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Die Zielsetzung des Gesundheitsmonitors Um die Wirkung des Gesundheitsmonitors angemessen beur- teilen zu können, ist es erforderlich, seine unterschiedlichen Zieldimensionen und Einzelziele herauszustellen. Zu den Zielen des Gesundheitsmonitors gehört es, auf der Basis von Befragun- gen und Routinedaten das gesundheitliche Versorgungssystem und -geschehen aus der Perspektive der Bürgerinnen und Bürger zu analysieren und zu bewerten. Er hat hierfür in den vergange- nen 15 Jahren fundierte Informationen über gesundheitsbezogene Einstellungen und Verhaltensweisen der Bevölkerung, über Versorgungsprobleme und wahrgenommene Fehlentwicklungen sowie zur Akzeptanz und Zufriedenheit mit dem Versorgungs- system geliefert. Zu den Zielgruppen des Gesundheitsmonitors gehörten und gehören politische Akteure, Institutionen der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen sowie Patientenvertreter und Einrichtun- gen der Wissenschaft. Die Ergebnisse wurden über vielfältige Kommunikationsaktivitäten an Entscheidungsträger in Politik und Gesundheitswesen übermittelt. Der Gesundheitsmonitor hat in den eineinhalb Jahrzehnten sowohl Reformvorschläge für das deutsche Gesundheitswesen gefördert und umsetzungsorientiert entwickelt als auch bestehende Regelungen und Reformen sowie einzelne Maßnahmen und Veränderungen mit Blick auf ihre Wirkung hinterfragt. Die Meinungsbildung mit dem Instrument des Gesundheitsmo- nitors sollte sich dabei nicht allein auf die politischen Entschei- dungen in Form konkret formulierter und bereits vorliegender Gesetze beziehen. Sie sollte darüber hinaus auch ermöglichen, dass bereits im Vorfeld – also in der Phase vor einer konkreten Gesetzesformulierung – gesundheitspolitische Themen auf der Agenda der Zielgruppen verankert werden können. Editorial (tb) „Alles andere ist Schnulli-Bulli“ – so hat die Sportreporter- legende Werner Hansch den Erfolg beim Fußball treffend aus- gedrückt, der mehr oder weniger darin liegt, am Ende erfolgreich abzuschließen, also Tore zu schießen. Der vorliegende Newsletter stellt den Gesundheitsmonitor diesmal selbst auf das Spielfeld und bewertet Aufbau, Strategie, Erreichtes und vor allen Dingen die Wirkungen, die von diesem Instrument ausgingen und ausgehen: Worum ging es bei der Arbeit mit den Daten des Gesundheitsmonitors? Welche Erkenntnisse konnten gewonnen werden? Welchen Stellenwert haben Befragungen? Welchen Stellenwert hat die Versorgungsforschung? Wie kann ein guter Methoden- und Instrumentenmix erreicht werden? Diese und weitere Fragen bestimmen das Programm dieses News- letters, der zum Schluss auch danach fragt, welche Wirkungen der Gesundheitsmonitor in 15 Jahren insgesamt entfaltet hat. Hat der Gesundheitsmonitor seine selbst gesteckten Ziele erreicht? Die Antwort könnte im übertragenen Sinne auch zu der Erkenntnis führen: Wer Gesundheitspolitik kenntnisreich beurteilen, kritisch bewerten und eventuell auch beeinflussen will, steht vor einer ähn- lichen Herausforderung, wie Hansch sie beschrieben hat. Es braucht eine trainierte Mannschaft, eine gute Aufstellung, eine passende Strategie, viele Daten und gute Statistiken, die entsprechende Kondition sowie langes Durchhaltevermögen, durchdachtes Zuspiel und am Ende den sicheren Abschluss – „alles andere ist Schnulli- Bulli“. Dieses Spiel ist in die Verlängerung gegangen: Am Ende sind es 15 Jahre Gesundheitsmonitor geworden. Gesundheitsmonitor 15 Jahre Datenanalysen und wissenschaftliche Studien zum deutschen Gesundheitswesen Jan Böcken, Thomas Brechtel, Rüdiger Meierjürgen NEWSLETTER 04 | 2016 RRR

04|2016 - Bertelsmann Stiftung · 2 „Die Studien des Gesundheits monitors haben die Diskussion um den Nichtraucherschutz von Kindern in Autos maßgeblich vorangebracht!“ So resümiert

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Page 1: 04|2016 - Bertelsmann Stiftung · 2 „Die Studien des Gesundheits monitors haben die Diskussion um den Nichtraucherschutz von Kindern in Autos maßgeblich vorangebracht!“ So resümiert

Die Zielsetzung des GesundheitsmonitorsUm die Wirkung des Gesundheitsmonitors angemessen beur­teilen zu können, ist es erforderlich, seine unterschiedlichen Zieldimensionen und Einzelziele herauszustellen. Zu den Zielen des Gesundheitsmonitors gehört es, auf der Basis von Befragun­gen und Routinedaten das gesundheitliche Versorgungssystem und ­geschehen aus der Perspektive der Bürgerinnen und Bürger zu analysieren und zu bewerten. Er hat hierfür in den vergange­nen 15 Jahren fundierte Informationen über gesundheits bezogene Einstellungen und Verhaltensweisen der Bevölkerung, über Versorgungsprobleme und wahrgenommene Fehlentwicklungen sowie zur Akzeptanz und Zufriedenheit mit dem Versorgungs­system geliefert.

Zu den Zielgruppen des Gesundheitsmonitors gehörten und gehören politische Akteure, Institutionen der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen sowie Patientenvertreter und Einrichtun­gen der Wissenschaft. Die Ergebnisse wurden über vielfältige Kommunikationsaktivitäten an Entscheidungsträger in Politik und Gesundheitswesen übermittelt. Der Gesundheitsmonitor hat in den eineinhalb Jahrzehnten sowohl Reformvorschläge für das deutsche Gesundheitswesen gefördert und umsetzungsorientiert entwickelt als auch bestehende Regelungen und Reformen sowie einzelne Maßnahmen und Veränderungen mit Blick auf ihre Wirkung hinterfragt.

Die Meinungsbildung mit dem Instrument des Gesundheitsmo­nitors sollte sich dabei nicht allein auf die politischen Entschei­dungen in Form konkret formulierter und bereits vorliegender Gesetze beziehen. Sie sollte darüber hinaus auch ermöglichen, dass bereits im Vorfeld – also in der Phase vor einer konkreten Gesetzesformulierung – gesundheitspolitische Themen auf der Agenda der Zielgruppen verankert werden können.

Editorial(tb) „Alles andere ist Schnulli-Bulli“ – so hat die Sportreporter-legende Werner Hansch den Erfolg beim Fußball treffend aus-gedrückt, der mehr oder weniger darin liegt, am Ende erfolgreich abzuschließen, also Tore zu schießen.

Der vorliegende Newsletter stellt den Gesundheitsmonitor diesmal selbst auf das Spielfeld und bewertet Aufbau, Strategie, Erreichtes und vor allen Dingen die Wirkungen, die von diesem Instrument ausgingen und ausgehen: Worum ging es bei der Arbeit mit den Daten des Gesundheitsmonitors? Welche Erkenntnisse konnten gewonnen werden? Welchen Stellenwert haben Befragungen? Welchen Stellenwert hat die Versorgungsforschung? Wie kann ein guter Methoden- und Instrumentenmix erreicht werden? Diese und weitere Fragen bestimmen das Programm dieses News-letters, der zum Schluss auch danach fragt, welche Wirkungen der Gesundheitsmonitor in 15 Jahren ins gesamt entfaltet hat.

Hat der Gesundheitsmonitor seine selbst gesteckten Ziele erreicht? Die Antwort könnte im übertragenen Sinne auch zu der Erkenntnis führen: Wer Gesundheitspolitik kenntnisreich beurteilen, kritisch bewerten und eventuell auch beeinflussen will, steht vor einer ähn-lichen Herausforderung, wie Hansch sie beschrieben hat. Es braucht eine trainierte Mannschaft, eine gute Aufstellung, eine passende Strategie, viele Daten und gute Statistiken, die entsprechende Kondition sowie langes Durchhaltevermögen, durchdachtes Zuspiel und am Ende den sicheren Abschluss – „alles andere ist Schnulli-Bulli“. Dieses Spiel ist in die Verlängerung gegangen: Am Ende sind es 15 Jahre Gesundheitsmonitor geworden.

Gesundheitsmonitor 15 Jahre Datenanalysen und wissenschaftliche Studien zum deutschen GesundheitswesenJan Böcken, Thomas Brechtel, Rüdiger Meierjürgen

N e w s l e t t e r

04|2016

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„Die Studien des Gesundheits­monitors haben die Diskussion um den Nichtraucherschutz von Kindern in Autos maßgeblich vorangebracht!“

So resümiert Dr. Martina Pötschke­Langer, Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention, Deutsches Krebsforschungszentrum, die Wirkungen des Gesundheitsmonitors.

Monitoring von Bevölkerungs einstellung und GesundheitsversorgungBetrachtet man unter dem Blickwinkel der Zielsetzung des Gesundheits monitors seine empirischen Befunde zum deut­schen Gesundheitswesen, werden anhand langer Zeitreihen zu bestimmten thema­

15 Jahren deutlich gestärkt worden. Das Patien tenrechtegesetz oder die Rolle der Patientenvertreter im Gemeinsamen Bundes ausschuss (G­BA) sind Ausdruck dieser Entwicklung. Im Gesundheitsmo­nitor wurden dazu zahlreiche Analysen präsentiert und die Entwicklung zentraler Themen wurde mit Auswertungen unter­stützt. Dazu zählten das Informations­verhalten der Bürger und Ärzte, Defizite im Gesundheits wissen und Gesundheits­verhalten, Themen der Prävention oder der Belastung am Arbeitsplatz. An einigen Stellen, wie beim Thema „Nicht­raucherschutz“, lässt sich klar nach­vollziehen, dass die Studien des Gesund­heitsmonitors ein entscheidender Faktor des Agenda­Settings waren.

Die Ziele des Gesundheitsmonitors um ­fassen also die folgenden Aspekte:n Stärkung der Bürgerorientierung im

Gesundheitswesenn Agenda­Setting für die Gesundheits­

politikn Monitoring von Bevölkerungseinstel­

lung und Gesundheits versorgungn Evaluation gesundheitspolitischer

Reformen und einzelner gesetzlicher Regelungen

Kernergebnisse des GesundheitsmonitorsStärkung der Bürgerorientierung und Agenda-SettingDie Bürgerorientierung ist im deutschen Gesundheitswesen in den vergangenen

Urteile über die Gerechtigkeit der Solidarprinzipien in der GKV (2001 bis 2015)

Herbst Herbst Herbst Herbst Herbst Herbst Herbst Frühjahr Frühjahr Frühjahr Sommer 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2009 2011 2012 2015

Abbildung 1

Quelle: Marstedt und Reiners: Gesundheitsmonitor 2016, Antwortkategorien „vollkommen gerecht“ oder „überwiegend gerecht“; Angaben in Prozent

Junge unterstützen Ältere Alleinstehende unterstützen Familien Gutverdienende unterstützen NiedrigverdienerGesunde unterstützen Kranke

90

80

70

60

50

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Auch für die Urteile zum Reformbedarf und die Zufriedenheit mit der Gesund­heitsversorgung lässt sich festhalten, dass die Einschätzungen der Bevölkerung zwischen 2001 und 2015 sehr stabil sind.In diesem Zusammenhang ist erwäh­nenswert, dass sich die Suche nach Gesundheitsinformationen über die Zeit eher rückläufig entwickelt hat – das ist erstaunlich, wenn man bedenkt, dass wir in einer Zeit leben, in der fast täglich neue Gesundheitsinformationen über die verschiedensten Medien angeboten werden (Abbildung 2).

(GKV) erfährt insgesamt und über die Zeit großen Rückhalt in der Bevölkerung. Zentrale Ausgleichsmechanismen werden von mehr als drei Viertel der Befrag­ten als gerecht bewertet. Lediglich der „Familien lastenausgleich“ (Alleinstehende unterstützen Familien) findet weniger Zustimmung. Hervorzuheben ist, dass etwa seit 2008 die Zustimmung zu den Solidarprinzipien wächst. Ein zentrales Element, nämlich die solidarische Finan­zierung der GKV, genießt seit dem Jahr 2001 eine breite Unterstützung bei den Bürgern (Abbildung 1).

tischen Schwerpunkten eine Reihe bedeut­samer Kernergebnisse sichtbar.

Mit den Studien und den empirischen Ergebnissen des Gesundheitsmonitors kann illustriert werden, wie sich die Einstellungen der Bevölkerung über die Zeit entwickelt haben. Mit Blick auf das Solidaritätsprinzip in der GKV konnten diese Zeitreihen Anstiege, unerwartete Variationen und Ausreißer, aber vor allem Stabilität deutlich machen (Abbildung 1).

Das grundlegende Solidarprinzip in der gesetzlichen Krankenversicherung

„Ich versuche Informationen über Gesundheitsthemen zu bekommen, die mich betreffen.“

Frühjahr Herbst Frühjahr Herbst Herbst Frühjahr Herbst Frühjahr Herbst Frühjahr Frühjahr Frühjahr Frühjahr Winter Sommer Sommer 2002 2002 2003 2003 2004 2005 2005 2006 2006 2007 2009 2011 2012 2012 2014 2015

Abbildung 2

Quelle: Gesundheitsmonitor 2016; Angaben in Prozent

40–59 Jahre 60–79 Jahre Gesamt18–39 Jahre

70

60

50

40

30

20

10

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Der Gesundheitsmonitor hat über 15 Jahre mit seinen Befragungen und Daten das Echo der vielen Gesundheits­reformen bei den Versicherten verfolgt. Eine sichtbare Reaktion der Bevölkerung auf politische Kontroversen zeigte sich immer dann, wenn es um die Befürch­tungen zur künftigen Entwicklung der gesundheit lichen Versorgung ging. Die Angst, im Alter nicht ausreichend medizinisch versorgt zu sein, hatten Anfang der 2000er Jahre auf dem Höhe­punkt der öffent lichen Debatte über einen angeblich nicht zu finanzierenden Sozialstaat fast 80 Prozent der Befragten des Gesundheitsmonitors. Dieser Anteil liegt aktuell bei unter 40 Prozent.

Der Anteil derjenigen, die das deutsche Gesundheitswesen für grundlegend reformbedürftig beziehungsweise ein­schneidende Maßnahmen für erforder­lich halten, war vor allem Anfang der 2000er Jahre sehr hoch. Wenn man mit dem Gesamturteil der Versicherten zum Gesundheitswesen auch die Frage nach den Leistungs­ und Finanzierungs­aspekten berücksichtigt, fällt in den Jahren 2007/2008 die verhaltene Kritik und danach eine steigende Zufriedenheit ins Auge. Bei der letzten Erhebung des Gesundheitsmonitors gibt es über 60 Prozent zufriedene oder sehr zufrie­dene Versicherte (Abbildung 3). Als sehr unzufrieden zeigt sich umgekehrt seit Beginn der Befragung Anfang der 2000er Jahre nur eine kleine Minderheit von unter fünf Prozent. Damit wird der Gesundheitspolitik nach den Daten des Gesundheitsmonitors in Deutschland über einen sehr langen Zeitverlauf ein eher gutes Zeugnis ausgestellt.

Evaluation gesundheitspolitischer Reformen und einzelner gesetzlicher RegelungenDie Studien und Beiträge des Gesund­heitsmonitors zu den zahlreichen Gesund­heitsreformen hierzulande haben ihre Wirkungen nicht verfehlt. Dabei konnte

einiger Begründung vermutet werden, dass es einen sehr engen Zusammenhang zwischen den Analysen des Gesundheits­monitors und vollzogenen Veränderungen durch zuständige Instanzen gegeben hat.

Aus Sicht der Bevölkerung wurde bei­spielsweise in verschiedenen Beiträgen zum Wissen über Nutzen und Risiken der Krebsfrüherkennung deutlich, wie systematisch Menschen zwar (sehr) gut den Nutzen bestimmter Maßnahmen

immer wieder auf schwerwiegende Defizite in der Versorgung hingewiesen werden. Beispiele sind die Überversor­gung in der Schwangerschaft oder Defi­zite in den Versorgungsstrukturen, etwa am Beispiel der Organspende oder im Bereich des Ärztemangels auf dem Land. Die Analysen hatten jeweils eine breite mediale Resonanz, konnten aber natürlich nicht unmittelbar zu Veränderungen der zugrunde liegenden Regelungen führen. In einigen wenigen Fällen darf jedoch mit

Zufriedenheit mit der Gesundheitsversorgung insgesamt bei GKV-Versicherten (2001 bis 2015)

Herbst 2001

Herbst 2002

Herbst 2003

Herbst 2004

Herbst 2005

Herbst 2006

Herbst 2007

Herbst 2008

Frühjahr 2011

Frühjahr 2012

Sommer 2015

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Abbildung 3

Quelle: Gesundheitsmonitor 2016; Angaben in Prozent der Befragten, je nach Erhebungswelle n = 1.418 bis n = 1.785; „Wie zufrieden sind Sie insgesamt mit der Gesundheitsversorgung in Deutschland? Denken Sie dabei bitte nicht nur an Ärzte und andere Gesundheitsberufe, sondern auch an die Verfügbarkeit von Behandlungseinrichtungen, an die Qualität der Versorgung im Krankheitsfall, an die Finanzierung des Gesundheitswesens usw.“

zufrieden teils, teils etwas unzufrieden sehr unzufriedensehr zufrieden

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

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gen der Bevölkerung zu Kernelementen des deutschen Gesundheitswesens beur­teilbar machen, hat der Gesundheits­monitor auch immer die Politik beratung und ­gestaltung aktiv verfolgt. Um seine Aktivitäten, Daten, Studienergebnisse und Wirkungen einordnen zu können und ihren Wert auch für den gesundheits­politischen Kontext zu ermessen, ist es wichtig zu wissen, wie relevant Studien und Datenanalysen generell für gesund­heitspolitische Experten sind – und wie bedeutsam die öffentliche Meinung für Gesundheitsexperten und die Gestaltung der Gesundheitspolitik ist. Vor diesem Hintergrund lässt sich die Frage beant­worten, ob es einen erkenn baren Bedarf für ein Instrument wie den Gesundheits­monitor sowie für Studien gibt, deren Zielsetzung die Politikgestaltung ist.

Allzu viel ist nicht darüber bekannt, wie Gesundheitspolitiker und Exper­ten im Gesundheitswesen generell den Stellenwert von empirischen Studien und Um fragedaten einordnen. Welche Bedeutung haben Gutachten und Studien für politische Entscheidungsträger und welchen Einfluss haben diese Studien auf Gesetze, Regelungen und Verordnun­gen sowie die Steuerung der Gesund­heitsversorgung insgesamt? Ergebnisse einer aktuellen Befragung (TNS Emnid 2016) dazu geben Einblick in die Sicht­weise deutscher Gesundheitsexperten. Befragt wurden Schlüsselpersonen im Gesundheits wesen, mit denen insgesamt 213 Interviews als personalisierte Online­Befragung zwischen dem 17. Juni und 5. Juli 2016 realisiert werden konnten.

Informationen zur Gesundheits-versorgungEs ging dabei um die Frage nach der Bedeutung der öffentlichen Meinung für den Arbeitsalltag: „Wie wichtig ist die öffentliche Meinung für Ihre täg­liche Arbeit?“ Die Daten zeigen, dass für Gesundheitsexperten die öffentliche Meinung sehr wichtig und eher wichtig

bewerten konnten – gleichzeitig kannten die Befragten oft jedoch nicht in gleichem Ausmaß die damit verbundenen Risiken. Speziell für das Mammografie­Screening konnte gezeigt werden, dass es starke Wissensdefizite in Bezug auf Chancen und Risiken des Verfahrens aufseiten der Frauen gab, sodass die offiziellen Infor­mationsmaterialien entsprechend überar­beitet wurden. Auch bei der politischen Entscheidung, die Praxisgebühr abzu­schaffen, war ein entscheidender Einfluss der Gesundheitsmonitor­Analysen zu beobachten.

„Die Abschaffung der Praxis­gebühr ist mit auf den Gesund­heits monitor zurückzuführen, weil er deren Wirkungslosigkeit nach gewiesen hat.“

Dieses Fazit zieht Hartmut Reiners, ehemaliger Referats leiter im Gesundheits­ministerium Branden burg.

Wie der oft sehr komplexe und vielfältige politische Entscheidungsprozess tatsäch­lich verläuft, bleibt für Außenstehende zumeist im Verborgenen. Der Politikzyklus aus Problemwahrnehmung, Agenda­Set­ting, Maßnahmenformulierung, Entschei­dung, Gesetzgebung und Implementierung ist nicht immer in allen Aspekten trans­parent. Daher hat sich in diesem Jahr eine Sonderbefragung des Gesundheits monitors dieses Themas angenommen.

Politikentwicklung und Entscheidungsfindung von gesundheitspolitischen Entscheidungsträgern – Kernergebnisse einer TNS-Emnid-Befragung 2016Neben wertvollen Ergebnissen des Gesundheitsmonitors, die in den langen Zeitreihen für bestimmte Fragestellungen sichtbar werden, und die die Einstellun­

ist (74 %, Abbildung 4). Zur Frage, welche Kanäle zur Bestimmung der öffentlichen Meinung genutzt werden, gaben die Befragten an, dass knapp jeder zweite Gesundheitsexperte (46 %) Umfragedaten als Informationsquelle nutzt. Themenan­stöße für eine eigene Agenda kommen über die Politik, den direkten Kontakt und die eigene Beobachtung (zu jeweils über 70 %).

Studien zur VersorgungsforschungDie am häufigsten genutzten Quellen sind wissenschaftliche Studien. Studien (und deren Ergebnisse) (85 %) von Stiftungen nutzen lediglich zwei Drittel (66 %, Abbildung 5). Wichtigste Kriterien für die Studienauswahl sind die Aspekte der Belastbarkeit (82 %) und der Repräsen­tativität der Quellen. Dies ist den Gesund­heitsexperten wichtiger als deren Unab­hängigkeit (66 %).

BefragungsstudienDie beste Grundlage zur Analyse der Versorgungssituation ist eine Kombina­tion aus Befragungs­ und Abrechnungs­daten (82 %). Dieser Datenmix gilt den Experten als eine besonders geeignete Grundlage (Abbildung 6).

Umgang mit unbequemen ForschungsergebnissenWenn Gesundheitsexperten auf For­schungs ergebnisse stoßen, die eher im Widerspruch zu den Zielen oder Auf gaben der eigenen Institution stehen – es sich also gewissermaßen um unbequeme oder unerwartete Ergeb­nisse handelt, so nehmen sie auch diese Ergebnisse zunächst einmal ernst. Was den Zugang zu Daten mit Blick auf eine evidenzbasierte Politikgestaltung angeht, wünschen sich die Befragten mehr Transparenz und bessere Verfügbarkeit. Ihnen ist aber in jedem Fall die Unab­hängigkeit von Studien wichtig. Eine zentrale Steuerung der Studien wird deutlich abgelehnt. Der Einfluss der universitären Forschung auf die reale

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Versorgung („Wie viel Einfluss hat die universitäre Versorgungsforschung auf die tatsächliche Versorgungsgestaltung in Deutschland?“) wird von über zwei Dritteln der Experten als gering bewertet (67 %).

Meinungen zu Studien zur VersorgungsforschungDie befragten Gesundheitsexperten wurden auch gebeten, ihre Meinung zur Versorgungsforschung und zur Studien­lage zu äußern. Aus ihrer Sicht ist es ganz wesentlich, dass Studien von unab­hängigen Akteuren durchgeführt werden (84 %). Auch wird begrüßt, wenn sich ein Wettbewerb um Studien unterschied­licher Auftraggeber entwickelt (64 %). Die Be fragten lehnten dagegen eine zentrale Steuerung von Studien über den G­BA vehement ab – mit 40 %, einem bemer­kenswert hohem Anteil (Abbildung 7).

Lessons learned

Der Gesundheitsmonitor hat in erster Linie das Ziel verfolgt, die Bürgerperspek­tive im Gesundheitswesen auf der Grund­lage empirischer Daten und fundierter Analysen zu stärken. Die Generierung von Primärdaten bot dabei die Chance, unabhängig von anderen Datenquellen eine analytische Kompetenz zu ent­wickeln, um sich damit in der gesund­heitspolitischen Debatte zu positionieren.

Hat der Gesundheitsmonitor im deut­schen Gesundheitswesen politisch etwas bewegt? Diese Frage lässt sich vor dem Hintergrund der vielen Studien und empirischen Ergebnisse mit einem „Ja“ beantworten. Denn die Tatsache, dass der Blick des Gesundheitsmonitors auf die Meinungen und Einstellungen der Ver­sicherten und der Bevölkerung gerichtet war und diese Perspektive auch öffentlich gemacht wurde, hat oft dazu geführt, dass die Gesundheitspolitik interessiert auf die Ergebnisse blickte. Der Gesundheits­monitor war mit seinen Daten über die

„Wie wichtig ist die öffentliche Meinung für Ihre tägliche Arbeit?“

Abbildung 4

Quelle: TNS-Emnid-Befragung von Entscheidungsträgern und Entscheidungsvorbereitern im Gesundheitswesen; Angaben in Prozent

eher wichtig gar nicht wichtigeher unwichtig weiß nicht, keine Angabesehr wichtig

32

42

21

3 1

„Auf welche Studienquellen stützen Sie sich in Ihrer Arbeit?“

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90

Abbildung 5

Quelle: TNS-Emnid-Befragung von Entscheidungsträgern und Entscheidungsvorbereitern im Gesundheitswesen; Angaben in Prozent

universitäre, wissenschaftliche Studien

Studien aus Instituten derSelbstverwaltung

Studien von Stiftungen

Studien von Kasseninstituten

Studien von Leistungsanbietern

andere

85

71

66

58

44

5

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Zeit seines Erscheinens sowohl Instru­ment zum Agenda­Setting neuer Themen als auch Feedback­Instrument zu gesund­heitspolitischen Reformen. Und auch für Journalisten waren seine Daten oft eine wichtige Primärquelle. Zu den Themen, die medial vom Gesundheitsmonitor stark beeinflusst worden sind, gehören die Studien zu den Fragen Krebsfrüherken­nung, selbstgefährdendes Verhalten und psychische Belastungen am Arbeitsplatz, medizinische Versorgung bei Schwanger­schaft und Geburt, Organspende, Versor­gung auf dem Land, Umgang der Ärzte mit informierten Patienten, Versorgungs­unterschiede zwischen GKV­ und PKV­Patienten sowie der Nichtraucherschutz.

15 Jahre Gesundheitsmonitor haben aber auch deutlich gemacht, dass dieses Konzept und die Vorgehensweise prak­tisch umsetzbar waren und einen dauer­haften Platz im Spektrum einer Gesund­heits berichterstattung eingenommen haben. Was daraus folgt, ist die Gewiss­heit darüber, dass die Arbeit des Gesund­heitsmonitors nun von anderen Institu­ten, Einrichtungen und Unter nehmen übernommen und fortgeführt werden kann. Am zweckmäßigsten für die Versor­gungsforschung und für die Übertragung ihrer Ergebnisse in politische Entschei­dungen wäre es sicherlich, die vom Gesundheitsmonitor begonnene Daten­reihe fortzuschreiben. Auch zu künftig werden Daten und fundierte Informatio­nen darüber erforderlich sein, wie sich die Bevölkerung zu bestimmten Versor­gungsproblemen und Entwicklungen im Versorgungs system positioniert. Das Erfahrungs wissen dazu liegt mit dem Gesundheitsmonitor vor.

„Was ist Ihrer Ansicht nach die beste Grundlage für die Analyse der tatsächlichen Versorgungssituation?“

Abbildung 6

Quelle: TNS-Emnid-Befragung von Entscheidungsträgern und Entscheidungsvorbereitern im Gesundheitswesen; Angaben in Prozent

Befragungsdaten in Kombination mit Abrechnungsdaten weiß nicht, keine AngabeAbrechnungsdatenBefragungsdaten

82

6

102

„Inwieweit stimmen Sie den folgenden Aussagen zu Studien zur Versorgungsforschung zu?“

Studien sollten primär von unabhängigen Akteurendurchgeführt werden.

Studien, die von unterschiedlichen Auftraggeberndurchgeführt werden, fördern den Wettbewerb

um Positionen zur Gesundheitsversorgung.

Die Organisation, Durchführung und Analyse von Studien durch mehrere Akteure

sollten stärker gebündelt werden.

Studien sollten zentral über den G-BA gesteuert werden.

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Abbildung 7

Quelle: TNS-Emnid-Befragung von Entscheidungsträgern und Entscheidungsvorbereitern im Gesundheitswesen; Angaben in Prozent

stimme eher zu stimme eher nicht zu stimme überhaupt nicht zu weiß nicht, keine Angabestimme voll und ganz zu

46 38 9 2 3

14 50 24 4 8

14 41 27 8 10

2 14 36 40 7

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Rund 150 Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Selbstverwaltung und Gesundheitspolitik diskutierten darüber, wie wissenschaftliche Studien Wirkung im gesundheitspolitischen Raum entfalten.

In drei Diskussions- und Expertenrunden wurden im Rahmen der Berliner Tagung die Wirkungen von Datenanalysen und Studien in der Art des Gesundheitsmonitors mit Blick auf die Politikge-staltung erörtert.

„Was lernen wir aus 15 Jahren Gesundheitsmonitor?“ Unter dieser Fragestellung ging es in einer ersten Diskussionsrunde darum, Antworten zu erhalten auf die Fragen: Worum ging es bei der Arbeit mit den Daten des Gesundheitsmonitors? Welche Erkenntnisse waren neu? Wo haben die Beiträge in der Fach-szene Wirkung hinterlassen? Prof. Dr. Dr. Marlies Ahlert (Universi-tät Halle), Dr. Martina Pötschke-Langer (Vorstandsvorsitzende des Aktionsbündnisses Nichtraucherschutz e.V.), Prof. Dr. Petra Kolip (Universität Bielefeld) und Prof. Dr. Marie-Luise Dierks (MHH Hannover) hoben vor allem die mediale Wirkung des Gesund-heitsmonitors hervor. Die Veröffentlichungen hätten immer wieder hohe Aufmerksamkeit erzeugt. Auch dadurch konnten die Beiträge an vielen Stellen Politik und Fachöffentlichkeit sensibilisieren – wie etwa bei Analysen zum Thema „Geburtsme-dizin und gesundheitliche Versorgung in der Schwangerschaft“. Resultat ist hier beispielsweise die Einrichtung runder Tische zur Geburtsmedizin in den Bundesländern. Die Untersuchungen zur Organspende(bereitschaft) haben sehr eindrucksvoll gezeigt: Die Methodik und die Analysen am Beispiel des Organspende-/Transplantationsskandals konnten wichtige Erkenntnisse zur Spendebereitschaft und zum Vertrauen der Bevölkerung in die Organspende liefern.

Ein zweites Podium mit Dr. Bernard Braun (ZES, Universität Bremen), Dr. Ursula Marschall (BARMER GEK), Dr. Bärbel Maria Kurth (Robert Koch-Institut) und Hans-Dieter Nolting (IGES Insti-tut Berlin) widmete sich Fragen des zukünftigen Umgangs mit Daten in der Versorgungsforschung: Wie ist noch mehr Wirkung oder gar Veränderung in der Versorgungslandschaft zu erreichen? Welchen Stellenwert haben Befragungen, welchen Stellenwert hat die Versorgungsforschung? Und wie könnte die Bedeutung erhöht werden? Herausgestellt wurde die große Bedeutung einer gemeinsamen Datennutzung von Krankenkassen- und Routineda-ten zusammen mit Umfragedaten. Hier entstehen Möglichkeiten

zur Kooperation etwa zwischen Krankenkassen und Wissen-schaft. Ein starkes Augenmerk müsse aber auch darauf gelegt werden, dass Ergebnisse dieser Untersuchungen kommuniziert werden – sowohl in die Fachöffentlichkeit als auch in die Politik sowie in die breite Bevölkerung.

Das dritte Podium widmete sich den folgenden Fragen: Wie bewerten Entscheidungsträger den Nutzen von Studien? Wie kommt man von der wissenschaftlichen Evidenz zu einer Veränderung von versorgungsrelevanten (politischen) Entschei-dungen? Welche Potenziale gibt es bei der Kooperation verschie-dener Datenhalter und warum bleiben diese (häufig) ungenutzt? Die Diskussion wurde von Aart de Geus, dem Vorstandsvor-sitzenden der Bertelsmann Stiftung und Dr. Christoph Straub, dem Vorstandsvorsitzenden der BARMER GEK geführt. Das Bundes ministerium für Gesundheit war mit Dr. Ulrich Orlowski (Abteilungsleiter Gesundheitsversorgung Krankenversicherung) vertreten. Konsens bestand in der Auffassung, dass nur belast-bare Studien eine tragfähige Grundlage für versorgungsrelevante Entscheidungen sein können. Benötigt werden vor allem aktuelle Daten. Die Ergebnisse der Datenanalysen gehören ihrerseits in den politischen Prozess – mit dem Ziel, den breiten Zugang zu Gesundheit für die Bevölkerung zu verbessern. Doch nicht alle Ergebnisse müssen unmittelbar in die Gesetzgebung einfließen – dennoch sollten sie in der Öffentlichkeit sichtbar und zugänglich werden. Eine Öffnung des Datenzugangs sowie eine stärkere Datenbasierung als Grundlage für politische Entscheidungen wurden als wünschenswert erachtet.

15 Jahre Gesundheitsmonitor Tagung in der Bertelsmann-Repräsentanz „Unter den Linden 1“ am 20. September 2016 in Berlin

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9 Ein Newsletter der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK

Die Website www.gesundheitsmonitor.de stellt unter den vier großen Themen­clustern „Wie Bürger … … Informationen suchen … Versorgung erleben … Reformen beurteilen … Zukunft denken“

15 Jahre Gesundheitsmonitor zusammen. Dort finden sich die 196 Studien, die den Gesundheitsmonitor ausmachen – vollständig recherchierbar anhand von Schlagworten und über eine Suchfunktion nutzbar sowie mit Text, Abstracts und Grafiken dokumentiert. Die bevölkerungs­repräsentativen Daten des Gesundheits­monitors (Analysen der Daten von über

80.000 Befragten) sind frei zugänglich. Der Datensatz des Gesundheitsmonitors liegt als sogenannter Public­Use­File vor. Forschung, Wissenschaft, interessierte Institutionen und Einzelpersonen können die Daten nutzen, um damit weitere Analysen durchzuführen und neue Frage­stellungen zu bearbeiten. Damit eröffnet sich die Möglichkeit, die Bürgerperspek­tive auch weiterhin in die gesundheits­politische Diskussion einzubringen.

Der Gesundheitsmonitor in Zahlen – ein Überblick

n 15 Jahre empirische Studien zum Gesundheitswesen in Deutschlandn 80.000 befragte Bürgerinnen und Bürger (Versichertenbefragung)n 4.500 Ärztinnen und Ärzte (Ärztebefragung)n 213 Fachautorinnen und -autorenn 15 Reader mit insgesamt über 3.900 Seitenn 196 Studienn 56 Newslettern zahlreiche Fachartikel, Konferenz- beiträge, Pressemitteilungen …

Der Gesundheitsmonitor im Web: www.gesundheitsmonitor.de

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Diese unterliegen besonderen daten­schutzrechtlichen Anforderungen und sind deshalb nicht als Rohdatensatz zugänglich.

Die Autoren und Autorinnen des Gesund­heitsmonitors sind unabhängige Sach­verständige, die in ihrem Arbeitsfeld ein hohes Ansehen genießen. Sie haben vom Instrument „Gesundheitsmonitor“ die Befragungsdaten erhalten und diese

aus gewertet. Dabei bringen sie ihr Fachwissen sowie ihre eigenständige Perspektive ein und sind allein für die getroffenen Abwägungen und Wertungen in den jeweiligen Beiträgen verantwortlich.

In alphabetischer Reihenfolge finden sich auf www.gesundheitsmonitor.de alle Autoren und Autorinnen zusammen mit ihren Beiträgen übersichtlich aufgelistet.

Der Service des Gesundheitsmonitors: Studien und Datensätze

Auf www.gesundheitsmonitor.de können alle dort abgelegten und verschlagworte­ten 196 Studien des Gesundheitsmonitors systematisch durchsucht werden. Die Frei­textsuche ermöglicht die gezielte Angabe bestimmter Suchbegriffe; mehrere Such­begriffe können gleichzeitig eingegeben werden. Über einen Filter kann einge­grenzt werden, ob nach „News und Presse­meldungen“ und/oder nach „Studien“ des Gesundheitsmonitors gesucht werden soll. Als Ergebnisprotokoll der Suche erschei­nen die entsprechenden Gesundheitsmo­nitor­Studien mit dem vollständigen Titel, der Angabe der Autoren, einem kurzen Einleser in den Inhalt und die Fragestel­lung der Studie sowie ein interner Link zur vollständigen Studie mit einem deutschsprachigen Abstract.

Die Befragungsdaten des Gesundheits­monitors stehen als Public­Use­File für die Statistikprogramme SPSS und SAS zum Download zur Verfügung. Der gesamte Datensatz hat einen beträcht­lichen Umfang, da die einzelnen Frage­bögen zum Teil 25 bis 30 DIN­A4­Seiten lang sind. Aus Aktualitätsgründen und aufgrund eines Wechsels in der Erhebung (Befragungswelle 16 auf 17) werden die Daten erst ab der 17. Befragungswelle dargestellt.

Seit dem Jahr 2011 werden zusätzlich Sonderbefragungen spezieller Versicher­tengruppen der BARMER GEK durch­geführt.

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11 Ein Newsletter der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK

Dr. rer. pol. Rüdiger Meierjürgen studierte Volkswirtschaftslehre an der Universität Bielefeld und arbeitete als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät für Wirtschaftswissen­schaften der Freien Universität Berlin. Dort promovierte er zu Verteilungsfragen in der Krankenversicherung. Nach einer Tätigkeit als sozialpolitischer Referent bei einem Industrieverband wechselte er 1989 zur BARMER Ersatzkasse und war dort langjährig für den Bereich Gesundheitsförderung und Prävention zuständig. Seit vier Jahren betreut er das Projekt Gesundheitsmonitor bei der BARMER GEK.

Dr. Thomas Brechtel ist Geschäftsführer der 37 Grad Analyse und Beratung GmbH in Köln. Nach einem sozialwissenschaft­lichen Studium in Köln und Mannheim arbeitete er in unterschiedlichen For­schungsprojekten und Einrichtungen im Themenfeld Gesundheit. Seit über zehn Jahren ist er als Geschäftsführer unter anderem verantwortlich für den Gesund­heitsmonitor und weitere Jahrespubli­kationen zum deutschen Gesundheits­system.

Die Autoren des Newsletters

Dr. Jan Böcken ist Betriebswirt und Politikwissenschaftler. Er begann seine gesundheitspolitische Arbeit 1997 mit dem EU­Projekt „Patientenrechte und Patientenunterstützung in Europa“. Ab 1998 arbeitete Jan Böcken im Ver­tragsbereich der Barmer Ersatzkasse in Wuppertal und ist seit 1999 in der Bertelsmann Stiftung tätig. Dort ist er als Senior Project Manager im Programm „Versorgung verbessern – Patienten informieren“ für gesundheitspolitische Themen verantwortlich. 2009 promovierte er am Institut für Allgemein medizin und Familien medizin der Universität Witten/Herdecke.

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Bertelsmann StiftungProgramm Versorgung verbessern – Patienten informieren Carl-Bertelsmann-Str. 25633311 Gütersloh www.bertelsmann-stiftung.dewww.gesundheitsmonitor.de

BARMER GEK Lichtscheider Str. 89–9542285 Wuppertalwww.barmer-gek.de

IllustrationGabriele Heinzel

RedaktionDr. Jan Böcken

AutorenDr. Jan BöckenDr. Thomas Brechtel Dr. Rüdiger Meierjürgen

KontaktNadine Pollklas Tel.: (05241) 81-8 11 39 Fax: (05241) 81-68 11 39 nadine.pollklas @bertelsmann-stiftung.de

Jan Böcken, Bernard Braun, Rüdiger Meierjürgen (Hrsg.)Gesundheitsmonitor 2016 Bürgerorientierung im Gesundheitswesen340 Seiten, 28 Euro (D)ISBN 978-3-86793-751-1

Die Buchpublikationen des Gesundheits­monitors bündeln seit 2002 die Studien, die im jeweils zurückliegenden Jahr im Projekt Gesundheitsmonitor entstan­den sind. Auch im 15. und letzten Buch informiert der „GeMo“ aus der Perspek­tive von Versicherten und Patienten über den Status quo und die Defizite in der deutschen Gesundheitsversorgung. Die Grundlage bilden repräsentative Befragungen der deutschen Bevölke­rung, die durch Sonderbefragungen von BARMER GEK­Versicherten sowie eine Ärzte befragung ergänzt werden. Die Ergebnisse sollen auch diesmal helfen, gesundheitspolitische Informationslük­ken zu schließen und Reformkonzepte zu entwickeln, die von den Versicherten mitgetragen werden.

Der diesjährige Gesundheitsmonitor umfasst wie immer ein breites Themen­spektrum. Den Ausgangspunkt bilden Überblicksbeiträge, von denen ein kleiner Ausschnitt der Ergebnisse bereits

Eingang in diesen Newsletter gefunden hat. Diese zwei Überblicksbeiträge, die mit den Daten aus 15 Jahren Gesundheits­monitor arbeiten, umfassen den Blick der Bevölkerung sowohl auf das Gesundheits­system als Ganzes als auch speziell auf die hausärztliche Versorgung. Es folgen Beiträge zu zentralen Reformthemen: dem Ärzte mangel auf dem Land, dem Patientenrechtegesetz, der elektronischen Gesundheitskarte, dem Zweitmeinungs­verfahren sowie zu Palliativversorgung und Sterbehilfe. Indikationsspezifi­sche Artikel beschäftigen sich mit der kieferortho pädischen Versorgung, der Darmkrebsfrüherkennung sowie mit Notfalldiagnosen im Krankenhaus am Beispiel der Rücken­OP. Analysen auf Basis einer Ärztebefragung gehen der Frage nach dem Umgang von Ärzten mit informierten Patienten nach, bevor abschließend das Thema „Gesundheits­ängste“ behandelt wird.

LiteraturTipp Gesundheitsmonitor 2016