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4 08 0 6 [ Überwachun g spaket 2.0 Gespräch mit Netzpolitiker Thomas Lohninger über gehrdete Grundrechte Grundrechte: ] 06 08 10 .,Das ist ein Einblick in die Gedankenwelt eines Menschen" 1 1 12 16 18 21 Europäische Union: Der Countdown läuſt Türkei: Zensu Haſt, Exil Slowakei: Mord beim Nachbarn USA: Medien unter Präsident Trump Portrait: Florian NovakVisionär im Radiogeschäſt Krisenkommunikation Zwischen Ignoranz und Panikmache Kommentar Gegen blaue Attacken auf Joualismus [Statement] März I April 2018

08 0 6 · 3. Da löst die Bundesregierung den 1920 gegründeten Bundespressedienst auf, um künftig zentralistisch die Medien „betreuen" zu können. Und das, obwohl sich der Bundespressedienst

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Page 1: 08 0 6 · 3. Da löst die Bundesregierung den 1920 gegründeten Bundespressedienst auf, um künftig zentralistisch die Medien „betreuen" zu können. Und das, obwohl sich der Bundespressedienst

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08 0 6 [ Überwachungspaket 2.0

Gespräch mit Netzpolitiker Thomas Lohninger über gefährdete Grundrechte

Grundrechte:

]

06

08

10

.,Das ist ein Einblick in die Gedankenwelt eines Menschen"

1 1

12

16

18

21

Europäische Union: Der Countdown läuft

Türkei: Zensur, Haft, Exil

Slowakei: Mord beim Nachbarn

USA: Medien unter Präsident Trump

Portrait: Florian NovakVisionär im Radiogeschäft

Krisenkommunikation Zwischen Ignoranz und Panikmache

Kommentar Gegen blaue Attacken auf Journalismus

[Statement] März I April 2018

Page 2: 08 0 6 · 3. Da löst die Bundesregierung den 1920 gegründeten Bundespressedienst auf, um künftig zentralistisch die Medien „betreuen" zu können. Und das, obwohl sich der Bundespressedienst

[Editorial]

Man wird doch

noch fragen dürfen

... warum so manche Politiker mit aller Kraft den unabhängigen Journalismus bekämpfen und ihm jeneFake-News unterstellen, die sie selbst aus politischen Gründen produzieren. Das dies ein Trump oderPutin tut, daran haben wir uns leider schon gewöhnt. Zu oft tauchen „alternative Fakten" auf. Dass diesnun aber auch in unserer schönen Alpenrepublik Furore macht, daran müssen wir uns erst gewöhnen:

1. Da freut sich der Vizekanzler der Republik und frühere Zahntechniker H. C. Strache über ein (satirisches) Fake-Inserat, in dem dem öffentlich-rechtlichen ORF nachgesagt wird, dass er ein Ort sei ,,an demLügen zu Nachrichten werden". Geschmückt mit dem Bild eines ORF-Moderators. Da muss der gleicheStrache nach einer Erkenntnis eines Gerichts einen Canossagang antreten, um die Sache zu planieren.

2. Da beauftragte die frühere Arbeiterpartei SPÖ, die seit 129 Jahren für Demokratie und Freiheit stehenwill, eine IT-Spionagetruppe, um herauszufinden, wie Journalistinnen und Journalisten Informationenüber Silberstein und sein Wirken erhalten haben. Dabei wurden, Gerüchten zu Folge, nicht nur dieWhistleblower ausspioniert, sondern auch jene Journalisten, die kritisch über die SPÖ und ihren tiefenFall durch die Affäre Tal Silberstein berichteten.

3. Da löst die Bundesregierung den 1920 gegründeten Bundespressedienst auf, um künftig zentralistischdie Medien „betreuen" zu können. Und das, obwohl sich der Bundespressedienst seit Jahrzehntenbewährt hat.

4. Da soll nun auch der ORF in die Politzange genommen werden. Noch vor dem Sommer soll er einneues Rundfunkgesetz verpasst bekommen. Nach einer Enquete, zu der die Verteidiger des öffentlichrechtlichen Rundfunks natürlich nicht eingeladen werden. Danach wird die ORF nur mehr blau-braun-türkis sein,

befürchtet Ihr

Fred Turnheim

[Brief aus der Redaktion ]Liebe Leserin, lieber Leser!

Schon wieder wurde ein investi-

gativer Journalist ermordet.Schon wieder in der Europäischen Union. In der Slowakei, in

unserem unmittelbaren Nach

barland. Dieses Verbrechen er

schüttert nicht nur die Men

schen in der Slowakei.

[Statement] hat drei Tage vorDrucklegung das gesamte Magazin umgestellt, um die erstenFakten über den Doppelmordnoch unterbringen zu können(Seite I I). [Statement] und derOsterreichische Journalisten

Club haben sich im vergangenenJahr sehr für die Freilassung jener Journalistinnen und Journalisten engagiert, die in der Türkei inhaftiert sind. Nun konnte,

nach Me5a!e Tolu. auch DenizYücel seine Gefängniszelle verlassen. Im Gegensatz zu Me§aleTolu durfte er aber die Türkei

sofort verlassen.

Wir haben nun Frau Tolu gefragt, ob sie nicht unsere Türkei-Korrespondentin werden will.Und sie hat sofort zugesagt.Willkommen im Team! So kön

nen Sie heule den ersten Be

richt aus der Türkei, geschrieben von der hervorragendenJournalistin und sehr mutigenFrau Me5ale Tolu, auf Seite 10lesen.

Ein Schwerpunkt dieser Ausgabe sind die USA, wo der Journalismus durch die Politik des

Präsidenten Trump eine neue,ganz wichtige Aufgabe erhält(Seite 12). Einen weiterenSchwerpunkt bildet die Situationin Österreich, wo uns ein gefährliches Überwachungspaket droht(Bericht Seite 6); wo die Situation der Freien immer dramati

scherwird (Seite 28) und wo dieBerichterstattung über Krisenund Katastrophen immer wichtiger wird (Seite 18). Und dannmöchten wir Sie noch auf einen

weiteren Höhepunkt in dieserAusgabe hinweisen: Auf ein ausführliches Gespräch mit demehemaligen ORF-Generalintendanten Gerhard Weis.

Viel Spaß beim lesenwünschen

Oswald Klotz und

Fred Turnheim

[email protected]

März I April 2018 [Statement]

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[Grundrechte]

i Statement Was ist so schlecht aneffektiven Werkzeugen zur Bekämpfung von Verbrechen undTerrorismus?

Thomas Lohninger: All die geplanten Maßnahmen haben schonin anderen EU-Ländern nicht geholfen Terrorismus und schwere

Kriminalität zu verhindern. Gera

de im Bereich Deradikalisierunggäbe es zahlreiche sinnvollereMaßnahmen, die man statt dessen

treffen könnte und die keine so ra

dikalen Einschnitte in unsere

Grundrechte mit sich bringenwürden. Die für 2016 und 2017

geplanten Überwachungspaketekonnten verhindert werden. Sieht

man sich das im Jänner vorgestellte Paket an, wird offensichtlich,dass die Regierung die in den vergangenen Jahren geübte Kritik ignoriert hat;

[S' Wie Steht es um dieÜberwachung der Überwacher?

Lohninger: Die Kontrolle derÜberwacher wird vom Innenministerium eingeschränkt Wer aufwelche Daten wann zugreift, wirdnur mehr zwei, anstelle von dreiJahren protokolliert. Gerechtfertigt wird die Reduzierung der Protokollpflichten durch Datensparsamkeit. Gerade an diesen heiklen

Stellen, wo es in vergangenen Jahren oft zu Missbrauch gekommenist, reduziert die Bundesregierungnun die Protokollpflichten.

Wie könnte der Ein

satz des Bundestrojaners journalistische Arbeit gefährden?

Lohninger: Laut Gesetzesentwurfkönnen die Sicherheitsbehörden

in Computersysteme jeder Per-

annehmen, dass diese mit Verdächtigen kommunizieren. Daskann zu einem Problem für journalistische Arbeit und das Redakti

onsgeheimnis werden. Darüberhinaus birgt der Bundestrojanereine enorme Gefahr für alle unse

re Geräte, egal ob am Arbeitsplatz oder Zuhause, Der Trojanerkann nur funktionieren, wenn er

sich wie jedes Computervirus indie Geräte der Zielperson einnistet. Wie tut es das? Indem er eine

Sicherheitslücke am Handy oderDesktop-Rechner ausnutzt. DieseSicherheitslücke ist auf jedem Gerät vorhanden und wird von der

staatlichen Spionagesoftware genutzt. Da wird also die Computersicherheit einem Überwachungswunsch der Regierung geopfert.Wohin das führen kann, hat man2017 gesehen, als die Erpressungssoftware WannaCry weltweit Millionen Windows-Rechner infiziert

hat. Spanische Mobilfunknetzewaren offline, die Deutsche Bahn

stand, still, das britische Gesundheitssystem war lahm gelegt. Heute wissen wir: WannaCry nutzteeine Sicherheitslücke, die vom US-

amerikanischen Auslandsgeheimdienst NSA acht Jahre lang für eigene Zwecke genutzt wurde,ohne Microsoft zu informieren.

Diese Bundestrojaner-Softwareder NSA kam in die freie Wild

bahn und führte dazu, dass Millionen von Rechnern geschädigtwurden.

StatemenL Welche Daten sam

melt der Bundestrojaner?

Lohninger: Der gängige Weg amHandy etwa ist, dass der Bundestrojaner alle paar Minuten einenScreenshot macht. Das bedeutet,es wird viel an Information mitgesammelt; E-Mail Entwürfe, Notizen, private Fotos, Adressen undKontakte. Das ist ein Einblick in die

Gedankenwelt eines Menschen,

[Stai.errieni] Das Sicherheitspaketsieht vor, anonyme Wertkarten zuverbieten. Für Journalisten war dasbisher eine Möglichkeit, vertrauliche, nicht von Polizei oder Geheimdiensten nachvollziehbare

Kommunikation mit Informanten

zu führen.

Lohninger: Konkret bedeutet dasdie Abschaffung des nicht ausweispflichtigen Verkaufs von SIM-Kar-ten, über die man bisher anonymtelefonieren und im Internet sur

fen konnte. Aber: Jeder Kriminellemit nur einer halben Gehirnzelle

weiß, dass er mit entsprechendenApps weiterhin anonym kommunizieren kann. Es gibt überhauptkeine Belege, dass die Registrierungspflicht von SIM-Karten einenBeitrag zur Aufklärung oder Verhinderung von Terrorismus undVerbrechen geleistet hat. Mit demVerbot der anonymen SIM-Kartenschafft man ein großes Stück Privatsphäre für die Masse der Leuteab.

Und es wird kleine Discounter wie

zum Beispiel HOT treffen, dienicht über die notwendige Infrastruktur verfügen, um Ausweiskontrollen beim Verkauf ihrer

SIM-Karten durchzuführen. AI

oder T-Mobile hingegen habenihre Shops, wo sie Handy-Anmeldungen durchführen und Ausweise verlangen können. Mit dieserRegelung wird daher etwas in Kaufgenommen, das am Ende den großen Telekom-Unternehmen hilft

und viele kleinere Anbieter in den

Ruin stürzt.

[Statement] Wie wird es weitergehen?

Lohninger: Wichtig ist, dass dieThemen Datenschutz und Grund

rechte im Internet in den Fokus

kommen. Das sind die großenThemen, die in unserer Zeit aus

verhandelt werden, Die Regelnwerden gemacht, egal ob die Politik oder die Unternehmen sie

schreiben. Die Technik ist jetzt angekommen in unserer Gesellschaftund unsere Generation macht die

Regeln dafür. Die Plattform epi-centenworks will die Grundrechte

von früher in unsere neue Zeit

retten. Obwohl das selbstver

ständlich sein sollte, ist das ein

harter Kampf, den wir manchmalverlieren. Aber manchmal auch

gewinnen, ■

Es wird immer schwieriger dasRedaktionsgeheimnis zu wahrenund den Quellenschutz zu gewährleisten, ohne entsprechende Vorkehrungen zu treffen. Beiden meisten internetbasierten

Kommunikationswegen landensehr viele Informationen bei Fir

men und staatlichen Stellen,

Deshalb empfehlen Datenschutzorganisationen wie epi-centenworks spezielle Programme zur Absicherung derKommunikation. Mehr Informa

tionen zur digitalen Selbstverteidigung findet ihr auf: https://epi-centenworks/crypto

ril 2018. rSutem