bei Tieren wirkt. Das Problem liegt darin, dass Arzneimittelbilder, also die Beobachtung und Erfassung von Symptomen, die ein Stoff bei Gesunden auslöst, bei Tieren nur eingeschränkt möglich ist.

Es gibt derzeit erst wenige an Tieren gewonnene Arzneimittelbilder. Deshalb versucht der Veterinärhomöopath die an Menschen gewonnenen Arzneimittelbilder auf Tiere zu übertragen. Bei der Symptomerhebung sind die Probleme ähnlich wie bei Kleinkindern. Über den psychischen Zustand von Tieren weiß man noch weniger als über den von Kleinkindern.

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j) Homöopathie bei Tieren

Gerade psychische Symptome sind in der Homöopathie sehr bedeutsam. Wie bei Kindern die Eltern dem Human-Homöopathen oft Hinweises geben können, können bei Haustieren die Tierbesitzer dem homöopathischen Tierarzt solche geben. Das ist begrenzt auch bei Nutztieren möglich, insbesondere wenn das einzelne Tier für den Landwirt genügend Bedeutung hat, um regelmäßig und intensiv beobachtet zu werden. Dies trifft für Milchkühe und evtl. auch für Zuchtsauen zu. In Mastschweine- und Geflügelbeständen kann selbst in ökologischen Betrieben keine so genaue Tierbeobachtung erwartet werden, wie für eine homöopathische Behandlung idealerweise notwendig wäre.

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j) Homöopathie bei TierenEinen Lösungsansatz hierfür stellt der homöopathisch arbeitende Tierarzt Schütte1] vor:

Der homöopathische Tierarzt beobachtet, bewertet und behandelt den Gesamttierbestand des Betriebs als einen einzigen Organismus. Das erinnert an das Konzept des biologisch-dynamischen Landbaus, wonach der landwirtschaftliche Betrieb selbst eine Lebenseinheit, ein Organismus ist. Die Homöopathie will vorrangig Krankheiten erkennen und heilen, die aus einer gestörten Selbstheilungssituation eines Individuums resultieren, das in einer intakten, nicht über-fordernden Umwelt lebt. Die Homöopathie ist nicht gedacht, um Krankheiten infolge einer dauerhaft und multifaktoriell über-fordernden Umwelt zu beheben. Diese Problematik liegt oft für Tierbestände in landwirtschaftlichen Betrieben vor und häufig sind bestandsweise auftretende Infektionskrankheiten die Folge. Meist wird dann in konventionellen Betrieben versucht, derartige Infektionen antibiotisch zu behandeln. [1] http://www.lah.de/fachinfos/lohmann_info/deutsch/l_i_2_02_artikel4.pdf bzw. http://www.lah.de/fachinfos/lohmann_info/deutsch/l_i_3_02_artikel4.pdf

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j) Homöopathie bei Tieren

Der Einsatz von Antibiotika ist verlockend, solange zulässige und wirksame Mittel noch kostengünstig verfügbar sind. Er erspart die mühsame und schmerzhafte Suche nach eigenen Fehlern im Umgang mit den Tierbeständen. Manchmal gibt es angesichts vorhandener Strukturen, d. h. gegebener Stall- und Hygieneverhältnisse, auch keine kurzfristig wirksamen Alternativen. Dann kann man auch von der Homöopathie keine Lösungen erwarten. Sie kann eigentlich nur dann erfolgversprechend eingesetzt werden, wenn die Umweltsituation des Tierbestands grundsätzlich akzeptabel ist und die von den Tieren erwarteten Leistungen im Rahmen ihrer Kapazität liegen. Allerdings kennt auch die Homöopathie dauerhaft von der Umwelt ausgehende Störungen, sogenannte Miasmen, die zu entsprechenden chronischen Erkrankungen führen können.

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j) Homöopathie bei Tieren

Von diesen Ansätzen ausgehend führt Schütte derzeit ein Modellprojekt mit knapp 50 Sauenhaltungsbetrieben durch. Schon im ersten dreijährigen Abschnitt konnte der Umfang antibiotisch-chemischer Behandlungen deutlich zugunsten homöopathischer verschoben werden. Dies gelang bei insgesamt steigenden biologischen Leistungen und hoher Zufriedenheit der (überwiegend) konventionellen Tierhalter.