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© Stefan Thomas Qualitative Sozialforschung Flick, Uwe (2002). Qualitative Sozialforschung. Eine Einführung (Überarbeitete Neuauflage). Reinbek: Rowohlt. Zusammenfassung von Stefan Thomas

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Qualitative Sozialforschung

Flick, Uwe (2002). Qualitative Sozialforschung. Eine Einführung (Überarbeitete Neuauflage). Reinbek: Rowohlt.

Zusammenfassung von Stefan Thomas

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Qualitative Forschung

Spezifisches Gegenstandsverständnis: Sinn und Bedeutung

Gegenstandsangemessenheit: die Methode ordnet sich dem Gegenstand unter

Prozessbezogene Perspektive: es gibt nicht das EINE Forschungsdesign. Dieses entwickelt sich Schritt für Schritt

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Prinzipien qualitativer Forschung

Gegenstandsangemessenheit von Methode und Theorie

– Komplexität der Realität, offene Gestaltung der Methoden, Alltagsnähe, neue Theorien entwickeln

Perspektiven der Beteiligten und ihre Vielschichtigkeit– Subjektive Bedeutung, Unterschiedlichkeit der Perspektiven

Reflexivität des Forschers und der Forschung– Kommunikation und Subjektivität

Breites Spektrum an Ansätzen – Subjektive Sichtweisen, Interaktionsanalysen, latente

Sinnstrukturen

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Prinzipien qualitativer Forschung

Offenheit: Was die Befragten empfinden, denken und fühlen, keine vorgegebene Untersuchungsdimensionen und Antwortschemata

Kommunikation: gegenseitiges Aushandeln von Wirklichkeitsdefinitionen, ein Wort „Liebe“, Haß, Leidenschaft bedeutet nicht immer dasselbe und hat eine subjektive Färbung

Flexibilität: der Forscher muss flexibel reagieren und sich den Besonderheiten der Untersuchungssituation anpassen

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Geschichte der Sozialforschung

Seit Mitte der 1980er Jahre zunehmende Professionalisierung, Diskussion des Problems der Gültigkeit und Verallgemeinerung

Ende der 1980er Jahre entstehen die ersten Lehrbücher/Einführungen für den deutschsprachigen Raum

in den 1990er Jahren schließlich rasante Zunahme an qualitativen Studien, Einrichtungen von Professuren für Qualitative Methoden

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Vier Tendenzen

Rückkehr zum Mündlichen Rückkehr zum Besonderen, situationsgebundene,

konkrete Probleme anstatt Bearbeitung abstrakter, universeller Fragen

Rückkehr zum Lokalen (Wissenssysteme, Handlungs- und Erfahrungswissen, lokale Traditionen und Lebensformen)

Rückkehr zum Zeitgebundenen; Berücksichtigung des zeitlichen/historischen Kontexts

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Bedeutung

Menschen sind „symbolisierende, konzep-tualisierende und bedeutungsschaffende Tiere“. Ihnen ist das das tiefe, eingeborene Bedürfnis zu eigen, aus jeder Erfahrung einen Sinn zu machen.

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Bedeutung

"The next necessary thing ... is neither the construction of a universal Esperanto-like culture ... nor the invention of some vast technology of human management. It is to enlarge the possibility of intelligible discourse between people quite different from one another in interest, outlook, wealth, and power, and yet contained in a world where tumbled as they are into endless connection, it is increasingly difficult to get out of each other's way." Clifford Geertz (1988).The Anthropologist as Author

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Forschungsperspektiven

Kultur, Bedeutung, Sinn als zentraler Gegenstand der QM

drei verschiedene Forschungsperspektiven:– symbolischer Interaktionismus (subjektive

Sichtweisen und soziale Milieus)– Ethnomethodologie (Herstellung sozialer

Ordnung)– Strukturtheorien (Rekonstruktion von

Tiefenstrukturen)

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Symbolischer Interaktionismus I

Ausgangspunkt: subjektiver Sinn, Interaktion als wechselseitig orientierte Handlung, symbolvermittelter Charakter der Handlung

Drei Prämissen:– 1. Prämisse: Menschen handeln auf Grundlage

von Bedeutungen– 2. Prämisse: Bedeutungen entstehen in

Interaktionen– 3. Prämisse: Bedeutungen werden in einem

interpretativen Prozess auf die jeweilige Situation angepasst

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Symbolischer Interaktionismus II

Thomas-Theorem: Wenn eine Situation für eine Person real ist, dann ist diese Situation in ihren Konsequenzen real.

Daher: Der Forscher muss die Welt aus dem Gesichtswinkel der Subjekte sehen!

Der Alltagsmensch entwickelt - wie der Wissenschaftler - Alltagstheorien über das Funktionieren der Welt

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Ethnomethodologie

Methoden zur Herstellung der Alltagswirklichkeit (als soziale Ordnung)

Interesse an Routinen und Alltagshandeln und an der Herstellung des Handlungskontextes– Interaktion läuft geordnet ab– der Kontext bildet den Rahmen– die Beteiligten verfügen über ein verkörpertes

Wissen– Handlung als Herstellungsleistung der

Beteiligten– Beschreibung des Wie der Herstellung sozialer

Wirklichkeit

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Kultur-/Strukturanalyse

Kulturelle Sinnsysteme rahmen die Wahrnehmung und Herstellung subjektiver und sozialer Wirklichkeit

Unterscheidung von Oberflächen- und Tiefenstruktur des sozialen Handelns

Erforscht werden latent bleibende Regeln und Strukturen von Kulturen und Bedeutungssystemen

soziale Repräsentationen als System von Werten, Ideen und Handlungsweisen

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Gemeinsamkeiten der Perspektiven

Verstehen aus der (Innen-)Perspektive als Erkenntnisprinzip

Fallrekonstruktion als Ansatzpunkt um daraus Typologien zu entwickeln

Die Rekonstruktion von spezifischen Versionen von Wirklichkeit

Text als empirisches Material: Die untersuchten Bedeutungen müssen verschriftlicht werden

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Forschungsdesign

Quant: Forschung ist ein linearer Prozess– Modelle und Theorien bilden den

Ausgangspunkt– Ursachen und Wirkungen werden untersucht– Hypothesen werden aus den Theorien abgeleitet– Operationalisierung und Quantifizierung der

Variablen – Stichprobenziehung und

Untersuchungsdurchführung– Repräsentativität ist das Ziel und Theorien

haben Priorität

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Das zirkuläre Modell

Fall I

Fall X

Fall II

Erhebung Auswertung

Erhebung Auswertung

Erhebung Auswertung

Vorannahme

TheorieVergleich Vergleich

Vergleich

Sampling

aus Uwe Flick 2002, S. 76

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Phasen des Forschungsprozesses

1. Auswahl des Forschungsthemas2. Einarbeitung in den Theoriestand3. Formulierung der Fragestellung4. Auswahl der Methode5. Umsetzung der Fragestellung in Forschungsfragen6. Auswahl der Untersuchungseinheiten7. Aufbau des Feldzugangs8. Durchführung der Datenerhebung9. Datenerfassung10. Datenauswertung11. Publikation

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Forschungsdesign

Das Forschungsdesign ist abhängig von:– Zielsetzung der Studie– theoretischer Rahmen– konkrete Fragestellung– Auswahl des empirischen Materials– methodische Herangehensweise– Generalisierungsziele– zeitliche, personelle und materielle Ressourcen

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Standarddesigns

Fallstudie (Beschreibung und Rekonstruktion des besonderen Falls: Person, Gruppe, Organisation)

Vergleichsstudie (Betrachtung verschiedener Fälle im Hinblick auf bestimmte Ausschnitte: Expertenwissen, Biographie, kulturelle Unterschiede)

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Standarddesigns

retrospektive Studie (etwa Biographieforschung, die einzelne Fälle vergleicht, typisiert oder kontrastiert)

Momentaufnahme (Wissensbestände und Bedeutungszuschreibungen; Ablauf aktueller Geschehnisse: Gespräch, Interaktion)

Längsschnittstudien (Rekonstruktion von Patientenkarrieren, Arbeitslosigkeit, Berufsentscheidungen)

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Fragestellung I

Die Fragestellung soll die Tür zum Forschungsfeld eröffnen!

Die Eingrenzung soll darüber Klarheit verschaffen, was die Forschung zutage bringen soll

Fragestellung so früh wie möglich festlegen, auch wenn diese wieder konkretisiert, fokussiert, eingegrenzt oder revidiert wird.

Das Verhältnis von Offenheit und Strukturiertheit sollte ausgewogen sein

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Fragestellung II

Stellt sich in verschiedenen Phasen des Forschungsprozesses: Konzeption der Studie, Forschungsdesign, Feldzutritt, Sampling, Datenerhebung

Fragestellung hat häufig Ursprung in der persönlichen Lebenserfahrung (Wissenschaft, Beruf und Privat)

Reduktion der Breite und Vielfalt des Untersuchungsfelds durch Festlegung auf wesentliche Ausschnitte

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Fragestellung III

Trotz Strukturiertheit Gewährleistung von Offenheit, um die Entdeckung von Neuem zu fördern

Abstimmung auf die zur Verfügung stehenden Ressourcen (Zeit, Geld, Personal etc.)

Theorien und Schlüsselkonzepte sollen als Ausgangspunkt

Perspektiven-Triangulation (Sicht des Subjekts, Beschreibung der Lebenswelt, Rekonstruktion der Handlungen)

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Das Untersuchungsfeld

Mit dem Ausdruck „Feld“ kann gemeint sein: – eine bestimmte Institution/Organisation– eine Subkultur– öffentliche Orte– eine bestimmte Gruppe/Stammesgruppe– eine Familie– besondere Biographieträger– Entscheidungsträger in

Verwaltungen/Unternehmen

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Probleme des Feldzugangs

Das „get and keep in the field“. Es gibt keine Patentrezepte

Der Forscher nimmt längere Zeit am Untersuchungsfeld teil (beidseitige Probleme). Das intensive Sich-Aufeinander-Einlassen

Intimes Offenlegen persönlicher Aspekte über Alltag Wie gewinnt der Forscher seine

Untersuchungsteilnehmer als Mitwirkende

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Rollendefinitionen I

Der Forscher wird zum Instrument der Erhebung. Er ist kein Neutrum im Feld.

Von der Rolle/Position hängt es ab, welche Informationen er erreichen kann und welche ihm verwehrt sind.

Einordnung in die Handlungsroutinen des Feldes etwa als Praktikant, Wächter, Gesprächspartner etc.

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Fremdheit und Vertrautheit I

Der Forscher als professioneller Fremder Einnahme einer Außenperspektive (Fremdheitspostulat),

prinzipieller Zweifel an sozialen Selbstverständlichkeiten Der Forscher gewinnt Einblicke in Routinen und

Selbstverständlichkeiten durch seine 2. Sozialisation im Feld Rollen im Feld: Fremder, Besucher, Initiant, Eingeweihter detaillierte Dokumentation der schrittweisen Einnahme der

Innenperspektive

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Fremdheit und Vertrautheit II

Das Feld hat zumeist zwei Wirklichkeiten: a) die den Außenseitern präsentierte und b) die für Eingeweihte reservierte (Drogenhandel, Prostitution, Arbeitsverweigerung)

Ziel: Begreifen der anderen Welt/Subkultur aus ihren eigenen handlungsleitenden Vorstellungen

Ängste des Forschers sich auf das Untersuchungsfeld wirklich einzulassen.

Fragen des Vertrauens-, Interessens- und Datenschutzes sind wichtig

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Samplestrategien I

Vorab-Festlegung der Samplingstruktur führt zu abstrakten Kriterien (etwa Alter, Geschlecht, Beruf), aus denen sich ein Zellengitter bildet

Zufallsauswahl bedeutet, dass aus der Grundgesamtheit zufällig die einzelnen Untersuchungsfälle gezogen werden

Vollerhebung aller Fälle, die einem bestimmten Kriterium entsprechen (etwa Regionalstudien).

bei diesen Samplingstrategien wird die Theorieentwicklung stark eingeschränkt; Neues bleibt außerhalb der Sicht

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Samplingstrategien II

Schrittweise Festlegung der Samplestruktur durch das „theoretische Sampling“ (entwickelt aus der „grounded theory“ nach Glaser & Strauss)

Auswahlentscheidungen werden im Prozess der Untersuchung gefällt: Was schaue ich mir als nächstes an? Was gibt mir die größten Aufschlüsse?

Kriterien für das Sampling leiten sich aus der sich entwickelnden Theorie ab

Kriterien für die Beendigung der Datenerhebung leiten sich aus dem Prinzip der „theoretischen Sättigung“ ab

Relevanz anstatt Repräsentativität

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Samplingstrategien III

Sampling extremer Fälle Sampling typischer Fälle Sampling maximaler Variation Intensitäts-Sampling Sampling kritischer Fälle Sampling sensibler Fälle Convenience-Sampling Auswahl der Informanten (Primär-/Sekundärauswahl)

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Verbale Daten als Zugang

Verbale Daten sind eine der methodischen Säulen qualitativer Forschung

Das Interview bewegt sich zwischen – Offenheit gegenüber Gegenstand und Sichtweisen der Interviewten

– Strukturierung der Datenerhebung durch besondere Vorkehrungen

Narrative Interviews sind eher an Offenheit und Spielraum für den Forschungspartner orientiert, wenig steuernde Eingriffe des Interviewers

Bei Leitfaden-Interviews hat die thematische Steuerung größeres Gewicht wegen der Fokussierung auf bestimmte Themen

Gruppeninterviews erheben allgemein verbreitete Einstellungen und Ansichten

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Leitfaden-Interviews

Verschiedene Typen des offenen Leitfaden-Interviews– das fokussierte Interview– das halbstandardisierte Interview– das problemzentrierte Interview– das Experten-Interview– das ethnographische Interview

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Vier Kriterien eines guten Interviews I

Nichtbeeinflussung des Interviewpartners

– Übergang von unstrukturierten zu strukturierten Fragen

– flexible Handhabung des Leitfadens

– Zurückhaltung mit eigenen Bewertungen

– non-direktive Gesprächshaltung

Spezifität der Sichtweise

– Die Bedeutung eines Ereignisses soll herausgearbeitet werden

– Retrospektive Introspektion

– Explizite Bezugnahme auf das Ereignis

– Verhältnis von Spezifität und Allgemeinheit der Frage

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Vier Kriterien eines guten Interviews II

Breites Verständnis erfassen

– Alle relevanten Aspekte und Themen ansprechen

– Offenheit für Themen des Interviewten

– eigene Themen vertiefen

Tiefgründigkeit

– Angemessenes Niveau der Tiefgründigkeit schaffen: nicht zu hoch, nicht zu niedrig

– Fokussierung von Gefühlen

– Hinweise auf vergleichbare Situationen

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Das problemzentrierte Interview I

ist von Andreas Witzel entwickelt worden durch Fragen und Erzählanreize wird ein bestimmtes

Problem thematisiert drei zentrale Prinzipien:

– Problemzentrierung– Gegenstandsorientierung– Prozessorientierung

Das Interview umfasst: a) einen vorgeschalteten Kurzfragebogen, b) den Leitfaden, c) die Tonbandaufnahme und d) das Postskript

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Das problemzentrierte Interview II

Aufbau und Ablauf:– Gesprächseinstieg/Festlegung des Problembereichs: Du

möchtest KFZ-Mechaniker, wie bist du darauf gekommen? Erzähl doch einfach mal?

– Allgemeine Sondierung: Was passiert da im einzelnen?– spezifische Sondierung: durch Zurückspieglung,

Verständnisfragen und Konfrontation– ad-hoc-Fragen: offen gebliebene Fragen

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Das Experteninterview

nach Meuser/Nagel es geht weniger um die ganze Person, sondern um

den Interviewten in seiner Eigenschaft als Experte für ein bestimmtes Handlungsfeld

Der Interviewte ist nicht Einzelfall, sondern Repräsentant einer Gruppe

stärkere Steuerungsfunktion des Leitfadens

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Der Leitfaden

Fragen und Fragenreihenfolge sollen nur lose vorab festgelegt sein

Die Umsetzung des Interviews soll flexibel und an den Erfordernissen der konkreten Gesprächssituation orientiert sein

Die Fragen sollen offen formuliert sein, d.h. die Antwortmöglichkeiten nicht schon festlegen

Der Leitfaden sollte gut beherrscht werden, um den Überblick über das Interview zu behalten, aber auch um bei Unsicherheiten/Aufregung an etwas festhalten zu können

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Vermittlungsprobleme und Steuerung

Vermittlungsprobleme zwischen Vorgaben des Leitfadens/Themensetzung und der Darstellungsweise des Interviewpartners

Steuerungsproblem zwischen Detaillierung und Rückkehr zum Leitfaden

Leitfadenbürokratie verhindert Offenheit und Kontextinformationen gehen verloren

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Erzählung als Zugang

Ausgangspunkt ist die Skepsis, ob subjektive Erfahrungen im Frage-Antwort-Schema zu erschließen sind

Der Interviewte soll einen Gegenstandbereich als eine zusammenhängende Geschichte relevanter Ereignisse darstellen. Den subjektiven Sichtweisen wird viel Raum gegeben

Erzählung als Schilderung von Ausgangssituation, relevanten Ereignisse, weiteren Fortgang bis zur gegenwärtigen Situation

Einsatz in der Biographieforschung Unterscheidung von „episodischen“ und

„semantischen“ Gedächtnis (Tulving)

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Narratives Interview I

Zustände, Routinen und Argumentationen können nicht erzählt werden; aber wie ich zu einer bestimmten Ansicht/Haltung gelangt bin schon

Dreifache Zugzwänge des Erzählens, wodurch auch schuld- oder schambesetzte Aspekte erzählt werden:

– Gestaltschließungszwang– Kondensierungszwang– Detaillierungszwang

Drei Vorteile: Verselbständigung der Erzählung, Menschen wissen mehr über ihr Leben als sie in Theorie über sich formulieren können und dieses Wissens ist auf der Ebene des Erzählens verfügbar

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Narratives Interview II

Problem besteht in der systematischen Verletzung der Rollenerwartung: keine Interviewfragen und großer Raum für Erzählungen, was zu Irritationen führen kann

Erzählen als Alltagskompetenz wird unterschiedlich gut beherrscht (fremde Kulturen)

Interviewtraining, um aktives Zuhören, Signalisierung von Interesse, zurückhaltende Intervention zu üben

In einer Anwärmphase sollten Vorgehen und Zielsetzung verdeutlicht werden

wichtig ist eine präzise und eindeutige Erzählaufforderung

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Aufbau des narrativen Interviews

Eingangsfrage (ist zugleich die Erzählauforderung) Narrative Nachfrageteil (Vervollständigung

unausgeführter Erzählansätze) Bilanzierungsphase (Erfragung theoretischer

Erklärungen, Bilanz der Geschichte, des Sinns des Ganzen)

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Eingangsfrage

Diese muss so breit und so spezifisch formuliert werden, dass darin der Erfahrungsbereich als Lebensabschnitt thematisiert wird (Ich möchte Sie bitten, mir zu erzählen, wie ich die Geschichte Ihres Lebens zugetragen hat ...)

deutlicher Hinweis auf den erzählenden Verlauf, die verschiedenen Etappen und Ausführlichkeit

non-direktives, sich interessiert zeigendes Zuhören es sollten keine Fragen gestellt werden, um nicht den

Erzählfluss zu unterbrechen das Ende wird i.R. durch ein Koda signalisiert („Das war es

eigentlich“)

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Nachfrageteil/Bilanzierungsphase

Im Nachfrageteil werden unausgeführte Ansätze zu Erzählungen oder unklare Passagen durch eine neue Erzählaufforderung aufgegriffen

Zur Bilanzierung werden theoriebezogene, auf Beschreibung und Argumentation zielende Fragen gestellt (Übergang von den „Wie“- zu den „Warum“-Fragen)

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Gruppenverfahren

Zur Erhebung von Meinungen und Einstellungen lässt sich die Dynamik von Gruppeninterviews verwenden (im Amerikanischen: focus groups)

Anstatt monologisches Erzählen werden Gruppenprozesse der Konstruktion von sozialer Wirklichkeit untersucht (Familie, Cliquen, Peers)

Es sollen tiefer liegende, latente Meinungen ihre Kontur erhalten, weil das Individuum sich gezwungen sieht, seinen Standpunkt zu bezeichnen und zu behaupten.

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Prinzipien der Gruppendiskussion I

Die Gruppe soll ihre Diskussion selber bestimmen. Erst am Ende soll es einen Nachfrageteil geben

Die Themenstellung soll an alle gerichtet sein und nicht an Einzelne

Kein Eingriff in die Verteilung der Redebeiträge Es sollen Themen vorgeschlagen werden, keine

einzelnen Aussagen zur Diskussion gestellt werden Die Fragestellung soll bewusst und demonstrativ

vage gehalten werden. Dies soll eine Aufforderung an die Forschungspartner sein, die Unkenntnis des Forschers aufzuheben

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Phasen der Interviewdurchführung

Interviewplanung Kontaktaufnahme Interviewvorlauf Gesprächseinstieg Erzähl- und Nachfragephase Gesprächsabschluss Postskriptum

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Interviewvorlauf I

Präzisierung der sozialen Beziehungen, Absichten des Interviewers, des Ablaufs des Interviews und Forschungsgegenstands

Verständigung über die Gesprächsaufzeichnung und sollte zur Gewöhnung unmittelbar nach Zusage beginnen

Was passiert mit dem Interviewmaterial? (Einverständniserklärung und Datenschutz)

Wie lange wird das Gespräch dauern?

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Gesprächseinstieg

Der Gesprächseinstieg ist immer schon durch den einführenden Small talk bestimmt

Die Einstiegsfrage beendet den Interviewvorlauf und bietet einen ersten Gesprächsfaden an:– Soll sorgfältig gewählt werden – Soll das Gesprächsthema bestimmen und

abstecken– Soll an die Lebenswelt/Lebenserfahrung

anschließen– Soll einen breiten Antwortrahmen bieten

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Erzähl- und Nachfragephase

Das Interview ist weder eine durchgehende Erzählung noch eine systematische Aufarbeiten der angesprochenen Themen gekennzeichnet

Es orientiert sich an den verschiedenen Gesprächsangeboten (Eigendynamik beachten)

Es ist der explorative Teil (Eigenstrukturiertheit der Beiträge des Befragten) und ein klärender Teil (Nachfragen des Interviewers) zu unterscheiden.

Hörersignale: Erzählaufforderung (mhm, ja), Floskeln (interessant), Phrasen (ablehnend: verstehe ich nicht; zustimmend: genau, eben stimmt; verständniszeigend: verstehe ich gut); Kontaktparenthesen (wissen sie Herr Schmidt), Paraphrasierung (wenn ich sie verstanden habe)

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Gesprächsabschluss

Eventuell ein abschließendes Fazit ziehen Das ungezwungenere Nachgespräch protokollieren Für Rückfragen Telefonnummer geben

lassen/Zweittermin vereinbaren Um Unterstützung nach dem Schneeballprinzip

bitten Kurzfragebogen ausfüllen lassen Für die Bereitschaft zum Interview bedanken

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Beobachtungsverfahren

In den USA war Qualitative Forschung immer zuerst Ethnographie bzw. Teilnehmende Beobachtung.

Beobachtung sind notwendig um Handlungsweisen zu erfassen (Interviews können nur individuelle Sichtweisen über Handlungen erforschen).

Beobachtung ist wie das Interview eine Alltagkompetenz, die in der Forschung methodisch verwendet wird.

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Beobachtungsdimensionen

Verdeckte Beobachtung vs. offene Beobachtung nichtteilnehmende Beobachtung vs.

teilnehmende Beobachtung systematische Beobachtung vs.

unsystematische Beobachtung B. in künstlichen vs. in natürlichen Situationen Selbst- vs. Fremdbeobachtung

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Beobachtungsschemata

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Teilnehmende Beobachtung I

Es handelt sich um eine methoden-triangulierende Feldstrategie, die Dokumentenanalyse, Interviews, Teilnahme, Beobachtung und Introspektion kombiniert.

Besonderes Interesse an der Insider-Perspektive

Lokalisierung im Hier- und Jetzt der Alltagssituation

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Teilnehmende Beobachtung II

Interpretation und Verstehen menschlicher Existenz steht im Vordergrund

Forschungsprozess ist offen, flexibel und opportunistisch

Ausfüllung verschiedener Teilnehmerrollen Beobachtungen und Erfahrungen werden

protokolliert, um darüber Dichte Beschreibungen zu gewinnen

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Aspekte der TB

Reflexion des Vertrautwerden und Aufrechterhaltung von Distanz

Gefahr der Überflutung durch die Ereignisdichte des Feldes und der Vereinnahmung durch die Akteure (etwa als Quasi-Praktikant)

Das Eintauchen ins Feld wird häufig als kultureller Schock erfahren (fremde Kulturen, Subkulturen, Extremsituationen)

Dilemma zwischen Teilhabe am Feld, aus der heraus Verstehen möglich wird, und Wahrung von Distanz, um das Verstehen wissenschaftlich und nachprüfbar zu machen

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Ethnographie I

Beschäftigt sich mit dem kulturellen Alltagsleben einer Gruppe, beobachtet nicht einzelne Situation wie die TB

„Der Ethnograph nimmt offen oder verdeckt für eine längere Zeit am täglichen Leben der Menschen teil, beobachtet dabei, was passiert, hört zu, was gesagt wird, stellt Fragen, eigentlich sammelt er alles, was auch immer an Daten verfügbar ist, um das Thema, mit dem er beschäftigt ist, näher zu beleuchten“ (Hammersley & Atkinson 1983)

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Ethnographie II

Es werden nicht Hypothesen getestet, sondern soziale Phänomene erkundet

Es wird mit unstrukturierten Daten gearbeitet, die nicht nach festen Kategorien erhoben werden

Erforschung einer kleinen Anzahl an Fällen Es geht um die Interpretation der Bedeutungen und

Funktionen menschlicher Handlungen in Form verbaler, dichter Beschreibungen

Der Forscher arbeitet nicht zuerst mit besonderen Methoden, sondern macht sich eine allgemeine Forschungshaltung zu eigen

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Dokumentation von Daten I

Aufzeichnung des gesprochenen Wortes und Verschriftlichung bzw. Protokollierung des Beobachteten als Grundlage für spätere Interpretationen

Forschungstagebücher sollen die Daten durch persönliche Erfahrung und kontextuelle Anreicherungen ergänzen

Der unauffälligeren Aufnahmetechnik sollte sachlich angemessen Vorzug gegeben werden (Video- resp. Audioaufzeichnung)

Einhaltung der Sparsamkeitsregel: nur so viel Material aufzeichnen, wie zur Beantwortung der Fragestellung unbedingt notwendig

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Dokumentation von Daten III

In der teilnehmenden Beobachtung werden zwischendurch oder im direkten Anschluss Feldnotizen gemacht

Das Verhältnis der aufgewandten Zeit für Notation und Beobachtung sollte 1:1 betragen

Die Aufzeichnung ist auch hier ein konstruktiver Prozess, indem ein Vorgang aus seinem Ablauf und seiner alltäglichen Vergänglichkeit herausgehoben wird

Das Feldtagebuch lässt sich durch Fotos, Skizzen, Karten, andere Dokumente ergänzen

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Vier Formen von Feldnotizen

kondensierte Darstellung in Stichworten, Sätzen, Zitate, usw.

ausführliche Niederschrift der Eindrücke Forschungstagebuch, um Erfahrungen,

Ideen, Befürchtungen, Fehler, Verwirrungen, Durchbrüche und Problem zu dokumentieren

Aufzeichnungen über Interpretationen

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Feldtagebuch

Beschreibung der Annährung an das Feld, die Erfahrungen und Probleme im Kontakt mit dem Feld und die konkrete Anwendung der Methode

Im Hinblick auf Interpretationen wird empfohlen während der gesamten Untersuchung „Memos“ anzufertigen, in denen die Ideen und Gedanken festgehalten werden

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Realität als Text - Text als neue Realität

In den Daten dokumentieren sich Geschichten über das Feld - Forschung als Produktionsprozess und als Inskription

Die Fixierung löst die soziale Realität aus seiner Flüchtigkeit und Vergänglichkeit

Der einzelne Fall soll in seiner Spezifik und Struktur dokumentiert werden

Die Wissenschaft kommt nur innerhalb von Texten zu ihrem Recht

Der Text ist schließlich die einzige Realität, auf die die weitere Interpretation aufbaut

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Selektive Plausibilisierung

Eine häufige Kritik an QM besteht darin, dass nicht valide Belege für die Theorien gesucht, sondern nur illustrative Zitate eingeflochten werden (Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse)

Drei Fragen nach der Qualität von Forschung:– Welche Geltungskriterien gibt es für qualitative Forschung?– Wie lässt sich eine Verallgemeinerung vom Einzelfall

erreichen?– Wie werden Vorgehen und Resultate angemessen

dargestellt?

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Reliabilität I

Messgenauigkeit (klassisches Gütekriterium) Quichotische Reliabilität: Es werden immer

die gleichen Messergebnisse erzielt (irreführend für QM)

diachrone Reliabilität: Messgenauigkeit im zeitlichen Verlauf einer Beobachtung

synchrone Reliabilität: Konsistenz von Ergebnisse unter Verwendung verschiedener Erhebungsinstrumente

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Reliabilität II

Prozedurale Reliabilität: Eine Erhöhung der Messgenauigkeit im Prozess der Datenerhebung– genau Protokollierung durch Standardisierung der

Aufzeichnung und Trennung von Beobachtung und Interpretation

– durch Interviewschulung – Probeinterviews zur Überprüfung von Leitfäden

und Eingangsfrage– Schulung des Beobachters

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Validität I

Das Dilemma: „... der Forscher sieht nur, was er zu sehen meint ...“ Übereinstimmen Wirklichkeit des Feldes und Sichtweise des Forschers

Fehlertyp 1: einen Zusammenhang dort zu sehen, wo dieser nicht zutrifft

Fehlertyp 2: einen Zusammenhang dort zurückzuweisen, wo dieser tatsächlich zutrifft

Fehlertyp 3: es werden die falschen Fragen gestellt

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Validität II

Analyse der Interviewsituation: – trifft der Inhalt des Gesagten zu– ist das Gesagte sozial angemessen– ist das Gesagte aufrichtig– wurde ein Arbeitsbündnis aufgebaut

Kommunikative Validierung: an einem zweiten Termin wird über Interview und Theorien gesprochen

Prozedurale Validität: Der Forscher sollte gut zuhören, gute Protokolle erstellen, entlang der Daten seine Theorien aufstellen und genau schreiben

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Qualitätskriterien

Intersubjektive Nachvollziehbarkeit (Dokumentation des Forschungsprozesses, des Vorverständnisses, des Auswertungsverfahrens, der Ergebnispräsentation, der Entscheidungen und Probleme)

Indikation des Forschungsprozesse: Welche Forschungsfrage, Methode, Stichprobe habe ich warum ausgesucht?

Empirische Verankerung der Theoriebildung Limitation von Methode, Daten und Ergebnissen Kohärenz und Widerspruchsfreiheit der Daten Relevanz für Alltag, Praxis und Emanzipation Reflexion der eigenen Subjektivität (Feldtagebuch)

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Triangulation

Daten-Triangulation differenziert nach Zeit, Raum und Personen

Forscher-Triangulation bedeutet den Einsatz unterschiedlicher Forscher, um die persönlichen Verzerrungen aufzufangen

Theorien-Triangulation bedeutet die Einbeziehung verschiedener Perspektiven, Hypothesen und Theorien

Methodologische Triangulation als „within method“ und „between-method“

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„Qual und Quant“

Anstatt kritisches Verhältnis gibt es zunehmend die Bestrebung nach einer Kombination und Integration von Qual und Quant

Verschiedene Ebenen: Erkenntnistheorie, Forschungsdesign, Forschungsmethoden, Ergebnisse, Verallgemeinerungen und Bewertung der Qualität

Auf der Ebene der Erkenntnistheorie wird häufig von einer Unvereinbarkeit (Paradigmenkrieg) ausgegangen (Positivismus vs. Konstruktivismus)

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„Qual und Quant“

Häufig werden die Anwendungsfelder gegeneinander abgesteckt. Die einen untersuchen subjektive Theorien, die anderen Häufigkeitsverteilungen etwa von Krankheiten

Es wird eine Dominanz der Quant gegenüber der Qual behauptet. Qual ist für „explorative Vorstudien“ zuständig, Quant für die wissenschaftliche Hauptuntersuchung

Umgekehrt wird auch ein Dominanz der Qual gegenüber der Quant behauptet. Die Qual liefert reichhaltigere Daten, während Quant nur oberflächliche Zusammenhänge untersuchen kann

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Kombination beider Ansätze

Vier Typen:– beide Datensorten werden gleichzeitig gesammelt– eine qualitative Untersuchung wird von mehreren Wellen

quantitativer Erhebungen begleitet– Qual (Exploration) --> Quant (Fragebogen) --> Qual

(Vertiefung der Ergebnisse– Qual (Umfrage) --> Qual (Feldstudie) --> Quant

(Experiment)

Qual für die Exploration des Gegenstandes und Bildung von Hypothesen, die durch Quant getestet werden (sequenzielle Verbindung)

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Kombination beider Ansätze

Triangulation beider Ansätze: a) am Einzelfall, wo Interview- und Fragebogendaten miteinander verglichen werden, b) am Datensatz, wo zuerst Interviews und Fragebögen für sich ausgewertet werden und erst dann miteinander verglichen werden

Überführung von Qual- in Quant-Daten: etwa Quantifizierung der Aussagen im Interview

Überführung von Quant- in Qual-Daten: ist kaum möglich und macht Erhebung neuer Daten notwendig

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Kombination beider Ansätze

Verknüpfung von Qual- und Quant-Methoden: a) in Fragebögen mit offenen Fragen, b) indem die Interviews erst interpretiert werden und die wichtigen Begriffe dann quantifiziert werden

Verknüpfung von Qual- und Quant-Ergebnisse: a) entweder ergänzen sie sich zu denselben Schlussfolgerungen nahe, b) fokussieren unterschiedliche Aspekte und c) widersprechen einander, was erklärt werden müsste

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Angemessenheit

Welches Gewicht wird den beiden Zugängen eingeräumt?

Werden beide Zugänge miteinander kombiniert oder nur voneinander getrennt angewendet?

Was ist die logische Beziehung zwischen beiden?

Was sind die übergeordneten Bewertungskriterien, nach denen sich die Anwendung einer Methode entscheidet?