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95 HOMEGROWN INT. Es ist fast ein Klischee: Jazz ist eine musikalische Weltsprache, die überall verstanden und gesprochen wird. Auch und gerade deshalb sind Kooperationen von großer Bedeutung: um einen Transfer zwischen den Kulturen der Welt zu gewährleisten. Die opulente Verpackung macht Sinn. Nicht, wie sonst üblich in einer quadratischen Box aus Plastik oder Pappe erscheint die CD „Sto- rytelling - Telling A Story With Music" des ren, um mit einem Essay über die Bedeutung des Jazz und einem Gedicht des dänischen Au- tors Peter Laugesen eine weitere Interpretati- onsebene aufzumachen. Kennengelernt ha- FOCUS LIVIO MINAFRA & LOUIS MOHOLO Kennengelernt haben sich der 1940 im südafrika- nischen Kapstadt geborene Schlagzeuger Louis Moholo-Moholo (auf Sesotho, eine der Bantuspra- chen Südafrikas, bedeutet Moholo „groß, alt"; die Doppelung des Namens ist die Steigerung: „sehr groß, sehr alt") und der 1982 im süditalienischen Ruvo di Puglia geborene Pianist Livio Minafra in einem Quintett von Livios Vater, dem Trompeter Pino Minafra. Damals äußerte Moholo den Wunsch, irgendwann im Duo mit Minafra auftreten zu wollen. „Mit Louis zu spielen, bedeutet für mich, wie mit meinem Großvater, der ebenso lebhaft wie zankisch ist, zu schwätzen", unterstreicht dann auch Minafra die fast familiäre Atmosphäre ihrer Zusammenar- beit auf der Bühne. Sicherlich ist dieses Duo, das gerade die Live-CD (inklusive DVD) „Born Free" veröffentlicht hat, auch ein Aufeinandertreffen zweier Generationen mit verschiedenen Biografien und Herkunftsländern. Doch räumt man diesen „Ballast" beiseite, so kann man anhand von drei Stationen - beim Talos Festival in Ruvo di Puglia im September 2014, beimJazzfestival Münster und im Bielefelder Bunker Ulmenwall im Januar 2015 - die Genese einer außergewöhnlichen Kooperation in Sachen frei improvisierter Musik verfolgen: wie die sowieso schon skizzenhaften Vorgaben immer weniger Bedeutung haben, wie das Zusammenspiel der beiden immer intuitiver und intensiver wird, wie die beiden auf der Bühne die Dämme brechen, um dem Strom ihrer improvisatorischen Ideen freien Lauf zu lassen. Eine fast wie beiläufig hingeworfene Phrase auf dem Klavier kann zur Keimzelle für ein hitziges Streitgespräch zwischen Minafra und Moholo werden, bei dem sie sich mit offenem Visier gegenüberstehen und sich nahezu schutzlos preis- geben: eruptiv, standhaft, Haltung zeigend (Incipit Records, egeamusic.com). dänisch-amerikanischen Duos um den Tenor- saxofonisten Christian Vuust und den Pianis- ten Aaron Parks, sondern als Hardcover-Buch. Zum einen, um Platz zu haben und Liedtexte plus Erläuterungen abzudrucken; zum ande- ben sie sich während eines einjährigen Auf- enthalts des Saxofonisten in New York. Mit diesem Duo setzt Vuust die jazzmusikalische Aufarbeitung seines „Sabaticals" fort. Das Re- pertoire, das sie für ihr gemeinsames Album im Studio eingespielt haben, ist ein Mix aus dänischen Volksliedern und amerikanischen Musical- und Filmsongs. Durch ihr gleicher- maßen offenes wie antizipierendes Zusam- menspiel demonstrieren sie, wie nah sich eu- ropäisches Liedgut und das „Great American Songbook" sind: Wenn Vuust sich mit seinem mit viel Luft geblasenen Ton auf dem Tenorsa- xofon den Altvorderen des swingenden Jazz aus den USAnähert, wenn Parks sich intuitiv etwa das dänische Lied „Manestralen" harmonisch und melodisch aneignet, dann ist das ein Para- debeispiel für einen jazzmusikalischen Trans- fer über den Atlantik (Christian Vuust, http:// christianvuust.com). Hierzulande ist Jonathan Kreisberg noch nahe- zu ein unbeschriebenes Blatt. Dabei hat der 43-jährige Jazzgitarrist in seiner Heimat USA schon neun CDs draußen, seine neueste, im Quartett mit Pianist Kevin Hays als Gast, „Wave Upon Time", ist gerade erschienen. Daraufzeigt sich Kreisberg wieder als eloquent phrasie- render, zwischen Jazz-Tradition und -Moderne changierender Instrumentalist, dem das Zu- sammenspiel mit der Band ebenso von Bedeu- tung ist wie seine solistischen Exkursionen (Jonathan Kreisberg, jonathankreisberg.com). Wir gehen nach Europa, bleiben aber bei der Gitarre. In Frankreich zu Hause ist Aurelien Bouly. Dort hat er sein „Latin Jazz Manouche Concept 2.0" (so auch der CD-Titel) entwickelt, mit dem er die Leistungen seines Landsmanns und Instrumentalkollegens, Django Rein- hardt, fortführt und dessen „Jazz Manouche" ins Hier und Heute einer aktuellen Musik übersetzt. Bouly kombiniert auf der Gitarre seine swingend phrasierten Single-Note-Ketten mit dem rhythmischen Impuls von Salsa und Latin aus der Karibik und Südamerika und setzt hin und wieder Raps auf Französisch und Spanisch noch oben drauf (Aurelien Bou- ly, aurelienbouly.com). Martin Laurentius TV Servus Servus am Morgen' SERRAHO Lhe, Ouaan of Flomanc mARIA SERRAHO "POR DERECHO" j Tournee 2015 <tfe por derecho 07.11.15 20:00 11.11.15 20:00 13.11.15 20:00 14.11.15 20:00 17.11.15 20:00 18.11.15 20:00 21.11.15 20:00 28.11.15 20:00 30.11.15 19:00 04.12.15 20:00 D-86199 Augsburg A-6020 Innsbruck D-72762 Reutlingen D-21244 Buchholz D-49074 Osnabrück D-92224 Amberg D-68169 Mannheim A-8010Gra2 CH-3007 Bern A-8950 Stainach D-80331 Münchr'"" A-6840 Götzis Parktheater Treibhaus franzK EMPORE Rosenhof Stadttheate Capitol Orpheum Gaskessel Cutturcentn

& LOUIS MOHOLO · 2015-11-13 · Bouly. Dort hat er sein „Latin Jazz Manouche Concept 2.0" (so auch der CD-Titel) entwickelt, mit dem er die Leistungen seines Landsmanns und Instrumentalkollegens,

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Page 1: & LOUIS MOHOLO · 2015-11-13 · Bouly. Dort hat er sein „Latin Jazz Manouche Concept 2.0" (so auch der CD-Titel) entwickelt, mit dem er die Leistungen seines Landsmanns und Instrumentalkollegens,

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HOMEGROWN INT.Es ist fast ein Klischee: Jazz ist eine musikalische Weltsprache, die überall verstanden und gesprochen wird.

Auch und gerade deshalb sind Kooperationen von großer Bedeutung: um einen Transfer zwischen denKulturen der Welt zu gewährleisten.

Die opulente Verpackung macht Sinn. Nicht,wie sonst üblich in einer quadratischen Boxaus Plastik oder Pappe erscheint die CD „Sto-rytelling - Telling A Story With Music" des

ren, um mit einem Essay über die Bedeutungdes Jazz und einem Gedicht des dänischen Au-tors Peter Laugesen eine weitere Interpretati-onsebene aufzumachen. Kennengelernt ha-

FOCUS

LIVIO MINAFRA & LOUIS MOHOLO

Kennengelernt haben sich der 1940 im südafrika-

nischen Kapstadt geborene Schlagzeuger Louis

Moholo-Moholo (auf Sesotho, eine der Bantuspra-

chen Südafrikas, bedeutet Moholo „groß, alt"; die

Doppelung des Namens ist die Steigerung: „sehr

groß, sehr alt") und der 1982 im süditalienischen

Ruvo di Puglia geborene Pianist Livio Minafra in

einem Quintett von Livios Vater, dem Trompeter

Pino Minafra. Damals äußerte Moholo den Wunsch,

irgendwann im Duo mit Minafra auftreten zu wollen.

„Mit Louis zu spielen, bedeutet für mich, wie mit

meinem Großvater, der ebenso lebhaft wie zankisch

ist, zu schwätzen", unterstreicht dann auch Minafra

die fast familiäre Atmosphäre ihrer Zusammenar-

beit auf der Bühne. Sicherlich ist dieses Duo, das

gerade die Live-CD (inklusive DVD) „Born Free"

veröffentlicht hat, auch ein Aufeinandertreffen

zweier Generationen mit verschiedenen Biografien

und Herkunftsländern. Doch räumt man diesen

„Ballast" beiseite, so kann man anhand von drei

Stationen - beim Talos Festival in Ruvo di Puglia im

September 2014, beimJazzfestival Münster und im

Bielefelder Bunker Ulmenwall im Januar 2015 - die

Genese einer außergewöhnlichen Kooperation in

Sachen frei improvisierter Musik verfolgen: wie die

sowieso schon skizzenhaften Vorgaben immer

weniger Bedeutung haben, wie das Zusammenspiel

der beiden immer intuitiver und intensiver wird, wie

die beiden auf der Bühne die Dämme brechen, um

dem Strom ihrer improvisatorischen Ideen freien

Lauf zu lassen. Eine fast wie beiläufig hingeworfene

Phrase auf dem Klavier kann zur Keimzelle für ein

hitziges Streitgespräch zwischen Minafra und

Moholo werden, bei dem sie sich mit offenem Visier

gegenüberstehen und sich nahezu schutzlos preis-

geben: eruptiv, standhaft, Haltung zeigend (Incipit

Records, egeamusic.com).

dänisch-amerikanischen Duos um den Tenor-saxofonisten Christian Vuust und den Pianis-ten Aaron Parks, sondern als Hardcover-Buch.Zum einen, um Platz zu haben und Liedtexteplus Erläuterungen abzudrucken; zum ande-

ben sie sich während eines einjährigen Auf-enthalts des Saxofonisten in New York. Mitdiesem Duo setzt Vuust die jazzmusikalischeAufarbeitung seines „Sabaticals" fort. Das Re-pertoire, das sie für ihr gemeinsames Album

im Studio eingespielt haben, ist ein Mix ausdänischen Volksliedern und amerikanischenMusical- und Filmsongs. Durch ihr gleicher-maßen offenes wie antizipierendes Zusam-menspiel demonstrieren sie, wie nah sich eu-ropäisches Liedgut und das „Great AmericanSongbook" sind: Wenn Vuust sich mit seinemmit viel Luft geblasenen Ton auf dem Tenorsa-xofon den Altvorderen des swingenden Jazz ausden USA nähert, wenn Parks sich intuitiv etwadas dänische Lied „Manestralen" harmonischund melodisch aneignet, dann ist das ein Para-debeispiel für einen jazzmusikalischen Trans-fer über den Atlantik (Christian Vuust, http://christianvuust.com).Hierzulande ist Jonathan Kreisberg noch nahe-zu ein unbeschriebenes Blatt. Dabei hat der43-jährige Jazzgitarrist in seiner Heimat USAschon neun CDs draußen, seine neueste, imQuartett mit Pianist Kevin Hays als Gast, „WaveUpon Time", ist gerade erschienen. Daraufzeigtsich Kreisberg wieder als eloquent phrasie-render, zwischen Jazz-Tradition und -Modernechangierender Instrumentalist, dem das Zu-sammenspiel mit der Band ebenso von Bedeu-tung ist wie seine solistischen Exkursionen(Jonathan Kreisberg, jonathankreisberg.com).Wir gehen nach Europa, bleiben aber bei derGitarre. In Frankreich zu Hause ist AurelienBouly. Dort hat er sein „Latin Jazz ManoucheConcept 2.0" (so auch der CD-Titel) entwickelt,mit dem er die Leistungen seines Landsmannsund Instrumentalkollegens, Django Rein-hardt, fortführt und dessen „Jazz Manouche"ins Hier und Heute einer aktuellen Musikübersetzt. Bouly kombiniert auf der Gitarreseine swingend phrasierten Single-Note-Kettenmit dem rhythmischen Impuls von Salsa undLatin aus der Karibik und Südamerika undsetzt hin und wieder Raps auf Französischund Spanisch noch oben drauf (Aurelien Bou-ly, aurelienbouly.com).Martin Laurentius

TV Servus Servus am Morgen'

SERRAHOLhe, Ouaan of Flomanc

mARIA SERRAHO

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Tournee 2015 <tfe

por derecho

07.11.15 20:0011.11.15 20:0013.11.15 20:0014.11.15 20:0017.11.15 20:0018.11.15 20:0021.11.15 20:0028.11.15 20:0030.11.15 19:0004.12.15 20:00

D-86199 AugsburgA-6020 InnsbruckD-72762 ReutlingenD-21244 BuchholzD-49074 OsnabrückD-92224 AmbergD-68169 MannheimA-8010Gra2CH-3007 BernA-8950 StainachD-80331 Münchr'""A-6840 Götzis

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